S 16 AS 212/22 ER

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
SG Osnabrück (NSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Osnabrück (NSB)
Aktenzeichen
S 16 AS 212/22 ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Schließt eine minderjährige Leistungsberechtigte mit ihrer Mutter (und gesetzlichen Vertreterin) einen Mietvertrag über ein Zimmer in der elterlichen Wohnung, so ist dieser zivilrechtlich nicht wirksam und deshalb für die Höhe der Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II nicht relevant. Der Vertrag ist nach § 107 BGB schwebend unwirksam. Die Eltern konnten den Vertrag nicht nach § 108 BGB genehmigen. Bei der Mutter würde ein Verstoß gegen § 181 BGB vorliegen, der Vater hätte wegen § 1629 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB für das Geschäft mit seiner Ehefrau keine Vertretungsmacht. Deshalb kann offen bleiben, ob ein Scheingeschäft nach § 117 BGB vorliegt, eine Vertretung des Kinds und der Abschluss des Mietvertrags nur gemeinschaftlich möglich waren und, ob § 1822 Abs. 1 Nr. 5 BGB (Genehmigungsbedürftigkeit bestimmter Mietverträge) i.V.m. § 1643 Abs. 1 BGB anwendbar ist.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt mit dem vorliegenden Verfahren weitere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende für Kosten der Unterkunft und die Regelbedarfsstufe 1.

Die am 14.11.2006 geborene Antragstellerin (A) ist nach einer vorgelegten Geburtsurkunde vom 08.08.2012 die Tochter von B und C (Bl. 31 der Verwaltungsakte – VA). Sie beantragte am 24.02.2022 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Dabei wurde der Antragstellerin der vereinfachte Antrag für Bewilligungszeiträume mit Beginn vom 01.03.2020 bis zum 31.03.2022 ausgegeben. In einer vorgelegten Mietbescheinigung vom 27.02.2022 wurde bescheinigt, dass die Antragstellerin in einem Mietverhältnis bei ihrer Mutter (B) stehe. Die Gesamtfläche des Gebäudes betrage 151 qm, an die Antragstellerin seien ein Zimmer, Küche und Bad vermietet worden. Die Antragstellerin habe ein Mietzins in Höhe von 250,00 EUR zu zahlen. Bezüglich weiterer Einzelheiten der Mietbescheinigung wird auf Blatt 8 der VA verwiesen.

Nach einer Bescheinigung der Emsländischen Frauenarztpraxis vom 21.02.2022 bestand zu dem Zeitpunkt bei der Antragstellerin eine Schwangerschaft in der 9. + 3. Woche „post menstruationem“.

Am 24.02.2022 wurde „zwischen B, [Adresse] und C [Adresse]“ ein schriftlicher Mietvertrag über ein möbliertes Zimmer geschlossen. Es werde ein 23 qm großes Zimmer unter der Anschrift D-Straße in E vermietet. Es dürften die Küche, das Bad, die Toilette und weiteres mitbenutzt werden. Der Mietzins wurde auf 280,00 EUR festgelegt (§ 3 Abs. 1 des Mietvertrags – MV). Die Nebenkosten sollten als Pauschale in Höhe von 100,00 EUR erbracht werden (§ 3 Abs. 2 MV). Laut § 2 Abs. 1 des MV wurde dieser Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Kündigungsfrist betrug nach § 2 Abs. 2 des MV drei Monate. Nach § 3 Abs. 1 des MV ist die Miete durch Überweisung des Jobcenters zu entrichten. Unterschrieben wurde der Vertrag auf Seiten des Vermieters von der Mutter der Antragstellerin. Bei dem Feld „Mieter“ findet sich eine Unterschrift, die als „[Nachname von Vater und Tochter]“ zu lesen sein dürfte. Für weitere Einzelheiten des Vertrags wird auf Blatt 62-65 der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.

In einer E-Mail vom 10.03.2022 vermerkte der Mitarbeiter des Antragsgegners, Herr F, dass die Miete, die von der Tochter verlangt werde, nicht als Unterkunftskosten zu berücksichtigen seien. Es bestehe kein Mietvertrag bzw. ein ernsthaftes Mietverhältnis zwischen der Antragstellerin und ihren Eltern. Allerdings seien die Kosten der Unterkunft des Hauses der Eltern einschließlich der Nebenkosten bei der Berechnung anteilig zu berücksichtigen. Es bestehe grundsätzlich eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern. Einkommen der Eltern sei nicht zu berücksichtigen, § 9 Abs. 3 SGB II. Am 10.03.2022 wurde bei dem Antragsgegner intern vermerkt, dass monatliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 159,00 EUR nachgewiesen seien. Zudem wurde ein Betrag von 249,00 EUR aufgeführt.

