Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.01.2020 geändert und der Bescheid der Beklagten vom 16.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 insoweit aufgehoben, als die Beklagte darin die nicht beantragte Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die von der Klägerin ab dem 01.07.2007 ausgeübte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) abgelehnt hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/10 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) für die ab dem 01.07.2007 ausgeübte Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1), einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber, umstritten; die Klägerin begehrt die Feststellung, dass eine ursprünglich erteilte Befreiungsentscheidung nach Arbeitgeberwechsel auch für diese Beschäftigung fortwirkt.
Die am 00.00.1971 geborene Klägerin ist Volljuristin. Seit dem 25.01.2003 ist sie sowohl als Rechtsanwältin zugelassen als auch Mitglied der Rechtsanwaltskammer Köln und des Beigeladenen zu 2).
Die Klägerin beantragte bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Rechtsvorgängerin der Beklagten am 13.10.2003 - unter Verwendung deren Vordrucks - die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt und gab dazu u.a. an, seit dem 01.10.2003 „angestellt“ und „berufsspezifisch beschäftigt" zu sein „als Referentin/Rechtsabteilung beim Verband R e.V., L“. Ausdrücklich auf diesen Antrag hin befreite die BfA die Klägerin mit Bescheid vom 29.12.2003 - unter Verwendung eines Formulars - ab dem 01.10.2003 von der Versicherungspflicht in der GRV: Unter der Überschrift: „Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI“ verfügte die BfA - nach der Grußformel -, „auf Ihren Antrag werden Sie von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit.“ In einem diesem Satz drucktechnisch unmittelbar folgenden Kasten wurden das Eingangsdatum des Befreiungsantrags (13.10.2003), die Art der berufsständischen Beschäftigung bzw. Tätigkeit (Rechtsanwältin), der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses (01.10.2003), der Beginn der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und der Berufskammer (25.01.2003) sowie der Beginn der Befreiung (01.10.2003) eingetragen. Unterhalb dieses Kastens wurde angeführt: „Die Befreiung gilt für die oben genannte und weitere berufsspezifische Beschäftigungen / Tätigkeiten, solange hierfür eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer besteht und solange Versorgungsabgaben bzw. Beiträge in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung zur GRV zu zahlen wären.“ Hinter der Rechtsmittelbelehrung folgte die umrahmte Aufforderung: „Bitte auch die Hinweise auf der Rückseite beachteten!“. Auf der Rückseite des Bescheides befanden sich folgende „Hinweise“:
„Die Befreiung ist nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Die Befreiung gilt auch für außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Versorgungseinrichtung ausgeübte berufsspezifische Beschäftigungen / Tätigkeiten, wenn die Pflichtmitgliedschaft in der bisherigen Versorgungseinrichtung freiwillig fortgesetzt wird, vorausgesetzt, die freiwillige Mitgliedschaft tritt an die Stelle der Pflichtmitgliedschaft in der an sich zuständigen Versorgungseinrichtung.
Die Befreiung erstreckt sich nicht auf berufsfremde Beschäftigungen / Tätigkeiten, selbst wenn die Mitgliedschaft in der Berufskammer und in der Versorgungseinrichtung fortbesteht, insoweit sind Pflichtbeiträge zur GRV zu zahlen.
Die Befreiung wird jedoch auf eine berufsfremde Beschäftigung / Tätigkeit erstreckt, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und die Versorgungseinrichtung für die Zeit dieser Beschäftigung / Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die Entscheidung hierüber trifft die zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (Krankenkasse).
Die BfA hat die Befreiung aufzuheben, wenn
- die Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und damit auch in der Versorgungseinrichtung endet
- Versorgungsabgaben nicht mehr in gleicher Höhe geleistet werden wie ohne die Befreiung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen wären.
Sie sind daher verpflichtet, der BfA die Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen. Wird die berufsspezifische Beschäftigung/Tätigkeit aufgegeben, ohne dass die Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer endet, ist dies kein Grund, den Befreiungsbescheid aufzuheben.“
Die Klägerin beendete das Arbeitsverhältnis beim Verband R e.V. und nahm ab dem 01.07.2007 eine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) als Syndikusanwältin - laut Stellen- und Funktionsbeschreibung vom 05.03.2015 in der Abteilung „SR Recht“ - auf; wegen der weiteren Einzelheiten der Tätigkeit wird auf diese Beschreibung Bezug genommen. Aus dieser Beschäftigung wurden Beiträge zur Altersvorsorge bis zum 31.12.2014 an den Beigeladenen zu 2) entrichtet.
Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 1) meldete diese die Klägerin ab dem 01.01.2015 für ihre dortige Tätigkeit als versicherungspflichtig in der GRV an und entrichtete seitdem Pflichtbeiträge zur GRV an die Beklagte; zudem forderte die Beigeladene zu 1) die Klägerin auf, einen Befreiungsbescheid bezogen auf ihre konkrete Tätigkeit als Juristin in der Abteilung SR vorzulegen oder eine Bestätigung der Beklagten beizubringen, dass der Befreiungsbescheid vom 29.12.2003 auch diese Tätigkeit erfasse (Schreiben vom 05.01.2015).
Nach Durchführung der Betriebsprüfung teilte die Beklagte - Prüfdienst - der Beigeladenen zu 1) u.a. Folgendes mit (Prüfmitteilung vom 14.04.2015): Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinen Urteilen vom 31.10.2012 - B 12 R 5/10 R, B 12 R 8/10 R und B 12 R 3/11 R - klargestellt, dass ausnahmslos jede Entscheidung über die Befreiung eines Pflichtmitgliedes eines Versorgungswerkes von der Versicherungspflicht in der GRV nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber gelte; bei Aufgabe der Tätigkeit ende die Befreiung, frühere Bescheide würden gegenstandslos. Syndikusanwälte, die keinen aktuellen Befreiungsbescheid für ihre derzeit ausgeübte Tätigkeit besäßen, seien spätestens zum 01.01.2015 zur GRV anzumelden und Beiträge laufend zu zahlen. Bei Anmeldung zum 01.01.2015 würden keine Beiträge für die Vergangenheit gefordert, sofern der Syndikusanwalt in der Vergangenheit einen Befreiungsbescheid besessen habe, als Rechtsberater für seinen Arbeitgeber tätig und durchgehend als Rechtsanwalt zugelassen gewesen sei; Arbeitsverträge, „alter“ Befreiungsbescheid und Kammerzulassung seien zu den Entgeltunterlagen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages - Beitragsverfahrensverordnung - BVV) zu nehmen. Die Überprüfung habe nach Auswertung der eingereichten Unterlagen für die Klägerin zu keinen Beanstandungen geführt.
