S 11 AL 105/16 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 11 AL 105/16 ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.04.2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.04.2016 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 
Gründe

I.

Die Antragstellerin (Ast.) mit Sitz in A-Stadt erbringt Dienstleistungen im Bereich der gewerblichen Personalüberlassung und – vermittlung. Derzeit (Stand April 2016) beschäftigt sie 37 Mitarbeiter, wobei 34 Mitarbeiter im Wege der Arbeitnehmerüberlassung an Kunden verliehen werden, insbesondere im Elektrobereich, in der Logistik, der Produktion sowie in Krankenhäusern. Eine Mitarbeiterin (Frau C. M. <Schreibweise bei der Antragsgegnerin (Ag.): M.>) sowie zwei Auszubildende sind mit internen Aufgaben betraut. Die Ast. generiert ca. 98 % ihres jährlichen Umsatzes mit der Arbeitnehmerüberlassung und ca. 2 % durch Personalvermittlung.

Seit dem 09.05.2014 verfügt die Ast. über eine Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern gemäß § 1 Abs. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetztes – AÜG. Diese Erlaubnis wurde zunächst befristet erteilt und ist in der Vergangenheit zuletzt mit Bescheid der Ag. vom 15.04.2015 bis zum 08.05.2016 verlängert worden, wobei der Bescheid vom 15.04.2015 insgesamt sieben Auflagen vorsah. 

Am 11. Januar 2016 beantragte die Ast. wiederum die befristete Verlängerung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. 

Am 09. Februar 2016 führte die Ag. eine sogenannte Nachschau durch, um zu überprüfen, ob die mit Bescheid vom 15.04.2015 erteilten Auflagen von der Ast eingehalten worden sind. 

Mit Bescheid vom 20.04.2016 versagte die Ag. den Antrag auf befristete Verlängerung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung und führte zur Begründung u. a. aus, gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 AÜG sei die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass ein Ast. nach der Gestaltung seiner Betriebsorganisation nicht in der Lage sei, die üblichen Arbeitgeberpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG liege ein Versagungsgrund vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, das ein Ast. die bestehende Rechtsordnung nicht beachte und die üblichen arbeitsrechtlichen Pflichten nicht einhalte. Anlässlich der örtlichen Prüfung am 09.02.2016 seien Tatsachen festgestellt worden, die Versagungsgründe im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AÜG darstellten; auch habe sich bei der Betriebsprüfung herausgestellt, dass die Betriebsorganisation nach wie vor mangelhaft sei. 

So seien folgende Verstöße gemäß § 3 AÜG festgestellt worden:

•    die Entgeltfortzahlung bei Krankheit, Begründung: Durchschnittsberechnung gemäß § 6 a NTV-IGZ    

•    Die Entgeltfortzahlung an Feiertagen, Begründung: Keine Berechnung gemäß § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz – EntFG    

•    Die Gewährung von Urlaub / Urlaubsentgelt, Begründung: Keine Durchschnittsberechnung gemäß § 6 a NTV-IGZ    

•    Kündigungsschutzvorschriften, Begründung: Kündigungsfrist nicht eingehalten (Einzelfall).

