L 9 BA 39/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
9
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 42 KR 37/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 BA 39/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 3. April 2019 aufgehoben.

 

Die Klage wird angewiesen.

 

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Antragsverfahrens nach § 7a Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch <SGB IV> darüber, ob der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Notarzt in der Zeit vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Januar 2019 als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung <GRV> sowie nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung unterlag.

 

Der 1962 geborene Beigeladene zu 1. ist Dipl.-Med. und approbierter Arzt mit der Zusatzqualifikation Notfallmedizin. Auf seinen Antrag vom 3. Februar 1992 wurde er mit Blick auf sein damaliges Beschäftigungsverhältnis als Arzt und seine Mitgliedschaft in der Ärzteversorgung des Landes Brandenburg ab dem 1. Januar 1992  von der Versicherungspflicht in der GRV befreit (Bescheid der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte <BfA> vom 27. Mai 1992). Er ist von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung befreit (§ 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>, §§ 20,22 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB IX>) und privat kranken- und pflegeversichert. Seit 2001 ist er nach eigenen Angaben mit jeweils aktualisierten Vertragsänderungen für die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin tätig. Im Januar 2016 war er zudem als Notarzt „für mehrere andere Auftraggeber“ tätig (Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status vom 15. Januar 2016).

 

 

Die Klägerin ist Trägerin des H K B S GmbH, eines Plankrankenhauses (§ 108 Nr 2 SGB V) mit Sitz in B S. Nach § 14 Abs 1 Satz 1 „Gesetzes über den Rettungsdienst im Land Brandenburg“ (Brandenburgisches Rettungsdienstgesetz <BbgRettG>) vom 14. Juli 2008 (Gesetzverordnungsblatt <GVBl> I/08 S. 186) sind im Land Brandenburg zur Sicherstellung des Rettungsdienstes alle im Rettungsgebiet gelegenen Krankenhäuser verpflichtet, dem Träger des Rettungsdienstes das für die notärztliche Versorgung erforderliche ärztliche Fachpersonal bereitzustellen. Im Gegenzug zu dieser Personalgestellung leistet der jeweilige Träger des Rettungsdienstes dem Krankenhaus eine kostendeckende Vergütung (§ 14 Abs 1 Satz 2 BbgRettG). Träger des hier allein maßgebenden bodengebundenen Rettungsdienstes sind nach § 6 Abs 1 BbgRettG die Landkreise und kreisfreien Städte (hier: Landkreis Oder-Spree im Land Brandenburg).

 

Die Klägerin hat ihren Sitz in diesem Landkreis. Als Träger des Rettungsdienstes handelt hier seit September 2009 der „Rettungsdienst - Eigenbetrieb des Landkreises       Oder- Spree“ als organisatorisch, verwaltungsmäßig und wirtschaftlich selbständiger Betrieb (im Folgenden: Eigenbetrieb-Rettungsdienst). Als dessen Rechtsvorgänger schloss der „Eigenbetrieb Bevölkerungsschutz“ bereits mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin, dem H K B S, im Februar 2006 eine „Vereinbarung über die Absicherung der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes“ (im Folgenden: Vereinbarung), ua fortgeschrieben durch die „2. Änderung der Vereinbarung“ vom 16. Dezember 2008 (im Folgendem: 2. Vereinbarung). Darin verpflichtete sich die Klägerin ua, dem Rettungsdienst täglich für 24 Stunden einen geeigneten Notarzt/Notärztin für die Besetzung des Notarzteinsatzfahrzeugs/Notarztwagens am Standort B S zur Verfügung zu stellen (§ 1 Satz 1 der 2. Vereinbarung). In § 6 Abs 1 dieser Vereinbarung verpflichtete sich die Klägerin weiter, sicherzustellen, dass „der Notarzt/die Notärztin grundsätzlich in der Zeit zwischen 07:00 Uhr und 22:00 Uhr innerhalb 1 Minute, in der Zeit von 22:00 Uhr bis 07:00 Uhr binnen maximal 2 Minuten in ausreichender Schutzausrüstung sich an der vereinbarten Übernahmestelle für das Notarzteinsatzfahrzeug bereithält“. Die Vergütung der Notärztinnen/Notärzte erfolgte (allein) durch die Klägerin (§ 8 Abs 1 der Vereinbarung), die im Gegenzug für die Absicherung der für den Notarztdienst aufgewendeten Kosten eine jährlich neu festgelegte Vergütungspauschale (§ 8 Abs 2 der Vereinbarung) erhielt (2015 allein für den Standort B S: 229.785,15 €, gezahlt in 12 Monatsleistungen). Nach § 6 Abs 4 der Vereinbarung sollten die zwischen der Klägerin und den Notärztinnen und Notärzten bestehenden tarifrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Regelungen durch die Vereinbarung ausdrücklich nicht berührt werden. Im Übrigen regelte § 6 der Vereinbarung im Einsatzfall unter der Überschrift „Unterstellungsverhältnis“:

 

  1. Im Einsatzfall unterstehen die Dienst habenden Notärztinnen / Notärzte der für den Rettungsdienst zuständigen integrierten Leitstelle. (…)
  2. Die Leitstelle ist in allen einsatztaktischen und organisatorischen Fragen weisungsbefugt (…)
  3. In allen rettungsmedizinischen Fragen liegt die Weisungsbefugnis bei der Ärztlichen Leitung des Rettungsdienstes (…) 

 

Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 40 bis 48 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.

