Vorübergehende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit stehen einer Inanspruchnahme der elterngeldrechtlichen Partnerschaftsbonusmonate nicht entgegen.
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts vom 18. Februar 2022 und der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Region Hannover vom 31. Januar 2019 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Zurückforderung des ihm zunächst im Rahmen der sog. Partnerschaftsbonusmonate auf der Basis einer vorläufigen Bewilligung gewährten Elterngeldes für den Zeitraum vom 28. Februar bis zum 27. Juni 2017.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den 7. und 12. Lebensmonat seines am 28. Januar 2016 geborenen Sohnes I. Basiselterngeld.
Für den 14. bis 17. Lebensmonat beantragten beide Eltern Elterngeld im Rahmen der sog. Partnerschaftsbonusmonate entsprechend den damaligen Vorgaben des § 4 Abs. 4 BEEG (heute: § 4b BEEG). Die Mutter hatte zuvor für den 1. bis 12. Lebensmonat Basiselterngeld erhalten.
Der Kläger vereinbarte mit seinem Arbeitgeber, dass er in diesem Zeitraum, d.h. im Zeitraum 28. Februar bis 27. Juni 2017, seine zuvor (abgesehen vom 7. und 12. Lebensmonat des Sohnes, während derer der Kläger Elternzeit in Anspruch genommen hatte) vollzeitig ausgeübte berufliche Tätigkeit nur in einem Umfang von 30 Wochenstunden mit einem darauf entfallenden Bruttogehalt von monatlich 1.200 € ausüben werde. Daraufhin bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 2016 für diese vier Monate Elterngeld in Höhe von monatlich 160,77 €. Die Bewilligung wurde vorläufig ausgesprochen, da die Erwerbseinkünfte des Klägers im Leistungszeitraum im Bewilligungszeitpunkt noch nicht endgültig festgestellt werden konnten.
Entsprechend den geänderten arbeitsvertraglichen Vereinbarungen arbeitete der Kläger ab dem 28. Februar 2017 nur noch mit wöchentlich 30 Stunden. Allerdings erkrankte der Kläger am 8. März 2017; die Arbeitsunfähigkeit erstreckte sich bis zum 26. Juni 2017. Während dieser Arbeitsunfähigkeit befand sich der Kläger vom 19. bis 22. Mai 2017 in stationärer Behandlung in der J. aufgrund eines Innenmeniskus-Hinterhorn-Komplexschadens.
Für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit erhielt er sein Entgelt von Seiten seines Arbeitgebers fortgezahlt (vgl. die Gehaltsabrechnung für den Monat März 2017 über 1.200 € zuzüglich 60 € Verpflegungszuschuss sowie die – eine Krankheit ohne Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 19. bis 30. April 2017 ausweisende – Gehaltsabrechnung für April 2017 über 720 €); für den Zeitraum vom 19. April bis 26. Juni 2017 gewährte ihm die Krankenkasse Krankengeld in Höhe von insgesamt 1.671,84 € netto.
Mit Bescheid vom 11. Juni 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Region K. vom 31. Januar 2019 wurde daraufhin das dem Kläger zuvor zugesprochene Elterngeld für den 14. bis 17. Lebensmonat des Sohnes in Höhe von insgesamt 643,08 € zurückgefordert. Zur Begründung wurde im Widerspruchsbescheid dargelegt, dass der Kläger nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen in Form einer Erwerbstätigkeit mit einem Umfang von 25 bis 30 Wochenstunden in den maßgeblichen vier Bezugsmonaten erfüllt habe. Nach den vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erlassenen Richtlinien sei die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Sinne von § 4 Abs. 4 BEEG nur für Arbeitsunfähigkeitszeiträume anzunehmen, für die das betroffene Elternteil auch einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung habe.
Mit der am 15. Februar 2019 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass ihm der Elterngeldanspruch für die streitbetroffenen vier Monate zustehe, nachdem er die Arbeitszeit entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auf eine Teilzeittätigkeit herabgesetzt habe. An deren Ausübung sei er nur vorübergehend krankheitsbedingt gehindert gewesen. Auch während der Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe er sein Kind betreut. Daran habe ihn die Erkrankung nicht gehindert.