Die Beigeladene zu 1) setzte die Klägerin über die Prüfmitteilung vom 14.04.2015 in Kenntnis und sah sich dadurch in ihrer Rechtsauffassung bestätigt, dass die Anmeldung der Klägerin zur (renten-)versicherungspflichtigen Beschäftigung und die Abführung von Beiträgen zur GRV - jeweils ab dem 01.01.2015 - nicht zu beanstanden sei, zumal die Klägerin keinen gültigen Befreiungsbescheid für ihre aktuelle Tätigkeit vorgelegt habe (Schreiben vom 03.07.2015).
Die Klägerin vertrat demgegenüber den Rechtsstandpunkt, dass sich die Befreiung bereits unmittelbar aus dem Altbescheid vom 29.12.2003 ergebe und begehrte mit am 24.08.2015 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 20.08.2015 „im Hinblick auf [...] die resultierende Rechtsunsicherheit [...] eine klarstellende Feststellung dahingehend [...], dass die im Bescheid vom 29.12.2003 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch die ab dem 01.07.2007 von mir ausgeübte Beschäftigung“ bei der Beigeladenen zu 1) erfasst“. Der Befreiungsbescheid vom 29.12.2003 entfalte ungeachtet des Arbeitgeberwechsels im Juli 2007 für ihre nachfolgende Beschäftigung als Rechtsanwältin Gültigkeit. Die Klägerin bat die Beklagte zudem, ihre Ummeldung zur GRV durch die Beigeladene zu 1) rückgängig zu machen.
Mit Bescheid vom 16.11.2015 lehnte die Beklagte „den Antrag vom 24.08.2015 auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)“ ab, da dessen Voraussetzungen mangels Beschäftigung der Klägerin als Rechtsanwältin bei der Beigeladenen zu 1) nicht vorlägen; sie sei bei dieser als Syndikusanwältin tätig, da sie als ständige Rechtsberaterin in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stehe. Eine Befreiung für diese Beschäftigung könne auch nicht aus einer für eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber erteilten Vorbefreiung hergeleitet werden: Der Befreiungsbescheid vom 29.12.2003 beziehe sich ausschließlich auf die konkrete Tätigkeit, für die sie beantragt und ausgesprochen worden sei; er sei mit Aufgabe der Tätigkeit als Referentin beim Verband R e.V. unwirksam geworden.
Zur Begründung ihres dagegen am 15.12.2015 erhobenen Widerspruchs führte die Klägerin aus, sie habe keinen neuen Antrag auf Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gestellt, sondern lediglich um Feststellung gebeten, dass die im ursprünglichen Bescheid vom 29.12.2003 ausgesprochene Befreiung auch ihre ab dem 01.07.2007 ausgeübte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) erfasse; dieser Befreiungsbescheid sei nicht unwirksam; die darin enthaltene Formulierung zur Befreiung sei ausdrücklich dahin zu verstehen, dass eine weitergehende selbständige Regelung zur Dauer der Befreiung getroffen werde und sie bei gleichbleibenden Voraussetzungen von der Versicherungspflicht in der GRV befreit bleiben sollte; jedenfalls streite Vertrauensschutz auf ein Fortbestehen der ursprünglichen Befreiung zu ihren Gunsten (Schreiben vom 13.12.2015 und 22.03.2016).
Das Angebot der Beklagten, das Schreiben der Klägerin vom 22.03.2016 als fristgerechten Antrag auf rückwirkende Befreiung nach dem neugeschaffenen § 231 Abs. 4b SGB VI zu werten und den Widerspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss eines (neuen) Befreiungsverfahrens nach dem am 01.01.2016 in Kraft getretenen Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung ruhend zu stellen, lehnte die Klägerin ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2017 wies die Beklagte den Widerspruch, mit dem die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die ab dem 01.07.2007 aufgenommene Beschäftigung begehrt habe, zurück. Eine solche Befreiung komme nicht in Betracht. Das BSG habe durch seine Entscheidungen vom 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 3/14 R - klargestellt, dass abhängig beschäftigte Rechtsanwälte bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern nicht von der Versicherungspflicht in der GRV befreit werden könnten. Eine wirksame Befreiung sei auch nicht aus einer für eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber erteilten Vorbefreiung herzuleiten. Ferner streite Vertrauensschutz nicht zugunsten der Klägerin. Ein solcher stehe nur dem Inhaber eines aktuellen, für die derzeit ausgeübte Beschäftigung erteilten (rechtswidrigen) Befreiungsbescheides zu. Rückwirkend sei diese Befreiung nur noch über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt durch die örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer möglich, welche die Klägerin bisher nicht beantragt habe, so dass auch eine Befreiung nach der neuen Gesetzeslage ausscheide.