 

Am Standort des Krankenhauses der Klägerin in B S befindet sich eine vom Eigenbetrieb-Rettungsdienst betriebene Rettungswache, die als Stationierungsort eines Notarzteinsatzfahrzeuges fungiert. Die Klägerin stellt in der Rettungswache ein Bereitschaftszimmer zur Verfügung, in dem sich die jeweils diensthabenden Notärzte während ihrer Bereitschaftsdienste aufhalten können. Die vereinbarte Personalgestellung der notärztlichen Versorgung stellte die Klägerin nach eigenen Angaben (Anschreiben Statusanfrage vom 22. März 2016) sowohl durch bei ihr fest angestellte Ärztinnen und Ärzte als auch durch ärztliche Honorarkräfte wie den Beigeladenen zu 1. sicher.

 

Am 1. Februar 2016 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1. einen „Honorararztvertrag“. Der Vertrag, wegen dessen weiteren Einzelheiten auf Bl. 11 bis 14 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen wird, lautet in Auszügen:

 

§ 1 Vertragszweck

1. Der Honorararzt verpflichtet sich, im Fachgebiet Notfallmedizin die von der H K jeweils angeforderten ärztlichen Leistungen im Rahmen der Notfallrettung (Einsatz auf den Rettungsmitteln) von Patienten zu erbringen. Die Einsätze, Dienstzeiten, Einsatzzeiten und der Leistungsumfang im Einzelnen werden dabei zwischen den Parteien zuvor einvernehmlich abgestimmt.

 

2. Honorarärztliche Leistungen dieses Vertrages sind:

  • Versorgung von Patienten/-innen im Rahmen der Notfallrettung (Präklinik) am Einsatzort,
  • Indikationsstellung und Durchführung akut lebensrettender medizinischer Maßnahmen,
  • Herstellung der Transportfähigkeit der Patienten/ -innen,
  • Begleitung und Überwachung der Patienten/ -innen beim Transport in ein geeignetes Krankenhaus

 

§ 2 Rechtliche Stellung und Erbringung der Leistungen

 

1. Der Honorararzt erklärt, dass er die Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes in der Bundesrepublik Deutschland besitzt und dass er als Arzt mit der Zusatzbezeichnung NotfaIImedizin über die notwendigen fachlichen Kenntnisse zur Erfüllung der ihm zu übertragenden Aufgaben verfügt. Er ist bereit, der H K auf Verlangen entsprechende Originalurkunden vorzulegen. Der Honorararzt bestätigt ferner, dass alle in seinem Lebenslauf und Zeugnissen gemachten Angaben korrekt sind, er nicht vorbestraft ist und gegen ihn keine Verfahren zur Entziehung der ärztlichen Berufserlaubnis laufen oder jemals angestrengt worden sind.

 

2. Der Honorararzt erbringt seine Leistungen selbständig und persönlich. Der Honorararzt ist bei Verhinderung berechtigt, sich durch einen Facharzt gleicher Fachrichtung vertreten zu lassen.

 

3. Der Honorararzt steht zur H K weder in einem Anstellungsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnIichen Verhältnis. Er ist in seiner medizinischen Verantwortung (Diagnostik und Therapie) unabhängig und nur dem Gesetz verpflichtet, wobei die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin einzuhalten sind.

 

4. Der Honorararzt bestimmt seinen Arbeitsort und seine Arbeitszeit eigenverantwortlich. Der Einsatz des Honorararztes ist zeitlich begrenzt und erfolgt ausschließlich auf der Grundlage dieses Vertrages. Die Einsatzzeiten und konkreten Tätigkeiten sind zwischen der H K und dem Honorararzt mit angemessenem zeitlichen Vorlauf zu vereinbaren und zu planen, dabei werden die Parteien die wechselseitigen Belange berücksichtigen. Von der H K erteilte Aufträge sind nur verbindlich, wenn der Honorararzt sie angenommen hat. Die H K ist nicht berechtigt, einseitig bestimmte Leistungen und bestimmte Einsatzzeiten anzuordnen, und der Honorararzt ist berechtigt, Aufträge der H K abzulehnen.

 

5. Rechtsgrundlagen der Kooperation sind dieser Vertrag, die das ärztliche Verhalten regelnden Gesetze, Verordnungen und Rechtsgewohnheiten, die für die H K geltenden besonderen Rechtsvorschriften, das Gebühren- und Kostenrecht der H K und der Ärzte, die allgemeinen Arbeitsanweisungen der H K und H Qualitätsstandards, -Konzernregelungen (z.B. „Leitfaden Krankenhaushygiene“) und -Handlungsempfehlungen sowie die Vorschriften des BGB.

 

§ 3 Besondere Pflichten des Arztes

 

Der Honorararzt ist verpflichtet,

 

1. seine Tätigkeit in der H K auf sein Fachgebiet zu beschränken und persönlich auszuüben sowie die alleinige ärztliche Verantwortung für seine Patienten/-innen zu übernehmen,

 

2. für alle zu behandelnden Patienten/-innen eine Dokumentation anzufertigen, welche Eigentum der H K ist. Es gehört insbesondere dazu, die durchgeführte Behandlung zu dokumentieren. Der Honorararzt kann nach Vertragsende Abschriften, Auszüge oder Ablichtungen herstellen lassen, soweit diese zur Weiterbehandlung        oder Nachbehandlung notwendig oder aus begründetem wissenschaftlichem Interesse erforderlich und rechtlich zulässig sind,

 

3. für eine wirtschaftliche Verordnungsweise im Rahmen der ärztlichen Notwendigkeit zu sorgen, auf eine sparsame Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel zu achten und der Verwaltung der H K zur Sicherung der Kostenansprüche vollständige Angaben über die veranlassten Maßnahmen zu machen,

 

4. die in der H K vorgehaltenen und üblicherweise eingesetzten Mittel/Medizinprodukte insbesondere Instrumentarien/Arzneimittel zu verwenden. Sofern der Honorararzt andere Mittel/Medizinprodukte insbesondere Instrumentarien/Arzneimittel verwenden möchte, bedarf es einer vorherigen schriftlichen Zustimmung durch die H K, ansonsten sind die der H K entstandenen Mehrkosten durch den Honorararzt persönlich zu ersetzen.

