L 14 AS 494/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Asylbewerberleistungsgesetz
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 128 AS 16169/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AS 494/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Der Bestimmung grundsicherungsrechtlich angemessener Kosten der Unterkunft in Berlin lag für die Jahre 2016 und 2017 kein schlüssiges Konzept zugrunde.

Bei Fehlen eines schlüssigen Konzeptes ist zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete auf die Tabellenwerte das § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10% zurückgreifen (Anschluss an LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 21.1.21 - L 19 AS 1129/17; vom 16.3.22 - L 1 AS 456/21 WA; vom 7.4.22 - L 10 AS 2286/18; vom 31.5.22 - L 32 AS 2845/16; vom 31.5.22 - L 32 AS 2866/16).

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

 

Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger des Berufungsverfahrens.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs der Kläger gegen den Beklagten hinsichtlich der Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) für den Zeitraum Juli 2016 bis Oktober 2016, sowie für Dezember 2016 und für den weiteren Bewilligungszeitraum von Januar 2017 bis Juni 2017.

 

Die Klägerin wurde im Jahre 1964 geboren und der Kläger im Jahre 1963. Sie bewohnen eine Mietwohnung mit drei Zimmern und einer Wohnfläche von 68 qm. Die Heizung der Wohnung erfolgte über Fernwärme, wobei die Gesamtgebäudefläche ca. 2.400 qm beträgt.

 

Die Kläger wendeten ab dem 1. September 2015 und auch im streitigen Zeitraum die folgenden Kosten für ihre Unterkunft auf: Grundmiete 347,48 Euro, Vorauszahlung Betriebskosten 193,92 Euro und Vorauszahlung Heizkosten 55,- Euro (Summe: 596,40 Euro.)Die Klägerin erzielte im gesamten streitigen Zeitraum die folgenden Einkünfte:

Juni 2016                                                       1.226,25 Euro (brutto: 1.724,80 Euro)

Juli 2016                                                         1.163,73 Euro (brutto: 1.612,18 Euro)

August 2016                                                   1.270,80 Euro (brutto: 1.803,20 Euro)

September 2016                                             1.226,25 Euro (brutto: 1724,80 Euro)

Oktober 2016                                                  1.182,57 Euro (brutto: 1.646,40 Euro)

November 2016                                              1.226,25 Euro (brutto: 1.724,90 Euro)

Dezember 2016                                              1.226,25 Euro (brutto: 1.724,80 Euro)

Januar 2017                                                   449,05 Euro (brutto: 592,78 Euro)

Februar 2017                                                  440,- Euro (brutto: 372,07 Euro) und

                                                                      74,90 Euro (brutto: 81,45 Euro)

März 2017                                                      618,32 Euro (brutto: 770,- Euro)

April 2017                                                       568,85 Euro (brutto: 700,- Euro)

Mai 2017                                                        653,18 Euro (brutto: 825,- Euro)

 

Mit Bescheid vom 5. Januar 2017 gewährte die Bundesagentur für Arbeit der Klägerin ab dem 1. Januar 2017 Arbeitslosengeld, und zwar für die Zeit ab dem 1. März 2017 mit einem täglichen Leistungsbetrag von 13,22 Euro.

 

Der Kläger erzielte im gesamten streitigen Zeitraum Einkünfte in Höhe von 165,- Euro monatlich.

 

Dem Verfahren zum Aktenzeichen S 128 AS 16169/16 (Zeitraum Juli bis Dezember 2016) liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom 27. Juni 2016 gewährte der Beklagte den Klägern auf ihren Antrag vom 10. Juni 2016 als vorläufige Leistungen die KdUH für die Zeit Juli 2016 bis Dezember 2016 in Höhe von jeweils 143,19 Euro monatlich.

 

Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 11. Juli 2016 Widerspruch ein.

 

Mit Schreiben vom 23. September 2016 teilte der Vermieter den Klägern aufgrund der Abrechnung der Betriebskosten sowie Heiz- und Warmwasserkosten für das Jahr 2015 mit, dass ein Guthaben von insgesamt 508,23 Euro bestehe. Das Guthaben werde auf das Konto der Kläger überwiesen. Ein Zufluss auf dem Konto erfolgte im Oktober 2016.