Mit Bescheid vom 11.03.2022 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin für die Zeit vom 01.02.2017 bis zum 31.07.2022 Leistungen nach dem SGB II. Der monatliche Gesamtbetrag wurde für den Monat 2/2022 auf 859,00 EUR festgesetzt. Dabei wurde bei den Kosten der Unterkunft ein Betrag von 102,00 EUR in die Bedarfsberechnung eingestellt, wobei 62,25 EUR auf Betriebskosten und 39,75 EUR auf Heizkosten entfielen. Für die weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, die Eltern B und C und die Schwester G wurde jeweils ebenfalls ein Betrag von 102,00 EUR bei der Berechnung berücksichtigt. Dies dürfte auf der kopfteiligen Zuordnung der Kosten der Unterkunft beruhen. Mit Schreiben vom 11.03.2020 forderte der Antragsgegner den Mutterpass der Antragstellerin an, um über den Mehrbedarf bei Schwangerschaft entscheiden zu können.

Gegen den Bescheid vom 11.03.2022 legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.03.2022 Widerspruch ein. Im Bescheid sei fälschlicherweise ihr Vater als Adressat genannt. Fälschlicherweise bezögen sich in der Folge sämtliche Rechtsverbindlichkeiten des Bescheides, wie beispielsweise die Hinweise auf Mitwirkungspflichten, auf ihn. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft sei fälschlicherweise nicht der aus dem Mietvertrag geschuldete Betrag in Höhe von 280,00 EUR berücksichtigt worden. Sie berufe sich auf den Grundsatz, dass bei Schwangeren, die in der Wohnung der Eltern wohnten, die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als Bedarf der Schwangeren anzuerkennen seien. Beigefügt war der im Widerspruchsschreiben genannte Mietvertrag.

Mit Bescheid vom 24.03.2022 änderte der Antragsgegner die Leistungsgewährung an die Antragstellerin für die Zeit vom 01.03.2022 bis 31.07.2022 dahingehend ab, dass nunmehr der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 2 SGB II für werdende Mütter gewährt wurde. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 05.04.2022 erneut Widerspruch ein. Insoweit wird auf Blatt 80-90 der VA verwiesen.

Mit Bescheid vom 13.04.2022 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin erneut Leistung. Dieser Bescheid wurde an die Antragstellerin persönlich adressiert, diese wurde auch angeschrieben. Es heißt in dem Bescheid unter der Überschrift wie folgt:

„Dieser Bescheid ergeht für Frau A, vertreten durch den gesetzlichen Vertreter Herrn C.“

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.05.2002 20 erneut Widerspruch ein (Blatt 102-104 der VA). Mit Bescheid vom 23.06.2022 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin für den Monat Juli den Zuschlag nach § 72 SGB II.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2022 wies die Beklagte den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 13.04.2022 zurück. Der Widerspruch sei zulässig, aber unbegründet. Ein Anspruch auf höhere Leistungen bestehe nicht. Die Antragstellerin sei zwar nicht in der Lage, den Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen oder Vermögen zu erwirtschaften und deshalb hilfebedürftig, es bestünde aber kein weitergehender Anspruch auf Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II. Abweichungen vom Kopfteilprinzip habe das BSG bislang nur in solchen Fällen zugelassen, in denen aufgrund einer vertraglichen Regelung (zum Beispiel Untermietvertrag, vertraglich vereinbartes unentgeltliches, lebenslanges Wohnrecht) eine andere Aufteilung der Kosten angebracht sei. Hierzu müsse zwingend eine wirksame vertragliche Vereinbarung bestehen. Tatsächliche Kosten der Unterkunft würden zudem nur vorliegen, wenn der Leistungsempfänger einer ernsthaften, nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung des Mieters ausgesetzt sei. Zwar liege ein Vertrag vor, auf diesen sei nach den vorliegenden Unterlagen allerdings bislang kein Mietzins geleistet worden. Auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens sei kein entsprechender Nachweis über tatsächlichen Zahlungen vorgelegt worden. Das Auftreten der Mutter der Antragstellerin als Vermieterin und gleichzeitig als ihre gesetzliche Vertreterin lasse den Rückschluss zu, dass von ihrer Seite kein rechtlicher Bindungswille an diesem Mietvertrag bestehe. Die Mutter habe von dem Recht zur Kündigung keinen Gebrauch gemacht.