 

5. bei Abrechnungs- und Belegungsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder der jeweiligen Kostenträger die H K in den Verfahren zu unterstützen.

 

6. dem Träger der H K die notwendigen Auskünfte zu erteilen, die dieser für die Abrechnung, Dokumentation, Qualitätssicherung und sonstige statistische Zwecke benötigt,

 

7. die ärztliche Schweigepflicht und die Vorschriften des Datenschutzes einzuhalten, insbesondere Stillschweigen über klinikinterne Informationen zu wahren.

 

§ 4 Zusammenarbeit

 

1. Der Honorararzt verpflichtet sich, mit dem Krankenhausträger, dem KIinikgeschäftsführer, dem ärztlichen Direktor, den leitenden Abteilungsärzten sowie den übrigen ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern der H K zusammen zu arbeiten.

 

2. Die Benutzung der sonstigen medizinisch-technischen Einrichtungen wird der Honorararzt mit dem Chefarzt der Zentralen Notaufnahme und Rettungsmedizin festlegen. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet der Krankenhausträger.

 

3. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Honorararzt und den anderen Abteilungsärzten entscheidet der ärztliche Direktor der H K, ansonsten der Krankenhausträger.

 

§ 5 Durchführung honorarärztlicher Leistung

 

1. Dem Honorararzt stehen zur Erbringung seiner ärztlichen Leistungen die Räumlichkeiten, Einrichtungen und das medizinische Personal (ärztlich und nichtärztlich) zur Verfügung.

 

2. Der Honorararzt wird vor bzw. bei Aufnahme seiner Tätigkeit von einem Vertreter der H K über die H-Qualitätsstandards, -Konzernregelungen (z.B. „Leit­faden Krankenhaushygiene“) und -Handlungsempfehlungen sowie die Leitlinien des H-Konzerns informiert.

 

3. Der Honorararzt verpflichtet sich, die sich bei der Untersuchung, Intervention, Operation oder Behandlung ergebenden Beurteilungen dem zuständigen leitenden Abteilungsarzt zur Aufnahme in der Krankengeschichte zur Verfügung zu stellen. Das gleiche gut sinngemäß für Röntgenaufnahmen, Ultraschallbilder und ähnliche Unterlagen und Aufzeichnungen.

 

§ 6 Vergütung honorarärztlicher Leistungen

 

Die Vergütung der ärztlichen Leistung ist in Anlage l zu diesem Vertrag geregelt.

 

§ 7 Anzeigepflicht bei Verhinderung/Vertretung

 

1. Der Honorararzt verpflichtet sich, von allen Verhinderungen bei der Erbringung seiner ärztlichen Leistungen spätestens eine Woche vorher, bei unvorhergesehener Verhinderung unverzüglich, dem leitenden Arzt der Zentralen Notaufnahme und Rettungsmedizin Mitteilung zu machen.

 

2. Für die Zeit seiner Verhinderung regelt der Honorararzt seine Vertretung im Einvernehmen mit weiteren Kooperationsärzten bzw. den diensthabenden Ärzten der H K.

 

§ 8 Haftung

 

Die H K versichert, dass in der eigenen abgeschlossenen Haftpflichtversicherung der Klinik, sämtliche Leistungen des Honorararztes, welche im Rahmen der Notfallrettung und/oder ambulanten Behandlung (nach § 115b SGB V) erbracht werden, mit eingeschlossen sind.

 

 

Der Honorararzt benötigt neben seiner ärztlichen Berufshaftpflichtversicherung keine Zusatzversicherung für die ärztliche Tätigkeit im Rahmen der Notfallrettung und/oder ambulanten Behandlung (nach § 115 b SGB V). Der Versicherungsschutz besteht nur, wenn der Honorararzt durch die H K beauftragt wurde und soweit er im Rahmen seiner Leistung für die H K tätig wird.

 

 

§ 9 Verschwiegenheitsklausel

 

(…)

 

§ 10 Vertragsdauer und Kündigung

 

1. Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.02.2016 und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

 

2. Der Vertrag kann jederzeit unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen zum Monatsschluss von beiden Seiten gekündigt werden.

 

3. Arbeitsrechtliche Vorschriften, wie z.B. das Kündigungsschutzgesetz finden keine Anwendung.

 

4. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.

 

§ 11 Besondere Vereinbarungen

 

1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit dahingehend, dass vor Tätigkeitsaufnahme ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. l Satz l SGB IV bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung durchgeführt wird. Beide Parteien verpflichten sich insoweit zur ordnungsgemäßen Mitwirkung.

 

2. (…)

 

§ 12 Schlussbestimmungen

 

(…)

 

§ 13 Salvatorische Klausel

 

(…)

 

 

Die Anlage I zu dem „Honorararztvertrag“ sah ua Folgendes vor:

 

 

 

 

§ 1 Vergütung

 

1. Der Honorararzt berechnet das Entgelt für seine ärztlichen Leistungen in den Hauptabteilungen der H K gegenüber der H K.

