1. Eine Herabsetzung der Sachverständigenvergütung gem. § 8a Abs. 3 JVEG wegen Verletzung der Hinweispflicht auf eine Unverhältnismäßigkeit der zu erwartenden Kosten kommt bei einer von Amts wegen veranlassten Beweiserhebung gem. § 106 Abs. 3 Nr. 4 SGG nicht in Betracht.
2. Wegen der in § 1 Abs. 1 S. 3 JVEG enthaltenen Unterscheidung zwischen der Person des Sachverständigen und einer Unternehmung, für die er tätig ist, entsteht der Anspruch auf Erstattung von Umsatzsteuer nur dann, wenn der tatsächlich Beauftragte (Unternehmen oder Sachverständiger) seinerseits umsatzsteuerpflichtig ist.
3. Hat ein Sachverständiger Gebührenpositionen geltend gemacht, die ihm gar nicht oder der Höhe nach nicht zustehen, ist aber der Gesamtbetrag der Vergütungsforderung aus anderen Gründen gerechtfertigt, kann ihm von Amts wegen die begehrte Vergütung unter Austausch von Gebührenpositionen gewährt werden; dies gilt auch in Bezug auf die Erstattung von Umsatzsteuer gem. § 12 Abs. 1 Nr. 4 JVEG.
Die Vergütung der Antragsgegner für ihre Tätigkeit als Sachverständige im Verfahren S 8 U 100/20 wird auf
5.993,91 EUR
festgesetzt.
G R Ü N D E
I.
Die Beteiligten streiten über die an die Antragsgegner zu zahlende Vergütung für deren Tätigkeit als Sachverständige im Ausgangsverfahren des SG Fulda mit dem Aktenzeichen S 8 U 100/20 (im Folgenden nur: Ausgangsverfahren).
1. Mit Beweisanordnung vom 29. März 2021 beauftragte die für das Ausgangsverfahren zuständige Kammervorsitzende den Antragsgegner zu 1) mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens. Hierzu verwendete sie das gerichtseigene, digital bearbeitete Formular und bezeichnete den von ihr bestimmten Sachverständigen schlicht mit dessen Namen „Dr. A.“; aufgrund der geübten Praxis zwischen der Kammervorsitzenden und der für sie tätigen Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle ergab sich damit für Letztere eindeutig der Antragsgegner zu 1), woraufhin die schriftliche Beweisanordnung gegenüber diesem durch die Geschäftsstelle versandt wurde, die wie folgt adressiert war:
„Herrn
Prof. Dr. Dr. A. A.
Institut für medizinische Begutachtung
B-Straße,
A-Stadt“.
Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2021 teilte der Ärztliche Direktor der C. GmbH, Prof. Dr. M., für dessen Institut die Antragsgegner letztlich tätig geworden sind, gegenüber der Kammervorsitzenden mit, dass aufgrund des Beweisthemas sowohl ein Gutachten im Bereich Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie erforderlich sei, das durch den Antragsgegner zu 1) erstellt werden könne, als auch ein weiteres Gutachten im Bereich Kieferorthopädie, das durch die Antragsgegnerin zu 2) verfasst werden könne. Entsprechend bat er um Genehmigung dieser Vorgehensweise bei gleichzeitiger Gewährung der Vergütungsgruppe M3 gemäß JVEG.
Unter dem 17. Mai 2021 verfügte die Kammervorsitzende des Ausgangsverfahrens, dass die vorgeschlagene Zusatzbegutachtung einschließlich der Vergütung nach M3 genehmigt werde; es bestehe Einverständnis mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise. Dies wurde noch am selben Tag dem Antragsteller zu 1), adressiert wie oben in Bezug auf die Beweisanordnung zitiert, übermittelt.