Zur Begründung ihrer am 04.09.2017 beim Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin sich gegen die Bescheidung ihrer Anfrage vom 20.08.2015 als Neuantrag auf Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI durch die Beklagte gewandt. Dies habe nicht ihrem tatsächlichen Begehren entsprochen und sei auch nicht als sachdienlich anzusehen. Sie habe vielmehr ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens und des Umfangs der mit Bescheid vom 29.12.2003 erfolgten Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV geltend gemacht, was sie weiterhin verfolge; die ursprünglich erteilte Befreiung sei unverändert wirksam. Die Ausführungen im Befreiungsbescheid vom 29.12.2003 hätten sich - im Unterschied zu den inzwischen vom BSG zur Auslegung von Formularbescheiden entschiedenen Fällen (Urteile vom 13.12.2018 - B 5 RE 1/18 R und B 5 RE 3/18 R -) - nicht auf eine Befreiung für die jeweilige konkrete Beschäftigung, was sich auch aus dem Aufsatz von Matern, RVaktuell 7/2013, S. 151 ff ergebe, beschränkt: Es sei vielmehr - nach dem Empfängerhorizont eines verständigen (objektiven) Beteiligten auslegend - eine weitergehende selbstständige Regelung zur Dauer der Befreiung getroffen worden dergestalt, dass der Berechtigte bei gleichbleibenden Voraussetzungen von der Versicherungspflicht in der GRV befreit bleiben solle; der Bescheid setze die Art der berufsständischen Beschäftigung mit Rechtsanwältin fest. Es komme nicht auf ein konkretes Beschäftigungsverhältnis an, sondern ausschließlich auf die Ausübung einer berufsspezifischen Tätigkeit als „Rechtsanwältin“, hierfür stehe der Begriff „tätigkeitsbezogen“ im Bescheid. Daraus sei zu entnehmen, dass die Befreiung für einen künftig möglichen Arbeitgeberwechsel Bestand haben solle und sich nur auf berufsfremde Tätigkeiten nicht erstrecke. Sie, die Klägerin, sei jedoch nach dem Arbeitgeberwechsel in demselben Beruf geblieben. Selbst die Beklagte sei nicht von einer berufsfremden Beschäftigung ausgegangen, wie aus der Prüfmitteilung vom 14.04.2015 deutlich werde. Überdies sei ihr aus der Praxis der Beklagten Vertrauensschutz erwachsen. Diese habe seinerzeit den Anschein erweckt, dass Inhaber einer Vorbefreiung auf deren Bestand vertrauen dürften. Aufgrund dessen habe sie von einer erneuten Antragstellung oder Anfrage bei der Beklagten abgesehen, zumal zum Zeitpunkt des Arbeitgeberwechsels auch alle Voraussetzungen für eine erneute Befreiung im Hinblick auf ihre Tätigkeitsbeschreibung bei der Beigeladenen zu 1) nach der seinerzeitigen Verwaltungspraxis der Beklagten vorgelegen hätten.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 16.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die im Bescheid vom 29.12.2003 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch die ab dem 01.07.2007 ausgeübte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) umfasst.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf den Inhalt ihrer angefochtenen Verwaltungsentscheidung berufen und ergänzt, das BSG habe insbesondere in den Urteilen aus Dezember 2018 klargestellt, dass ausnahmslos jede Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber gelte; so stellten auch die weiteren Ausführungen im Befreiungsbescheid vom 29.12.2003 lediglich erläuternde Hinweise dar, indes keine Teile des Verfügungssatzes. Hieraus folge, dass die Befreiung gegenstandslos werde, wenn die der Entscheidung zugrundeliegenden Voraussetzungen entfielen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage durch Urteil vom 27.01.2020 abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte entschieden, dass der Befreiungsbescheid vom 29.12.2003 nicht für die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) gelte. Streitgegenstand sei nicht eine Entscheidung über einen neuen Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Die Klägerin habe bereits im Rahmen ihres Schreibens vom 20.08.2015 ausdrücklich deutlich gemacht, dass sie nicht den Erlass eines (erstmaligen) Befreiungsbescheides begehre, sondern lediglich die Klarstellung, dass sich die ursprüngliche Befreiungsentscheidung auch auf ihre nach dem Arbeitgeberwechsel durchgeführte Tätigkeit „erstrecke“. Auf diese Frage beschränke sich auch die gerichtliche Überprüfung. Die im Bescheid vom 29.12.2003 ausgesprochene Befreiung wirke nicht für die ab dem 01.07.2007 bei der Beigeladenen zu 1) aufgenommene Tätigkeit fort. Der Befreiungsbescheid beziehe sich nur auf die damalige Tätigkeit der Klägerin als Referentin bei dem Verband R e.V., er lasse sich nicht in dem von der
Klägerin gewünschten Sinn auslegen. In diesem Bescheid sei einschränkend formuliert, dass die Befreiung für die dort genannte Tätigkeit als Rechtsanwältin und weitere berufsspezifische Tätigkeiten gelte, solange hierfür eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung bestehe. Daraus könne ein verständiger Empfänger erkennen, dass die Befreiung gerade nicht unbeschränkt, sondern lediglich für in Zukunft aufgenommene Tätigkeiten als Rechtsanwältin fortwirken solle, die gerade an die Pflichtmitgliedschaft in Kammer und Versorgungswerk (sog. doppelte Pflichtmitgliedschaft) anknüpften. Bei ihrer Beschäftigung für die Beigeladene zu 1) sei die Klägerin aber gerade nicht als Rechtsanwältin tätig gewesen. Unmissverständlich sei in dem Bescheid vom 29.12.2003 auch ausgeführt, dass die Befreiung sich nicht auf berufsfremde Beschäftigungen erstrecke, selbst wenn die Mitgliedschaft in der Kammer und der Versorgungseinrichtung fortbestehe. Darüber hinaus habe nicht die Beschäftigung als Syndikusanwältin die Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer begründet. Die Klägerin sei auch nicht wegen der bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Beschäftigung Pflichtmitglied des Beigeladenen zu 2). Zudem werde in den im Bescheid vom 29.12.2003 enthaltenen Hinweisen ausgeführt, dass die Befreiung nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen gelte. Eine Tätigkeit als Rechtsanwältin habe die Klägerin aber ab dem 01.07.2007 im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) nicht ausgeübt. Eine Aufhebung des Bescheides nach §§ 44 ff Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei nicht notwendig, da die Ausführungen sowohl vor als auch nach der Rechtsbehelfsbelehrung einen eindeutigen Geltungszeitraum der Befreiungsentscheidung festgelegt hätten. Auch aus der früheren Verwaltungspraxis der Beklagten („Vier-Kriterien-Theorie“) sei kein anderes Ergebnis herzuleiten, denn die Klägerin sei nicht Inhaberin einer begünstigenden Befreiungsentscheidung betreffend die am 01.07.2007 aufgenommene Beschäftigung bei der Beigeladenden zu 1), so dass sie kein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand einer solchen Entscheidung haben könne. Vertrauen hätte sich nur in eine - hier nicht ergangene - bestandskräftige Entscheidung der Beklagten über die Befreiung für die aktuell konkret ausgeübte Tätigkeit bilden können. Allein die Hoffnung, dass der Träger der Rentenversicherung auch für spätere Arbeitsverhältnisse eine ähnliche Entscheidung wie am 29.12.2003 treffe, sei nicht schutzwürdig. Die Klägerin habe der Beklagten - entgegen der entsprechenden Aufforderung im Bescheid vom 29.12.2003 - nicht einmal den Wechsel des Arbeitgebers angezeigt. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin sei aus der Prüfungsmitteilung der Beklagten im Rahmen der Betriebsprüfung vom 14.04.2015 im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Notwendigkeit der Anmeldung sämtlicher Syndikusanwälte zu entnehmen, dass die erfolgte Anmeldung der Klägerin beanstandungsfrei sei.