Es sei eine „contradictio inter se“, wenn ihm für den streitbetroffenen Zeitraum vom 14. bis 17. Lebensmonat seines Kindes kein Elterngeld wegen der Erkrankung gewährt werde und gleichzeitig die Krankenkasse bei der Bemessung des Krankengeldes zu seinen Lasten berücksichtigt habe, dass er seinerzeit entsprechend den elternrechtlichen Vorgaben seine Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden reduziert habe.
Die Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, dass sich als „Konsequenz der faktischen Nichterfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs auf die Partnerschaftsbonusmonate“ als Rechtsfolge die Rückforderung der gesamten für die vier betroffenen Monate gezahlten Beträge ergebe, auch wenn dies in Einzelfällen „zu ungerecht anmutenden Rechtsfolgen“ führe. Sie hat darauf hingewiesen, dass aufgrund der Erkrankung des Klägers auch eine Rückforderung des der Mutter für die vier Partnerschaftsbonusmonate gewährten Elterngeldes vorgesehen sei.
Mit Urteil vom 18. Februar 2022, dem Kläger zugestellt am 25. Februar 2022, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht insbesondere ausgeführt, dass der Kläger nicht in jedem der zunächst vorgesehenen vier Partnerschaftsbonusmonate entsprechend den gesetzlichen Vorgaben wöchentlich zwischen 25 und 30 Stunden erwerbstätig gewesen sei. Maßgeblich seien die tatsächlich gearbeiteten Stunden in dem jeweiligen Lebensmonat. Von einer Erwerbstätigkeit könne jedenfalls in Zeiträumen des Krankengeldbezuges nicht ausgegangen werden. In solchen Zeiträumen beziehe der betroffene Arbeitnehmer nur noch Entgeltersatzleistungen. Der Gesetzgeber habe auch davon abgesehen, eine „Fiktion der Erwerbstätigkeit“ für Zeiten des Bezuges von Krankengeld vorzusehen. Gründe für eine Zulassung der Berufung seien nicht gegeben.
Mit seiner am 8. März 2022 eingelegten Beschwerde hat sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem angefochtenen Urteil gewandt. Auf ihre Beschwerde hin hat der Senat mit Beschluss vom 9. Mai 2022 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache angesichts der Klärungsbedürftigkeit des Tatbestandsmerkmals der Erwerbstätigkeit im Sinne der (nunmehr in § 4b Abs. 1 BEEG fortgeschriebenen) Regelung des § 4 Abs. 4 Satz 3 BEEG a.F. zugelassen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes unterschreite mit 643,08 € entsprechend der in dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Höhe des zurückzuerstattenden Betrages den in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG normierten Grenzwert von 750 € für eine zulassungsfreie Berufung.
In dem daraufhin entsprechend den Vorgaben des § 145 Abs. 5 SGG als Berufungsverfahren fortgesetzten vormaligen Beschwerdeverfahrens macht der Kläger geltend, dass er in den streitbetroffenen vier Monaten ungeachtet seiner vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit weiterhin erwerbstätig im Sinne der gesetzlichen Vorgaben gewesen sei.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 18. Februar 2022 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Region Hannover vom 31. Januar 2019 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erachtet sich an die Vorgaben der vom BMFSFJ herausgegebenen Richtlinien zum BEEG gebunden.
Eine von Seiten der Beklagten auf Ersuchen des Senates vorgenommene Probeberechnung der Elterngeldansprüche des Klägers unter der Annahme des Bestehens der Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach hat ergeben (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 93 ff. GA), dass dem Kläger auf dieser Basis für den 14. Lebensmonat des Sohnes ein Anspruch auf Elterngeld Plus in Höhe von 354,62 € zustehen würde. Unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen (Teil-)Anrechnung der Krankengeldbezüge ergab diese Probeberechnung für die nachfolgenden drei (Partnerschaftsbonus-)Monate folgende Leistungsbeträge: 15. Lebensmonat 251,67 € sowie 16. und 17. Lebensmonat jeweils 150 €.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Der Rückforderung der für die streitbetroffenen vier Monate vom 14. bis 17. Lebensmonat des Kindes vom Kläger zurückgeforderten zuvor ausgezahlten Leistungen des Elterngeldes Plus in Höhe von 643,08 € fehlt schon deshalb die erforderliche Rechtsgrundlage, weil der Kläger die Bezugsvoraussetzungen ungeachtet seiner vorübergehenden Erkrankung in diesen Monaten erfüllt hat.
