Die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Sozialgerichts Aachen vom 07.04.2017 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch in den Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anerkennung von Unfallfolgen, die gegenwärtige und künftige Höhe einer bestandskräftig bewilligten Verletztenrente, eines bestandskräftig bewilligten Pflegegeldes und einer bestandskräftig bewilligten Kleidermehrverschleißpauschale sowie über die Gewährung von Verletztengeld.
Die 1985 geborene Klägerin absolvierte seit November 2002 eine betriebliche Ausbildung zur Verkäuferin, die allerdings infolge der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht beendet wurde.
Am 28.04.2003 suchte die Klägerin morgens um 8:12 Uhr den Chirurgen, Unfallchirurgen und Durchgangsarzt Dr. G auf. In seinem am gleichen Tage dem Rheinischen Gemeindeunfallversicherungsverband, einem Rechtsvorgänger der Beklagten, erstatteten Durchgangsarztbericht heißt es zum Unfallhergang, die Klägerin sei mit dem rechten Fuß umgeschlagen und habe sich dabei das rechte Knie verdreht; Beschwerden beständen nur im Kniebereich. Als Befund führte der Durchgangsarzt eine leichte Schwellung über der Patella des rechten Kniegelenks, Druckschmerz und erheblich schmerzhaft eingeschränkte Bewegungen auf. Eine Röntgenuntersuchung ergab keine knöcherne Verletzung. Als Diagnose stellte er „Subluxation re. Patella“. Eine weitere ärztliche Unfallmeldung gegenüber dem Rheinischen Gemeindeunfallversicherungsverband erfolgte unter dem 08.05.2003 durch den Facharzt für diagnostische Radiologie Dr. H. Dieser führte bei der Klägerin am 08.05.2003 eine Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Kniegelenks durch. In seinem an Dr. G adressierten Befundbericht führte er aus, bei der Klägerin liege ein laterales Subluxationssyndrom der Patella bei Trochleadysplasie (Fehlbildung im Kniescheibengleitlager) als Ausdruck einer Dyskinesie (Störung des physiologischen Bewegungsablaufs) sowie eine Chondropathia medialis et lateralis Grad 1 vor. Es hätten sich keine Hinweise auf eine Meniskopathie, eine Bandruptur oder Bakerzyste oder auf frische Traumafolgen ergeben. Dr. G teilte dem Rheinischen Gemeindeunfallversicherungsverband unter dem 17.07.2003 mit, dass die unfallversicherungsrechtliche Heilbehandlung am 09.05.2003 beendet worden und die Klägerin arbeitsfähig sei. Die Weiterbehandlung erfolge kassenärztlich durch ihn.
Am 22.05.2003 erfolgte aufgrund persistierender Beschwerden und im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachten erneuten, „nahezu täglichen“ Luxationen in der Praxisklinik Orthopädie des S-Hospitals in B eine Arthroskopie mit lateralem Release (Lösung der außenseitigen Kapselanteile) und Straffung am Retinaculum patellae mediale (Halteband der Kniescheibe) am rechten Kniegelenk. Die anschließend von Dr. H durchgeführten MRT vom 15.07.2003 und 30.10.2003 ergaben ausweislich der aktenkundigen, an Dr. G gerichteten Befundberichte keine wesentliche Änderung des Befundes aus Mai 2003.
Am 01.04.2004 erfolgte eine weitere Arthroskopie im M-Krankenhaus in T. Nach dem Operationsbericht zeigten sich unauffällige Knorpelverhältnisse und keinerlei Zeichen einer chronischen Patellasubluxation. Von weiteren Operationen wurde abgeraten. Nach erneutem arthroskopischem Release im Juni 2004 erfolgte am 22.09.2004 aber dennoch eine operative Medialisierung der Tuberositas Tibiae in der Klinik für Orthopädie und orthopädische Chirurgie des A-Krankenhauses in E. In dem von der Klägerin zu den Akten gereichten Operationsbericht heißt es unter anderem, seit 2001 sei es zu rezidivierenden Patellaluxationen rechts nach erstmaliger Luxation beim Inlineskaten ohne adäquates Trauma gekommen. Seit April 2003 sei es zu gehäuften Luxation angekommen.
Unter dem 09.12.2004 zeigte die Klägerin persönlich dem Rheinischen Gemeindeunfallversicherungsverband erneut das Ereignis vom 28.04.2003 als Arbeitsunfall an. Sie trug vor, sie habe sich morgens auf dem Weg zum Bus gemacht, um zur Berufsschule zu fahren. Dort sei sie mit dem Fuß umgeschlagen und auf das Knie gefallen. In der von der Klägerin ausgefüllten Unfallanzeige heißt es: „Beim Betreten des Busses auf dem Bordstein mit dem rechten Fuß umgeschlagen und mit dem rechten Knie auf dem Bordstein aufgeschlagen.“
In einem unter dem 23.03.2005 an den Rheinischen Gemeindeunfallversicherungsverband gerichteten ärztlichen Bericht führte Dr. G aus, die Klägerin habe sich beim Sport eine Distorsion des rechten Fußes und dabei eine Subluxation der rechten Kniescheibe zugezogen. Der Unfallmechanismus sei geeignet gewesen, eine Zerrung des Kniegelenkes hervorzurufen. Das Subluxationssyndrom sei auf die diagnostizierte Trochleadysplasie zurückzuführen und sei unfallunabhängig. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit sei längstens bis zum 09.05.2003 anzunehmen. In einem weiteren ärztlichen Bericht vom 11.04.2006 hielt Dr. G an dieser Einschätzung fest.
Im April 2006 erfolgte ohne Einbindung der Beklagten oder eines Durchgangsarztes im A-Krankenhaus in E eine Patellektomie (Entfernung der Kniescheibe) des rechten Kniegelenkes.
Auf Anregung des Arztes für Chirurgie Dr. R, der in seiner unter dem 30.06.2006 verfassten beratungsärztlichen Stellungnahme ein Zusammenhangsgutachten für notwendig gehalten hatte, erstatteten der Arzt für Chirurgie Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. U und der Facharzt für Orthopädie Dr. C unter dem 23.11.2006 ein fachorthopädisches Gutachten. Darin berichteten sie über die im Rahmen der Untersuchung getätigte Aussage der Klägerin, sie habe beim Inlineskaten nie eine Kniescheibenluxation erlitten. Weiterhin habe die Klägerin angegeben, sie sei beim Einsteigen in den Bus von hinten angerempelt worden und dabei mit dem Fuß in einer Einwärtsbiegen umgeschlagen. Infolgedessen sei sie gestürzt und mit dem Knie auf eine Bordsteinkante geschlagen. Bei diesem Sturzereignis sei die Kniescheibe luxiert und dann durch eine Bewegung spontan wieder reponiert. Die Gutachter vertraten die Auffassung, das angeschuldigte Ereignis sei mit der im Unfallrecht geforderten Wahrscheinlichkeit geeignet, eine traumatische Verrenkung der Kniescheibe hervorzurufen. Auch unter Berücksichtigung dipositioneller Faktoren, die eine Luxationsbereitschaft der Kniescheibe erhöhten, sei dieses Unfallereignis in jedem Fall als wesentliche Teilursache zu betrachten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) der Klägerin schätzten die Gutachter zeitabschnittsweise unterschiedlich ein, zuletzt vom 01.08.2006 bis zum 21.09.2006 auf 40%.
Der daraufhin erneut als Beratungsarzt herangezogene Chirurg Dr. R führte in seiner fachärztlichen Stellungnahme vom 08.02.2007 aus, bezüglich der Anerkennung des Unfallzusammenhangs sei den Ausführungen der Gutachter zu folgen. Die Behandlungsmaßnahmen ab 28.04.2003 seien unfallbedingt. Folgen des Unfalls vom 28.04.2003 seien eine Muskel- und Kraftminderung des rechten Beines, eine Streck- und starke Beugebehinderung des rechten Kniegelenks, eine Deformierung des rechten Kniegelenkes bei Verlust der Kniescheibe, eine starke Berührungsempfindlichkeit des rechten Kniegelenkes sowie die röntgenologisch sichtbaren Veränderungen des rechten Kniegelenkes mit dem Verlust der Kniescheibe, der starken Kalksalzminderung, den Bohrlöchern im Bereich der Schienbeinrauhigkeit sowie der vermehrten Sklerosierung des medialen Schienbeinplateaus nach traumatischer Kniescheibenverrenkung mit Verlust der Kniescheibe anzuerkennen. Die MdE schätze er vom 25.10.2004 bis zum 05.12.2004 auf 50 %, vom 06.12.2004 bis zum 04.04.2006 auf 30 %, vom 05.04.2006 bis zum 12.04.2006 auf 100 %, vom 13.04.2006 bis zum 31.07.2006 auf 50 % und ab dem 01.08.2006 auf 40 % ein.
Die Beklagten zahlte der Klägerin bis zum 31.07.2008 Verletztengeld. Mit Bescheid vom 19.09.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Gestalt einer Begleitung durch die Fortbildungsakademie der Wirtschaft B im Rahmen des Reha-Managements Phase I sowie die Gewährung von Übergangsgeld für die Dauer dieser Leistung.
Im Auftrag der Beklagten erstattete der Oberarzt der chirurgischen Klinik I mit Schwerpunkt Unfallchirurgie und orthopädische Chirurgie des Krankenhauses E, Dr. D, unter dem 14.02.2009 ein Rentengutachten, in dem er die MdE infolge des Unfalls auf 40 v. H. einschätzte.
Gestützt auf diese gutachterliche Einschätzung bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 15.06.2009 ab dem 01.08.2008 Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 40 v.H. Ferner erkannte sie das Ereignis vom 28.04.2003 als Arbeitsunfall sowie als Folgen des Arbeitsunfalls folgende Gesundheitsstörungen an:
„Mäßiggradige Muskelminderung im Bereich des rechten Oberschenkels, mäßiggradige Minderung der Kraft im rechten Bein, mäßiggradige Einschränkung der Beugefähigkeit im rechten Kniegelenk, verbliebene Deformierung des rechten Kniegelenkes mit deutlicher Gang- und Standbehinderung am rechten Bein mit schmerzhafter Belastungsschwäche und der Notwendigkeit des Tragens einer Knie stabilisierenden Orthese sowie der Notwendigkeit Unterarmgehstützen zu führen, Sensibilisierungsstörungen auf der Streckseite des rechten Oberschenkels, Narben im Bereich des rechten Kniegelenkes nach stattgehabter Luxation der rechten Kniescheibe mit nachfolgender operativer Versorgung und Entfernung der rechten Kniescheibe“.
Mit Bescheiden vom gleichen Tage bewilligte sie außerdem ab dem 13.04.2006 Pflegegeld nach der Kategorie IV Nr. 26 i.H.v. 30 v. H. des Höchstpflegegeldes sowie eine Kleidermehrverschleißpauschale wegen der Notwendigkeit der dauerhaften Benutzung von Unterarmgehstützen gemäß § 31 Abs. 2 SGB VII i.V.m. § 7 der Verordnung über die orthopädische Versorgung Unfallverletzter nach der Position 160 in Höhe von 39,00 Euro monatlich
Mit Bescheid vom 08.09.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin weiterhin eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer betrieblichen Ausbildung zur Bürokauffrau für die Zeit vom 17.08.2009 bis voraussichtlich 31.07.2012 sowie die Zahlung von Übergangsgeld während dieses Zeitraums. Die Klägerin schloss die Ausbildung Ende Juni 2012 erfolgreich ab.
Während der Ausbildung traten weitere Gesundheitsstörungen auf:
Unter dem 24.07.2009 berichtete Dr. D in seiner Funktion als Durchgangsarzt, dass bei der Klägerin als mittelbare Unfallfolge eine Epicondylitis radialis humeri rechts und ein Loge-de-Guyon-Syndrom rechts infolge der Benutzung der Unterarmgehstützen bestünde und deshalb eine handchirurgische Behandlung bei Dr. F in E indiziert sei. Dieser führte am 24.07.2009 eine Denervierung im rechten Ellenbogengelenk nach Wilhelm sowie Neurolyse des Nervus Ulnaris in der Loge de Guyon durch. Ausweislich seines Berichtes vom 08.09.2009 hielt er eine Vollbelastung für erlaubt und bescheinigte der Klägerin Arbeitsfähigkeit. Wegen eines Rezidivs des Loge-de-Guyon-Syndroms führte Dr. F im Dezember 2009 eine operative Revision des Ellennervens im rechten Arm durch. In seinem Bericht hierüber vom 14.01.2010 führte Dr. F unter anderem aus, ein Anhalt für eine unfallunabhängige Erkrankung habe nicht vorgelegen. Der von der Beklagten als Beratungsarzt konsultierte Facharzt für Chirurgie und Handchirurgie Dr. J vertrat die Auffassung, es spreche mehr dafür als dagegen, dass es sich bei der Epicondylitis und dem Loge-de-Guyon-Syndrom um mittelbare Unfallfolgen handele. Eine Änderung der MdE ergebe sich nicht.
Anfang 2012 erfolgten weitere Behandlungen wegen des Loge-de-Guyon-Syndroms bei dem Facharzt für Neurologie K. Ferner stellte sich die Klägerin ambulant in der Klinik für plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des A-Hospitals in F1 vor. Der Chefarzt der Klinik, Dr. O, führte in seinem Bericht vom 05.04.2012 unter anderem aus, die Nervenkompression am rechten Handgelenk sei mittelbare Folge der unfallbedingten Notwendigkeit, an Unterarmgehstützen zu laufen. Dabei komme es zu einer permanenten Druckbelastung der Handballen, die auf der rechten Seite zu einer klinischen Symptomatik geführt hätten. Ein Rezidiv lasse sich auf Dauer nur vermeiden, wenn eine definitive Lösung des Problems am rechten Knie gefunden werde, so dass die Klägerin nicht mehr auf Gehstützen angewiesen sei. Anschließend erfolgte eine erneute operative Freilegung des Ellen- und Mittelnerven am rechten Handgelenk.
Im Mai 2011 suchte die Klägerin erneut Dr. D als Durchgangsarzt auf und berichtete über Schmerzen im rechten Fuß, die sie auf das Tragen der Orthese zurückführte. Nach Anfertigung eines MRT stellt Dr. D in seinem Zwischenbericht vom 27.05.2011 fest, dass bei der Klägerin ein Knochenödem im Bereich des rechten Fersenbeins vorliege, das er als Manifestation eines vorhandenen, regionalen Schmerzsyndroms deute. Im Juni 2011 erfolgte eine operative Anbohrung und Dekompression des rechten Fersenbeins im Krankenhaus E.
Die Klägerin nutzte in der Folgezeit vermehrt einen Rollstuhl zur Fortbewegung. Der Chefarzt der chirurgischen Klinik des A Hospitals in F1 empfahl der Klägerin im Juli 2012 die Beratung über einen möglichen Patellaersatz in einer dafür spezialisierten Klinik in Würzburg. Die Klägerin ging hierauf jedoch nicht ein.
Nach Abschluss der Ausbildung erfolgte keine berufliche Eingliederung der Klägerin. Die Klägerin erhielt zunächst Anschlussübergangsgeld von der Beklagten und bezog ab dem 01.10.2012 Arbeitslosengeld. Ab dem 19.12.2012 erhielt sie Krankengeld.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.10.2012 beantragte die Klägerin unter anderem eine Überprüfung der Höhe der MdE.
Eine Untersuchung bei der Fachärztin für Neurologie Dr. P am 31.10.2012 ergab neurologischerseits keinen Nachweis eines Nervenschadens. Weder klinischen noch elektrophysiologisch seien die Kriterien eines SUS, eines STC oder eines Loge-de-Guyon-Syndroms erfüllt. Im November 2012 erfolgte dennoch eine operative Denervierung des Epicondylus radialis rechts. Infolgedessen sah die Beklagte die Klägerin als arbeitsunfähig an und wies die Krankenkasse der Klägerin, die AOK E, mit Schreiben vom 18.01.2013 an, der Klägerin ab dem 01.01.2013 wieder Verletztengeld zu gewähren.
Im Hinblick auf den Verschlimmerungsantrag der Klägerin erstattete der Oberarzt der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand-, Fuß- und Wiederherstellungschirurgie des Krankenhauses L, Dr. V, unter dem 21.01.2013 ein orthopädisches/unfallchirurgisches Gutachten. Darin kam er zu der Einschätzung, dass als Folgen des Unfalls vom 28.04.2003 die Entfernung der rechten Kniescheibe mit massiver Bewegungseinschränkung und Belastungsinsuffizienz des rechten Kniegelenkes und des rechten Beines, die Notwendigkeit, Unterarmgehstützen (und zeitweise einen Rollstuhl) zu verwenden, eine massive Gebrauchsminderung der rechten Hand, eine abheilende Epicondylitis radialis rechts, eine vorübergehende Kalksalzminderung des rechten Fersenbeines mit nachfolgender Bohrung, eine geringfügige Minderung des Muskel-/Weichteilmantels am rechten Bein und entsprechenden Narbenbildungen zu werten seien. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit schätzte er auf unfallchirurgischen Fachgebiet auf gegenwärtig 60 % ein. Dies gelte ab dem 01.01.2011. Im Hinblick auf die andauernde Benutzung des Rollstuhls im Zeitraum vom 01.03.2012 bis zum 31.12.2012 sei in diesem Zeitraum eine Minderung der Erwerbsfähigkeit i.H.v. 80 % angemessen. Ab dem 01.01.2013 betrage die MdE dann 60 %.
Seit April 2013 klagte die Klägerin zunehmend über Rückenbeschwerden, die sodann zulasten der Beklagten ebenfalls unter anderem mit Injektionen zur Schmerzlinderung behandelt wurden.
Mit Bescheid vom 28.06.2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin rückwirkend ab dem 28.06.2012 Verletztengeld unter Anrechnung der zwischenzeitlich bezogenen Sozialleistungen.
Die Beklagte ließ die Klägerin ferner von dem Chefarzt der neurologischen Klinik des A-Krankenhauses E, Dr. I, untersuchen. In seinem neurologischen Gutachten vom 12.06.2013 gelangte er zu der Einschätzung, dass auf neurologischem Fachgebiet eine deutliche Sensibilität- und Kraftminderung im Versorgungsgebiet des Nervus medianus rechts und des Nervus ulnaris rechts auf Höhe der rechten Hand bzw. Handgelenks bis hin zum Unterarm ausstrahlend bestehe, was für einen ausgeprägten Defektzustand dieser beiden Nerven nach den stattgehabten handchirurgischen Operationen in diesem Bereich spreche. Diese Beschwerden seien Unfallfolgen, resultierend aus einer nichtphysiologischen Belastung (permanentes Gehen mit Unterarmgehstützen), was auf das Unfallereignis aus dem Jahre 2003 zurück zu führen sei. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf neurologischem Fachgebiet schätze er auf 20 % ein. Arbeitsunfähigkeit habe 6 Jahre lang bestanden.
Dr. V schätzte in einer ergänzenden Stellungnahme vom 06.08.2013 unter Einbeziehung des Gutachtens von Dr. I die Minderung der Erwerbsfähigkeit insgesamt auf 60 % ein. Er empfahl zugleich eine erneute neurologisch/psychiatrische Begutachtung im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.
Im Zeitraum vom 13.08.2013 bis zum 10.09.2013 führte die Klägerin zulasten der Beklagten eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik am S1 in P1 durch. Bei einer während des stationären Aufenthalts erfolgten röntgenologischen Untersuchung des rechten Kniegelenkes zeigten sich keine wesentliche Verschmälerung der Gelenkplatte medial oder lateral sowie keine wesentlichen Verschleißzeichen. Der konsiliarisch herangezogene Facharzt für Orthopädie Dr. X kam zu der Einschätzung, dass die von der Klägerin geschilderte Schmerzsymptomatik sich nicht orthopädisch erklären lasse. Bei einer neurologischen Untersuchung ergab sich ferner kein Hinweis auf eine neurogene Läsion des Musculus quadriceps femoris rechts, so dass die Schmerzsymptomatik auch neurologischerseits nicht erklärt werden konnte. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 20.09.2013 nannten der Chefarzt der Klinik, der Facharzt für Nervenheilkunde Dr. A1, der Facharzt für Psychiatrie Z und die Stationsärztin X1 als unfallabhängige Diagnosen ein chronisches Schmerzsyndrom bei Zustand nach traumatischer Patellaluxation rechts (mehrfach operativ versorgt, Zustand nach Patellaentfernung rechtes Knie 2006), Epicondylitis radialis rechter Ellenbogen, operativ versorgt, Residualsyndrom einer Schädigung des Nervus medianus und Nervus ulnaris rechts, Zustand nach Dekompression des Nervus medianus und Nervus ulnaris im Bereich des rechten Handgelenks 07/2012 und transiente Osteoporose des rechten Fersenbeins, operativ versorgt 06/2011. Als unfallunabhängige Diagnosen nannten sie unter anderem Bandscheibenprotrusionen im Bereich L4/L5 und L5/S1. Weiterhin führten sie unter anderem aus, auffällig sei im Rahmen des gesamten stationären Aufenthaltes gewesen, dass das Bewegungsverhalten der Klägerin in unbeobachteter Situation dem Bewegungsverhalten in beobachteter Situation nicht entsprochen habe (im Klinikalltag habe mehrmals ein sicheres Gangbild an 2 Unterarmgehstützen mit Vollbelastung des rechten Beines beobachtet werden können). Während des gesamten stationären Aufenthaltes habe die Patientin zu keinem Zeitpunkt Hilfe und Unterstützung seitens des Pflegepersonals bei der Bewältigung sämtlicher Alltagsfunktionen gebraucht. Der Psychologe M1 führte in seinem klinisch-psychologischen Abschlussbericht vom 16.09.2013 ergänzend unter anderem aus, die Klägerin habe während des gesamten Verlaufs der klinisch-psychologischen Einzelsitzungen eine geradezu auffällig stabile psychische Haltung gezeigt. Eine psychopathologische Seite habe sich nicht erfassen lassen. Ein Ansatz für eine psychotherapeutische Behandlung habe sich nicht ergeben.
Die von der Beklagten als Beratungsärztin konsultierte Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. D1 vertrat in ihren Stellungnahmen vom 06.11.2013, 11.11.2013 und 02.12.2013 die Auffassung, es bestehe eine erhebliche Diskrepanz in den tatsächlich objektivierbaren Befunden. Es fänden sich allerdings in den gesamten Unterlagen keine psychopathologisch auffälligen Befunde, so dass letztendlich unklar bleibe, warum es der Versicherten bei guten Grundvoraussetzungen nicht gelinge, eine Stabilität des rechten Beines, eine Reduktion der Schmerzen und Gehfähigkeit ohne Hilfsmittel zu erreichen. Sie sah deshalb die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens als notwendig an, in dem ausführlich die Biografie und Entwicklung der Versicherten bis zum Sturzereignis einschließlich ihrer Beziehung zu den Eltern behandelt werden solle. Weiterhin führte sie aus, dass sie die Einschätzung von Dr. V zur Erhöhung der MdE angesichts des chronischen Schmerzsyndroms, mehrfacher Operationen und passagerer Rollstuhlpflichtigkeit nicht nachvollziehen könne. Sie sehe letztlich ein unfallunabhängiges Fehlverhalten der Versicherten, welches möglicherweise auch durch die fraglich indizierten rezidivierenden Operationen iatrogen fixiert worden sei. Ihrer Auffassung nach sei auch zu diskutieren, ob nicht letztlich von einem völlig unfallunabhängigen Schmerzsyndrom im Rahmen habitueller Patellaluxation ausgegangen werden müsse. Deswegen halte sie auch eine fundierte unfallchirurgische Stellungnahme für sinnvoll.