 

2. Der Honorararzt verwendet im Regelfall Sachmittel des Krankenhauses. Sollte ausnahmsweise die Verwendung eines eigenen Sachmittels des Arztes notwendig sein, hat eine vorherige Abstimmung mit dem Krankenhaus zu erfolgen. Hierfür wird keine Kostenerstattung geleistet.

 

3. Der Honorararzt erhält im Falle der tatsächlich durch ihn erbrachten Leistungserbringung:

 

  • für geleistete NEF-Dienste an den Rettungsdienst-Standorten B S und F oder für geleistete DRF-Dienste ein Pauschalhonorar auf der Basis des Zeiteinsatzes (Stundensatz) in Höhe des Stundensatzes, der für das jeweilige Kalenderjahr mit dem Landkreis Oder-Spree vereinbart wurde (aktuell für 2016: 35,89 € brutto je Einsatzstunde) sowie eine Einsatzpauschale in Höhe von 20,00 € brutto.

 

Das Eintreten von schuldhaft verursachten Komplikationen und damit ein ggf. höherer Zeiteinsatz führen nicht zu einer besseren Vergütung des Honorararztes. Vergütungsgrundlage ist dann der üblicherweise zu erwartende Zeiteinsatz für die Behandlung.

 

§ 2 Abrechnung

 

Die Abrechnung erfolgt monatlich an die H K durch Übermittlung von Dienstzeiten und Einsatznummern.

 

Die H K verpflichtet sich, die erbrachten Leistungen spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Rechnungsstellung dem Honorararzt zu vergüten.

 

Leistungen, die der Honorararzt nach dieser Vereinbarung erbringt, werden durch die H K vergütet. Sie sind im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. dem jeweiligen Kostenträger nicht abrechnungsfähig.

 

§ 3 Schlussbestimmung

 

(…)

 

 

Auf dieser Grundlage rechnete der Beigeladene zu 1. im Zeitraum vom 11. Februar 2016 bis zum 18. Januar 2019 mit der Klägerin insgesamt 166 ein- bzw. zweitägige Notarztdienste ab (2016: 53 Dienste; 2017: 51 Dienste, 2018: 59 Dienste und 2019: 3 Dienste); wegen der genauen Daten wird auf Bl 225 bis 228 der Gerichtsakte Bezug genommen. Mit Erklärung vom 31. Januar 2019 („Aufhebungsvertrag“) beendeten die Klägerin und der Beigeladene zu 1. „den Honorararztvertrag vom 1. Februar 2016 im gegenseitigen Einvernehmen“.

 

Vereinbarungsgemäß stellte die Klägerin zusammen mit dem Beigeladenen zu 1. bei der Beklagten am 11. Februar 2016 einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit als Notarzt im Rettungsdienst. Der Beigeladene zu 1. erklärte darin ua, er gebe jeweils an, an welchen Tagen er einen Dienst übernehmen könne, die Einteilung erfolge dann durch den Oberarzt der Klägerin Dr. L, der die Notarztdienste koordiniere. Im Falle einer kurzfristigen Verhinderung teile er dies Dr. L bzw dem Sekretariat der Klägerin mit. Als eigene Betriebsmittel setze er nur einen Teil der Arbeitskleidung, sein Stethoskop, sein Otoskop, eigene Kugelschreiber und seinen Stempel ein. Während der einsatzfreien Zeit halte er sich im Aufenthaltsraum der Rettungswache auf. Im Einsatz gelange er von dort auf Abruf der Leitstelle mit Transportmitteln des Rettungsdienstes zu den Patienten, um diese eigenverantwortlich zu versorgen. Er protokolliere seine Notarzteinsätze, was an die jeweils aufnehmende Klinik und den Rettungsdienst weitergeleitet werde. Auf Kosten der Klägerin nehme er 24 bis 32 Stunden an Weiterbildungen und an Dienstbesprechungen im Rettungsdienst teil.

 

Nach Anhörung der Beteiligten stellte die Beklagte mit an die Klägerin und an den Beigeladenen zu 1. gerichteten gleichlautenden Bescheiden vom 29. Juni 2016 fest, dass der Beigeladene zu 1. seine Tätigkeit als Notarzt im Rettungsdienst für die Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. In diesem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der GRV sowie nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung. Die Versicherungspflicht beginne am 1. Februar 2016. Aufgrund der Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin überwögen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung.

 

Gegen den Bescheid vom 29. Juni 2016 legte nur die Klägerin am 27. Juli 2016 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie ua an, der Beigeladene zu 1. übe lediglich Notarztdienste im Rettungsdienst aus. Diese Tätigkeit erfolge eigenverantwortlich und nur zu den vom Beigeladenen zu 1. benannten Zeitpunkten.

 

Mit Bescheid vom 30. Januar 2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Für die Entscheidung, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliege, seien die Dauer des Auftragsverhältnisses, der Umfang der ausgeübten Tätigkeit sowie das Lebensalter des Auftragnehmers unerheblich. Auch die Eigenverantwortlichkeit der Arbeitsleistung sei nicht entscheidungserheblich, denn eine solche sei auch bei qualifizierten Arbeitnehmern vorhanden. Aus der Möglichkeit, frei über die Annahme oder die Ablehnung von Aufträgen entscheiden zu können, könne regelmäßig nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden. Einem Unternehmerrisiko unterliege der Beigeladene zu 1. nicht, denn eigene Betriebsmittel kämen nicht in nennenswertem Umfange zum Einsatz. Die Vergütung richte sich nach der aufgewandten Arbeitszeit. Im Rahmen eines jeden Auftrags setze er damit seine Arbeitskraft ohne wirtschaftliches Risiko ein.