Die Bewilligungsstelle kann nur vorläufig und mit dem Vorbehalt der Rückforderung ausgezahltes Elterngeld im Falle einer Überzahlung gestützt auf § 42 Abs. 2 S 2 SGB I zurückfordern (BSG, Urteil vom 26. März 2014 – B 10 EG 4/13 R –, Rn. 36, juris). Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch bereits an einer Überzahlung. Die vorläufig erbrachten Elterngeldzahlungen sind nicht über die dem Kläger im Ergebnis zustehenden Leistungsansprüche hinausgegangen, sondern sind, wie die Probeberechnung der Beklagten bestätigt hat, hinter diesen im Ergebnis noch zurückgeblieben.
Die Eltern des Kindes haben in den streitbetroffenen vier Monaten die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Partnerschaftsbonusmonate nach § 4 Abs. 4 Satz 3 BEEG (in der im vorliegenden Rechtsstreit weiterhin maßgeblichen im Bezugszeitraum geltenden Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 27. Januar 2015, BGBL. I, 33) erfüllt.
Nach der genannten Vorschrift hat jeder Elternteil für vier weitere Monate Anspruch auf Elterngeld Plus (Partnerschaftsbonus), wenn beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig (Nr. 1) nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind und (Nr. 2) die Voraussetzungen des § 1 erfüllen.
Da nach den gesetzlichen Vorgaben diese Partnerschaftsbonusmonate nur von beiden Eltern gemeinsam in Anspruch genommen werden können, hängt der Anspruch bei beiden Elternteilen nicht nur von der Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen in eigener Person, sondern zugleich auch von ihrer Erfüllung in der Person des jeweils des anderen Elternteils ab. Im vorliegenden Fall haben aber beide Eltern in den streitbetroffenen vier Monaten alle Voraussetzungen erfüllt.
Sie haben zunächst die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG (ebenfalls in der im Bezugszeitraum maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 27. Januar 2015, BGBL. I, 33) erfüllt. Insbesondere haben sie beide mit ihrem Kind an ihrem gemeinsamen deutschen Wohnsitz in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und dieses jeweils selbst betreut und erzogen. Da nach § 1 Abs. 5 BEEG a.F. der Anspruch auf Elterngeld unberührt bleibt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss, kann der Senat offen lassen, inwieweit der Kläger auch während der ohnehin nur vier Tage umfassenden stationären Behandlung in der J. seinen Sohn persönlich betreut und erzogen hat.
Beide Eltern waren in den streitbetroffenen vier Monaten auch nicht voll erwerbstätig im Sinne des § 1 Abs. 7 BEEG a.F., da bei beiden die Arbeitszeit 30 Wochenstunden jeweils im Durchschnitt des Monats nicht überstiegen hat. Für die streitbetroffenen vier Monate hatte der Kläger mit seinem Arbeitgeber eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden und die Mutter mit ihrem Arbeitgeber eine solche von 25 Stunden vereinbart. Diese Vereinbarungen sind auch tatsächlich umgesetzt worden (wobei der Kläger natürlich während des dargelegten Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit an der tatsächlichen Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit gehindert war).
Ebenso haben beiden Eltern in den vier Monaten die erläuterten weiteren Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BEEG a.F. erfüllt. Beide waren während der gesamten vier Monate vom 14. bis 17. Lebensmonat des Kindes gleichzeitig nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats „erwerbstätig“. Im maßgeblichen Zeitraum vom 28. Februar bis 27. Juni 2017 stand der Kläger in einem Arbeitsverhältnis, in dem bezogen auf diesen Zeitraum mit dem Arbeitgeber eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vereinbart war und in der betrieblichen Praxis auch umgesetzt worden ist. Entsprechendes gilt für die Mutter, welche mit ihrem Arbeitgeber eine wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden vereinbart und umgesetzt hat.