Der anschließend von der Beklagten als Beratungsarzt konsultierte Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. H1 vertrat in seiner Stellungnahme vom 21.01.2014 die Auffassung, bei der Klägerin lägen erhebliche relevante Schadensanlagen, die eine Patellaluxation herbeiführen könnten, vor. So würden im Bericht der MRT vom 08.05.2003 eine Trochleadysplasie und eine Patelladysplasie Typ Wiberg 3b beschrieben. Hinzu kämen die weiteren Schadensanlagen der allgemeinen Hyperlaxizität sowie das Vorliegen eines beidseitigen X-Beines. Der MRT-Befund beschreibe zudem nachdrücklich, dass keine Verletzungsfolgen festzustellen seien und insbesondere auch keine Zeichen einer stattgehabten Patellaluxation vorlägen. Der berichtete Unfallhergang stelle rechtlich gesehen zudem kein adäquates Trauma dar, das eine traumatische Patellaluxation hätte bedingen können. Diese Aspekte seien bislang in den eingeholten Gutachten nicht beachtet worden. Zusammenfassend bestehe nach seiner kritischen Durchsicht der vollständigen Akten kein Zusammenhang zwischen dem angeschuldigten Unfallereignis, dem Auftreten der Patellaluxation und der im weiteren Verlauf entstandenen Folgebeschwerden – haftungsbegründende Kausalitäten und haftungsausfüllende Kausalitäten seien nicht festzustellen. Sofern allerdings die bereits erfolgte Anerkennung des Unfallzusammenhangs rechtlich nicht zurückgenommen werden könne, seien sämtliche Behandlungen der unmittelbaren und mittelbaren Verletzungsfolgen operativer und konservativer Art sowie die Veränderungen im Bereich des Kniegelenkes, des Ellenbogens, der Hand, des Fersenbeins und des Rückens medizinisch begründbar und unfallbedingt anzuerkennen.
Die Beklagte zog die Streitakten aus dem Verfahren des Sozialgerichts Aachen, Aktenzeichen S 17 (3) SB 183/05, bei. Darin enthalten war unter anderem ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. L1 vom 14.12.2005. Darin heißt es unter anderem, die von der Versicherten genannten Schmerzen und Funktionsstörungen ließen sich alleinig durch den klinischen und radiologischen Befund nicht erklären. Zwar seien aus eigener klinischer Erfahrung und aufgrund der vorliegenden Literatur ausgeprägte femoropatellare bzw. peripatellare Schmerzsyndrome bei jüngeren Frauen bekannt. In der Literatur werde dabei auf die häufige Diskrepanz zwischen Knorpelschaden und erheblicher Schmerzsymptomatik ebenso hingewiesen wie auf die nicht selten unbefriedigenden OP-Ergebnisse. Dass zum Zeitpunkt des 01.04.2004 (Arthroskopie des rechten Kniegelenkes in der orthopädischen Abteilung des M-Krankenhauses T) ein Missverhältnis zwischen dem arthroskopischen Befund (ohne jeglichen Nachweis eines Knorpelschadens oder einer Lateralisation) und dem Schmerzsyndrom der Versicherten bestanden habe, untermauere seine Ansicht, dass sich bei der Versicherten zusätzlich eine ausgeprägte somatoforme Schmerzstörung herausgebildet habe.
Weiterhin befand sich in den beigezogenen Akten ein nervenärztliches Gutachten der Fachärztin für Nervenheilkunde und Ärztin für Psychiatrie Dr. N vom 06.03.2006. Diese vertrat die Auffassung, bei der Klägerin liege auf neuropsychiatrischem Gebiet eine dissoziative Störung der Bewegung und der Sinnesempfindung vor. Diese pfropfe sich auf eine Funktionsstörung der rechten unteren Gliedmaße auf. Die psychische Funktionsbeeinträchtigung gehe weit über eine „leichtere somatoforme Schmerz- und psychische Störung“ hinaus. Die Klägerin sei in ihrem Reifungsprozess, in ihrer Loslösung und Verselbstständigung massiv behindert. Es sei von einem Gesamt-GdB von 50 auszugehen.
Im Anschluss an diese Gutachten endete das Verfahren vor dem Sozialgericht Aachen damit, dass die Beklagte einen GdB von 50 sowie das Merkzeichen G anerkannte.
Die Beklagte ließ die Klägerin ferner am 20.06.2014 von der Ärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. E1, die die Klägerin selbst im Rahmen der Gutachterauswahl bestimmt hatte, untersuchen. Diese kam in ihrem unfallchirurgischen Zusammenhangsgutachten vom 04.10.2014 zu der Einschätzung, das von der Klägerin beschriebene Anrempeln sei zwar ein Unfallereignis, es sei aber nach Art und Schwere nicht geeignet, eine Patella zu luxieren. Bei einem solchen Unfallhergang sei ausschließlich die anlagebedingte Luxation angesprochen. Unmittelbar nach dem Unfall habe im Vollbeweis deshalb lediglich eine Weichteil-Schwellung über der Patella vorgelegen. Alle anderen Anteile des Kniegelenkes seien ohne objektivierbare Verletzungsfolgen gewesen. Es sei nicht zu einer traumatischen Luxation gekommen, sondern das Anrempeln sei Anlassgeschehen dafür gewesen, dass die Kniescheibe anlagebedingt luxiert sei. Das von Dr. G diagnostizierte Subluxationssyndrom sei auf die Trochleadysplasie zurückzuführen. Begleitverletzungen habe die Subluxation der Patella nicht hervorgerufen. So seien keinerlei Weichteilverletzungen dokumentiert, was wiederum gegen eine traumatische Luxation spreche. Das Ereignis habe für das Kniegelenk allerhöchstens eine Zerrung der oberflächlichen Weichteile hinterlassen. Ein weiterer Gesundheitsschaden habe im Vollbeweis nicht festgestellt werden können. Aufgrund der Schadensanlage und der schicksalsmäßigen Entwicklung hätte zu einem ähnlichen Zeitpunkt jederzeit durch ein Anlassgeschehen die Patella luxieren können. Die ihrer Auffassung nicht zwingend notwendigen Operationen hätten dann eine tragische Entwicklung ausgelöst, an deren Ende 2006 die Patellektomie gestanden habe. Ursache hierfür sei allerdings die anlagebedingte Patellaluxation gewesen. Das Tragen einer Knieschiene und der dauerhafte Gebrauch von Unterarmgehstützen seien rechtlich wesentlich auf die stattgehabten Operationen zurückzuführen, nicht jedoch auf Unfallfolgen. Die Veränderungen an Ellenbogen und Hand seien gewiss auf die Benutzung der Gehstöcke zurückzuführen und damit ebenfalls Folge der Stadt gehabten Operationen. Das Knochenmarködem im Fersenbein müsse ebenfalls dergestalt eingereiht werden. Es handelte sich hierbei wahrscheinlich um eine Über- oder Fehlbelastung. Die seit Anfang 2013 beklagten Rückenbeschwerden seien sicher zum einen auf die Bandscheibenprotrusionen L4/5 und L5/S1 zurückzuführen, mehr aber sicher noch auf die Immobilität der Versicherten. Rückenbeschwerden, vor allen Dingen im jugendlichen Alter, seien gut rückläufig mit Bewegung und Gymnastik. Dies sei bei der Versicherten nicht gegeben, so dass die Veränderungen sicherlich mittelbar auch mit dem Sitzen im Rollstuhl im Einklang zu bringen seien. Die MdE von 40 % sei durch die Rente auf unbestimmte Zeit, die rechtskräftig geworden sei, beizubehalten. Eine Erhöhung der MdE sei nicht mehr vorgesehen. Arbeitsfähigkeit als Bürokauffrau bestehe ihres Erachtens rein organisch in jedem Fall. Hier stehe der Wiederaufnahme einer Tätigkeit die psychische Barriere im Wege.
Nach Anhörung der Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 03.12.2014 (1.) die Rechtswidrigkeit im Sinne von § 45 Abs. 1 SGB X der Bescheide vom 15.06.2009 über die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit sowie die Feststellung einer Luxation der rechten Kniescheibe und der hieraus resultierenden Folgeschäden, über die Gewährung von Pflegegeld und über die Gewährung eines Kleider mehr Verschleißgeldes fest. Weiterhin (2.) stellte sie fest, dass das Unfallereignis vom 28.04.2003 lediglich eine Schwellung der oberflächlichen Weichteile über der Patella des rechten Kniegelenkes verursacht habe und diese Unfallfolgen vollständig und folgenlos ausgeheilt seien. Die Rentenleistung, die sich ohne die Bestandskraft des Bescheides vom 15.06.2009 ergebe, werde mit 0,- Euro festgestellt. Hilfebedürftigkeit, die einen Anspruch auf Pflegegeld begründen könnte, werde dadurch nicht bedingt. Eine unfallbedingte Notwendigkeit der dauerhaften Benutzung von Unterarmgehstützen bestehe nicht, so dass auch kein Anspruch auf Kleidermehrverschleißgeld bestehe. Die Bescheide vom 15.06.2009 könnte nicht zurückgenommen werden, weil die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht vorlägen (3.). Schließlich (4.) führte die Beklagte aus, dass gemäß § 48 Abs. 3 SGB X deshalb Änderungen zu Gunsten der Klägerin, die zu einer Erhöhung der Leistungen führen würden, so lange nicht berücksichtigt würden, wie sich ein solcher Leistungsanspruch der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft des Bescheides vom 15.06.2009 ergebe. Der monatliche Rente Zahlbetrag i.H.v. 611,52 Euro werde daher auf diesen Betrag eingefroren. Der monatliche Pflegegeldzahlbetrag i.H.v. 387,58 Euro werde auf diesen Betrag eingefroren. Der monatliche Zahlbetrag des Kleidermehrverschleißgeldes i.H.v. 43,00 Euro werde auf diesen Betrag eingefroren. In der Begründung nahm die Beklagte ausdrücklich auf den Antrag der Klägerin Bezug, die MdE für die Zeit ab dem Tag nach dem Versicherungsfall vom 28.04.2003 neu zu bewerten und insbesondere die Beschwerden im Bereich des rechten Handgelenks, des rechten Ellenbogens und des Rückens als Unfallfolgen anzuerkennen. Auf die ausführliche weitere Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 12.12.2014 Widerspruch ein und vertrat die Auffassung, das Gutachten von Frau Dr. E1 sei widersprüchlich. Sie habe kein Bagatelltrauma erlitten, sondern sei mit dem Sprunggelenk umgeschlagen und mit dem Knie auf die Bordsteinkante geprallt. Die Sachverständige hätte sich auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob bei ihr, wie so häufig, auch eine Patelladysplasie der Gegenseite in ähnlichem Ausmaße vorliege. Hier sei die Patella bislang nicht luxiert.
Die von der Beklagten hinsichtlich der beabsichtigten Einstellung der Zahlung von Verletztengeld als Beratungsärztin konsultierte Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. D1 schloss sich in ihrer Stellungnahme vom 14.01.2015 den Ausführungen von Frau Dr. E1 an. Eine organische Ursache, welche zur anhaltenden Arbeitsunfähigkeit als Bürokauffrau führe, sei nicht festzustellen. Wesentlich sei die psychische Beeinträchtigung der Versicherten, welche von ihr jedoch nicht als solche wahrgenommen werde. Diese sei zudem eindeutig unfallunabhängig und letztendlich abhängig von der Persönlichkeitsstruktur, psychosozialen und biografischen Einflussfaktoren auf die Versicherte und nicht Folge des Unfalls. Daher sei tatsächlich aus ihrer Sicht eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit der Versicherten aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung anzunehmen. Aus ihrer Sicht sei die psychische Erkrankung jedoch keine Unfallfolge. Behandlungsmaßnahmen zulasten der gesetzlichen Krankenkassen sollten erfolgen. Allerdings sei das Erreichen einer Arbeitsfähigkeit im Beruf der Bürokauffrau fraglich. Sie gehe er davon aus, dass eine wesentliche Änderung bei der Versicherten nicht mehr zu erreichen sei.
Mit Bescheid vom 09.03.2015 stellte die Beklagte nach Anhörung der Klägerin die Gewährung von Verletztengeld mit Ablauf des 31.03.2015 ein. Zur Begründung führte sie unter Bezugnahme auf diverse ärztliche Berichte und Gutachten aus, eine vollschichtige Arbeitsfähigkeit sei in dem Beruf der Bürokauffrau in absehbarer Zeit nicht zu erreichen. Weitere qualifizierte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben kämen nicht in Betracht.
Eine unfallbedingte neurologisch-psychotherapeutische Behandlung sei nicht indiziert.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 10.03.2015 Widerspruch ein und führte aus, erst nach Abschluss der Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere der nachfolgenden, ursächlich im Zusammenhang mit dem Unfall stehende Gesundheitsschäden könne eine Entscheidung getroffen werden. Bis dahin sei Verletztengeld zu zahlen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 03.12.2014 als unbegründet zurück. Ausgehend von dem Gutachten von Frau Dr. E1 habe das Ereignis vom 28.04.2003 lediglich zu einer Zerrung der oberflächlichen Weichteile geführt. Das Ereignis habe aktenkundig auf eine bereits vorhandene Schadensanlage des rechten Kniegelenks (Dysplasie der Trochlea) getroffen. Dies allein sei jedoch schon Grund genug für eine anlagebedingte Luxation der Patella bei einem Anlassgeschehen wie dem hier beschriebenen. Die Patella hätte zu einem ähnlichen Zeitpunkt jederzeit durch ein anderes Geschehen wieder luxieren können. Die im weiteren Verlauf durchgeführten Operationen einschließlich der Patellektomie seien nicht auf die Unfallfolgen, sondern auf die anlagebedingte Patellaluxation zurückzuführen. Das Tragen einer Knieschiene und der dauerhafte Gebrauch von Unterarmgehstützen seien auf die stattgehabten Operationen und nicht auf die Unfallfolgen zurückzuführen. Auch die Veränderungen an Ellenbogen und Hand seien auf die Benutzung der Gehstöcke zurückzuführen und damit ebenfalls nicht unfallbedingt. Das Knochenödem über dem Fersenbein und die geklagten Rückenbeschwerden seien ebenfalls nicht auf das Unfallgeschehen zurückzuführen, sondern vielmehr auf die durchgeführten Operationen bzw. das Sitzen im Rollstuhl. Weil letztlich das Ereignis vor dem Bus die Subluxation des rechten Kniegelenks rechtlich nicht wesentlich verursacht habe, sondern vielmehr durch die bestehende Schadensanlage verursacht wurde, lägen als Unfallfolgen lediglich die dokumentierte leichte Schwellung der oberflächlichen Weichteile über der Patella des rechten Kniegelenks vor, die folgenlos ausgeheilt sei. Deswegen seien die Bescheide vom 15.06.2009 rechtswidrig begünstigend. Deshalb seien auch die betreffenden Leistungen gemäß § 48 Abs. 3 SGB X einzufrieren. Der vorgetragene Einwand, die gesundheitlichen Beschwerden hätten eher eine Verschlimmerung erlitten, könne dahingestellt bleiben, weil die Ursache für die gesundheitlichen Beschwerden nicht in den folgenlos ausgeheilten Unfallfolgen zu sehen sei, sondern vielmehr in der bereits vor dem Unfall bestandenen Schadensanlage.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 22.04.2015 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.03.2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Zahlung von Verletztengeld sei nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII einzustellen, weil mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien. Zwar sei die Klägerin ausgehend von den klinischen Befunden auf unfallchirurgisch-orthopädischem und neurologischem Fachgebiet zwar in der Lage, den Beruf der Bürokauffrau auszuüben, jedoch stünden der Wiederaufnahme einer Tätigkeit Erkrankungen im Weg, die dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnen wären. Insgesamt sei im Gesundheitszustand der Klägerin ein Beharrungszustand festzustellen. Behandlungsmöglichkeiten auf unfallchirurgischem und orthopädischem Fachgebiet zur Verbesserung der Gesundheitsschäden seien ausgeschöpft und psychotherapeutische Behandlungen seien bereits im Ansatz nicht möglich. Demzufolge sei eine Arbeitsfähigkeit in dem Beruf der Bürokauffrau in absehbarer Zeit nicht zu erreichen. Weitere qualifizierte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben kämen ebenfalls nicht in Betracht. Diese Leistungen seien bereits durch die erfolgreich absolvierte Umschulung zur Bürokauffrau erbracht worden.
Die Klägerin hat am 28.04.2015 gegen den Bescheid vom 09.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 beim Sozialgericht Aachen Klage erhoben (S 10 U 97/15). Sie hat die Auffassung vertreten, das Gutachten von Frau Dr. E1 könne nicht als unfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten gewertet werden. Darüber hinaus hätte eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung erfolgen müssen. Die Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft, so dass keine Prognose darüber getroffen werden könne, ob die Arbeitsfähigkeit in dem Beruf der Bürokauffrau oder einer ähnlichen Tätigkeit nicht in absehbarer Zeit zu erreichen sei.
Die Klägerin hat außerdem am 05.05.2015 Klage gegen den Bescheid vom 03.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 beim Sozialgericht Aachen erhoben (S 10 U 98/15). Zur Begründung hat sie ausgeführt, den Ausführungen von Dr. E1 könne nicht gefolgt werden.
Im Verfahren S 10 U 98/15 hat das Sozialgericht zunächst die Behandlungsunterlagen der Klägerin aus der Praxisklinik Orthopädie des S-Hospitals in B beigezogen. In dem übersandten Auszug aus der Patientenkarteikarte der Klägerin heißt es unter anderem:
„19.05.2003 … Die Patientin stellt sich vor wegen Beschwerden am Kniegelenk rechts seit 2000, erste Luxation, danach Subluxationen“
Das Sozialgericht hat die Klägerin am 04.05.2016 durch die Fachärztin für Chirurgie Dr. R1 untersuchen lassen. In ihrem fachchirugisch-sozialmedizinischen Zusammenhangsgutachten vom 08.08.2016 hat die Sachverständige ausgeführt, vorrangig und das Krankheitsbild bestimmend seien die bei der Klägerin bestehenden anlagebedingten Störungen mit Veränderungen des Patellagleitlagers im Sinne einer anlagebedingten Trochlea- und Patelladysplasie mit lateralem Subluxationssyndrom. Eine strukturelle Verletzung, die über eine leichte Prellung und Zerrung mit leichter praepatellarer Schwellung hinausgehe, habe weder klinisch, radiologisch noch kernspintomographisch aufgezeigt werden können. Bei der Klägerin sei es durch das Ereignis vom 28.04.2003 zu einer Verdrehverletzung des rechten oberen Sprunggelenkes sowie zu einem leichten Anpralltrauma mit möglicherweise stattgehabter Zerrung und dokumentierter leichter praepatellarer Schwellung gekommen. Auch wenn man unterstellen wolle, dass vor dem Ereignis vom 28.04.2003 „nie eine Patellaluxation stattgefunden“ hätte, so wäre in Anbetracht der aufzeigbaren, anlagebedingten Veränderungen des Kniescheibengleitlagers diese lediglich als akute dispositionelle Patellaluxation/-subluxation zu bezeichnen, d.h., das Unfallereignis wäre in diesem Fall allenfalls als Gelegenheitsursache aufzufassen, bei dem eine anlagebedingte Störung offensichtlich geworden sei. Strukturelle Verletzungen hätten niemals, weder klinisch, radiologisch noch kernspintomographisch nachgewiesen werden können. Im Rahmen der hiesigen Begutachtung hätten sich keine Veränderungen im Bereich der Hand- und Ellenbogengelenke und auch nicht des rechten Sprunggelenkes, die als Gesundheitsstörungen aufzufassen wären, ergeben. Hinsichtlich der Wirbelsäulenbeschwerden sei von wiederkehrenden Beschwerden bei anlagebedingten beginnenden Degenerationen auszugehen. Die Benutzung eines Rollstuhls sei nicht erforderlich. Gleiches gelte für die Benutzung von Unterarmgehstützen. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit sei nicht zu bestätigen. Die ehemals stattgehabte Anprallverletzung und Zerrung des rechten Kniegelenkes sei folgenlos aus- und abgeheilt und habe nicht zu einer verminderten Arbeitseinsatzfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geführt, schon gar nicht zu einer MdE in rentenberechtigendem Ausmaß. Es bestehe Arbeitsfähigkeit für die Tätigkeit als Bürokauffrau. Es gebe überhaupt keine Hinweise für das Vorliegen von Gesundheitsstörungen, die einer derartigen Tätigkeit entgegenstehen würden.
Mit Urteilen vom 07.04.2017 hat das Sozialgericht gestützt auf die gutachterlichen Ausführungen von Frau Dr. R1 die Klagen abgewiesen.
Gegen diese Urteile hat die Klägerin jeweils fristgerecht Berufung eingelegt. Eine zunächst gegen ein weiteres Urteil des Sozialgerichts Aachen betreffend eine gegen die mit Bescheid vom 08.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.07.2015 verfügte „Aussparung“ des Heilbehandlungsanspruchs, „der aufgrund einer Verschlimmerung der im Bescheid vom 15.06.2009 fälschlicherweise anerkannten Unfallfolgen erforderlich wird“, gerichtete Klage auf Gewährung unfallversicherungsrechtlicher Heilbehandlung hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 06.09.2022 zurückgenommen.
Die Klägerin meint, die Sachverständige R1 habe sich nicht hinreichend mit der Schilderung des Unfallereignisses auseinandergesetzt. Insoweit behauptet sie, das Sturzereignis sei geeignet gewesen, eine traumatische Patellaluxation herbeizuführen. Weiterhin behauptet sie, sie habe vor dem Unfallereignis keinerlei Luxation erlitten. Sie meint, es müsse ein orthopädisches Gutachten eingeholt werden. Sie hat im Verlauf des Verfahrens unter anderem eine Leistungsfall-Übersicht ihrer Krankenkasse sowie eine Bescheinigung ihrer Krankenkasse über Arbeitsunfähigkeitszeiten zu den Akten gereicht. Sie vertritt insoweit die Auffassung, dass sich aus den überreichten Unterlagen ergebe, dass sie vor dem 28.04.2003 niemals wegen Kniebeschwerden in ärztlicher Behandlung gewesen sei.