 

Hiergegen richtet sich die am 16. Februar 2017 von der Klägerin vor dem Sozialgericht <SG> Frankfurt (Oder) erhobene Klage. Die Klägerin hat dabei ua zur Begründung vorgetragen, der Beigeladene zu 1. sei freiberuflich für sie tätig und benutze keine Betriebsmittel der Klägerin. Maßgeblich zu berücksichtigen seien die spezifischen Regelungen des BbgRettG. „Beschäftigt“ sei der Beigeladene zu 1. danach allenfalls bei dem Landkreis Oder-Spree (gemeint wohl Eigenbetrieb-Rettungsdienst) gewesen. Die Betriebsprüfungspraxis der Beklagten habe dazu geführt, dass Notärzte nicht mehr bereit seien, ihre Dienste anzubieten. Dies habe schließlich zur Einführung von § 23c Abs 2 SGB IV mit Wirkung vom 11. April 2017 geführt (keine Beitragspflicht für Einnahmen aus Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt neben einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung).

 

Die Beklagte hat ausgeführt, insbesondere die Regelungen des abgeschlossenen „Honorararztvertrages“ ließen auf eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. bei der Klägerin schließen. Die Notfallrettung sei Teil des Klinikbetriebs der Klägerin, in den der Beigeladene zu 1. eingegliedert gewesen sei.

 

Mit Urteil vom 3. April 2019 hat das SG Frankfurt (Oder) den angefochtenen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit bei der Klägerin seit dem 1. Februar 2016 nicht der  Versicherungspflicht in der GRV sowie nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung unterliege. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt: Klägerin und Beigeladener zu 1. hätten ausdrücklich kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen wollen. Dies werde weder durch die weiteren Regelungen des „Honorararztvertrages“ noch durch die faktischen Verhältnisse widerlegt. Eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin sei nicht erkennbar. Der Beigeladene zu 1. sei ausschließlich als Notarzt „außerhalb“ des Krankenhauses der Klägerin tätig geworden. Die Klägerin sei auch nicht Betreiberin des Rettungsdienstes. Vielmehr stelle der Landkreis die notwendigen Sachmittel und die Leitstelle zur Verfügung. Diese Strukturen seien der Klägerin nicht zurechenbar; sie sei lediglich verpflichtet, das für die notärztliche Versorgung erforderliche Fachpersonal zur Verfügung zu stellen.

 

Gegen diese ihr am 11. April 2019 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 2. Mai 2019 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie an: Bereits der abgeschlossene „Honorararztvertrag“ beinhalte eine Vielzahl von Regelungen, die eine weisungsgebundene Eingliederung indizierten. Zum Betriebszweck der Klägerin gehöre auch die Bereitstellung von Notärzten. Bereitgestellt würden auch bei der Klägerin festangestellte Ärztinnen und Ärzte. Von diesen unterscheide der Beigeladene zu 1. sich nicht wesentlich. Ein Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1. zum Träger des Rettungsdienstes bestehe demgegenüber nicht; insoweit sei bereits kein eigenes Vertragsverhältnis erkennbar. Soweit die Klägerin sich auf die Neuregelung in § 23c Abs 2 SGB IV stütze, gehe sie fehl. Die Gesetzesänderung sei ohnehin ausdrücklich erst ab dem 11. April 2017 eingeführt worden. Zudem setze diese Vorschrift grundsätzlich eine Beitrags- und Meldepflicht für notärztliche Tätigkeit gerade voraus und regele nur eine Ausnahme von gesetzlichen Beitragspflichten. Hätte der Gesetzgeber angenommen, die notärztliche Tätigkeit erfolge im Rahmen von Selbständigkeit, hätte es der Regelung gar nicht bedurft; sie beinhalte damit eine gesetzgeberische Interpretationsvorgabe für die Statusbeurteilung von notärztlicher Tätigkeit.

 

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 3. April 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

 

Sie regt die Beiladung des Landkreises Oder-Spree als eigenständigen Träger des örtlichen Rettungsdienstes an und hält die erstinstanzliche Entscheidung weiterhin für zutreffend. Weisungsfreiheit und fehlende Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in die Arbeitsabläufe der Klägerin habe das SG sachgerecht erkannt. Die notärztliche Tätigkeit sei mit der Tätigkeit eines Arztes im Klinikum nicht vergleichbar. Die Klägerin habe weder Einfluss auf die Tätigkeit oder die Leistung des Beigeladenen zu 1. noch auf seinen Aufenthaltsort gehabt, die allein durch die örtliche Rettungsleitstelle bestimmt worden seien. Die Besonderheit des Falles bzw der Organisation des Rettungsdienstes im Land Brandenburg bestehe in dem Dreieck, das der örtliche Träger des Rettungsdienstes, das klägerische Klinikum und der Honorararzt bildeten. Insoweit weiche dieser Sachverhalt auch von denjenigen ab, die den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 19. Oktober 2021 (Az: B 12 R 9/20 R; B 12 R 10/20 R und B 12 KR 29/20 R) zugrunde gelegen hätten. Vorliegend sei der Honorararzt nur dem Rettungsdienst gegenüber weisungsgebunden gewesen. Zudem sei der Beigeladene zu 1. mit Bescheid der BfA vom 27. Mai 1992 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit worden.

 

Die Beigeladenen zu 1. und 2. haben keinen Antrag gestellt.