Allerdings war der Kläger, wie dargelegt, vom 8. März bis 26. Juni 2017 arbeitsunfähig. Auch wenn er naturgemäß während dieses Teilzeitraums seine Arbeitsleistungen nicht tatsächlich erbringen konnte, so war er doch während dieser Krankheit im Sinne erläuterten gesetzlichen Vorgaben weiterhin „erwerbstätig“, und zwar mit dem arbeitsvertraglich vorgesehenen Umfang von wöchentlich 30 Stunden.
a) Der Gesetzgeber des BEEG hat den Begriff der „erwerbstätig“ nicht definiert. Ebenso wenig lässt sich insoweit ein eindeutiges allgemeines Sprachverständnis feststellen. Auch ein allgemeiner rechtlicher Sprachgebrauch (vgl. zu diesen Kriterien etwa BSG, Urteil vom 28. Juni 2018 – B 5 R 25/17 R –, BSGE 126, 128, Rn. 30) ist nicht ersichtlich.
b) Entgegen der letztlich vom Sozialgericht zum Ausdruck gebrachten Auffassung bringt der Gesetzeswortlaut gerade nicht klar zum Ausdruck, dass Zeiten einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit nicht zu erfassen sind. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch umfasst der Begriff „erwerbstätig“ auch Personen, die nur vorübergehend an der ansonsten ausgeübten beruflichen Tätigkeit aufgrund einer Erkrankung gehindert sind.
Das allgemeine Sprachverständnis versteht unter „erwerbstätig“ die Ausübung eines Berufes zu Erwerbszwecken (vgl. die Begriffsdefinition unter duden.de). Eine entsprechende Berufsausübung endet jedoch nach dem üblichen Sprachgebrauch nicht bereits mit dem Eintritt einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit. Entsprechendes gilt, soweit in der Legaldefinition des § 138 Abs. 3 Satz 1 SGB III Erwerbstätigkeit als Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger definiert wird.
Soweit in der vormaligen (zum 31. Juli 2019 außer Kraft getretenen) Regelung in § 59 SGB III a.F. als tatbestandliche Voraussetzung gefordert wurde, dass der Betroffene in den maßgeblichen Zeiträumen „erwerbstätig“ war, wurde dieses Merkmal dahingehend verstanden, dass Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit regelmäßig nicht auszuklammern waren (so dass im Ergebnis auch vorübergehende Unterbrechungen als Bestandteil der fortgeführten Erwerbstätigkeit betrachtet wurden). Insbesondere sollte bei abhängig Beschäftigten eine Erwerbstätigkeit auch während einer befristeten, ihrem Ende nach absehbaren Unterbrechung wie etwa bei Erholungsurlaub oder auch für Zeiten einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit fortdauern (wobei nicht abschließend geklärt worden ist, inwieweit eine solche Fortdauer vom Fortbestehen eines Entgeltanspruchs abhängen sollte; vgl. zum Vorstehenden Herbst in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl., § 59 SGB III – Stand: 15.12.2021 –, Rn. 147).
c) Im gleichen Sinne wird das – strukturell vergleichbare und daher auch im vorliegenden Zusammenhang ergänzend heranzuziehende – Tatbestandsmerkmal des Sich-Befindens einer Schul- oder Berufsausbildung in § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a SGB VI dahingehend interpretiert, dass die maßgebliche Ausbildung auch bei einer vorübergehenden – ggfs. auch längeren – Krankheit fortdauert, sofern die rechtliche Grundlage des Ausbildungsverhältnisses weiterbesteht, dieses weder gekündigt noch von Seiten der Waise beendet worden ist und die Beteiligten den erkennbaren Willen haben, nach der Wiedergenesung die Ausbildung fortzusetzen (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, 117. EL Dezember 2021, SGB VI § 48 Rn. 44).
Es gilt der Grundsatz, dass während der Schul- oder Berufsausbildung – bis zu ihren zeitlichen Höchstgrenzen – eine vorübergehende Erkrankung die Ausbildung nicht unterbricht (BSG, Urteil vom 20. September 1977 – 8/12 RKg 3/77 –, SozR 5870 § 2 Nr 7, Rn. 17 – bezogen auf die fortbestehende Ausbildung als Voraussetzung für einen Kindergeldbezug).
Der Annahme, dass vorübergehende Krankheitszeiten einem Sich-Befinden einer Schul- oder Berufsausbildung nicht entgegenstehen, steht insbesondere nicht entgegen, dass auch in Bezug auf eine solche Ausbildung der gesetzliche Anspruchstatbestand in § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB VI Mindestvorgaben für die wöchentliche zeitliche Inanspruchnahme macht.
d) Das Merkmal „erwerbstätig“ strebt sowohl nach Maßgabe des allgemeinen wie auch des juristischen Sprachgebrauchs üblicherweise eine Erfassung der die Lebensstellung des Betroffenen prägenden wirtschaftlichen Lage, also seines ökonomischen Status, an. Im Ergebnis sollen regelmäßig die Bürger einerseits der Gruppe der Erwerbstätigen und andererseits der Gruppe der Nichterwerbstätigen zugeordnet werden können. Diese Unterscheidung macht regelmäßig nur auf der Basis einer mittel- bis längerfristigen Betrachtung Sinn, so dass unter diesem Gesichtspunkt vorübergehende Zeiten einer Erkrankung für die Einordnung nicht ausschlaggebend sind.