Mit Beschluss vom 07.06.2017 hat der Senat die Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Aachen vom 07.04.2017 zu ändern und
- den Bescheid vom 03.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen des mit Bescheid vom 15.06.2009 anerkannten Arbeitsunfalls vom 28.04.2003 eine höhere Verletztenrente, ein höheres Pflegegeld und eine höhere Kleidermehrverschleißpauschale nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
- die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 zu verurteilen, ihr über den 31.03.2015 hinaus Verletztengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass wegen solcher Gesundheitsstörungen, die wesentlich kausal auf die mit Bescheid vom 15.06.2009 bindend anerkannten Unfallfolgen zurückzuführen seien, nicht rückwirkend für die Zeit bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 höhere Geldleistungen wie Verletztenrente gewährt werden könnten. § 48 Abs. 3 SGB X stehe einer solchen rückwirkenden Leistungserhöhung entgegen.
Der Senat hat die Klägerin am 10.01.2018 von dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V1 untersuchen lassen. Dieser hat in seinem psychiatrisch-psychotraumatologischen Gutachten vom 29.01.2018 festgestellt, Gesundheitsstörungen, die auf psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet mit Wahrscheinlichkeit ursächlich im Sinne der Entstehung oder der Verschlimmerung (einmalig oder richtungsgebend) auf das Unfallereignis vom 28.04.2003 oder auf die nachfolgende berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung zurückzuführen seien oder gewesen seien, könnten nicht festgestellt werden. Als unfallunabhängige Gesundheitsstörungen lägen auf psychiatrischem Fachgebiet eine dissoziative Bewegungsstörung (ICD-10: F 44.4) und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10: F 45.41) vor. Das Geschehen vom 28.04.2003 habe lediglich Anlass geboten, der vorbestehenden, tiefgreifenden psychischen Beeinträchtigung der Klägerin einen Weg zu bahnen, die sich sonst mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem anderen Organ des Körpers manifestiert hätte und sich nun weiter manifestierte. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf psychiatrischem Fachgebiet sei nicht zu bestimmen. Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Folgen des Unfallereignisses könne nicht festgestellt werden. Soweit Arbeitsunfähigkeit aufgrund der psychischen Störung vorgelegen habe oder bestehe, sei der Unfallzusammenhang nicht darzustellen.
Zur Aufklärung eines möglichen Ursachenzusammenhangs zwischen den im Bescheid vom 15.06.2009 anerkannten Unfallfolgen und den zwischen dem Erlass der Bescheide vom 15.06.2009 und dem Erlass der Bescheide vom 03.12.2014 und 08.06.2015 eingetretenen Gesundheitsstörungen hat der Senat ergänzende Stellungnahmen von dem Sachverständigen Dr. V1 vom 27.08.2020 und von der Sachverständigen Dr. R1 vom 13.03.2020 und 11.06.2021 eingeholt.
Dr. V1 hat in seiner ergänzenden Stellungnahme unter anderem ausgeführt, die dissoziative Bewegungsstörung sowie die anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren habe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits im Juli 2009 bestanden. Frau Dr. N habe anlässlich ihrer Untersuchung der Klägerin am 13.02.2006 im Übrigen bereits eine dissoziative Störung der Bewegung und der Sinnesempfindung festgestellt, die sich auf eine Funktionsstörung der rechten unteren Gliedmaßen aufpfropfe. Es sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen dass die unfallfremden seelischen Gesundheitsstörungen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne die Ausbildung der Reiz- und Bewegungsstörungen in Armen und Händen wenigstens teilursächlich begünstigt hätten. Gleiches gelte für den vermehrten Gebrauch des Rollstuhls. Die Frage, ob die tatsächliche Benutzung der Unterarmgehstützen für die Herausbildung der aktenkundig festgestellten Reiz- und Bewegungsstörungen in den Armen und Händen der Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von völlig untergeordneter Bedeutung gewesen sei, könne aus psychiatrischer Sicht nicht zuverlässig beantwortet werden. Der dissoziativen Bewegungsstörung sei es eigen, dass physiologisch nicht erklärbare Bewegungsmuster zu am ehesten psychogenen Bewegungen oder Bewegungsausfällen führten. Die Benutzung der Unterarmgehstützen habe für die Klägerin Krankenstand und Hilfsbedürftigkeit im Sinne des im Gutachten beschriebenen primären Krankheitsgewinns symbolisiert. Der Anteil der tatsächlichen Benutzung der Unterarmgehstützen für die Herausbildung der aktenkundig festgestellten Reiz- und Bewegungsstörungen könne aus psychiatrischer Sicht allerdings nicht bestimmt werden. Hinsichtlich der fehlenden objektiven somatisch-medizinischen Gründe für eine Rollstuhlbenutzung sei es hingegen aus psychiatrischer Sicht plausibel, dass die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet medizinisch betrachtet für die Benutzung des Rollstuhls deutlich im Vordergrund gestanden hätten.
Dr. R1 hat in ihren ergänzenden Stellungnahmen ausgeführt, die Ausweitung der Beschwerdesymptomatik, die therapeutischen Maßnahmen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien Ausdruck der unfallunabhängigen, seelischen Leiden. Da medizinisch keine Notwendigkeit für die Benutzung von Unterarmgehstützen oder gar Rollstuhlpflichtigkeit plausibel zu machen sei, seien die angegebenen wiederkehrenden Beschwerden im Bereich der Ellenbogengelenke Ausdruck der psychiatrischen Leiden. Unter Hintanstellen der Zusammenhangsfrage würden die von der Klägerin berichteten Beschwerden und Reizzustände im Bereich der Ellenbogengelenke nicht zu einer Erhöhung der MdE entsprechend des Bescheides vom 15.06.2009 führen. Funktionelle Beeinträchtigungen, die eine Erhöhung der MdE von mehr als 5 v.H. plausibel machen würden, hätten während der Begutachtungen nicht festgestellt werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das zu den Akten gereichte Sachverständigengutachten von Dr. V1 sowie die ebenfalls zu den Akten gereichten ergänzenden Stellungnahmen von Dr. V1 und Dr. R1 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die ebenfalls beigezogene, die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Versorgungsamts Aachen sowie die ebenfalls beigezogenen Streitakten des Sozialgerichts Aachen mit den Aktenzeichen S 17 (3) SB 183/05 und S 22 SB 738/13 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Senat gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 SGG verbundenen, zulässigen Berufungen sind unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
A. Die Klagen sind zulässig.
I. 1. Gegen die mit Bescheid vom 03.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 (§ 95 SGG) erfolgte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 15.06.2009 über die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit sowie die Feststellung einer Luxation der rechten Kniescheibe und der hieraus resultierenden Folgeschäden, über die Gewährung von Pflegegeld und über die Gewährung eines Kleidermehrverschleißgeldes, die ebenfalls erfolgte Feststellung, dass das Unfallereignis vom 28.04.2003 lediglich eine Schwellung der oberflächlichen Weichteile über der Patella des rechten Kniegelenkes verursacht habe und diese Unfallfolgen vollständig und folgenlos ausgeheilt seien, sodass Ansprüche auf Verletztenrente, Pflegegeld und Kleidermehrverschleiß nicht bestünden, sowie das erfolgte „Einfrieren“ der Verletztenrente auf 611,52 Euro, des Pflegegeldes auf 387,58 Euro und des Kleidermehrverschleißgeldes auf 43,00 Euro, die jeweils auf § 48 Abs. 3 SGB X gestützt sind, ist jeweils die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGG statthaft. Mit dieser Klageart kann die Klägerin ein wesentliches Ziel ihrer Klage, dass nämlich alle künftigen, seit Erlass des angefochtenen Bescheids vom 03.12.2014 eingetretenen wesentlichen Änderungen im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X hinsichtlich der mit den Bescheiden vom 15.06.2009 zuerkannten Leistungen berücksichtigt werden, erreichen. Wenn die genannten Regelungen des Bescheids vom 03.12.2014 aufgehoben würden, würde die Beklagte bei entsprechenden Änderungen die Leistungen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben erhöhen, z.B. die jährlichen Anpassungen der Leistungen (§ 95 SGB VII) vornehmen.
2. Das im Berufungsverfahren weiterverfolgte Begehren der Klägerin im Sinne von § 153 Abs. 1 i.V.m. § 123 SGG geht jedoch über die bloße Aufhebung des Bescheids vom 03.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 hinaus, denn die Klägerin begehrt nicht nur die uneingeschränkte, eine fortlaufende Anpassung inkludierende Weitergewährung der mit den Bescheiden vom 15.06.2009 bewilligten Geldleistungen. Vielmehr möchte sie wegen nach ihrer Auffassung bereits vor Erlass des angefochtenen Bescheids vom 03.12.2014 eingetretener wesentlicher Änderungen die rückwirkende Gewährung höherer Geldleistungen als die im Bescheid vom 15.06.2009 bewilligten erhalten. Für dieses Anliegen steht ihr in objektiver Klagenhäufung (§ 56 SGG) zu der Anfechtungsklage gegen die auf § 48 Abs. 3 SGB X gestützten Regelungen eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 4 SGG zur Verfügung. Diese ist ebenfalls statthaft, da sich der Bescheid vom 03.12.2014 nicht auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 15.06.2009 sowie das Einfrieren der dort bewilligten Leistungen beschränkt, sondern zugleich die für eine entsprechende Klage notwendige ablehnende Verwaltungsentscheidung hinsichtlich der Gewährung höherer Leistungen für die Zeit bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 sowie darüber hinaus unter Abänderung der Bescheide vom 15.06.2009 gemäß § 44 Abs. 1 und/oder § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB X wegen bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 eingetretener wesentlicher Änderungen enthält. Dies folgt aus der Auslegung des Bescheids vom 03.12.2014 nach objektivem Empfängerhorizont analog §§ 133, 157 BGB. Indem die Beklagte ausdrücklich die Beträge der Verletztenrente, des Pflegegeldes sowie des Kleidermehrverschleißgeldes, auf die die betreffenden Leistungen in Zukunft beschränkt sein sollen, nennt, bringt sie zugleich zum Ausdruck, dass diese Leistungen weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft zu erhöhen sind. Zudem hat die Beklagte im Bescheid vom 03.12.2014 ausdrücklich auf den Antrag der Klägerin Bezug genommen, die MdE unter Einbeziehung ihrer Beschwerden im Bereich des rechten Handgelenks, des rechten Ellenbogens und des Rückens zu erhöhen. Nach objektivem Empfängerhorizont können die Ausführungen der Beklagten daher nur so verstanden werden, dass die Beklagte auch die Erhöhung der gewährten Geldleistungen aufgrund von Umständen, die bis zum Erlass des angefochtenen Bescheids eingetreten sind, ablehnen wollte.
II. Ihr Begehren auf Gewährung von Verletztengeld über den 31.03.2015 hinaus verfolgt die Klägerin zulässigerweise mit der insoweit statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt., Abs. 4 SGG. Mit der isolierten Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 09.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 (§ 95 SGG) könnte die Klägerin ihr Ziel nicht erreichen. Bei dem Bescheid vom 09.03.2015 handelt es sich nicht um die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung über die Gewährung von Verletztengeld. Vielmehr hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt einen entsprechenden Bewilligungsbescheid über die Gewährung von Verletztengeld auf Dauer oder „bis auf Weiteres“ erlassen. Sie hat vielmehr mit Schreiben vom 18.01.2013 die Krankenkasse der Klägerin, die AOK E, angewiesen an die Klägerin ab dem 01.01.2013 Verletztengeld in Höhe des zuvor bezogenen Arbeitslosengeldes auszuzahlen, so lange Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen werde. Die AOK E hat daraufhin fortlaufend jeweils für die Dauer der ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Verletztengeld an die Klägerin überwiesen. Bei diesen Überweisungen handelt es sich jeweils um inzidente Bewilligungen von Verletztengeld, die jeweils befristet sind auf die Dauer der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit (vergleiche zum Ganzen Schur, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 46 Rn. 32 ff.; siehe auch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.03.2009 - L 31 U 376/08 -, juris Rn. 18). Auch die mit Bescheid vom 28.06.2013 erfolgte rückwirkende Bewilligung von Verletztengeld für die Zeit des Bezugs anderer Sozialleistungen stellt keine Bewilligung auf Dauer dar. Die Regelung beschränkt sich vielmehr auf einen abgeschlossenen Zeitraum in der Vergangenheit. Die mit Bescheid vom 09.03.2015 verfügte „Einstellung des Verletztengeldes“ mit Ablauf des 31.03.2015 stellt sich vor diesem Hintergrund als Ablehnung der Weitergewährung von Verletztengeld über den 31.03.2015 hinaus dar. Die Weitergewährung von Verletztengeld ab dem 01.04.2015 kann die Klägerin dementsprechend nur mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage erreichen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte die „Einstellung“ von Verletztengeld (auch) auf § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII gestützt hat und in den Fällen des § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII ein Verwaltungsakt über die Einstellung des Verletztengeldes konstitutiv ist, weil nach dieser Vorschrift eine Prüfung im Sinne einer Prognoseentscheidung erforderlich ist, die nicht durch die Gerichte ersetzt werden kann (so BSG, Urt. v. 13.09.2005 – B 2 U 4/04 R -, juris Rn. 42). Es wird zwar vertreten, dass deshalb Einwendungen gegen einen die Einstellung von Verletztengeld nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII verfügenden Verwaltungsakt durch Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage geltend zu machen seien (so LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 06.05.2015 – L 8 U 1502/15 ER-B -, juris Rn. 16). Dies kann aber nur gelten, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Verletztengeld im Übrigen unstreitig sind und die Beklagte, wenn die Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII nicht vorlägen und der „Einstellungsbescheid“ aufgehoben würde, ohne weiteres Verletztengeld weitergewähren würde. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, denn die Beklagte hat in der Begründung sowohl des Bescheids vom 09.03.2015 als auch des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 ausgeführt, dass ihrer Auffassung nach die Klägerin nach den Befunden auf unfallchirurgisch-orthopädischem und neurologischem Fachgebiet körperlich in der Lage sei, den Beruf der Bürokauffrau auszuüben, jedoch der Wiederaufnahme einer Tätigkeit unfallfremde Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet entgegenstünden. Damit hat die Beklagte in der Sache die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin verneint und damit zugleich angenommen, dass der Anspruch auf Verletztengeld auch wegen des Wegfalls der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII beendet ist. Bei dieser Sachlage würde die bloße Aufhebung des Einstellungsbescheids vom 09.03.2015 nicht die Weitergewährung von Verletztengeld an die Klägerin nach sich ziehen.
B. Die Klagen sind unbegründet.
I. Die Klägerin wird durch den Bescheid vom 03.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Die Klägerin hat weder für die Zeit bis zum Wirksamwerden des Bescheids vom 03.12.2014 (§ 39 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X) noch für die Zeit danach Anspruch auf höhere Geldleistungen (Verletztenrente, Pflegegeld und Kleidermehrverschleißpauschale) wegen des Ereignisses vom 28.04.2003.
1. Die Beklagte hat auf der Grundlage von § 48 Abs. 3 SGB X zu Recht festgestellt, dass die Bescheide vom 15.06.2009 über die Gewährung von Verletztenrente, Pflegegeld und Kleidermehrverschleißgeld sowie die Feststellung von über eine folgenlos ausgeheilte Schwellung der oberflächlichen Weichteile über der Patella des rechten Kniegelenkes hinausgehenden Unfallfolgen rechtswidrig sind (zu § 48 Abs. 3 SGB X als Ermächtigungsgrundlage für die für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 48 Abs. 3 SGB X notwendige Feststellung der Rechtswidrigkeit eines bestandskräftigen, nicht mehr rücknehmbaren begünstigenden Verwaltungsakts unabhängig von dem Eintritt einer wesentlichen Änderung siehe den Beschluss des Senats vom 31.08.2021 – L 15 U 585/19 –, juris Rn. 31 m.w.N. zur Rechtsprechung des BSG).
a) Von Anfang an rechtswidrig war zunächst die im Bescheid vom 15.06.2009 erfolgte Feststellung folgender Unfallfolgen:
„Mäßiggradige Muskelminderung im Bereich des rechten Oberschenkels, mäßiggradige Minderung der Kraft im rechten Bein, mäßiggradige Einschränkung der Beugefähigkeit im rechten Kniegelenk, verbliebene Deformierung des rechten Kniegelenkes mit deutlicher Gang- und Standbehinderung am rechten Bein mit schmerzhafter Belastungsschwäche und der Notwendigkeit des Tragens einer Knie stabilisierenden Orthese sowie der Notwendigkeit Unterarmgehstützen zu führen, Sensibilisierungsstörungen auf der Streckseite des rechten Oberschenkels, Narben im Bereich des rechten Kniegelenkes nach stattgehabter Luxation der rechten Kniescheibe mit nachfolgender operativer Versorgung und Entfernung der rechten Kniescheibe.“
In Wirklichkeit hat das Ereignis vom 28.04.2003, das die Beklagte zu Recht als Arbeitsunfall anerkannt hat, lediglich eine folgenlos ausgeheilte Schwellung der oberflächlichen Weichteile über der Patella des rechten Kniegelenkes verursacht.
aa) Als Unfallfolgen können nur solche Gesundheitsstörungen von der Beklagten anerkannt werden (zu der im Ergebnis unstreitigen und allgemein anerkannten, hinsichtlich der normativen Anknüpfung an § 102 SGB VII allerdings umstrittenen Rechtsgrundlage für die Feststellung von Unfallfolgen durch den Unfallversicherungsträger siehe BSG, Urt. v. 24.07.2012 – B 2 U 23/11 R, –, juris Rn. 16, einerseits und Spellbrink/Karmanski, SGb 2021, 461, 465, andererseits), die entweder als Gesundheitserstschäden kausal (haftungsbegründende Kausalität) auf das Unfallereignis selbst oder als Gesundheitsfolgeschäden kausal (haftungsausfüllende Kausalität) auf den Gesundheitserstschaden bzw. die Gesundheitserstschäden zurückzuführen sind. Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt dabei, dass Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschäden, ebenso wie die Merkmale versicherte Tätigkeit, Verrichtung zur Zeit des Unfalls, Unfallereignis im Rahmen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen (haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R -, juris Rn. 16 m. w. N.).
Für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs (haftungsbegründende und/oder haftungsausfüllende Kausalität) zwischen dem Unfallereignis und den im Vollbeweis gesicherten Gesundheitsstörungen gilt die Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R -, juris Rn. 12 m.w.N.).
Diese Kausalitätsprüfung erfordert zunächst die Ermittlung der objektiven - naturwissen-schaftlichen - Verursachung, bei der es darauf ankommt, ob die versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder den Tod eine Wirkursache war (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112,177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rz.31 ff; hierzu auch Ricke, WzS 2013, 241). Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache in diesem Sinne war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen beantwortet werden (grundlegend BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz.55 ff; BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rz. 31 ff.). Dies schließt die Prüfung mit ein, ob ein Ereignis nach medizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen und welche Vorerkrankungen/Schadensanlagen ggfls. bestanden haben, die nach den genannten wissenschaftlichen Kriterien ebenfalls geeignet sind, die geltend gemachte Gesundheitsstörung zu bewirken (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit eines naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und/oder einem psychischen Gesundheitsschaden und einem Unfall ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernstliche Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 2 U 8/03 R - SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m. w. N).
Steht fest, dass neben der versicherten auch eine konkurrierende, nicht versicherte Ursache das Unfallereignis objektiv kausal (mit-)bewirkt hat, ist auf der 2. Stufe juristisch zu entscheiden, welche der Ursachen rechtserheblich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung gewesen sind. Selbst wenn eine versicherte Verrichtung als Ursache für einen Gesundheitsschaden feststeht, muss auf der 2. Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der 1. Stufe festgestellten weiteren mitwirkenden, nicht versicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch die Verrichtung ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Andere nicht versicherte Mitursachen können die rechtliche Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die nicht versicherten (Mit-)Ursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte Ursache verdrängen, weil sie überragende Bedeutung haben, so dass der Schaden "im Wesentlichen" rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt. Die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten nicht versicherten Ursachen und ihre Mitwirkungsanteile sind in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten (vgl. zum Ganzen zuletzt BSG, Urt. v. 06.05.2021 - B 2 U 15/19 R -, juris Rn. 21 m.w.N.). Kriterien zur Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache bei medizinischen Sachverhalten sind die versicherte Ursache als solche hinsichtlich Art und Stärke, einschließlich des zeitlichen Ablaufs, die konkurrierende(n) Ursache(n) hinsichtlich Art und Stärke, Krankheitsbild und Krankengeschichte, also die weitere Entwicklung und mögliche Vorgeschichte (siehe hierzu statt vieler BSG, Urt. v. 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, juris Rn. 15 f. m.w.N.). Für die zur Beurteilung der Wesentlichkeit der versicherten Ursache erforderliche Abwägung zwischen der versicherten Ursache und der nichtversicherten Ursache ist zu beachten, dass "wesentlich" nicht gleichzusetzen ist mit "gleichwertig" oder "annähend gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat und als rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist. Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen ist und damit keine Ursache im Sinn der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.01.2007 – B 2 U 23/05 R –, juris Rn. 18). Dies ist namentlich dann der Fall, wenn eine Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSG, Urt. v. 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, juris Rn. 15 m.w.N.).
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die im Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen und Beeinträchtigungen der Klägerin in Wirklichkeit nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 28.04.2003 verursacht worden. Vielmehr hätte als Unfallfolgen lediglich eine folgenlos ausgeheilte Schwellung der oberflächlichen Weichteile über der Patella des rechten Kniegelenkes, die der Durchgangsarzt Dr. G noch am Unfalltag diagnostiziert hat und die vollbeweislich gesichert ist, festgestellt werden dürfen.
Insoweit kann dahinstehen, ob es im Zusammenhang mit dem Ereignis vom 28.04.2003 überhaupt zu einer Luxation oder einer Subluxation der rechten Kniescheibe, bei der es sich ausweislich des Bescheids vom 15.06.2009 um die leitende Gesundheitsstörung handelt, auf der alle weiteren von der Beklagten anerkannten Gesundheitsstörungen aufbauen, gekommen ist und ob der Bescheid vom 15.06.2009 betreffend die Anerkennung der genannten Unfallfolgen schon deshalb bei seinem Erlass rechtswidrig war, weil der notwendige Vollbeweis einer Patellaluxation bzw. –subluxation nicht zu führen war und auch nachträglich nicht geführt werden kann, weil es bis auf die Angaben der Klägerin an objektivierbaren medizinischen Befunden insoweit fehlte und fehlt (vgl. zu den auch im Rahmen von §§ 45, 48 Abs. 3 SGB X geltenden Beweismaßstäben im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung BSG, Urt. v. 02.11.1999 – B 2 U 47/98 R –, juris Rn. 13 ff.; Urt. v. 20.03.2007 – B 2 U 27/06 R –, juris Rn. 11 ff.). Ebenso wenig muss geklärt werden, ob das Ereignis vom 28.04.2003 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im naturwissenschaftlichen Sinne wirkursächlich für die – als stattgefunden unterstellte – Patellaluxation war. Selbst wenn man annähme, dass entsprechend den Angaben der Klägerin das Ereignis vom 28.04.2003 wirkursächlich im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne eine Luxation der Patella des rechten Kniegelenkes herbeigeführt hat, wäre das Ereignis vom 28.04.2003 nicht im Sinne der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung wesentlich für die Verursachung der Patellaluxation.