Gegen das am 23.03.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.04.2020 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihren erstinstanzlichen Vortrag und betont, dass über eine Befreiung von der Versicherungspflicht nicht von Amts wegen, sondern allein auf einen - hier nicht gestellten - Antrag zu entscheiden sei. Bereits deshalb sei der Anfechtungsklage stattzugeben. Sie habe - entgegen der Auffassung des SG - auch keine „Erstreckung“ der Befreiung vom 29.12.2003 (gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI) auf die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) beantragt, sondern die Feststellung, dass ihre am 01.07.2007 aufgenommene Tätigkeit vom Geltungsbereich dieser Befreiung erfasst sei. Es handele sich bei der für die Beigeladene zu 1) ausgeübten Tätigkeit ausweislich der Stellen- und Funktionsbeschreibung um eine für eine Rechtsanwältin typische Tätigkeit, die durch Rechtsberatung, Rechtsvermittlung, Rechtsgestaltung und Rechtsentscheidung geprägt sei. Sie sei ausdrücklich als Syndikusanwältin tätig. Sie habe die Verfügungssätze des Befreiungsbescheides vom 29.12.2003 gerade zum Anlass genommen, von einem erneuten Antrag für ihre ab 01.07.2007 aufgenommene Beschäftigung abzusehen. Dieses Vertrauen sei schutzwürdig. Im Übrigen sei sie nicht schlechter zu stellen als diejenigen Personen, die einen Antrag nach § 231 Abs. 4b SGB VI gestellt hätten.
Die Klägerin, die seit dem 31.01.2020 als Syndikusrechtsanwältin von der Rentenversicherungspflicht für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) befreit ist (Bescheid vom 25.06.2020), beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.01.2020 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 16.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die im Bescheid vom 29.12.2003 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch die ab dem 01.07.2007 ausgeübte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) erfasst, soweit es um den Zeitraum bis zum 30.01.2020 geht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Eine Befreiung sei stets auf die jeweils ausgeübte konkrete Beschäftigung oder Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber beschränkt. Sie werde mit einer inhaltlichen Umgestaltung des Arbeitsplatzes, mit einem Wechsel des Aufgabengebiets oder mit der Aufgabe der Beschäftigung gegenstandslos, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung des Befreiungsbescheides bedürfe. So habe sich auch der Befreiungsbescheid vom 29.12.2003 eindeutig auf deren Beschäftigung ab 01.10.2003 beim Verband R e.V. bezogen. Auch könne von einer anwaltlichen Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) angesichts des Über- und Unterordnungsverhältnisses nicht ausgegangen werden.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
A. Die zulässige Berufung ist hinsichtlich des Anfechtungsantrags (dazu I.) teilweise begründet (dazu II.); im Übrigen ist sie unbegründet (dazu III.).
I. Das SG hat den Streitgegenstand teilweise verkannt, indem es ausdrücklich die von der Klägerin auch angefochtene Ablehnung eines - angeblichen - Neuantrags auf Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI im Bescheid vom 16.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 nicht überprüft und gleichwohl durch instanzbeendendes Vollurteil die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage abgewiesen hat.
Gegenstand des Klageverfahrens ist - hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens - die vollständige Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 16.11.2015 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.08.2017), d.h. sowohl hinsichtlich der Ablehnung einer Neubefreiung als auch in Bezug auf die versagte Feststellung einer Befreiungswirkung des Altbescheides vom 29.12.2003 für die ab dem 01.07.2007 ausgeübte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1). Das ergibt sich durch Auslegung des Vorbringens der Klägerin entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der ersten Instanz. Die Klägerin hat sich bereits in der Klagebegründung ausdrücklich gegen die Bescheidung ihrer Anfrage vom 24.08.2015 als Neuantrag auf Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI durch die Beklagte gewandt, weil es - von Ihrem Rechtsstandpunkt aus - gerade keiner Neubefreiung und dementsprechend auch keines Neuantrags bedurfte. Die Klägerin hat von Anfang an stets eine Aufhebung sämtlicher Regelungen des angefochtenen Bescheides verlangt; ihr Begehren war insoweit von vornherein als Anfechtungsantrag auf Vollkassation zu behandeln (vgl. §§ 95, 123 SGG). Dementsprechend hat das SG in den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils ausgeführt, die Klägerin habe bereits im Rahmen ihres Schreibens vom 20.08.2015 ausdrücklich deutlich gemacht, dass sie nicht den Erlass eines (erstmaligen) Befreiungsbescheides begehre, sondern lediglich die Klarstellung, dass sich die ursprüngliche Befreiungsentscheidung auch auf ihre nach dem Arbeitgeberwechsel durchgeführte Tätigkeit „erstrecke“. Soweit das SG daraus aber schlussfolgert, auf diese Klarstellung beschränke sich auch die gerichtliche Überprüfung, geht es fehl. Die Klägerin hat keine Teilanfechtungsklage erhoben, sondern den Bescheid der Beklagten vom 16.11.2015 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.08.2017) - gerade auch - deshalb angefochten, weil er eine Entscheidung über die nicht begehrte Neubefreiung trifft. Wenn sich - wie hier - das SG nur mit der Ablehnung der Feststellung, dass der Altbescheid befreiende Wirkung für die aktuelle Beschäftigung entfaltet, befasst und daneben die Ablehnung der - nicht beantragten - Neubefreiung bewusst übergangen hat, ist das Berufungsgericht ohne vorheriges Urteilsergänzungsverfahren (§ 140 SGG) verpflichtet, auch über diesen Teil des Anfechtungsbegehrens zu entscheiden (§§157 Satz 1, 153 Abs. 1, 123 SGG; Keller: in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 140 Rn. 2c). Der Rechtsirrtum des SG, der auf der unzutreffenden Auslegung des geltend gemachten Klagebegehrens beruht, ist typischer Grund für eine bewusste Ausklammerung eines Teils des Klagebegehrens aus der einen Rechtsstreit abschließenden Entscheidung durch ein Vollurteil (BSG, Beschluss vom 02.04.2014 - B 3 KR 3/14 B - Rn. 10, juris).
II. Zu Unrecht hat das SG die insofern zulässige reine Anfechtungsklage abgewiesen, als die Beklagte im Bescheid vom 16.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 die Neubefreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die von der Klägerin ab dem 01.07.2007 ausgeübte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) abgelehnt hat. Die isolierte Anfechtungsklage ist begründet; der Bescheid vom 16.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin auch in ihren subjektiven Rechten.