Ohnehin ist es im heutigen Arbeitsleben üblich, dass eine Erwerbstätigkeit nicht an allen Tagen und auch nicht an allen Arbeitstagen tatsächlich ausgeübt wird. Abgesehen davon, dass in Teilzeit ausgeübte berufliche Tätigkeiten weit verbreitet sind und auch Vollzeitkräfte häufig nur an fünf, mitunter auch nur an vier, Tagen in der Woche arbeiten, wird der Status als Erwerbstätiger durch die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub schon im Ausgangspunkt nicht berührt. In diesem Ausgangspunkt sind keine Differenzen zwischen dem allgemeinen und dem juristischen Sprachgebrauch erkennbar.
Für vorübergehende Erkrankungen gilt Entsprechendes. Bezeichnenderweise sehen auch die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) herausgegebenen Richtlinien zum BEEG (Stand 09/21, S. 208 f., zur heutigen Vorschrift des § 4b BEEB) es im Ausgangspunkt als geradezu selbstverständlich an, dass berufstätige Eltern auch im Krankheitsfall (wie auch während der Inanspruchnahme von Urlaub) „erwerbstätig“ im Sinne der erläuterten elternrechtlichen Vorgaben sind.
e) Allerdings wird dieser Ansatz in den Richtlinien zum BEEG (aaO, S. 208) in Bezug auf Erkrankungen wie folgt eingeschränkt: „Im Krankheitsfall des Elterngeldberechtigten wird eine Erwerbstätigkeit solange ausgeübt, wie ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht.“ Da diese Richtlinien keine Rechtsnormqualität aufweisen (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1988 – 1 BvR 520/83 –, BVerfGE 78, 214), bringen sie damit zunächst lediglich die eigene Rechtsauffassung des Ministeriums zum Ausdruck. Der erläuterte Gesetzeswortlaut bringt, wie dargelegt, eine entsprechende Einschränkung im Sinne einer Verknüpfung des Tatbestandsmerkmals „erwerbstätig“ mit einem arbeitsrechtlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gerade nicht zum Ausdruck. Auch in der Sache sind insbesondere unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Zielvorstellungen keine Gründe für eine solche Verknüpfung ersichtlich. Diese führt vielmehr zu geradezu sachwidrigen Ergebnissen.
(1) Die dargelegte Rechtsauffassung des Ministeriums führt zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen bei den betroffenen Eltern:
Solange der betroffene Elternteil in einem Arbeitsverhältnis steht und arbeitsvertraglich keine günstigeren Bestimmungen als die im Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz – EntgFG) normierten Lohnfortzahlungsansprüche vereinbart sind, soll dieser nach der Rechtsauffassung des Ministeriums bei einer vorübergehenden neuen Erkrankung (bei einem seit mehr als einem Monat bestehenden Beschäftigungsverhältnis) für die ersten sechs Wochen der Erkrankung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EntgFG) weiterhin „erwerbstätig“ im elterngeldrechtlichen Sinne sein, ab dem 43. Tag nach Erkrankungsbeginn wird er hingegen als „nicht erwerbstätig“ angesehen.
Handelt es sich hingegen um ein neu begründetes Beschäftigungsverhältnis, welches noch nicht vier Wochen angedauert hat, oder um eine erneute Arbeitsunfähigkeit aufgrund „derselben Erkrankung“ (bei Nichterfüllung eines der Ausnahmetatbestände des § 3 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 EntgFG), so wird der betroffene Elternteil nach der Rechtsauffassung des Ministeriums bereits ab dem 1. Krankheitstag als „nicht erwerbstätig“ angesehen, weil das EntgFZ in § 3 für solche Fallgestaltungen keinen Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber vorsieht.