 

Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2016 zurück. Er führte zur Begründung aus, dass den Klägern im Jahre 2012 mitgeteilt worden sei, dass die Aufwendungen für die Wohnung nicht angemessen seien. Es seien daher nur die angemessenen Kosten in Höhe von 518,- Euro zu berücksichtigen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von 596,40 Euro.

 

Mit der am 17. November 2016 vor dem Sozialgericht Berlin (zum Az. S 128 AS 16169/16) erhobenen Klage haben die Kläger ihr Begehren weiterverfolgt und beantragt, monatlich weitere 78,40 Euro für die KdUH zu gewähren. Sie haben zur Begründung ausgeführt, dass ein schlüssiges Konzept des Beklagten zur Bestimmung der angemessenen KdUH nicht vorliege. Daher sei zumindest auf die Tabellenwerte nach § 12 des Wohngeldgesetzes (WoGG) mit einem Sicherheitszuschlag von 10% zurückzugreifen. Hieraus ergebe sich ein Wert von 578,60 Euro zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten von 55,- Euro. Dieser Betrag liege über den tatsächlichen Kosten.

 

Mit Bescheid vom 18. September 2017 hat der Beklagte nunmehr endgültig Leistungen für Juli bis Oktober und Dezember 2016 in Höhe von monatlich 278,02 Euro und für November (unter Anrechnung der Betriebskostenerstattung in Höhe von 508,23 Euro) in Höhe von 0,- Euro gewährt.

 

Mit weiteren Bescheiden vom 18. September 2017 hat der Beklagte von den Klägern für den streitigen Zeitraum jeweils die Erstattung von 164,09 Euro aufgrund der Differenz zwischen den vorläufig und endgültig gewährten Leistungen verlangt.

 

Aufgrund der endgültigen Festsetzung haben die Kläger ihr Begehren mit Schreiben vom 16. Januar 2018 dahingehend konkretisiert, dass aufgrund des Guthabens in Höhe von 508,23 Euro aus der Betriebskostenabrechnung im Monat November 2016 kein Anspruch mehr gegeben sei. Es sei daher die Überzahlung in Höhe von 286,38 Euro mit der Unterzahlung in Höhe von 350,20 Euro zu „vergleichen“.

 

Dem Verfahren zum Aktenzeichen S 174 AS 5236/17 (Zeitraum Januar bis Juni 2017) liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2016 gewährte der Beklagte den Klägern auf ihren Antrag vom 23. November 2016 vorläufig Leistungen für den Zeitraum Januar bis Juni 2017. Mit Änderungsbescheiden vom 12. Januar 2017 und 27. Januar 2017 berücksichtigte der Beklagte Änderungen in den Einkommensverhältnissen. Der Beklagte gewährte zuletzt für Januar 2017 Leistungen in Höhe von 1.202,- Euro und für Februar bis Juni 2017 in Höhe von 938,14 Euro monatlich.

 

Gegen die Änderungsbescheide vom 12. Januar 2017 und vom 27. Januar 2017 legten die Kläger mit Schreiben vom 15. Februar 2017 Widerspruch ein.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2017 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Er führte zur Begründung aus, dass den Klägern im Jahre 2012 mitgeteilt worden sei, dass die Aufwendungen für die Wohnung nicht angemessen seien. Es seien daher nur die angemessenen Kosten in Höhe von 518,- Euro zu berücksichtigen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von 596,40 Euro.

 

Mit der am 20. April 2017 erhobenen Klage haben die Kläger ihr Begehren fortgeführt. Für den streitigen Zeitraum haben sie die Gewährung von weiteren Leistungen in Höhe von monatlich 78,40 Euro begehrt. Sie haben zur Begründung ausgeführt, dass ein schlüssiges Konzept des Beklagten zur Bestimmung der angemessenen KdUH nicht vorliege. Daher sei zumindest auf die Tabellenwerte nach § 12 WoGG mit einem Sicherheitszuschlag von 10% zurückzugreifen. Hieraus ergebe sich ein Wert von 578,60 Euro zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten von 55,- Euro. Dieser Betrag liege über den tatsächlichen Kosten.

 

Mit Bescheid vom 7. November 2017 hat der Beklagte nunmehr endgültig Leistungen für Januar 2017 in Höhe von 913,14 Euro und für den Zeitraum Februar bis Juni 2017 in Höhe von monatlich 939,58 Euro gewährt.

