Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 09.07.2019 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Klageverfahrens. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.480,49 € festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch i.H.v. 6.480,49 € infolge des Überschreitens der oberen Grenzverweildauer. Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob die Beklagte die zur Prüfung des Überschreitungszeitraums erforderlichen Unterlagen fristgerecht nach § 7 Abs. 2 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 c SGB V gemäß § 17c Abs. 2 KHG (Prüfverfahrensvereinbarung -PrüfvV-, in der maßgeblichen Fassung vom 01.09.2014) vorgelegt hat.
Die 1938 geborene und bei der Klägerin gegen Krankheit versicherte K (nachfolgend: Versicherte) wurde im Krankenhaus der Beklagten vom 19.04.2016 bis zum 14.06.2016 und vom 21.07.2016 bis zum 29.07.2016 jeweils stationär behandelt. Die Beklagte stellte der Klägerin am 28.07.2016 für den ersten Behandlungszeitraum unter Zugrundelegung der DRG A09F (Beatmung mehr als 499 Stunden…), des Zusatzentgelts (ZE) 130.01 (hoch aufwendige Pflege von Erwachsenen) und eines tagesbezogenen Entgelts bei Überschreitung der oberen Grenzverweildauer insgesamt 51.990,44 € in Rechnung.
Nachdem die Klägerin die Rechnung zunächst unter Vorbehalt vollständig beglichen hatte, beauftragte sie den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) am 02.08.2016 mit der Prüfung des Behandlungsfalls. Mit Schreiben vom 04.08.2016 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass aufgrund der Prüfung nach § 275 Abs. 1 c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausleistung bzw. der Korrektheit der Abrechnung bestünden. Sie werde eine Fehlbelegungsprüfung durchführen. Auffällig sei, dass die Dauer der Krankenhausbehandlung in Bezug auf die obere Grenzverweildauer nicht nachvollziehbar sei. Mit Schreiben vom ebenfalls 04.08.2016 bat der SMD die Beklagte zur abschließenden sozialmedizinischen Beurteilung um Übersendung des Entlassungsberichts, der Laborbefunde, der Fieberkurve, des Kurvenplans und „der Ärztlichen Verkaufsdokumentation vom 01.-.14.06.2016 und des Pflegeberichts vom 01.-.14.06.16“. Am 11.08.2016 gingen beim SMD Unterlagen der Beklagten zusammen mit einem Begleitschreiben vom 09.08.2016 ein. Das Begleitschreiben listete die beigefügten Kopien auf, u.a. auch die „Kopie Pflegebericht“ und die „Kopie Pflegeplan“. Die Zeugin Z prüfte als Ärztin des SMD den Fall am 10.11.2016 und diktierte ihre von der Mitarbeiterin S am 08.12.2016 geschriebene und von ihr selbst am 15.12.2016 unterschriebene Stellungnahme. Darin führte sie die vorliegenden Unterlagen auf (u.a. „Pflegeinformationsliste vom 21.07.2016 bis 29.07.2016 (außerhalb des aktuellen Behandlungsfalls“) und erklärte, dass entgegen der Anforderung des SMD der Pflegebericht für den zu prüfenden Zeitraum nicht vorgelegt worden sei. Vielmehr sei eine Pflegeinformationsliste für einen außerhalb des aktuellen Behandlungsfalls liegenden Zeitraum übersandt worden. Eine sichere Bestätigung der stationären Behandlungsbedürftigkeit sei ohne die angeforderten Unterlagen nicht möglich. Mit Schreiben vom 16.12.2016 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die angeforderten Unterlagen nicht innerhalb der Frist des § 7 Abs. 2 PrüfvV 2014 eingegangen seien. Daher habe sie den unstrittigen Betrag i.H.v. 45.509,95 € unter Berücksichtigung der DRG A09F zur Zahlung angewiesen.
Die Klägerin erstellte am 22.12.2016 ein Zahlungsavis mit einer Reihe von Soll- und Habenposten. Dieses enthielt auf Seite zwei eine Sollposition von 51.990,44 € sowie eine Habenposition von 45.509,95 €, die sich jeweils auf die Rechnung vom 28.07.2016 bezogen. Darüber hinaus gab es keine Aufrechnungserklärung.