Allerdings können die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen weitergehende Lohnfortzahlungsansprüche des Arbeitnehmers vorsehen. Ist beispielsweise ein dreimonatiger Lohnfortzahlungszeitraum vereinbart, dann führt die Rechtsauffassung des Ministeriums dazu, dass der betroffene Arbeitnehmer auch für diese Dauer von drei Monaten ungeachtet der Erkrankung weiterhin als „erwerbstätig“ im elterngeldrechtlichen Sinne einzustufen ist.
Das Beamtenrecht sieht zwar die Versetzung eines (Lebenszeit-)Beamten bzw. einer Beamtin in den Ruhestand vor, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist (vgl. insbesondere § 44 BBG); ansonsten stehen vorübergehende Erkrankungen dem Anspruch auf Fortgewährung der Bezüge nicht entgegen.
Selbständig tätige Erwerbspersonen haben regelmäßig schon im Ausgangspunkt keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall; konsequenterweise müsste das Ministerium auf der Basis seiner in den Richtlinien festgehaltenen Rechtsauffassung zu der Einschätzung gelangen, dass diese bereits ab dem ersten Tag einer sie an der Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit hindernden Erkrankung „nicht erwerbstätig“ sind.
Ein sachlicher Grund für eine Verknüpfung des Tatbestandsmerkmals „erwerbstätig“ mit Entgeltfortzahlungsansprüchen und ihren insbesondere im Arbeitsrecht wurzelnden unterschiedlichen Ausprägungen ist nicht ersichtlich: Auch die Beklagte vermochte diesbezüglich ungeachtet der bereits mit Beschluss vom 9. Mai 2022 von Seiten des Senates erteilten rechtlichen Hinweise nichts aufzuzeigen.
(2) Die von Seiten des Gesetzgebers mit der Einführung der Partnerschaftsbonusmonate verfolgten Ziele sprechen gegen die in den Richtlinien vertretene ministerielle Rechtsauffassung.
Mit der Einführung zusätzlicher Elterngeldansprüche für die sog. Partnerschaftsbonusmonate will der Gesetzgeber in erster Linie auf eine bestimmte Verteilung der Aufgaben unter den Eltern hinwirken. Er will damit eine „partnerschaftliche Aufgabenteilung“ fördern (vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/2583, S. 29).
Der Gesetzgeber lässt sich von der Einschätzung leiten, dass es – aus seiner Sicht letztlich für Eltern und Kind – die vorteilhafte Lösung darstellt, wenn beide Eltern jedenfalls nach dem ersten Lebensjahr des Kindes in einem erheblichen, zugleich jedoch untervollschichtigen Umfang einer Erwerbstätigkeit nachgehen und auf dieser Basis die sich aus der Betreuung und Erziehung des Kindes ergebenden Aufgaben aufteilen. In diesem Sinne soll der Partnerschaftsbonus „die partnerschaftliche Arbeitsteilung“ (vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/2583, S. 28) unterstützen. Der Gesetzgeber hat sich von der Zielvorstellung einer „früheren Rückkehr zur Erwerbstätigkeit beider Partner in Teilzeit, die gleichzeitig eine (gemeinsame) Fürsorge für das neugeborene Kind ermöglicht“ (vgl. S. 2 der Gesetzesbegründung) leiten lassen. Er wollte „ein nachhaltiges und belastbares Zeitarrangement zwischen den Eltern“ begünstigen und zugleich auch auf eine „ausreichende wirtschaftliche Absicherung der Familie“ hinwirken (aaO, S. 28).
Dieser – sowohl die Teilnahme am Berufsleben als auch die innerfamiliäre Aufgaben betreffende – Aufgaben- und Arbeitsteilungsansatz führt dazu, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf die Partnerschaftsbonusmonate an konkrete Vorgaben an das zeitliche Ausmaß der Teilnahme am Erwerbsleben auf Seiten beider Eltern geknüpft hat. Auf dieser Basis fordert § 4 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BEEG a.F. ausdrücklich, dass beide Elternteile „nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats“ erwerbstätig sein müssen. Dieser Ansatz wird in der heutigen Regelung in § 4b BEEG fortgeschrieben. Mit ihr ist lediglich das maßgebliche Arbeitszeitfenster geringfügig auf nunmehr „nicht weniger als 24 und nicht mehr als 32 Wochenstunden“ erweitert worden.
