Der Antrag nach § 109 SGG muss auf Anhörung eines namentlich benannten bestimmten Arztes gehen. Unschädlich ist die fehlende Benennung eines ausdrücklichen Beweisthemas, wenn sich dieses bereits aus dem Akteninhalt und damit durch Auslegung ergibt (hier: Höhe der MdE, Verletztenrente). Wird ein in diesem Sinne ordnungsgemäßer, fristgerechter Antrag im Rahmen der Klageabweisung durch Gerichtsbescheid abgelehnt, verletzt dies das prozessuale Recht aus § 109 SGG und auf rechtliches Gehör.
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.10.2020 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Heilbronn zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der endgültigen Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Verletztenrente im Streit.
Der 1959 geborene Kläger übersah am 23.09.2014 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bei der Firma K GmbH & Co.KG einen rückwärtsfahrenden Stapler, stieß mit diesem zusammen und stürzte (s. Unfallanzeige Akten-Id:8/S. 1 VA). Hierbei zog er sich eine gering dislozierte Radiuskopffraktur links Typ I nach Mason, eine Prellung des linken Handgelenks und eine Quetschung des rechten Mittelfußes und der Fußwurzel mit MFK 2-Basisfraktur zu (Akten-Id: 1/S. 1 VA). Im Anschluss an die stationäre Behandlung befand er sich bei dem P in ambulanter Behandlung. Dieser berichtete der Beklagten am 05.12.2014 (Akten-Id:16/S. 1 VA), dass der Kläger von Seiten des Mittelfußbruches relativ rasch wieder beschwerdefrei gewesen sei. Im Bereich des linken Ellbogens (Radiusköpfchenfraktur) bestehe nach wie vor eine geringe bis mäßige Kraftminderung bei freier Beweglichkeit. Die Frakturen seien alle ohne Dislokation konsolidiert. Er schließe die Behandlung ab. Ab dem 24.12.2014 liege wieder Arbeitsfähigkeit vor. Mit Veränderungsmitteilung vom 22.12.2014 (Akten-Id: 19/S. 1 VA) teilte P der Beklagten mit, dass die Arbeitsfähigkeit des Klägers ab dem 12.01.2015 wieder eintrete, eine ärztliche Behandlung nicht mehr erforderlich sei und die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus unter 10 v.H. liege.
Mit Schriftsatz vom 30.04.2019 - bei der Beklagten am 08.05.2019 eingegangen - beantragte der Kläger - vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten - wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 23.09.2014 die Gewährung einer Verletztenrente (Akten-Id: 29/S. 1 f. VA).
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten des L ein (Akten-Id: 51/S. 1 ff. VA). Dieser vermochte keine funktionellen Einschränkungen bezüglich des linken Ellenbogens und des rechten Fußes festzustellen und schätzte die MdE auf unter 10 v.H.
Mit Bescheid vom 15.10.2019 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 23.09.2014 ab (Akten-Id: 59/S. 1 ff. VA). Den hiergegen erhobenen Widerspruch (Akten-Id: 60/S. 1 VA) wies sie nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des T (Akten-Id: 68/S. 1 VA) mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2020 zurück (Bl. 15 ff. SG-Akte).
Hiergegen hat der Kläger - wiederum vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten - am 07.04.2020 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. In der Klagebegründung hat er bereits angekündigt, nach Einholung von sachverständigen Zeugenauskünften durch das SG einen Antrag nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu stellen und nach gerichtlicher Aufforderung einen Sachverständigen zu benennen (Bl. 39 SG-Akte). Mit gerichtlicher Verfügung vom 21.09.2020 (Bl. 41 SG-Akte) - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 24.09.2020 zugestellt (Bl. 41a SG-Akte) - hat das SG angekündigt, keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen und eine Entscheidung mittels Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG angekündigt. Dieser sollte nicht vor dem 20.10.2020 ergehen. Den Beteiligten ist die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt worden.
Mit Schreiben vom 20.10.2020 - beim SG am selben Tage eingegangen - hat der Kläger die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG bei dem S, Estraße, M, beantragt (Bl. F45 SG-Akte).