2. Nach Erstellung der Gutachten wurde durch die C. GmbH die Leistung der Antragsgegner wie folgt in Rechnung gestellt:
Leistungen des Antragsgegners zu 1)
Pauschale M3 | 1.200,00 EUR |
Schreibgebühren | 22,50 EUR |
1.222,50 EUR |
Leistungen der Antragsgegnerin zu 2)
Aktenstudium, 24,25 Stunden á 120 EUR | 2.910,00 EUR |
Diktat Anamnese und Befunde 1 Stunde á 120 EUR | 120,00 EUR |
Beurteilung und Beweisfragen 7,5 Stunden á 120 EUR | 900,00 EUR |
Durchsicht und Korrektur 1,25 Stunden á 120 EUR | 150,00 EUR |
Schreibgebühren | 22,50 EUR |
4.102,50 EUR |
Die sich aus diesen Einzelleistungen ergebende Honorarsumme wurde sodann um Portoauslagen von 11,90 EUR sowie die auf den sich daraus ergebenden Betrag von 5.336,90 EUR entfallende Umsatzsteuer von 1.014,01 EUR erhöht, so dass sich gegenüber der Staatskasse ein Gesamtrechnungsbetrag von
6.350,91 EUR
ergab.
3. Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2022, der am 2. März 2022 bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen ist, hat der Antragsteller richterliche Festsetzung der Vergütung der Antragsgegner beantragt und wendet sich gegen die Höhe der geltend gemachten Vergütung.
Zur Begründung führt er aus, dass im Ausgangsverfahren die Kostenübernahme für eine kieferorthopädische Behandlung in Höhe von 5.377,49 EUR streitgegenständlich gewesen sei. Dazu stehe die geltend gemachte Vergütung der Antragsgegner in deutlichen Missverhältnis. Folglich sei die Vergütung in Anwendung von § 8a Abs. 3 JVEG zu kürzen, nachdem der Antragsgegner zu 1) schon im Rahmen der Beauftragung der Begutachtung ausdrücklich auf seine Verpflichtung hingewiesen worden sei, rechtzeitig auf ein solch etwaiges Missverhältnis zwischen streitgegenständlicher Forderung und prognostizierten Sachverständigenkosten hinzuweisen.
Darüber hinaus bestehe zwischen dem Antragsgegner zu 1) und dem Land Hessen eine vertragliche Pauschalvereinbarung, wonach ein Gutachten unabhängig von dem jeweiligen Schwierigkeitsgrad mit einer Pauschale von (nur) 900 EUR vergütet werde; entsprechend sei die angesetzte Pauschale von 1.200 EUR überhöht.
Letztlich könne ein Anspruch auf Erstattung anfallender Umsatzsteuer nur dann bestehen, wenn diese in der Person des beauftragten Sachverständigen anfalle. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall, da die Erstattung auf der Basis der Umsatzsteuerpflicht der C. GmbH geltend gemacht werde, nicht jedoch wegen der Umsatzsteuerpflicht der Antragsgegner.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Vergütung der Antragsgegner unter Berücksichtigung der geltenden Pauschalvereinbarung mit dem Antragsgegner zu 1) und unter Wegfall der Umsatzsteuer, im Übrigen in Bezug auf die Antragsgegnerin zu 2) in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.
Die Antragsgegner haben keinen Antrag gestellt.
II.
Die Vergütung ist wie aus dem Tenor ersichtlich festzusetzen. Hierfür sind folgende Umstände maßgeblich:
1. Zunächst ist vorab festzuhalten, dass ein vergütungsrechtlich relevantes Verhältnis nur zwischen dem Land Hessen und den Antragsgegnern zustande gekommen ist, nicht aber mit der C. GmbH. Eine solche Unterscheidung zwischen einer konkreten Person als beauftragtem Sachverständigen und einer etwaigen Gesellschaft oder juristischen Person, für die Sachverständige tätig sind, ist durch § 1 Abs. 1 S. 3 JVEG geboten, wonach der Anspruch auf Vergütung nur demjenigen zusteht, der beauftragt worden ist, was „auch“ gilt, „wenn der Mitarbeiter einer Unternehmung die Leistung erbringt, der Auftrag jedoch der Unternehmung erteilt worden ist“. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass zwischen dem kostenrechtlich berechtigten Auftragnehmer und der verfahrensrechtlich als Sachverständiger herangezogenen natürlichen Person zu unterscheiden ist; die Person des Leistungserbringers und die des Vergütungsberechtigten können daher ggf. auseinanderfallen (s. Binz, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl. 2021, JVEG § 1 Rn. 6). Gleichzeitig ist damit auch eine Art kumulative „Doppel-Beauftragung“ ausgeschlossen, dass sowohl eine konkrete Person wie auch die Unternehmung, in der er tätig wird, als gemeinsam Beauftragte gelten können.