Im angefochtenen Bescheid vom 16.11.2015 hat die Beklagte zwei Verfügungen getroffen: Einerseits hat sie die Feststellung abgelehnt, dass die ursprünglich in dem Bescheid vom 29.12.2003 erteilte Befreiung auch die Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) erfasse, weil sich dieser Altbescheid ausschließlich auf die konkrete Tätigkeit, für die die Befreiung beantragt worden sei, bezogen habe und sich daraus keine Befreiung für die aktuelle Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) herleiten lasse. Andererseits hat die Beklagte - unter Bezugnahme auf „den Antrag“ der Klägerin vom 24.08.2015 - eine (neue) Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die am 01.07.2007 aufgenommene Beschäftigung abgelehnt. Die Klägerin hatte indes in ihrem Schreiben vom 24.08.2015 eine solche Befreiung gar nicht beantragt. Dies ergibt sich aus der eindeutigen Antragsformulierung, in welcher es ihr allein um eine „klarstellende Feststellung“ ging, dass die im Bescheid vom 29.12.2003 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch die ab dem 01.07.2007 von ihr ausgeübte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) erfasse. An diesem Begehren hielt die Klägerin auch in ihrer Widerspruchsbegründung fest und wandte sich ausdrücklich gegen die nicht beantragte, gleichwohl im Bescheid vom 16.11.2015 erfolgte Ablehnung einer Neubefreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Dennoch erging - unter Verkennung des Antragserfordernisses (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2021 - B 5 RE 2/20 R -, Rn. 14, juris; vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 07.02.2019 - L 14 R 295/18 -, Rn. 25, juris) - eine ablehnende Widerspruchsentscheidung auch hinsichtlich der Neubefreiung für die ab dem 01.07.2007 ausgeübte Beschäftigung. Insofern ist die angefochtene Entscheidung der Beklagten rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren subjektiven (Dispositions-)Rechten, über die Art einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV (originäre Neubefreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, Erstreckung einer bereits erteilten Befreiung auf eine neue Beschäftigung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI, Feststellung der Fortgeltung einer Altbefreiung auf eine neue Beschäftigung) selbst zu verfügen.
III. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Die kombinierte (restliche) Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, Abs. 2, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG) ist zwar zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). Soweit die Beklagte im Bescheid vom 16.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 feststellt, dass aus dem Altbescheid vom 29.12.2003 keine Befreiung für die Beschäftigung der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 01.07.2007 folgt, ist die Klägerin nicht im Sinn von § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da diese Entscheidung rechtmäßig ist.
1. Die Klägerin hat zur Durchsetzung ihres Begehrens zulässigerweise eine Anfechtungsklage gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 16.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 mit einer Feststellungsklage verbunden (§ 56 SGG). Nach § 55 Abs.1 Nr. 1 SGG kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Die Frage, ob für eine bestimmte (konkrete) Beschäftigung Versicherungspflicht in der GRV besteht oder aber eine früher ausgesprochene Befreiung auch hierfür gilt, hat das Bestehen eines solchen Rechtsverhältnisses zum Gegenstand (vgl. BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 8/10 R - Rn. 11, juris). Die Bejahung von Versicherungspflicht begründet Beitragspflichten, aber auch leistungsrechtliche Rechtsbeziehungen zum zuständigen Rentenversicherungsträger. Daraus folgt zugleich ein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne des § 55 Abs. 1 SGG an der von ihr begehrten Feststellung, dass sie für die ausgeübte Beschäftigung von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Das Feststellungsinteresse ist hier auch nicht aufgrund eines denselben Gegenstand regelnden und bindend geworden Verwaltungsakts (§ 77 SGG) entfallen (s. dazu BSG, Urteil vom 13.12.2018 - B 5 RE 1/18 R -, Rn. 29 - 32, juris; BSG, Urteil vom 23.09. 2020 - B 5 RE 6/19 R -, Rn. 12, juris). Denn die Klägerin hat den Bescheid vom 16.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 - soweit er die Ablehnung des nichtgestellten Neuantrags betrifft erfolgreich (siehe vorstehend unter II.) - angefochten.
2. Die übrige Anfechtungs- und Feststellungsklage ist unbegründet; der Bescheid vom 16.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 ist insoweit rechtmäßig. Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt festzustellen, dass die Befreiung des Altbescheides vom 29.12.2003 auch für die ab dem 01.07.2007 ausgeübte Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) gilt. Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für diese Beschäftigung vom 01.07.2007 bis zum 30.01.2020 ergibt sich trotz fortbestehender Mitgliedschaft der Klägerin beim Beigeladenen zu 2) weder unmittelbar aus dem früheren Befreiungsbescheid vom 29.12.2003 (dazu a) noch aus diesem in Verbindung mit Vertrauensschutzgesichtspunkten (dazu b).
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die zum 01.07.2007 bei der Beigeladenen zu 1) aufgenommene Tätigkeit nicht von der Geltungswirkung der „Altbefreiung“ erfasst: Die im Bescheid vom 29.12.2003 erteilte Befreiung vermag zugunsten der Klägerin keine Rechtswirkungen (mehr) zu entfalten, seitdem diese ihre Beschäftigung beim Verband R e.V. aufgegeben hat. Die Auslegung dieses Formularbescheides ergibt, dass sich die darin verfügte Befreiung der Klägerin von der Rentenversicherungspflicht allein auf deren am 01.10.2003 aufgenommene Tätigkeit als Referentin in der Rechtsabteilung beim Verband R e.V., L, bezogen hat (dazu aa) und mit Aufgabe dieser Beschäftigung unwirksam geworden ist (dazu bb).
aa) Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist folgender Maßstab für die Auslegung von Bescheiden über die Befreiung von der Versicherungspflicht anzuwenden: Ausgehend von seinem Verfügungssatz und der Heranziehung des in § 133 BGB ausgedrückten allgemeinen Rechtsgedankens hat die Auslegung eines Verwaltungsaktes so zu erfolgen, dass es nicht auf den Buchstaben, sondern den wirklichen Willen der Behörde bzw. des Verwaltungsträgers ankommt, soweit er im Bescheid greifbar seinen Niederschlag gefunden hat. Für die Ermittlung des erklärten Willens sind dabei auch die Umstände und Gesichtspunkte heranzuziehen, die zur Aufhellung des Inhalts der Verfügung beitragen können und die den Beteiligten bekannt sind, wenn der Verwaltungsakt sich erkennbar auf sie bezieht. Maßstab der Auslegung ist insofern der verständige und Zusammenhänge berücksichtigende Beteiligte (BSG, Urteil vom 22.03.2018 - B 5 RE 5/16 R -, Rn. 27, juris m.w.N.; BSG, Urteile vom 13.12.2018 - B 5 RE 1/18 R -, Rn. 49 und - B 5 RE 5/16 R -, Rn. 27, jeweils juris; BSG, Beschluss vom 15.12.2020 - B 5 RE 11/20 B -, Rn. 12, juris).
Unter Beachtung dieser Vorgaben ist der Bescheid vom 29.12.2003 aus Sicht des Senats dahin zu verstehen, dass er die Klägerin von der Rentenversicherungspflicht allein für die zum 01.10.2003 beim Verband R e.V. aufgenommene Beschäftigung mit antragsgemäßer Wirkung - zum frühestmöglichen Zeitpunkt - ab dem 01.10.2003 befreit. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Bescheid keinem dahin gehenden Verständnis - im Sinne eines weiteren Verwaltungsaktes - zugänglich, dass die Befreiung unabhängig von dieser konkreten Beschäftigung über deren Aufgabe hinaus weiter gilt und jede weitere berufsspezifische Beschäftigung der Klägerin als Rechtsanwältin (auch nach Arbeitgeberwechsel), und damit insbesondere diejenige bei der Beigeladenen zu 1) im Zeitraum vom 01.07.2007 bis 30.12.2020, erfasst.