 

Mit weiteren Bescheiden vom 7. November 2017 hat der Beklagte von den Klägern für den streitigen Zeitraum jeweils die Erstattung von 140,83 Euro verlangt.

 

Mit Beschluss vom 6. April 2018 hat das Gericht die Verfahren zu den Aktenzeichen S 128 AS 16169/16 und S 174 AS 5236/17 verbunden und unter dem Aktenzeichen S 128 AS 16169/16 fortgeführt.

 

Mit Urteil vom 21. Februar 2019 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, unter Änderung des Bescheides vom 18. September 2017 den Klägern für die Zeit Juli bis Dezember 2016 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung laufender Bedarfe für die KdUH in Höhe von monatlich 596,40 Euro zu gewähren. Weiterhin hat es die Erstattungsbescheide vom 18. September 2017 aufgehoben. Es hat unter Änderung des Bescheides vom 7. November 2017 den Beklagten ferner verurteilt, den Klägern für die Zeit vom Januar bis Juni 2017 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung laufender Bedarfe für die KdUH in Höhe von monatlich 596,40 Euro zu gewähren. Weiterhin hat es die Erstattungsbescheide vom 7. November 2017 aufgehoben.

 

Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die KdUH der Kläger angemessen seien. Es liege kein schlüssiges Konzept des Beklagten vor und könne vom Gericht auch nicht entwickelt werden. Daher sei auf den Höchstbetrag der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10% zurückzugreifen. Hieraus ergebe sich eine angemessene Bruttokaltmiete von 578,60 Euro, welche über den Aufwendungen der Kläger liege. Auch die Heizkosten von 55,- Euro seien unter Berücksichtigung des Heizkostenspiegels 2016 angemessen. Die Erstattungsentscheidung sei aufzuheben, da sich im Saldo jeweils eine Nachzahlung für die Kläger ergebe.

 

Gegen das ihm am 26. Februar 2019 zugestellte Urteil legt der Beklagte am 19. März 2019 Berufung ein. Er hat in der Berufungsschrift nur die Klägerin bzw. Berufungsbeklagte genannt und den Kläger nicht aufgeführt. Im weiteren Verlauf hat er klargestellt, dass die Berufung unbeschränkt eingelegt worden sein sollte. Das Begehren im Berufungsverfahren sei auf die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts gerichtet gewesen und somit sei auch hinsichtlich des Klägers eine Berufung eingelegt worden.

 

Zur Begründung führt er aus, dass seine Ermittlung der Angemessenheitswerte entsprechend den Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 des Zweiten Buches – Sozialgesetzbuch (SGB II) und §§ 35 und 36 des Zwölften Buches - Sozialgesetzbuch (SGB XII) (AV-Wohnen) in der Fassung vom 24. November 2015 (für den Zeitraum Juli 2016 bis Dezember 2016) und in der Fassung vom 6. Dezember 2016 (für den Zeitraum Januar 2017 bis Juni 2017) zutreffend erfolgt sei. Hierbei habe man sich an den Grundsätzen des Bundessozialgerichts orientiert.

 

Auf Nachfrage des Senats, ob eine Nachbesserung des Konzepts beabsichtigt sei, hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 31. August 2022 mitgeteilt, dass er kein eigenes schlüssiges Konzept für die Berechnung der Angemessenheitswerte der Unterkunft vorlegen werde.

 

Der Beklagte beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Februar 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Kläger beantragen,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie führen zur Begründung aus, dass die Berufung gegen den Kläger unzulässig sei, da die Frist verstrichen sei. Der Beklagte habe in der Berufungsschrift lediglich die Klägerin aufgeführt.

 

Sie haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 1. September 2022 ihr Leistungsbegehren für den Monat November 2016 aufgrund der Betriebskostenrückzahlung für erledigt erklärt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den des Verwaltungsvorganges des Beklagten.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Über die Berufung konnte trotz Ausbleibens des Beklagten im Termin entschieden werden, da das Gericht ausweislich der dem Beklagten am 23. Mai 2022 zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte (§ 126 SGG).