Für den vorliegenden Fall ist somit davon auszugehen, dass nur die Antragsgegner sowohl die beauftragten Leistungserbringer wie auch die vergütungsberechtigten Personen darstellen. Denn weder aus den Verfügungen der Kammervorsitzenden noch aus einem der durch die Geschäftsstelle des Gerichts versandten Anschreiben ergibt sich, dass die C. GmbH als Unternehmen beauftragt werden sollte. Dabei kann offenbleiben, ob die Kammervorsitzende bei Bestimmung des Antragsgegners zu 1) in dem Bewusstsein handelte, dass dieser für die C. GmbH als Gutachteninstitut tätig werden würde. Auch ist ohne Belang, ob sie Kenntnis von der Abwicklung der Vergütung nach Gutachtenerstattung insbesondere unter Berücksichtigung der oben dargestellten Differenzierung nach § 1 Abs. 1 S. 3 JVEG hatte. Denn es kommt insoweit allein auf den objektiven Akteninhalt an, der aus Sicht eines objektiven Dritten zu interpretieren ist. Hiernach ergibt sich aus der richterlichen Verfügung zur Bestimmung des Antragsgegners zu 1) vom 29. März 2021 keinerlei Hinweis auf die C. GmbH. Es wird lediglich „Dr. A.“ erwähnt. Eine Beauftragung der GmbH scheidet damit mangels eines diesbezüglichen Anknüpfungspunktes in der richterlichen Verfügung aus. Auch die Adressierung durch die Geschäftsstelle in Umsetzung der richterlichen Verfügung nennt zuerst den Antragsgegner zu 1); die nachfolgende Benennung der C. GmbH ist dann „nur“ als Korrespondenzadresse zu werten.
Dies gilt sodann auch für die zusätzliche Beauftragung der Antragsgegnerin zu 2); insofern findet sich in der richterlichen Verfügung vom 17. Mai 2022 keinerlei Namensbezug auf einen Sachverständigen oder ein Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 3 JVEG. Nun erfolgte dies allerdings in Reaktion auf ein Schreiben nicht etwa das Antragsgegners zu 1), sondern auf ein Schreiben des Ärztlichen Direktors der C. GmbH. Dies könnte zu der Erwägung führen, dass die Verfügung der Kammervorsitzenden nunmehr auf eine Beauftragung der GmbH als Unternehmen gerichtet war. Doch fehlt es auch hierfür an einem irgendwie gearteten Anhaltspunkt in der Verfügung vom 17. Mai 2022, so dass hiervon nicht auszugehen ist; vielmehr sollte dem „SV“ mitgeteilt werden, dass wie vorgeschlagen verfahren werden könne, nicht der GmbH oder ihrem Ärztlichen Direktor. Es bleibt daher dabei, dass der objektive Erklärungswert der insoweit relevanten richterlichen Verfügungen allein auf die Beauftragung der Antragsgegner als natürlichen Personen gerichtet war.
2. In der Sache ist sodann unumstritten, dass im Leistungszeitraum zwischen dem Land Hessen und dem Antragsgegner zu 1) eine Pauschalvereinbarung bestand; dies ist von Letzterem auch nicht in Abrede gestellt worden. Daher kann er nur den insoweit vereinbarten Betrag von 900 EUR pro Gutachten unabhängig vom Schwierigkeitsgrad und dem konkreten Aufwand verlangen.