Dabei war dem Gesetzgeber natürlich bewusst, dass eine Umsetzung der mit den Partnerschaftsbonusmonaten verfolgten Ziele nur auf einvernehmlicher Basis mit den betroffenen Eltern in Betracht kommt. Er will bei diesen letztlich für eine Realisierung seiner Vorstellung im familiären Alltag werben. In diesem Sinne hat er in der Gesetzesbegründung festgehalten, dass die Regelung den Eltern einen „Anlass geben soll, das gesetzlich vorgegebene Zeitarrangement auszuprobieren“ (aaO, S. 29).
Dieser um Mitwirkung werbende Ansatz des Gesetzgebers spricht im Ausgangspunkt dafür, dass diesem an einer sachgerechten Begrenzung der Risiken für die betroffenen Eltern gelegen war. Übermäßige Risiken wären geeignet, die Akzeptanz der Regelungspläne unter den betroffenen Eltern zu gefährden. Gerade dieser Ansatz spricht nachhaltig dafür, Zeiten einer vorübergehenden krankheitsbedingten Unterbrechung der Beschäftigung als nicht anspruchsschädlich zu werten, solange nach den arbeitsvertraglichen Regelungen der jeweils vereinbarte Umfang der Beschäftigung den gesetzlichen Vorgaben für die Inanspruchnahme von Partnerschaftsbonusmonaten entsprochen hat.
Erkrankungen sind von den betroffenen Eltern regelmäßig nicht zu beeinflussen und stellen sich letztlich als höhere Gewalt dar. Umso mehr sich die Eltern bei ihren Entscheidungen vor Augen führen müssen, dass die Auszahlung des vermittels der Partnerschaftsbonusmonate in Aussicht gestellten weiteren Elterngeldbeträge durch ihrerseits nicht zu beeinflussende Zufallsfaktoren wie etwa dem Ausbleiben von Erkrankungen gefährdet werden kann, umso eher werden sie tendenziell geneigt sein, von einer Teilnahme absehen. Die vom Ministerium und von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung erschwert im Ergebnis eine Realisierung der gesetzgeberischen Zielvorstellungen, anstatt diese zu fördern.
Mit den zusätzlichen Elterngeldleistungen für die Dauer der Partnerschaftsbonusmonate will der Gesetzgeber gerade einen (Teil-)Ausgleich dafür bereitstellen, dass eine Beschränkung der Arbeitszeit auf eine den gesetzlichen Vorgaben Rechnung tragende Teilzeitbeschäftigung für viele Betroffene auch mit finanziellen Einbußen verbunden ist. Gerade der Wunsch nach einer effektiven und weitreichenden Umsetzung der gesetzgeberischen Zielvorstellung einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung unter den Eltern spricht dafür, die in Aussicht gestellte Kompensation in Form zusätzlicher Elterngeldleistungen – soweit dies nicht mit anderweitigen Regelungszielen kollidiert – möglichst verlässlich auszugestalten.
Bereits mit dem (vorliegend erfolgten) Abschluss (ernstlich gewollter) arbeitsvertraglicher Vereinbarungen mit den betroffenen Arbeitgebern über die Ausübung von Teilzeittätigkeiten mit Arbeitszeiten innerhalb des vom Gesetzgeber für die Inanspruchnahme von Partnerschaftsbonusmonaten vorgegebenen Rahmens bringen die betroffenen Eltern ihren Willen und ihre Bereitschaft zu einer „partnerschaftlichen Aufgabenteilung“ im Sinne der gesetzgeberischen Vorgaben zum Ausdruck. Der nachfolgende Eintritt einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit lässt diesen Ausgangspunkt unberührt. Eine entsprechende Erkrankung ist regelmäßig schicksalhaft bedingt und letztlich Ausdruck höherer Gewalt. Solange die Erkrankung nicht so schwer (etwa infolge einer stationären Aufnahme) ausgeprägt ist, dass der betroffene Elternteil gänzlich an einer Mitwirkung an der Kinderbetreuung gehindert ist, führt sie regelmäßig auch gar nicht zu einer Aufgabe des Willens zur partnerschaftlichen Aufgabenteilung. Vielmehr erfolgt dann normalerweise (wie auch im vorliegenden Zusammenhang) lediglich eine Anpassung der wechselseitigen Beiträge unter Berücksichtigung der vorübergehenden krankheitsbedingten Besonderheiten.