 

Die Berufung des Beklagten ist statthaft, wurde fristgerecht eingelegt und ist auch im Übrigen zulässig. Die fristwahrende Berufungsschrift des Beklagten richtete sich auch gegen den Kläger. Hierbei handelt es sich um eine Prozesshandlung, welche einer Auslegung zugänglich ist. Maßgeblich ist, wie die Erklärung nach den Gesamtumständen zu verstehen ist, wobei ein Anhaltspunkt für die Auslegung ist, was von den Beteiligten vernünftigerweise gewollt ist (vgl. zum Meistbegünstigungsgrundsatz: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Auflage 2020, Vor § 60 Rn. 11a). Unter Beachtung des Begehrens des Beklagten, welches aus der Berufungsschrift dahingehend erkennbar ist, dass eine Überprüfung der Entscheidung des Sozialgerichts gewollt wird, handelt es sich bei der Bezeichnung im Rubrum nur um eine verkürzende Darstellung und gerade nicht um eine nur teilweise Einlegung der Berufung. Dieses hat der Beklagte im Verlauf des Berufungsverfahrens klargestellt.

 

Indes ist die Berufung unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht mit Urteil vom 21. Februar 2019 den Beklagten unter Aufhebung der endgültigen Bescheide und der Erstattungsbescheide verurteilt, den Klägern unter Beachtung laufender Bedarfe für Unterkunft und Heizung in monatlicher Höhe von 596,40 Euro für den Zeitraum von Juli 2016 bis Juni 2017 weitere Leistungen dem Grunde nach für die Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Februar 2019 sowie die endgültigen Bescheide vom 18. September 2017 (Zeitraum Juli bis Dezember 2016) und vom 7. November 2017 (Zeitraum Januar bis Juni 2017) nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Mit Erlass einer endgültigen Entscheidung erledigten sich die zuvor ergangenen vorläufigen Bewilligungsbescheide in der Gestalt der Widerspruchsbescheide auf andere Weise nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches – Sozialgesetzbuch (SGB X). Sie sind somit nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Weiterhin sind die zeitgleich mit den endgültigen Bescheiden ergangenen Erstattungsbescheide zum Gegenstand des Verfahrens geworden. Der Senat folgt der Wertung in der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 55/19 R –, juris, Rn. 15), wonach der Anwendungsbereich von § 96 SGG auch einen später erlassenen Erstattungsbescheid erfasst, wenn zuvor ein Bewilligungsbescheid angegriffen wurde. Maßgeblich ist, dass auch der Erstattungsbescheid die Regelung über die ursprüngliche Bewilligung abändert und hinsichtlich der bewilligenden Entscheidung nunmehr eine genau gegenläufige Regelung trifft. Die Erstattungsbescheide bilden mit der endgültigen Leistungsgewährung eine Bescheideinheit (BSG, Urteil vom 11. November 2021 – B 14 AS 41/20 R –, juris, Rn. 14).

 

Die Kläger konnten ihr Begehren zulässig allein auf die Höhe der Leistungen für die KdUH beschränken, da es sich insoweit um einen selbständigen Streitgegenstand handelt (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R –, juris, Rn. 10 und vom 29. August 2019 – B 14 AS 43/18 R –, juris, Rn. 10). Nach Erlass der endgültigen Leistungsbewilligung verfolgten die Kläger ihr Begehren auf teilweise Gewährung von höheren Leistungen nach der endgültigen Festsetzung von teilweise geringeren Leistungen zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2021 – B 14 AS 41/20 R –, juris, Rn. 11). Weiterhin haben die Kläger ihr Begehren hinsichtlich der Gewährung von weiteren Leistungen zulässig zeitlich eingeschränkt und für den Monat November 2016 im Berufungsverfahren nicht weiter verfolgt.

 

Das Sozialgericht hat den Beklagten zutreffend zur Gewährung von weiteren Leistungen für den streitigen Zeitraum dem Grunde nach verurteilt, da die angegriffenen endgültigen Bescheide vom 18. September 2017 (Zeitraum Juli bis Dezember 2016) und vom 7. November 2017 (Zeitraum Januar bis Juni 2017) insoweit rechtswidrig sind.

 

Der Beklagte gewährte den Klägern für den gesamten streitigen Zeitraum die Leistungen aufgrund nach seiner Einschätzung berücksichtigungsfähigen angemessenen KdUH in Höhe von 518,- Euro. Hingegen stehen den Klägern gegen den Beklagten für den streitigen Zeitraum weitere Leistungen aufgrund der hier zu berücksichtigenden KdUH von 596,40 Euro zu.