Die Beklagte entgegnete am 19.01.2017, sie habe nach ihren Unterlagen die korrekte Kopie der Pflegeinformationsliste zugesandt. Sie bat um Übersendung der falschen Pflegeinformationsliste vom 21.07. bis zum 29.07.2016. Der SMD teilte der Beklagten mit, dass die angeforderten Unterlagen nicht innerhalb der Frist des § 7 Abs. 2 PrüfvV eingegangen seien und die zugeschickten Unterlagen bis zum Fallabschluss bei ihm verblieben.
Mit ihrer unter dem Aktenzeichen S 45 KR 1213/17 - SG Gelsenkirchen - am 09.11.2017 erhobenen Klage begehrte die Beklagte von der Klägerin die Zahlung der Behandlungskosten aus einem unstreitigen Behandlungsfall i.H.v. 6.480,49 €. Die entsprechende Aufrechnung sei unwirksam, da die unstreitige Forderung, mit der aufgerechnet worden sei, nicht genau bezeichnet worden sei. Zudem handele es sich - anders als bei ausdrücklich in der PrüfvV als solche bezeichneten Fristen - bei § 7 Abs. 2 PrüfvV nicht um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Andernfalls sei auch die Regelung des § 7 Abs. 5 PrüfvV überflüssig, mit der eine einmalige Datenkorrektur innerhalb von fünf Monaten ermöglicht werde. Zu berücksichtigen sei ferner, dass sie lediglich unzutreffende Unterlagen übersandt habe und der SMD sie auf diesen Fehler nicht hingewiesen habe. Der SMD habe die Frage der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer im Übrigen auch anhand der zahlreichen vorgelegten Unterlagen prüfen können.
Die Klägerin zahlte die Klageforderung am 24.05.2018 und machte am 22.06.2018 widerklagend einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in gleicher Höhe geltend. Das Sozialgericht trennte Klage und Widerklage mit Beschluss vom 22.06.2018. Die Widerklage wurde unter dem Aktenzeichen des hiesigen Klageverfahrens weitergeführt, das Klageverfahren S 45 KR 1213/17 endete durch Anerkenntnis.
Zur Begründung der (Wider-)klage hat die Klägerin vorgetragen, ohne den Pflegebericht vom 19.04.2016 bis zum 14.06.2016 habe sie den Zustand der Versicherten für den Zeitraum der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer nicht beurteilen können. Sie hat den von der Beklagten übersandten Pflegeprüfbericht für die Zeit vom 21.07. bis zum 29.07.2016 zu den Gerichtsakten gereicht.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 6.480,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat bestritten, nur einen Pflegeplan für den falschen Zeitraum übersandt zu haben. Dies ergebe sich weder aus ihrem Anschreiben, noch habe die Klägerin auf ihre Anforderung hin den übersandten Pflegeplan zur Verfügung gestellt. Selbst wenn die falschen Berichte übersandt worden seien, ergebe sich aus § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV nicht, dass dieser auch auf eine unvollständige Übersendung anzuwenden sei. Vielmehr sei dann auf materiell-rechtlicher Ebene zu fragen, ob eine ausreichende Dokumentation des Behandlungsfalls vorgelegt worden sei und nicht schon die vorhandenen Unterlagen ausreichten, um die Notwendigkeit der stationären Behandlung zu belegen. Weshalb der SMD nicht die Berichte für den richtigen Zeitraum nachgefordert und ihr die in § 7 PrüfvV vorgesehene Möglichkeit der einmaligen Korrektur gewährt habe, bleibe rätselhaft. Hinsichtlich der weiteren Krankenhausbehandlung der Versicherten vom 21.07.2016 bis zum 29.07.2016 sei es im Übrigen ebenfalls