S 17 SO 118/22 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 17 SO 118/22 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 133/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
 

Gründe:

Der Antrag der Antragstellerin,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Überbrückungsleistungen nach dem SGB XII für die Zeit ab dem 15. August 2022 für einen angemessenen Zeitraum an sie zu zahlen,

ist zulässig aber nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit kein Fall nach § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung <ZPO>). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 07.04.2011, B 9 VG 15/10 B, juris, Rn. 6).

Ausgehend davon hat die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Antragstellerin die tatbestandlichen Voraussetzungen für Leistungen nach dem SGB II oder dem AsylbLG nicht erfüllt. Da die Antragstellerin (wie bereits in ihren vorausgegangenen Verfahren festgestellt wurde) über kein Aufenthaltsrecht verfügt bzw. sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergeben würde, greift der Leistungsausschluss des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII. Danach sind diese Ausländer von Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen. 

Die Antragstellerin hat einen Härtefall im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII für die Zeit ab dem 15. August 2022 nicht glaubhaft gemacht. Danach werden, soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, Leistungsberechtigten nach Satz 3 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Absatz 1 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist.
Die Härtefallregelung knüpft nach Wortlaut und Systematik an die Überbrückungsleistungen an und erlaubt im Einzelfall deren Modifizierung im Hinblick auf Art, Umfang (1. Variante) und/oder Dauer der Leistungsgewährung (2. Variante). Beide Varianten stehen in keinem Alternativverhältnis, sondern sind dergestalt kombinierbar, dass bei Vorliegen eines Härtefalls sowohl Leistungsart und - umfang als auch Leistungsdauer aufgestockt werden können (vgl. Prof. Dr. Schlette in: Hauck/Noftz SGB XII, § 23, Rn. 88 m.w.N.). Der Begriff der „besonderen Härte“ macht deutlich, dass nur ganz außergewöhnliche individuelle Situationen eine weitergehende Leistungsgewährung rechtfertigen können, z.B. schwere, dauerhafte, eine Reiseunfähigkeit begründende Erkrankungen. Es soll hingegen kein dauerhafter Leistungsbezug ermöglicht werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019, L 7 SO 3873/19 ER-B, juris, Rn. 22 m.w.N.).

Ausgehend davon hat die Antragstellerin keine besonderen Umstände vorgetragen, die eine besondere Härte begründen würden. Allein der Umstand, dass das Existenzminimum der Antragstellerin gegenwärtig nicht gedeckt ist, stellt im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII keine besondere Härte dar. Diese Situation trifft auf alle Ausländer zu, die von dem Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII betroffen sind. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist der damit verbundene vollständige Leistungsausschluss mit Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar (BSG, Urteil vom 29. März 2022, B 4 AS 2/21 R, juris, Rn. 35 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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