L 2 SO 2598/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 28 SO 6390/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 2598/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Kein Anspruch eines Sozialhilfeempfängers auf (darlehensweise) Übernahme der Kosten für die Renovierung einer im Eigentum der Ehefrau stehenden vermieteten Immobilie.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Juli 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand


Der Kläger begehrt vom Beklagten die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 6.000,00 € für die Instandsetzung einer im Eigentum seiner Ehefrau stehenden Immobilie in W.

Der 1946 geborene Kläger steht beim Beklagten im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII). Er lebt mit seiner Ehefrau in einer gemeinsamen Wohnung (zwischenzeitlich) in der C-Straße in W1.

Im Eigentum der Ehefrau des Klägers steht ein Grundstück in W mit einem Wohnhaus und einem Bungalow (Gartenhaus). Das Grundstück ist Teil einer Erbmasse. Die Ehefrau ist ausweislich des Testamentes Vorerbin, der Kläger Nacherbe und Testamentsvollstrecker. Das Wohnhaus wurde seit 2016 dauerhaft vermietet. Die Mieterin verließ das Wohnhaus zum 1. Januar 2018. Seit dem 1. Juli 2018 ist das Haus erneut vermietet (siehe Bl. 393 Verwaltungsakte - VA -).

Mit Schreiben vom 19. Juni 2018 beantragte der Kläger beim Beklagten ein Darlehen in Höhe von (zunächst) 5.000,00 € zum Zwecke der Renovierung des Wohnhauses in W. Die Mieterin habe das Wohnhaus in sehr schlechtem Zustand hinterlassen, eine Renovierung sei notwendig. Der Kläger legte hierzu auch eine Reihe von Rechnungsunterlagen vor.

Mit Bescheid vom 20. August 2018 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab (Bl. 396 VA). Eine Rechtsgrundlage sei für den geltend gemachten Anspruch nicht ersichtlich.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 1. September 2018 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2018 (Bl. 401 VA) zurückwies. Zur Begründung führte der Beklagte aus, nach § 10 Abs. 1 SGB XII könnten Sozialhilfeleistungen als Dienstleistungen, Geldleistungen oder als Sachleistungen erbracht werden. Als Geldleistung in diesem Sinne sei auch ein Darlehen anzusehen, das dem Nachfragenden als Geldbetrag zugewandt werde. Das Darlehen sei damit neben der nicht rückzahlbaren Beihilfe eine Geldleistung entsprechend § 10 Abs. 1 SGB XII, die jedoch nur für ausdrücklich geregelte Lebenssachverhalte nach dem SGB XII in Frage komme. Sozialhilfedarlehen bedürften folglich grundsätzlich einer gesetzlichen Ermächtigung. Ein Darlehen zum Erhalt oder der Verbesserung einer nicht selbst bewohnten Immobilie sehe das SGB XII aber gerade nicht vor. Ein dahingehender Rechtsanspruch des Klägers sei daher nicht ersichtlich. Ein Darlehen käme danach allenfalls unter eng begrenzten Voraussetzungen zum Erhalt eines selbst genutzten Eigenheimes in Frage. Weder das Wohnhaus noch der Bungalow in W würden aber vom Kläger und seiner Ehefrau bewohnt oder sollten von ihnen bewohnt werden. Abgesehen davon werde vom Kläger nach wie vor bestritten, dass die Mieteinnahmen aus der Immobilie in W überhaupt bei der Leistungsgewährung an ihn berücksichtigt würden.

Hiergegen hat der Kläger am 14. November 2018 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben. Im Wesentlichen hat er bereits wie im Widerspruchsverfahren vorgetragen und nunmehr allerdings unter Vorlage entsprechender Handwerkerrechnungen ein Darlehen in Höhe von 6.000,00 € beantragt.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend darauf verwiesen, dass es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei, Sanierungsmaßnahmen für ein nicht selbst genutztes Haus, insbesondere ein nicht im Eigentum des Leistungsbeziehers stehendes Haus zu finanzieren.

Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 4. Juli 2021 abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die hier vom Kläger letztlich beim auch örtlich zuständigen SG erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sei, jedoch nicht begründet. Der Beklagte habe vielmehr den Antrag zutreffend abgelehnt, da der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 6.000,00 € habe. Ein Anspruch auf die Darlehensgewährung sei nach allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen nicht gegeben.
So ergebe sich insbesondere ein Anspruch nicht aus § 37 SGB XII. Danach sollten, sofern im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den Umständen unabweisbar gebotener Bedarf auf keine andere Weise gedeckt werden könne, auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen erbracht werden. Zwar habe der Kläger einen entsprechenden Antrag gestellt, jedoch habe es sich hierbei bereits nicht um einen vom Regelbedarf umfassten Bedarf gehandelt. Nach § 27a Abs. 1 Satz 1 sowie Satz 2 Halbsatz 1 SGB XII umfasse der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von warmen Wasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehörten in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Nach § 5 Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) gliedere sich die Regelbedarfsleistung in mehrere Untergruppen und umfasse Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke, Bekleidung und Schuhe, Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung, Innenausstattung, Haushaltsgeräte und –gegenstände, Gesundheitspflege, Verkehr, Nachrichtenübermittlung, Freizeit, Unterhaltung und Kultur, Bildungswesen, Beherbergungs- und Gaststättenleistungen sowie andere Waren und Dienstleistungen.
Zwar umfasse der Regelbedarf auch Kosten der Instandhaltung, jedoch habe der Kläger hier zunächst einmal nicht nachgewiesen, dass die vorgenommenen Maßnahmen zu der Instandhaltung tatsächlich notwendig gewesen seien. Zudem handele es sich bei der Immobilie, für welche Leistungen aufgewendet worden seien, nicht um die vom Kläger bewohnte Immobilie, sondern um eine Zweitimmobilie, welche im Eigentum der Ehefrau des Klägers stehe und zu Vermietungszwecken genutzt werde. Die im Regelbedarf genannten Kosten würden sich jedoch naturgemäß auf die von dem Leistungenbeziehenden bewohnte Räumlichkeit beziehen.
Unabhängig davon handele es sich auch nicht um einen unabweisbaren Bedarf. Ein solcher Bedarf liege u.a. nur vor, sofern eine gewisse Dringlichkeit zu bejahen sei. Da es sich nicht um die von dem Kläger bewohnte Immobilie handele, sei es diesem ohne Weiteres zumutbar, die Renovierung zeitlich zu verschieben.
Des Weiteren lägen weder die Voraussetzungen nach § 37a SGB XII noch nach § 38 SGB XII vor. Nach § 37a SGB XII sei einer leistungsberechtigten Person auf Antrag ein Darlehen zu gewähren, sofern diese Person in dem Monat, in dem ihr erstmals eine Rente zufließe, bis zum voraussichtlichen Zufluss der Rente, ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenen Mitteln bestreiten könne. Nach § 38 SGB XII könnten Geldleistungen als Darlehen gewährt werden, sofern Leistungen nach § 27a Abs. 3 und 4, der Barbetrag nach § 27b Abs. 2 sowie nach den §§ 30, 32, 33 und 35 voraussichtlich nur für kurze Dauer zu erbringen seien.
Diese Sachlagen seien unzweifelhaft im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Kläger beziehe bereits seit geraumer Zeit eine Rente und beziehe auch nicht nur vorübergehend Leistungen nach dem SGB XII. Im Übrigen handele es sich beim Darlehenszweck auch nicht um die von § 38 SGB XII umfassten Leistungsarten.
Da vorliegend des Weiteren nicht die Verwertung eines Vermögensgegenstandes im Raum stehe, sei auch § 91 SGB XII nicht einschlägig.
§ 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII umfasse allein Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkaution und Umzugskosten. Solche Kosten seien nicht Gegenstand des Darlehensantrags. Im Übrigen handele es sich auch nicht um die vom Kläger selbst genutzte Wohnung und damit um Kosten der Unterkunft im Sinne von § 35 SGB XII, sondern um eine weitere Immobilie.
Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 73 SGB XII. Nach § 73 Satz 1 SGB XII könnten Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigten und nach Satz 2 könnten Geldleistungen als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden. Eine sonstige Lebenslage liege hier nicht vor. Eine sonstige Lebenslage im Sinne von § 73 Satz 1 SGB XII zeichne sich dadurch aus, dass sie von keinem anderen Leistungsbereich des SGB XII erfasst sei, dass sie von gewöhnlichen, typischen Bedarfslagen abweiche und anderweitige abschließende Regelungen fehlten.
Der Gesetzgeber habe die Regelung bezüglich der Übernahme der Kosten für die Unterkunft getroffen. Dabei bestünden unter bestimmten Voraussetzungen u.a. Ansprüche auf Einzugs- oder Auszugsrenovierung oder die Kostenübernahme für die Instandsetzung. Als Kosten der Unterkunft seien jedoch qua Gesetz allein die Kosten einer tatsächlich bewohnten Immobilie bzw. Wohnung zu übernehmen und unter engen Voraussetzungen beim Umzug auch doppelte Mietkosten. Der Gesetzgeber habe insofern Regelungen für die hier in Frage stehende Lebenslage getroffen, eine Atypizität sei gerade nicht gegeben.