(1) Es steht zur vollen Überzeugung des Senats mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass bei der Klägerin im Zeitpunkt des Ereignisses vom 28.04.2003 im rechten Kniegelenk eine unfallunabhängige, körpereigene Disposition für Patellaluxationen bestand. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen der Sachverständigen Dr. R1. Diese hat unter Auswertung der seit Mai 2003 erhobenen radiologischen Befunde festgestellt, dass im rechten Knie der Klägerin im Zeitpunkt des Ereignisses vom 28.04.2003 eine anlagebedingte Störung des Patellagleitlagers mit Abflachen der Femurrolle sowie eine Kniescheibenformvariante in der Einteilung nach Wiberg/Baumgartl III/IV bestanden habe. Hinzukommt nach der Sachverständigen eine allgemeine Bandinstabilität und eine X-Bein-Stellung. Die Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass diese anlagebedingten Veränderungen der Kniescheibenform und des Kniescheibengleitlagers Luxationen und Subluxationen begünstigten. Der Senat ist davon überzeugt, dass diese Feststellungen und Einschätzungen, die sich im Übrigen mit der von den behandelnden Ärzten der Klägerin im A-Krankenhaus E und in der Praxisklinik Orthopädie des S-Hospitals B gestellten Diagnose einer „habituellen Subluxation der Patella“ bzw. einer „habituellen Patellaluxation“ bei Patelladysplasie (vergleiche z.B. die Befundberichte vom 17.06.2004, 25.09.2004 und 12.04.2004 und den Eintrag in der Patientenkartei der Klägerin in der Praxisklinik Orthopädie vom 19.05.2003) und der urkundsbeweislich verwertbaren beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. H1 vom 21.01.2014 decken, zutreffend sind. Die Sachverständige hat ihre Einschätzung unmittelbar nachvollziehbar durch Auswertung sämtlicher ihr vorliegenden radiologischen Befunde begründet, unter anderem der Kernspintomografie des rechten Kniegelenkes vom 02.09.2004 und der Röntgenbilder vom 02.09.2004, 12.05.2005 und 30.01.2006, alle angefertigt im Krankenhaus E, die nach Einschätzung der Sachverständigen im rechten Knie eine Kniescheibenformvariante der Einteilung nach Wiberg/Baumgartl III/IV sowie eine massive Abflachung der Kniescheibenführungsrinne zeigten. Die X-Bein-Stellung hat sie nachvollziehbar aus der Kernspintomografie vom 21.11.2008 und dem Röntgenbild vom 13.02.2009 abgeleitet. Die allgemeine Bandinstabilität ergab sich aus den Berichten über die am 08.05.2003 und dem Auszug aus der Krankendatei der Praxisklinik Orthopädie des S-Hospitals vom 19.05.2003. Dort ist als Befund ein laterales Subluxationssyndrom mit Lateralisation der Patella bzw. eine Subluxierbarkeit der Patella nach lateral beschrieben. Nach der überzeugenden Einschätzung von Dr. R1 kann diese dokumentierte Bandinstabilität nicht als Folge des Ereignisses vom 28.04.2003 begriffen werden, denn in den entsprechenden Befundberichten sind keinerlei Anzeichen für eine Schädigung der Kniebinnenstrukturen festgestellt worden. Über eine Zerreißung des Kapselbandapparates, eine Beschädigung knöcherner oder cartilaginärer Strukturen oder auch nur ein „bone bruise“, das jedenfalls am 08.05.2003 nur wenige Tage nach dem Unfallereignis noch feststellbar gewesen wäre, wird in den genannten Berichten nichts mitgeteilt.
Die Einwendungen der Klägerin gegen diese unfallunabhängige Schadensanlage greifen nicht durch. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf die im Berufungsverfahren eingereichte Stellungnahme von Dr. V vom 10.09.2016, deren Inhalt die Klägerin allerdings schon vor dem Sozialgericht im Schriftsatz vom 21.09.2016 vorgetragen hatte, ausführt, Dr. V habe bei seiner Untersuchung im Verwaltungsverfahren vom 21.01.2013 lotgerecht verlaufende Beinachsen mit einem Abstand der inneren Kniegelenkspalten von 2 cm bei aneinander liegenden Innenknöcheln und damit gerade keine X-Beine festgestellt, ist dem entgegenzuhalten, dass sich Dr. V nicht mit den von Dr. R1 herangezogenen bildgebenden Befunden befasst hat, aus denen sich nach Einschätzung von Dr. R1 eine X-Bein-Stellung ergibt. Darüber hinaus trifft der Einwand der Klägerin, eine Kniescheibendysplasie und eine Störung des Gleitlagers trete als anlagebedingte Störung immer beidseitig auf und in ihrem linken Kniegelenk sei keine entsprechende Schadensanlage vorhanden, nicht zu. Zum einen ist dem Senat aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt, dass anatomische Besonderheiten im Bereich der Kniegelenke durchaus häufig einseitig auftreten. Zum anderen hat Dr. R1 in ihrem Sachverständigengutachten ausgeführt, dass sich aus den Röntgenaufnahmen der linken Patella vom 13.02.2009 (Krankenhaus E) und vom 17.01.2013 (Krankenhaus L) eine Kniescheibenformvariante im linken Knie nach Wiberg/Baumgartl II bis III ergibt. Die Klägerin weist also auch im linken Knie eine entsprechende, wenn auch nicht in gleichem Maße wie im rechten Knie ausgeprägte Schadensanlage auf. Dass sich diese noch nicht in Gestalt habitueller Patellaluxationen realisiert hat, ändert nichts an ihrem Vorliegen.
(2) Es spricht nach der Überzeugung des Senats wesentlich mehr dafür als dagegen, dass die vorstehend beschriebene Schadensanlage, wenn man davon ausgeht, dass das Ereignis vom 28.04.2003 im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne kausal zu einer Patellaluxation geführt hat, für den Eintritt dieses Gesundheitsschadens im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne jedenfalls mitursächlich geworden ist.
Dies ergibt sich bereits daraus, dass es nach der Überzeugung des Senats bei dem Ereignis vom 28.04.2003 nicht zu einer erheblichen Krafteinwirkung auf die Innenseite der Kniescheibe des rechten Knies oder zu einer maximalen X-Stellung im Kniegelenk mit maximaler Krafteinwirkung auf dasselbe gekommen ist. Nur bei einem solchen Sachverhalt wäre es bei einem Menschen ohne entsprechende Schadensanlage wie bei der Klägerin durch das Ereignis vom 28.04.2003 zu einer Patellaluxation gekommen. Der Senat folgt auch insoweit den Ausführungen der Sachverständigen Dr. R1, die unter Auswertung wissenschaftlicher Literatur dargelegt hat, dass traumatische Patellaluxationen ohne jede anlagebedingte Veränderung ausgesprochen selten sind und nur bei vergleichbaren Einwirkungen wie den vorstehend dargestellten Umständen zu beobachten sind. Bei der Klägern hat deshalb mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die bei ihr aufgrund der vorstehend beschriebenen anatomischen Besonderheiten im rechten Kniegelenk vorhandene Neigung zu Patellaluxationen mitgewirkt, weil sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die – hier als eingetretener Gesundheitserstschaden unterstellte – Patellaluxation entfiele.
Der Senat verkennt insoweit nicht, dass sich in den Akten unterschiedliche Schilderungen des Unfallhergangs befinden. Teilweise wird die Einlassung der Klägerin in ärztlichen Berichten dergestalt wiedergegeben, dass sie sich das rechte Knie verdreht habe (so beispielsweise im Durchgangsarztbericht vom 28.04.2003 und im Gutachten von Dr. V vom 21.01.2013). In anderen Berichten (beispielsweise in der ursprünglichen Unfallanzeige) heißt es demgegenüber, die Klägerin sei mit dem rechten Knie auf den Bordstein aufgeschlagen. Welcher Hergang zutrifft, kann der Senat dahinstehen lassen, denn eine erhebliche Krafteinwirkung auf die Innenseite der rechten Kniescheibe hat nach keiner der aktenkundigen Varianten stattgefunden. Schlimmstenfalls ist die Klägerin mit dem Knie auf dem Bordstein aufgeschlagen. Hierbei handelt es sich jedoch um eine direkte Krafteinwirkung auf die Vorderseite der Kniescheibe. Ein Anschlagen auf die Innenseite der Kniescheibe mit direkter Krafteinwirkung in Richtung der Außenseite des Knies ist bei dem von der Klägerin im Übrigen fortlaufend geschilderten Hergang, sie sei infolge eines Anrempelns mit dem rechten Fuß umgeknickt, schon anatomisch nicht plausibel. Bei einem Umschlagen des rechten Fußes nach innen kann das Knie nicht mit erheblicher Krafteinwirkung auf die Innenseite auf die Bordsteinkante aufgeschlagen sein. Der Senat folgt auch insoweit der Einschätzung der Sachverständigen Dr. R1, die für alle aktenkundigen Sachverhaltsvarianten eine erhebliche Krafteinwirkung auf die Innenseite der rechten Kniescheibe verneint hat. Die Einschätzung der Sachverständigen kann sich auch auf den aktenkundigen Bericht über das am 08.05.2003 durchgeführte MRT stützen. Danach ergaben sich keinerlei Hinweise auf Verletzungen der Kniebinnenstrukturen oder auf frische Traumafolgen. Bei einer erheblichen Krafteinwirkung auf die Innenseite der rechten Kniescheibe oder in Verbindung mit den von Frau Dr. R1 als geeigneten Unfallhergang beschriebenen Scherbewegungen wäre aber mit solchen, auch im MRT erkennbaren Folgen einer Gewalteinwirkung zu rechnen.
Nichts anderes folgt aus der im Berufungsverfahren vorgelegten Stellungnahme von Dr. V vom 10.09.2016. Soweit es darin heißt, ihm gegenüber und auch nach Aktenlage sei ein Sturzereignis mit Sturz des innenseitigen rechten Kniegelenkes gegen eine Bordsteinkante angegeben worden und genau dies erfülle die Kriterien für ein geeignetes Ereignis, ist dies unschlüssig und nicht überzeugend. In dem Gutachten von Dr. V vom 21.01.2013 wird ein Sturzereignis auf das innenseitige rechte Kniegelenk gerade nicht beschrieben. Vielmehr hält Dr. V als von der Klägerin angegebenen Unfallhergang fest, dass sich die Klägerin das Knie verdreht habe. Ein Sturz auf die Innenseite des rechten Kniegelenkes wird auch in keinem anderen ärztlichen Bericht, der Eingang in die Akten gefunden hat, beschrieben. Zudem hat sich Dr. V nicht mit dem aktenkundigen Bericht über die Kernspintomografie vom 08.05.2003 auseinandergesetzt.
(3) Die unter (1) beschriebene, unversicherte und nach den vorstehenden Ausführungen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zumindest mitursächliche Schadensanlage der Klägerin war, wenn man die Verursachung einer Patellaluxation im rechten Knie im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne durch das Ereignis vom 28.04.2003 als hinreichend wahrscheinlich ansieht, für diesen Gesundheitsschaden unter Berücksichtigung aller Umstände von überragender Bedeutung, sodass sie als allein rechtlich wesentliche Ursache hierfür zu werten ist. Bei dem Ereignis vom 28.04.2003 handelt es sich um eine rechtlich nicht wesentliche Gelegenheitsursache, die vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung nicht umfasst ist und dementsprechend auch keine Ansprüche nach dem SGB VII begründen kann. Die bei der Klägerin vorhandene Neigung zu Patellaluxationen war so ausgeprägt und leicht ansprechbar, dass es nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, um eine Patellaluxation im rechten Knie der Klägerin auszulösen, sondern jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit diese Schädigung ausgelöst hätte. Der Senat schließt sich auch insoweit den Einschätzungen von Dr. H1, Dr. E1 und Dr. R1 an.
Die Unwesentlichkeit des Ereignisses vom 28.04.2003 kann freilich nicht allein damit begründet werden, dass dieses Ereignis nach den vorstehenden Ausführungen nicht geeignet war, bei einem Menschen ohne entsprechende Schadensanlage eine Patellaluxation herbeizuführen, denn die Abwägung, ob das Unfallereignis den Gesundheitsschaden wesentlich (mit-)verursacht hat, ist auf dem Boden der individuellen körperlichen und seelischen Konstitution des einzelnen Versicherten im Zeitpunkt der jeweiligen Einwirkung zu treffen (vgl. BSG, Beschl. v. 06.10.2020 – B 2 U 127/20 B –, juris Rn. 9). Der Senat verkennt auch nicht, dass für die Frage der Wesentlichkeit nicht die Einschätzung medizinischer Sachverständigen maßgeblich ist, sondern das zuständige Gericht eine eigene, juristische Wertung auf der Grundlage des mit Hilfe medizinischer Sachverständiger geklärten Sachverhalts zu treffen hat. Der Senat ist jedoch unter Würdigung des gesamten Sachverhalts zu der Überzeugung gelangt, dass die vorstehend beschriebene Schadensanlage der Klägerin das Geschehen wesentlich geprägt hat.
Hierfür spricht zunächst, dass die von Dr. R1 beschriebene Schadensanlage der Klägerin für sich genommen erheblich ausgeprägt war. Die Sachverständige beschreibt die von ihr unter Auswertung zahlreicher bildgebender Befunde festgestellte Abflachung des Gleitlagers als „deutlich“ bzw. „massiv“. Die Patelladysplasie erreichte zudem ihre Einschätzung nach mit dem Grad IV in dem von Wiberg/Baumgärtl entwickelten Stufenschema die zweithöchste Stufe (Kniescheibe ist verkürzt und auffällig geformt). Schließlich lagen bei der Klägerin wegen der nach den vorstehenden Ausführungen anlagebedingten Bandinstabilitäten nach der Auswertung bildgebender Befunde durch die Sachverständige Dr. R1 eine „deutliche“ Lateralisation der Patella mit Subluxationstellung und ein „deutlicher“ Patellahochstand vor.
Darüber hinaus ergibt sich aus dem Bericht über das am 08.05.2003 durchgeführte MRT und aus der Patientenkartei der Praxisklinik Orthopädie des S-Hospitals, dass das Ereignis vom 28.04.2003, auch wenn es sich hierbei als solches nicht um ein ganz alltägliches Ereignis handelt, zu keiner erheblichen Gewalteinwirkung auf das rechte Kniegelenk der Klägerin geführt haben kann, da keinerlei Verletzungen der Kniebinnenstrukturen und noch nicht einmal ein „bone bruise“ festgehalten wurden. Dies lässt nur den Schluss zu, dass es keiner besonderen Krafteinwirkung bedurfte, um die Patellaluxation zu bewirken. Schon deshalb spricht erheblich mehr dafür als dagegen, dass auch ein alltägliches Ereignis in etwa zur gleichen Zeit diese Gesundheitsstörung ausgelöst hätte.
Weiterhin folgt die überragende Bedeutung der Schadensanlage der Klägerin, wovon im Übrigen auch Dr. V in seiner Stellungnahme vom 10.09.2016 ausgeht, auch daraus, dass die Klägerin bereits vor dem Ereignis vom 28.04.2003 Patellaluxationen im rechten Kniegelenk erlitten hat. Der Senat ist hiervon überzeugt, auch wenn die Klägerin etwas anderes behauptet. So heißt es im Operationsbericht über die am 22.09.2004 durchgeführte operative Medialisierung der Tuberositas Tibiae in der Klinik für Orthopädie und orthopädische Chirurgie des A-Krankenhauses in E, seit 2001 sei es zu rezidivierenden Patellaluxationen rechts nach erstmaliger Luxation beim Inlineskaten ohne adäquates Trauma gekommen; seit April 2003 sei es zu gehäuften Luxationen gekommen. Außerdem wird in dem vom Sozialgericht beigezogenen Auszug aus der Patientenkartei aus der Praxisklinik Orthopädie des S-Hospitals B, wo sich die Klägerin im Mai 2003 in Behandlung befand, unter dem 19.05.2003 Folgendes berichtet:
„Die Patientin stellt sich vor wegen Beschwerden am Kniegelenk rechts seit 2000, erste Luxation, danach Subluxationen“
Damit haben zwei Kliniken unabhängig voneinander in ihren Unterlagen festgehalten, dass es bei der Klägerin deutlich vor dem Ereignis vom 28.04.2003 ohne adäquates Trauma zu Patellaluxationen im rechten Knie gekommen ist. Diese Angaben können nur von der Klägerin selbst herrühren. Dass die genannten Kliniken, die nichts miteinander zu tun haben und sich in unterschiedlichen Orten befinden, von sich aus einen – nach den Behauptungen der Klägerin – unzutreffenden Sachverhalt in ihren Unterlagen festgehalten haben, hält der Senat für ausgeschlossen. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht plausibel zu erklären vermocht, wie es zu den angeblich unzutreffenden Vermerken gekommen sein soll. Ihre Vermutung, dass die betreffenden Kliniken jeweils Berichte ihrer damals behandelnden Ärzte Dr. J1 und Dr. K1 beigezogen haben und sich in deren Akten ein unzutreffender Eintrag befunden haben könnte, ist nicht schlüssig. Bei den genannten Ärzten handelt es sich um den Chef- und den Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie des A-Krankenhauses in E. Die Behandlung in der Praxisklinik Orthopädie des S-Hospitals in B erfolgte jedoch mehr als ein Jahr zuvor, so dass nicht erklärlich ist, wie die dortigen Ärzte einen angeblich unzutreffenden Eintrag in den Akten des A-Krankenhauses in E hätten übernehmen sollen. Darüber hinaus stimmen die genannten Aktenvermerkte nur im Kern dahingehend überein, dass bereits vor dem 28.04.2003 Patellaluxationen stattgefunden haben. Im Detail unterscheiden sich die Vermerke jedoch, was es naheliegend erscheinen lässt, dass die Kliniken die betreffenden Vermerke unabhängig voneinander aufgenommen haben und sich hierbei nur auf entsprechende Angaben der Klägerin stützen konnten.
In Anbetracht dessen hält der Senat die Einlassung der Klägerin, sie habe vor dem Ereignis vom 28.04.2003 nie eine Kniescheibenluxation erlitten, auch nach der persönlichen Anhörung der Klägerin im Erörterungstermin vom 09.07.2019 und in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2022 für unwahr. Es drängt sich auf, dass die Klägerin im Nachhinein erkannt oder für möglich gehalten hat, dass der Umstand, dass Patellaluxationen bereits vor dem 28.04.2003 ohne adäquates Trauma stattgefunden haben, der Zuerkennung von Ansprüchen aus der gesetzlichen Unfallversicherung entgegenstehen könnte, und deshalb im Rahmen der Untersuchung durch die im Verwaltungsverfahren beauftragten Sachverständigen Dr. U und Dr. C vorangegangene Patellaluxationen bestritten hat.
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass aus den beigezogenen Unterlagen der Krankenkasse der Klägerin nicht hervorgeht, dass sich die Klägerin vor dem 28.04.2003 wegen Patellaluxationen in ärztliche Behandlung begeben hat. Dies belegt lediglich, dass keine kassenärztliche Behandlung der Klägerin insoweit stattgefunden hat, widerlegt aber nicht, dass habituelle Patellaluxationen vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis tatsächlich passiert sind. Nach den Aufzeichnungen der genannten Kliniken hat es sich bei den früheren Patellaluxationen zudem um Vorgänge aus dem rein privaten Bereich der Klägerin gehandelt, die offensichtlich nicht mit länger andauernden Schmerzen oder Folgeerscheinungen verbunden waren.
Unabhängig davon ergibt sich die überragende Bedeutung der unversicherten Schadensanlage der Klägerin auch daraus, dass die Klägerin nach dem Ereignis vom 28.04.2003 nach ihren eigenen Angaben fortlaufend bis hin zu „nahezu täglich“ Patellaluxationen erlitten hat. Diese können nur auf die beschriebenen Schadensanlagen der Klägerin zurückzuführen sein und belegen, dass auch alltägliche Ereignisse in etwa zur gleichen Zeit Patellaluxationen bei der Klägerin herbeiführen konnten. Dass das Ereignis vom 28.04.2003 zu einer anatomischen Veränderung geführt hat, die diese späteren Patellaluxationen verursacht oder begünstigt hat, kann nicht festgestellt werden. Zwar sind augenscheinlich die im Verwaltungsverfahren beauftragten Sachverständigen Dr. U, Dr. C, Dr. D und Dr. V davon ausgegangen, dass die späteren Patellaluxationen Folgen des Ereignisses vom 28.04.2003 sind. Sie haben diese Einschätzung jedoch nicht schlüssig und nachvollziehbar begründet. Offensichtlich haben sie angenommen, dass die – hier unterstellte – am 28.04.2003 erfolgte Patellaluxation zu einer Lockerung des Kapsel- und Bandapparates im rechten Kniegelenk der Klägerin geführt hat. Sie haben sich dabei allerdings nicht mit dem Bericht über das MRT vom 08.05.2003 auseinandergesetzt, in dem keinerlei Verletzungszeichen am Kapsel- und Bandapparat festgehalten worden sind. Wie bereits ausgeführt, ist deshalb die in diversen bildgebenden Befunden festgehaltene Lateralisation der Patella in Subluxationstellung Ausdruck einer körpereigenen Bandinstabilität der Klägerin und nicht im naturwissenschaftlichen Sinne Folge des Ereignisses vom 28.04.2003. Die Annahme einer Lockerung des Kapsel- und Bandapparates ohne im MRT erkennbare Verletzungszeichen ist nicht plausibel. Auch insoweit folgt der Senat den Ausführungen der Sachverständigen Dr. R1, die unter kritischer Auseinandersetzung mit den im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten zutreffend dargelegt hat, dass sich Dr. U, Dr. C, Dr. D und Dr. V letztlich im Wesentlichen auf die Angaben der Klägerin gestützt haben, ohne aktenkundige ärztliche Befundberichte hinreichend zu würdigen.
(4) Da mithin eine etwaige Patellaluxation nicht wesentlich durch das Ereignis vom 28.04.2013 verursacht worden ist, sind auch die operative Versorgung und Entfernung der Kniescheibe des rechten Knies nicht dem Ereignis vom 28.04.2013 zuzurechnende Folgen. Das gleiche gilt für die weiteren von der Beklagten anerkannten Folgen körperlicher Art (Mäßiggradige Muskelminderung im Bereich des rechten Oberschenkels, mäßiggradige Minderung der Kraft im rechten Bein, mäßiggradige Einschränkung der Beugefähigkeit im rechten Kniegelenk, verbliebene Deformierung des rechten Kniegelenkes mit deutlicher Gang- und Standbehinderung am rechten Bein mit schmerzhafter Belastungsschwäche und der Notwendigkeit des Tragens einer Knie stabilisierenden Orthese sowie der Notwendigkeit Unterarmgehstützen zu führen, Sensibilisierungsstörungen auf der Streckseite des rechten Oberschenkels, Narben im Bereich des rechten Kniegelenkes).