Am 08.06.2022 beantragte die Antragstellerin die Fortzahlung der Leistungen. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 20.07.2022 für die Zeit vom 01.08.2022 bis 31.01.2023 entsprochen. In die Bedarfsberechnung wurde hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung weiterhin ein Betrag von 102,00 EUR eingestellt.

Gegen den Bescheid vom 13.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2022 hat die Antragstellerin am 28.07.2022 Klage erhoben (S 16 AS 213/22). Mit Schriftsatz vom gleichen Tag, dem 28.07.2022, hat die Antragstellerin zudem den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Es seien Kosten der Unterkunft in Höhe von 280,00 EUR zu übernehmen. Hier sei eine Abweichung von einer kopfteiligen Aufteilung der Mietkosten vorzunehmen, da eine wirksame vertragliche Verpflichtung bestehe und ein rechtlicher Bindungswille beider Mietvertragsparteien gegeben sei. Sie könne Überweisungen vom 07.06.2022 (Miete April/Mai/Juni), 04.07.2022 (Miete Juli) und 21.07.2022 (Miete März) nachweisen. Insoweit verweist die Antragstellerin auf Unterlagen, aus denen sich eine Zahlung von jeweils 399,73 EUR ergibt. Dabei ist das überweisende Konto nicht ersichtlich. Es wird auf Bl. 59-61 der GA verwiesen.

Die ersten Bescheide seien zudem fälschlicherweise ihrem Vater gegenüber bekannt gegeben worden. Von ihrer Mutter eine Kündigung bei ausbleibender Miete zu fordern sei „willkürlicher Irrsinn fernab jeglicher gesetzeskonformen Realität“. Zudem sei sie ab Geburt eine eigene Bedarfsgemeinschaft, sodass ihr ab diesem Zeitpunkt die Regelbedarfsstufe 1, 449,00 EUR, zustehen würde. Die Sache sei eilbedürftig. Dies gelte nicht zuletzt wegen der momentan stark gestiegenen Lebenshaltungskosten.

Am 11.08.2022 haben die Antragstellerin und die Mutter der Antragstellerin eine „Anlage 1 zum Mietvertrag“ unterschrieben. Danach soll der Mietvertrag „aufgrund zuvoriger mündlicher Vereinbarungen wie zuvor bestimmt bis zum Eintritt der Volljährigkeit laufen.“ Die Antragstellerin solle eine Verlängerungsoption um sechs Monate haben.

Die Antragstellerin trägt weiter wie folgt vor: Einen Mietvertrag zu schließen sei ihr vom Antragsgegner selbst geraten worden. Dabei sei sie nicht auf § 1822 Nr. 5 BGB hingewiesen worden. Um eine Orientierung nach Eintritt der Volljährigkeit ohne Zeitdruck zu ermöglichen, sei ein Nachtrag zum Mietvertrag eingeführt worden, dass eine Verlängerungsoption um sechs Monate bestehe. Dementsprechend würden ihre Eltern und sie nach § 119 BGB den Vertrag wegen Irrtums anfechten, soweit in § 2 Abs. 1 des MV geregelt sei, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit laufe. Die Mutmaßungen des Antragsgegners hinsichtlich eines In-sich-Geschäfts seien schlichtweg falsch. Sie habe den Vertrag als Mieterin selbst unterschrieben. Sie habe nur mit ihrem Nachnamen unterschrieben. Bei den Feld Vermieter finde sich die Unterschrift ihrer Mutter. Der Verweis auf die Entscheidung des BSG vom 03.03.2009 (B 4 AS 37/08 R) sei aus dem Kontext gerissen und werde als unzutreffend zurückgewiesen. Der Bindungswille sei durch die bereits getätigten Mietzahlungen bereits bewiesen. Zudem werde auf die Entscheidung des BSG vom 07.05.2009 (B 14 AS 31/07 R) verwiesen, wonach auch mündlich abgeschlossene Vereinbarungen unter Verwandten eine Rechtsgrundlage für Aufwendungen für Unterkunft und Heizungen darstellen könnten. Die Überweisung durch das Jobcenter sei im Mietvertrag vereinbart worden, da dies im Antragsvorgang so hätte erfolgen müssen. Auch der Vergleich zu der Entscheidung des SG Würzburg (Urteil vom 31.01.2018, S 10 AS 445/16) sei nicht passend, da hier keine dauerhafte Stundung in Sinne des genannten Urteils vorliege.

