Der Bescheid vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 wird insofern aufgehoben, als mit diesem die Teilaufhebung der Bescheide vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 nebst Neufeststellung der Unfallfolgen verfügt ist, dass das Ereignis vom 11.07.1988 allenfalls zu einer Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes ohne strukturelle Verletzung des Kniebinnenraums geführt habe.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu 1/3.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten die Berechtigung des Klägers in Bezug auf weitere Leistungen nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII] wegen eines Arbeitsunfalls vom 11.07.1989.
Der am 1967 geborene Kläger war als Lagerarbeiter bei der Firma „GmbH“ in Köln beschäftigt. Am 11.07.1989 verletzte sich der Kläger während der Verrichtung seiner Tätigkeit im Lager am rechten Knie. Nachdem er mit anderen Kollegen einen LKW mit Waren beladen hatte, war er beim Abstieg von einer Leiter abgerutscht.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Berufsgenossenschaft, erkannte das Ereignis mit Bescheid vom 11.05.1990 als Arbeitsunfall mit anteiliger endgradiger Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk sowie einer anteiligen geringen Muskelminderung des großen Oberschenkelstreckers an. Demgegenüber wurde eine anteilige Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk und eine anteilige Muskelminderung am Oberschenkel rechts nach Kreuzbandersatzplastik rechts sowie Korbhenkelriss des rechten Meniskus nicht als Unfallfolge anerkannt, da diese auf einen privaten Unfall 1987 beim Fußballspiel zurückzuführen seien. Dem Kläger wurde eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit [MdE] von 20 % für den Zeitraum vom 13.11.1989 bis zum 31.07.1990 gewährt, die in Form einer Gesamtvergütung in Höhe von 2.224,90 DM ausgezahlt worden ist.
Mit Bescheid vom 11.04.1991 gewährte die Berufsgenossenschaft dem Kläger für den Zeitraum vom 01.08.1990 bis zum 31.03.1991 eine vorläufige Rente nach einer MdE von 20 % mit einem Gesamtnachzahlungsbetrag von 2.134,48 €. Über den 31.03.1991 hinaus werde eine Weiterbewilligung von Rente abgelehnt, weil die Erwerbsfähigkeit des Klägers danach nicht mehr durch die Folgen des Arbeitsunfalles in rentenberechtigendem Grad gemindert sei. Als Folgen des Arbeitsunfalls würden ein operativ versorgter erneuter Riss des vorderen Kreuzbandes des rechten Kniegelenkes mit anteiliger Muskelminderung des Oberschenkels, muskulär kompensierter Knieinstabilität sowie anteilige endgradige Bewegungseinschränkungen des Kniegelenkes anerkannt werden. Als Folgen des Arbeitsunfalles würden der Zustand nach mehrfachen Innenband- und vorderen Kreuzbandersatz, eine Innenmeniskusoperation, wiederholte Arthroscopie und eine Knorpelbehandlung des rechten Kniegelenkes aufgrund privater Unfälle demgegenüber nicht anerkannt werden. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Bescheides verwiesen.
Eine Klage des Klägers auf weitere Rentenleistungen zum Az. S 16 U 291/90 wurde mit Urteil des SG Köln vom 28.11.1991 rechtskräftig abgewiesen.
Am 12.01.2001 kam es zu einer erneuten Verletzung des rechten Kniegelenkes des Klägers wegen der die berufsgenossenschaft [BG] Ermittlungen aufgenommen hatte. Dort wurde von einer MdE von 10 % für den erneuten Unfall ausgegangen, weshalb Rentenleistungen mit Bescheid vom 27.11.2001 abgelehnt worden sind. Die Berufsgenossenschaft verneinte auf Nachfrage das weitere Vorliegen einer MdE von 10 % für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 11.07.1989 für den Zeitraum ab dem 01.04.1991.
Am 18.12.2015 kam es erneut zu einer Verletzung des rechten Knies des Klägers, der daraufhin Leistungen bei der BG geltend machte. Die BG meldete einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten an, weil sich herausgestellt habe, dass der Unfall vom 11.07.1989 ursächlich für den späteren Unfall vom 12.01.2001 geworden sei. Mit Bescheid vom 13.06.2017 lehnte die BG weitere Leistungen für Verletztengeld oder Verletztenrente ab.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20.02.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten einen angemessenen Vorschuss nach §§ 42, 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I] auf die zu erwartende Rente. Der Kläger habe mehrere Unfälle erlitten, die in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten fallen würden. Nach einer Begutachtung für die BG durch Herrn, auf dessen Gutachten vom 13.01.2017 verwiesen wird, stünde fest, dass sich der Knieschaden soweit entwickelt habe, dass die Voraussetzungen einer MdE von 30 % vorliegen würden.
Die Beklagte holte daraufhin eine beratungsärztliche Stellungnahme durch Herrn Dr. ein. Dieser ging in seinem Antwortschreiben vom 08.06.2017 davon aus, dass die von Herrn vertretene Verneinung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen der inzwischen aufgetretenen Gonarthrose / dem teilprothetischen Gelenkersatz und den späteren Unfallereignissen des Klägers vom 12.01.2001 und 18.12.2015 nachvollziehbar sei. Entgegen der Annahmen von Herrn sei aber - auch - nicht von einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 11.07.1989 auszugehen. Das rechte Kniegelenk sei zum Unfallzeitpunkt bereits vorgeschädigt gewesen. Dem Unfallereignis vom 11.07.1989 sei (zu welchem Zeitpunkt auch immer) ein Riss des vorderen Kreuzbandes vorangegangen mit daraus resultierender Instabilität des Kniegelenkes. Es habe damit die Situation bestanden, welche die frühzeitige Entwicklung verschleißbedingter Veränderungen der Gelenkflächen wegen der Instabilität nach Kreuzbandruptur begünstigt habe. Es gebe keine Argumente für den unfallbedingten Eintritt einer strukturellen Verletzung des rechten Kniegelenkes, welche über die bloße Zerrung / Distorsion hinausginge. Nach Aktenlage sei den getroffenen Entscheidungen als verletzungsbedingter Erstkörperschaden eine Re-Ruptur des vorderen Kreuzbandes nach Augmentationsplastik von November 1989 unterstellt worden. Dies sei aber nicht aufgrund ausreichender ärztlicher Feststellungen erfolgt. Mit der plastischen Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes sei wenige Wochen nach dem Ereignis vom 11.07.1989 der Vorzustand wiederhergestellt gewesen, so dass sich auch unter diesem Aspekt für die Annahme einer wesentlichen Teilursächlichkeit für die langfristige Entwicklung des Kniebinnenschadens keine Argumente ergeben würden. Selbst wenn man dies anders beurteile, sei jedenfalls die angesetzte MdE von 30 % nicht nachvollziehbar. Auf den weiteren Inhalt der beratungsärztlichen Stellungnahme wird verwiesen.
Die Beklagte veranlasste eine gutachterliche Untersuchung des Klägers durch Herrn Dr. . Herr Dr. ging, nach persönlicher Untersuchung des Klägers am 29.08.2017, in seinem schriftlichen Gutachten vom 11.09.2017 davon aus, dass bereits für den Zeitraum ab 1985 Verletzungen des rechten Kniegelenkes des Klägers dokumentiert seien (u.a. Operation zum Ersatz des vorderen Kreuzbandes 1988). Durch das Unfallereignis vom 11.07.1989 sei es im Bereich des rechten Kniegelenkes des Klägers zu keinem fassbaren strukturellen Körperschaden gekommen – insbesondere nicht im Bereich des Kniebinnenraumes. Alle entscheidungserheblichen Fakten und Indizien würden dagegen sprechen. Bei der durchgangsärztlichen Untersuchung hätten sich klinisch keine Verletzungszeichen im Bereich des rechten Kniegelenkes, kein Gelenkerguss, keine Meniskuszeichen und kein Anhalt für eine frische Kapsel-Bandverletzung gefunden. Unfallfremd sei der Kapsel-Bandapparat deutlich gelockert gewesen. Der Unfallhergang sei auch nicht vorrangig isoliert gefährdend für das vordere Kreuzband gewesen, da hiervon vielmehr Gefährdungen des Kapsel-Bandapparates an der Innen- und Außenseite des Gelenkes ausgehen würden. Die intraoperativ am 19.07.1989 festgestellte Teilzusammenhangstrennung des operativ ersetzten Kreuzbandes sei vorbestehend gewesen und nicht Folge des Ereignisses vom 11.07.1989. Es habe sich um einen Vorschaden aufgrund der zuvor wiederholt abgelaufenen Verletzungen im Bereich des rechten Kniegelenkes mit wiederholt durchgeführten operativen Maßnahmen. Mangels eines im Vollbeweis gesicherten unfallbedingten Erstkörperschadens im Bereich des rechten Kniegelenkes würden Folgeschäden entfallen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit hätten nicht vorgelegen und würden nicht vorliegen. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.
Mit Schreiben vom 22.09.2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, die Übernahme von Leistungen abzulehnen, soweit diese Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenkes betreffen, die in den Bescheiden vom 11.05.1990 und 11.04.1991 in Form eines erneuten Transplantatrisses des vorderen Kreuzbandes als Folge des Arbeitsunfalles vom 11.07.1989 anerkannt wurden. Tatsächlich habe das Ereignis am 11.07.1989 allenfalls zu einer Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes geführt, ohne strukturelle Verletzungen des Kniebinnenraums. Diese Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes sei folgenlos ausgeheilt. Ärztliche Behandlungsmaßnahmen seien deswegen nicht bzw. nicht mehr erforderlich. Hinsichtlich der festgestellten Unfallfolgen seien die Bescheide von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die darin festgestellten Beeinträchtigungen keine Unfallfolge dargestellt hätten. Nach § 45 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] könne aufgrund des Zeitablaufes keine Rücknahme mehr erfolgen. Es sei aber eine Anpassung nach § 48 Abs. 3 SGB X in der Weise vorgesehen, dass weitere Leistungen nicht mehr erbracht werden könnten, die auf unfallunabhängigen Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenkes erforderlich werden würden. Es werde die Möglichkeit zur Stellungnahme bis zum 13.10.2017 gegeben.
Mit Schreiben vom 10.10.2017 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass unklar sei, worauf sich Herr Dr. in seiner Einschätzung stütze, dass es bereits Vorschäden gegeben habe. Es sei auch unklar, wie er diese Vorschäden für die aktuell eingetretenen Knorpelschäden verantwortlich machen wolle.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 06.11.2017, der mit „teilweise Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes gemäß §§ 45, 48 SGB - Sozialgesetzbuch – X“ überschrieben ist, nahm die Beklagte die Bescheide vom 11.05.1990 bzw. 11.04.1991 insoweit teilweise zurück, als diese hinsichtlich der Anerkennung eines erneuten Transplantatrisses des vorderen rechten Kreuzbandes als Folge des Unfalles vom 11.07.1989 rechtswidrig seien. Das Ereignis vom 11.07.1989 habe allenfalls zu einer Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes ohne strukturelle Verletzungen des Kniebinnenraumes geführt. Diese Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes sei folgenlos abgeheilt. Ärztliche Behandlungsmaßnahmen seien deswegen nicht bzw. nicht mehr erforderlich. Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass sich bei den Ermittlungen zur Zuständigkeit für das aktuelle Heilverfahren herausgestellt habe, dass nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass es durch den Unfall vom 11.07.1989 zu einem Riss des Transplantats des vorderen Kreuzbandes rechts gekommen sei. Allenfalls sei es am 11.07.1989 zu einer Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes gekommen, die zu keinem nachgewiesenen strukturellen Kniebinnenschaden geführt habe. Hinsichtlich der festgestellten Unfallfolgen seien die Bescheide von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die darin festgestellten Beeinträchtigungen keine Unfallfolge dargestellt hätten. Die allenfalls entstandene Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes sei nach wenigen Tagen folgenlos ausgeheilt. Nach § 45 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] könne aufgrund des Zeitablaufes keine Rücknahme mehr erfolgen. Es sei aber eine Anpassung nach § 48 Abs. 3 SGB X in der Weise vorgesehen, dass weitere Leistungen nicht mehr erbracht werden könnten, die auf unfallunabhängigen Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenkes erforderlich werden würden. Die Vorschrift beziehe sich nach ihrem Wortlaut allein auf eine neu festzustellende Geldleistung, die betragsmäßig beziffert werden könne. Die Aussparungsregelung greife aber auch dann ein, wenn die Grundlage der Leistungsbewilligung betroffen sei (hier ein bestimmter Gesundheitsschaden). Denn nach dem Sinn und Zweck des § 48 Abs. 3 SGB X solle verhindert werden, dass die zu hohe Leistung, die durch irgendeinen Fehler entstanden sei, durch irgendwelche Veränderungen zugunsten des Betroffenen immer noch höher werde. Dies gelte unabhängig davon, ob dies durch einen rechtswidrig festgestellten Faktor oder eine rechtswidrig festgestellte Grundlage der Leistungsbewilligung geschehen würde. Dies habe hier zur Folge, dass Leistungen der Beklagten, die aufgrund der unfallunabhängigen Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenkes erforderlich sind, nicht bzw. nicht mehr erbracht werden können. Der Bescheid gelte nur für die Zukunft. Eine Rückforderung erbrachter Leistungen oder Aufwendungen wegen der in der Vergangenheit angefallenen Behandlungskosten erfolge nicht.