Hinsichtlich der zuletzt genannten Folgen kann auch dahinstehen, ob sie wesentlich kausal durch die operativen Maßnahmen, die die Klägerin im rechten Knie hat durchführen lassen, verursacht worden sind, wovon die von der Beklagten als Sachverständige beauftragte Dr. E1 ausgeht. Etwaige Folgen dieser Behandlungsmaßnahmen sind nicht als mittelbare Unfallfolgen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu werten, da es sich bei diesen Maßnahmen nicht um Heilbehandlung im Sinne dieser Vorschrift gehandelt hat.
§ 11 SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die Gesundheitsschäden auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn sie etwa durch die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich verursacht wurden. Aber auch diese gesetzliche Zurechnung setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands des § 11 SGB VII durch das (behauptete oder anerkannte) Unfallereignis notwendig bedingt war (vgl. BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1). Dies ist zum einen der Fall, wenn die betreffende Heilbehandlungsmaßnahme objektiv zur Behandlung von Unfallfolgen notwendig war. Nach den vorstehenden Ausführungen ist dies zu verneinen. Zum anderen ist der Tatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII auch dann erfüllt, wenn der Unfallversicherungsträger oder sein Leistungserbringer, und dabei insbesondere der Durchgangsarzt, für den Versicherten den Anschein gesetzt hat, es solle eine unfallversicherungsrechtliche Heilbehandlungsmaßnahme durchgeführt werden (siehe hierzu zuletzt BSG, Urt. v. 06.09.2018 – B 2 U 16/17 R. –, juris Rn. 18). Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn die Klägerin hat diese Maßnahmen ohne jegliche Veranlassung durch die Beklagte oder den Durchgangsarzt (siehe zu dieser Voraussetzung BSG, a.a.O., Rn. 19) durchführen lassen. Vielmehr wurde die Behandlung zu Lasten der Beklagten durch den ursprünglich als Durchgangsarzt tätig gewordenen Dr. G zum 09.05.2003 beendet, weil Dr. G – nach den vorstehenden Ausführungen zu Recht – davon ausging, dass eine etwaige Patellaluxation nicht Folge des Ereignisses vom 28.04.2003 war. Sämtliche operativen Maßnahmen erfolgten allein zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Dass die Beklagte nachträglich die operativen Maßnahmen und ihre Folgen zu Unrecht als Folgen des Ereignisses vom 28.04.2003 anerkannt hat, löst die besondere Zurechnungsnorm des § 11 Abs. 1 SGB VII nicht aus.
Ebenfalls kann hier dahinstehen, ob die weiteren Umstände und Gesundheitsstörungen, die die Beklagte als Folge der Patellaluxation angesehen und als Unfallfolgen anerkannt hat , darüber hinaus wesentlich kausal auf unfallunabhängige seelische Leiden der Klägerin zurückzuführen sind (siehe dazu unten 3. b) bb) (2) (c)).
b) In konsequenter Fortführung der vorstehenden Ausführungen war auch die Bewilligung einer Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. von Anfang an rechtswidrig. Die Klägerin hatte vielmehr zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Bewilligung von Verletztenrente.
Nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Unfallfolgen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (sog. Stütztatbestand). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
Diese Voraussetzungen lagen zu keinem Zeitpunkt vor, denn die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist und war infolge des Ereignisses vom 28.04.2003 nicht um wenigstens als 20 v.H. gemindert. Für einen Stützrententatbestand ist nichts ersichtlich. Im Übrigen beträgt die Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin infolge des Ereignisses vom 28.04.2003 noch nicht einmal 10 v.H.
Für die Feststellung einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sind nur solche Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die entweder als Gesundheitserstschäden kausal (haftungsbegründende Kausalität) auf das Unfallereignis selbst oder als Gesundheitsfolgeschäden kausal (haftungsausfüllende Kausalität) auf den Gesundheitserstschaden bzw. die Gesundheitserstschäden zurückzuführen sind. Wie bereits ausgeführt, hat das Ereignis vom 28.04.2003 wesentlich kausal lediglich eine folgenlos ausgeheilte Schwellung der oberflächlichen Weichteile über der Patella des rechten Kniegelenkes verursacht. Eine irgendwie geartete MdE ist hieraus nicht verblieben.
c) Die Klägerin hatte auch infolge des Ereignisses vom 28.04.2003 zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Pflegegeld.
Pflegegeld wird nach § 44 Abs. 1 SGB VII gezahlt, solange Versicherte infolge des Versicherungsfalls so hilflos sind, dass sie für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang der Hilfe bedürfen. Voraussetzung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Versicherungsfall und den aktuellen Gesundheitsschäden sowie zwischen diesen Gesundheitsschäden und der Hilflosigkeit, so dass zu prüfen ist, ob die gesamte Hilflosigkeit oder ob bei vorbestehender Hilflosigkeit oder Pflegebedürftigkeit ein bestimmter Verschlimmerungsanteil dem Versicherungsfall zuzurechnen ist. Dabei gilt, wie sonst auch im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung (siehe zum Ganzen BSG, Urt. v. 10.10.2006 - B 2 U 41/05 R -, juris Rn. 16 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen lagen nach den vorstehenden Ausführungen zu keinem Zeitpunkt vor, da das Ereignis vom 28.04.2003 wesentlich kausal lediglich eine folgenlos ausgeheilte Schwellung der oberflächlichen Weichteile über der Patella des rechten Kniegelenkes verursacht hat. Die Gesundheitsstörungen, die die Beklagte nach den vorstehenden Ausführungen im Bescheid vom 15.06.2009 zu Unrecht als Unfallfolgen anerkannt hat und aus denen die Klägerin ihre angebliche Hilflosigkeit ableitet, sind, wie bereits ausgeführt, nicht wesentlich durch das Ereignis vom 28.04.2003 verursacht worden.
d) Die Klägerin hatte ebenfalls zu keinem Zeitpunkt Anspruch auf Kleidermehrverschleißgeld.
Nach § 7 der aufgrund von § 31 Abs. 2 SGB VII erlassenen Verordnung über die orthopädische Versorgung Unfallverletzter in der hier anwendbaren, bis zum 31.12.2023 gültigen Fassung gelten für Voraussetzungen und Höhe der Entschädigung für Kleider- und Wäscheverschleiß die Vorschriften des § 15 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und der Verordnung zur Durchführung des § 15 des Bundesversorgungsgesetzes vom 31. Januar 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 105) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend. Aus § 15 BVG ergibt sich, dass, wenn die anerkannten Folgen der Schädigung außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung oder Wäsche verursachen, die dadurch entstehenden Kosten mit einem monatlichen Pauschbetrag zu ersetzen sind, wobei der Rahmen für die Bemessung des Pauschbetrages in zahlreichen Gesetzesänderungen verändert worden ist.
Soweit § 15 Satz 1 BVG auf die anerkannten Folgen der Schädigung abstellt, sind dies die anerkannten Gesundheitsstörungen. Dies ergibt sich aus einem systematischen Vergleich mit § 10 Abs. 1 Satz 1 BVG, wonach Heilbehandlung Beschädigten für Gesundheitsstörungen gewährt wird, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind, um die Gesundheitsstörungen oder die durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu verbessern etc. Eben hieraus folgt zunächst für § 10 Abs. 1 Satz 1 BVG, dass Anfangsglied der Kausalkette (hier der haftungsausfüllenden Kausalität) die Gesundheitsstörung und das Endglied ein Zustand ist, der eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme erforderlich macht. Soweit § 15 Satz 1 BVG eine Kausalität („Verursachen“) zwischen anerkannten Folgen der Schädigung und außergewöhnlichem Kleider- und Wäscheverschleiß für eine Entschädigung entsprechender Kosten verlangt, ist dementsprechend die Gesundheitsstörung das Anfangsglied der Kette und der Kleider- und Wäscheverschleiß das Endglied (siehe zum Ganzen LSG Berlin-Brandenburg, 20.03.2014 – L 3 U 236/11 –, juris Rn. 42 m.N.).
Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich, dass ein Kleidermehrverschleißentgelt in der gesetzlichen Unfallversicherung nur wegen solcher Gesundheitsstörungen zu gewähren ist, die im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung wesentlich kausal auf einen Versicherungsfall in der gesetzlichen Unfallversicherung, d. h. hier den Arbeitsunfall vom 28.04.2003, zurückzuführen sind und die darüber hinaus wesentlich kausal zu einem vermehrten Kleider- und Wäscheverschleiß führen. Solche Gesundheitsstörungen lagen nach den vorstehenden Ausführungen zu keinem Zeitpunkt vor. Der Arbeitsunfall vom 28.04.2003 hat, wie bereits ausgeführt, wesentlich kausal lediglich eine folgenlos ausgeheilte Schwellung der oberflächlichen Weichteile über der Patella des rechten Kniegelenkes verursacht. Aus dieser Verletzung folgt kein erhöhter Kleider- oder Wäscheverschleiß.
Dass die Beklagte, wie bereits ausgeführt, zu Unrecht Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen anerkannt hat, die, wie die Notwendigkeit, Unterarmgehstützen zu benutzen, einen erhöhten Kleider- und Wäscheverschleiß begründen können, führt nicht etwa dazu, dass der Klägerin allein deswegen ein Anspruch auf Mehrverschleißentschädigung zusteht, weil die Beklagte diese Gesundheitsstörungen „anerkannt“ hat. Wenn, wie hier, Gesundheitsstörungen zu Unrecht als Unfallfolgen anerkannt worden sind, ist auch eine aufgrund dieser rechtswidrigen Anerkennung zuerkannte Geldleistung zu Unrecht erbracht worden. § 7 der Verordnung über die orthopädische Versorgung Unfallverletzter i.V.m. § 15 BVG begründet keinen von der zutreffenden Sach- und Rechtslage unabhängigen Anspruch allein aufgrund fehlerhafter Anerkennung von Unfallfolgen.
2. Die Beklagte hat auch zu Recht im Bescheid vom 03.12.2014 angeordnet, dass die mit Bescheiden vom 15.06.2009 bewilligten Geldleistungen für die Zeit ab Wirksamwerden des Bescheids vom 03.12.2014 (§ 39 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X) nicht mehr zu erhöhen sind, d. h. auf den Betrag, der sich nach materiellem Recht im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheids vom 03.12.2014 ergibt, „eingefroren“ werden. Die Klägerin hat deshalb keinen Anspruch darauf, dass die ihr mit Bescheid vom 15.06.2009 bewilligten Geldleistungen wegen nach Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 eingetretener Umstände erhöht werden.
Ermächtigungsgrundlage hierfür ist § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Danach gilt: Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach § 48 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie es sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor.
a) Die Bescheide vom 15.06.2009 über die Bewilligung von Verletztenrente, Pflegegeld und Kleidermehrverschleißpauschale, bei denen es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X sowie um begünstigende Verwaltungsakte im Sinne der Legaldefinition von § 45 Abs. 1 SGB X handelt, waren bereits im Zeitpunkt ihres Erlasses im Sinne von § 45 Abs. 1 SGB X rechtswidrig. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zu 1. b) bis d) Bezug genommen.
b) Die Bescheide vom 15.06.2009 können nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen werden, weil die Frist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X, wonach ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden kann, abgelaufen ist. Die Voraussetzungen von § 45 Abs. 3 Sätze 2 bis 5 SGB X sind nicht erfüllt. Der Senat geht zwar nach den vorstehenden Ausführungen davon aus, dass die Klägerin bereits vor dem Ereignis vom 28.04.2003 Patellaluxationen erlitten hat und dass ihre im Verwaltungsverfahren gegenüber den von der Beklagten beauftragten Sachverständigen Dr. U und Dr. C getätigten Angaben, sie habe vor dem Ereignis vom 28.04.2003 nie Patellaluxationen erlitten, objektiv unrichtig sind. Die Bescheide vom 15.06.2009 beruhen jedoch nicht wesentlich im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf diesen Angaben, sondern auf medizinischen Ermittlungen zum ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 28.04.2003 und den bei der Klägerin von der Beklagten festgestellten Gesundheitsstörungen, namentlich auf den Ergebnissen der Begutachtungen durch Dr. U und Dr. C sowie durch Dr. D und auf den beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. R. Diese stützen sich nicht alleine auf die Angaben der Klägerin, sondern würdigen den Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Befunde insgesamt. Dass die von der Beklagten als zutreffend angenommene medizinische Einschätzung nach den vorstehenden Ausführungen auch unabhängig von der Frage, ob bereits vor dem 28.04.2003 Patellaluxationen bei der Klägerin stattgefunden haben, unrichtig war, konnte die Klägerin als medizinische Laiin nicht erkennen, sodass ihr auch nicht im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vorgeworfen werden kann, sie habe die Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 15.06.2009 infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt.
Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die fehlende Rücknehmbarkeit des Verwaltungsakts mit Dauerwirkung überhaupt gerichtlich überprüfbares Tatbestandsmerkmal im Rahmen von § 48 Abs. 3 SGB X ist (ablehnend Steinwedel, in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X Rn. 62a).
c) Die für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X notwendige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 15.06.2009 ist im Bescheid vom 03.12.2014 ebenfalls erfolgt. Ein entsprechender feststellender Verwaltungsakt kann stets auch zusammen mit der Entscheidung nach § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X erfolgen (vgl. hierzu z.B. BSG, Urt. v. 31.01.1989 – 2 RU 16/88 –, juris Rn. 17 m.w.N.).
d) Es liegt auch eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass der Bescheide vom 15.06.2009 vorgelegen haben, im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor (zu dieser Voraussetzung für die Anordnung bzw. den Eintritt der Rechtsfolgen von § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X siehe BSG, Urt. v. 20.03.2007 – B 2 U 38/05 R –, juris Rn. 20, Urt. v. 31.01.1989 – 2 RU 16/88 –, juris Rn.14; Beschluss des Senats v. 31.08.2021 – L 15 U 585/19 –, juris Rn. 34; Brandenburg, in: jurisPK-SGB X, § 48 Rn. 101). Diese liegt in der jährlichen Anpassung der Leistungen, die nicht nur nach § 95 Abs. 1 SGB VII für die gemäß § 56 Abs. 3 SGB VII vom Jahresarbeitsverdienst abhängige Verletztenrente, sondern nach Maßgabe von § 44 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 SGB VII auch für das Pflegegeld und nach Maßgabe von § 56 Abs. 1 i.V.m. § 15 BVG auch für die Kleidermehrverschleißpauschale vorzunehmen ist (vgl. zu jährlichen Leistungsanpassungen als von § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X erfassten wesentlichen Änderungen BSG, Urt. v. 15.09.1988 - 9/4b RV 15/87 -, juris Rn. 18 f.; Urt v. 31.01.1989 - 2 RU 16/88 -, juris Rn. 14).
Dass diese Anpassung der Leistungen erst zum 01.07.2015 (vgl. § 4 Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2015 <Rentenwertbestimmungsverordnung 2015 – RWBestV 2015> vom 12. Juni 2015, BGBl I 965, und Art. 1 Ziff. 2 Einundzwanzigste Verordnung zur Anpassung des Bemessungsbetrages und von Geldleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz <21. KOV-Anpassungsverordnung 2015 - 21. KOV-AnpV 2015> v. 19.06.2015, BGBl. I S. 993) und damit nach Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 zu erfolgen hatte, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der von der Beklagten verfügten „Aussparung“ nach § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Da § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X nach seinem Sinn und Zweck künftige Leistungsverbesserungen aufgrund einer rechtswidrigen Leistungsbewilligung verhindern möchte, muss ein „Einfrieren“ rechtswidrig bewilligter Leistungen und die „Aussparung“ von künftigen Leistungserhöhungen bei regelmäßigen, gesetzlich vorgesehenen Anpassungen auch vor Umsetzung dieser Anpassung durch die gesetzlich vorgesehene Rechtsverordnung (§§ 44 Abs. 6, 95 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, § 56 Abs. 2 BVG) möglich sein (in diesem Sinne wohl auch BSG, Urt. v. 31.01.1989 - 2 RU 16/88 -, juris Rn. 3, 17).
Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (hier Erlass des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015) sicher feststeht oder zumindest absehbar ist, dass die jährliche Anpassung der Leistungen stattfindet und nicht ausnahmsweise ausbleibt. Dies war hier der Fall, weil im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 bereits ein Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) für eine Rentenwertbestimmungsverordnung 2015 existierte, der eine Anhebung der betreffenden Leistungen vorsah (vgl. https://www.sovd-hh.de/news-service/stellungnahmen/rente/archiv/23042015-rentenanpassung-2015/).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit der Anfechtungsklage gegen das aufgrund von § 48 Abs. 3 SGB X verfügte „Einfrieren“ der mit den Bescheiden vom 15.06.2009 bewilligten Leistungen erreichen möchte, dass gesetzlich vorgesehene Erhöhungen der Leistungen auch nach Erlass des Bescheides vom 03.12.2014 berücksichtigt und gemäß § 48 Abs. 1 SGB X umgesetzt werden. Hierfür genügt zwar die von der Klägerin begehrte Aufhebung der belastenden Regelungen des Bescheids vom 03.12.2014, weil davon auszugehen ist, dass sich die Beklagte bei Kassation des Bescheids vom 03.12.2014 rechtskonform verhalten wird (siehe dazu oben A. I. 1.). Die eigentliche Zielrichtung der Klage ist insoweit jedoch in die Zukunft gerichtet. Dies rechtfertigt es, jedenfalls hinsichtlich der Voraussetzung des § 48 Abs. 3 SGB X, dass eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X durch gesetzlich vorgesehene jährliche Anpassungen von Geldleistungen eingetreten ist, auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen. Müsste das verfügte „Einfrieren“ der Leistungen aufgehoben werden, wenn im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung noch keine solche wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten war, hätte die begünstigte Person hiervon in der Sache keinen Vorteil. Die Behörde könnte in Anbetracht der zwischenzeitlich verstrichenen Zeitpunkte für die Anpassung von Geldleistungen, die sämtlich nach dem Zeitpunkt der Feststellung der Rechtswidrigkeit liegen, erneut die „Aussparung“ der Geldleistungen verfügen. Die Aufhebung des „Einfrierens“ bzw. der „Aussparung“ hätte damit den Erlass einer identischen Regelung zur Folge. Es erscheint daher sachgerecht, bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines auf der Grundlage von § 48 Abs. 3 SGB X verfügten „Einfrierens“ von Leistungen bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetretene wesentliche Änderungen im Sinne § 48 Abs. 1 SGB X im Rahmen der Anfechtungsklage zu berücksichtigen.
3. Die Beklagte hat auch zu Recht die Erhöhung der mit Bescheid vom 15.06.2009 bewilligten Geldleistungen für die Zeit bis zum Wirksamwerden des Bescheids vom 03.12.2014 abgelehnt und deshalb zu Recht die Verletztenrente der Klägerin auf den Betrag von 611,52 Euro, das Pflegegeld der Klägerin auf den Betrag von 387,58 Euro und die Kleidermehrverschleißpauschale auf 43,00 Euro „eingefroren“. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erhöhung dieser Beträge wegen solcher Umstände, die im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 eingetreten sind.
Die jährlichen Anpassungen der streitgegenständlichen Leistungen sind bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 vorgenommen worden. Sonstige Umstände, die einen Anspruch der Klägerin auf Abänderung der Bescheide vom 15.06.2009 gemäß § 44 Abs. 1 oder § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X und Gewährung einer höhere Verletztenrente, eines höheren Pflegegeld oder einer höhere Kleidermehrverschleißpauschale im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
a) Die Voraussetzungen von § 44 Abs. 1 SGB X liegen nicht vor. Weder hat die Beklagte bei Erlass der Bescheide vom 15.06.2009 zuungunsten der Klägerin das Recht unrichtig angewandt, noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Der Klägerin sind auch keine Sozialleistungen zu Unrecht nicht gewährt worden. Wie bereits unter 1. b) bis d) ausgeführt, konnte die Klägerin aufgrund des Ereignisses vom 28.04.2003 weder Verletztenrente, noch Pflegegeld, noch Kleidermehrverschleißgeld beanspruchen, weil das Ereignis vom 28.04.2003 lediglich eine folgenlos ausgeheilte Weichteilschwellung über der Patella wesentlich kausal verursacht hat. Dass die Beklagte mit Bescheid vom 15.06.2009 zu Unrecht Gesundheitsstörungen der Klägerin als Unfallfolgen anerkannt hat, kann nicht zu einer Korrektur der Bewilligung der streitgegenständlichen Geldleistungen gemäß § 44 Abs. 1 SGB X führen, da diese Vorschrift lediglich die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes, nicht aber die Vertiefung von Unrecht bezweckt. Eine Aufspaltung des Sachverhalts dahingehend, dass die Unrechtmäßigkeit der Bewilligung von Verletztenrente, Pflegegeld und Kleidermehrverschleißgeld ausgeblendet und allein geprüft wird, ob die rechtswidrig anerkannten Unfallfolgen an sich zu höheren Leistungen hätten führen müssen, widerspräche dem Restitutionsgedanken, der § 44 Abs. 1 SGB X zugrunde liegt.