Der Kläger hat gegen den ihm mit Postzustellungsurkunde am 8. Juli 2021 zugestellten Gerichtsbescheid am 5. August 2021 beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben.
Zur Begründung macht der Kläger geltend, die Einlassung des Beklagten sei bereits so nicht richtig, dass die Sanierungsmaßnahmen für ein nicht selbst bewohntes Haus, das zudem nicht im Eigentum des Klägers stehe, nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei. Denn das Grundstück werde zum Selbstbezug des Klägers und seiner Ehefrau vorgehalten bis zu dem Zeitpunkt, bis der Mitte 2018 auf fünf Jahre abgeschlossene Mietvertrag mit den Mietern im Jahr 2023 abgelaufen sei. Denn dem Beklagten sei bekannt, dass von der Erblasserin in Abstimmung mit ihrer Tochter (Ehefrau des Klägers) und dem Schwiegersohn (dem Kläger), was auch testamentarisch so formuliert sei, das streitbefangene Grundstück als sicherer Alterssitz für den Kläger und seine Ehefrau diene, sie somit zeitnah ins Elternhaus nach W umziehen würden.
Es sei hier sehr wohl ein Anspruch nach § 37 SGB XII gegeben, weil anderweitig der unabwendbar gebotene Bedarf nicht habe gedeckt werden können und auf Antrag als Darlehen zu erbringen gewesen sei. Es hätte auch vor einer Entscheidung eines hilfreichen richterlichen Hinweises bedurft, dass die Maßnahmen zur Instandhaltung tatsächlich notwendig gewesen seien. Denn nach dem Auszug der damaligen Mieterin sei das Haus nachhaltig zerstört und unbewohnbar gewesen, es habe deshalb auch eine konkrete Dringlichkeit bestanden. Entgegen der Auffassung des SG sei eine Verschiebung der Reparaturarbeiten nicht möglich gewesen. Das Haus sei für Mieter unbewohnbar gewesen, und habe in der feuchten Meeressalzluft nicht jahrelang unbewohnt bleiben können. Dem Kläger sei es letztlich gelungen, wegen des guten Namens der Familie seiner Ehefrau einen (teuren gegen 10% Zins p.a.) Dispositionskredit über 10.000,00 € in W zu erlangen, womit die Handwerkerarbeiten hätten durchgeführt werden können. Der Kredit sei noch nicht zurückbezahlt, weshalb er zinsgünstiger durch den Beklagten übernommen werden sollte.
Im Übrigen sei auch § 73 Satz 1 SGB XII einschlägig, denn die geforderte sonstige Lebenslage sei - unfassbar real zwischenzeitlich - gegeben, weshalb auch Darlehen und Beihilfe zu gewähren sei.