zu einer Prüfung durch den SMD gekommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.07.2019 hat das Sozialgericht die Zeugin Z vernommen. Diese hat ausgesagt, sich noch an die Prüfung des Falls erinnern zu können. Da es um die Frage gegangen sei, ob die Versicherte zu lange im Krankenhaus gewesen sei, sei aus ihrer Sicht der Pflegebericht besonders wichtig, da die Krankenschwestern erfahrungsgemäß besonders sorgfältig notierten, wie es dem Patienten gehe. Sie habe den verschlossenen Umschlag mit den Unterlagen geöffnet. Bei den etwa 50 Blättern sei zwar ein Pflegebericht dabei gewesen, nicht jedoch der über den relevanten Zeitraum. Sie habe dann die Unterlagen durchgeblättert, habe den relevanten Pflegebericht aber nicht gefunden. Ob ein weiterer Fall der Versicherten geprüft worden sei, wisse sie nicht. Sie habe nur diesen Umschlag zu diesem Fall geöffnet. Sie habe den Umschlag mit den Unterlagen dann wieder verschlossen und einen Bericht geschrieben. Wahrscheinlich habe sie dann geschrieben, dass sie eine Stellungnahme zu der Verweildauer ohne den Pflegebericht nicht abgeben könne. Genau könne sie dies nicht mehr sagen. Sie erinnere sich an den Fall aber deshalb so gut, weil ein Fehlen von Unterlagen selten sei und es ihrer Erinnerung nach ihr erster Fall mit fehlenden Unterlagen gewesen sei. Seit 2010 mache sie Gutachten für den SMD und fertige pro Arbeitstag etwa acht bis zehn Gutachten. An die Beklagte habe sie sich wegen der fehlenden Unterlagen nicht gewandt, da sie diesen Umstand ja aufgeschrieben habe. Direkten Kontakt zu den Krankenhäusern habe sie nicht.
Das Sozialgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, Urteil vom 08.07.2019. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 seien erfüllt. Die der Beklagten spätestens am 09.08.2016 zugegangene Anforderung von Unterlagen sei bestimmt genug. Insbesondere enthalte sie auch die für die beabsichtigte Fehlbelegungsprüfung erforderlichen Unterlagen. Nach der Aussage der Zeugin stehe zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass die Beklagte den zeitlich hier nicht in Rede stehenden Pflegebericht übersandt habe. Bei nicht fristgerechter Vorlage der angeforderten Unterlagen bestimme § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 ausdrücklich und mit klarem Wortlaut, dass der Vergütungsanspruch dann nur hinsichtlich des unstreitigen Teils bestehe. Dass die Vertragsparteien zur Schaffung einer solchen Ausschlussfrist durch § 17 c Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) ermächtigt gewesen seien, ergebe sich daraus, dass sie das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 c SGB V zu regeln gehabt hätten und abweichende Regelungen möglich seien. Dies eröffne den Beteiligten einen gewissen Spielraum. § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV erfasse auch den hier vorliegenden Fall, dass nur unvollständige (und nicht gar keine) Unterlagen vorgelegt worden seien. Denn die Norm spreche gerade von „den Unterlagen“, mithin den angeforderten Unterlagen und fördere auf diese Weise die gewünschte Effizienz des Verfahrens. Ein treuwidriges Verhalten könne der Klägerin nicht vorgeworfen werden, da ihr die Unvollständigkeit der Unterlagen erst nach Ablauf der Frist am 06.09.2016 bekannt geworden sei und sie die Beklagte daher nicht in der Frist habe informieren können.