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten zu Unrecht als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen zu höheren Leistungen führen, als mit den Bescheiden vom 15.06.2009 bewilligt wurden. Die von der Beklagten angenommene MdE von 40 v.H. entspricht der Einschätzung von Dr. D in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten aus Februar 2009. Auch die vom Sozialgericht beauftragte Sachverständige Dr. R1 hat die Einschätzung einer MdE von 40 v.H. bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 15.06.2009 und die damals – zu Unrecht – als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen für zutreffend erachtet. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Einschätzungen sind nicht ersichtlich. Einwände hiergegen hat die Klägerin nicht erhoben.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 15.06.2009 Gesundheitsstörungen bei der Klägerin bestanden haben, die auf die zu Unrecht als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen zurückzuführen sind und von der Beklagten übersehen wurden (siehe zu einer solchen Konstellation BSG, Urt. v. 26.10.2017 - B 2 U 6/16 R -, juris Rn. 3, 17 ff.). Sämtliche weiteren Gesundheitsstörungen, die die Klägerin auf das Ereignis vom 28.04.2003 sowie die im Bescheid vom 15.06.2009 anerkannten Unfallfolgen zurückführt, sind nach Erlass des Bescheides vom 15.06.2009 eingetreten bzw. kommen erst nach diesem Zeitpunkt als leistungserhöhende Faktoren in Betracht. Zwar hat Dr. D bereits im November 2008 erstmalig eine Epicondylitis radialis humeri rechts beschrieben. In seinem Gutachten vom 14.02.2009 hat er diese Erkrankung jedoch nicht als leistungsrelevant eingestuft. Auch Dr. V geht in seinen von der Beklagten eingeholten Gutachten erst ab dem 01.01.2011 von eine Erhöhung der MdE aus.
b) Die streitgegenständlichen Geldleistungen sind auch nicht wegen nach Erlass der Bescheide vom 15.06.2009 eingetretener Umstände gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 03.12.2014 zu erhöhen. Insbesondere sind keine weiteren Gesundheitsstörungen der Klägerin hinzugetreten, die im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität als Unfallfolgen dem anerkannten Arbeitsunfall vom 28.04.2003 zuzurechnen sind.
aa) Der Senat ist allerdings anders als die Beklagte der Auffassung, dass solche Gesundheitsstörungen, die nach Erlass der Bescheide vom 15.06.2009 bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 eingetreten und wesentlich kausal auf die im Bescheid vom 15.06.2009 zu Unrecht anerkannten Unfallfolgen zurückzuführen sind, als weitere Unfallfolgen berücksichtigt werden müssen und deshalb zu einer Erhöhung der streitgegenständlichen Geldleistungen im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 führen könnten. Selbst wenn ein Unfallversicherungsträger eine Gesundheitsstörung zu Unrecht als Unfallfolge festgestellt hat, ist – wenn diese Feststellung nicht aufgehoben worden ist – auch die durch sie wesentlich verursachte weitere Gesundheitsstörung als Unfallfolge festzustellen (BSG, Urt. v. 26.10.2017 - B 2 U 6/16 R -, juris Leitsatz; Urt. v. 08.12.2021 – B 2 U 10/20 R -, juris Rn. 22). Da die Beklagte die Feststellungen zu den Unfallfolgen im Bescheid vom 15.06.2009 nicht aufgehoben hat – eine Aufhebung ist im Übrigen auch durch den angefochtenen Bescheid vom 03.12.2014 nicht erfolgt –, sind die im Bescheid vom 15.06.2009 getroffenen Regelungen zu den Unfallfolgen mithin weiterhin wirksam (§ 39 SGB X) und bindend (§ 77 SGG).
Aus § 48 Abs. 3 SGB X ergibt sich nach Auffassung des Senats nichts anderes. Vielmehr sieht diese Vorschrift nach ihrem eindeutigen Wortlaut Rechtsfolgen nur mit Wirkung für die Zukunft vor (siehe insoweit auch deutlich BSG, Urt. v. 26.10.2017 - B 2 U 6/16 R -, juris Rn. 12, 21). Dementsprechend hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 03.12.2014 gestützt auf § 48 Abs. 3 SGB X auch angeordnet, das Änderungen zugunsten der Klägerin, die zu einer Erhöhung der mit Bescheid vom 15.06.2009 bewilligten Leistungen führen, so lange nicht berücksichtigt werden, wie sich ein Leistungsanspruch der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft des Bescheids vom 15.06.2009 ergibt. Diese Regelung erfasst nach ihrem Wortlaut nur zukünftig, d.h. nach Erlass des Bescheids vom 03.12.2014, eintretende Änderungen. Eine – nach Auffassung des Senats gesetzeswidrige – Rückwirkung hat sie auf der Grundlage von § 48 Abs. 3 SGB X offensichtlich selbst nicht beimessen wollen. Vor allem setzt § 48 Abs. 3 SGB X nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Feststellung der Rechtswidrigkeit des die zukünftig „abzuschmelzenden“ bzw. „einzufrierenden“ Leistungen bewilligenden Bescheids durch Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X voraus. Erst diese Feststellung greift in die Bestandskraft des Bewilligungsbescheids insoweit ein, als dieser entgegen seinem Inhalt keine Basis mehr hergibt, um künftige Leistungsverbesserungen darauf aufzubauen. Ohne diese Feststellung bleibt der Ursprungsbescheid wirksam, sodass aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen vorzunehmende Erhöhungen, wie z.B. jährliche Anpassungen, weiterhin durchzuführen sind (siehe insoweit den Beschluss des Senats vom 31.08.2021 - L 15 U 585/19 -, juris Rn. 33 a.E.). Die Wirkungen der „Aussparung“ gemäß § 48 Abs. 3 SGB X treten mithin wegen der konstitutiven Wirkung der Feststellung der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheids nur für die Zukunft, d.h. ab der Feststellung der Rechtswidrigkeit ein (so deutlich Schütze, in: ders, SGB X, 9. Auflage 2020, § 48 Rn. 36; Steinwedel, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X Rn. 65a; in diesem Sinne wohl auch BSG, Urt. v. 22.06.1988 – 9/9a RV 46/88 -, juris Rn. 22 f.). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 15.06.2009 ist hier aber erst im Bescheid vom 03.12.2014 erfolgt, sodass die Rechtsfolgen von § 48 Abs. 3 SGB X für den Zeitraum bis zum Erlass dieses Bescheides nicht eintreten können.
Aus dem Urteil des 2. Senats des BSG vom 20.03.2007 – B 2 U 38/05 R –, juris, ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nichts anderes. Danach findet die Aussparungsregelung nach § 48 Abs. 3 SGB X auch bei solchen Fehlern des Ursprungsbescheids entsprechende Anwendung, welche den Grund einer Leistung – etwa eine zu Unrecht als Folge einer Berufskrankheit anerkannte Gesundheitsstörung – erfassen, gilt entsprechend für Sachleistungsansprüche wie den Anspruch auf Heilbehandlung nach §§ 26 ff. SGB VII und erfasst in seiner entsprechenden Anwendung unter einer Erhöhung auch das erstmalige Entstehen von auf der Veränderung beruhenden Ansprüchen (BSG, a.a.O., Rn. 19 f.). Hieraus ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass § 48 Abs. 3 SGB X der rückwirkenden Erhöhung einer rechtswidrig bewilligten Geldleistung wegen solcher wesentlicher Änderung der Verhältnisse zugunsten der Versicherten gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X, die zeitlich vor dem Wirksamwerden der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides eingetreten sind, entgegenstehen soll. Die Beklagte verkennt, dass die betreffende Entscheidung des BSG lediglich eine entsprechende Anwendung von § 48 Abs. 3 SGB X zum Gegenstand hat, wohingegen im vorliegenden Fall § 48 Abs. 3 SGB X auf die streitgegenständlichen Geldleistungen direkt Anwendung findet. Vor allem verkennt sie, dass im Falle des BSG die nach § 48 Abs. 3 SGB X auszuschließende „Erhöhung“ der Leistung erst nach der durch Verwaltungsakt erfolgten Feststellung der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Grundlagenbescheides dadurch eingetreten ist, dass die im dortigen Fall streitgegenständliche Heilbehandlung durchgeführt wurde und Kosten entstanden sind, die der dortige Kläger in entsprechender Anwendung von § 13 Abs. 3 SGB V geltend machte. Die entsprechende Anwendung von § 48 Abs. 3 SGB X betraf damit im Falle des BSG gerade keine rückwirkend zu erbringenden Leistungen.
Allerdings ergibt sich, wie die Beklagte zu Recht anmerkt, aus der Rechtsprechung des BSG kein eindeutiges Bild. Der 9. Senat hat beispielsweise – allerdings ohne tiefer gehende dogmatische Erwägungen – angenommen, dass eine nach Eintritt der geltend gemachten Verschlimmerung erfolgte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Rentenbewilligung die Ablehnung der (rückwirkenden) Erhöhung der Rente gemäß § 48 Abs. 3 SGB X rechtfertigt (BSG, Urt. v. 12.12.1995 – 9 RV 26/94 -, juris Rn. 15 f.). Das BSG hat zudem bislang lediglich entschieden, dass vor Feststellung der Rechtswidrigkeit der Leistung ergangene Bescheide über jährliche Anpassungen rechtmäßig sind (vgl. z.B. BSG, Urt. v. 22.06.1988 – 9/9a RV 46/88 -, juris Rn. 21 ff.; Urt. v. 31.01.1989 - 2 RU 16/88 -, juris Rn. 17). Die Frage, ob bislang unterbliebene Anpassungen rechtswidrig bewilligter Leistungen für den Zeitraum vor Feststellung der Rechtswidrigkeit der Leistungen nachzuholen sind, war demgegenüber bislang nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung. Vor diesem Hintergrund hält es der Senat ebenso wie die Beklagte für nicht abschließend höchstrichterlich geklärt, ob das Erfordernis der Feststellung der Rechtswidrigkeit im Rahmen von § 48 Abs. 3 SGB X materiell-rechtlich dergestalt wirkt, dass § 48 Abs. 3 SGB X nur solche wesentlichen Änderungen im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X erfasst, die nach Feststellung der Rechtswidrigkeit eingetreten sind, oder im Wesentlichen verfahrensrechtliche Bedeutung dahingehend hat, dass die Beklagte ohne Feststellung der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung die Rechtsfolgen des § 48 Abs. 3 SGB X nicht umsetzen darf, aber nach erfolgter Feststellung der Rechtswidrigkeit auch solche wesentlichen Änderungen, die nach materiellem Recht vor der Feststellung der Rechtswidrigkeit eingetreten sind, nicht mehr zu einer rückwirkenden Erhöhung der rechtswidrig bewilligten Leistung führen können.
bb) Auf diese grundsätzliche Rechtsfrage kommt es jedoch nicht an, denn es sind im Zeitraum bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides vom 03.12.2014 keine Gesundheitsstörungen eingetreten, die wesentlich kausal auf die mit Bescheid vom 15.06.2009 anerkannten Unfallfolgen zurückzuführen sind und die als wesentliche Änderungen der Verhältnisse in tatsächlicher Hinsicht im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X zu einer Erhöhung der Verletztenrente, des Pflegegeldes oder des Kleidermehrverschleißgeldes im Zeitraum bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides vom 03.12.2014 führen.
(1) Es nicht bereits deshalb von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X auszugehen, weil die Beklagte selbst im Bescheid vom 08.06.2015 und im Widerspruchsbescheid vom 22.07.2015, die die „Aussparung“ des Heilbehandlungsanspruchs betreffen und wegen der insoweit erfolgten Berufungsrücknahme nicht mehr streitgegenständlich sind, davon ausgeht, dass dadurch, dass die Klägerin nunmehr auch Beschwerden im Bereich der Handgelenke, der Ellenbogen und der Wirbelsäule unter Nutzung eines Rollstuhls geltend mache, in den tatsächlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Insoweit handelt es sich lediglich um Ausführungen in der Begründung des Bescheids vom 08.06.2015, die keine verbindliche Regelung im Sinne von § 31 SGB X darstellen. Eine Auslegung dieser Ausführungen als rechtsverbindliche Regelung in entsprechender Anwendung von §§ 133, 157 BGB ist nicht möglich. Die Beklagte hat im Bescheid vom 08.06.2015 ausdrücklich und ausschließlich eine Regelung zulasten der Klägerin treffen wollen. Dass sie eine für die Klägerin günstigere Regelung dahingehend treffen wollte, dass die von der Klägerin geltend gemachten weiteren Beeinträchtigungen als Folgen der mit Bescheid vom 15.06.2009 festgestellten Gesundheitsstörungen anzusehen sind, ist nicht ersichtlich.
Eine rechtsverbindliche Anerkennung weiterer Unfallfolgen liegt auch nicht darin, dass weitere Heilbehandlungsmaßnahmen, wie z.B. Operationen im Bereich der rechten Hand und des rechten Ellenbogens der Klägerin, auf Veranlassung des Durchgangsarztes Dr. D als Maßnahmen der unfallversicherungsrechtlichen Heilbehandlung durchgeführt und auch von der Beklagten bezahlt wurden. Letzteres zeigt zwar ebenso wie die vorstehend behandelten Ausführungen im Bescheid vom 08.06.2015, dass die Beklagte zwischenzeitlich selbst davon ausgegangen ist, dass namentlich die Gesundheitsstörungen der Klägerin im Bereich des rechten Handgelenkes und des rechten Ellenbogens auf das Ereignis vom 28.04.2003 bzw. auf die im Bescheid vom 15.06.2009 anerkannten Unfallfolgen zurückzuführen sind. Die Beklagte ist jedoch insoweit nicht als Unfallversicherungsträger nach außen mit der Klägerin in Kontakt getreten. Die Auslegung des Verhaltens der Beklagten als konkludenter Erlass einer auf Außenwirkung gerichteten Regelung über die Anerkennung von Unfallfolgen im Sinne von § 31 SGB X kommt deshalb nicht in Betracht.
(2) Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X ist nicht durch die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen im Bereich des rechten Ellenbogens und des rechten Handgelenkes eingetreten. Bei der Klägerin lagen zwar spätestens seit Juli 2009 eine Epicondylitis radialis humeri im rechten Arm und ein Loge-de-Guyon-Syndrom in der rechten Hand vor. Diese Gesundheitsstörungen sind jedoch nicht wesentlich kausal auf die mit den Bescheid vom 15.06.2009 anerkannten Unfallfolgen zurückzuführen. Unabhängig davon führen sie nicht zur Erhöhung der mit Bescheiden vom 15.06.2009 bewilligten Geldleistungen.
(a) Der Senat unterstellt zunächst zugunsten der Klägerin, dass im Zeitraum bis zum Erlass des angefochtenen Bescheids vom 03.12.2014 bei ihr tatsächlich eine Epicondylitis radialis humeri im rechten Arm und ein Loge-de-Guyon-Syndrom in der rechten Hand vollbeweislich gesichert sind, obwohl die Fachärztin für Neurologie Dr. P am 31.10.2012 neurologischerseits einen Nervenschaden nicht nachweisen konnte und auch die Sachverständige Dr. R1 bei ihrer Untersuchung der Klägerin am 04.05.2016 keine funktionellen Beeinträchtigungen der rechten oberen Extremität festgestellt hat.
(b) Ebenfalls unterstellt der Senat zugunsten der Klägerin, dass entsprechend den Einschätzungen von Dr. D und Dr. I die tatsächliche Benutzung von Unteramgehstützen für die vorstehend genannten Gesundheitsstörungen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne wirkursächlich im Sinne von Mitursächlichkeit war.
(c) Die im Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsheitsstörungen, namentlich die schmerzhafte Belastungsschwäche des rechten Beins und die Notwendigkeit der Benutzung von Unteramgehstützen, waren für die unter (a) genannten Gesundheitsstörungen jedoch nicht rechtlich wesentlich. Vielmehr waren hierfür unfallunabhängige psychische Erkrankungen der Klägerin von überragender Bedeutung.
(aa) Der Senat ist davon überzeugt, dass bei der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine dissoziative Bewegungsstörung (ICD -10: F 44.4) und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD -10: F 45.41) vorliegen. Er schließt sich insoweit den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. V1 in seinem dem Senat erstatteten Gutachten vom 29.01.2018 an.
Der Sachverständige hat seine Diagnosen nachvollziehbar damit u.a. begründet, dass bei der Klägerin eine deutliche Diskrepanz zwischen den unter Beobachtung demonstrierten körperlichen Einschränkungen und Schmerzen bei Bewegung und der sowohl bei ihm als auch bei der Untersuchung durch die Sachverständige Dr. R1 in unbeobachteten Momenten gezeigten Funktionsfähigkeit des rechten Beines besteht. Sowohl Dr. V1 als auch Dr. R1 haben bei ihren Untersuchungen beobachtet, dass die Klägerin ihr rechtes Bein durchaus belasten kann. Dr. R1 hat ausgeführt, dass der Gang zu ebener Erde unter Benutzung der Unterarmgehstützen sowie mit angelegter Otto-Bock-Orthese recht zügig möglich sei und man zum Teil den Eindruck habe, dass die Unterarmgehstützen eher mitgeführt würden und hiervon unabhängig das rechte Bein voll belastet werden könne. Zudem sei beim Auskleiden das Stehen freihändig ohne Abstützen möglich gewesen, wohingegen beim Wiederankleiden es zu einem Ganzkörperzittern gekommen sei, sodass die Klägerin fast umgefallen sei. Dr. V1 selbst hat bei seiner Untersuchung beobachtet, dass das rechte Bein beim Herabsteigen auf zwei Treppenstufen vorangehend nicht etwa eingeschränkt, sondern offenkundig voll belastet wurde. Darüber hinaus hat Dr. R1 in ihrem dem Sozialgericht erstatteten Gutachten vom 08.08.2016 keine körperliche Ursache für das bei ihr beobachtete Ganzkörperzittern finden können. Die von der Klägerin demonstrierte fehlende bzw. fast vollständig aufgehobene körperliche Leistungsfähigkeit stand in deutlichem Gegensatz dazu, dass bei der Untersuchung durch Dr. R1 die Bewegung im Bereich des rechten Kniegelenkes kraftvoll möglich gewesen ist.
Weiterhin hat Dr. V1 ausgeführt, psychopathologisch imponiere bei der Klägerin eine sog. „belle indifférence“, die, wie Dr. V1 in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27.08.2020 dargelegt hat, häufig bei Betroffenen mit somatoformen oder dissoziativen Störungen anzutreffen sei. Die Klägerin habe während seiner Untersuchung eine auffallend gute subjektive Stimmung präsentiert und beispielsweise geäußert, das Leben sei schön. Dies stehe in deutlichem Kontrast zu den demonstrierten körperlichen Einschränkungen und dem Groll der Klägerin gegenüber der Beklagten.
Darüber hinaus hat Dr. V1 bei der Erhebung des psychopathologischen Befundes der Klägerin Affektisolierung und Abspaltung beobachtet. Die Klägerin habe sich im Kontaktverhalten zwar freundlich und auskunftsbereit gezeigt, hierbei sei jedoch eine offenkundige Hemmung in der direkten Ansprache aversiver Reaktionen erkennbar gewesen. Immer wieder habe sich die Klägerin bei ihm für die Unannehmlichkeiten entschuldigt, die sie ihm bereite. Auch über die Beklagte habe sich die Klägerin beklagt, hierbei allerdings lediglich ihrer Enttäuschung Ausdruck verliehen, jedoch an keiner Stelle Wut oder aggressive Regungen gezeigt. Dr. V1 zieht daraus für den Senat nachvollziehbar den Schluss, eine Verschiebung von Emotionen und Konflikten, die für die Klägerin nicht identifizierbar seien, sei gerade vor dem Hintergrund der stellenweise gezeigten Funktionsfähigkeit des rechten Beines unübersehbar, wobei ausgeprägte Abwehrmechanismen und Schamerleben zu erkennen gewesen seien.
Ebenso ist bei der Klägerin nach Dr. V1 eine eingeschränkte Fähigkeit zur Realitätsüberprüfung zu identifizieren. Auffallend sei eine Schwarz-Weiß-Zeichnung der die Klägerin umgebenden Personen und der Beklagten. Die Klägerin habe mehrfach betont, dass sie sich mit ihren Eltern sehr gut verstehe und überhaupt kein Problem darin sehe, als über 30-jährige noch bei den Eltern zu wohnen. Die Eltern, insbesondere die Mutter, blieben von jeglicher Kritik oder Distanzierung verschont. Die Beklagte schildere die Klägerin im Sinne einer Schuldexternalisierung als diejenige, die ihr das Leben schwer mache, obwohl die Beklagte in Wirklichkeit „Versorgerin“ für die Klägerin sei.
Eine besondere Diskrepanz zeigt sich nach Dr. V1 zwischen der angeblichen Leitlinie der Familie, dass man für sein Leben arbeiten gehen müsse, und dem Umstand, dass nicht nur die Klägerin selbst, sondern auch ihr Vater krankheitsbedingt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und vornehmlich durch die Mutter versorgt werden. Dr. V1 führt insoweit aus Sicht des Senats nachvollziehbar aus, dass im Kontrast zu der Angabe der Klägerin, sich am liebsten um alles selbst zu kümmern, eine ausgeprägte externale Attribution von Hilfe und Unterstützung deutlich werde. Insofern fänden sich auch deutliche regressive Aspekte im Kontrast zur Selbstbeschreibung bei Hinweisen für primären und sekundären Krankheitsgewinn. Insoweit hat Dr. V1 nach der Aktenlage und den Angaben der Klägerin in der Exploration zutreffend herausgearbeitet, dass die Klägerin mit der von ihr im Zeitpunkt des Ereignisses vom 28.04.2003 betriebenen Ausbildung, in der sie sich als „gemobbt“ betrachtet habe, unzufrieden war. Das Unfallgeschehen vom 28.04.2003 habe der Klägerin insoweit die Möglichkeit gegeben, sich – unbewusst – der angeblichen Leitlinie der Familie, arbeiten zu müssen, um sein Leben leben zu können, entziehen zu können.
Dazu passt, wie Dr. V1 ergänzend darlegt, dass die Klägerin (bis zu ihrer Volljährigkeit im Zusammenwirken mit ihren erziehungsberechtigten Eltern) sich stets für die operative Behandlung ihrer körperlichen Beschwerden entschieden hat und nicht nur psychiatrischen bzw. psychosomatischen Ansätzen zur Bewältigung ihrer Krankheiten, sondern auch aktiven physiotherapeutischen Maßnahmen, z.B. zum Auftrainieren der Muskulatur, im Gegensatz zu eher passiv-regressiven Maßnahmen wie Massagen eher ablehnend gegenüberstand.
Aus diesen Ausführungen des Sachverständigen Dr. V1 ergibt sich zur Überzeugung des Senats das Bild einer gravierenden psychischen Erkrankung, die Dr. V1 unter Anwendung des anerkannten Diagnosesystems der ICD-10 zutreffend eingestuft hat (vgl. zur Notwendigkeit der Einstufung psychischer Erkrankungen in ein anerkanntes Diagnosesystem, gerade auch wenn sie unfallunabhängig sind, BSG, Urt. v. 06.10.2020 – B 2 U 10/19 R –, juris Rn. 21 f.). Die Einschätzungen von Dr. V1 decken sich im Übrigen im Wesentlichen mit den Feststellungen der Fachärztin für Nervenheilkunde Dr. N in dem Gutachten vom 06.03.2006, das sie in dem beigezogenen Verfahren des Sozialgerichts Aachen S 17 (3) SB 183/05 erstattet hat. Dr. N hat in diesem Gutachten ebenfalls die Diagnose einer dissoziativen Störung der Bewegung und der Sinnesempfindungen gestellt. Sie hat bei ihrer Untersuchung am 08.02.2006 ebenfalls eine ausgeprägte „belle indifférence“ bei der Klägerin beobachtet, die auf eine dissoziative Störung, d. h. den teilweisen Verlust einer normalen Integration, die sich auf die Kontrolle von Körperbewegungen beziehe, verweise. Auch bei der Untersuchung durch Dr. N hat sich die Klägerin erheblich psychisch auffällig gezeigt, als sie, nachdem sie die ersten 10 Minuten der Begutachtung mit der Sachverständigen allein gestaltet hat, plötzlich weinend aufgesprungen und mühevoll mit beiden Krücken zu ihrer vor der Sprechzimmertüre wartenden Mutter geeilt ist. Dr. N hat die damals 20-jährige Klägerin deshalb nachvollziehbar als kindhaft im Verhalten mit hoher Affektlabilität beschrieben. Im Beisein der Mutter hat sich dieses Verhalten nach Dr. N abrupt geändert, die Klägerin sei klar im Ausdruck und fest in der Stimme geworden.