Am 13.11.2017 erhob der Kläger ohne weitere Begründung Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2017 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Mit dem Bescheid vom 06.11.2017 seien die früheren Bewilligungsbescheide nach § 45, 48 SGB X teilweise zurückgenommen worden, soweit ein Transplantatrisses des vorderen rechte Kreuzbandes als Unfallfolge anerkannt worden sei. Gleichzeitig sei festgestellt worden, dass der Unfall zu einer Zerrung bzw. Verstauchung geführt habe, die folgenlos ausgeheilt sei und weitere Behandlungsmaßnahmen nicht mehr erforderlich seien. Diese Entscheidung sei rechtlich zutreffend.
Mit Schreiben vom 18.12.2017, welches am 20.12.2017 beim SG Duisburg einging, hat der - seinerzeit bereits in Mülheim an der Ruhr wohnende - Kläger Klage erhoben. Das Verfahren ist in der Vergangenheit zu den Aktenzeichen S 26 U 613/17 und S 5 U 613/17 anhängig gewesen. Seit dem 01.01.2022 ist das Verfahren zum aktuellen Aktenzeichen anhängig.
Zur Klagebegründung trägt der Kläger vor, dass er mehrere Arbeitsunfälle mit Verletzung des rechten Knies erlitten habe. Er habe höhere Leistungen beantragt, nachdem bei ihm im Zuge einer stationären Behandlung vom 05.09.2017 bis zum 11.09.2017 eine Knie-TEP-Revision rechts mit Inlaywechsel auf 16 mm PS-Inlay sowie Retropatellarersatz vorgenommen worden sei. Sowohl die Beklagte als auch die BG hätten die Leistungen dann aber mit unterschiedlichen Begründungen abgelehnt. Gegen die BG seien diesbezüglich zu den Az. S 4 U 323/17 und S 4 U 451/17 eigenständige Klageverfahren vor dem SG Duisburg anhängig gemacht worden. Die Klageverfahren S 4 U 323/17 und S 4 U 451/17 seien dann zur gemeinsamen Entscheidung unter dem Az. S 4 U 451/17 verbunden worden. Später sei dieses entsprechende Klageverfahren in die Zuständigkeit der 41. Kammer übergegangen und dort unter dem Az. S 41 U 451/17 mit Beschluss vom 04.11.2020 – im Hinblick auf den Ausgang des vorliegenden Verfahrens - ruhend gestellt worden. Der Kläger habe auf jeden Fall einen Anspruch auf die Gewährung von Leitungen wegen seiner Unfallfolgen. Gegen wen der Anspruch in welcher Höhe bestehe, könne derzeit nicht gesagt werden, weil die verschiedenen Leistungsträger die Verantwortung jeweils auf einen anderen Leistungsträger verschieben würden. Die für die Sache des Klägers nachteilhaften gutachterlichen Ausführungen von Herrn Dr. zu Vorschädigungen des rechten Knies seien rein spekulativ und könnten nicht zu Lasten des Klägers verwandt werden. Vor dem Unfallereignis vom 11.07.1989 habe der Kläger keine Einschränkungen in seiner Beweglichkeit und Belastbarkeit gehabt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 zu verpflichten, dem Kläger wegen des Unfalls vom 11.07.1989 weitere Leistungen nach dem SGB VII nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist ergänzend zu ihren Ausführungen im Widerspruchsbescheid darauf, dass mit dem Bescheid Leistungen aufgrund des Teilrisses der Kreuzbandersatzplastik mit Wirkung für die Zukunft abgelehnt worden seien. Die erheblichen Vorschädigungen des rechten Knies des Klägers bereits vor dem Unfallereignis vom 11.07.1989 seien aktenkundig und könnten der Leistungsakte entnommen werden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 04.01.2019 durch Herrn Dr. , welches nach persönlicher Untersuchung des Klägers am 02.01.2019 erstellt worden ist. Herr Dr. geht hiernach davon aus, dass als Folge der versicherten Tätigkeit vom 11.07.1989 lediglich die Unfallfolge in Gestalt einer Zerrung / Stauchung der rechten Knieregion begründbar sei – die im weiteren folgenlos ausgeheilt sei -, ohne dass im gleichen Zuge der unfallbedingte Eintritt des Gesundheitserstschadens in Form einer Teilzerreißung der vorderen Kreuzbandersatzplastik vollbeweislich zu sichern wäre. Es müsse nach der Datenlage schlicht offen bleiben, ob und inwiefern abweichend gegenüber den Verhältnissen nach dem Erstereignis vom 11.07.1989 das Erscheinungsbild nach der Einwirkung der Tätigkeit vom 12.01.2001 stimmig mit einem verletzungstypischen Schadensbild in Einklang zu bringen wäre. Den Aussagen im Operationsbericht könne kein höherer Beweiswert beigemessen werden, als derjenige einer bloßen Möglichkeit. Für keines der drei Unfallereignisse des Klägers sei der Eintritt eines substanziellen Unfallschadens vollbeweislich in dem Sinne zu sichern, dass hierdurch induziert der manifeste Vorschaden des rechten Knies eine dauernde und / oder richtungsgebende Verschlimmerung erfahren hätte. Alternativ wäre der weitere Krankheitsverlauf des Klägers auch mit dem Verlust wesentlicher Anteile des Innenmeniskus als Folge des operationspflichtigen Korbhenkelschadens im März 1987 und der vorbestehenden unfallfremden Präarthrosefaktoren erklärbar. Aufgrund des fehlenden Nachweises einer dauernden bzw. richtungsgebenden Verschlimmerung des Vorschadens entfiele sowohl die Benennung dauerhaft verbliebender Unfallfolgen wie auch die Einschätzung einer dementsprechenden Erwerbsminderung. Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt des Gutachtens verwiesen.
Zu den umfangreichen Kritikpunkten / Fragen der Klägerseite vom 20.03.2019 hat der Sachverständige Dr. mit Schreiben vom 11.09.2019 ergänzend schriftlich Stellung genommen. Wegen des Inhaltes wird auf das Antwortschreiben vom 11.09.2019 verwiesen.
Das Gericht hat weiter auf Anträge des Klägers vom 20.03.2019 und vom 26.06.2020 Beweis erhoben durch persönliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen Dr. nach § 118 Sozialgerichtsgesetz [SGG] i.V.m. §§ 402, 397 Zivilprozessordnung [ZPO]; wegen der Ergebnisse der Befragung des Sachverständigen wird auf das Sitzungsprotokoll zum Verhandlungstermin vom 23.09.2022 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist hinsichtlich der Teilaufhebung in Form einer statthaften isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) zulässig und begründet. Ansonsten ist die Klage teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Dabei bestehen keine Bedenken dagegen dasselbe einheitliche Bescheidschreiben der Beklagten in mehrere unabhängig voneinander aufteilbare Verwaltungsakte i.S.d. § 31 S. 1 SGB X aufzuteilen, deren einzelne Regelungen mit jeweils abweichenden (Erfolgs-) Ergebnissen durch den Kläger gerichtlich angegriffen werden können. Dasselbe Schreiben kann mehrere anfechtbare Regelungen enthalten, welche mehrere voneinander trennbare Verwaltungsakte i.S.d. § 31 S. 1 SGB X darstellen können, die ihrerseits jeweils selbstständig nebeneinander - nicht – angefochten werden können (allgemein: Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 35 VwVfG, Rn. 45 - „Der VA als Verfahrensabschlusshandlung kann – in einem einheitl. Bescheid […] verkörpert – auch mehrere materielle VA enthalten, z. B. wenn eine Aufhebungsentscheidung mit der Festsetzung der Erstattungssumme nach § 49a Abs. 1 S. 2 […] oder einer Rückforderung nach § 52 […] verbunden wird, wenn die Zwangsmittelandrohung mit einem vollstreckbaren VA verbunden wird […], wenn ein Gebührenbescheid eine Gebührenfestsetzung und ein Leistungsgebot enthält oder wenn einer begünstigenden Regelung eine Auflage […] oder eine Kostenentscheidung […] hinzugefügt wird.“; Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 31 SGB X, Rn. 77; vgl. zu anderen Einzelfällen getrennter Anfechtbarkeit etwa: BSG, Urt. v. 04.06.2014 – B 14 AS 42/13 R, juris, Rn. 12 ff.; BSG, Urt. v. 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R, juris, Rn. 18 [jeweils bzgl. Trennbarkeit der Regelungen über Regelbedarf sowie Kosten der Unterkunft und Heizung]; LSG Hessen, Urt. v. 21.01.2019 - L 9 U 159/15, juris, Rn. 49; Giesbert, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 78 SGG, Rn. 25 m.w.N. [jeweils Trennbarkeit der Ablehnungen verschiedener Berufskrankheiten]; Straßfeld, Erstattung der anwaltlichen Vergütung für eine Tätigkeit im außergerichtlichen Verfahren durch Dritte (Teil I), SGb 2013, 326, 329 m.w.N. [Trennbarkeit von Widerspruchsentscheidung sowie Entscheidungen zur Kostentragung über das Widerspruchsverfahren nach § 63 SGB X dem Grunde nach, der Höhe nach und über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten]; s. allgemein zur Möglichkeit mehrere – weiterhin rechtlich selbstständige - Verwaltungsakte in einem Schreiben zusammenzufassen auch: BVerwG, Urt. v. 09.05.2000 – 11 C 1/99, juris, Rn. 24; BFH, Beschl. v. 14.04.2015 – VII B 149/14, juris, Rn. 4 m.w.N.).
Soweit sich die Klage gegen mehrere selbstständig anfechtbare Verwaltungsakte desselben Bescheidschreibens richten sollte, liegt eine - zulässige – objektive Klagehäufung i.S.d. § 56 SGG vor (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 35 VwVfG, Rn. 45; Fu, in: Stahl/Pahlke, Kommentar zur Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Stand: 207. Ergänzungslieferung 2022, § 100 FGO, Rn. 13 – „Richtet sich die Klage gegen mehrere Verwaltungsakte (Klagehäufung), ist jeder einzelne Verwaltungsakt gesondert zu betrachten und jeweils nach § 100 FGO aufzuheben oder zu ändern. Das ist z. B. der Fall, […] wenn die Behörde auf einem Papier mehrere Verwaltungsakte zusammenfasst. Hier handelt es sich materiell um verschiedene Verwaltungsakte, die jeder für sich mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden können. Nur aus prozessökonomischen Gründen werden sie in einem Verfahren zusammengefasst. Entsprechend sind im Tenor des Urteils die einzelnen angefochtenen Verwaltungsakte getrennt zu behandeln.“).