(3) Der Gesetzgeber hat bewusst das Elterngeld als Sozialleistung ausgestaltet. Sozialleistungen sind insbesondere auch dazu bestimmt ist, die besonderen Belastungen des Lebens unter Einschluss der mit Krankheit verbunden Belastungen abzuwenden oder auszugleichen (vgl. insbesondere §§ 1 Abs. 1 Satz 2 und § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB I). Solange der Gesetzgeber, wie im vorliegenden Zusammenhang, nichts Gegenteiliges zum Ausdruck bringt, spricht dieser Ansatz dafür, dass vorübergehende Erkrankungen nicht mit zusätzlichen Belastungen wie etwa mit dem Wegfall ansonsten zu gewährender Sozialleistungen (wie hier in Form des Elterngeldanspruchs für die sog. Partnerschaftsbonusmonate) verbunden sein sollen.
Bezeichnenderweise hat der Gesetzgeber die von ihm intendierte Unterstützung der Eltern in vorübergehenden Notlagen auch in der Regelung des § 1 Abs. 5 BEEG zum Ausdruck gebracht: Ihr zufolge stehen (aus wichtigem Grunde wie etwa Erkrankungen erfolgte) Unterbrechungen der persönlichen Betreuung des Kindes auf Seiten des betroffenen Elternteiles dem Anspruch auf Elterngeld nicht entgegen, sofern es sich um eine vorübergehende Unterbrechung handelt (vgl. insbesondere BT-Drs. 16/1889, S. 19: Voraussetzung für die Weiterzahlung ist in diesen Fällen, dass die Unterbrechung der Betreuung nur vorübergehend ist). Danach stehen insbesondere auch namentlich krankheitsbedingte mehr als sechs Wochen umfassende (vorübergehende) Unterbrechungen der Betreuung des Kindes durch das Elternteil dem Elterngeldanspruch nicht entgegen. Nachdem sich der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang zu einer tendenziell großzügigen Behandlung krankheitsbedingter Notlagen entschlossen hat, spricht nichts dafür, dass eine engherzige Betrachtung der Auswirkungen solcher Notlagen in Bezug das Tatbestandsmerkmal der Erwerbstätigkeit im Sinne von § 4 Abs. 4 Satz 3 BEEG a.F. seinen Vorstellungen angemessen Rechnung trägt.
(4) Auch unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Auslegung der elterngeldrechtlichen Vorgaben vermag der Senat der erläuterten ministeriellen Rechtsauffassung nicht zu folgen.
(a) Die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG verbieten eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen. Viele Behinderungen sind mit einem erhöhten Risiko von Arbeitsunfähigkeitszeiten verbunden. Bei dieser Ausgangslage spricht auch eine verfassungskonforme Auslegung für eine Auslegung der elternrechtlichen Vorgaben in dem Sinne, dass vorübergehende Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit der Inanspruchnahme von Partnerschaftsbonusmonaten nicht entgegenstehen.
(b) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen namentlich, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (BVerfG, B.v. 23. Juni 2015 – 1 BvL 13/11 –, BVerfGE 139, 285, Rn. 70 f. mwN).
Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben sind natürlich auch bei der Auslegung der gesetzlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen. Ihre Interpretation darf nicht zu ihrerseits sachwidrigen Differenzierungen führen. Zu solchen führt aber gerade die vom Ministerium befürwortete Verknüpfung des Anspruchs auf Elterngeld in Form der Partnerschaftsbonusmonate mit dem Bestehen eines arbeits- (oder etwa beamten-)rechtlichen Anspruchs auf Lohnfortzahlung. Wie im Einzelnen bereits ausgeführt worden ist, führt die in den Richtlinien festgehaltene Einschätzung des Ministeriums zu dem Ergebnis, dass bei einem Teil der Betroffenen (mangels eines arbeitsrechtlichen Anspruchs auf Lohnfortzahlung) schon ein einziger Tag der Arbeitsunfähigkeit zu einem Wegfall des Elterngeldanspruchs (überdies auf Seiten beider Eltern) für alle vier Partnerschaftsbonusmonate führt, wohingegen bei vielen Eltern (jedenfalls im Regelfall einer neuen Erkrankung) bis zu sechswöchige (und bei anderen auch noch längere) Arbeitsunfähigkeitszeiten keine Auswirkungen auf den Elterngeldanspruch haben.
Eine entsprechende Differenzierung ist sach- und gleichheitswidrig und ist im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung daher zu vermeiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 zu; diese hat er bereits in seinem Beschluss vom 9. Mai 2022 im Einzelnen erläutert.