 

Rechtsgrundlage eines Anspruchs der Kläger auf höhere Leistungen für die KdUH für den streitigen Zeitraum gegen den Beklagten ist §§ 19 Abs. 1, 7 Abs. 1, 2, 22 Abs. 1 SGB II in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das damals geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 – B 14 AS 53/15 R –, juris, Rn. 14 f und vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R –, juris, Rn. 13).

 

Die Kläger erfüllten im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nach dem SGB II, welche auch die Bedarfe für die KdUH umfasst. Sie waren leistungsberechtigte Personen im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie wurden im Jahr 1963 bzw. 1964 geboren und liegen hiermit innerhalb der Altersgrenzen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Ihr gewöhnlicher Aufenthalt lag in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und sie waren erwerbsfähig (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 8 SGB II). Ausschlusstatbestände lagen nicht vor.

 

Ebenso lag Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) vor, da das zugeflossene Einkommen der Kläger ihren Bedarf nicht vollständig deckte.

 

Der Anspruch auf Leistungen für die KdUH der Klägerin ist im konkreten Fall aufgrund der tatsächlichen Aufwendungen hierfür zu bemessen: Grundmiete 347,48 Euro, Vorauszahlung Betriebskosten 193,92 Euro und Vorauszahlung Heizkosten 55,- Euro (Summe: 596,40 Euro).

 

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Hierbei erfolgt eine getrennte Prüfung der Bedarfe für die Unterkunft und die Heizung (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R –, juris, Rn. 18 und vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R –, juris, Rn. 14).

 

Die Aufwendungen der Kläger für die Bruttokaltmiete sind im streitigen Zeitraum angemessen. Bei dem entscheidenden gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der „Angemessenheit“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (st. Rspr.: vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, juris, Rn. 12 und vom 30. Januar 2019, – B 14 AS 24/18 R –, juris, Rn. 16). Gegen die Verwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Angemessenheit des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch die Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II zu berücksichtigen sind (BVerfG, Beschluss vom 06. Oktober 2017, 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15, Rn. 17). Als unbestimmter Rechtsbegriff unterliegt der Begriff der Angemessenheit der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 37/19 R –, juris, Rn. 16).

 

Die Prüfung der Angemessenheit wird in zwei größere Prüfungspunkte unterteilt (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R –, juris, Rn. 19). In einem ersten Schritt werden die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft (Nettokaltmiete + kalte Betriebskosten = Bruttokaltmiete) ermittelt. Im zweiten Schritt wird die konkrete bzw. subjektive Angemessenheit geprüft. Erst bei einer dann bestehenden konkreten Unangemessenheit ergeben sich weitere Voraussetzungen aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II für eine nur teilweise Berücksichtigung der tatsächlichen Bedarfe.

 

Nach der Überzeugung des Senats betrug die abstrakt angemessene Bruttokaltmiete für den streitigen Zeitraum monatlich 578,60 Euro und lag damit über den konkreten Aufwendungen der Kläger. Es bedarf daher im konkreten Einzelfall keiner weiteren Prüfung der konkreten Angemessenheit der Aufwendungen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29. August 2019 – B 14 AS 43/18 R –, juris, Rn. 26).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG hat die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen unter Anwendung der Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen:

(1) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en),

(2) Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards,

(3) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept,

(4) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten

(BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R –, juris, Rn. 20 ff. und folgend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Januar 2021 – L 19 AS 1129/17 –, juris, Rn. 35, vom 1. Dezember 2021 – L 32 AS 579/16 –, juris, Rn. 36 ff. und zuletzt vom 7. April 2022 – L 10 AS 2286/18 –, juris, Rn. 40).

 

Es mangelt für den streitigen Zeitraum am Vorliegen eines schlüssigen Konzepts des Beklagten.

 

Der Beklagte hat kein entsprechendes Konzept vorgelegt. Der Senat sieht sich nicht in der Lage, eigenständig einen Grenzwert für die Angemessenheit der Unterkunftskosten, der den gesetzlichen Vorgaben entspricht, zu bestimmen. Das schlüssige Konzept soll die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R –, juris, Rn. 24). Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Es muss gewährleisten, dass danach angemessene Wohnungen tatsächlich verfügbar, also anmietbar sind (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 37/19 R –, juris, Rn. 24 und folgend zuletzt LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. April 2022 – L 10 AS 2286/18 –, juris, Rn. 45).

