1. Das Landespflegegeld ist wegen seines höchstpersönlichen Charakters nicht im Wege der Sonderrechtsnachfolge (§ 56 Abs. 1 SGB I) übergangsfähig.
2. Ein Rückforderungsanspruch des Bayerischen Landesamts für Pflege nach Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG i.V.m. der entsprechenden Anwendung des § 118 Abs. 4 SGB VI setzt nicht voraus, dass das nach dem Tod eines Berechtigten ausgezahlte Landespflegegeld "für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten" erbracht worden ist.
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. März 2022 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 30. August 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2021 abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.000 Euro festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist die Erstattung von ausgezahltem bayerischem Landespflegegeld.
Der Kläger und Berufungsbeklagte ist der Sohn der 1927 geborenen und am 14.11.2020 verstorbenen M (im Folgenden: Pflegebedürftige). Diese bezog ab dem 02.09.2020 Leistungen der Pflegeversicherung entsprechend dem Pflegegrad 3.
Am 24.10.2020 beantragte die Pflegebedürftige beim Beklagten und Berufungskläger Landespflegegeld nach dem Bayerischen Landespflegegeldgesetz (BayLPflGG). Sie verstarb am 14.11.2020. Einziger Erbe ist der Kläger, der mit seiner Mutter im Zeitpunkt ihres Todes weder in einem gemeinsamen Haushalt lebte noch von ihr unterhalten worden war.
Mit Bescheid vom 20.11.2020 bewilligte der Beklagte für die Pflegebedürftige das beantragte Landespflegegeld ab dem Pflegegeldjahr 2019/2020 (01.10.2019 - 30.09.2020).
Nachdem eine Melderegisterprüfung am 28.03.2021 ergeben hatte, dass die Pflegebedürftige am 14.11.2020 verstorben war, forderte der Beklagte mit Schreiben vom 01.04.2021 die C Bank auf, das nach dem Tod der Pflegebedürftigen ausbezahlte Landespflegegeld in Höhe von 1000 € zu erstatten. Die C Bank teilte mit Schreiben vom 14.04.2021 mit, dass das Konto keine entsprechende Deckung mehr aufweise. Die Zahlung des Beklagten sei am 20.11.2020 auf dem Konto der Pflegebedürftigen eingegangen und taggleich per Überweisung an den Kläger als Zahlungsempfänger verfügt worden.
Mit Bescheid vom 30.08.2021 forderte der Beklagte vom Kläger die Erstattung des am 20.11.2020 ausbezahlten Landespflegegeldes gemäß Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG in Verbindung mit § 118 Abs. 4 SGB VI. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2021 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 04.11.2021 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und geltend gemacht, dass der Tod seiner Mutter nicht zum Erlöschen des Anspruchs und zum Wegfall des Rechtsgrundes für die Auszahlung geführt habe. Gemäß § 59 Satz 2 SGB I würden Ansprüche auf Geldleistungen nur erlöschen, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt seien noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig sei. Im Zeitpunkt des Todes der Leistungsberechtigten sei jedoch ein Verwaltungsverfahren anhängig gewesen. Der Rechtsgrund aus der früheren Bewilligung bestehe fort. Zudem läge ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie gegen das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip vor, wenn der Anspruch auf Auszahlung von der Zufälligkeit abhänge, ob die Behörde den Betrag vor dem Versterben des Betroffenen bereits ausgezahlt habe oder nicht.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass der Anspruch auf Landespflegegeld mit dem Tod der Anspruchsberechtigten am 14.11.2020 untergegangen sei, da der Anspruch nach Art. 2 Abs. 4 Satz 3 BayLPflGG nicht vererblich sei. Ein Rechtsgrund sei auch nicht durch den Bescheid vom 20.11.2020 gegeben, da der Bescheid gem. § 39 Abs. 1 SGB X mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden sei.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 16.03.2022 stattgegeben und den Bescheid des Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2021 aufgehoben. Die Erstattung von Landespflegegeld könne nicht auf Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG in Verbindung mit § 118 Abs. 4 SGB VI gestützt werden. Die Vorschrift des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sei in der entsprechenden Anwendung gemäß Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG so zu lesen, dass die Erstattungspflicht nicht gegenüber dem Träger der Rentenversicherung, sondern gegenüber dem Freistaat Bayern bestehe. Dagegen setze § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI auch in der entsprechenden Anwendung gemäß Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG voraus, dass Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden seien. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Es könne zwar sein, dass das Landespflegegeld aufgrund des vorangegangenen Todes der Pflegebedürftigen und der Nichtvererblichkeit des Anspruchs zu Unrecht ausbezahlt worden sei. Jedenfalls aber handele es sich nicht um eine Geldleistung "für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten". Denn das am 20.11.2020 ausgezahlte Landespflegegeld habe sich nicht auf die Zeit nach dem Tod der am 14.11.2020 verstorbenen Leistungsberechtigten bezogen, sondern auf das Pflegegeldjahr 2019/2020, welches am 30.09.2020 beendet war, sodass es sich um eine Geldleistung für die Zeit vor dem Tod der Berechtigten gehandelt habe.