Gegen das ihr am 15.07.2019 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.07.2019 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV weder eine Ausschlussfrist regele noch dessen Wortlaut hinsichtlich der Frage, wann die Rechtsfolge eintrete, eindeutig sei. Jedenfalls sei der Fall des nur unvollständigen Übersendens von Unterlagen nicht über die PrüfvV, sondern materiell-rechtlich zu lösen. Da sie fast die ganze Krankenakte übersandt habe, habe der SMD den Behandlungsfall auch anhand der vorgelegten Unterlagen prüfen können. Die Frage stationärer Behandlungsbedürftigkeit lasse sich wohl kaum anhand eines Pflegeberichts beantworten. Überdies sei eine (angenommene) Ausschlussfrist nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 17 c Abs. 2 Satz 1 KHG gedeckt, da diese nur Regelungen des Prüfverfahrens erlaube. Der gesetzlich geregelte und mit der Inanspruchnahme der Leistung qua Gesetz entstehende Vergütungsanspruch des Krankenhauses könne nicht durch eine Regelung in der PrüfvV ausgeschlossen werden. Denn diese beziehe sich lediglich auf eine Beschleunigung und bundeseinheitliche Gestaltung des Verfahrens. Das Prüfverfahren werde damit nicht vollständig zur Disposition der Selbstverwaltungspartner gestellt. Die PrüfvV müsse sich dem in § 17 c Abs. 2 KHG vorgegebenen Zweck und den gesetzlich geregelten Inhalten unterwerfen. Abweichungen zu gesetzlich geregelten Fristen seien nur betreffend der hier nicht relevanten Sechswochenfrist zur Einleitung des Prüfverfahrens möglich. Eine entsprechende materielle Ausschlussfrist in der PrüfvV verstoße gegen Art. 12 und 14 Grundgesetz (GG). Dass die gewählte Formulierung in § 7 Abs. 2 PrüfvV nicht zwingend für eine materielle Ausschlussfrist spreche, gehe auch aus der Formulierung der PrüfvV 2016 hervor, da dort die Möglichkeit eröffnet werde, das Prüfverfahren bei Nachlieferung von Unterlagen innerhalb einer bestimmten Frist weiter fortzuführen. Das Urteil sei auch bereits deswegen aufzuheben, weil das Sozialgericht nach der Zeugenvernehmung nicht davon habe ausgehen dürfen, dass tatsächlich nur der falsche Pflegeplan übersandt worden sei. Hierfür sei die Klägerin, die einen öffentlich-rechtlich Erstattungsanspruch nachweisen wolle, beweispflichtig. Die Aussage der Zeugin sei unglaubhaft, weil sich die Zeugin nach mehr als zweieinhalb Jahren, in denen sie rund 5.760 Fälle habe bearbeiten müssen, noch so genau habe erinnern wollen. Da es weitere 80 Klageverfahren zu dieser Problematik zwischen ihr, einem weiteren Krankenhausträger und der Klägerin gebe, habe sich die Zeugin auch nicht an einen einzelnen, weil einmaligen, Fall erinnern können. Zudem liege zwischen dem Diktat des Berichts und dessen Korrektur ein Zeitraum von mehr als einem Monat.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 08.07.2019 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, die Aussage der Zeugin sei umfassend und glaubhaft gewesen. Wenn die Beklagte kritisiere, dass die Zeugin sich an den Fall noch gut erinnere, so lasse sie dabei außer Acht, dass es sich in den 80 hierzu anhängigen Verfahren meistens um Fälle handele, in denen gar keine Unterlagen übersandt worden seien. Daher sei der hier vorliegende Fall eine Besonderheit. Bei der in § 7 Abs. 2 PrüfvV getroffenen Reglung handele es sich um eine Ausschlussfrist, da die Regelung andernfalls obsolet sei. Sie sei auch von der Ermächtigungsgrundlage des § 17 c Abs. 2 KHG gedeckt.
Die Klägerin hat eine Stellungnahme der Zeugin beigebracht, in der diese angibt, dass die von der Beklagten zur Prüfung der Behandlungsbedürftigkeit vom 01.06.2016 bis zum 14.06.2016 eingereichten Unterlagen größtenteils nicht relevant gewesen seien.
Der Senat hat die mündliche Verhandlung vom 16.01.2020 vertagt, um weitere Ermittlungen durchzuführen.
Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats den Pflegebericht für den gesamten ersten Behandlungszeitraum übersandt und durch die Oberärztin Dr. H eine Stellungnahme unter Auswertung der dem SMD bereits vorgelegten Fieberkurve und unter Einbeziehung des nunmehr vorgelegten Pflegeberichts zur Frage der oberen Grenzverweildauer abgegeben. Die Klägerin hat durch die Zeugin Z ebenfalls Stellung genommen. Auf den Inhalt der medizinischen Unterlagen und der Stellungnahmen wird jeweils Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, die Prozessakte S 45 KR 1213/17 des Sozialgerichts Gelsenkirchen und die Verwaltungsakte der Klägerin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht mit Urteil vom 09.07.2019 zur Zahlung von 6.480,49 € nebst Zinsen verurteilt. Das Urteil war dementsprechend abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die ursprünglich im Parallelprozess S 45 KR 1213/17 erhobene Widerklage war zulässig. Die Klägerin hat die Widerklage in dem Parallelprozess erhoben, als die Klage auf Vergütung der unstreitigen Vergütungsforderung noch rechtshängig war. Da es sich nicht um eine Eventualwiderklage handelte, war auch eine Abtrennung der Widerklage zulässig (B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020 § 100 Rn. 7 mwN).
Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auch die richtige Klageart gewählt (vgl. dazu nur BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 25/13). Es handelt sich um einen sog. Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG Urteil vom 28.11.2013 - B 3 KR 33/12 R).
Die Klage ist allerdings unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 6.480,49 €.
Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Da die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern öffentlich-rechtlicher Natur sind (§ 69 Satz 2 SGB V) tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts nach § 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Der Klägerin steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu, wenn sie den streitigen Teil der Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt hat.
Dies ist nicht der Fall. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch (auch) in Höhe der hier streitigen 6.480,49 € (nachfolgend unter a)). Dieser ist nicht ausgeschlossen (nachfolgend unter b)).
a)
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) sowie § 17b Abs. 1 Satz 3 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in Verbindung mit § 39 Abs. 1 SGB V und dem Fallpauschalenkatalog für das Jahr 2016. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten und damit korrespondierend die Zahlungspflicht einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (siehe BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 25/13 R).
Die Beteiligte sind sich einig, dass sich ein Anspruch der Beklagten auf den hier streitigen Betrag von 6.480,49 € rechnerisch zutreffend auf der Grundlage der Kodierung der DRG A09F (Beatmung mehr als 499 Stunden…) in der Fassung des Fallpauschalenkatalogs 2016 aus einer Überschreitung der oberen Grenzverweildauer ergibt, sofern die stationäre Behandlung der Versicherten bis zu deren Entlassung am 14.06.2016 medizinisch notwendig war.
Zur Überzeugung des Senats lag diese medizinische Notwendigkeit vor und ergab sich schon aus den von der Beklagten mit Schreiben vom 09.08.2016 übersandten medizinischen Unterlagen. Der Senat stützt diese Feststellung auf die schlüssige und überzeugende Darstellung der Oberärztin Dr. H vom 29.01.2020. Der ursprünglichen Epikrise lässt sich zwar für den Zeitraum ab dem 01.06.2016 eine weitere stationäre Behandlungsbedürftigkeit nicht unmittelbar entnehmen. Diese ergibt sich aber aus der ergänzenden Stellungnahme, welche Dr. H anhand der im August 2016 bereits vorgelegten „Fieberkurve“ gefertigt hat. Daraus ist ersichtlich, dass sich der Zustand der Versicherten zwar durch den Einsatz eines Lasix-Perfusors (Diuretikum) bis zum 09.06.2016 stabilisiert hatte. Der Zustand veränderte sich aber kontinuierlich nachteilig, als der Versuch unternommen wurde, die Versicherte auf die Gabe von Lasix in Tablettenform umzustellen. Die bestehenden Wassereinlagerungen nahmen trotz Erhöhung der Lasix-Dosis immer weiter zu, was Ausdruck der bei der Versicherten vorliegenden fortgeschrittenen Herzschwäche war. Diese negative Entwicklung bedurfte nachvollziehbar der stationären Einstellung und Überwachung.