Es sei nicht relevant, ob der Mietvertrag nach Kriterien des Mietrechts wirksam sei. Die Kriterien eines Fremdvergleichs würden nach der Rechtsprechung des BSG zudem ausscheiden. Die Eltern hätten zudem noch Hypotheken abzuzahlen und könnten sich den Verzicht auf eine Zahlung der Miete durch sie deshalb nicht leisten.

Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

den Antragsgegner im Wege des Erlasses eine einstweilige Anordnung zu verpflichten, Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in der mietvertraglich geschuldeten Höhe und ab Geburt ihres Kindes zusätzlich unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

den Antrag abzuweisen.

Er hält seinen Bescheid für rechtmäßig. Weder für den vergangenen Bewilligungszeitraum vom 01.02.2022 bis ein 31.07.2022 noch für den aktuellen ab dem 01.08.2022 habe die Antragstellerin einen Anspruch auf Übernahme einer Grundmiete in Höhe von 280,00 EUR entsprechend der Mietbescheinigung vom 27.02.2022 und dem Mietvertrag vom 14.02.2022. Auch sei der richtige Regelsatz für die Antragstellerin berücksichtigt worden. Gegen den Bescheid vom 20.07.2022 sei, soweit ersichtlich, bislang keinen Widerspruch erhoben worden. Solange das Kind der Antragstellerin noch nicht geboren sei, bleibe sie Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern und ihrer Schwester. Der Mietvertrag sei als verbotenes In-sich-Geschäft nach § 181 BGB unwirksam. Die Vertretungsmacht der Eltern sei beim Mietvertragsschluss nach §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB ausgeschlossen. Es handele sich bei dem Abschluss eines Mietvertrages nicht um die bloße Erfüllung von Verbindlichkeiten im Sinne des § 181 BGB und das Geschäft sei nicht lediglich rechtlich vorteilhaft im Sinne des § 107 BGB. Die gesetzliche Vertretungsmacht sei insoweit durch das Erfordernis gerichtlicher Genehmigung gemäß § 1643 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1822 Nr. 5 BGB eingeschränkt.

Losgelöst von der Frage, ob der Mietvertrag mangels familienrechtlicher Zustimmung unwirksam sei, dürfe es sich ohnehin um ein Scheingeschäft unter Verwandten handeln. Der fehlende Rechtsbindungswillen sei auch bereits aus der Tatsache zu entnehmen, dass in § 3 Abs. 1 des Mietvertrages darauf verwiesen werde, dass die Miete durch das Jobcenter zu entrichten sei. Zudem verwies der Antragsgegner auf eine Entscheidung des SG Würzburg (Urteil vom 31.01.2018, S 10 AS 445/16).

Der antragstellerseitige Vortrag, dass die Antragstellerin den Mietvertrag selbst unterschrieben habe und nicht ihr Vater als gesetzlicher Vertreter sei zumindest auf der Rechtsfolgenseite unerheblich. Es ändere sich lediglich den Weg zur schwebenden Unwirksamkeit des Geschäfts. Die 15-jährige Antragstellerin sei beschränkt geschäftsfähig im Sinne der §§ 106 ff. BGB. Dementsprechend könne sie ein Rechtsgeschäft nur alleine abschließen, wenn es für sie lediglich rechtlich vorteilhaft sei. Dies sei bei einem Schuldverhältnis im Sinne der §§ 535 ff. BGB nicht der Fall. Dieses würde beiderseitige Vertragspflichten begründen. Dementsprechend sei der Vertrag nur bei einer Genehmigung nach § 108 BGB wirksam. Diese könne die Mutter, wie bereits vorgebracht, wegen der Regelung der §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2 BGB, 181 BGB nicht erteilen. Hier wäre ein Ergänzungspfleger nach § 1909 Abs. 1 BGB zu bestellen. Dementsprechend bliebe hier nur der Vater der Antragstellerin als gesetzlicher Vertreter, um die Einwilligung oder die Genehmigung auszusprechen. Diesem fehle hierzu jedoch ebenfalls die Vertretungsmacht, da §§ 1629 Abs. 2 BGB, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB anwendbar seien. Danach könne ein Vormund das Mündel nicht vertreten, wenn er dieses bei einem Geschäft mit seinem Ehegatten vertrete. Dementsprechend könne der Vater der Antragstellerin die Tochter nicht bei einem Geschäft mit seiner Ehefrau vertreten, was hier aber der Fall sei. Auch insoweit bedürfe es dementsprechend eines Ergänzungspflegers. Auch werde an der Ernsthaftigkeit des Mietverhältnisses gezweifelt. Hier drohe nicht der Verlust der Wohnung. Zudem fehle es an einem Anordnungsgrund. Die Eltern hätten selbst vorgetragen, dass es ihm nicht zumutbar wäre, ihrer Tochter zu kündigen.