Daneben hat der Kläger hier erstmals geltend gemacht, dass der im Januar 2021 erfolgte Umzug in eine neue Wohnung zu genehmigen und die dadurch angefallenen Kosten zu übernehmen seien sowie auch die Mietkosten in der Zeit ab 12. Januar 2021 aufgrund als Notquartier bezogener Ferienwohnungen in W2 und S nach einer Zwangsräumung im Januar 2021.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Juli 2021 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger ein Darlehen in Höhe von 10.000,00 € zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend und führt ergänzend noch aus, auch nach der weiteren Argumentation des Klägers, die Immobilie müsse als selbst genutzt angesehen werden, denn diese werde bis zum Selbstbezug des Klägers und seiner Ehefrau vorgehalten und sei zeitweise beruflich bedingt selbst genutzt bzw. bewohnt worden, ergebe sich nach wie vor keine Anspruchsgrundlage auf Gewährung eines Darlehens. Der Kläger und seine Ehefrau würden nachweislich seit dem Erbfall im Jahr 2013 die Immobilien in W nicht selbst bewohnen. Das Haus werde vielmehr seit 2016 vermietet. Ein zeitweiser Aufenthalt in der Immobilie im Rahmen der beruflichen Tätigkeit rechtfertige keine Anerkennung einer Selbstnutzung im Rahmen des SGB XII. Der Kläger lege ebenso dar, dass die Erblasserin die Immobilie als Alterssitz für den Kläger und seine Ehefrau vorgesehen habe und ein zeitnaher Umzug des Ehepaares vorgesehen sei. Es sei daher erstaunlich, dass nach Auszug der Mieterin im Jahr 2018 der Kläger und seine Ehefrau keinen Umzug in die für sie vorgesehene Immobilie vorgenommen hätten. Stattdessen seien Reparaturarbeiten vorgenommen und das Wohnhaus nochmals mit einem fünf Jahre dauernden Mietvertrag vermietet worden.
Dass eine atypische sonstige Lebenslage vorgelegen habe, sei auch nach den Ausführungen des Klägers nicht ersichtlich. Das SG sei zu Recht nicht von einer atypischen Lebenslage im Sinne von § 73 SGB XII ausgegangen. Dass sich die Lebenssituation des Klägers im Jahr 2021 durch die Zwangsräumung verändert habe, sei für den streitgegenständlichen Zeitraum im Jahr 2018 nicht relevant.
Der Kläger habe zudem weitere Begehren in das Verfahren eingeführt. Zum einen fordere er eine Erhöhung des ursprünglich beantragten Darlehens von 6.000,00 € auf 10.000,00 €. Zum anderen, gänzlich in diesem Verfahren neu, sei die Forderung auf Übernahme von Umzugskosten und eine Erhöhung der Grundsicherungsleistung im Rahmen der Anerkennung von erhöhten Kosten der Unterkunft für den Zeitraum ab 12. Januar 2021. Soweit der Kläger nunmehr im Berufungsverfahren seine Klage erweitern wolle und die Übernahme von Umzugskosten und höhere Grundsicherungsleistungen für die Zeiträume ab 12. Januar 2021 begehre, widerspreche der Beklagte ausdrücklich dieser Klageänderung nach § 99 SGG. Sie sei auch nicht sachdienlich, da die geltend gemachten Ansprüche auf völlig neue Sachverhalte gestützt würden. Der Bewilligungszeitraum ab 12. Januar 2021 wäre zudem Gegenstand eines eigenständigen Vorverfahrens. Soweit der Kläger die Klage auf Erhöhung des Darlehensbetrages geändert haben wolle, werde auch hier widersprochen. Der Kläger beantrage die gesamte Kreditsumme in Höhe von 10.000,00 € im Rahmen des Darlehens zu gewähren. Da die Immobilie im Eigentum der Ehefrau stehe, könne, wenn überhaupt, lediglich über ein Darlehen mit der Hälfte der Kreditsumme, das bedeute 5.000,00 €, diskutiert werden.
Außerdem trage der Kläger noch neue Umstände zu einer Vielzahl von Bescheiden vor, die in der Folgezeit ergangen seien, diese seien jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens und sollten daher in getrennten Verfahren geklärt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

I.


Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 17.August 2022 in Abwesenheit des Klägers und seines Bevollmächtigten über den Rechtsstreit entscheiden, da der Klägerbevollmächtigte ordnungsgemäß mit Empfangsbekenntnis vom 13. Juli 2022 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle des Ausbleibens des Klägers bzw. seines Bevollmächtigten Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann. Der Klägerbevollmächtigte hatte im Übrigen per Fax am 16. August 2022 mitgeteilt, dass er nicht erscheinen werde.


Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Darlehens zur Übernahme der Renovierungskosten für das Haus seiner Ehefrau in W abgelehnt.

Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG ist zwar statthaft, jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 20. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Darlehens in Höhe von 6.000,00 € bzw. wie jetzt zuletzt geltend gemacht i.H.v. 10.000 € besteht nicht.
Soweit der Kläger im Übrigen hier nunmehr weitere Forderungen bezüglich ganz anderer Zeiträume und Streitgegenstände geltend macht bzw. sich gegen Bescheide wendet, die andere Streitgegenstände haben, sind diese nicht Gegenstand des Verfahrens hier und ist eine Klageerweiterung auch aus Sicht des Senates nicht sachdienlich und zweckmäßig gemäß § 99 SGG. Es bleibt insoweit dem Kläger unbenommen bezüglich dieser Punkte gegebenenfalls entsprechende Verwaltungs-und Gerichtsverfahren noch durchzuführen.

Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Darlehens nach § 37 SGB XII, auf den der Kläger sich insbesondere auch gestützt hat, besteht nicht. Gemäß § 37 Abs. 1 SGB XII kann im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den Umständen unabweisbar gebotener Bedarf auf keine andere Weise gedeckt werden, sollen auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen erbracht werden. Der Kläger hat zwar einen solchen – wie bereits erwähnt – Antrag gestellt, jedoch handelt es sich bereits hier nicht um einen im Sinne dieser Vorschrift vom Regelbedarf umfassten Bedarf. Wie bereits vom SG ausgeführt, umfasst § 27a Abs. 1 Satz 1 sowie Satz 2 Halbsatz 1 SGB XII der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung (Satz 1). Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (Satz 2 Halbsatz 1). Gemäß § 5 RBEG gliedert sich die Regelbedarfsleistung in mehrere Untergruppen und umfasst Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke, Bekleidung und Schuhe, Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung, Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, Gesundheitspflege, Verkehr, Nachrichtenübermittlung, Freizeit, Unterhaltung und Kultur, Bildungswesen, Beherbergungs- und Gaststättenleistungen sowie andere Waren- und Dienstleistungen.
Zwar umfasst der Regelbedarf in der Tat auch Kosten der Instandhaltung, aber unabhängig davon, ob hier letztlich der Kläger nachgewiesen hat, dass die vorgenommenen Maßnahmen tatsächlich zur Instandhaltung notwendig waren – wie hier von ihm nochmals geltend gemacht – handelt es sich aber bei der Immobilie, für die diese Leistungen aufgewendet worden waren, nicht um die vom Kläger bzw. dem Kläger und seiner Ehefrau bewohnte Immobilie (die Eheleute wohnen nach wie vor in einer Mietwohnung - jetzt - in W1), sondern um eine Zweitimmobilie, welche im Eigentum der Ehefrau des Klägers steht und nach wie vor zu Vermietungszwecken genutzt wird. So war die Wohnung von 2016 bis Januar 2018 vermietet und ist ab 1. Juli 2018 erneut für fünf Jahre bis 2023 vermietet. Das heißt, die hier geltend gemachten Kosten betreffen gerade nicht die vom Kläger und seiner Ehefrau tatsächlich bewohnte Räumlichkeit in W1. Die im Regelbedarf genannten Kosten beziehen sich jedoch ausschließlich auf die vom Leistungsempfänger selbst genutzte Wohnung, denn nur insoweit ist es sozialhilferechtlich zu rechtfertigen, zur Erhaltung der Wohngelegenheit auch gegebenenfalls Kosten für eine Instandsetzung zu übernehmen, um eine entsprechende Wohnung nach wie vor überhaupt nutzen zu können.
Im Übrigen handelt es sich hier auch nicht um einen unabweisbaren Bedarf. Ein solcher liegt u.a. nur vor, sofern eine gewisse Dringlichkeit zu bejahen ist (siehe Becker in Schlegel/Voeltzke, JurisPK-SGB XII, 3. Aufl. § 37 SGB XII >Stand 1. Februar 2020<, Rn. 36). Da es sich bei der hier im Streit stehenden Immobilie gerade nicht um eine vom Kläger bzw. vom Kläger und seiner Ehefrau bewohnte Immobilie handelt, war es ihm auch ohne Weiteres zumutbar, die Renovierung gegebenenfalls zeitlich zu verschieben.