3. Soweit der Antragsteller eine Herabsetzung der Vergütung der Antragsgegnerin zu 2) unter Berufung auf ein von ihr nicht angezeigtes Missverhältnis zwischen dem Wert des Streitgegenstandes und der Höhe der zu erwartenden Vergütung begehrt, kann er damit nicht durchdringen. § 8a Abs. 3 JVEG ist auf eine wie hier erfolgte Heranziehung eines Sachverständigen von Amts wegen gem. § 106 SGG nicht anwendbar. Denn diese Sanktion setzt eine Mitteilungspflicht eines Sachverständigen voraus, wie sie allein in § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO zu finden ist, der gem. § 118 Abs. 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren nur entsprechende Anwendung findet. Insoweit kann erwogen werden, dass die ZPO-basierte Pflicht zur Mitteilung im Sozialprozess schon grundsätzlich keine Anwendung findet. Jedenfalls aber kommt wegen des dahinterstehenden Gesetzeszwecks die Sanktionierung einer entsprechenden Pflichtverletzung gem. § 8a Abs. 3 JVEG nicht in Betracht.
Insoweit hat das Bayerisches Landessozialgericht im Beschluss vom 17. Dezember 2013 (L 15 SF 275/13, juris Rn. 96) schon die Anwendbarkeit des § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO im kostenprivilegierten Sozialgerichtsverfahren verneint. Zur Begründung hat es bezüglich des Zwecks der Regelung zutreffend ausgeführt, dass die Hinweispflicht des Sachverständigen dazu diene, den Parteien Anlass zu der Überlegung zu geben, ob ihnen die Sache dies wert ist, nicht aber so sehr als Hilfe für die Verfahrensführung durch das Gericht. Denn im zivilgerichtlichen Verfahren seien die Kosten einer Beweisaufnahme in jedem Fall von den Parteien, nicht aber wie im sozialgerichtlichen Verfahren mit – wie im hiesigen Ausgangsverfahren – gemäß § 183 SGG kostenprivilegierten Beteiligten von der Staatskasse zu tragen. Wegen der Parteien und zu deren Schutz habe der Gesetzgeber die Verpflichtung für den Sachverständigen eingeführt. Im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 183 SGG hingegen sei der Kostengesichtspunkt für die Beteiligten bei den von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen grundsätzlich ohne Bedeutung, da nicht sie, sondern die Staatskasse die Kosten zu tragen hat. Der Kostengesichtspunkt hat daher im zivilgerichtlichen Verfahren ein ganz anderes Gewicht für die Parteien, die das Verfahren auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten führen müssen. Für den Schutz der Parteien vor unwirtschaftlich hohen Gutachtenskosten sei die Hinweispflicht im sozialgerichtlichen Verfahren nicht einschlägig ist, während gleichzeitig fiskalische Überlegungen den Amtsermittlungsgrundsatz nicht einschränken könnten, also ein Schutzbedürfnis für das Gericht vor unwirtschaftlich hoher Belastung von der gesetzlichen Systematik nicht vorgesehen sei.
Dem ist das Thüringer Landessozialgericht im Beschluss vom 8. November 2018 (L 1 SF 145/18 B, juris Rn. 15) gefolgt (mit zutreffendem Hinweis auf eine möglicherweise gebotene Differenzierung für Verfahren gem. § 197a SGG, in denen das Gerichtskostengesetz mit der Kostenpflicht der Beteiligten gilt; dies dürfte auch in kostenprivilegierten Verfahren vor dem Sozialgericht in Bezug auf ärztliche Sachverständigengutachten gem. § 109 SGG zu erwägen sein).