Ergänzend wird auf dem beigezogenen Verwaltungsvorgang sowie die Gerichtsakte verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

 

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ebenfalls eine einstweilige Anordnung treffen. Hierfür bedarf es der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes durch den Antragsteller (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b, Rn. 27 ff.). Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit. Die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs betrifft demgegenüber die Prüfung der Erfolgsaussichten des geltend gemachten Anspruchs, d.h. der Rechtsanspruch muss mit großer Wahrscheinlichkeit begründet sein und aller Voraussicht auch im Klageverfahren bestätigt werden.

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Sie hat aktuell keinen weitergehenden Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Insbesondere hat sie keinen Anspruch auf die Berücksichtigung höherer Kosten der Unterkunft aus einem Mietverhältnis (dazu unter 2). Bei Nachweis der Schuldzinsen der Eltern besteht kopfteilig allerdings ein weiterer Anspruch (dazu unter 3). Hinsichtlich der Regelbedarfsbemessung verweist die Kammer auf die Ausführungen des Antragsgegners.

Gemäß § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Grundsicherungsträger hat nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur solche Kosten zu übernehmen, die dem Leistungsberechtigten tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Wohnung liegen dabei nicht nur dann vor, wenn der Leistungsberechtigte die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Leistungsberechtigte im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, Rn. 24). Dabei kann nicht schematisch auf die Elemente eines "Fremdvergleichs", den der Bundesfinanzhof im Steuerrecht entwickelt hat (dazu etwa: (BFH, Urteil vom 05.02.1988, III R 234/84, Rn. 10), zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, Rn. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.11.2021, L 7 AS 1200/21, Rn. 36). Allerdings spielt der in der Formel des BFH ebenfalls enthaltene Gesichtspunkt des tatsächlichen Vollzugs des Vertragsinhalts, also insbesondere die Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen, auch im Falle der Grundsicherung eine Rolle (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, Rn. 27).

Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten, die sich aus dem Mietvertrag ergeben. Die Kammer lässt offen, ob es sich bei dem Mietvertrag um ein Scheingeschäft handelt (dazu unter 1). Zumindest ist der Vertrag aus anderen Gründen nicht wirksam (dazu unter 2).

1.
Die Kammer lässt offen, ob ein Scheingeschäft nach § 117 BGB vorliegt.

Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Die Vorschrift setzt voraus, dass die Willenserklärung mit dem Einverständnis der anderen Partei nur zum Schein abgegeben wird. Dies ist der Fall, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen dagegen nicht eintreten lassen wollen (Illmer in: jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 117 BGB, Rn. 4 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH). Ob ein Scheingeschäft gewollt ist, richtet sich danach, ob den Parteien zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolges eine Simulation genügt oder ob sie ein ernst gemeintes Rechtsgeschäft für nötig halten – sog subjektiver Simulationsbegriff (Singer in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 117, Rn. 10 unter Hinweis auf Rechtsprechung des BGH). Ein Scheingeschäft würde also nur vorliegen, wenn tatsächlich keine Zahlungspflicht der Antragstellerin entstehen sollte. Deshalb wird in vergleichbaren Konstellationen häufig nicht von einem Scheingeschäft ausgegangen, da das von den Parteien verfolgte Ziel gerade die Wirksamkeit des Vertrages voraussetzt (Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, § 117, Rn. 10). Allerdings ist im Einzelnen genau zu prüfen, ob die Parteien sich tatsächlich vertraglich binden wollten. Ist das nicht der Fall, so handelt es sich um ein Scheingeschäft (Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, § 117, Rn. 10). Ob ein wirksames Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen vorliegt, oder ob es sich um ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) handelt, beurteilt sich nach den tatrichterlichen Feststellungen der Umstände des jeweiligen Einzelfalls (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.11.2021, L 7 AS 1200/21, Rn. 36). Insoweit kommt es auf die Glaubwürdigkeit der vorgetragenen Tatsachen und auf die feststellbaren Indizien an (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.11.2021, L 7 AS 1200/21, Rn. 36; Luik in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 22, Rn. 59). Zur parallelen Problematik im Steuerrecht hat der BGH ausgeführt, dass eine vertragliche Regelung nicht gleichzeitig als steuerrechtlich gewollt und zivilrechtlich nicht gewollt angesehen werden kann (BGH, Urteil vom 18.11.1976, VII ZR 150/75, Rn. 25). Sei die Regelung zivilrechtlich nicht gewollt, so sei sie allerdings ein Scheingeschäft mit dem Ziel einer Steuerhinterziehung (BGH, Urteil vom 18.11.1976, VII ZR 150/75, Rn. 25).