Der Verweis des Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG auf § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI stelle eine Rechtsgrund- und keine bloße Rechtsfolgenverweisung dar. Deshalb könne die Vorschrift nicht auf solche Fälle entsprechend angewendet werden, in denen Landespflegegeld nach dem Tod des Berechtigten für ein noch zu Lebzeiten des Berechtigten abgeschlossenes Pflegegeldjahr rückwirkend ausbezahlt worden ist. Wäre eine bloße Rechtsfolgenverweisung beabsichtigt gewesen, hätte der Landesgesetzgeber in Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG die Voraussetzungen, unter denen die Vorschrift entsprechend anwendbar sein soll, genau bezeichnen müssen, zumal es sich bei der Vorschrift des § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI um eine Eingriffsnorm handele, die einschneidende Rückzahlungsverpflichtungen für weitreichende Personenkreise haben könne, die nicht von der Erbschaft profitieren (z.B. Vermieter oder sonstige Zahlungsempfänger). Dies gelte umso mehr, als andere Tatbestandsmerkmale des § 118 Abs. 4 SGB VI, wie die Unrechtmäßigkeit der Auszahlung, unstrittig auch in der entsprechenden Anwendung gelten sollen, so dass eine reine Rechtsfolgenverweisung ohnehin nicht in Betracht komme. Die Auffassung des Beklagten laufe darauf hinaus, nur die Geltung eines einzelnen Tatbestandsmerkmals in einem ihm vorteilhaften Sinne auszuschließen.
Für eine Auslegung, wonach Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG die entsprechende Anwendung des § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI auf die rückwirkende Auszahlung von Landespflegegeld für ein noch vollständig erlebtes Landespflegegeldjahr anordne, fänden sich in den Gesetzgebungsmaterialien keine Hinweise. Diese Auslegung lasse sich auch nicht mit der Überlegung rechtfertigen, dass die entsprechende Anwendung des § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI sonst leerliefe. Denn die Vorschrift sei problemlos anwendbar auf Fälle, in denen aufgrund eines einmal als Dauerverwaltungsakt erlassenen Bewilligungsbescheides in künftigen Jahren Landespflegegeld für Zeiträume ausbezahlt wird, die nach dem Tode des Leistungsberechtigten liegen. Eine solche Auszahlung in künftigen Jahren sei zwar unwahrscheinlich, weil das Landesamt für Pflege vor jeder jährlichen Auszahlung per Melderegisterauskunft prüfe, ob der jeweilige Leistungsempfänger den 30.09. des jeweiligen Jahres noch erlebt habe - das sei jedoch eine Frage des Verwaltungsvollzugs und ändere nichts an der grundsätzlichen Möglichkeit, fehlerhaft für Zeiten nach dem Versterben ausgezahlte Leistungen unter Benutzung des "scharfen Schwerts" des § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI von Banken, Verfügenden und Empfängern dieser Verfügungen zurückzuholen.
Dagegen hat der Beklagte am 13.04.2022 Berufung erhoben. Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG erkläre § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI für entsprechend anwendbar. Es handele sich nicht um eine Rechtsgrund-, sondern um eine Rechtsfolgenverweisung, welche die Rückforderung von überzahltem Landespflegegeld ermöglichen solle. Der Formulierung "für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten" komme, bezogen auf das Bayerische Landespflegegeldgesetz, keine Bedeutung zu.
Die Anwendbarkeit von § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI auf sämtliche Fälle überzahlter Landespflegegeldzahlungen finde ihre Stütze in der Gesetzesbegründung, wonach die Verweisung des Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG klarstelle, dass überzahlte Landespflegegeldzahlungen zurückgefordert werden sollten. Auch der Normzweck gebiete die Anwendbarkeit von § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI auf sämtliche Fälle von überzahlten Landespflegegeldzahlungen.
Soweit das SG seine Auslegung mit einschneidenden Rückzahlungsverpflichtungen für weitgehende Personenkreise begründe, gäbe es verschiedene Möglichkeiten, um unbillige Folgen durch Rückforderungen überzahlter Landespflegegeldzahlungen zu vermeiden, ohne dabei die Rückforderungsmöglichkeiten pauschal über Gebühr einzuschränken.