 

Zunächst ist es die Aufgabe des Gerichtes, im Rahmen eines Klageverfahrens die Rechtmäßigkeit des vom Beklagten ermittelten abstrakten Angemessenheitswertes zu überprüfen. Beim Vorliegen rechtlicher Beanstandungen ist dem Beklagten die Gelegenheit zu geben, durch Stellungnahmen, gegebenenfalls nach eigenen weiteren Ermittlungen, Kritikpunkte zu beseitigen. Hingegen ist das Gericht zur Herstellung der Spruchreife der Sache nicht befugt, seinerseits ein schlüssiges Konzept zu erstellen (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 37/19 R –, juris, Rn. 23 f.).

 

Unter Beachtung der oben dargestellten Maßstäbe liegt ein schlüssiges Konzept, dass die aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung bestimmt, nicht vor.

 

Die Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 29 und 34 SGB XII vom 10. Februar 2009 (Amtsblatt für Berlin 2009, 502 – AV-Wohnen), bei denen es sich um bloße Verwaltungsvorschriften handelt, die keine unmittelbare Rechtswirkung für die Betroffenen entfalten, sind zur Bewertung angemessener Wohnkosten ungeeignet, weil sie eine Bruttowarmmiete auswiesen (§ 22 Abs. 10 SGB II galt im fraglichen Zeitraum noch nicht), obwohl die Beurteilung von Unterkunftskosten von der Beurteilung der Heizkosten unabhängig zu erfolgen hatte (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R –, juris, Rn. 26) und lediglich die Mittelwerte der einfachen Wohnlage zur Grundlage der Bestimmungen gemacht wurden, ohne die dafür relevanten Gesichtspunkte erkennbar zu machen.

 

Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Wohnung ist auch nicht anhand der Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (WAV) zu messen. Die WAV ist unwirksam. Die Unwirksamkeitserklärung erstreckt sich zwar nur auf den Geltungszeitraum vom 1. Mai 2012 bis 31. Juli 2013 (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 53/13 R –, juris, Rn. 15, 16). Jedoch ist die WAV auch für die Folgezeiträume aufgehoben worden (WAV-Aufhebungsverordnung vom 16.06.2015, GVBl Berlin, S. 275). Die sodann vom Beklagten wieder angewandte AV-Wohnen stellt kein schlüssiges Konzept dar. Dies folgt schon daraus, dass das Land Berlin zur Festlegung der Angemessenheitswerte weder das Wohnungsangebot noch die Nachfrage bestimmt hat (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. April 2022 – L 10 AS 2286/18 –, juris, Rn. 55 und Urteil vom 16. März 2022 – L 1 AS 456/21 WA –, juris, Rn. 68).

 

Die ihm durch den Senat eingeräumte Gelegenheit zur Nachbesserung hat der Beklagte nicht genutzt.

 

Der Senat sieht sich nicht in der Lage, einen Grenzwert für die grundsicherungs-rechtliche Angemessenheit für Wohnungen von Zweipersonenhaushalten in den Jahren 2016 bzw. 2017 zu bestimmen. Es fehlt dafür an überzeugungskräftigen Daten. Insbesondere können die Grundlagendaten der Mietspiegel aus diesen Jahren dafür nicht allein herangezogen werden (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Januar 2021 – L 19 AS 1129/17 –, juris, Rn. 36, vom 16. März 2022 – L 1 AS 456/21 WA –, juris, Rn. 72 und vom 7. April 2022 – L 10 AS 2286/18 –, juris, Rn. 55). Nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nämlich zu prüfen, ob angemessener Wohnraum tatsächlich zur Verfügung steht und in hinreichender Zahl auf dem Markt allgemein zugänglich angeboten wird (s. BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 37/19 R –, juris, Rn. 27 f.).

 

Dass vorliegend angemessener Wohnraum tatsächlich zur Verfügung stand und damals in hinreichender Zahl auf dem Markt allgemein zugänglich angeboten wurde, lässt sich nicht feststellen. Aus den Verwaltungsvorgängen und dem Vorbringen der Beteiligten ergeben sich hierzu keinerlei Erkenntnisse. Eine entsprechende Unterstützung zu dieser Frage durch den Beklagten bzw. die Verwaltung ist ausgeblieben.