Dr. V1 hat auch überzeugend dargelegt, dass bei der Klägerin keine andere psychische Erkrankung, wie etwa eine depressive Störung, eine Traumafolgestörung oder eine Anpassungsstörung, vorliegt. Soweit die Klägerin in einigen Befunderhebungen als belastet bzw. affektlabil beschrieben worden ist, ist nach Dr. V1 einerseits das Zeitkriterium für das Vorliegen einer depressiven Episode von mindestens zwei Wochen bei Vorliegen entsprechender Leitsymptome nicht zu belegen und wird andererseits gerade der mögliche depressive Affekt durch die Somatisierung abgewehrt. Eine depressive Verarbeitung oder Fehlverarbeitung des Ereignisses vom 28.04.2003 ist nach Dr. V1 nicht erkennbar, zumal das Ereignis vom 28.04.2003 ohnehin keinesfalls für Traumafolgestörungen verantwortlich sein könne.
(bb) Die bei der Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen vorliegenden psychischen Erkrankungen sind nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich kausal auf das Ereignis vom 28.04.2003 zurückzuführen und dementsprechend unfallunabhängig. Der Sachverständige Dr. V1 hat in seinem Gutachten vom 29.01.2018 ausführlich dargelegt und durch wissenschaftliche Literatur belegt, dass die Neigung zur somatoformen Ausgestaltung bzw. Dissoziation grundsätzlich und damit auch bei der Klägerin in der Persönlichkeit verankert ist. Er hat weiter dargelegt, dass die vorwiegend unreifen Abwehrmechanismen der Klägerin, ihre Stellung im Familiensystem und äußere Faktoren, wie die offenkundig ungeliebte Ausbildung, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit medizinisch betrachtet wirkursächlich im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne für die Entstehung und Ausprägung der dissoziativen Bewegungsstörung und der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren waren. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an.
Es kann dahinstehen, ob daneben auch das Ereignis vom 28.04.2003 oder die im Bescheid vom 15.06.2009 festgestellten Unfallfolgen oder einzelne hiervon im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne im Sinne von Mitursächlichkeit wirkursächlich waren. In jedem Fall waren diese Umstände nicht rechtlich wesentlich im Sinne der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung, sondern lediglich Auslöser der schwerwiegenden psychischen Erkrankungen der Klägerin, die gegenüber den vorstehend genannten unfallunabhängigen Faktoren von völlig untergeordneter Bedeutung waren.
Die persönlichkeitsbedingte Neigung der Klägerin, eine dissoziative Bewegungsstörung und eine somatoforme Schmerzstörung zu entwickeln, war nach den Feststellungen von Dr. V1 ausgeprägt. Diese Ausprägung zeigte sich insbesondere darin, dass die Klägerin bzw. bis zu ihrer Volljährigkeit im Zusammenwirken mit ihren Eltern stets operative Heilbehandlungsmaßnahmen gewählt hat und physiotherapeutischen Übungsbehandlungen mit dem Ziel des Auftrainierens der Muskulatur eher ablehnend gegenüber gestanden hat. Zudem haben sämtliche operativen Maßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Vielmehr haben sich die körperlichen Beschwerden der Klägerin trotz der Vielzahl ärztlicher Behandlungen und namentlich operativer Maßnahmen fortlaufend subjektiv verschlechtert. Eine solche Entwicklung ist, wie Dr. V1 unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Literatur darlegt, typisch bei dissoziativen und somatoformen Störungen und Beleg für die persönlichkeitsimmanente Verankerung dieser Störungen. Vor diesem Hintergrund haben nicht das Ereignis vom 28.04.2003 und/oder die im Bescheid vom 15.06.2005 fälschlicherweise als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen die Entstehung und Ausbildung der psychischen Erkrankungen der Klägerin wesentlich begünstigt. Vielmehr prägten diese psychischen Erkrankungen die weitere Entwicklung nach dem Ereignis vom 28.04.2003 und damit auch die Ausbildung und Intensität der von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden im rechten Bein entscheidend und wesentlich. Der Senat teilt deshalb – unter eigener rechtlicher Bewertung des Sachverhalts aufgrund der durch Sachverständigengutachten geklärten medizinischen Zusammenhänge – die Einschätzung von Dr. V1 wonach das Ereignis vom 28.04.2003 lediglich Anlass geboten hat, der tiefgreifenden psychischen Beeinträchtigung der Klägerin einen Weg zu bahnen, die sich sonst mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem anderen Organ des Körpers manifestiert hätte und sich nun auch weiter manifestiert. Damit kommen dem Ereignis vom 28.04.2003 und den im Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen lediglich die Bedeutung von Auslösern bzw. Gelegenheitsursachen zu.
(cc) Der Senat ist davon überzeugt, dass die jeweils unfallunabhängige dissoziative Bewegungsstörung und somatoforme Schmerzstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weit vor der Entstehung der Erkrankungen der Klägerin im Bereich der rechten oberen Extremität voll ausgeprägt waren. Eine dissoziative Bewegungsstörung in einer eine erhebliche Behinderung begründenden Ausprägung hat bereits Dr. N bei ihrer Untersuchung der Klägerin im Februar 2006 festgestellt. Dr. V1 hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27.08.2020 darüber hinaus im Einzelnen aufgezeigt, dass auch im Jahre 2007 zahlreiche Ärzte eine psychische Überlagerung der Beschwerden der Klägerin festgestellt haben. Insbesondere hat Dr. A2 von der berufsgenossenschaftlichen Klinik E2 am 24.07.2007 eine funktionelle Parese des rechten Beins und ein persistierendes Schmerzsyndrom sowie ein deutliches Zittern des gesamten Beins beschrieben, für das es keine körperliche Erklärung gab. Die Neurologin Dr. U1 hat am 31.08.2007 zudem die Stimmung der Klägerin als indifferent und affektiv erstaunlich wenig beteiligt beschrieben, was der von Dr. N und Dr. V1 beobachteten „belle indifférence“ entspricht. Dr. V1 zieht daraus den überzeugenden Schluss, dass die von ihm diagnostizierten psychischen Gesundheitsstörungen bereits deutlich vor der erstmaligen Diagnose einer Epicondylitis radialis humeri rechts bestanden haben.
(dd) Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass die unfallunabhängigen, gravierenden seelischen Gesundheitsstörungen der Klägerin für die Entstehung der Erkrankungen der Klägerin im Bereich der rechten oberen Extremität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zumindest mitursächlich waren. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden Einschätzung von Dr. V1 an. Seinen Ausführungen in der ergänzenden Stellungnahme vom 27.08.2020 kann entnommen werden, dass die seelischen Gesundheitsstörungen der Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in zweifacher Hinsicht für die Entstehung der als gegeben unterstellten Epicondylitis des rechten Ellenbogens und des Loge-de-Guyon-Syndrom des rechten Handgelenkes wirkursächlich geworden sind. Zum einen ist es nach seinen Ausführungen hinreichend wahrscheinlich, dass eine dissoziative Bewegungsstörung zu physiologisch nicht erklärbaren Bewegungsmustern und diese so zu am ehesten psychogen erklärbaren Bewegungen oder Bewegungsausfällen führen. Es spricht deshalb nach der ärztlichen Einschätzung von Dr. V1, der der Senat folgt, mehr dafür als dagegen, dass insbesondere die dissoziative Bewegungsstörung der Klägerin bewirkt hat, dass die Klägerin Unterarmgehstützen in unphysiologischer Weise genutzt und dadurch in erhöhtem Maße Druck auf ihr rechtes Handgelenk und ihren rechten Ellenbogen ausgeübt hat. Zum anderen symbolisierte die Benutzung von Unterarmgehstützen für die Klägerin Krankenstand und Hilfsbedürftigkeit im Sinne des von Dr. V1 beschriebenen primären Krankheitsgewinns. Die Benutzung von Unterarmgehstützen als solche ist damit nach der überzeugenden Einschätzung von Dr. V1 Ausdruck des seelischen Leidens der Klägerin. Diese Einschätzung wird von Dr. R1 in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 13.03.2020 geteilt. Diese hat darüber hinaus in ihrem Sachverständigengutachten vom 08.08.2016 sowie in ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 13.03.2020 und 11.06.2021 ausgeführt, dass für die von der Klägerin auch bei der Untersuchung durch die Sachverständige demonstrierte Benutzung von Unterarmgehstützen keine körperbedingte Notwendigkeit erkennbar war. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die seelischen Leiden der Klägerin conditio sine qua non für die Benutzung von Unterarmgehstützen als solche sowie für die Art und Weise, Dauer, Häufigkeit und Intensität dieser Nutzung und damit auch für die Ausprägung der Reiz- und Bewegungsstörungen in Armen und Händen der Klägerin waren und sind.
(ee) In Anbetracht der danach im naturwissenschaftlichen Sinne für den Eintritt der Gesundheitsstörungen in der oberen rechten Extremität der Klägerin mitursächlichen, unfallunabhängigen seelischen Leiden der Klägerin waren die im Bescheid vom 15.06.2009 zu Unrecht festgestellten Gesundheitsstörungen, namentlich die festgestellten Bewegungseinschränkungen mit schmerzhafter Belastungsschwäche und die Notwendigkeit, Unterarmgehstützen zu führen, von völlig untergeordneter Bedeutung und deshalb nicht wesentlich für die Entstehung und die Ausprägung der Epicondylitis radialis humeri des rechten Ellenbogens und des Loge-de Guyon-Syndroms des rechten Handgelenks der Klägerin. Prägend und von überragender Bedeutung hierfür waren vielmehr die unfallunabhängigen seelischen Leiden der Klägerin.
Dies folgt bereits daraus, dass, wie bereits ausgeführt, die unfallunabhängige dissoziative Bewegungsstörung und die unfallunabhängige somatoforme Schmerzstörung das weitere Geschehen nach dem Ereignis vom 28.04.2003 und namentlich die fortlaufende Ausweitung der von der Klägerin geltend gemachten Beeinträchtigungen wesentlich geprägt haben. Die Ausweitung der von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden ist, wie der Sachverständige Dr. V1 dargelegt hat, gerade Ausdruck dieser gravierenden seelischen Erkrankungen. Für die von der Klägerin geltend gemachten massiven Schmerzen, die Bewegungseinschränkungen und die Belastungsschwäche im rechten Bein gab es keine plausible somatische Erklärung. Wie die Sachverständige Dr. R1 in ihrem Gutachten vom 08.08.2016 dargelegt hat, zeigen die fortlaufend angefertigten Röntgenaufnahmen und Kernspintomografien seit dem Ereignis vom 28.04.2003 keine gravierenden arthrotischen Veränderungen im Bereich des rechten Knies oder – von akuten Reizzuständen nach Operationen abgesehen – fortbestehende Entzündungszeichen. Dem stehen aktenkundig mehrfach dokumentiert erhebliche Schmerzäußerungen und geltend gemachte Bewegungseinschränkungen der Klägerin schon in den ersten Jahren nach dem Ereignis vom 28.04.2003 gegenüber, wie die bei Dr. A2 im Juli 2007 präsentierten funktionellen Paresen und ein deutliches Zittern des rechten Beines sowie die bei Dr. N im Februar 2006, also noch vor der Entfernung der Kniescheibe, zum Ausdruck gebrachte erhebliche Schmerz- und Berührungsempfindlichkeit des rechten Beines. Soweit der Facharzt für Orthopädie Dr. L1 in seinem im beigezogenen Verfahren des Sozialgerichts Aachen S 17 (3) SB 183/05 erstatteten Gutachten ausgeführt hat, es seien aus eigener klinischer Erfahrung und aufgrund der vorliegenden Literatur ausgeprägte femoropatellare bzw. peripatellare Schmerzsyndrome ohne nachweisbare erhebliche Knorpelschäden bekannt, ist die Sachverständige Dr. R1 dem überzeugend entgegengetreten, indem sie dargelegt hat, dass es insoweit an entsprechenden evidenzbasierten, wissenschaftlich anerkannten Studien fehle. Vor allem hat auch Dr. L1 ausgeführt, die von der Klägerin angegebenen Schmerzen und Funktionsstörungen ließen sich alleinig durch den klinischen und radiologischen Befund nicht erklären.
Ausgehend von den überzeugenden Ausführungen von Dr. V1 ist gerade auch die weitere Entwicklung durch fortwährende operative Maßnahmen und zunehmende Ausweitung der Beschwerden auf andere Körperteile Manifestation des seelischen Leidens der Klägerin. Die unfallunabhängigen psychischen Erkrankungen der Klägerin überlagern damit das gesamte Geschehen einschließlich der operativen Entfernung der Kniescheibe im rechten Knie und der Benutzung von Unterarmgehstützen. Sie sind damit für die Entwicklung der weiteren, über die im Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen hinausgehenden körperlichen Beschwerden von überragender Bedeutung.
Dafür spricht auch, dass die Klägerin, wie bereits ausgeführt, nach den Beobachtungen von Dr. V1 und Dr. R1 bei den jeweils von ihnen durchgeführten Untersuchungen im Mai 2016 und im Januar 2018 tatsächlich in der Lage war, ihr rechtes Bein voll zu belasten. Zudem hat Dr. R1 kein wesentliches muskuläres Defizit im Bereich der Ober- und/oder Unterschenkelmuskulatur und weitgehend seitengleiche Verhältnisse sowie eine seitengleiche, weitgehend korrekte Beschwielung beider Fußsohlen festgestellt, was durch die im Gutachten enthaltenen Fotografien nachvollziehbar belegt wird. Sie hat daraus nachvollziehbar den Schluss gezogen, dass im Zeitpunkt ihrer Untersuchung keine gesundheitliche Beeinträchtigung mehr erkennbar sei, die die Notwendigkeit des Benutzens von zwei Unterarmgehstützen oder gar eines Rollstuhls plausibel machen würde. Sie hat zwar zugleich eine wesentliche Besserung der Gesamtsituation gegenüber den im Gutachten von Dr. V aus dem Jahre 2013 wiedergegebenen Befunden konstatiert. Ihre ergänzende Stellungnahme vom 11.06.2021 ist jedoch offensichtlich so zu verstehen, dass die Sachverständige auch für die Vergangenheit eine aus körperlichen Gründen bestehende Notwendigkeit, Unterarmgehstützen zu benutzen, verneint (vergleiche Bl. 522 der Gerichtsakte). Dies hält der Senat für plausibel.
Hieraus folgt: Die Häufigkeit, Intensität sowie Art und Weise der Benutzung von Unterarmgehstützen durch die Klägerin war ganz wesentlich, wenn nicht sogar ausschließlich durch die unfallunabhängigen seelischen Leiden der Klägerin bedingt. Diese sind deshalb von überragender Bedeutung für Entstehung und Ausprägung der Epicondylitis radialis humeri und des Loge-Guyon-Syndroms rechts.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Äußerung des Sachverständigen Dr. V1 in der ergänzenden Stellungnahme vom 27.08.2020, dass die Frage, ob die tatsächliche Benutzung der Unterarmgehstützen für die Herausbildung der aktenkundig festgestellten Reiz- und Bewegungsstörungen in den Armen und Händen der Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von völlig untergeordneter Bedeutung sei, aus psychiatrischer Sicht nicht zuverlässig zu beantworten sei. Vielmehr müsse die Abhängigkeit der Epicondylitis radialis humeri und des Loge-Guyon-Syndroms von der tatsächlichen Benutzung der Unterarmgehstützen durch einen orthopädischen-chirurgischen und gegebenenfalls einen neurologischen Sachverständigen beantwortet werden. Die Äußerung des Sachverständigen ist zunächst vor dem Hintergrund der gerichtlichen Fragestellung zu sehen, die nach der Bedeutung der tatsächlichen Benutzung der Unterarmgehstützen im Verhältnis zu den vom Sachverständigen festgestellten Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet fragte. Diese Fragestellung war ungenau und nicht zielführend, da bei der Abfassung der gerichtlichen Verfügung noch nicht erkannt worden war, dass die unfallunabhängigen seelischen Leiden der Klägerin die Art und Weise sowie den Umfang der Benutzung von Unterarmgehstützen insgesamt prägen. Zudem handelt es sich bei der Frage, ob ein unfallunabhängiger, im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zumindest mitursächlicher Umstand von überragender Bedeutung für eine eingetretene Gesundheitsstörung ist mit der Folge, dass unfallabhängige Umstände hierfür nicht wesentlich sind, wie bereits ausgeführt, um eine reine Rechtsfrage, die das Gericht in eigener Zuständigkeit auf der Grundlage des medizinisch geklärten Sachverhalts beantworten muss. Die betreffende Wertung kann ein Sachverständiger nicht vornehmen. Die vom Senat zu treffende rechtliche Wertungsentscheidung hängt nach den vorstehenden Ausführungen nicht von weiteren, bislang ungeklärten medizinischen Fragestellungen ab. Vielmehr hat der Senat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass bei ihr eine Epicondylitis radialis humeri und ein Loge-Guyon-Syndrom rechts vorliegen und dass diese Erkrankungen im naturwissenschaftlichen Sinne kausal auf die Benutzung von Unterarmgehstützen zurückzuführen sind. Eine neurologische Begutachtung ist deshalb nicht notwendig. Ein neurologisches Gutachten ist auch von vornherein ungeeignet, die Rechtsfrage nach der Wesentlichkeit der seelischen Leiden der Klägerin für die genannten Gesundheitsstörungen zu beantworten.
Die rechtliche Wesentlichkeit der Verursachung der Epicondylitis radialis humeri und des Loge-Guyon-Syndroms rechts durch die im Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte ausdrücklich die Notwendigkeit der Benutzung von Unterarmgehstützen als Unfallfolgen festgestellt hat. Diese Feststellung führt nicht dazu, dass alle Folgen der tatsächlichen Benutzung von Unterarmgehstützen dieser bescheidmäßigen Feststellung und damit auch dem Arbeitsunfall vom 28.04.2003 rechtlich zuzurechnen sind. Andernfalls würde die im Bescheid vom 15.06.2009 erfolgte Feststellung der Notwendigkeit, Unterarmgehstützen zu nutzen, aus ihrem Kontext gerissen und damit der Schutzzweck dieser Feststellung verkannt. Sämtliche im Bescheid vom 15.06.2009 getroffenen Feststellungen gehen erkennbar davon aus, dass die körperlichen Beeinträchtigungen der Klägerin auf die Patellaluxation und insbesondere die operative Entfernung der Kniescheibe zurückzuführen sind. Die Beklagte hat dementsprechend angenommen, dass die schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und die Belastungsschwäche des rechten Beins der Klägerin körperlich bedingt sind. Die Beklagte ist deshalb offensichtlich davon ausgegangen, dass die Klägerin aus körperlichen Gründen auf die Benutzung von Unterarmgehstützen angewiesen war. Der Zusammenhang mit einer unfallunabhängigen, gravierenden seelischen Erkrankung ist der Beklagten im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 15.06.2009 verborgen geblieben. Den Feststellungen im Bescheid vom 15.06.2009, insbesondere der festgestellten Notwendigkeit, Unterarmgehstützen zu nutzen, sind demzufolge nach dem Sinn und Zweck dieser Feststellungen nur solche Folgen rechtlich zuzurechnen, die eintreten, weil aufgrund körperlich begründbarer Schmerzen und Bewegungseinschränkungen Unterarmgehstützen genutzt werden. Wenn die Klägerin Unterarmgehstützen wegen und in Ausprägung einer unfallfremden, gravierenden seelischen Erkrankung nutzt, was nach den vorstehenden Ausführungen als hinreichend wahrscheinlich angesehen werden muss, wird dies vom Schutzzweck der betreffenden Feststellung nicht erfasst.
(d) Die Reiz- und Bewegungseinschränkungen im Bereich der rechten oberen Extremität der Klägerin sind auch nicht als mittelbare Unfallfolgen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII den mit Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen rechtlich zuzurechnen. Zwar sind die verschiedenen operativen Maßnahmen, die die Klägerin an ihrem rechten Ellenbogen und ihrer rechten Hand hat durchführen lassen, jeweils durchgangsärztlich veranlasst worden und deshalb als Heilbehandlungsmaßnahmen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII anzusehen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die durchgeführten Heilbehandlungsmaßnahmen als solche zu gesundheitlichen Einschränkungen und Funktionsstörungen geführt haben. Der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren als neurologischer Sachverständiger beauftragte Dr. I hat zwar einen ausgeprägten Defektzustand des Nervus medianus rechts und des Nervus ulnaris rechts „nach den stattgehabten handchirurgischen Operationen in diesem Bereich“ festgestellt. Er hat diesen Defektzustand jedoch ausschließlich auf die nichtphysiologische Belastung durch permanentes Gehen mit Unterarmgehstützen zurückgeführt. Dass die handchirurgischen Operationen ihrerseits zu Verletzungen der genannten Nerven geführt haben, hat Dr. I weder dargelegt noch angenommen.
(e) Selbst wenn man die Gesundheitsstörungen der Klägerin im Bereich der rechten oberen Extremität als Folgen der mit Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen oder als mittelbare Unfallfolgen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ansähe, würde dies nicht zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X in Ansehung der streitgegenständlichen Geldleistungen (Verletztenrente, Pflegegeld und Kleidermehrverschleißpauschale) führen, denn diese Geldleistungen wären nicht wegen dieser Gesundheitsstörungen zu erhöhen.
(aa) Die Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten oberen Extremität würden nicht zu einer Erhöhung der MdE im Sinne von § 56 Abs. 2 SGB VII um mehr als 5 v.H. (vgl. § 73 Abs. 3 1. HS. SGB VII) führen, weil sich Funktionseinschränkungen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf diese Gesundheitsstörungen zurückzuführen sind und die länger als 3 Monate (vgl. § 73 Abs. 3 2. HS. SGB VII) andauern, nicht mit dem insoweit erforderlichen Vollbeweis feststellen lassen (zur Maßgeblichkeit der durch die Gesundheitsstörungen bedingten Funktionseinschränkungen für die MdE-Bemessung siehe z.B. BSG, Urt. v. 06.10.2020 – B 2 U 10/19 R –, juris Rn. 19 m.w.N.). Die im Verwaltungsverfahren beauftragten Sachverständigen Dr. I und Dr. V haben zwar die MdE wegen der Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten oberen Extremität mit 20 v.H. bemessen und eine Erhöhung der Gesamt-MdE auf 60 v.H. vorgeschlagen. Diese Einschätzungen sind jedoch nicht plausibel.