Dem angegriffenen Schreiben der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 sind hiernach zwei selbstständig anfechtbare Verwaltungsakte i.S.d. § 31 S. 1 SGB X zu entnehmen, gegen die der Kläger gleichzeitig im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) gerichtlich vorgehen kann:
- die teilweise Rücknahme der früheren Bescheidungen vom 11.05.1990 und 11.04.1991, soweit diese Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 für das rechte Knie des Klägers anerkennen, welche über eine Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes ohne strukturelle Verletzungen des Kniebinnenraumes hinausgehen. Diesbezüglich ist die zulässige isolierte Anfechtungsklage (I.) vollumfänglich begründet (II.).
- die behördliche Feststellung einer teilweisen Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 11.05.1990 und 11.04.1991, soweit diese Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 für das rechte Knie des Klägers anerkennen, welche über eine Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes ohne strukturelle Verletzungen des Kniebinnenraumes hinausgehen. Diesbezüglich ist ebenfalls die isolierte Anfechtungsklage statthaft, die zwar zulässig (III.), aber unbegründet ist (IV.).
Wenn die Klägerseite den Schreiben der Beklagten zusätzlich auch den Gehalt einer Ablehnungsentscheidung zu weiteren Leistungen nach dem SGB VII geben möchte, gegen die gerichtlich mittels kombinierter Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG) vorgegangen werden könnte, teilt die Kammer diese Auslegung zum Bescheidinhalt nicht. Da die Beklagte hiermit gerade keine regelnde Ablehnungsentscheidung über einklagbare Leistungsansprüche des Klägers nach dem SGB VII getroffen hat, ist die entsprechende Klage unzulässig (V.).
I. Soweit mit der streitgegenständliche Bescheidung der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 eine (teilweise) Aufhebung der früheren Bescheidungen der Berufsgenossenschaft vorgenommen wird (1.), ist die Klage in Form einer isolierten Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG statthaft (2.) und auch im Übrigen zulässig (3.).
1. Die angegriffene Bescheidung der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 enthält eine teilweise Aufhebung der Entscheidungen vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 der Berufsgenossenschaft nach § 45 SGB X für die Zukunft, indem abweichend von der damaligen / bisherigen Bestimmung der Unfallfolgen - insbesondere in Form des Risses des vorderen Kreuzbandes des rechten Kniegelenkes die Unfallfolgen - in dem Sinne neu geregelt wird, dass nicht ein Transplantatrisses des vorderen rechten Kreuzbandes eine Folge des Unfalles vom 11.07.1989 sei, sondern allenfalls eine folgenlos ausgeheilte Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes ohne strukturelle Verletzungen des Kniebinnenraums.
Die Frage nach dem Vorliegen eines Verwaltungsaktes i.S.d. § 31 S. 1 SGB X sowie der maßgebliche Regelungsinhalt eines Verwaltungsaktes sind analog §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] anhand des sog. objektiven Empfängerhorizontes zu bestimmen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 05.12.2019 – L 19 AS 1608/18, juris, Rn. 33 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.04.2017 – L 19 AS 2128/16, juris, Rn. 24 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.10.2007 – L 12 SO 19/06, juris, Rn. 25; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 54 SGG, Rn. 23 m.w.N.; Engelmann, in: Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 31 SGB X, Rn. 43 m.w.N.; Mutschler, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR (Kasseler Kommentar) GesamtHrsg: Körner/Krasney/Mutschler/Rolfs, Stand: 01.09.2018, § 31 SGB X, Rn. 21 m.w.N.; Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 31 SGB X, Rn. 26 – „Für die Auslegung von Verwaltungsakten gelten die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften des § 133 BGB (auch § 157 BGB) zur Auslegung von Willenserklärungen entsprechend. Hierbei kann es zum einen um die Frage gehen, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, zum anderen darum, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt (letzteres vor allem zur Ermittlung des Regelungscharakters einer Erklärung).“; Littmann, in: Hauck/Noftz SGB X, § 31 Begriff des Verwaltungsaktes, Rn. 34 m.w.N. - „Eine behördliche Willenserklärung bedarf in zweierlei Hinsicht der Auslegung: hinsichtlich der Frage, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt und welchen Inhalt er hat. In beiden Fällen folgt die Auslegung den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen des § 133 BGB für Willenserklärungen […]. Dabei bemisst sich der Maßstab der Auslegung am Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, die die Behörde erkennbar nach ihrem wirklichen Willen in die Entscheidung einbezogen hat.“). Es kommt daher nicht darauf an, welchen Regelungsgehalt die Behörde einem Schreiben / Bescheid eigentlich ursprünglich geben wollte, sondern nur darauf, wie insbesondere der Adressat das fragliche Schreiben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles verstehen durfte / musste. Zur weiteren Begründung macht sich das Gericht die folgenden Ausführungen zu eigen:
„Die Auslegung behördlichen Verwaltungshandelns im Hinblick darauf, ob es eine Regelung iS des § 31 Satz 1 SGB X enthält, richtet sich nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (vgl BSG Urteil vom 3.7.2020 - B 8 SO 5/19 R - SozR 4-1200 § 44 Nr 10 RdNr 15 mwN). Maßstab ist der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behörde einen Verwaltungsakt erlassen wollte, sondern darauf, wie Adressaten und Drittbetroffene das Verwaltungshandeln nach Treu und Glauben verstehen mussten oder durften. Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde (vgl BSG Urteil vom 16.3.2021 - B 2 U 7/19 R - BSGE 131, 297 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4115 Nr 1, RdNr 13 mwN).“
(BSG, Urt. v. 07.04.2022 – B 5 R 24/21 R, juris, Rn. 12)
Nach diesen Maßstäben geht der Regelungsgehalt des Bescheides der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 weit über eine bloße Feststellung der (Teil-) Rechtswidrigkeit der früheren Bescheidungen vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 zur Reichweite der Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 hinaus. Denn mit der Bescheidung wird unmittelbar eine Einschränkung des bisherigen Regelungsgehaltes der Bescheidungen vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 im Sinne einer Umgestaltung der anerkannten Unfallfolgen vorgenommen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagte hier keine Änderung der bisherigen Bescheidung für die Zukunft nach § 45 Abs. 1 SGB X vorgenommen hätte, die sie ausweislich der weiteren Bescheidbegründung hinsichtlich der Reichweite der Unfallfolgen für als von Anfang an rechtswidrig ansieht. Zwar spricht der Ausgangsbescheid vom 06.11.2017 in seiner weiteren Begründung auch ausdrücklich davon, dass eine Rücknahme nach § 45 SGB X – schon wegen Fristablaufes - unzulässig sei und daher nur eine Entscheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X getroffen werden könne. Diese Gesichtspunkte führen hier allerdings nicht zu einer anderen Bewertung des tatsächlichen Regelungsgehaltes der angegriffenen Bescheidung, als der einer (Teil-) Aufhebung i.S.d. § 45 Abs. 1 SGB X:
- Die Bescheidbegründung über die alleinige Zulässigkeit einer Bescheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X sagt allein noch nichts darüber aus, welche (zulässige oder unzulässige) Regelung die Behörde dann tatsächlich getroffen hat. Der behördliche Wille zu einer Bescheidung muss nicht deckungsgleich mit dem wirklichen Inhalt der Bescheidung sein.
- Hier spricht nicht nur die Überschrift des Ausgangsbescheides vom 06.11.2017 ausdrücklich von einer „teilweise[n] Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes gemäß §§ 45, 48 SGB - Sozialgesetzbuch – X“, sondern in den einleitenden Verfügungssätzen zu 1) und 2) führen aus, dass die früheren Bescheide vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 teilweise zurückgenommen werden (keine Anerkennung eines erneuten Transplantatrisses des vorderen rechten Kreuzbandes als Unfallfolge mehr) und welcher Regelungsgehalt zu den Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 nun stattdessen gelten soll (lediglich folgenlos ausgeheilte Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes als Unfallfolge). Damit wird eine Abänderung des bisherigen Regelung der Unfallfolgen des Ereignisses 11.07.1989 vorgenommen, welche einer Rücknahmeentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X für die Zukunft entspricht.
- In diesem Sinne ist der Regelungsgehalt der Ausgangsentscheidung vom 06.11.2017 auch die Beklagte selbst verstanden worden. Die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 beschreibt den Regelungsgehalt dahingehend, dass mit dem Bescheid vom 06.11.2017 die Rechtswidrigkeit der früheren Anerkennung der Unfallreichweite durch die früheren Bescheide festgestellt worden sei „und diese gem. §§ 45, 48 SGB X teilweise zurückgenommen“ worden seien. Da der für das Klageverfahren maßgebliche Bescheidinhalt nach § 95 SGG wesentlich durch den Widerspruchsbescheid mitbestimmt wird, kann hier nicht ernsthaft bestritten werden, dass durch die Beklagte - auch - eine Aufhebungs- / Rücknameentscheidung über eine teilweise Aufhebung der Bescheide vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 vorgenommen worden ist.
Die teilweise Aufhebung der früheren Begünstigungen vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 ist auch eine selbstständig anfechtbare Regelung. Inwiefern daneben in demselben Schreiben vom 06.11.2017 auch weitere Feststellungen und / oder Ablehnungen getroffen werden (s. dazu unter III. und V.), ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
2. Gegen die Aufhebungsbescheidung der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 kann sich der Kläger mit der insofern allein statthaften isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) richten (a). Der Klageantrag ist dementsprechend meistbegünstigend auszulegen (b).
a) Bereits durch eine gerichtliche Aufhebung der belastenden Rücknahmeentscheidung vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 würde es zu einem Wiederaufleben der früheren Bescheide vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 kommen, welche im Hinblick auf die Anerkennung der Unfallfolgen für den Kläger vorteilhafter ausfielen.
Das entsprechende Ziel einer effektiven Beseitigung der belastenden Aufhebungsbescheidung des Beklagten kann von dem Kläger mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) verfolgt werden, die als Gestaltungsklage den effektivsten Rechtsschutz gegen behördliche Eingriffsakte gewährt (vgl. etwa: Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 54 SGG, Rn. 34 f. m.w.N. – „Als Sonderfall der Gestaltungsklage ist die Anfechtungsklage auf die Beseitigung eines Verwaltungsakts gerichtet, die bei teilbaren Verwaltungsakten auch die als Änderung bezeichnete teilweise Aufhebung zum Ziel haben kann. […] Der typische Anwendungsbereich für eine isolierte Anfechtungsklage im Sozialrecht liegt daher in der Abwehr von Eingriffen in Form von Aufhebungs- und Rücknahmebescheiden, die in der Regel mit Erstattungsansprüchen verbunden sind, also auf eine Verpflichtung des Bürgers, Leistungen zurückzuzahlen.“).
b) Dass der anwaltlich vertretene Kläger nach der wörtlichen Fassung seines Klageantrages gerade keine statthafte isolierte Anfechtungsklage geltend macht, sondern eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG) erhoben hat, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Denn der Klageantrag kann nach dem sog. Meistbegünstigungsprinzip (§ 123 SGG), mangels erkennbaren gegenteiligen Klägerwillen, so ausgelegt werden, dass - auch - eine gerichtliche Aufhebung begehrt wird, soweit die Beklagte mit Bescheid vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 eine belastende Rücknahmeentscheidung getroffen hat.
Das Gericht ist nach § 123 SGG nicht an die Fassung des Antrages gebunden, sondern an das erkennbare Klagebegehren, welches - insbesondere bei unvertretenen - Klägern nach dem sog. Prinzip der Meistbegünstigung auszulegen ist (vgl. zur Meistbegünstigung: BSG, Urt. v. 27.09.2011 – B 4 AS 160/10 R, juris, Rn. 14 m.w.N.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 123 SGG, Rn. 3; Haupt, in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 123 SGG [Entscheidung ohne Bindung an Anträge], Rn. 10 m.w.N. – „Im Zweifel begehrt der unvertretene Kläger (bereits angesichts Art. 19 Abs. 4 GG und §§ 2 Abs. 2, 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) ungeachtet des Wortlauts seines Antrags dasjenige, was ihm den größten Nutzen bringen kann. Die Auslegung der Anträge muss sich danach richten, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe zur Annahme eines abweichenden Verhaltens vorliegen.“). Auch bei anwaltlich vertretenen Klägern ist regelmäßig das maßgebliche Klagebegehren erst durch Auslegung des Klageantrages zu ermitteln, wenn nicht etwa ausdrücklich auf eine bestimmte Auslegung des Klageantrages bestanden wird (in diesem Sinne auch: BSG, Beschl. v. 09.01.2019 – B 13 R 25/18 B, juris, Rn. 10 m.w.N. - „Rechtsprechung und Literatur gehen zwar davon aus, dass ein von einem Rechtsanwalt formulierter Antrag in der Regel das Gewollte zutreffend wiedergibt […]. Andererseits schließt nicht allein der Umstand der anwaltlichen Vertretung eine an § 133 BGB orientierte Auslegung des Begehrens aus […], zumindest dann, wenn die gewählte Formulierung - wie hier - nicht eindeutig ist […].“).