Einen Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz [SGB X]), nämlich die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der GRV für die Beschäftigung als Referentin in der Rechtsabteilung beim Verband R e.V. ab dem 01.10.2003, enthält nur der Eingangssatz des Bescheides vom 29.12.2003 in Verbindung mit den ihm drucktechnisch unmittelbar folgenden und ihn konkretisierenden Angaben im Kasten. Dies ergibt sich sowohl aus der äußeren Gestaltung der Ausführungen als auch aus ihrem Inhalt: Durch die Umrahmung der einzelnen Eintragungen (zum Eingangsdatum des Befreiungsantrags, zur Art der berufsständischen Beschäftigung, zum Beginn des Beschäftigungsverhältnisses und zur Pflichtmitgliedschaft in Versorgungseinrichtung und Berufskammer sowie zum Beginn der Befreiung) werden diese Angaben der BfA von allen nachfolgenden Angaben abgehoben; auf diese Weise wird ihnen eine hervorgehobene Bedeutung - mit unmittelbarem Bezug zur vorangestellten Befreiungsverfügung - beigemessen. Inhaltlich enthalten die konkreten Angaben im Kasten - im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs. 1 SGB X - notwendige Bestandteile des vorstehenden Verfügungssatzes. Sie sind individuell auf die zum 01.10.2003 aufgenommene Beschäftigung der Klägerin und damit auf diesen einen konkreten Einzelfall bezogen, hingegen nicht - wie die Klägerin meint - allgemein auf jedwede berufsspezifische Beschäftigung als Rechtsanwältin zu verstehen. Zwar ist als Art der berufsspezifischen Tätigkeit diejenige der Rechtsanwältin angegeben. Indes steht diese Angabe nicht isoliert von der als erstes vorgenommenen Eintragung des von der Klägerin gestellten Befreiungsantrags. Genau aus dem explizit eingetragenen Antrag vom 13.10.2003 - und dem ebenfalls genau aufgeführten Beschäftigungsbeginn - ergibt sich der konkrete Bezug der Befreiung auf die zum 01.10.2003 aufgenommene Beschäftigung. In diesem Antrag hat die Klägerin - unter Verwendung eines Vordrucks der BfA - persönlich nur ihre konkrete, seit dem 01.10.2003 ausgeübte berufsspezifische Beschäftigung (Referentin in der Rechtsabteilung) bei ihrem damaligen Arbeitgeber benannt; Ansätze für einen darüber hinaus reichenden Antragsgegenstand sind nicht ersichtlich.
Alle weiteren Ausführungen der BfA im Bescheid vom 29.12.2003, insbesondere zur Dauer der Befreiung und zu ihrer Aufhebung, haben keine eigenständige Verwaltungsaktqualität. Sie sind lediglich erläuternde Hinweise zu der bzw. im Zusammenhang mit der vorangestellten konkret-beschäftigungsbezogenen Befreiungsentscheidung. Das trifft auf die bereits mit „Hinweise“ überschriebenen und allgemein gehaltenen Angaben der Beklagten auf der Bescheidrückseite zu, sowie insbesondere auf denjenigen Satz, auf den die Klägerin ihre Rechtsauffassung stützen möchte: „Die Befreiung gilt für die oben genannte und weitere berufsspezifische Beschäftigungen / Tätigkeiten, solange hierfür eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer besteht und solange Versorgungsabgaben bzw. Beiträge in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung zur GRV zu zahlen wären.“ Denn die darin enthaltenen Ausführungen der BfA sind zum einen bereits drucktechnisch als bloße Hinweise ausgewiesen. So ergibt sich - für einen verständigen Beteiligten - aus der darunter stehenden, umrahmten Aufforderung der BfA an den Adressaten des Bescheides vom 29.12.2003, „auch“ die Hinweise auf der Rückseite zu beachten, dass bereits die Vorderseite Hinweise enthält. Da die Rechtsbehelfsbelehrung - allein was die Rechtsfolgen anlangt - eine andere Qualität hat als ein allgemeiner Hinweis, kann mit den auch auf der Vorderseite enthaltenen Hinweisen lediglich dieser Satz in Bezug genommen sein. Zum anderen ist dem Ausspruch, die Befreiung gilt für die obengenannte und weitere berufsspezifische Beschäftigungen/Tätigkeiten, inhaltlich gerade keine - automatische - Geltung der Befreiungsentscheidung für sämtliche künftigen, berufsspezifischen folgenden Beschäftigungen der Klägerin als Rechtsanwältin zu entnehmen (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 13.06.2019 - L 8 KR 236/17 -, Rn. 34, juris). Auch wenn es wörtlich „Die Befreiung gilt für ...“ heißt, so steht dieser Ausspruch nicht losgelöst von dem ebenfalls wörtlich einschränkenden Nebensatz, der mit „solange hierfür“ eingeleitet wird, und der damit jedenfalls eindeutige Voraussetzungen für eine etwaige Geltung in Bezug auf weitere berufsspezifische Tätigkeiten benennt. Ob eine weitere Beschäftigung der Klägerin diese Voraussetzungen erfüllt, erfordert demzufolge zumindest eine entsprechende Prüfung durch die BfA (oder durch die Beklagte als deren Rechtsnachfolgerin) und eine Mitteilung über ein „Ingeltungsetzen“ der Befreiung für die weitere Beschäftigung an den Bescheidadressaten. Der Ausspruch ist somit keinem Verständnis im Sinne eines Geltungsautomatismus zugänglich. Darüber hinaus sind diese Voraussetzungen für die konkrete Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) weder zu irgendeinem Zeitpunkt anerkannt worden - die Beklagte hat sie vielmehr bestritten - noch sind sie erfüllt. Denn für diese Tätigkeit der Klägerin besteht gerade keine Pflichtmitgliedschaft bei dem Beigeladenen zu 2); ebenso wenig ist sie bei der Beigeladenen zu 1) berufsspezifisch als Rechtsanwältin - wie etwa bei einem anwaltlichen Arbeitgeber -, sondern von vornherein und durchgehend „nur“ als Syndikusanwältin beschäftigt. Im Übrigen enthält auch der Antrag der Klägerin vom 13.10.2003 keinerlei Formulierung, die einer Auslegung in Sinne einer Befreiung für alle künftigen berufsspezifischen Tätigkeiten als
Syndikusrechtsanwältin bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern zugänglich wäre. Die Klägerin beantragte - unter Verwendung des von der BfA zur Verfügung gestellten Formulars - vielmehr (nur) die Befreiung von der GRV für die konkrete berufsspezifische (rechtsanwaltliche) Tätigkeit als Referentin in der Rechtsabteilung bei einem bestimmten Arbeitgeber.