Im vorliegenden Fall liegen besondere Umstände vor. Dass Eltern mit ihrer 15jährigen Tochter einen Mietvertrag abschließen, stellt sich als sehr unüblich dar. Da der Rechtsbindungswille nicht objektiv, sondern subjektiv zu bestimmen ist (subjektiver Simulationsbegriff), kann im vorliegenden Fall zwar dennoch eine Bindung gewollt sein. Gegen eine solchen Bindungswillen spricht aber die Konstellation, die sich aus der Regelung des § 9 Abs. 3 SGB II ergibt, wonach das Einkommen der Eltern bei einer schwangeren Minderjährigen nicht angerechnet wird. Erst nach Kenntnis von der Schwangerschaft wurde hier der schriftliche Vertrag geschlossen. Angesicht der Tatsache, dass ein solcher Vertragsschluss ohnehin unüblich ist, der Mietzins vergleichsweise hoch liegt und bereits im Vertrag eine Zahlung an das Jobcenter vereinbart wurde, liegt es nahe, dass der Vertrag hier vorrangig geschlossen wurde, um Leistungen zu erlangen.

Andererseits wurden Überweisungen vorgelegt. Die bisherigen Unterlagen dürften dabei aber wohl nicht hinreichend aussagekräftig sein. Zudem wäre zu prüfen, woher dieses Geld stammt. Die Einzelheiten werden ggf. im Hauptsacheverfahren aufzuklären sein.

2.
Der Vertrag ist unwirksam.

Der Vertrag ist nach § 107 BGB schwebend unwirksam (dazu unter a). Das Geschäft konnte durch die Eltern nicht genehmigt werden (dazu unter b).

a)
Der Vertrag ist schwebend unwirksam.

Die Antragstellerin ist lediglich beschränkt geschäftsfähig. Nach § 107 BGB bedarf der Minderjährige zu einer Willenserklärung, die durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Die Klägerin ist beschränkt geschäftsfähig. Minderjährige sind nach § 106 BGB nach Maßgabe der §§ 107-113 BGB in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. Die 2006 geborene Antragstellerin hat das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet und es damit noch nicht volljährig im Sinne des § 2 BGB. Bei einem Mietvertrag handelt es sich nicht um ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft, da die Pflicht zur Zahlung des Mietzinses begründet wird (§ 535 BGB).

Dass eine Einwilligung vorlag, ist nicht ersichtlich. Sie hätte zudem nicht wirksam abgegeben werden können. Insoweit gilt das zu § 108 BGB Ausgeführte entsprechend (dazu sogleich).

b)
Eine Genehmigung des Vertrags ist hier nicht möglich.

Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags nach § 108 Abs. 1 BGB von der Genehmigung des Vertreters ab. Diese Genehmigung konnte hier nicht erteilt werden. Ist der gesetzliche Vertreter bei der Ausübung seiner Vertretungsmacht nach §§ 1643 Abs. 1, 1821, 1822 Nr. 1, 3, 5, 8-11 BGB an die Genehmigung des Familiengerichts gebunden, so benötigt er auch für die Genehmigung eines Vertrages, der die entsprechenden Tatbestände erfüllt, die Genehmigung durch das Familiengericht (Klumpp in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 108, Rn. 34). Dementsprechend geltenden die Beschränkungen der Vertretungsmacht auch hinsichtlich der Genehmigung eines schwebend unwirksamen Vertrags.