Hier geht die Klägerseite - trotz des gegenteiligen Hinweises des Kammervorsitzenden im Verhandlungstermin vom 23.09.2022 (s. dazu ausführlich unter: V.) - erkennbar davon aus, dass mit dem angefochtenen Bescheid u.a. auch eine Ablehnung von weiteren Leistungen nach dem SGB VII verfügt worden wäre, die aus seiner früheren Knieverletzung als Unfallfolge des Ereignisses vom 11.07.1989 herzuleiten wären. Die Geltendmachung dieser weiteren Leistungsansprüche setzt ihrerseits denknotwendig voraus, dass zunächst einmal die fragliche Gesundheitsschädigung des Knies, für welche Leistungen nach dem SGB VII geltend gemacht / eingeklagt werden sollen, weiterhin Unfallfolge ist. Der Kläger muss daher vorrangig eine Aufhebung der bisherigen Einordnung als Unfallfolge durch die Behörde verhindern, um sich überhaupt eine Chance für die Durchsetzung von Leistungsrechten nach dem SGB VII zu erhalten, die gerade hierauf beruhen sollen. Die gerichtliche Aufhebung der behördlichen Rücknahmeentscheidung ist damit für den Kläger ein notwendiger Zwischenschritt zur gerichtlichen Durchsetzung weiterer Leistungen. Sollte die Aufhebung ihrerseits bestandskräftig werden bzw. rechtmäßig sein, bspw. weil in der Gesundheitsschädigung keine Unfallfolge zu sehen wäre, kämen Leistungen nach dem SGB VII für diese Gesundheitsschädigung bereits mangels Versicherungsfalls nicht mehr in Betracht. Wenn der Kläger die belastende Aufhebung der Unfallfolgen als solche nicht angreifen würde, wäre eine Geltendmachung weiterer Leistungsansprüche nach dem SGB VII für die fragliche Unfallfolge allenfalls noch aus einer erheblichen Verschlechterung der eigenen Rechtsposition des Klägers möglich.
Dem Klageantrag ist daher hier der Gehalt beizumessen, dass der Kläger auch die notwendige isolierte Aufhebung der belastenden Rücknahmeentscheidung der Beklagten durch das Gericht begehrt, die seine rechtliche Stellung im Hinblick auf die Reichweite Versicherungsfalls / der Unfallfolgen wesentlich verschlechtert, um im Erfolgsfall seine hier vermeintlich zu Unrecht ebenfalls abgelehnten weiteren Leistungsansprüche nach dem SGB VII durchsetzen zu können. Die von dem Kläger begehrte gerichtliche Aufhebung umfasst damit auch durch den Bescheid u.a. getroffene (Teil-) Aufhebungsentscheidung bzgl. der früheren Bewilligungsbescheide.
3. Die statthafte Anfechtungsklage des Klägers nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG ist auch im Übrigen zulässig.
II. Die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG gegen die Rücknahmeentscheidung ist begründet. Soweit die Beklagte eine teilweise Aufhebung der begünstigenden Entscheidungen vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 unter (einschränkender) Neubestimmung der Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 vorgenommen hat, ist der angefochtene Bescheid vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017, der auch von der Beklagten selbst in dieser Weise verstanden worden ist, mit diesem Regelungsinhalt rechtswidrig. Der Kläger wird hiermit in seinen Rechten verletzt, § 54 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 SGG.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid eine einschränkende Neugestaltung der bereits anerkannten Unfallfolgen unter Abänderung der früheren begünstigenden Entscheidungen vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 vorgenommen, die einer Rücknahme für die Zukunft nach § 45 Abs. 1 SGB X entspricht.
Die Beklagte war am 06.11.2017 nicht länger berechtigt, eine entsprechende Aufhebungsentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X für die Zukunft zu treffen. Seit dem Erlass der fraglichen Bescheide vom 11.05.1990 und vom 11.04.1991 sind bereits mehr als 10 Jahre verstrichen, bevor die Beklagte die hier streitige Rücknahmeentscheidung vom 06.11.2017 getroffen hat. Sie hat damit rechtswidrig außerhalb der absoluten Rücknahmefrist aus § 45 Abs. 3 S. 3 SGB X gehandelt. Mangels weiterer laufender Rentenzahlungen liegt hier auch kein Ausnahmefall nach § 45 Abs. 3 S. 4 SGB X vor. Diese offensichtlich rechtswidrige Bescheidung der Beklagten ist umso weniger verständlich, da die Beklagte zunächst in ihrer Bescheidbegründung selbst ausführt, dass sie wegen der Fristüberschreitung nicht zu einer Rücknahme nach § 45 Abs. 1, Abs. 3 SGB X berechtigt ist – nur um dann trotzdem genau diese unzulässige Regelung doch zu treffen. Die Notwendigkeit der gesamten Regelung des § 48 Abs. 3 SGB X – welche die Behörde (auch) anwenden will - ergibt sich gerade daraus, dass die Aufhebung nach § 45 SGB X nicht mehr möglich ist.
III. Soweit mit der streitgegenständliche Bescheidung der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 auch eine Feststellungsentscheidung zur Abschmelzung nach § 48 Abs. 3 SGB X vorgenommen wird (1.), ist die Klage ebenfalls nur in Form einer isolierten Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG statthaft (2.). Die weitere Anfechtungsklage ist auch im Übrigen zulässig und kann im Wege der objektiven Klagehäufung nach § 56 SGG zusammen mit der (erfolgreichen) Anfechtungsklage gegen die Rücknahmeentscheidung der Beklagten gerichtlich geltend gemacht werden (3.).
1. Die angegriffene Bescheidung der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 ist nach der Rechtsprechung des BSG so auszulegen, dass sie neben der rechtswidrigen Rücknahmeentscheidung (s.o.) auch eine (konkludente) Feststellungsentscheidung hinsichtlich der teilweisen Rechtswidrigkeit der früheren Bescheide 11.05.1990 und vom 11.04.1991 im Zusammenhang mit § 48 Abs. 3 SGB X enthält, die ebenfalls selbstständig anfechtbar ist.
Nach allgemeiner Ansicht setzt § 48 Abs. 3 SGB X für ein „Abschmelzen“ bzw. „Einfrieren“ der weiteren Rechtsfolgen eines rechtswidrigen Dauerverwaltungsaktes voraus, dass verfahrensrechtlich ein weiterer Verwaltungsakt erlassen wird, mit welchem zunächst die Rechtswidrigkeit des fraglichen Dauerverwaltungsaktes festgestellt wird (BSG, Urt. v. 16.12.2004 – B 9 VS 1/04 R, juris, Rn. 15; Hessisches LSG, Urt. v. 27.09.2016 – L 3 U 252/12, juris, Rn. 34; Brandenburg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 48 SGB X, Rn. 97). Dieser feststellende Verwaltungsakt i.S.d. § 31 S. 1 SGB X ist rechtlich von der sog. Abschmelzungsentscheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X zu unterscheiden, mit der eine (noch) weitergehende begünstige Abänderung des Dauerverwaltungsaktes nach § 48 Abs. 1 SGB X abgelehnt wird. Er kann sowohl – zur frühzeitigen Schaffung von Rechtssicherheit - eigenständig vor der eigentlichen Abschmelzungsentscheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X erlassen werden als auch gemeinsam mit der Abschmelzungsentscheidung oder nach ihrem Erlass bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens gegen die Abschmelzungsentscheidung (BSG, Urt. v. 16.12.2004 – B 9 VS 1/04 R, juris, Rn. 15; Hessisches LSG, Urt. v. 27.09.2016 – L 3 U 252/12, juris, Rn. 34; Steinwedel, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR (Kasseler Kommentar), GesamtHrsg: Körner/Krasney/Mutschler/Rolfs, Stand: 01.12.2020, § 48 SGB X, Rn. 67; Schütze, in: Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 48 SGB X, Rn. 36 m.w.N.). Ein weiteres Vorgehen der Behörde nach § 48 Abs. 3 SGB X setzt jedenfalls voraus, dass bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens gegen den Abschmelzungsbescheid auch die notwendige Feststellungsentscheidung erlassen worden ist (BSG, Urt. v. 16.12.2004 – B 9 VS 1/04 R, juris, Rn. 15; BSG, Urt. v. 04.02.1998 – B 9 V 24/96 R, juris, Rn. 24; Merten, in: Hauck/Noftz SGB X, § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse, Rn. 100). Diese Feststellungsentscheidung ist ihrerseits selbstständig mit der isolierten Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG anfechtbar und beschränkt sich in ihren Rechtswirkungen auf die konstitutive verbindliche Feststellung, in welchem Umfang der unaufhebbare Dauerverwaltungsakt rechtswidrig ist (Hessisches LSG, Urt. v. 27.09.2016 – L 3 U 252/12, juris, Rn. 34; Steinwedel, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR (Kasseler Kommentar), GesamtHrsg: Körner/Krasney/Mutschler/Rolfs, Stand: 01.12.2020, § 48 SGB X, Rn. 67 f. m.w.N.; Schütze, in: Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 48 SGB X, Rn. 36; Merten, in: Hauck/Noftz SGB X, § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse, Rn. 100; Brandenburg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 48 SGB X, Rn. 97 – „Ein solcher Bescheid hat lediglich feststellende Wirkung und berührt die Bestandskraft des Ausgangsbescheids nur insoweit, als dass er keine Basis mehr für künftige Leistungsverbesserungen sein kann.“).
Nach der Rechtsprechung des BSG soll auch in der rechtswidrigen Aufhebungsentscheidung zu einem Dauerverwaltungsakt die entsprechende Feststellung der Rechtswidrigkeit des Dauerverwaltungsaktes enthalten sein (BSG, Urt. v. 04.02.1998 – B 9 V 24/96 R, juris, Rn. 24 – „Für (negative) Anpassungsbescheide (Abschmelzungsbescheide), die nach der Bekanntgabe des Rücknahmebescheides vom 19. Mai 1994 erlassen werden oder worden sind, kann aber nunmehr vom Vorliegen eines solchen Feststellungsbescheides ausgegangen werden. Denn als Rücknahmebescheid iS des § 45 SGB X enthielt der Bescheid vom 19. Mai 1994 - begriffsnotwendig - zugleich die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 2. Oktober 1991. Trifft zwar diese Feststellung zu, fehlen jedoch eine oder mehrere sonstige Rücknahmevoraussetzungen nach § 45 SGB X, so bestehen keine Bedenken dagegen, den nur im übrigen rechtswidrigen Rücknahmebescheid insofern aufrechtzuerhalten, als er - selbständig - die Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheides feststellt, wenn diese Feststellung - wie hier - zutrifft und dem Willen des Leistungsträgers entspricht. Ein derartiges Verfahren rechtfertigt sich auch unter dem Gesichtspunkt der Prozeßökonomie, weil so spätere Streitigkeiten über die Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheides vermieden werden. […] Einen - hinsichtlich der formalen Rücknahmevoraussetzungen - rechtswidrigen Rücknahmebescheid als Feststellungsbescheid zur Vorbereitung der Abschmelzung nach § 48 Abs 3 SGB X aufrechtzuerhalten, hat der Senat bereits in seiner Entscheidung BSGE 79, 92, 96 ff für zulässig erachtet.“; zustimmend auch: Steinwedel, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR (Kasseler Kommentar), GesamtHrsg: Körner/Krasney/Mutschler/Rolfs, Stand: 01.12.2020, § 48 SGB X, Rn. 67). Diese Rechtsauffassung wird durch die Kammer geteilt. Denn gegenüber einem Bürger kann eine Behörde kaum deutlicher zum Ausdruck bringen, dass sie einen früher erlassenen Verwaltungsakt für rechtswidrig hält, als wenn sie diesen Verwaltungsakt gerade unter Bezugnahme auf diese Rechtswidrigkeit nun aufheben will. Die behördliche Aufhebung einer Bescheidung wegen einer Rechtswidrigkeit enthält – als Minus – immer auch die behördliche Feststellung, dass die Bescheidung in diesem Umfang rechtswidrig sei.