Es besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Darlehens nach § 37a SGB XII. Danach ist einer leistungsberechtigten Person, sofern diese in dem Monat, in dem ihr erstmals eine Rente zufließt, bis zum voraussichtlichen Zufluss der Rente ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenen Mitteln bestreiten kann, insoweit auf Antrag ein Darlehen zu gewähren (Satz 1). Hier scheitert ein Anspruch schon daran, dass der Kläger schon seit längerem eine Rente bezieht und hier auch keineswegs die Überbrückung der Lücke bis zum erstmaligen Zufluss der Rente geltend gemacht wird.
Ebenso wenig kommt ein Anspruch nach § 38 SGB XII (Darlehen bei vorübergehender Notlage) in Betracht. Nach dieser Regelung können Geldleistungen als Darlehen gewährt werden, wenn Leistungen nach § 27a Abs. 3 und 4, der Barbetrag nach § 27b Abs. 2 sowie nach den §§ 30, 32, 33 und 35 voraussichtlich nur für kurze Zeit zu erbringen sind (Satz 1).
Auch insoweit sind die Voraussetzungen schon insoweit nicht gegeben, da beim Kläger nicht nur der vorübergehende Bezug von Leistungen im Streit steht, sondern er vielmehr schon seit langer Zeit Leistungen nach dem SGB XII dauerhaft bezieht. Darüber hinaus ist der vom Kläger angestrebte Zweck des Darlehens, nämlich die Übernahme von Renovierungskosten für die Immobilie in W gar nicht als möglicher Fall nach § 38 SGB XII benannt.

Gemäß § 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII können zwar im Rahmen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkaution und Umzugskosten bei vorheriger Zustimmung übernommen werden; Mietkautionen sollen als Darlehen danach erbracht werden. Jedoch fallen die hier geltend gemachten Renovierungskosten zum einen schon gar nicht unter den Begriff der Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkaution oder Umzugskosten und darüber hinaus handelt es sich bei den nach § 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII gegebenenfalls zu übernehmenden Kosten wiederum nur um solche für eine selbst genutzte Wohnung und damit um Kosten der Unterkunft im Sinne von § 35 SGB XII. Die Immobilie in W, die in der Zwischenzeit auch wieder vermietet wird, stellt aber gerade keinen Bedarf für Kosten der Unterkunft im Sinne von § 35 dar, dies können immer nur die Kosten der selbst genutzten Immobilie bzw. Wohnung sein.

Schließlich scheidet auch ein Anspruch nach § 73 SGB XIII aus. Nach § 73 Satz 1 SGB XII können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden (Satz 2). Wie bereits vom SG zutreffend ausgeführt, liegt jedoch eine sogenannte sonstige Lebenslage hier nicht vor. Eine sonstige Lebenslage im Sinne von § 73 Satz 1 SGB XII zeichnet sich dadurch aus, dass sie von keinem anderen Leistungsbereich des SGB XII erfasst ist, dass sie von gewöhnlichen, typischen Bedarfslagen abweicht und dass anderweitige abschließende Regelungen fehlen (siehe Böttiger in Schlegel/Voeltzke, JurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 73 SGBXII <Stand 30. April 2020>, Rn. 20).
Der Gesetzgeber hat jedoch Regelungen bezüglich der Übernahme der Kosten für die Unterkunft getroffen und in diesem Zusammenhang bestehen unter bestimmten Voraussetzungen u.a. auch Ansprüche auf Übernahme der Kosten für eine Einzugs- oder Auszugsrenovierung oder auch die Kosten für eine Instandsetzung. Wie sich allerdings aus den gesetzlichen Regelungen und auch dem Sinn und Zweck der Sozialhilfe ergibt, handelt es sich hier grundsätzlich allein um Kosten einer auch vom Hilfeempfänger tatsächlich selbst bewohnten Immobilie bzw. Wohnung, keinesfalls aber um die Übernahme von Kosten für anderweitige nicht selbst genutzte, vielmehr sogar fremd vermietete Immobilien. Damit aber liegt hier gerade keine sonstige atypische Lebenslage vor, denn die Erhaltung einer nicht selbst genutzten Immobilie um diese anschließend wieder vermieten zu können, stellt gerade keine durch Mittel der Sozialhilfe abzudeckende Sonderlage dar.

Auch ein Anspruch auf zumindest darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe nach § 91 SGB XII scheidet aus. Nach § 91 Satz 1 SGB XII soll soweit nach § 90 für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden (Satz 1). Die Leistungserbringung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird (Satz 2).
Die hier genannten Voraussetzungen sind allerdings nicht gegeben, denn eine Verwertung der hier streitigen Immobilie in W steht überhaupt nicht im Raum.

Aus all diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.



 

Rechtskraft
Aus
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