 

Mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmbaren Angemessenheitswerts sind deshalb die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zugrunde zu legen, jedoch begrenzt durch die Werte nach dem WoGG plus Zuschlag von 10 Prozent. Die Beträge ergeben sich aus § 12 WoGG. Diese Tabellenwerte zuzüglich des Sicherheitszuschlags fungieren dabei als "Angemessenheitsobergrenze", die die Finanzierung extrem hoher und per se unangemessener Mieten verhindert (so BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 –, juris, Rn. 30 und vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 50/09 R –, juris, Rn. 27). Der Sicherheitszuschlag ist im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses der Leistungsberechtigten auf Sicherung des Wohnraums erforderlich. Beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts kann nämlich nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch die tatsächlich angemessene Referenzmiete war (so bereits: BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R –, juris, Rn. 23 und aktuell: Urteil vom 25. April 2018 – B 14 AS 14/17 R –, juris, Rn. 20 und vom 3. September 2020 – B 14 AS 34/19 R –, juris, Rn. 38 sowie Luik, in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 147 m.w.N.).

 

Die Erhöhung des Wohngeldes im Jahre 2016 kann ein Absehen vom Sicherheitszuschlag nicht begründen. Der Sicherheitszuschlag ist auch weiterhin erforderlich, da auch die angehobenen Werte nach dem Wohngeldgesetz nicht den Anspruch erheben, die realen Verhältnisse auf dem Markt zutreffend abzubilden. Der Sinn und Zweck des Wohngeldgesetzes liegt nicht darin, die Mieten für Wohnraum bei Vorliegen der einkommensrechtlichen Voraussetzungen voll oder zu einem erheblichen Teil zu übernehmen. Vielmehr handelt es sich beim Wohngeld um einen Zuschuss zu den Aufwendungen für Wohnraum, weshalb die Leistung nach dem Wohngeldgesetz folgerichtig als (Miet- oder Lasten-)Zuschuss (vgl. § 1 Abs. 1 bzw. Abs. 2 WoGG) bezeichnet wird. Dessen Höhe ist abhängig von der zu berücksichtigenden Miete (bzw. den zu berücksichtigenden Lasten), den Haushaltsmitgliedern und dem Einkommen. Übersteigt die nach § 11 WoGG zu berücksichtigende Miete den in § 12 WoGG festgesetzten Betrag, bleibt der übersteigende Teil bei der Wohngeldberechnung außer Betracht. Die im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessene Miete muss hingegen gewährleisten, dass zu dem als angemessen erachteten Wert Wohnraum vorhanden ist. Beide Regelungen verfolgen damit verschiedene Ziele; auf die Werte aus § 12 WoGG beziehungsweise der Tabelle hierzu ist daher nur (hilfsweise) als Grundlage zur Bemessung der angemessenen Miete abzustellen und der sich daraus ergebende Betrag ist dem anders gelagerten Sinn und Zweck von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II durch den „Sicherheitszuschlag“ anzupassen. Aufgrund der unterschiedlichen Zweckbestimmung hat es für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach dem Recht der Grundsicherung der Arbeit damit keine wesentliche Bedeutung, dass die Werte nach dem Wohngeldgesetz im Jahre 2016 merklich angehoben wurden (LSG Hessen Beschluss vom 11. März 2020 – L 6 AS 605/19 B ER –, juris, Rn. 49 und LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. März 2022 – L 1 AS 456/21 WA –, juris, Rn. 76).

 

Es kann offenbleiben, ob mit dem Gesetz zur Stärkung des Wohngeldes – Wohngeldstärkungsgesetz vom 30. November 2019 (BGBl. I, 1877) ab dem Jahre 2020 weiterhin ein Sicherheitszuschlag zu gewähren ist, da der Gesetzgeber hiermit eine Dynamisierung alle 2 Jahre eingeführt hat (vgl. Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 01/21, § 22 Rn. 97).

 

Die danach abstrakt angemessene Bruttokaltmiete belief sich im streitigen Leistungszeitraum nach dem WoGG für einen Zwei-Personen-Haushalt auf 526,- Euro (Höchstbetrag nach § 12 WoGG in der Fassung vom 2. Oktober 2015) monatlich zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 Prozent auf 578,60 Euro. Hierbei berücksichtigte der Senat die Mietenstufe IV, in welche die Stadt Berlin im streitigen Zeitraum gehörte (vgl. Anlage zu § 1 Abs. 3 Wohngeldverordnung in der Fassung vom 2. Oktober 2015). Die tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von 541,40 Euro monatlich liegen unter diesem Betrag. Der Senat kann daher offenlassen, ob eine Orientierung an den höheren Durchschnittswerten der Sozialwohnungen geboten ist (vgl. Rudnik; ZFSH/SGB 2021, S. 121 ff. und LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1. Dezember 2021 – L 32 AS 579/16 –, juris, Rn. 89 ff. dagegen Urteil vom 16. März 2022 – L 1 AS 456/21 WA –, juris, Rn. 77).