Für den vorliegenden Einzelfall bedeutet dies, dass dem angegriffenen (rechtswidrigen) Rücknahmebescheid vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 auch der zusätzliche Regelungsgehalt beizumessen ist, dass die Rechtswidrigkeit der früheren Bescheide vom 11.05.1990 und 11.04.1991 festgestellt wird, soweit diese Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 für das rechte Knie des Klägers anerkennen, welche über eine Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes ohne strukturelle Verletzungen des Kniebinnenraumes hinausgehen. In diesem Sinne argumentiert auch die Beklagte in der Begründung des Widerspruchsbescheides selbst, wenn sie ausführt, dass mit dem Ausgangsbescheid vom 06.11.2017 die fraglichen Bescheide nicht nur „gem. §§ 45, 48 SGB X teilweise zurückgenommen“ worden seien, sondern auch die Rechtswidrigkeit der früheren Anerkennung der Unfallreichweite durch die früheren Bescheide festgestellt worden wäre.
2. Gegen die entsprechende Feststellungsbescheidung der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 kann sich der Kläger mit der insofern allein statthaften isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) richten (a). Der Klageantrag ist dementsprechend meistbegünstigend auszulegen (b).
a) Wie bereits dargestellt, beschränkt sich der Regelungsgehalt einer Festsetzungsentscheidung, die im Zusammenhang mit § 48 Abs. 3 SGB X erlassen wird, auf eine konstitutive Feststellung der Rechtswidrigkeit des Dauerverwaltungsaktes, um auf diese Weise den (gleichzeitigen oder zukünftigen) Erlass einer rechtmäßigen Abschmelzungsentscheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X zu ermöglichen (s.o.). Für ein gerichtliches Vorgehen gegen diese Feststellungsentscheidung ist die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) statthaft. Denn es genügt zur Verbesserung / Wiederherstellung der eigenen Rechtsstellung des Klägers, wenn eine gerichtliche Aufhebung dieser behördlichen Feststellungsentscheidung erfolgt.
Die entsprechende Feststellungsentscheidung ist ein eigenständiger Verwaltungsakt i.S.d. § 31 S. 1 SGB X, welcher als solcher auch mit einer eigenen Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG angegriffen werden kann.
b) Dass der anwaltlich vertretene Kläger nach der wörtlichen Fassung seines Klageantrages gerade keine statthafte isolierte Anfechtungsklage geltend macht, sondern eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG) erhoben hat, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Denn der Klageantrag kann nach dem sog. Meistbegünstigungsprinzip (§ 123 SGG) mangels erkennbaren gegenteiligen Klägerwillen auch in dieser Frage so ausgelegt werden, dass - auch - eine gerichtliche Aufhebung begehrt wird, soweit die Beklagte mit Bescheid vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 eine belastende Feststellungsentscheidung getroffen hat. Im Übrigen verweist das Gericht auf die bisherigen Ausführungen, die auch in diesem Zusammenhang sinngemäß gelten (s. I. 2. b)).
3. Die statthafte Anfechtungsklage des Klägers nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG ist auch im Übrigen zulässig. Die Anfechtung der eigenständigen Feststellungsentscheidung kann dabei im Wege der objektiven Klagehäufung nach § 56 SGG gemeinsam mit der Anfechtung der rechtswidrigen Rücknahmeentscheidung gerichtlich geltend gemacht werden (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 35 VwVfG, Rn. 45; Fu, in: Stahl/Pahlke, Kommentar zur Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Stand: 207. Ergänzungslieferung 2022, § 100 FGO, Rn. 13).
IV. Die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG gegen die Feststellungsentscheidung der Beklagten ist unbegründet. Soweit seitens der Beklagten mit der Feststellungsentscheidung vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 eine Rechtswidrigkeit der früheren Bescheide vom 11.05.1990 und 11.04.1991 festgestellt wird, soweit eine Anerkennung des erneuten Transplantatrisses des vorderen rechten Kreuzbandes als Unfallfolge erfolgt und die Bescheide Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 für das rechte Knie des Klägers anerkennen, welche über eine Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes ohne strukturelle Verletzungen des Kniebinnenraumes hinausgehen und insbesondere die für rechtswidrig erklärt, ist diese Feststellungsentscheidung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Ermächtigungsgrundlage der entsprechenden Feststellungsentscheidung für die Zukunft ist § 48 Abs. 3 SGB X. Wie bereits dargestellt (s.o.), setzt ein sog. Abschmelzen nach § 48 Abs. 3 SGB X nicht nur den Erlass der Abschmelzungsentscheidung voraus, sondern erfordert zusätzlich den Erlass eines entsprechenden Feststellungsbescheides über den Umfang Rechtswidrigkeit der bisherigen Bescheidung, dessen Rechtsgrundlage damit ebenfalls in der entsprechenden Vorschrift des § 48 Abs. 3 SGB X zu verorten ist (so wohl auch: BSG, Urt. v. 18.03.1997 – 2 RU 19/96, juris, Rn. 25).
2. Die Feststellungsentscheidung ist formell rechtmäßig getroffen worden. Insbesondere ist dem Anhörungserfordernis des § 24 Abs. 1 SGB X mit Schreiben der Beklagten vom 22.09.2017 ausreichend Rechnung getragen worden. Dem Kläger ist mit diesem Schreiben nicht nur ausführlich dargelegt worden, inwiefern und warum die Beklagte von einer Rechtswidrigkeit der früheren Bewertung der Unfallfolgen ausging, sondern auch, dass die Beklagte beabsichtigte nunmehr nach § 48 Abs. 3 SGB X vorzugehen.
3. Die Feststellungsentscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Wenn sich auch die Berechtigung zur behördlichen Feststellungsentscheidung aus § 48 Abs. 3 SGB X ergeben soll (s.o.), sind aus Sicht der Kammer bereits an eine solche Feststellung der Rechtswidrigkeit dieselben Anforderungen zu stellen, die für den Erlass von Entscheidungen durch § 48 Abs. 3 SGB X allgemein vorgegeben werden.
Nach § 48 Abs. 3 S. 1 SGB X darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt, falls ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann und eine Änderung nach § 48 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zugunsten des Betroffenen eingetreten ist. Nach § 48 Abs. 3 S. 2 SGB X gilt dies entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen werden kann.
§ 48 Abs. 3 SGB X bietet keine Grundlage für jede Feststellung der Behörde zu Lasten des Bürgers über eine Rechtswidrigkeit früherer Bescheidungen. Vielmehr ist eine Feststellungsentscheidung – i.S.e. gebundenen Entscheidung (vgl. Merten, in: Hauck/Noftz SGB X, § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse, Rn. 101 m.w.N.) – durch die Behörde nur vorzunehmen, soweit ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vorliegt, der nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen werden kann.
Diese Voraussetzungen werden hier in Bezug auf die Entscheidungen vom 11.05.1990 und 11.04.1991 erfüllt, soweit diese auch Gesundheitsbeeinträchtigungen des rechten Kniegelenkes des Klägers als Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 anerkennen, die über eine Zerrung / Verstauchung des rechten Knies hinausgehen.
a) Die Entscheidungen vom 11.05.1990 und 11.04.1991 regeln neben der Rentengewährung auch die Reichweite der anerkannten Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989, indem sie als Unfallfolgen i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII folgende gesundheitliche Einschränkungen des Klägers bestimmen:
- den operativ versorgter erneuter Riss des vorderen Kreuzbandes des rechten Kniegelenkes mit anteiliger Muskelminderung des Oberschenkels,
- muskulär kompensierte Knieinstabilität, und
- anteilige endgradige Bewegungseinschränkungen des Kniegelenkes.
Diese Bestimmungen sind jeweils als den Kläger begünstigende Dauerverwaltungsakte anzusehen. Zwar liegt es nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 3 SGB X nahe, dass nur Bewilligungen über Geldleistungen überhaupt erfasst werden („Leistung nicht über den Betrag hinaus“). Es ist aber anerkannt, dass sich die Vorschrift auch auf Verwaltungsakte bezieht, mit denen begünstigende Feststellungsentscheidungen durch die Behörde getroffen werden (etwa: BSG, Urt. v. 17.04.2013 – B 9 SB 6/12 R, juris, Rn. 35 m.w.N.; Steinwedel, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR (Kasseler Kommentar), GesamtHrsg: Körner/Krasney/Mutschler/Rolfs, Stand: 01.12.2020, § 48 SGB X, Rn. 64 m.w.N.; Brandenburg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 48 SGB X, juris, Rn. 49 - „Auch wenn sich der Wortlaut des § 48 Abs. 3 SGB X auf die Gewährung von Leistungen bezieht, finden die Regelungen der Vorschrift nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch auf rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte mit feststellender Wirkung Anwendung (z.B. bei der fehlerhaften Feststellung des GdB).“). Auch die behördliche Feststellung eines Versicherungsfalles i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB VII bzw. seiner Reichweite ist damit ein Dauerverwaltungsakt, dessen rechtliche Bindungswirkungen sich nicht auf den Erlasszeitpunkt beschränken, sondern der Kläger auch zukünftig aus einer weiterhin wirksamen Feststellung des Versicherungsfalls ggf. weitere Leistungen herleiten kann (Schütze, in: Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 45 SGB X, Rn. 77; im Ergebnis auch: BSG, Urt. v. 20.03.2007 – B 2 U 38/05 R, juris, Rn. 17 f.; Brandenburg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 48 SGB X, Rn. 93 - „Die Aussparung einer laufenden Rente von der Rentenanpassung in der gesetzlichen Unfallversicherung ist daher beispielsweise nicht nur dann möglich, wenn die Höhe der MdE irrtümlich zu hoch festgestellt wurde (wirkt sich auf die Rentenhöhe aus), sondern auch dann, wenn sich nachträglich herausstellt, dass das schädigende Ereignis nicht als Arbeitsunfall (Leistungsgrund) anerkannt werden durfte.“).
b) Bezüglich der Bestimmung der Reichweite der Unfallfolgen des Klägers waren die Bescheide vom 11.05.1990 und 11.04.1991 auch von Anfang an rechtswidrig i.S.d. § 45 SGB X (vgl. allgemein zur Abgrenzung zwischen anfänglicher und nachträglicher Rechtswidrigkeit: SG Duisburg, Urt. v. 29.05.2020 – S 49 AS 3304/16, juris, Rn. 58 m.w.N.).
aa) Weitestgehende Einigkeit besteht dahingehend, dass von einer anfänglichen Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes auszugehen ist, wenn bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Welche weiteren Anforderungen an den Nachweis und den Umfang der anfänglichen Rechtswidrigkeit des Dauerverwaltungsaktes im Zusammenhang mit § 48 Abs. 3 SGB X zu stellen sind, wird dagegen uneinheitlich beurteilt.