Im Rahmen der Nachschau sei überprüft worden, ob die im Bescheid vom 15.04.2015 erteilten – sieben - Auflagen eingehalten worden seien. Diese seien seinerzeit deswegen erteilt worden, weil damals Nachweise bezüglich der Berechtigung zur Kürzung der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung gefehlt hätten und festgestellt wurde, dass eine Durchschnittsberechnung bei Urlaub und Krankheit (§ 6 a NTV-IGZ) nicht durchgeführt worden sei. Ebenso sei festgestellt worden, dass keine Feiertagsentlohnung nach § 2 EntFG erfolgt sei, sowie eine fehlende Eingruppierung, eine fehlende Dokumentation des rechtzeitigen Abbruchs der Arbeitsleistung, fehlende Zustellnachweise bei Kündigung (zur Berechnung der Fristen und Feststellung der Beendigung). Überdies sei auch die Erreichbarkeitsklausel in Arbeitsverträgen sowie die mangelnde Tätigkeitsbeschreibung in Überlassungsverträgen beanstandet worden. Anlässlich der Nachschau am 09.02.2016 habe der Auflagenbescheid vom 15.04.2015 nicht vorgelegen und der Geschäftsführer der Antragstellerin, Herr B., habe sich auch nicht an Auflagen erinnern können. Die für Personal verantwortliche Mitarbeiterin, Frau M., habe diese nur teilweise wiedergeben können. Überdies habe sie sich, obwohl als sachkundige Ansprechpartnerin unverzichtbar - während des Prüftermins entfernt und für Rückfragen nicht zur Verfügung gestanden. 
Demzufolge sei die Mehrzahl der Auflagen nicht erfüllt worden. So sei anhand der Abrechnungen erneut zu erkennen gewesen, dass eine Durchschnittsberechnung gemäß § 6 a MTV-IGZ nicht durchgeführt worden sei. Darüber hinaus sei festgestellt worden, dass auch keine korrekte Berechnung des Feiertagsentgeltes gemäß § 2 EntFG erfolgt sei. Vielmehr habe die Ast. nur die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit vergütet, auch wenn regelmäßig mehr gearbeitet worden sei. Der Einwand des Geschäftsführers der Ast., wonach nach der letzten Prüfung auf ein neues Software Programm umgestellt worden und man sich sicher gewesen sei, dass die Einstellung den Bedürfnissen des Unternehmens entsprechen würden, könne den Vorwurf der mangelnden Betriebsorganisation nicht entkräften. Die unternehmerische Sorgfalt hätte es vielmehr erfordert, die Software bezüglich der Bezahlung der unproduktiven Zeiten auf Basis des MTV-IGZ in Kooperation mit der Softwarefirma zu individualisieren, um diese Abrechnungsfehler zu vermeiden. Da die Umstellung bereits im Sommer 2015 erfolgt sei, könne nicht hingenommen werden, dass auch die aktuellen Abrechnungen von Dezember 2015 noch Fehler aufgewiesen hätten. Auch hätten keine Abrechnungen für Januar 2016 vorgelegen, obwohl der Prüfungstermin vom 09.02.2016 am 14.01.2016 angekündigt worden sei. Auch Probeabrechnungen hätten nicht zur Verfügung gestanden. Letztlich habe einzig positiv festgestellt werden können, dass nunmehr die Eingruppierung gemäß den Grundsätzen des MTV erfolgt sei. Darüber hinaus seien auch Kündigungsnachweise (Aufhebungsverträge) sowie Zustellnachweise in den Akten vorgefunden worden. Zwar hätten Urlaubsanträge vorgelegen, doch seien darin in mehreren Fällen Fehler enthalten gewesen.
Weiter heißt es im Bescheid, die Erlaubnis sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AÜG zu versagen, wenn der Ast. die für die Ausübung der Tätigkeiten nach § 1 AÜG erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze und Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass dieser nach der Gestaltung seiner Betriebsorganisation auch zukünftig nicht in der Lage sein werde, die üblichen Arbeitgeberpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Diese Voraussetzung liege zum Nachteil der Ast. vor, weil erneut und wiederholt erhebliche Mängel festgestellt worden seien. Herr B. verfüge trotz mehrjähriger Geschäftstätigkeit im Verleihgeschäft lediglich über rudimentäre Kenntnisse im Recht der Arbeitnehmerüberlassung und den damit in Verbindung stehenden Rechtsgebieten. Zwar komme unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich auch das weniger einschneidende Mittel, nämlich die Erteilung einer Auflage und erneuten befristeten Verlängerung in Betracht, um damit die zukünftige ordnungsgemäße Ausübung der Arbeitnehmerüberlassung sicherzustellen. Es sei aber zu berücksichtigen, dass bereits bei der Betriebsprüfung am 23.03.2015 und wiederholt am 09.02.2016 erhebliche Mängel festgestellt worden seien und die mit Bescheid vom 15.04.2015 versehenen Auflagen von der Ast. nicht erfüllt worden seien; vielmehr sei erneut gegen festgesetzte Auflagen verstoßen worden. Die Möglichkeit der Optimierung der Betriebsorganisation habe der Ast nicht genutzt. Auch bei Abwägung aller Tatsachen sei daher die Versagung der Verlängerung der Erlaubnis gerechtfertigt und im Interesse der Schutzfunktion des AÜG sogar notwendig. 
In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides wird ausgeführt, dass der Widerspruch gemäß § 86 a Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – keine aufschiebende Wirkung habe. Die aufschiebende Wirkung könne von der Ag. gemäß § 86 a Abs. 4 Satz 2 SGG auf Antrag hergestellt werden, wenn - unter anderem - die sofortige Vollziehung eine unbillige Härte darstellen würde. 