 

Hinsichtlich der Heizkosten gilt: Leistungen für die Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen übernommen, soweit diese angemessen sind (vgl. grundlegend hierzu: BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R –, juris, Rn. 15). Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten ist an den Wohnverhältnissen der Leistungsberechtigten im jeweiligen Einzelfall auszurichten. Es ist ein konkret-individueller Maßstab anzulegen.

 

Die tatsächlichen Heizkosten sind als angemessen anzusehen, sofern nicht besondere Umstände Anlass zu einer abweichenden Bewertung geben. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können daraus gewonnen werden, dass Richtwerte, die sich aus der Anwendung repräsentativer kommunaler oder – soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen – bundesweiter Heizspiegel ergeben, signifikant überschritten werden. Dabei kommen die Werte des (von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund und gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erstellten) "Bundesweiten Heizspiegels" in Betracht (so BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R –, juris, Rn. 15), der beginnend mit dem Jahr 2005 Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der Größe der Wohnanlage bereithält und der hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" differenziert (vgl. http://www.heizspiegel.de).

 

Maßgebend ist vorliegend der bundesweite Heizspiegel 2016. Dieser Heizspiegel war bei Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung (endgültige Leistungsgewährung im September/Oktober 2017) bereits veröffentlicht (Veröffentlichung im November 2016). Der Grenzwert für Beheizung per Fernwärme in einem Gebäude mit einer Fläche über 1.000 qm beträgt hiernach 20,10 Euro je qm und Jahr. Dies ergibt bei einer angemessenen Wohnfläche von 50 qm einen Grenzwert, der deutlich über den tatsächlichen Heizkosten von monatlich 55,- Euro liegt.

 

Die vom Beklagten durchgeführte Anrechnung von Einkommen der Klägerin und des Klägers nach §§ 11 ff. SGB II begründet keine Beanstandungen.

 

Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die KdUH im streitigen Zeitraum betrugen monatlich 596,40 Euro und lagen damit unter den abstrakt angemessenen Beträgen für die KdUH, wie oben dargestellt. Der Beklagte hat hingegen lediglich für den streitigen Zeitraum einen Bedarf für die KdUH in Höhe von 518,- Euro zugrunde gelegt. Den Klägern stehen daher, wie vom Sozialgericht zutreffend ermittelt, weitere Leistungen zur Deckung des entsprechenden Bedarfs zu.

Zutreffend hat das Sozialgericht den Beklagten zur Gewährung von weiteren Leistungen dem Grunde nach unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts nach § 130 Abs. 1 SGG verurteilt. Auch im sogenannten Höhenstreit ist nämlich der Erlass eines Grundurteils möglich. Hierfür ist erforderlich – in Abgrenzung zu einer unzulässigen Elementenfeststellung –, dass mit Wahrscheinlichkeit von höheren Leistungen ausgegangen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2012 – B 4 AS 167/11 R –, juris, Rn. 12 und Urteil vom 19. Mai 2021 – B 14 AS 57/19 R –, juris, Rn. 14 sowie Hökendorf, info also 2021, 255 (259)). Diese Voraussetzungen liegen vor.

 

Ebenfalls zutreffend hat das Sozialgericht die Erstattungsbescheide vom 18. September 2017 bzw. 7. November 2017 aufgehoben, da den Klägern ein gegenüber der angegriffenen endgültigen Leistungsgewährung höherer Anspruch zustand. Auch insoweit war der Erlass eines Grundurteils zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2021 – B 14 AS 41/20 R –, juris, Rn. 13), da der mit der Regelung verfolgte Zweck der Beschleunigung des Verfahrens und der Entlastung der Gerichte von den notwendigen Feststellungen über die Höhe des Anspruchs eingreift.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

 

Die Revision war nicht zuzulassen nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG.

 

 

Rechtskraft
Aus
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