bb) Unter Berücksichtigung des festgestellten Regelungsgehaltes (siehe vorstehend unter aa) entfaltet der Bescheid vom 29.12.2003 seit Aufgabe der im damaligen Befreiungsantrag der Klägerin genannten Beschäftigung beim Verband R e.V. durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Rechtswirkungen mehr. Er ist zu diesem Zeitpunkt gemäß § 39 Abs. 2 SGB X unwirksam geworden, weil er sich „auf andere Weise“ erledigt hat (vgl. BSG, Urteil vom 23.09.2020 - B 5 RE 6/19 R -, Rn. 15, juris; BSG, Urteil vom 11.03.2021 - B 5 RE 2/20 R-, Rn. 18, juris).
b) Die Klägerin kann ferner nicht mit Erfolg geltend machen, dass die von ihr ab Juli 2007 bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübte Beschäftigung aus Gründen des Vertrauensschutzes als von der Rentenversicherungspflicht befreit behandelt werden muss.
Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist ein Korrektiv im gesamten Rechtssystem und auch im Bereich des Sozialversicherungsrechts zu beachten (BSG, Urteil vom 23.09.2020 - B 5 RE 6/19 R -, Rn. 17, juris; BSG, Urteil vom 26.03.2020 - B 3 KR 9/19 R -, Rn. 25, juris). Er beschränkt jede Rechtsbeziehung immanent und ist als Einwendung von Amts wegen zu berücksichtigen. Diesem Grundsatz (Verbot des "venire contra factum proprium") zufolge darf sich ein Rentenversicherungsträger nicht zu seinem früheren Verhalten rechtsmissbräuchlich in Widerspruch setzen. Widersprüchliches Verhalten des einen Teils der Rechtsbeziehung ist rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2004 - VIII ZR 161/03 -, Rn. 20, juris). Ein Vertrauenstatbestand ist insbesondere geschaffen, wenn der Rentenversicherungsträger in einer Antwort auf die Frage des Betroffenen nach der Reichweite einer früheren Befreiung im Hinblick auf eine neu eingegangene Beschäftigung den Eindruck erzeugt hatte, auch insoweit trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein (BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 5/10 R -, Rn. 34, juris; BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R -, Rn. 33, juris). Allerdings gilt der Grundsatz von Treu und Glauben in beide Richtungen: Derjenige, der sich auf ihn beruft, musst sich selbst pflichtgemäß verhalten (vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2019 - B 12 KR 5/18 R -, Rn. 29, juris; vgl. BGH Urteil vom 15.11.1995 - IV ZR 297/93 -, Rn. 16, juris).
Nach diesem Maßstab liegt kein schützenswertes Vertrauen der Klägerin vor. Zum einen mangelt es bereits an der Schutzwürdigkeit eines eventuell betätigten Vertrauens, hat sich doch die Klägerin selbst seit Beendigung ihrer Beschäftigung beim Verband R e.V. pflichtwidrig gegenüber der BfA bzw. gegenüber der Beklagten verhalten (dazu aa und bb). Zum anderen hat die BfA bzw. die Beklagte keinen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin geschaffen (dazu cc bis ff).
aa) Der ursprüngliche Befreiungsbescheid vom 29.12.2003 legte der Klägerin in den Hinweisen auf der Rückseite Mitteilungspflichten auf, der BfA geänderte Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen. Der darin nicht ausdrücklich benannte Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses gehörte zu solchen (im Vergleich zur Ausgangslage bei der Beantragung) geänderten Umständen, zumal - wie vorstehend ausgeführt - die Befreiung nur für eine konkrete Beschäftigung und gerade nicht personenbezogen - wie sich aus dem Einleitungssatz der Hinweise ergibt - erteilt wurde. Da die Klägerin dieser Mitteilungspflicht weder nach Beendigung ihrer Beschäftigung beim Verband R e.V. noch vor Aufnahme ihrer neuen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nachgekommen ist, ist ihr Vertrauen in den Fortbestand der ursprünglichen Befreiung seit Aufnahme der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) am 01.07.2007 nicht mehr schutzwürdig.
bb) Dass die Klägerin aufgrund eigener rechtlicher Prüfung anhand vermeintlich anders interpretierter Verfügungssätze des Bescheides vom 29.12.2003 bzw. einer angeblich zu ihren Gunsten streitenden damaligen Verwaltungspraxis der Beklagten zu dem Schluss gekommen sei, auch für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) ab 01.07.2007 bestehe ein Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, entbindet sie nicht davon, diese Befreiung auch zu beantragen bzw. eine entsprechende feststellende Entscheidung der Beklagten über die angebliche Fortgeltung der Befreiung vom 29.12.2003 für die neue Tätigkeit herbeizuführen. Da die Klägerin aber gerade keinen solchen Verwaltungsakt erwirkt hat, kann sie auch nicht in einem Vertrauen, dass bei einem entsprechenden Feststellungsantrag seinerzeit eine Befreiung auszusprechen gewesen wäre, geschützt sein. Da die Klägerin die zum 01.07.2007 neu aufgenommene Beschäftigung der Beklagten nicht angezeigt hat, kann sie - mangels Kenntnis der Beklagten - noch nicht einmal aus einem wissentlichen Unterlassen, die Geltung der Altbefreiung für die neue Beschäftigung der Klägerin abzulehnen, etwas Vertrauensschutzbegründendes herleiten.