Nach einer Ansicht ist bereits dann von einer beachtlichen anfänglichen Rechtswidrigkeit auszugehen, wenn sich im Rahmen einer nochmaligen Prüfung der ursprünglichen Sach- und Rechtslage erhebliche Zweifel am Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsachen oder des erforderlichen Ursachenzusammenhangs ergeben. Nicht erforderlich sei demgegenüber der positive Nachweis des Nichtvorliegens der Tatbestandsmerkmal der begünstigenden Bescheidung zugunsten der Behörde; weshalb die Behörde auch dann bereits nach § 48 As. 3 SGB X vorgehen darf, wenn das Fehlen der Gesundheitsstörung gerade nicht den Vollbeweis nachgewiesen werden konnte (etwa: Hessisches LSG, Urt. v. 27.09.2016 – L 3 U 252/12, juris, Rn. 33; Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 48 SGB X, Rn. 93 m.w.N. – „Nach der ständigen Rechtsprechung des für die gesetzliche Unfallversicherung zuständigen 2. Senats des BSG ist die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts bereits anzunehmen, wenn dieser aus damaliger Sicht so nicht hätte erlassen werden dürfen. Da es um die Feststellung der ursprünglichen Rechtswidrigkeit geht, darf die Behörde dabei ausschließlich den tatsächlichen und rechtlichen Zustand im Zeitpunkt des Erlasses zu Grunde legen. Bei der Prüfung sind dieselben materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Grundlagen wie auch bei der Prüfung der Erstfeststellung heranzuziehen. Dies gilt insbesondere für die juristische Subsumtion der Tatsachen unter die jeweilige Norm des materiellen Rechts – einschließlich deren kausaler Verknüpfung – sowie für die anzuwendenden Beweismaßstäbe und die Regeln der objektiven Beweislast im Falle der Nichterweislichkeit. Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Annahme der Rechtswidrigkeit bereits dann gerechtfertigt, wenn sich im Rahmen einer nochmaligen Prüfung der ursprünglichen Sach- und Rechtslage erhebliche Zweifel am Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsachen oder des erforderlichen Ursachenzusammenhangs ergeben. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: Eine versicherte Person erhält eine dauerhafte Verletztenrente aufgrund einer anerkannten Berufskrankheit. Bei einer erneuten Auswertung der erhobenen medizinischen Befunde fällt auf, dass ernsthafte und unausräumbare Zweifel daran bestehen, ob die versicherte Person tatsächlich an der im Tatbestand der Berufskrankheit genannten Gesundheitsstörung leidet. Hätte der Unfallversicherungsträger diese Zweifel bereits im Feststellungsverfahren gehabt, hätte er die Berufskrankheit nicht anerkennen und eine Verletztenrente nicht gewähren dürfen, da das Vorliegen einer einschlägigen Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Vollbeweis) erwiesen sein muss. Die Anerkennung der Berufskrankheit war daher i.S.d. §§ 45 und 48 Abs. 3 SGB X rechtswidrig. Nicht erforderlich ist, dass die Behörde für das Fehlen der Gesundheitsstörung den Vollbeweis erbringen muss.“).
Nach anderer Ansicht ist hingegen erst dann von einer beachtlichen Rechtswidrigkeit auszugehen, wenn zugunsten der Behörde zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass die fragliche Bescheidung inhaltlich so nicht hätte getroffen werden dürfen; weshalb die Behörde auch nicht nach § 48 As. 3 SGB X vorgehen darf, wenn das Fehlen der Gesundheitsstörung gerade nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden konnte (so wohl: Schütze, in: Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 48 SGB X, Rn. 36).
bb) Im vorliegenden Einzelfall kann das Gericht einen Streitentscheid als unerheblich dahingestellt lassen. Denn zur Überzeugung der Kammer (§ 128 SGG) ist eine (Teil-) Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 11.05.1990 und 11.04.1991 zugunsten der Behörde zweifelsfrei nachgewiesen, so dass erst recht die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheidung gegeben sind, die bereits nach anderer Ansicht ausreichen würden.
Die Beklagte ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass mit den Bescheiden vom 11.05.1990 und 11.04.1991 die folgenden gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers als Unfallfolgen anerkannt worden sind, obwohl diesbezüglich kein Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB VII gegeben war:
- der operativ versorgte erneute Riss des vorderen Kreuzbandes des rechten Kniegelenkes mit anteiliger Muskelminderung des Oberschenkels,
- die muskulär kompensierte Knieinstabilität, und
- die anteilige endgradige Bewegungseinschränkungen des Kniegelenkes.
(1) Eine bestimmte Unfallfolge ist als Versicherungsfall i.S.d. § 7 Abs. 1 Alt. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII anzusehen, wenn sie haftungs- / anspruchsbegründend kausal auf einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (Unfall) beruht, welches seinerseits unfallkausal gerade auf ein unfallbringendes Verhalten zurückgeht, das seinerseits der Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit zurechenbar ist (vgl. zum Ganzen allgemein: BSG, Urt. v. 30.01.2007 – B 2 U 8/06 R, juris, Rn. 10; BSG, Urt. v. 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R, juris, Rn. 28 ff.; Becker, Der Arbeitsunfall, SGb 2007, 721 ff.; Wietfeld, in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Meßling/Udsching, 63. Edition, Stand: 01.12.2021, § 8 SGB VII, Rn. 1 m.w.N.; G. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 8 SGB VII, Rn. 25 ff.; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, Sozialgesetzbuch VII, 5. Auflage 2018, § 8 SGB VII, Rn. 37 ff.; Ricke, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR (Kasseler Kommentar) GesamtHrsg: Körner/Krasney/Mutschler/Rolfs, Stand: 01.08.2022, § 8 SGB VII, Rn. 4 ff.; Schmidt, in: Schmitt, SGB VII, 4. Auflage 2009, § 8 SGB VII, Rn. 4 ff. m.w.N.; Keller, in: Hauck/Noftz, SGB, 02/21, § 8 SGB VII, Rn. 15 ff.; Kokemoor, Sozialrecht, 2. Aufl. 2006, Rn. 276; Igl/Welti, Sozialrecht, 8. Auflage 2007, § 40, Rn. 1 ff. m.w.N.; zu terminologischen Abweichungen bei der Bestimmung der Voraussetzungen des § 8 SGB VII etwa: Holtstraeter, SGb 2008, 38, 57; Ricke, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR (Kasseler Kommentar) GesamtHrsg: Körner/Krasney/Mutschler/Rolfs, Stand: 01.08.2022, § 8 SGB VII, Rn. 15 - „Diese begrifflichen Unterscheidungen usw haben jedoch keine unterschiedlichen Rechtsfolgen: Die Wertmaßstäbe sind dieselben; ebenfalls die Beweisanforderungen. Daher ist die Unterscheidung im Grunde nichtssagend und verzichtbar.“).
Für die Annahme eines Arbeitsunfalles i.S.d. § 8 SGB VII muss nach Abschluss der gerichtlichen Amtsermittlungen zweifelsfrei feststehen, dass der Geschädigte der Versicherungspflicht nach §§ 2, 3 oder § 6 SGB VII unterfiel, eine zum Versicherungsschutz zurechenbare versicherte Tätigkeit vornahm, ein Unfall eingetreten ist und ein Gesundheitsschaden bzw. Tod vorliegt. Ein besonderer Beweismaßstab ist demgegenüber angezeigt, soweit es um den Nachweis der (unfalls- / haftungsbegründenden / haftungsausfüllenden) Kausalität geht. In diesem Zusammenhang ist es bereits ausreichend, wenn es wahrscheinlich ist, dass die versicherte Tätigkeit wesentliche Ursache des Unfalls bzw. der Unfall wesentliche Ursache des Gesundheitsschaden oder Tod war (vgl. zum Ganzen: BSG, Urt. v. 31.01.2012 – B 2 U 2/11 R, juris, Rn. 17 - „Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit […].“; BSG, Urt. v. 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R, juris, Rn. 28; BSG, Urt. v. 20.03.2018 – B 2 U 5/16 R, juris, Rn. 12; Kühl, in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 103 SGG [Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen], Rn. 4 m.w.N.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 128 SGG, Rn. 3a m.w.N.).
Für die Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden gilt dabei die Theorie der wesentlichen Bedingung, welche in zwei Prüfungsschritten festzustellen ist. Zunächst ist mit der sog. Äquivalenztheorie - conditio sine qua non – ein naturwissenschaftlicher Ursachenzusammenhang zu ermitteln, bevor es dann zu einer wertenden Zurechnungsbetrachtung der Ursachen kommt. Falls (auch) andere festgestellte konkurrierende Ursachen der festgestellten versicherten Einwirkungen in Betracht kommen, ist die Wesentlichkeit einer Ursache nach der Bedingungstheorie anhand folgender Kriterien im Sinne einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen:
- Art und Ausmaß der Unfalleinwirkungen,
- die konkurrierenden Ursachen,
- das Krankheitsbild, sowie
- die gesamte Krankengeschichte.
Entscheidungsbasis für die Kausalitätsbeurteilung muss der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand sein. Erforderlich ist aber jeweils eine einzelfallbezogene positive Feststellung sowohl der Verursachung nach der Bedingungstheorie als auch der wesentlichen Verursachung der vorliegenden Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen. Das bloße Fehlen von konkurrierenden Ursachen genügt bei komplexen Krankheitsgeschehen, die mehrere Ursachen haben können, gerade nicht (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.12.2017 – L 4 U 641/17, juris, Rn. 58; Römer, in: Hauck/Noftz, SGB, 06/21, § 9 SGB VII, Rn. 122 m.w.N.; Keller, in: Hauck/Noftz, SGB, 02/21, § 8 SGB VII, Rn. 6 m.w.N.).
(2) Die Kammer schließt sich hierbei den Ergebnissen der inhaltlich überzeugenden Ausführungen des schriftlichen Gutachtens durch Dr. vom 04.01.2019 an, welche die Kammer nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 415 ff. ZPO seiner Beweiswürdigung zugrunde legt. Eine Fehlerhaftigkeit der gutachterlichen Herleitung oder ihrer Ergebnisse ist auch während der nach § 118 SGG i.V.m. §§ 402, 397 ZPO gebotenen persönlichen Befragung des Sachverständigen durch die Klägerseite im Verhandlungstermin vom 23.09.2022 nicht erkennbar geworden. Im Gegenteil konnte der Sachverständige Dr. auch persönlich die inhaltliche Überzeugungskraft seiner schriftlichen Ausführungen weiter untermauern.
Hiernach ist davon auszugehen, dass das rechte Knie des Klägers bereits vor Unfalleintritt eine erhebliche Vorschädigung in Form eines Kreuzbandrisses aufwies, welchen sich der Kläger beim Fußballspielen zugezogen hatte und der zu der früheren Versorgung mit einer Ersatzplastik des Kreuzbandes geführt hatte. Die entsprechenden Ausführungen des Gutachters decken sich mit medizinischen Unterlagenteilen, die noch in der Leistungsakte der Beklagten vorhanden sind und den entsprechenden Rückschluss des Gutachters zulassen. Warum die Klägerseite demgegenüber teilweise glaubt, die Existenz dieser aktenkundigen Vorschädigungen des Kniegelenkes ihrerseits als fraglich und unsicher darstellen zu können, erschließt sich dem Gericht nicht. Der Kläger persönlich hat jedenfalls den früheren Riss seines Kreuzbandes beim privaten Fußballspielen nie in Abrede gestellt.
Es erscheint naheliegend, dass es hier gerade wegen der Einsetzung der Ersatzplastik am Kreuzband und der Vorschädigung des rechten Knie zu einem früher einsetzenden degenerativen Verschleiß u.a. des Meniskus des Klägers gekommen ist, welcher eine Erklärung für die Folgeerkrankungen des rechten Knies gegenüber den Erkrankungen einer gesunden Vergleichsperson bildet. Inwiefern es gerade infolge des Leitersturzes des Klägers am 11.07.1989 zur erneuten Durchtrennung des vorderen Kreuzbandes im rechten Kniegelenk gekommen ist, erscheint fraglich. Denn wie Dr. ausführt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der im Nachgang festgestellte Kreuzbandriss zu einem anderen Zeitpunkt – vor oder nach dem Sturz - geschehen ist. Es erscheint daher allenfalls wahrscheinlich, dass die erneute Durchtrennung des Kreuzbandes gerade infolge der Tätigkeitsverrichtung am 11.07.1989 erfolgt ist. Entscheidend ist dies nicht.