Der Vater konnte die Genehmigung nicht erteilt (dazu sogleich). Zudem dürfte eine solche wohl nur gemeinschaftlich durch beide Ehegatten abgegeben werden können. Nach § 1629 Abs. 1 BGB umfasst die elterliche Sorge die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind dabei gemeinschaftlich. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Eltern die Entscheidung nach § 1628 BGB übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, eine Rechtshandlung vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind. Es dürfte hier von einer gemeinschaftlichen Vertretung der Antragstellerin auszugehen sein, da eine Ausnahme nicht ersichtlich ist. Dies war im einstweiligen Rechtsschutz aber nicht abschließen zu prüfen und ist ggf. im Hauptsacheverfahren aufzuklären.

Auch wenn der Vater allein vertretungsberechtigt wäre, so könnte er die Genehmigung nicht erteilen. Es fehlt die Vertretungsmacht nach § 1629 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1795 Nr. 1 BGB. Deshalb kann offen bleiben, ob auch ein Verstoß gegen § 1822 Abs. 1 Nr. 5 BGB vorliegt.

aa)
Die Kammer lässt offen, ob § 1822 Abs. 1 Nr. 5 BGB anwendbar ist.

Nach § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB umfasst die elterliche Sorge die Vertretung des Kindes (siehe oben). Nach Absatz 2 Satz 1 der Regelung ist eine Vertretung ausgeschlossen, soweit ein Vormund nach § 1795 BGB von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. Aus den Regelungen über die Vormundschaft ergibt eine Genehmigungsbedürftigkeit bestimmter Mietverträge nach § 1822 Abs. 1 Nr. 5 BGB. Die bedeutet allerdings lediglich einen Vorbehalt, nicht ein Verbot des Geschäfts. Anwendbar wäre dementsprechend § 1643 Abs. 1 BGB, wonach Rechtsgeschäft für das Kind der Genehmigung des Familiengerichtes bedürfen, in denen ein Vormund der Genehmigung nach § 1822 Nr. 1, 3, 5, 8-11 BGB bedürfte. Nach § 1822 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist ein Mietverhältnis zwar von dieser Genehmigungspflicht betroffen, allerdings nur dann, wenn das Vertragsverhältnis länger als ein Jahr nach dem Eintritt der Volljährigkeit des Mündels fortbestehen soll.

Über das 19. Lebensjahr hinaus reicht die Verpflichtung nach einer Ansicht, wenn sie nicht aufgrund vertraglicher Vereinbarung bis zu diesem Zeitpunkt endet und ein Kündigungsrecht bis zu diesem Zeitpunkt nicht besteht. Der Vertrag muss wenigstens mit Wirkung binnen Jahresfrist „frei“ kündbar sein (Lafontaine/Herberger in: jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, § 1822, Rn. 106). Der Mietvertrag wurde nach dem schriftlichen Vertrag (§ 2 Abs. 1 des MV) auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er ist aber mit einer Frist von drei Monaten ohne Vorliegen bestimmter Gründe kündbar. Ein Kündigungsrecht wird nach anderer Ansicht in der Literatur allerdings nicht als ausreichen angesehen, wenn das Vertragsverhältnis grundsätzlich fortbestehen soll. Auch wenn die Kündigungsmöglichkeit bestehe, sei der Mündel (hier: das Kind) dadurch nicht in gleicher Weise vor Nachteilen geschützt wie bei einem Vertrag, durch den er von vornherein nicht über den gesetzlich festgelegten Zeitpunkt hinaus gebunden ist (Veit in: Staudinger, Neubearbeitung 2014, BGB, § 1822, Rn. 120). Ob von einem Fortbestehen ausgegangen werden kann, lässt die Kammer offen. Dies könnte angesichts des Eintritts der Volljährigkeit und der dann ggf. eintretenden Neuorientierung der Antragstellerin fraglich sein.

Zuletzt wurde im Verfahren eine Modifikation des Vertrags vorgelegt. Es wird zudem vorgetragen, dass vorher eine Befristung zum Eintritt der Volljährigkeit vereinbart war. Diese Fragen können im einstweiligen Rechtsschutz ebenfalls nicht abschließend beantwortet werden und sind ebenfalls ggf. im Hauptsacheverfahren aufzuklären.

bb)
Zumindest fehlt es dem Vater nach § 1629 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1795 Nr. 1 BGB an der Vertretungsmacht.