 

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die taggenauen Beschäftigungsdaten des Beigeladenen zu 1. bezogen auf dessen „Honorararztvertrag“ vom     1. Februar 2016  im Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Januar 2019 erfragt; auf die Aufstellung Bl 225 bis 228 der Gerichtsakte wird Bezug genommen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten, Versicherungsnummer 53 110562 M 051, Bezug genommen, die, soweit wesentlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung geworden sind. 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Frankfurt (Oder) vom 3. April 2019 ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) und fristgerecht innerhalb der Berufungsfrist des § 151 Abs 1 SGG eingelegt worden.

 

Streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2017, mit dem die Beklagte über den Status und die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin ab Februar 2016 auf der Grundlage des „Honorararztvertrags“ vom 1. Februar 2016 entschieden hat. Dabei hat sie unter erkennbarer Zugrundelegung der Tatsache entschieden, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht im Rahmen einer durchgängigen Beauftragung, sondern nur nach jeweils einzelner Beauftragung ausgeübt wurde (zur Auslegung von Statusbescheiden zuletzt BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 R 10/20 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 27). Sie hat dabei beachtet, dass ein „Auftrag“ im Einzelfall zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. jeweils nur durch eine entsprechende Annahmeerklärung zustande kam, den zugesagten Notarztdienst zu leisten („so wie sie praktiziert wird“, „während der vereinbarten Beauftragungsdauer“). Damit hat sie erkennbar das Vorliegen einer Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. ausschließlich im Rahmen der jeweiligen Ausführung der jeweils vereinbarten Einzelaufträge (dazu Aufstellung Bl 225 – 228 der Gerichtsakte) bejaht, und ausdrücklich bestimmt, dass die Versicherungspflicht „mit dem Tag der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses“ beginne, hier also am 11. Februar 2016. Diese rechtliche Bewertung liegt den angefochtenen Bescheiden der Beklagten zugrunde, auch wenn darin die einzelnen Tage der Einsätze der Beigeladenen nicht ausdrücklich benannt sind. Dabei ist eine solche Feststellung im Statusfeststellungsverfahren noch hinreichend bestimmt, wenn sie - wie hier bezogen auf die "angenommenen Dienste" – ausreichend erkennen lässt, dass sie sich auf die Durchführung von Einzelaufträgen zwischen den Beteiligten - beginnend mit dem ersten Tätigwerden - unter gleichbleibenden Bedingungen bezieht und kein Dauerschuldverhältnis vorliegt (ausdrücklich: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 - B 12 KR 29/19 R – juris, Rn 27). Im Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV ist die Versicherungspflicht danach ab Aufnahme der Tätigkeit, dh regelmäßig zukunftsgerichtet festzustellen. Die konkreten Tage der Einzeleinsätze werden in der Regel aber nicht für weite Zeiträume im Voraus fest vereinbart. So liegt der Fall hier. Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid zunächst von dem 1. Februar 2016 als Versicherungsbeginn ausgegangen ist, wurde dies nachträglich durch die Meldung der konkreten Beschäftigungszeiten konkretisiert. Nach übereinstimmender Erklärung im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Inhalt des angefochtenen Bescheides zu Recht auch genauso verstanden.

 

Da der „Honorararztvertrag“ vom 1. Februar 2016 aufgrund des „Aufhebungsvertrags“ vom 31. Januar 2019 zwischen der Klägerin und dem Beigeladen zu 1. einvernehmlich zum 31. Januar 2019 beendet worden ist, beschränkt sich der streitgegenständige Zeitraum auf die Zeit von Februar 2016 bis einschließlich Januar 2019, darin enthalten 166 ein- bzw zweitägige Notarztdienste des Beigeladen zu 1. Entsprechend haben die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung den Streitgegenstand zeitlich begrenzt.

 

Die insoweit konkretisierte Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG im hier allein noch streitbefangenen Zeitraum den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2017 aufgehoben und das Nichtvorliegen von Versicherungspflicht in der GRV (§ 1 Abs 1 Nr 1 SGB VI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch III <SGB III>) festgestellt. Zur Überzeugung des Senats übte der Beigeladene zu 1. im Zeitraum vom 11. Februar 2016 bis zum 18. Januar 2019 seine Tätigkeit als Notarzt einzelfallbezogen in Erfüllung vertraglicher Pflichten gegenüber der Klägerin nicht als Selbständiger, sondern im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Eine Ausnahme von der Versicherungspflicht ergibt sich nicht.

 

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III). Dem steht zunächst nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 1. mit Bescheid der BfA vom 27. Mai 1992 als Arzt und Mitglied einer berufsständigen Versorgungseinrichtung von der Versicherungspflicht in der GRV nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI befreit worden ist. Eine früher erteilte Befreiung erstreckt sich grundsätzlich nur auf die jeweilige konkrete Beschäftigung bei der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber, für die sie erteilt worden ist. Bei einem Wechsel der Beschäftigung, sogar – wie hier -, verbunden mit einem Wechsel der Arbeitgeberin, entfaltet die zuvor erteilte Befreiung hinsichtlich des neuen Beschäftigungsverhältnisses selbst dann keine Wirkungen mehr, wenn hierbei eine vergleichbare berufliche Tätigkeit verrichtet wird (ständige Rechtsprechung: BSG, Urteile vom 16. Juni 2021 – B 5 RE 4/20 R -; vom 11. März 2021 - B 5 RE 2/20 R -; grundlegend Urteil vom 1. November 2012 – B 12 R 5/10 B – alle juris).