Zugleich solle jedoch nach Ansicht des SG die Nutzung des "scharfen Schwerts" des § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI dann möglich sein, wenn Landespflegegeld für Zeiträume ausbezahlt werde, die nach dem Tod der leistungsberechtigten Person liegen. Dies beschreibe den Fall, dass der Leistungsberechtigte im Laufe eines Pflegejahres versterbe und dieser Umstand dem Landesamt für Pflege solange nicht bekannt werde, dass es nach Ablauf des darauffolgenden Pflegejahres zu einer weiteren Auszahlung komme. Warum der vom SG erwähnte Vermieter in diesem Fall weniger schutzwürdig sein sollte als in den anderen Fällen, bleibe offen.
Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten. Er hat sich insbesondere auf die Ausführungen des SG bezogen und ergänzend vorgetragen, dass zugunsten des Klägers die über Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG entsprechend anzuwendende Vorschrift des § 59 Satz 2 SGB I greife.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. März 2022 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 30.08.2021 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 20.10.2021 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagten Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 SGG) eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 30.08.2021 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 20.10.2021 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger ist verpflichtet, das am 20.10.2020 auf das Konto seiner zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbenen Mutter überwiesene Landespflegegeld dem Bayerischen Landesamt für Pflege zu erstatten. Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG i.V.m. § 118 Abs. 4 SGB VI.
Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG sieht vor, dass § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI entsprechend anzuwenden sind. Nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sind, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet.
Der in Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG enthaltene Verweis auf § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI stellt weder eine Rechtsgrund- noch eine Rechtsfolgenverweisung dar. Beides kommt hier nicht in Betracht, weil Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG keine direkte, sondern lediglich eine entsprechende Anwendung der in § 118 Abs. 3-4a SGB VI enthaltenen Regelungen anordnet. Bei dem in Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG enthaltenen Verweis auf § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI handelt sich um eine Analogieverweisung (hierzu: Handbuch der Rechtsförmlichkeit, BMJ, Rn 219, 232), bei der die entsprechend anzuwendende Norm so umzuformulieren ist, dass der Rechtsgedanke, der ihr zugrunde liegt, im Rechtsbereich der verweisenden Norm Anwendung finden kann unter Berücksichtigung der grundsätzlich bestehenden Unterschiede zwischen dem Rechtsbereich der verweisenden Norm und dem Rechtsbereich der entsprechend anzuwendenden Norm (vgl. dazu z.B. Hissnauer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 61 SGB X Rn 11 zur entsprechenden Anwendbarkeit von Vorschriften des BGB).
§ 118 Abs. 4 SGB VI billigt den Rentenversicherungsträgern einen Rückforderungsanspruch gegenüber den Empfängern und Verfügungsberechtigten von Geldleistungen zu, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht wurden und nicht vom Geldinstitut zurücküberwiesen werden können. Überträgt man diesen Rechtsgedanken auf den Rechtsbereich des Bayerischen Landespflegegeldgesetzes, wird durch den Verweis in Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG auf § 118 Abs. 4 SGB VI ein Rückforderungsanspruch des Bayerischen Landesamts für Pflege normiert gegenüber den Empfängern und Verfügungsberechtigten von ausgezahltem Landespflegegeld, das nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht wurde und nicht vom Geldinstitut zurücküberwiesen werden kann.
Soweit das SG im Hinblick auf die in § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI enthaltene Formulierung "Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten" angenommen hat, dass ein Rückforderungsanspruch des Bayerischen Landesamts für Pflege gemäß Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG i.V.m. § 118 Abs. 4 SGB VI darüber hinaus voraussetzt, dass sich das ausgezahlte Landespflegegeld auf die Zeit nach dem Tod des Berechtigten bezieht, wird dies den im Rahmen einer Analogieverweisung zu berücksichtigenden grundlegenden Unterschieden, die zwischen Geldleistungen nach dem SGB VI einerseits und Landespflegegeldzahlungen andererseits bestehen, nicht gerecht:
1. Laufende Geldleistungen nach dem SGB VI mit Ausnahme des Übergangsgeldes werden nach § 118 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI am Ende des Monats fällig, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; sie werden am letzten Bankarbeitstag dieses Monats ausgezahlt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB VI). Die genannten Zahlungen werden also für bestimmte Kalendermonate, zu deren Beginn die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen müssen, geleistet. Renten werden bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind, § 102 Abs. 5 SGB VI.