Dies stellt auch die von der Klägerin erneut hinzugezogene Zeugin Z (SMD) nicht in Frage. Sie führt vielmehr aus, dass die gemachten Angaben bezüglich Gewichtszunahme und Handling der diuretischen Medikation zwar Indikatoren einer erneuten Verschlechterung der vorbestehenden Herzschwäche seien, dass andererseits dann die Entlassung in unverändertem Zustand erfolgt sei. Es sei daher ohne Kenntnis der funktionellen Situation und vor allem des klinischen Befundes schwer nachzuvollziehen, warum die Entlassung dann am 14.06.2016 erfolgt sei. Hier sei „der Pflegebericht für den bedeutsamen Zeitraum hilfreich, die stationäre Behandlungsbedürftigkeit zu unterstreichen, insbesondere, da fast täglich betont wird, dass <<Patientin spontanatmend>> übernommen wird und ab dem 11.06.2016, dass die Wassereinlagerungen sehr offensichtlich in die Arme erfolgen und die Ursache der Gewichtszunahme somit sehr viel eindeutiger nachvollziehbar ist.“ Die Zeugin wirft damit zwar die durchaus berechtigte Frage auf, ob die Entlassung der Versicherten am 14.06.2016 tatsächlich medizinisch verantwortbar war. Dies ändert aber gerade nichts an der Feststellung, dass die Versicherte jedenfalls bis dahin stationär behandlungsbedürftig war.
b)
Dem Vergütungsanspruch der Beklagten steht auch nicht § 7 Abs. 2 PrüfvV 2014 entgegen.
§ 7 Abs. 2 PrüfvV 2014 ist zeitlich anwendbar (siehe nachfolgend aa)). Seine tatbestandlichen Voraussetzungen liegen vor (siehe nachfolgend bb)). Die Klägerin kann sich allerdings nicht auf dessen Rechtsfolge berufen (siehe nachfolgend cc)).
aa)
Die PrüfvV 2014 ist zeitlich auf die im Jahr 2016 durchgeführte Krankenhausbehandlung der Versicherten anwendbar, für die die Klägerin einen Erstattungsanspruch geltend macht. Die mit Wirkung zum 01.09.2014 auf Grund der Ermächtigung des § 17c Abs. 2 KHG in Kraft getretene PrüfvV erfasst Überprüfungen bei Patienten, die im Zeitraum zwischen dem 01.01.2015 und dem 31.12.2016 in ein Krankenhaus aufgenommen wurden (§ 12 Abs. 1 Satz 1 PrüfvV; für Krankenhausaufnahmen vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2019 gilt die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene PrüfvV vom 03.02.2016).
bb)
Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 PrüfvV 2014 richtet sich die Prüfung des MDK - wie auch des SMD - vor Ort nach den Vorgaben des § 276 Abs. 4 SGB V. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV 2014 kann der MDK bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Nach § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV 2014 hat das Krankenhaus die Unterlagen innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln. Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus nach der Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag.
Die PrüfvV 2014 erfasst dabei jedenfalls die vorliegende Auffälligkeitsprüfung. Die Auffälligkeitsprüfung betrifft regelmäßig Fälle, in denen - wie hier bezogen auf die Verweildauer - die Krankenkassen Zweifel daran haben können, dass das Krankenhaus seine Leistung unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs. 1 SGB V) erbracht hat (vgl. BSG Urteil vom 10.03.2015 - B 1 KR 2/15 R).
Die Klägerin hat das Verfahren wirksam eingeleitet, indem sie der Beklagten innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 PrüfvV 2014, d.h. sechs Wochen nach Rechnungsstellung mitgeteilt hat, dass sie eine Fehlbelegungsprüfung durchführt.
Die Beklagte hat die vom SMD wirksam angeforderten Unterlagen nicht innerhalb der Frist des § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV 2014 vorgelegt. Erforderlich ist hierbei grundsätzlich eine vollständige Übersendung der angeforderten Unterlagen.