Letztlich wird dieses Ergebnis der unzulässigen Sanktionierung des fehlenden Hinweises auch bei Geltung des § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO gem. § 8a Abs. 3 JVEG auch infolge einer konkreten Kontrollüberlegung deutlich: Eine Beweisanordnung gem. § 106 Abs. 3 Nr. 4 SGG setzt voraus, dass die sie verfügende Kammervorsitzende zu der Erkenntnis gelangt ist, dass zur Sachverhaltsermittlung eine Beweiserhebung erforderlich ist. Die sanktionsbewehrte Hinweispflicht eines Sachverständigen auf unverhältnismäßige Kosten der Beweiserhebung machte dann nur Sinn, wenn sie kausal für irgendeine Änderung der gerichtlichen Entscheidung werden könnte. Dies wiederum hätte zur denklogischen Voraussetzung, dass die Kammervorsitzende sodann wegen der Kosten auf die Beweiserhebung verzichtet bzw. verzichten dürfte. Dies ist aber wegen des Untersuchungsgrundsatzes gem. § 103 SGG und des Anspruchs jedes Klägers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG schlicht rechtlich ausgeschlossen. Die Pflicht zur Wahrheitserforschung und Sachverhaltsfeststellung unterliegt keinem Kostenvorbehalt, wie bereits das Bayerische Landessozialgericht im zitierten Beschluss ausgeführt hat.
Folglich ist die geltend gemachte Vergütung für die Antragsgegnerin zu 2) in der von ihr geltend gemachten Höhe festzusetzen, wobei die Vergütungsgruppe M3 zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist.
4. Soweit sich der Antragsteller gegen die Erstattung der auf die Sachverständigenleistung anfallende Umsatzsteuer wendet, ist dem zunächst zuzustimmen.
Wie die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 23. März 2020 (S 4 SF 45/18 K, juris Rn. 16) ausgeführt hat, ist der Anspruch auf Erstattung von Umsatzsteuer auf Gutachterleistungen eines Sachverständigen in § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG als Aufwendungsersatzanspruch ausgestaltet worden. Über das grundsätzliche Honorar eines Sachverständigen gem. § 9 JVEG hinaus wird demnach „die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes unerhoben bleibt“, ersetzt. Soweit diese Vergütung des gerichtlich bestellten Sachverständigen betroffen ist, steht gemäß der ausdrücklichen Anordnung in § 1 Abs. 1 S. 3 JVEG der Anspruch auf Vergütung nur „demjenigen zu, der beauftragt worden ist; dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter einer Unternehmung die Leistung erbringt, der Auftrag jedoch der Unternehmung erteilt worden ist“. Daraus folgt zunächst, dass es im Hinblick auf die Inhaberschaft des Anspruchs wie auch die konkreten Regelungen über die Höhe und den Umfang des Anspruchs allein darauf ankommt, wen ein Gericht tatsächlich zum Sachverständigen bestellt und folglich „beauftragt“ hat.
Aus den vorstehenden Ausführungen zu 1. folgt demnach, dass es für die Erstattung der Umsatzsteuer nur auf eine Umsatzsteuerpflicht der Antragsgegner ankommen kann, nicht aber auf eine solche der C. GmbH. Dass erstere aber selbst unabhängig von der GmbH einer Umsatzsteuerpflicht unterliegen könnten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Daher scheidet eine Erstattung der Umsatzsteuer gem. § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG für die hier streitgegenständlichen Sachverständigenleistungen aus.
Gleichwohl hält es die Kammer für zulässig, den geltend gemachten Umsatzsteueranteil an der Gesamtrechnungsforderung dem Betrage nach zugunsten der Antragsgegner festzusetzen. Dies ergibt sich aus folgender Erwägung:
Ausweislich der Randnotierungen der Kostenbeamtin des SG Fulda stünde der Antragsgegnerin zu 2) insbesondere wegen des großen Umfangs der Gerichts- und Verwaltungsakten des Ausgangsverfahrens nach den in der hessischen Sozialgerichtsbarkeit geltenden Grundsätzen ein deutlich höheres Stundenhonorar zu – und zwar in einer Größenordnung, die die geltend Umsatzsteuer von 1.014,01 EUR deutlich übersteigt – erst recht auch die nunmehr wegen der Reduzierung der Vergütung des Antragsgegners zu 1) tatsächlich anfallende Umsatzsteuer. Daher sieht es die Kammer als zulässig an, Gebührenpositionen zu verschieben bzw. auszutauschen, wenn nach den gesetzlichen Vorgaben der begehrte Vergütungsanspruch dem Sachverständigen jedenfalls „im Ergebnis“ zusteht. Diese im Bereich der Rechtsanwaltsvergütung zulässige Praxis des Austauschs von Gebührenpositionen (BayLSG, Beschl. v. 6. Februar 2019 – L 12 SF 22/15 E –, juris Rn. 30) kann auf die Sachverständigenvergütung übertragen werden.