 

Der Beigeladene zu 1. war entgegen der Annahme des SG als Notarzt im Rettungsdienstbei bei der Klägerin abhängig beschäftigt im Sinne von § 7 Abs. 1  SGB IV. Beschäftigung ist danach die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis; Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

 

Die Klägerin hat als Krankenhausträgerin die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht lediglich als Arbeits- oder Personalvermittlung an den Eigenbetrieb-Rettungsdienst vermittelt, sondern erfüllte mit dem Einsatz des Beigeladenen zu 1. beim Eigenbetrieb-Rettungsdienst eigene vertragliche Verpflichtungen. Demgegenüber liegen für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. bzw für eine abhängige Beschäftigung beim Träger des örtlichen Rettungsdienstes auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung keine überzeugenden und gewichtigen Indizien vor.

 

Ausgangspunkt dieser sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ist der im „Honorararztvertrag“ vom 1. Februar 2016 zum Ausdruck gekommene Wille der Parteien.

 

Der Vertrag enthält widersprüchliche Regelungen: So haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1. zwar vereinbart, dass der Beigeladene zu 1. weder in einem Angestelltenverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur Klägerin stehe (§  2 Nr 3 des Vertrages). Gleichzeitig enthält der Vertrag aber insbesondere unter § 3 („Besondere Pflichten des Arztes“) Regelungen, die deutlich in Richtung einer Weisungsabhängigkeit sowie einer Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin deuten und damit für eine abhängige Beschäftigung sprechen: So arbeitet der Beigeladene zu 1. nur im Rahmen fest vereinbarter Dienstzeiten und war dabei verpflichtet, mit den Akteuren auf Seiten der Klägerin zusammenzuarbeiten (§ 4 Nr 1 des Vertrages), zudem unterlag er einer Pflicht, die Nutzung medizinisch-technischer Einrichtungen mit dem Chefarzt zu koordinieren (§ 4 Nr 2 des Vertrages). Seine Vergütung war vertraglich nach Art eines Stundenlohnes und einer Einsatzpauschale festgelegt (§ 6 des Vertrages in Verbindung mit <iVm> Anlage I zum „Honorararztvertrag“).

 

Im Gesamtbild lässt der Vertrag danach noch keine abschließende Schlussfolgerung zu, wenngleich die Regelungen in ihrer Gesamtheit zur Überzeugung des Senats schon in Richtung einer abhängigen Beschäftigung weisen.

 

Vertraglich haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1. zwar vereinbart, dass der Beigeladene zu 1. weder in einem Angestelltenverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur Klägerin stehe. Wenn aber, wie hier, Divergenzen zwischen der Vertragsdurchführung und der getroffenen Vereinbarung bestehen, geht die gelebte Praxis der formellen Vereinbarung grundsätzlich vor (BSG, Urteil vom 4 Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris, Rn 24). Dabei stehen die in § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten (sog Diensten höherer Art) – wie der Tätigkeit als Notarzt - kann das Weisungsrecht aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (BSG Urteil vom 4 Juni 2019 - B 12 R 11/18 – Sozialrecht <SozR> 4-2400 § 7 Nr 42, Rn 29, mwN).

 

So liegt der Fall hier: Maßgebend für das Vorliegen von abhängiger Beschäftigung ist die Gewichtung der einzelnen Indizien, die hier eindeutig für eine abhängige Beschäftigung im vertraglichen Verhältnis des Beigeladenen zu 1. zur Klägerin sprechen. Danach unterlag der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Notarzt den oben genannten engen vertraglichen Regularien und war in prägender Weise in den Betriebsablauf der Klägerin eingegliedert. Er hat sich aufgrund des „Honorararztvertrags“ vom 1. Februar 2016 gegenüber der Klägerin verpflichtet, für diese tätig zu werden, und zwar zur Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen, die die Klägerin gegenüber dem Eigenbetrieb- Rettungsdienst eingegangen war.

 

Dabei waren entgegen § 2 Nr 4 Satz 1 dieses „Honorararztvertrags“ nach vorheriger Einzelvereinbarung mit der Klägerin der Arbeitsort und die Arbeitszeit des Beigeladenen zu 1. fest vorgegeben. Er war nach Abschluss einer solchen Einzelvereinbarung wie bei der Klägerin fest angestellte Ärztinnen und Ärzte im Rahmen eines Bereitschaftsdienstes in zeitlicher und organisatorischer Hinsicht fest eingebunden. Mit der von der Klägerin angenommenen Zusage, einen konkreten Notarztdienst zu übernehmen, war er nach § 2 Nr 2 des Honorararztvertrags verpflichtet, seine Leistungen persönlich im Rahmen der Vorgaben der Klägerin zu erbringen und unterlag im Falle einer Verhinderung genau wie abhängig beschäftigte Ärztinnen und Ärzte der Klägerin klar definierten Nebenpflichten. Mit Aufnahme seines Dienstes erstreckte sich das Weisungsrecht der Klägerin darauf, dass der Beigeladene zu 1. für die Zeitdauer seines Dienstes zur Arbeitsleistung im Rettungsdienst verpflichtet war (wie hier: Landessozialgericht <LSG> Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Mai 2021 – L 14 BA 11/19 – Seite 13, nicht veröffentlicht).