Der SMD hat die zu übersendenden Unterlagen bezeichnet, die aus seiner Sicht für die Prüfung erforderlich sind. Diese Aufforderung ist spätestens am 09.08.2016 bei der Klägerin eingegangen, da diese an diesem Tag ein entsprechendes Antwortschreiben verfasst hat. Anhand des Verwendungszwecks (Name der Versicherten und Aufenthaltsdaten) ist erkennbar, dass beide Beteiligte in ihren Schreiben von dem hier streitigen Krankenhausaufenthalt der Versicherten und nicht etwa von dem zeitlich späteren Aufenthalt ausgegangen sind. Die Aufforderung war auch - insbesondere hinsichtlich der hier streitigen Unterlage des Pflegeberichts - bestimmt genug, da die genauen Daten des zu prüfenden Zeitraums angegeben waren.
Die Beklagte hat innerhalb der Frist des § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV 2014 zwar Behandlungsunterlagen an den SMD übermittelt, denn das entsprechende Begleitschreiben ist am 11.08.2016 beim SMD eingegangen.
Sie kann allerdings nicht den Nachweis führen, dass diese Übermittlung alle vom SMD angeforderten Unterlagen umfasste. Die Beklagte ist hierfür beweisbelastet, da es sich um eine für sie günstige Tatsache handelt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.07.2020 - L 16 KR 395/16 - Rz 40 nach juris).
Es ist nicht nachgewiesen, dass Bestandteil der übermittelten Unterlagen auch der angeforderte Pflegebericht für die Zeit vom 01.06. bis zum 14.06.2016 war. Dass die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 09.08.2016 neben der Pflegeinformationsliste vom 21.07.2016 bis zum 29.07.2016 auch noch den Pflegebericht für den hier streitigen Zeitraum übersandt hat, ist nicht zwar nicht sicher auszuschließen. Allerdings hat die Zeugin Z in ihrer Stellungnahme vom 15.12.2016 eine detaillierte Aufstellung der zahlreichen eingereichten Unterlagen vorgenommen und dort ausdrücklich den fehlenden Pflegebericht moniert. Die Beklagte hat demgegenüber in ihrem Begleitschreiben nicht einmal die Daten der übersandten Unterlagen aufgeführt. Es spricht daher viel dafür, dass der Pflegebericht für den streitigen Zeitraum tatsächlich in dem übersandten Umschlag nicht enthalten war. Diese Erwägung wird durch das Ergebnis der erstinstanzlichen Befragung der Zeugin Z jedenfalls nicht in Frage gestellt. Dass die Beklagte den Bericht mit separater Post alleine oder versehentlich zusammen mit anderen Unterlagen, z.B. solchen, die den später auch streitig gestellten Behandlungszeitraum betrafen, an den SMD geschickt hat, ist nicht einmal schlüssig vorgetragen.
cc)
Der Senat kann offenlassen, ob § 7 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 PrüfvV 2014 eine materielle Präklusionsregelung darstellt und die Regelung nach vorgenannter Rechtsprechung durch die Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs 2 KHG gedeckt ist (vgl. obiter dictum des BSG im Urteil vom 19.11.2019 - B 1 KR 33/18 R - Rz. 16 nach juris).
Denn die Klägerin kann sich vorliegend nicht auf eine Präklusion berufen. Dies wäre treuwidrig im Sinne des § 242 BGB, da der hier allein fehlende Pflegebericht für die erforderliche medizinische Feststellung unerheblich ist.
Das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer ergibt sich nämlich bereits aus den übrigen von der Beklagten zur Verfügung gestellten medizinischen Unterlagen, namentlich aus der bereits im August 2016 von der Beklagten übersandten „Fieberkurve“ (s.o.). Die Zeugin Z hat für die Klägerin in ihrer letzten Stellungnahme selbst ausgeführt, dass der Pflegebericht lediglich „hilfreich“ gewesen sei, „die stationäre Behandlungsbedürftigkeit zu unterstreichen“. Bezeichnenderweise hat die Zeugin die Stellungnahme auch damit eingeleitet, dass sie die stationäre Behandlungsbedürftigkeit damals aus „formalen“ Gründen nicht habe bestätigen können, da der ausdrücklich angeforderte Pflegebericht für den Zeitraum nicht vorgelegt worden sei.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 sowie 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).