Mit Gerichtsbescheid vom 21.10.2020 hat das SG die Klage gestützt auf die von P im Dezember 2014 und von L im August 2019 erhobenen Befunde abgewiesen. Das SG hat sich nicht als verpflichtet angesehen, ein Sachverständigengutachten bei S nach § 109 SGG einzuholen, da der Antrag vom Prozessbevollmächtigten des Klägers mangels Angabe eines Beweisthemas nicht formwirksam gestellt worden sei. Das Gericht sei auch nicht verpflichtet, auf die Unwirksamkeit des Antrags vom 20.10.2020 hinzuweisen, denn einem erneuten wirksamen Antrag habe § 109 Abs. 2 SGG entgegengestanden, wonach das Gericht einen Antrag ablehnen könne, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden sei. Davon sei auszugehen, wenn innerhalb einer angemessenen Anhörungsfrist zu einer vom Gericht beabsichtigten Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG ein unwirksamer Antrag gestellt worden sei. Entsprechendes gelte für eine Entscheidung nach § 105 SGG. Es sei darauf hingewiesen worden, dass der Gerichtsbescheid nicht vor dem 20.10.2020 ergehen werde und zuvor die Möglichkeit zur Äußerung bestehe. Ein formgerechter Antrag hätte spätestens innerhalb dieser Frist gestellt werden müssen. Ein danach gestellter Antrag würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern und es wäre daher grobe Fahrlässigkeit bezüglich der verspäteten Antragstellung anzunehmen.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 26.10.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26.11.2020 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das SG sein Recht auf gutachterliche Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG nicht beachtet habe. Das Beweisthema sei entgegen der Auffassung des SG eindeutig. So ergebe sich bereits aus dem Sachverhalt, dass seine Leiden auf orthopädischem Fachgebiet lägen und aus dem Antrag, dass S Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sei. Der benannte Arzt stelle auch kein ungeeignetes Beweismittel dar. Der Antrag sei innerhalb der bis zum 20.10.2020 gesetzten Frist gestellt worden. Das SG habe auch nicht auf sein Recht nach § 109 SGG hingewiesen, was üblicherweise der Fall sei. Es sei auch nicht ersichtlich, warum und aus welchen konkreten Gründen ihm das SG Verschleppungsabsicht nach § 109 Abs. 2 SGG vorwerfe. Eine solche liege nicht vor. Vielmehr habe das SG in einer nicht nachvollziehbaren Eile die Klage abweisen wollen. Auch habe ihn das SG nicht zu seiner beabsichtigten Entscheidung, den nach § 109 SGG gestellten Antrag abzulehnen, angehört und somit sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Vielmehr habe er davon ausgehen dürfen, dass das SG seinem nach § 109 SGG gestellten Antrag nachkomme und S zum Sachverständigen bestelle. Die stattdessen erfolgte Abweisung der Klage sei daher überraschend gewesen. Außerdem sei das Gericht nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, da es lediglich durch den Kammervorsitzenden entschieden habe, die Voraussetzungen einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 SGG jedoch nicht vorgelegen hätten. Somit lägen wesentliche Verfahrensmängel im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG vor, die eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich machten.
Der Kläger beantragt (teilweise sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.10.2020 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Heilbronn zurückzuverweisen,
hilfsweise den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.10.2020 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.10.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.03.2020 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 23.09.2014 eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids an.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden, nach den §§ 143, 144 SGG statthaft, zulässig und auch im Sinne der Aufhebung des angegriffenen Gerichtsbescheids vom 21.10.2020 und Zurückverweisung der Sache an das SG begründet.
Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
Das Verfahren vor dem SG leidet an Verfahrensmängeln. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift. Erfasst sind Fehler auf dem Weg zum Urteil, grundsätzlich nicht Fehler der Entscheidung selbst (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 160 Rdnr. 16a; Binder in: HKK-SGG, 6. Aufl. 2021, § 159 Rn. 7; LSG Baden-Württemberg U. v. 11.12.2020, L 4 R 1223/20, juris).