Die Ast. hat mit Schriftsatz vom 22.04.2016 durch ihren Bevollmächtigten gegen den Bescheid der Ag. vom 20.04.2016 Widerspruch erhoben und sogleich einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung gestellt <wohl richtig: Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung>.
Über diesen Antrag ist seitens der Ag – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden worden. 

Am 28.04.2016 hat die Ast. das Sozialgericht angerufen und beantragt, das Gericht möge die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.04.2016 gemäß § 86 b Abs. 1 Nr.2 Sozialgerichtsgesetz – SGG - anzuordnen.

Zur Begründung hat der Bevollmächtigte der Ast. u. a. vorgetragen, es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Ag. vom 20.04.2016 und zwar sowohl in formeller als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht. Bezüglich der Zuverlässigkeit gehe die Ag. zu Unrecht von einer negativen Zukunftsprognose bezüglich der Zuverlässigkeit der Ast. aus. Die Ast. habe vielmehr im Nachgang zum Bescheid der Ag. vom 15.04.2015 zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die seinerzeit festgestellten Mängel zu beseitigen. Auch unverzüglich nach der Prüfung am 09.02.2016 habe die Ast. weitere Schritte eingeleitet, um allen Auflagen Rechnung zu tragen, die aus Sicht der Ag. noch nicht zureichend erfüllt worden seien. Zur Glaubhaftmachung hat die Ast. eine Eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Ast., Herrn B., vorgelegt, in welcher die einzelnen von Seiten der Ast. unternommenen Schritte dargelegt werden.

Zur Eilbedürftigkeit hat die Ast. vorgetragen, eine Nachfrage bei der Ag. habe ergeben, dass die zuständige Sachbearbeiterin erst ab 03.05.2016 wieder im Dienst sei, um den Vorgang zu prüfen, bevor eine Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung getroffen werden könne. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der 05.05.2016 ein gesetzlicher Feiertag sei und mit einer Sachentscheidung frühestens in der 18. Kalenderwoche gerechnet werden könne, die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung aber bereits am 09.05.2016 ablaufe, sei die Anrufung des Gerichts erforderlich, um schwerwiegende, irreversible Folgen, die der Ast., insbesondere deren Mitarbeitern drohten, ausschließen zu können.

Zum weiteren Vorbringen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte. 
Die Akte der Ag. ist dem Gericht trotz unverzüglicher Anforderung bislang nicht vorgelegt worden, obwohl die Antragsschrift der Ag. am 29.04.2016 übersandt und diese zur umgehenden Stellungnahme und Aktenübersendung aufgefordert worden war. Eine Verwaltungsakte liegt dem Gericht bis heute, 04.05.2016, 11:45 Uhr nicht vor. 

II. 

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist zulässig und begründet.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG, weil ein Widerspruch sowohl gegen die Aufhebung als auch gegen die Ablehnung einer Verlängerung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung keine aufschiebende Wirkung hat (§ 86 a Abs. 4 Satz 1 SGG). 
Das erkennende Gericht ist zuständig, weil die Ast. ihren Sitz in A-Stadt hat und das Sozialgericht auch das zuständige Gericht in der Hauptsache ist.  

Gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. 
Diese Vorschrift ist dann anzuwenden, soweit die Versagung einer neuen – befristeten Erlaubnis – angegriffen wird. Es handelt sich insoweit um die speziellere Regelung im Verhältnis zu § 86 b Abs. 2 SGG.
Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 AÜG verlängert sich die Erlaubnis kraft Gesetzes, wenn die Erlaubnisbehörde die Verlängerung nicht vor Ablauf des Jahres ablehnt. Das Rechtschutzinteresse der Ast. ist demzufolge ausschließlich auf die Aufhebung der Ablehnung gerichtet. Einen nach § 86 b Abs. 2 SGG im Wege der einstweiligen Anordnung zu erreichende Verpflichtung der Ag. zur Erteilung einer neuen Erlaubnis ist nach dieser gesetzlichen Konstellation zur Fortführung der Geschäftstätigkeit der Ast. nicht erforderlich, denn das Rechtschutzziel ist bereits allein durch die Anfechtung der Ablehnungsentscheidung zu erreichen. Mit der Ablehnung, die Erlaubnis zu verlängern, hat die Ag. eine ansonsten kraft Gesetztes angeordnete automatische Verlängerung der befristeten Erlaubnis unterbunden, § 2 Abs. 4 Satz 3 AÜG, weshalb im Ergebnis bereits die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs dem Anliegen der Ast. Rechnung trägt (vgl. Beschluss des Sozialgericht Köln vom 31.08.2015 – S 1 AL 438/15 ER; Bayrisches LSG, Beschluss vom 05.01.2009 – L 10 B 720/08 AL ER; Kämmerer in: Thüsinger, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Kommentar, 3. Auflage § 2 VI Randziffer 36 und 37). 
 
Die Ast. ist auch antragsbefugt und sie hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis an der angestrebten gerichtlichen Entscheidung. Der Antrag kann auch schon vor Erlass des Widerspruchsbescheides beziehungsweise vor Klageerhebung gestellt werden, aber frühestens im Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs; dieser ist vorliegend erhoben worden.

Der Antrag der Ast, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Entscheidung der Ag. vom 20.04.2016 anzuordnen, ist auch begründet. 

Über die Frage, ob im konkreten Einzelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG anzuordnen ist, entscheidet das Gericht nach Ermessen und aufgrund einer Interessenabwägung, wobei das besondere Interesse des Ast. an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit dem vom Gesetz vorausgesetzten Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes gegeneinander abzuwägen ist (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86 b Rdnr. 12 c).
Die Prüfung des Gerichts erfolgt dabei nicht aufgrund eines starren Prüfungsschemas. Vielmehr gilt: Je größer die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Hauptsache sind, umso geringere Anforderung sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen (Keller. a. a. O. Rdnr. 12 d). Hieraus ist abzuleiten, dass ein offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakt kein öffentliches Interesse an der Vollziehbarkeit begründen kann, weshalb in diesen Fällen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung regelmäßig zu erfolgen hat. Andererseits kann ein Widerspruch, der offensichtlich keinen Erfolg haben kann, kein überwiegendes privates Interesse begründen, das die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs rechtfertigen würde, insbesondere wenn auf Seiten der Behörde general- oder spezialpräventive Erwägungen hinsichtlich der sofortigen Geltung des Verwaltungsaktes zu berücksichtigen sind und erkennbar ist, dass sich entsprechende Gefahren während des laufenden Verfahrens realisieren könnten.

Vorliegend sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Hauptsache nicht abschätzbar. Die von der Ag. im Bescheid zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen hat die Ast. – bekräftigt durch eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers - in Abrede gestellt. Das Gericht kann in Ermangelung eines Sachvortrags der Ag. und ohne Kenntnis der Verwaltungsakten auch nicht davon ausgehen, dass alle – oder gegebenenfalls die maßgeblichen – die Entscheidung der Ag. tragenden Tatsachenbehauptungen auch erwiesen sind. Damit bleibt die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels der Ast. in der Hauptsache offen.  

Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels – wie vorliegend - nicht abschätzbar, bleibt nur eine allgemeine Interessenabwägung zwischen den Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, Widerspruch oder Klage aber später Erfolg hätten und den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, Widerspruch oder Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (Keller, a. a. O. Rdnr. 12 f). Das Gericht hat bei der Abwägungsentscheidung darüber hinaus auch eine Interessenabwägung zwischen den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ast. einerseits aber insbesondere auch gegenüber den Rechten drittbetroffener Beteiligter, insbesondere deren Grundrechten vorzunehmen und dabei auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzubeziehen. 
Schließlich ist zu prüfen, ob der Sofortvollzug für die Ast. eine unzumutbare Härte darstellen würde, § 86 a Abs.3 Satz 2 SGG

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien war vorliegend die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. 

Das Gericht geht dabei von folgenden Erwägungen aus: Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind derzeit nicht abschätzbar. Bislang liegt dem erkennenden Gericht weder eine Stellungnahme der Ag. zum Antrag der Ast. an sich noch die Verwaltungsakte vor, weshalb das Gericht lediglich auf die vom Bevollmächtigten der Ast. eingereichten Unterlagen zurückgreifen konnte. 
Das Gericht kann daher lediglich eine allgemeine Interessenabwägung vornehmen, die vorliegend zugunsten der Ast. auszufallen hat. Dabei war zu berücksichtigen, dass hier nicht nur eine rechtliche Bewertung möglicher Versagungsgründe nach § 3 AÜG im Streit steht, sondern auch tatsächliche Umstände streitig sind. Ohne Kenntnis des Akteninhaltes und insbesondere des ausführlichen Prüfberichts, auf den sich die Ag. im Bescheid bezieht, ist eine Würdigung der von der Ag. vorgebrachten Versagensgründe nicht möglich. Es bedarf gegebenenfalls sogar der Durchführung einer Beweisaufnahme, um einzelne Vorwürfe näher aufzuklären. 

Trotz der von der Ag. vorgetragenen Zweifel an der Zuverlässigkeit der Ast., die – wenn sie tatsächlich vorliegen sollten - auch nach Auffassung des Gerichts schwer wiegen, musste die Interessenabwägung vorliegend zugunsten der Ast. ausfallen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Ast. die von der Ag. aufgezeigten und beanstandeten Mängel jedenfalls zeitnah künftig abstellen wird (vgl. Eidesstaatliche Versicherung des Herrn B. vom 26.04.2016). Auch hat die Ast. glaubhaft vorgetragen, dass sie bereits Vorkehrungen getroffen hat, um sicherzustellen, dass in Zukunft die arbeitsrechtlichen- und vertragsrechtlichen Schutzvorschriften eingehalten werden. 

Die Ast. hat auch glaubhaft gemacht, dass sie nach Ablauf der Auslauffrist des § 2 Abs. 4 Satz 4 AÜG ihren Geschäftsbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen würde einstellen müssen. Die Arbeitsplätze von derzeit insgesamt 34 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ast., die als Leiharbeitnehmer beschäftigt werden, wären davon betroffen. Die wirtschaftlichen Folgen für die Ast. wären gravierend und möglicherweise nicht wieder gut zu machen. 
Die Ast. hat darüber hinaus durch die Vorlage von Stellungnahmen seitens der Einzugstellen auch glaubhaft gemacht, dass bei ihr auch nicht von einer generellen Unzuverlässigkeit als Arbeitgeberin ausgegangen werden kann. 

Angesichts dessen und aufgrund der von der Ast. glaubhaft eingeleiteten Maßnahmen zur Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften, musste vorliegend die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 ff. VwGO.
 

Rechtskraft
Aus
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