Denn selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass die erneute Durchtrennung des Kreuzbandes in dem fraglichen Leitersturzmoment am 11.07.1989 erfolgte, ist jedenfalls keine Wesentlichkeit der Arbeitstätigkeit für die hier in Frage stehenden Verletzungen des rechten Kniegelenkes anzunehmen. Vielmehr ist dann hier von einer Wesentlichkeit der bestehenden Vorschädigung auszugehen, welche durch das Unfallereignis weder ausgelöst noch maßgeblich richtungsweisend verschlimmert worden ist (vgl. allgemein zu beachtlichen Verschlimmerungen eines Vorschadens: BSG, Urt. v. 26.04.1962 – 2 RU 223/59, juris, Rn. 18; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 37 ff.; Wagner, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 8 SGB VII, Rn. 180 – „Ein Fall konkurrierender Ursachen liegt ferner dann vor, wenn das Unfallereignis auf einen bereits bestehenden Gesundheitsschaden trifft und im Zusammenhang mit dem Unfallereignis (lediglich) dessen Verschlimmerung oder der Tod des Versicherten eintritt. Die haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Verschlimmerung ist in einem solchen Falle nur gegeben, wenn das Unfallereignis für die Verschlimmerung eine wesentliche Ursache war.“). Diese Einschätzung ist von Herrn Dr. in dem Sinne überzeugend dargelegt worden, dass er verneint, dass die Knieerkrankungen des Klägers unfallbedingt „auf ein völlig neues Level gehoben“ worden wären:
- Der Kläger verfügte zum Unfallzeitpunkt nicht mehr über ein gesundes rechtes Kreuzband, sondern war bereits mit einer Ersatzplastik ausgestattet worden. Dr. hat die verringerte Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen einer solchen Ersatzplastik im Vergleich zu einem natürlichen Kreuzband betont. Nach seiner gutachterlichen Einschätzung wäre für eine in den 80er Jahren eingesetzte Ersatzplastik, wie bei dem Kläger, eine herabgesetzte Stabilität gegeben. Es ist daher gerade nicht nachgewiesen, dass auch ein natürliches Kreuzband in gleicher Weise bei dem Sturz gerissen wäre. Wenn dies aber nicht festgestellt werden kann, beruht der erneute Riss des Kreuzbandes maßgeblich auf der Ausstattung mit der Ersatzplastik, welche wegen der bestehenden Vorschädigung des Klägers notwendig geworden war.
- Selbst wenn - entgegen der hier vertretenen Einschätzung – dennoch eine Wesentlichkeit der Arbeitstätigkeit für die Durchtrennung der Kreuzbandersatzplastik anerkannt werden würde (bspw. i.S.e. beachtlichen vorübergehenden Verschlimmerung), wäre jedenfalls die frühere Feststellung der Unfallfolgen des Klägers in den Bescheiden vom 11.05.1990 und 11.04.1991 dennoch rechtswidrig gewesen. Denn es ist auch dann nicht zu einem operativ versorgten erneuten Riss des vorderen Kreuzbandes des rechten Kniegelenkes des Klägers gekommen, sondern allenfalls zu einem operativ versorgte Riss der eingesetzten Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes des rechten Kniegelenkes des Klägers. Beides ist schon deshalb nicht deckungsgleich, weil nicht jeder Kreuzbandriss gerade mit dem Einsatz einer Ersatzplastik korrigiert werden muss. Die Unterscheidung ist hier auch insofern von weiterer Bedeutung, dass – wie Dr. aus Sicht der Kammer zu Recht ausführt – die Unfallfolge sich dann gerade auf die Beschädigung dieser Ersatzplastik beschränkte. Die so verstandene Schädigung ist mit der erneuten Einsetzung einer weiteren Ersatzplastik dann vollumfänglich korrigiert worden, so dass die Gesundheit des Klägers bereits wenige Wochen nach dem Unfall wieder genauso hergestellt worden ist, wie er (mit seiner früheren Ersatzplastik) vor dem Unfall schon gestanden hatte. Eine weitere Gesundheitsschädigung des Klägers, die maßgeblich gerade auf das Einsetzen dieser zweiten Ersatzplastik zurückgehen würde, ist nicht erkennbar. Wesentlich für die folgenden gesundheitlichen Einschränkungen erscheint eben nicht die Ausstattung des Klägers mit der (unfallbedingten) zweiten Ersatzplastik, die dann bis 2001 beschwerdefrei genutzt werden konnte, sondern der Umstand, dass der Kläger überhaupt seit den 80er Jahren auf die Nutzung einer Ersatzplastik angewiesen war, was gerade keine Folge des fraglichen Unfalls vom 11.07.1989 gewesen ist, sondern auch unfallunabhängig notwendig erschien.
c) Wie bereits dargestellt (s.o.), kann eine teilweise Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide vom 11.05.1990 und 11.04.1991 auch nicht mehr nach § 45 SGB X erfolgen, da inzwischen die Rücknahmefrist des § 45 Abs. 3 SGB X verstrichen ist. Warum die Rücknahme nach § 45 SGB X ausscheidet ist für die Anwendung des § 48 Abs. 3 SGB X unerheblich (Merten, in: Hauck/Noftz SGB X, § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse, Rn. 97 m.w.N. – „Weitere Voraussetzung ist, dass der rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakt „nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen“ werden kann. Bereits diese Formulierung verdeutlicht, dass es unerheblich ist, aus welchem Grund eine Rücknahme ausgeschlossen ist. Sie kann z. B. daran scheitern, dass der Vertrauensschutz des Betroffenen entgegensteht (BSG 18. 3. 1997 - 2 RU 19/96 = BSGE 80, 119, 122), die Zweijahresfrist abgelaufen ist (BSG 8. 11. 2007 - B 9/9a V 1/06 R = juris) oder von einer Rücknahme im Rahmen der Ermessensausübung abgesehen worden ist (Schütze in v. Wulffen/Schütze, § 48 SGB X Rz 30).“).
Nach anderer Ansicht ist ein Vorgehen nach § 48 Abs. 3 SGB X sogar unabhängig davon zulässig, ob eine Rücknahme des fraglichen Bescheides nach § 45 SGB X tatsächlich ausgeschlossen bzw. objektiv unzulässig ist (Steinwedel, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR (Kasseler Kommentar) GesamtHrsg: Körner/Krasney/Mutschler/Rolfs, Stand: 01.12.2020, § 48 SGB X, Rn. 62a m.w.N.). Da hier zumindest im Ergebnis eine Einigkeit besteht, bedarf es keiner vertieften Auseinandersetzung mit dieser Auffassung.
V. Soweit die Klägerseite gegen die Bescheidung der Beklagten 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2017 auch mittels kombinierter Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG) mit dem Ziel vorgeht, unter gerichtlicher Aufhebung einer Ablehnungsentscheidung eine Verurteilung der Beklagten zur Erbringung der abgelehnten Leistungen durchzusetzen, ist die Klage unzulässig. Die Beklagte hat hier keine entsprechende Ablehnungsentscheidung über weitere Leistungen des Klägers nach dem SGB VII getroffen.
1. Nach allgemeiner Ansicht enthält die behördliche Entscheidung über das Vorliegen eines Versicherungsfalles bzw. dessen Reichweite regelmäßig keine Entscheidung über entsprechende Leistungsrechte nach dem SGB VII, wenn nur das Bestehen des Versicherungsfalles abgelehnt wird. Wenn der Unfallversicherungsträger bei Verneinung eines Versicherungsfalls zusätzlich ausführt, dass keine Leistungen nach dem SGB VII zu erbringen ist, kann dies je nach den Gesamtumständen des Einzelfalles sowohl eine entsprechende Ablehnungsentscheidung i.S.d. § 31 S. 1 SGB X sein als auch eine bloße „Annexfloskel“, welcher neben der alleinigen Ablehnung des Versicherungsfalles kein eigenständiger Regelungsgehalt zukommt. Denn es steht der Behörde grundsätzlich frei durch Bescheid entweder allein über das Nichtvorliegen eines Versicherungsfalls nach § 7 SGB VII - vorab - zu entscheiden oder über das Nichtbestehen eines Leistungsanspruchs ablehnend zu entscheiden, weil nach Inzidentprüfung kein dafür notwendiger Versicherungsfall nach § 7 SGB VII vorliegt (so überzeugend: Gekeler, NZS 2020, 727, 727):
- Nach dem insofern maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] analog) ist grundsätzlich von einer für sich stehende (Ablehnungs-) Regelung über einen konkreten Leistungsanspruch nach dem SGB VII auszugehen, wenn nach Sachprüfung der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen das Bestehen gerade dieser Leistung in Bezug auf den Adressaten des Ablehnungsbescheides verneint wird (LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.05.2021 – L 3 U 1001/20, juris, Rn. 24 m.w.N.; Bayerisches LSG, Urt. v. 12.10.2017 – L 17 U 208/17, juris, Rn. 16; Gekeler, NZS 2020, 727, 727).
- Von einer bloßen „Annexfloskel“, welcher neben der regelnden Ablehnung des Versicherungsfalles nur noch informellen Hinweischarakter zukommt, ist demgegenüber regelmäßig dann auszugehen, wenn – ohne erkennbare Prüfung von Einzelansprüchen - pauschal ausgeführt wird, dass Leistungen nach dem SGB VII oder Entschädigungen nach dem SGB VII nicht zu gewähren sind (etwa: BSG, Urt. v. 16.03.2021 – B 2 U 7/19 R, juris, Rn. 11 ff. m.w.N. – „Mit der pauschalen Leistungsablehnung sollten aber ersichtlich nur allgemein die Folgerungen beschrieben werden, die sich aus der Nichtanerkennung einer BK ergeben […]. Eine Entscheidung über einzelne konkrete Leistungsansprüche war damit nicht verbunden. Stattdessen handelt es sich bei den Ausführungen unter Ziffer 2 des Bescheids um einen bloßen Textbaustein ohne Regelungsgehalt (dazu aa), wie die Auslegung des Formularbescheids ergibt (dazu bb), die auch dem Revisionsgericht obliegt (dazu cc). […] Diese pauschale Leistungsablehnung ist als bloße Annexfloskel (so Gekeler, NZS 2020, 727) aufzufassen, mit der die Beklagte den Betroffenen an prominenter Stelle lediglich auf die Folgen hinweisen will, die zukünftig eintreten werden, sollte die unter Ziffer 1 enthaltene Ablehnung des Versicherungsfalls unanfechtbar werden.“; ausführlich: Aubel, Zur Zulässigkeit der Leistungsklage bei Ablehnung des Versicherungsfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung, NZS 2021, 376, 376 ff.; Spellbrink/Karmanski, SGb 2021, 461, 465 – „Für die Gestaltung und Abfassung der Bescheide hat der Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) Formtexte entwickelt, auf die die Unfallversicherungsträger in großer Zahl zurückgreifen. Soll ein Bescheid über die Ablehnung der Feststellung eines Versicherungsfalls erlassen werden, sehen die vorformulierten Texte dafür – verkürzt wiedergegeben – zwei verneinende Aussagen vor: 1. Es besteht kein Versicherungsfall (Arbeitsunfall oder BK). 2. Ansprüche auf Leistungen bestehen nicht. Auf den ersten Blick erscheinen beide Aussagen miteinander kompatibel und folgerichtig: Besteht kein Versicherungsfall, entfallen in der GUV alle Leistungsansprüche, weil sie einen Versicherungsfall notwendig voraussetzen. In seinem Urteil vom 16. 3. 2021 hat sich der 2. Senat des BSG mit dem Problem auseinandergesetzt, dass der Verwaltungsakt über die Nichtfeststellung des Versicherungsfalls (Aussage 1) gemäß § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache erst bindend wird, wenn der gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird. Während des Schwebezustands zwischen der Bekanntgabe des Verwaltungsakts und dem Eintritt seiner Bestandskraft ist ungewiss, ob dessen feststellende Wirkung eintreten wird. Deshalb dürfen in dieser Zwischenphase Leistungen – jedenfalls wegen Fehlens eines Versicherungsfalls – (noch) nicht endgültig abgelehnt werden. Andernfalls würde der Unfallversicherungsträger gegen das Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses verstoßen, das aus § 2 Abs. 2 SGB I abzuleitende Gebot der Sozialrechtsoptimierung missachten und den gerichtlichen Rechtsschutz unzumutbar erschweren, was ihm bei rechtskonformer Auslegung nicht unterstellt werden kann. Folglich hat das BSG die zweite Aussage in dem Formtext so ausgelegt, dass damit nicht pauschal alle Leistungsansprüche mit einer unbestimmten Vielzahl von Verwaltungsakten abgelehnt werden. Vielmehr ist die zweite Aussage in dem Bescheid – Ansprüche bestehen nicht – als bloße Annexfloskel aufzufassen, die lediglich auf die Folgen hinweist, die eintreten werden, sollte die in der ersten Aussage verlautbarte Ablehnung der Feststellung des Versicherungsfalls unanfechtbar werden. Unproblematisch ist indes der umgekehrte Fall: Die positive Feststellung des Versicherungsfalls kann ohne Weiteres mit der Leistungsgewährung verknüpft werden, weil diese Verwaltungsakte die Behörde bereits binden, sobald sie bekannt gegeben und damit wirksam geworden sind (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X).“). Sofern lediglich einzelne Anspruchsvoraussetzungen verneint werden – bspw. Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit – liegt regelmäßig keine Entscheidung über den entsprechenden Leistungsanspruch vor und auch eine sog. Elementenfeststellung ist unzulässig, mit welcher geltend gemacht werden soll, dass die einzelnen Anspruchsvoraussetzung - als Einzelelement eines Leistungsanspruches – entgegen der Bescheidung der Behörde doch verwirklicht ist (in diesem Sinne einschränkend für eine Vorliegensdauer des Merkmals unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.02.2021 – L 17 U 643/18, juris, Rn. 41).