Dem stehen keine steuerrechtlichen Erwägungen entgegen. Solche könnten im Hinblick darauf angestellt werden, dass (gegebenenfalls anfallende) Umsatzsteuer auf den hier im Tenor festgesetzten und dann ausgezahlten Vergütungsbetrag zu zahlen ist, also letztlich hinzutritt, so dass die durch den Austausch der Vergütungspositionen gewährte Gesamtvergütung letztlich zu einer noch höheren Umsatzsteuerbelastung führt, weil der hier festgesetzte Vergütungsbetrag als Nettovergütung anzusehen ist, der sodann als solcher erst noch nachträglich der Umsatzsteuer zu unterwerfen wäre. Für einen umsatzsteuerpflichtigen Empfänger der Zahlung aus der Staatskasse ergäbe sich durch den vorgenommenen Austausch der Vergütungspositionen sodann ein Nachteil. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Denn wie das Bayerische Landessozialgericht in dem unmittelbar zuvor zitierten Beschluss ausgeführt hat, gilt der Vergütungsantrag eines Rechtsanwalts im Falle der PKH-Vergütung aus der Staatskasse nur für den Saldo, nicht aber die einzelnen Kostenrechnungsposten. Dies gilt für die Sachverständigenvergütung in gleicher Weise. Der hier im Tenor festgesetzte Vergütungsbetrag steht dem Sachverständigen zu, ohne dass dieser seitens des Gerichts einer bindenden Teilsummenbestimmung zugänglich wäre; eine solche Bestimmung der jeweiligen Vergütungsanteile ist lediglich zur rechnerischen Herleitung des zu tenorierenden Gesamtvergütungsbetrages erforderlich (s. sogleich 6.), ohne dass diese Teilbeträge von der Bindungswirkung des Tenors mit umfasst würden. Einem etwaig umsatzsteuerpflichtigen Empfänger der Zahlung steht es daher ohne Weiteres frei, aus dem Gesamtbetrag der festgesetzten Vergütung „für sich“ einen Nettoanteil herauszurechnen, der 100/119 der Gesamtsumme entspricht, und sodann die rechnerisch verbleibenden 19/119 als Umsatzsteuer abzuführen.
5. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es für die Kammer vor dem Hintergrund der Rechnungstellung nicht durch die Antragsgegner, sondern durch die C. GmbH keiner weiteren Ermittlungen etwa im Hinblick auf die Abtretung der Vergütungsansprüche der Antragsgegner bedurfte. Insofern ist aus zahlreichen Verfahren für die Kammer gerichtsbekannt, dass die Antragsgegner wie alle für die C. GmbH tätigen Gutachter einer Liquidation durch die GmbH als solche gegenüber der Staatskasse zugestimmt haben, ohne dass es für die rechtliche Beurteilung durch die Kammer auf die konkreten zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Gutachtern und der C. GmbH ankäme.
6. Nach alledem ergibt sich der tenorierte Vergütungsbetrag aus folgenden (nur) rechnerischen Einzelpositionen:
Gutachten Antragsgegner zu 1) | 922,50 EUR |
Gutachten Antragsgegnerin zu 2) | 4.102,50 EUR |
Porto | 11,90 EUR |
5.036,90 EUR | |
Umsatzsteuer | 957,01 EUR |
5.993,91 EUR |
7. Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).