Nach § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB kann der Vormund den Mündel nicht vertreten bei einem Rechtsgeschäft zwischen seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder einen seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Der Vater der Antragstellerin konnte damit den Vertrag mit seiner Ehefrau, der Mutter der Antragstellerin, nicht genehmigen. Der Abschluss eines Mietvertrags stellt nicht lediglich die Erfüllung einer Verpflichtung dar.

§ 1795 BGB ist über seinen Wortlaut hinaus dann nicht anwendbar, wenn das Geschäft lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14.01.1999, 3 W 253/98, Rn. 11) oder nach den durch das Rechtsgeschäft begründeten Wirkungen formal keine Rechte oder Pflichten zwischen dem Mündel und dem weiteren Beteiligten begründet, aufgehoben, geändert oder übertragen werden (Lafontaine/Herberger in: jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, § 1795 BGB, Rn. 26). Beides ist bei dem hier relevanten Abschluss eines Mietvertrags nicht der Fall.

cc)
Die Kammer lässt, offen, ob die Eltern jeweils nur gemeinschaftlich handeln konnten.

Die Kammer lässt offen, ob ein Mietvertrag allein mit der Mutter der Antragstellerin möglich war. Soweit die Eltern beide Eigentümer des Hauses sind, dürfte dies auch aus diesem Grund zivilrechtlich nicht möglich sein. Gleiches gilt für die gemeinschaftliche Vertretung der Antragstellerin (dazu bereits oben).

Soweit entweder wegen einer gemeinschaftlichen Vertretung des Kinds oder der Pflicht, gemeinsamen einen Mietvertrag abzuschließen, zumindest ein Elternteil auf beiden Seiten des Vertrags vertreten wäre, läge zudem ein Verstoß gegen § 181 BGB vor. Nach § 181 BGB kann ein Vertreter, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Drittens ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

Eine Ausnahme ergibt sich nicht aus § 181 BGB. Ein Insichgeschäft ist bereits nach dem Wortlaut der Norm möglich, wenn lediglich eine Verbindlichkeit erfüllt wird. Das ist hier nicht der Fall, da es sich bei dem Mietvertrag um ein gegenseitiges Rechtsgeschäft handelt (siehe oben). Zudem ist auch diese Norm dahingehend einzuschränken, dass dann kein verbotenes Insichgeschäft vorliegt, wenn lediglich ein rechtlicher Vorteil eintritt. Dies erfolgt in Anlehnung an § 107 BGB (Bayerisches Oberstes Landgericht, Beschluss vom 31.03.2004, 2Z BR 045/04; Wieland in: jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, § 181, Rn. 22). Die Begründung des gegenseitigen Vertrages, aus dem die Verpflichtung zur Entrichtung des Mietzinses ergibt, § 535 BGB, stellt nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil im Sinne des § 107 BGB dar (siehe oben).

Etwas Anderes ergibt sich nicht aus familienrechtlichen Regelungen. Das Familienrecht regelt keine Ausnahmen vom Verbot der Selbstkontraktion. Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass nach § 1795 Abs. 2 BGB § 181 BGB unberührt bleibt, ein Vormund also keinen Vertrag für den Mündel mit sich selbst schließen kann. Insoweit ergibt sich aus § 1629 Abs. 2 BGB die Wertung, dass an der Wertung des § 181 BGB auch unter Ansehung der gesetzlichen Vertretungsmacht der Eltern festgehalten wird. Zumindest ergibt sich kein Ausschluss von § 181 BGB im Sinne einer ausdrücklichen Gestattung aus dem Familienrecht.

3.
Ergänzend weist die Kammer auf Folgendes hin:

Schuldzinsen der Eltern dürften, soweit sie nachgewiesen werden, kopfteilig zu übernehmen sein. Im Verwaltungsverfahren wurde, soweit ersichtlich, von einem abgezahlten Haus ausgegangen. Da der gegenteilige Vortrag erstmals am 11.08.2022 erfolgt ist und nun erstmals ein Kontoauszug vorgelegt wurde, wurde trotz dieser offenen Frage entschieden, da zumindest keine unzumutbaren Nachteile drohen (Anordnungsgrund) und davon ausgegangen wird, dass der Antragsgegner die kopfteiligen Kosten bei Nachweis übernimmt, da dies in der bisherigen Bewilligung ebenfalls der Fall war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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