Dr. I und ihm folgend Dr. V haben ihre Einschätzung ausschließlich auf die Angaben der Klägerin gestützt. Die von Dr. I durchgeführten elektrophysiologischen Untersuchungen haben jedoch keine pathologischen Werte ergeben. Auch die Fachärztin für Neurologie Dr. P hatte Ende Oktober 2012 keine objektiven Belege für eine Nervenschädigung finden können und ebenfalls normale Nervenleitgeschwindigkeiten gemessen. Auch im Übrigen liefern die Ergebnisse durchgeführter elektrophysiologischer Untersuchungen vor und nach der Begutachtung durch Dr. I kein einheitliches Bild. Vor den einzelnen operativen Maßnahmen zeigten sich bei der Klägerin zwar pathologische Nervenleitgeschwindigkeiten. Nach den durchgeführten Maßnahmen traten insoweit aber deutliche Besserungen ein. Dauerhafte, länger als drei Monate andauernde objektivierbare Funktionseinschränkungen lassen sich deshalb nicht vollbeweislich feststellen.
Darüber hinaus sind die Angaben der Klägerin zu dem Umfang ihrer Schmerzen und Beeinträchtigungen im rechten Ellenbogen und im rechten Handgelenk insgesamt zweifelhaft. So demonstrierte die Klägerin während der etwa zwei Monate nach der Untersuchung durch Dr. I durchgeführten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik S1 in P1 dem Klinikpersonal gegenüber fortlaufend erhebliche Beschwerden im rechten Handgelenk und im rechten Arm und eine dadurch angeblich bedingte Schwierigkeit, Unterarmgehstützen zu nutzen. Nach den Feststellungen im ärztlichen Entlassungsbericht vom 20.09.2013, an deren Richtigkeit der Senat keinen Zweifel hat, war im Rahmen des gesamten stationären Aufenthaltes auffällig gewesen, dass das Bewegungsverhalten der Klägerin in unbeobachteter Situation dem Bewegungsverhalten in beobachteter Situation nicht entsprochen habe. So habe im Klinikalltag mehrmals ein sicheres Gangbild an 2 Unterarmgehstützen mit Vollbelastung des rechten Beines beobachtet werden können. Während des gesamten stationären Aufenthaltes habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt Hilfe und Unterstützung seitens des Pflegepersonals bei der Bewältigung sämtlicher Alltagsfunktionen gebraucht. Für eine objektiv bestehende, dauerhafte Funktionseinschränkung in der rechten oberen Extremität ist nach diesen Feststellungen nichts ersichtlich.
Schließlich hat auch die vom Sozialgericht beauftragte Sachverständige Dr. R1 bei ihrer Untersuchung der Klägerin im Mai 2016 keinerlei Einschränkungen der Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände der Klägerin festgestellt. Diese Feststellungen erfolgten zwar erst deutlich nach dem Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 03.12.2014. Die Klägerin hatte jedoch bei Dr. R1 seit Jahren unveränderte starke Schmerzen im rechten Handgelenk und mittlere Schmerzen im rechten Ellenbogen angegeben. Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 die funktionellen Einschränkungen der Klägerin im Bereich der rechten oberen Extremität gravierender waren, als sie von Dr. R1 im Mai 2016 festgestellt wurden. Der Senat schließt sich deshalb der Einschätzung von Frau Dr. R1 in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 11.06.2021 an. In dieser ergänzenden Stellungnahme hat Frau Dr. R1 entsprechend der Fragestellung des Senats eine Erhöhung der MdE um mindestens 5 v.H. durch die von der Klägerin geltend gemachten Reiz- und Bewegungseinschränkungen im Bereich der rechten oberen Extremität insgesamt und damit auch für den Zeitraum ab Erlass des Bescheids vom 15.06.2009 bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 verneint.
(bb) Die Gesundheitsstörungen der Klägerin im Bereich der rechten oberen Extremität würden, selbst wenn sie als Folgen der mit Bescheid vom 15.06.2009 zu Unrecht als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen anzusehen wären, auch nicht zu einem höheren Pflegegeld führen. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen lässt sich nicht im insoweit notwendigen Vollbeweis feststellen, dass der Umfang der Hilfebedürftigkeit der Klägerin im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB VII infolge der Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten oberen Extremität im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 höher ausgefallen ist, da dauerhafte funktionelle Einschränkungen infolge dieser Gesundheitsstörungen nicht feststellbar sind.
(cc) Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten oberen Extremität begründen auch keinen Anspruch auf ein höheres Kleidermehrverschleißgeld. § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 15 des Bundesversorgungsgesetzes, auf den § 7 der Verordnung über die orthopädische Versorgung Unfallverletzter verweist, nennt die bei der Klägerin als gegeben unterstellten Gesundheitsstörungen nicht. Da die betreffenden Gesundheitsstörungen nach den Ausführungen zu aa) keine dauerhaften funktionellen Einschränkungen im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 nach sich gezogen haben bzw. solche funktionellen Einschränkungen nicht nachweisbar sind, kommt auch ein zusätzlicher Kleidermehrverschleiß aufgrund einer Einzelfallbetrachtung gemäß § 3 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des § 15 des Bundesversorgungsgesetzes nicht in Betracht.
(3) Eine Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X ist auch nicht durch das von Dr. D im Mai 2011 diagnostizierte Knochenödem im Bereich des rechten Fersenbeins eingetreten. Insoweit kann dahinstehen, ob es sich hierbei um eine Manifestation eines vorhandenen regionalen Schmerzsyndroms handelte, wie Dr. D gemeint hat. In jedem Fall handelte es sich nicht um eine wesentlich kausal auf die mit Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen zurückzuführende Erkrankung. Zudem haben die Gesundheitsstörungen im Bereich des rechten Fersenbeins im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 nicht zu dauerhaften funktionellen Einschränkungen geführt, die eine Erhöhung der mit Bescheid vom 15.06.2009 bewilligten Geldleistungen gerechtfertigt hätte.
(a) Es ist bereits nicht hinreichend wahrscheinlich, dass irgendeine der mit Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen, namentlich die Notwendigkeit, eine Kniegelenksorthese tragen zu müssen, im naturwissenschaftlichen Sinne kausal für im rechten Fersenbein vorliegende Gesundheitsstörungen war. Dr. D hat dies zwar angenommen. Er hat sich hierbei jedoch ausschließlich auf die Einschätzung der Klägerin gestützt, die von einer unphysiologischen Belastung durch die Kniegelenksorthese ausgegangen ist. Eine medizinisch nachvollziehbare Begründung lässt sich weder in den durchgangsärztlichen Berichten von Dr. D noch in irgendeinem der eingeholten Gutachten finden. Eine solche ist auch ausgehend von den Angaben der Klägerin zweifelhaft, da diese durchgehend die angeblich fehlende oder zumindest deutlich eingeschränkte Belastungsfähigkeit des rechten Beines behauptet und demonstriert hat. Wie es bei einer solchen demonstrierten Belastungsschwäche zu einer Überlastungssituation im Bereich der rechten Ferse kommen soll, erschließt sich nicht und wird auch von keinem Mediziner nachvollziehbar begründet.
(b) Selbst wenn man eine Verursachung im naturwissenschaftlichen Sinne durch das Tragen einer Kniegelenksorthese annähme, ist dieser Verursachungsbeitrag neben den bei der Klägerin vorliegenden gravierenden seelischen Erkrankungen, namentlich der dissoziativen Bewegungsstörung, nicht rechtlich wesentlich. Wie der Sachverständige Dr. V1 dargelegt hat, zeigt sich eine dissoziative Bewegungsstörung gerade auch in psychogen motivierten, unphysiologischen Bewegungsabläufen. Es ist nach Auffassung des Senats hinreichend wahrscheinlich, dass solche unphysiologischen Bewegungsabläufe im naturwissenschaftlichen Sinne kausal zu der Ausbildung eines Knochenmarködems Bereich der rechten Ferse ganz erheblich beigetragen haben. Wie unter (2) (c) (dd) und (ee) ausgeführt prägen die gravierenden seelischen Erkrankungen der Klägerin das Geschehen und vor allem die fortlaufende Ausweitung der Beschwerden und Gesundheitsstörungen. Sie sind deshalb nach der Überzeugung des Senats auch für die Ausbildung der Gesundheitsstörungen der rechten Ferse von überragender Bedeutung.
(c) Unabhängig davon hat das Knochenmarködem im Bereich der rechten Ferse keine länger als drei Monate anhaltenden funktionellen Einschränkungen hinterlassen. Nach der erfolgten Anbohrung der Ferse hat schon Dr. V im Jahre 2013 keine eine Anhebung der MdE rechtfertigenden funktionellen Einschränkungen festgestellt. Auch Frau Dr. R1 hat im Bereich des rechten Sprunggelenkes keine Veränderungen festgestellt, die als Gesundheitsstörungen aufzufassen wären. Damit ist nicht ersichtlich, dass und warum im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheides vom 03.12.2014 die Verletztenrente, das Pflegegeld oder das Kleidermehrverschleißgeld wegen des Knochenmarködems im Bereich der rechten Ferse zu erhöhen gewesen sein sollten. Die vorstehenden Ausführungen unter (2) (e) gelten entsprechend.
(4) Die seit 2011 zunehmende Benutzung eines Rollstuhls begründet ebenfalls keine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014.
(a) Ausgehend von der Argumentation der Klägerin, die die Benutzung des Rollstuhls auf ihre Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten oberen Extremität und der rechten Ferse zurückführt, ist die Benutzung des Rollstuhls von vornherein nicht im naturwissenschaftlichen Sinne kausal auf die mit Bescheid vom 15.06.2009 zu Unrecht als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen zurückzuführen, weil, wie vorstehend ausgeführt, weder die Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten oberen Extremität noch die Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Ferse wesentlich kausal auf die mit Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen zurückzuführen sind.
(b) Unabhängig davon ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass wegen der Epicondylitis im rechten Ellenbogen, des Loge-de-Guyon-Syndroms im rechten Handgelenk und des Knochenmarködems in der rechten Ferse „Rollstuhlpflichtigkeit“ bestand und diese Gesundheitsstörungen dementsprechend im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne kausal für die Benutzung eines Rollstuhls durch die Klägerin waren. Der im Verwaltungsverfahren beauftragte Sachverständige Dr. V hat zwar eine entsprechende Auffassung vertreten. Er hat diese Auffassung jedoch nicht medizinisch nachvollziehbar begründet. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen der Sachverständigen Dr. R1 in ihrem Gutachten vom 08.08.2016 an. Darin hat die Sachverständige überzeugend dargelegt, dass es den Ausführungen von Dr. V an einer stringenten Auseinandersetzung mit der ausgedehnten Aktenlage mangelt. Die von Dr. V festgestellte lediglich diskrete Minderung der Oberschenkelmuskulatur und der Wadenmuskulatur der Klägerin rechtsseitig gegenüber linksseitig lasse es als nicht plausibel erscheinen, warum die Klägerin einen Rollstuhl benutzen müsse. Diese Schlussfolgerung hält der Senat für unmittelbar einleuchtend, zumal, wie vorstehend dargelegt, erhebliche dauerhafte funktionelle Einschränkungen durch die als gegeben unterstellten Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten oberen Extremität und der rechten Ferse nicht nachgewiesen sind.
(c) Selbst wenn man die vorstehenden Punkte anders sähe, wäre die Benutzung des Rollstuhls rechtlich wesentlich allein durch die gravierenden, unfallunabhängigen seelischen
Erkrankungen der Klägerin verursacht worden. Der Sachverständige Dr. V1 hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27.08.2020 insoweit ausgeführt, die Rollstuhlbenutzung symbolisiere für die Klägerin Hilfebedürftigkeit und Krankenstand, was als Ausdruck der somatoforme Schmerzstörung sowie der dissoziativen Bewegungsstörung anzusehen sei. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an und teilt dementsprechend auch die Schlussfolgerung von Dr. V1, dass die seelischen Erkrankungen der Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne ursächlich für den vermehrten Gebrauch des Rollstuhls waren. Dr. V1 hat weiterhin ausgeführt, dass in Anbetracht der von der Sachverständigen Dr. R1 als gänzlich fehlend angesehenen objektiven somatisch-medizinischen Gründe für die Rollstuhlbenutzung medizinisch betrachtet die unfallunabhängigen seelischen Erkrankungen von überragender Bedeutung waren. Dieser Auffassung schließt sich der Senat unter eigener rechtlicher Bewertung der Wesentlichkeit an. Die gravierenden seelischen Erkrankungen der Klägerin prägten das Geschehen auch und gerade hinsichtlich der vermehrten Benutzung eines Rollstuhls. Die Ausführungen unter (2) (c) (dd) und (ee) gelten entsprechend. Die überragende Bedeutung der seelischen Erkrankung der Klägerin insoweit zeigt sich entsprechend den Ausführungen von Dr. V1 in seiner ergänzenden Stellungnahme auch darin, dass die Klägerin bei der Untersuchung in der Klinik für Neurochirurgie der Klinik B am 27.03.2014 darauf hingewiesen hat, sie sei seit Weihnachten 2013 bislang dreimalig aufgrund Zitterns in den Beinen gestürzt, weswegen sie nun weitestgehend auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Wie bereits ausgeführt, lässt sich gerade das Zittern der Beine nicht physiologisch erklären.
(5) Schließlich begründen auch die von der Klägerin geltend gemachten Rückenbeschwerden, insbesondere die Bandscheibenschäden in den Segmenten L4/L5 und L5/S1, keine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X im Zeitraum bis zum Erlass des Bescheids vom 03.12.2014.
Ausgehend von der Argumentation der Klägerin, die ihre Rückenbeschwerden auf die Nutzung eines Rollstuhls zurückführt, scheitert eine Zurechnung zu den mit Bescheid vom 15.06.2009 anerkannten Gesundheitsstörungen bereits daran, dass die Benutzung des Rollstuhls selbst nach den vorstehenden Ausführungen nicht wesentlich kausal auf diese Gesundheitsstörungen zurückzuführen ist. Unabhängig davon hat die Sachverständige Dr. R1 in ihrem Gutachten vom 08.08.2016 ausgeführt, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule der Klägerin anlagebedingt seien. Ein Zusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn mit den im Bescheid vom 15.06.2009 als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen ist deshalb nicht hinreichend wahrscheinlich. Im Übrigen hat Dr. R1 im Bereich der Wirbelsäule der Klägerin auch keine Minder- oder Fehlbeweglichkeiten, keine Dehnbarkeitsstörungen, keine neurologischen Auffälligkeiten und auch keine Nervenwurzelreizerscheinungen festgestellt. Nach diesen Ausführungen, denen der Senat folgt, ist nicht ersichtlich, dass und warum aus den geltend gemachten Rückenbeschwerden funktionelle Einschränkung resultieren sollten, die zu einer Erhöhung der Verletztenrente, des Pflegegeldes oder des Kleidermehrverschleißgeldes führen könnten.
II. Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 09.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2015 nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch Gewährung von Verletztengeld über den 31.03.2015 hinaus.
Verletztengeld wird nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter anderem erbracht, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind. Es wird in diesem Fall von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (§ 46 Abs. 1 1. HS SGB VII). Das Verletztengeld endet in diesen Fällen gemäß 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit, wobei hiermit allein die Arbeitsunfähigkeit infolge des Versicherungsfalls gemeint ist. Besteht die versicherungsfallbedingte Arbeitsunfähigkeit fort, endet das Verletztengeld nach Maßgabe von § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind und einer der in § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1-3 SGB VII Tatbestände erfüllt ist.
Nach diesen Vorschriften hat die Klägerin über den 31.03.2015 hinaus keinen Anspruch auf Verletztengeld, weil sie nicht im Sinne von § 45 Abs. 1 Nr. 1, § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII infolge des Arbeitsunfalls vom 28.04.2003 arbeitsunfähig ist.
Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls besteht nur dann, wenn solche Gesundheitsstörungen, die wesentlich kausal auf den Versicherungsfall zurückzuführen sind, dazu führen, dass Arbeitsunfähigkeit besteht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.04.2015 – L 10 U 495/14 –, juris Rn. 35). Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit entspricht dem Begriff in der gesetzlichen Krankenversicherung. Danach liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn ein Versicherter aufgrund der Folgen eines Versicherungsfalles nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich- oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen. Arbeitsunfähigkeit ist danach gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Dass er möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben kann, ist unerheblich. Gibt er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt innegehabte Arbeitsstelle auf, ändert sich allerdings der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Kranken- bzw. Verletztengeldes eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufes liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, sodass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann (vgl. zum Ganzen BSG, Urt. v. 30.10.2007 - B 2 U 31/06 R -, juris Rn. 12 m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist Bezugspunkt für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit der Klägerin der Beruf einer Bürokauffrau, den die Klägerin zuletzt als Auszubildende ausgeübt hat und zu dem die Klägerin erfolgreich geschult worden ist. Da die Klägerin im Anschluss an ihre Ausbildung kein weiteres Beschäftigungsverhältnis mehr eingegangen ist, kommt es nicht auf die konkreten Verhältnisse während ihrer Ausbildung, sondern auf das Berufsbild einer Bürokauffrau im Allgemeinen an. Der Beruf einer Auszubildenden zur Verkäuferin, den die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat und dessen Anforderungen der Grund für die von der Beklagten bewilligte Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Gestalt einer Umschulung zur Bürokauffrau war, ist hingegen nicht mehr maßgeblich (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.09.2002 - B 1 KR 11/02 R -, juris Rn. 27).
Die Fähigkeit der Klägerin, den Beruf einer Bürokauffrau auszuüben, war spätestens seit dem 01.04.2015 nicht mehr durch solche Gesundheitsstörungen gemindert, die wesentlich kausal auf den Arbeitsunfall vom 28.04.2003 zurückzuführen sind.
Wesentlich kausal verursacht hat der Arbeitsunfall vom 28.04.2003 nach den Ausführungen zu I. 1. lediglich eine folgenlos ausgeheilte Knieprellung mit einer Schwellung über der Patella des rechten Knies, die von vornherein nicht geeignet ist, über den 31.03.2015 hinaus Arbeitsunfähigkeit bezogen auf den Beruf einer Bürokauffrau zu begründen. Es kann dahinstehen, ob die mit Bescheid vom 15.06.2009 zu Unrecht als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen auch nach Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 eine versicherungsfallbedingte Arbeitsunfähigkeit begründen können oder ob bereits vor Erlass des Bescheids vom 03.12.2014 eine Arbeitsunfähigkeit bezogen auf den Beruf einer Bürokauffrau eingetreten ist und der Bescheid vom 03.12.2014 der Gewährung von Leistungen wegen dieser fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht entgegensteht. In jedem Fall besteht eine wesentlich kausal auf die mit Bescheid vom 15.06.2009 zu Unrecht als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen zurückzuführende Unfähigkeit, den Beruf einer Bürokauffrau auszuüben, spätestens seit dem 01.04.2015 nicht mehr.
Die Sachverständige Dr. R1 hat bei ihrer Untersuchung der Klägerin am 04.05.2016 keinerlei Gesundheitsstörungen und funktionellen Einschränkungen festgestellt, die einer Tätigkeit als Bürokauffrau entgegenstehen könnten. Diese Einschätzung hält der Senat in Anbetracht der von Frau Dr. R1 erhobenen Befunde für zutreffend. Eine wesentliche Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit von Armen und Händen hat die Sachverständige nicht festgestellt. Ebenso wenig fanden sich Auffälligkeiten im Bereich der Lendenwirbelsäule, namentlich keine Nervenwurzelreizerscheinungen. Insgesamt zeigte sich nach den Ausführungen der Sachverständigen eine wesentliche Besserung der Gesamtsituation gegenüber dem von Dr. V im Jahre 2013 festgestellten Zustand, insbesondere hatte sich die Muskulatur der Beine fast seitengleich gekräftigt. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zustand am 31.03.2015 noch wesentlich schlechter war, sind nicht ersichtlich. Auch die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beauftragte Sachverständige Dr. E1 hat die Klägerin in körperlicher Hinsicht für fähig erachtet, die Tätigkeit einer Bürokauffrau auszuüben. Diesen Ausführungen, die den Anforderungen an ein gerichtliches Sachverständigengutachten entsprechen und die deshalb urkundsbeweislich verwertet werden können, schließt sich der Senat ebenfalls an. Im Übrigen erschließt sich auch ausgehend von den Angaben der Klägerin nicht, warum diese nicht in der Lage gewesen sein soll, ab dem 01.04.2015 die Tätigkeit einer Bürokauffrau auszuüben. Die Tätigkeit einer Bürokauffrau können auch körperlich schwer beeinträchtigte Personen, namentlich auch Rollstuhlfahrerinnen, ohne weiteres ausüben.
Im Übrigen sind, wie bereits mehrfach ausgeführt, die von der Klägerin fortlaufend demonstrierten körperlichen Einschränkungen Ausdruck ihrer unfallunabhängigen, gravierenden seelischen Erkrankungen. Diese prägen das Geschehen und namentlich die fortlaufende Ausweitung der Beschwerden wesentlich und sind hinsichtlich der Entstehung von Leistungseinschränkungen von überragender Bedeutung. Etwaige auch ab dem 01.04.2015 bestehende Leistungseinschränkungen der Klägerin sind deshalb wesentlich kausal durch diese unfallunabhängigen seelischen Erkrankungen verursacht worden. Soweit die Klägerin deshalb bezogen auf die Tätigkeit als Kauffrau auch ab diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig gewesen sein sollte, wäre diese Arbeitsunfähigkeit nicht auf die Folgen des Versicherungsfalls vom 28.04.2003 zurückzuführen.
Fehlt es damit im streitgegenständlichen Zeitraum bereits an einer versicherungsfallbedingten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin, kommt es auf die von der Beklagten nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII getroffenen Prognoseentscheidung nicht an. Vielmehr liegen die Voraussetzungen von § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII nicht vor, weil es an einer fortbestehenden versicherungsfallbedingten Arbeitsunfähigkeit fehlt.
Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 09.03.2015. Der Regelungsgehalt dieses Bescheids liegt darin, die Weitergewährung von Verletztengeld über den 31.03.2015 hinaus abzulehnen. Die Ausführungen zu § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII betreffen lediglich die Begründung, warum ab dem 01.04.2015 kein Verletztengeld mehr zu gewähren ist.
In jedem Fall könnte der auf § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII gestützte Bescheid, wenn man ihm eine Art rechtsgestaltende, belastende Wirkung beimessen wollte, gemäß § 43 SGB X in einen auf den Wegfall der versicherungsfallbedingten Arbeitsunfähigkeit auf § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII gestützten Ablehnungsbescheid, der in dem auf § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII gestützten Bescheid enthalten ist, umgedeutet werden. Eine Anhörung der Klägerin gemäß § 43 Abs. 4 i.V.m. § 24 SGB X ist insoweit nicht erforderlich, weil die Ablehnung von Verletztengeld nicht im Sinne von § 24 Abs. 1 SGB X in Rechte der Klägerin eingreift, sondern lediglich eine Erweiterung des Rechtskreises der Klägerin, nämlich die weitere Gewährung von Leistungen, die nicht durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligt worden sind, ablehnt.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
D. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.