Die Auszahlung des bayerischen Landespflegegeldes bezieht sich auf ein ganzes Pflegegeldjahr, worunter der Zeitraum vom 1. Oktober eines Jahres bis zum 30. September des Folgejahres zu verstehen ist (Art. 1 Abs. 2 BayLPflGG). Für die Anspruchsberechtigung reicht der Nachweis, dass der Pflegebedürftige an mindestens einem Tag des Pflegegeldjahres im Umfang von mindestens Pflegegrad 2 pflegebedürftig war (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 BayLPflGG) und er den Vorgaben des Bundesmeldegesetzes entsprechend mit seiner alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung im Freistaat Bayern gemeldet ist (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayLPflGG). Hinsichtlich der Meldung des Hauptwohnsitzes im Freistaat Bayern ist für das erste Jahr des Bezuges der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich, danach der letzte Tag des jeweiligen Pflegegeldjahres (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayLPflGG).
Dies hat zur Folge, dass das Landespflegegeld, welches nach Art. 3 Satz 2 BayLPflGG bereits vor Ablauf des Pflegegeldjahres beantragt werden kann, bei seiner erstmaligen Auszahlung schon vor Ablauf des Pflegegeldjahres ausgezahlt werden kann, da die Anspruchsvoraussetzungen beim erstmaligen Bezug bereits dann erfüllt sind, wenn der Hauptwohnsitz im Zeitpunkt der Antragstellung im Freistaat Bayern war und der Pflegebedürftige nachweist, dass er mindestens an einem Tag des laufenden Pflegegeldjahres pflegebedürftig im Umfang von mindestens Pflegegrad 2 gewesen ist. Stirbt der Berechtigte in einem solchen Fall wenige Tage vor der erstmaligen Auszahlung des Landespflegegeldes, lässt sich die Frage, ob es sich um eine Geldleistung für die Zeit vor oder nach dem Tod des Berechtigten handelt, schon gar nicht eindeutig beantworten. Es handelt sich um eine Geldleistung, die sich auf ein laufendes Pflegegeldjahr bezieht, das beim Tod des Berechtigten noch nicht ganz abgelaufen war.
Alle weiteren Auszahlungen des Landespflegegeldes können erst nach Beendigung des jeweiligen Pflegegeldjahres erfolgen, da nun Bezugsvoraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige am letzten Tag des Pflegegeldjahres seinen Wohnsitz im Freistaat Bayern hat. Diese Geldauszahlungen werden sich daher nahezu ausnahmslos auf Zeiträume beziehen, die vor dem Tod des Berechtigten liegen. Das vom SG für die Anwendbarkeit des Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG i.V.m. § 118 Abs. 4 SGB VI geforderte Erfordernis einer Geldleistung "für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten" wird in diesen Fällen daher in aller Regel nicht erfüllt sein. Folgte man der Ansicht des SG, verbliebe bei der Ausführung des Bayerischen Landespflegegeldgesetzes praktisch kein Raum für eine entsprechende Anwendung des § 118 Abs. 4 SGB VI.
2. Fällige Ansprüche auf Geldleistungen nach dem SGB VI sind grundsätzlich vererblich (§ 58 SGB I) und können auch im Wege der Sonderrechtsnachfolge (§ 56 SGB I) übergehen. Im Rahmen des SGB VI ist daher von entscheidender Bedeutung, ob Geldleistungen für die Zeit vor dem Tod des Berechtigten oder für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten gezahlt wurden. Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten gezahlt wurden, sind stets zu Unrecht erbracht worden (vgl. § 102 Abs. 5 SGB VI). Hingegen können Geldzahlungen, die für die Zeit vor dem Tod des Berechtigten geleistet wurden, auch dann rechtmäßig erbracht worden sein, wenn sie erst nach dem Tod des Berechtigten ausgezahlt werden. Für einen Erstattungsanspruch der Rentenversicherung nach
§ 118 Abs. 4 SGB VI ist daher wesentlich, dass eine Geldleistung für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten erbracht wurde.
Im Unterschied zu Ansprüchen auf Geldleistungen nach dem SGB VI ist der Anspruch auf Landespflegegeld weder vererblich (Art. 2 Abs. 4 Satz 3 BayLPflGG) noch als höchstpersönlicher Anspruch im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergangsfähig (vgl. dazu Urteil des Senats vom 24.05.2022, L 4 P 2/22 LP). Der Anspruch erlischt stets mit dem Tod des Pflegebedürftigen. Aus diesem Grund sind Landespflegegeldzahlungen, die nach dem Tod eines Berechtigten geleistet werden, ausnahmslos zu Unrecht erbracht - völlig unabhängig davon, auf welches Pflegegeldjahr sie sich beziehen. Für eine Differenzierung danach, ob sich entsprechende Überzahlungen auf ein vor dem Tod des Berechtigten liegendes Pflegegeldjahr beziehen oder auf ein solches nach dem Tod des Pflegebedürftigen, ist - anders als im Bereich des SGB VI - kein vernünftiger Grund ersichtlich.