cc) Nichts anderes folgt aus einer vermeintlichen Verwaltungspraxis der Beklagten, welche die Klägerin einem von ihr zitierten Aufsatz der seinerzeitigen Mitarbeiterin der Grundsatzabteilung der Beklagten, N, zu entnehmen meint (Das Befreiungsrecht von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 31.10.2012, RVaktuell 7/2013, S. 151 - 154). Denn darin wird unter „4. Fazit und Ausblick“ (S. 154) ausdrücklich ausgeführt, dass für Berufstätigkeiten außerhalb der klassischen Tätigkeitsbereiche bei typischen berufsspezifischen Arbeitgebern (Krankenhausärzte, Rechtsanwälte sowie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei Arbeitgebern, die selbst berufsrechtlich gebunden sind, Apotheker in Apotheken u.ä.) die Befreiung stets von einer Arbeitsplatzbeschreibung abhängig gewesen sei, so etwa für Syndikusanwälte. Nach der Verwaltungspraxis habe eine Befreiung nur in Bezug auf klassische berufsspezifische Tätigkeiten bei den vorstehend genannten typischen berufsspezifischen Arbeitgebern für jegliche berufsspezifische Beschäftigung oder Tätigkeit gegolten. Auch nach diesen Ausführungen hätte die Klägerin für ihre Beschäftigung bei der nicht berufsspezifischen Arbeitgeberin in Gestalt der Beigeladenen zu 1) - als Energiekonzern offensichtlich kein anwaltlicher, berufsrechtlich gebundener Arbeitgeber - ab 01.07.2007 einen neuen Befreiungsantrag mit entsprechender Arbeitsplatzbeschreibung stellen müssen. Eine gegenteilige Verwaltungspraxis bestand gerade nicht.
dd) Auch daraus, dass in der Prüfmitteilung zur Betriebsprüfung der Beigeladenen zu 1) vom 14.04.2015 bezogen auf die Klägerin „keine Beanstandung“ erfolgt ist, lässt sich nichts Vertrauensschutzbegründendes herleiten. Die Frage nach einer etwaigen Verwaltungsaktqualität der „Nichtbeanstandungsmitteilung“ (gegenüber dem Arbeitgeber, vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2019 - B 12 R 25/18 R -, Rn. 30 - 36, juris) nebst etwaiger Drittwirkung in Bezug die Klägerin lässt der Senat offen. Denn dieser Mitteilung lässt sich bereits inhaltlich nichts entnehmen, was für eine Befreiung von der Versicherungspflicht für die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) spricht. Zum einen war die Klägerin seit dem 01.01.2015 - damit auch zum Zeitpunkt der Prüfmitteilung - bei der Beklagten als versicherungspflichtig Beschäftigte gemeldet und es wurden seit dem 01.01.2015 Beiträge zur GRV entrichtet. Genau dies beanstandete die betriebsprüfende Beklagte in ihrer Prüfmitteilung nicht. Zum anderen wurden für die Klägerin bis zum 31.12.2014 keine Beiträge zur GRV entrichtet. Auch das beanstandete die Beklagte in der Prüfmitteilung nicht. Denn die dafür von der Beklagten als erforderlich gehaltenen Voraussetzungen hatte die Beigeladene zu 1) in Bezug auf die Klägerin erfüllt: Anmeldung der Syndikusanwältin als versicherungspflichtig Beschäftigte zum 01.01.2015, Vorhandensein eines Befreiungsbescheides in der Vergangenheit, Tätigkeit als Rechtsberaterin für die Beigeladene zu 1) als aktueller Arbeitgeber, durchgehende Zulassung als Rechtsanwältin und Aufnahme von bestimmten Unterlagen (Arbeitsverträge, „alter" Befreiungsbescheid sowie Kammerzulassung) zu den Entgeltunterlagen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BVV. Insofern führte die Überprüfung nach Auswertung der eingereichten Unterlagen für die Klägerin zu keinen Beanstandungen durch die Beklagte. Daraus dass die Beklagte in diesem Zusammenhang die Norm des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BVV nennt, kann die Klägerin nichts für sie Vertrauensschutzbegründendes herleiten. Zwar betrifft § 8 Abs. 2 Nr. 1 BVV an sich Unterlagen, aus denen u.a. die nach § 8 Abs. 1 Nr. 9 BVV erforderlichen Angaben zur Befreiung von der Versicherungspflicht ersichtlich sind. Indes hat die Beklagte in der Prüfmitteilung hier allein die zuvor genannten Unterlagen in Bezug genommen, aus denen sich eine „Entpflichtung" von der Beitragszahlung für die Vergangenheit (bis zum 31.12.2014) ergeben kann.
ee) Unabhängig von der Prüfmitteilung lässt sich ferner aus einem Verzicht der Beklagten auf Beiträge zur GRV für die Zeit bis zum 31.12.2014 kein Vertrauen der Klägerin gründen, so gestellt zu werden, als sei sie für die Zeit bis zum 31.12.2014 - und auch ab dem 01.01.2015 - von der Versicherungspflicht (fort-)bestehend befreit. Die im „Rundschreiben zum Befreiungsrecht von Syndikusanwälten und Vertrauensschutz für Altfälle vom 12.12.2014" (NZA 2015, S. 29, 30) seitens der Beklagten abgefassten Vertrauensschutzaspekte betreffen im jeweiligen Versicherungsverhältnis allein die Beitragsebene (im Sinne einer Nichtrückabwicklung bereits an das jeweilige Versorgungswerk entrichteten Beiträge und somit eines Beitragsverzichts) für die Zeit bis zum 31.12.2014 - für rentennahe Jahrgänge auch darüber hinaus -, indes gerade nicht die Befreiungsebene (im Sinne eines „Wie-befreit-behandelt-Werdens").
ff) Im Übrigen ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf (Feststellung der) Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für eine vor dem 01.01.2016 ausgeübte Beschäftigung zu unterscheiden von einem Anspruch auf Befreiung für eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt nach dem ab dem 01.01.2016 geltenden Berufsrecht (vgl. § 46 ff. BRAO i.d.F. des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015, BGBl. I, S. 2517). Das BSG hat bereits entschieden, dass es sich wegen der unterschiedlichen Statusbezogenheit dabei nicht um identische Regelungsgegenstände handelt (vgl. BSG, Beschluss vom 29.04.2020 - B 5 RE 17/19 B -, Rn. 8 - 9, juris; Beschluss vom 22.03.2018 - B 5 RE 12/17 B -, Rn. 31, juris). Mit den in den Entscheidungsgründen enthaltenen Ausführungen zu den unterschiedlichen Voraussetzungen für eine Befreiung vor und nach dem 01.01.2016 setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Aufgrund ihrer Anmeldung bei der Beklagten durch die Beigeladene zu 1) und aufgrund des angefochtenen Bescheides vom 16.11.2015 konnte die Klägerin jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 01.01.2016 kein Vertrauen mehr darauf haben, dass die Befreiung vom 29.12.2003 für ihre derzeitige Beschäftigung noch Bestand hätte. Darüber hinaus war es der Klägerin unbenommen, rechtzeitig einen Antrag auf rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs. 4b SGB VI zu stellen; selbst das „Angebot“ der Beklagten, ihr Schreiben vom 22.03.2016, eingegangen am 23.03.2016, als fristgerechten formlosen Antrag auf rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs. 4b SGB VI zu werten, hat die Klägerin nicht angenommen.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
C. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).