Soweit von einer bloßen Annexfloskel auszugehen ist, ist auch kein Grundurteil nach § 130 Abs. 1 SGG auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB VII bei Vorliegen des Versicherungsfalles möglich. Zum einen kann ein Grundurteil nicht pauschal hinsichtlich aller Leistungen nach SGB VII erfolgen und käme ohnehin überhaupt nur in Betracht, wo es um Geldleistungen geht, deren konkrete Höhe noch ungeklärt ist (Giesbert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 130 SGG, Rn. 16, 23 – „Wenngleich Konstellationen nicht selten sind, bei denen neben einem streitigen Feststellungsanspruch (etwa, ob ein Kläger einen versicherten Arbeitsunfall erlitten hat, oder ob die Schwerbehinderteneigenschaft zu bejahen ist) auch „die Höhe“ der resultierenden MdE oder des Grades der Behinderung jenseits von 50 streitbefangen ist, bedarf es in diesen Fällen der besonderen Konstruktion des Grundurteils nicht: Dem Kläger steht es frei, neben seinem Anfechtungsantrag einen bestimmten („bezifferten“) Feststellungs- bzw. Verpflichtungsantrag zu stellen, oder sich jedenfalls zunächst darauf zu beschränken, die Feststellung eines „höheren“ Wertes als den von der Beklagten anerkannten geltend zu machen. […] Ein Grundurteil kommt bei einem Streit um Sachleistungen ausnahmslos nicht in Betracht; der Wortlaut ist eindeutig.“). Zum anderen fehlt es dann auch an der notwendigen Entscheidung über etwaige konkrete Leistungsansprüche nebst nach § 78 SGG notwendigen Durchführung eines Vorverfahrens hinsichtlich dieser konkreten Leistung (vgl. zum Ganzen: LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 16.12.2021 – L 14 U 306/17, juris, Rn. 34 m.w.N. - „Insoweit der Kläger jedoch mit dem Antrag zu 3. die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls geltend gemacht hat, ist dieser Klagantrag unzulässig. Zwar stellt die Leistungsklage die vorrangige Klageart für das Begehren dar, allerdings ist dieser Antrag zu unbestimmt, denn der Kläger begehrt insofern ein Grundurteil über allgemeine Leistungen. Ein Grundurteil (§ 130 SGG) kommt aber nur in Betracht, wenn eine ihrer Art nach feststehende Geldleistung begehrt wird und lediglich die Höhe offen gelassen werden soll […]. Über konkrete Leistungen (z.B. die Gewährung von Verletztengeld nach §§ 44 f SGB VII) hat die Beklagte jedoch nicht entschieden, sondern lediglich den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit für eine Woche anerkannt. Hierbei handelt es sich lediglich um ein anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal des Anspruchs auf Verletztengeld nach § 45 SGB VII, welches nicht im Rahmen einer ausnahmsweise für die Feststellung von Unfallfolgen zulässigen Elementfeststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 3 SGG verfolgt werden kann […].“; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.05.2021 – L 3 U 1001/20, juris, Rn. 24 m.w.N. – „Soweit der Kläger auch mit seiner Berufung die „antragsgemäße Gewährung von Entschädigungsleistungen“ begehrt, kommt dem neben dem auf die Anerkennung des Skiunfalls vom 24.03.2018 als Arbeitsunfall gerichteten und im Wege der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (dazu unten 2.) verfolgten Klagebegehren bei sinnentsprechender Auslegung keine eigenständige Bedeutung zu […]. Denn in der Sache geht es dem Kläger zunächst um die rechtliche Klärung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt. Eine auf die Gewährung von Entschädigungsleistungen gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG wäre in der vorliegenden Situation ohnehin unzulässig, worauf das SG zutreffend in dem angefochtenen Urteil hingewiesen hat. Denn zum einen hat die Beklagte insoweit eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung nicht getroffen. Nach dem für die Auslegung von Bescheiden maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der alle Begleitumstände und Zusammenhänge (Vorgeschichte, Anträge, Begleitschreiben, Situation des Adressaten, genannte Rechtsnormen, auch Interesse der Behörde) berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat […], hat die Beklagte mit dem Bescheid […] keine anfechtbare Verwaltungsentscheidung über Entschädigungsleistungen getroffen. Regelungsgegenstand des Bescheides ist vielmehr ausschließlich die (Nicht-)Anerkennung des Unfallereignisses vom 24.03.2018 als Arbeitsunfall. Soweit die Beklagte zudem pauschal darauf hingewiesen hat, dass ein Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus Anlass dieses Unfalls nicht bestehen, stellt dies lediglich einen klarstellenden Hinweis auf die aus der Nichtanerkennung als Arbeitsunfall resultierende Folge dar, ohne dass hiermit eine eigenständige Regelung verbunden wäre […]. Unter Berücksichtigung der Begleitumstände hat für die Beklagte, was für den Kläger auch erkennbar gewesen ist, kein Anlass bestanden, über ihrer Art nach unbestimmte Entschädigungsleistungen zu entscheiden. Weder hatte der Kläger konkrete Leistungen beantragt, noch hat sonst Anlass bestanden, über Entschädigungsleistungen im Zusammenhang mit dem nicht als Arbeitsunfall anerkannten Unfallereignisses zu entscheiden. Zum anderen wäre eine allgemein auf Entschädigungsleistungen gerichtete Leistungsklage auch deshalb unzulässig, weil sie nicht auf konkrete Leistungen, sondern allgemein auf Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten gerichtet i Über sie könnte auch nicht durch Grundurteil entschieden werden. Denn die in § 130 SGG vorgesehene Möglichkeit zum Erlass eines Grundurteils ist auf Fälle beschränkt, in denen der Kläger eine oder mehrere ihrer Art nach feststehende Geldleistungen begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Nicht die Leistung als solche, sondern nur ihre Höhe kann in diesem Fall vom Gericht offen gelassen und der Berechnung durch den Sozialleistungsträger überlassen werden […].“; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.05.2011 – L 3 U 87/09, juris, Rn. 24 – „Geht es nur um die Frage, ob ein bestimmter Unfall Arbeitsunfall ist, sowie um die Feststellung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach, steht im Entscheidungszeitpunkt nicht fest, welche der in Frage kommenden Leistungen (z. B. Krankenbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Verletztenrente) im konkreten Fall tatsächlich beansprucht werden können und für welchen Zeitraum sie ggf. zu erbringen sind. Auch handelt es sich nur teilweise um Geldleistungen und im Übrigen um Sachleistungen, die einer Zuerkennung durch Grundurteil von vornherein nicht zugänglich sind […].“; Aubel, Zur Zulässigkeit der Leistungsklage bei Ablehnung des Versicherungsfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung, NZS 2021, 376, 377).
Ein unzulässiger Grundantrag des Klägers auf Entschädigung für einen Versicherungsfall soll dabei grundsätzlich als Antrag auf Feststellung des Versicherungsfalles ausgelegt werden (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage 2020, § 130 SGG, Rn. 2a; Aubel, Zur Zulässigkeit der Leistungsklage bei Ablehnung des Versicherungsfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung, NZS 2021, 376, 377 m.w.N.).
2. Vorliegend ist der Inhalt der angefochtenen Bescheidung der Beklagten analog §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] nicht anders zu verstehen als die Rücknahme bzw. Feststellung der Rechtswidrigkeit der bisherigen Anerkennung von Unfallfolgen mit den Bescheiden vom 11.05.1990 und 11.04.1991, soweit diese Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 für das rechte Knie des Klägers anerkennen, welche über eine Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes ohne strukturelle Verletzungen des Kniebinnenraumes hinausgehen.
Zwar heißt es unter 3. des Ausgangsbescheides wörtlich: „Diese Zerrung/Verstauchung des rechten Kniegelenkes ist folgenlos ausgeheilt. Ärztliche Behandlungsmaßnahmen sind deswegen nicht bzw. nicht mehr erforderlich.“ Diese Ausführungen sind jedoch im Gesamtzusammenhang der Bescheidung gerade nicht als eigenständige Ablehnung weiterer Leistungen des Klägers nach §§ 27 ff. SGB VII zu verstehen. Vielmehr ist ihnen der Gehalt eines inhaltlich abrundenden Hinweises zu den allgemeinen Folgen der behördlich vorgenommenen / beabsichtigten Neubewertung der Reichweite der Unfallfolgen beizumessen. Mit der beabsichtigten Neufassung der Unfallfolgen des Ereignisses vom 11.07.1989 bringt die Beklagte zum Ausdruck, dass sie nur noch eine Zerrung / Verstauchung des rechten Kniegelenkes als denkbaren Versicherungsfall i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII anerkennt. Da diese Verletzungen aber zwischenzeitlich folgenlos ausgeheilt seien, sei wegen dieser Verletzungen keine weitere Behandlungsbedürftigkeit gegeben und Maßnahmen nach den §§27 ff. SGB VII nicht zu erbringen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die weitere Begründung der Bescheidung, welche sich ausschließlich mit der Neubewertung der Unfallfolgen beschäftigt, ohne dabei hinsichtlich möglicher Behandlungsansprüche des Klägers wegen anderer Unfallfolgen erkennbar in die inhaltliche Sachprüfung einzusteigen. Es ist nicht erkennbar, dass die Frage nach einer Behandlungsbedürftigkeit gerade im Hinblick auf konkrete Heilbehandlungsmaßnahmen des Klägers nach §§ 27 ff. SGB VII geprüft worden wäre, so dass den Ausführungen nur der dargestellte Gehalt einer Pauschalablehnung aller weiteren Leistungen nach dem SGB VII beizumessen ist, die als „Annexfloskel“ bloßen Hinweischarakter hat. Eine selbstständige Regelungsbedeutung neben der Verneinung eines Versicherungsfalles in Bezug auf weitere Unfallfolgen im rechten Knie des Klägers ist für diesen Hinweis nicht erkennbar.
3. Trotz entsprechenden Hinweis des Gerichtes im Verhandlungstermin vom 23.09.2022 hat sich die Klägerseite entschieden, den Klageantrag auch auf die Korrektur einer nicht vorhandenen Ablehnungsentscheidung und die Geltendmachung etwaiger Leistungsrechte zu erstrecken. Das Gericht muss die anwaltliche Klageantragstellung in diesem Zusammenhang daher als bewusste Entscheidung werten und hat die entsprechende Klage in diesem Punkt daher als unzulässig abzuweisen.
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
Sozialgericht Duisburg, Mülheimer Straße 54, 47057 Duisburg
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.
Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Duisburg schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zu Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Absatz 4 Nummer 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).