Bei verständiger Würdigung setzt daher ein Rückforderungsanspruch des Landesamts für Pflege nach Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG i.V.m. der entsprechenden Anwendung des § 118 Abs. 4 SGB VI nicht voraus, dass das nach dem Tod eines Berechtigten ausgezahlte Landespflegegeld "für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten" erbracht worden ist.
Im vorliegenden Fall ist die Pflegebedürftige am 14.11.2020 verstorben, das Landespflegegeld war jedoch nach Antrag vom 24.10.2020 erst am 20.11.2020 von der Beklagten bewilligt und an die Pflegebedürftige ausgezahlt worden. Mit dem Tod der Pflegebedürftigen ist der Anspruch auf das Landespflegegeld untergegangen, da der Anspruch wegen fehlender Übergangsfähigkeit nicht auf eine andere Person übergehen konnte. Ein Rechtsgrund für die nach dem Tod der Pflegebedürftigen erbrachte Leistung besteht nicht - ein solcher kann insbesondere auch nicht im Bescheid vom 20.11.2020 gesehen werden, weil der Bescheid mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist (§ 39 Abs. 1 SGB X). Das Landespflegegeld ist daher zu Unrecht erbracht worden.
Der Zahlungsanspruch der Pflegebedürftigen ist mit ihrem Tod nicht im Wege der Erbfolge auf den Kläger, der ihr einziger Erbe war, übergegangen, weil Art. 2 Abs. 4 Satz 3 BayLPflGG ausdrücklich regelt, dass der Anspruch auf Landespflegegeld nicht vererblich ist. Dieser Ausschluss der Vererblichkeit verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen das durch Art. 103 Abs. 1 Bayerische Verfassung (BV) und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gewährleistete Erbrecht. Der Gesetzgeber gewährt den Anspruch auf Landespflegegeld von vornherein nur mit der Maßgabe, dass er mit dem Tod des Berechtigten untergeht. Es handelt sich dabei um eine nähere Ausgestaltung des Erbrechts, wie sie dem Gesetzgeber in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zugebilligt wird.
Ein Übergang des Anspruchs auf Landespflegegeld von der verstorbenen Pflegebedürftigen auf den Kläger im Wege der Sonderrechtsnachfolge gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB I scheidet ebenfalls aus. Wie oben dargelegt, stellt das Landespflegegeld wegen seines höchstpersönlichen Charakters keine Leistung dar, die im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergangsfähig ist.
Auch aus § 59 Satz 2 SGB I kann der Kläger keinen Anspruch auf das streitgegenständliche Landespflegegeld herleiten. Nach dieser Vorschrift erlöschen Ansprüche auf Geldleistungen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. Zwar war im Zeitpunkt des Todes der Pflegebedürftigen ein Verwaltungsverfahren über den Anspruch auf Landespflegegeld anhängig, so dass der Anspruch auf diese Geldleistung in der Tat nicht nach § 59 Satz 2 SGB I erloschen ist. Dies hilft dem Kläger jedoch nicht, weil der Anspruch weder im Wege des Erbrechts noch im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf ihn übergegangen ist. Die Vorschrift des § 59 Satz 2 SGB I regelt nicht die Rechtsnachfolge eines Anspruchs, sondern setzt diese voraus. Die Regelung ist hier daher nicht anwendbar.
Das am 20.11.2020 ausbezahlte Landespflegegeld ist demnach zu Unrecht erbracht worden. Nachdem das kontoführende Institut - hier die C Bank - die Zahlung von 1.000 € wegen mangelnder Deckung des Kontos nicht zurücküberweisen konnte, ist der Kläger als Verfügender und Empfänger des Geldes dem Landesamt für Pflege nach Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG i.V.m. § 118 Abs. 4 SGB VI zur Erstattung verpflichtet.
Der Berufung der Beklagten ist daher stattzugeben und das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Das Verfahren ist kostenpflichtig, weil der Kläger nicht zum privilegierten Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG gehört. Der Streitwert folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
Die Entscheidung ist nicht revisibel, da ausschließlich bayerisches Landesrecht zu prüfen ist, für das eine Zuständigkeit des Bundessozialgerichts nicht besteht. Der Senat entscheidet daher endgültig.