 

Aufgrund der im Tatbestand dargestellten Besonderheiten des BbgRettG übte der Beigeladene zu 1. seine Tätigkeit als Notarzt damit, wie dargestellt, vertragsgemäß zur Erfüllung eigener (gesetzlicher und vertraglicher) Verpflichtungen der Klägerin (Pflicht zur Personalgestellung) aus. Die Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin war dadurch gekennzeichnet, dass diese ihn entsprechend den bei ihr fest angestellten Ärztinnen und Ärzten zum Eigenbetrieb-Rettungsdienst entsandte. Die Hauptleistungspflichten bestanden im Verhältnis der Klägerin zum Rettungsdienst; in diesem Rahmen wurde der Beigeladene zu 1. als Erfüllungsgehilfe der Klägerin eingesetzt (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Mai 2021- aaO - Seite 13; dazu auch BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 KR 14/18 R –juris, Rn 18f; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 25. November 2020 - L 5 BA 2304/18 -juris, Rn 71f.; nachgehend: BSG, Beschluss vom 13. August 2021 - B 12 R 8/21 B – juris, Rn 10f; Urteil vom 29. April 2022 - L 4 KR 581/20 – juris, Rn 103). Dabei bestand, was das SG zutreffend erkannt, in seiner rechtlichen Prüfung jedoch nicht ausreichend berücksichtigt hat, keine vertragliche Beziehung zwischen dem Beigeladenen zu 1. und dem Eigenbetrieb-Rettungsdienst.

 

Angesichts § 14 Abs 1 Satz 1 BbgRettG liegt darin gerade kein Fall einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung, sondern die gewollte Personalgestellung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses zur Klägerin (dazu auch LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 29. April 2022 - L 4 KR 5581/20 – juris, Rn 103; vom 25. November 2020, aaO, Rn 74; jeweils mwN). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. war der Klägerin damit als eigene Aufgabenerfüllung zuzurechnen. Dabei stehen die in § 7 Abs 1 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den Betrieb weder in einem Rangverhältnis noch müssen sie kumulativ vorliegen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – aaO - Rn 19). Dies gilt erst Recht im Rahmen einer Personalgestellung für hochspezialisierte Aufgaben wie hier. Der Beigeladene zu 1. erbrachte diese Leistungen, genau wie die im Rettungsdienst ebenfalls tätigen und bei der Klägerin fest angestellten Ärztinnen und Ärzte, im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung. Genau dies meint auch § 6 Abs 4 der Vereinbarung der Klägerin mit dem damaligen Träger des Rettungsdienstes, wonach die zwischen der Klägerin und den Notärztinnen und Notärzten bestehenden tarifrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Regelungen durch diese Vereinbarung ausdrücklich nicht berührt werden sollen (dazu auch BSG, Beschluss vom 13. August 2021 – B 12 R 8/21 B - juris, Rn 11f).

 

Demgegenüber lagen keine für eine Selbständigkeit des Beigeladen zu 1. sprechenden Anhaltspunkte vor, die ein derartiges Gewicht hätten, dass sie die Weisungsgebundenheit und insbesondere Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin auch nur annähernd hätten auf- oder überwiegen können. So war der Beigeladene zu 1. keinem nennenswerten Unternehmerrisiko ausgesetzt; er erhielt von der Klägerin einen festen Lohn für geleistete Stunden und hatte keine Chance, durch unternehmerisches Geschick seine Arbeit so effektiv zu gestalten, dass er das Verhältnis von Auftrag und Ertrag hätte beeinflussen können. Sein einzig in Betracht kommendes Risiko, trotz der mit dem „Honorararztvertrag“ vereinbarten Rahmenvereinbarung keine Folgeaufträge mehr zu bekommen, ist für die statusrechtliche Bedeutung der durchgeführten Einzelaufträge nicht relevant.

 

Zu einer anderen Statusbeurteilung zwingt auch nicht die zum 11. April 2017 eingeführte Vorschrift des § 23c Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB IV (idF des Gesetzes vom 4. April 2017, Bundesgesetzblatt <BGBl> I 778). Danach sind Einnahmen aus Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst nicht beitragspflichtig, wenn diese Tätigkeiten neben einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes ausgeübt werden. Regelungsgegenstand dieser Bestimmung ist ausdrücklich die Beitragspflicht, nicht die Versicherungspflicht aufgrund von Beschäftigung. Demzufolge entfällt weder das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage noch ist der streitige Statusfeststellungsbescheid ohne weiteres teilweise erledigt.

 

Aus der abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. folgt damit die Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung. Der Beigeladene zu 1. war auch nicht aufgrund anderer Vorschriften von der Versicherungspflicht ausgenommen. Die zwischen ihm und der Klägerin im „Honorararztvertrag“ getroffene Rahmenvereinbarung sah jährlich vorausschauend keine zeitlich begrenzten Einzeldienste vor. Mit der Vergütungsvereinbarung lag damit weder eine versicherungsfreie entgeltlich- noch zeitgeringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGB IV vor (hier zunächst in der vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung des „Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ vom 5. Dezember 2012 [Bundesgesetzblatt <BGBl> I, 2472-2479], danach im Januar 2019 in der Fassung des „Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung“ vom 18. Dezember 2018 [BGBl I, 2652-2656]. Ebenfalls bestand keine Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III.

 

Angesichts dieser Umstände bestand entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine Veranlassung zur Beiladung des Eigenbetriebs-Rettungsdienst (§§ 153 Abs 1, 75 Abs 2 SGG).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 154 Abs 1, 162 Abs 3 der Verwaltungsgerichtsordnung.

 

Entgegen der Anregung der Klägerin war die Revision nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) und die von der Klägerin zur Begründung angeführte Rechtsprechung des 1. Senats des erkennenden Gerichts (Urteil vom 20. März 2015 – L 1 KR 105/13 – juris) aufgrund der zitierten ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung überholt ist.

Rechtskraft
Aus
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