Das SG hat das Recht des Klägers auf gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG (zu § 109 SGG als Sonderregelung zu § 103 Satz 2 SGG für das Recht der Beweiserhebung durch Sachverständige siehe Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 20. April 2010 – B 1/3 KR 22/08 R, juris Rdnr. 16) nicht beachtet.
Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (Satz 2). Der Antrag muss auf Anhörung eines namentlich benannten bestimmten Arztes gehen, wobei das Beweisthema nicht näher umrissen werden muss, sofern es sich durch Auslegung ergibt (BSG a.a.O.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 109 Rdnr. 4).
Der vom Kläger gestellte Antrag entspricht diesen Vorgaben und stellt einen ordnungsgemäßen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG dar. Der Kläger hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG beantragt und als Sachverständigen den S unter Angabe seiner Anschrift - Estraße , M - ausdrücklich benannt. Dass er nicht auch ausdrücklich ein Beweisthema benannt hat, ist unschädlich, da sich dieses bereits aus dem Akteninhalt - Höhe der MdE, Verletztenrente - ergibt und folglich der benannte Sachverständige auch zu diesem Thema zu hören ist (s.o.). Der Antrag ist also dahingehend zu verstehen, dass der benannte Arzt auf Grund des Streitgegenstands sich darüber äußern soll, ob und inwieweit der gegenwärtige Leidenszustand des Klägers wahrscheinlich Folge des Arbeitsunfalles vom 23.09.2014 ist und ob und ggfs. welche MdE dieser bedingt (BSG U. v. 07.03.1962, 9 RV 226/59, juris Rdnr. 14).
Das SG ist dem ordnungsgemäß innerhalb der Stellungnahmefrist gestellten Antrag nach § 109 SGG somit rechtsfehlerhaft nicht nachgekommen. Soweit sich das SG auf den Beschluss des 11. Senats des hiesigen Landessozialgerichts bezieht (B. v. 07.08.2013, L 11 KR 1808/12, juris), war im dortigen Verfahren bereits ein identifizierbarer Arzt nicht benannt worden und die Ausführungen zum Erfordernis eines Beweisthemas sind nur allgemein gehalten und beschäftigen sich gerade nicht mit der Möglichkeit der Auslegung, weshalb diese Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.
Da der Kläger seinen Antrag auch innerhalb der seitens des SG gesetzten Frist bis 20.10.2020 gestellt hat, ist weder eine Verschleppungsabsicht, noch grobe Nachlässigkeit im Sinne des § 109 Abs. 2 SGG ersichtlich. Die Ablehnung des Antrags verletzt das prozessuale Recht aus § 109 SGG.
Das SG hat auch das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG). Nach der speziellen Ausformung durch § 62 Halbsatz 1 SGG ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren. Dies beinhaltet das Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung. Das Gericht muss den Beteiligten die Möglichkeit geben, sich zu äußern. Das Urteil (oder der Gerichtsbescheid) darf nicht auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, die bisher nicht erörtert worden sind, wenn dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (LSG BW, a.a.O., juris Rdnr. 47; Keller, a.a.O., § 62 Rn. 6 f., 8 f. m.w.N.).
Das SG hat die Beteiligten und damit auch den Kläger vor der Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht über seine Absicht aufgeklärt, den Antrag des Klägers nach § 109 Abs. 1 SGG abzulehnen und S nicht zum Sachverständigen zu ernennen. Erst mit der Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Beteiligten darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass das SG den Antrag des Klägers für formunwirksam gehalten hat und ihm nicht nachgekommen ist. Der Kläger hatte keine Möglichkeit, sich hierzu zu äußern und auf eine andere Entscheidung hinzuwirken.
Diese Verfahrensmängel sind wesentlich i.S.d. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Wesentlich ist ein Mangel, wenn das Urteil (oder der Gerichtsbescheid) des SG auf ihm beruhen kann. Bei der Beurteilung ist auf die Rechtsansicht des SG abzustellen; es liegt also kein Verfahrensfehler vor, wenn das SG Ermittlungen unterlassen hat, auf die es nach seiner Rechtsauffassung zum materiellen Recht nicht angekommen ist.
Der Verstoß gegen das Recht des Klägers aus § 109 Abs. 1 SGG ist wesentlich. Denn das SG hat die Ermittlungen nicht auf Grund seiner Rechtsauffassung zum materiellen Recht unterlassen, sondern wegen fehlerhafter Anwendung der Verfahrensnorm des § 109 SGG selbst (zur unberechtigten Ablehnung eines Antrags nach § 109 SGG als wesentlichem Verfahrensmangel: BSG, U. v. 21.01.1960, 8 RV 1277/58, juris Rdnr. 12 ff.). Hätte das SG dem Antrag des Klägers entsprochen, hätte es - entgegen der getroffenen Entscheidung – in der Sache zu einem anderen Ergebnis kommen können. Der Kläger hat die Nichtbeachtung seines Rechts aus § 109 SGG auch ausdrücklich gerügt.
Auch die Anhörungsmängel sind wesentlich. Denn der Kläger hätte dem SG seine Rechtsauffassung zur Wirksamkeit des gestellten Antrags nach § 109 SGG mitteilen und so darauf hinwirken können, dass das SG die beantragten Ermittlungen durchführt.
Diese Mängel machen auch eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG erforderlich. Dies ist gegeben, wenn sie einen erheblichen Einsatz von personellen und sächlichen Mitteln erfordert (vgl. BT-Drucks. 17/6764, S. 27, zu Art. 8 Nr. 8). Davon ist auszugehen, wenn weitere Ermittlungen in der Form der Einholung zumindest einer gutachterlichen Stellungnahme geboten sind. Denn schon mit der Einholung eines solchen (ergänzenden) Gutachtens ist typischerweise der Einsatz erheblicher sachlicher und mit Blick auf die Auswertung und Bewertung auch erheblicher personeller Mittel verbunden. Zudem kann dies ggf. auch weitere Ermittlungen nach sich ziehen (s. u.a. LSG BW, a.a.O., juris Rdnr. 60; Bayerisches LSG, Urteile vom 05.06.2019, L 17 U 340/18, juris Rdnr. 31 und 12.10.2017, L 17 U 208/17, juris Rdnr. 27; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 09.03.2017, L 13 SB 273/16, juris Rdnr. 21 und vom 14.01.2016, L 27 R 824/15, juris Rdnr. 14; Keller, a.a.O., § 159 Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn auf den aufrecht erhaltenen Antrag des Klägers nach § 109 Abs. 1 SGG ist der von ihm benannte Arzt gutachterlich zu hören. Ggf. kommen danach weitere Ermittlungen in Betracht.
Ob bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eine Zurückverweisung erfolgt, steht im Ermessen des Berufungsgerichts. Dieses muss zwischen den Interessen der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung einerseits und dem Verlust einer Instanz andererseits abwägen. Dabei ist auch der Ausnahmecharakter der Vorschrift zu berücksichtigen (BSG B. v. 14.02.2006, B 9a SB 22/05 B, juris Rdnr. 7; Keller, a.a.O., § 159 Rn. 5, 5b).
In Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie einerseits sowie dem Verlust einer Instanz andererseits hält es der Senat vorliegend für angezeigt, den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Berufung des Klägers erst seit November 2020 in der Berufungsinstanz anhängig ist. Die Begründung und damit auch die Formulierung des Zurückverweisungsbegehrens erfolgte im Februar 2021. Dem Kläger entsteht durch die Zurückverweisung somit kein wesentlicher zeitlicher Nachteil. Auch ist der Rechtsstreit aus den genannten Gründen nicht entscheidungsreif. Der Kläger hat die Zurückverweisung zudem ausdrücklich beantragt.
Da bereits die Verletzung des Rechts der Antragstellung nach § 109 SGG und des Rechts auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG wesentliche Verfahrensmängel darstellen, die zur Überzeugung des Senats zu einer Zurückverweisung an das SG führen, kann dahinstehen, ob das SG das Verfahren überhaupt durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 SGG hätte entscheiden dürfen und folglich ordnungsgemäß besetzt gewesen ist.
Auf Grund des Erfolgs des Hauptantrags ist über den Hilfsantrag nicht mehr zu befinden.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.