Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01.12.2016 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 19.02.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.03.2015 und 17.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.08.2015 verurteilt, der Klägerin für die Monate Juli und August 2015 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft i.H.v. monatlich 51 € zu gewähren.
Der Beklagte trägt 60 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Höhe der der Klägerin zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Monate Juli und August 2015.
Der Beklagte ist die gemeinsame Einrichtung der Träger der Leistungen nach dem SGB II im Gebiet des Märkischen Kreises. Dieser hat eine Fläche von ca. 1.060 km² mit insgesamt 15 kreisangehörigen Städten und Gemeinden, von denen acht sogenannte Mittelzentren im Sinne des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen sind. Im Auftrag des Märkischen Kreises erstellte die Analyse & Konzepte Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung GmbH (inzwischen: Analyse & Konzepte immo.consult GmbH; im Folgenden: Analyse & Konzepte) ein „Konzept zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Märkischen Kreis – Endbericht, November 2013“ (im Folgenden: Konzept). Hierbei ging Analyse & Konzepte im Wesentlichen wie folgt vor: Als maßgeblichen Vergleichsraum berücksichtigte sie das gesamte Kreisgebiet und fasste, basierend auf einer sogenannten Clusteranalyse, innerhalb des Vergleichsraums drei Gebiete vergleichbarer Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen unabhängig von ihrer Lage zusammen. Zur Ermittlung der Bestands- und Neuvertragsmieten einschließlich der Betriebskostenvorauszahlungen zum Stichtag 01.12.2012 wurden in der Zeit von Dezember 2012 bis Juni 2013 größere Vermieter und Verwalter (erste Stufe) und zufällig ausgewählte Mieterhaushalte (zweite Stufe), deren Adressen von der „Deutschen Post direkt“ gekauft wurden, im gesamten Kreisgebiet befragt. Zudem bezog Analyse & Konzepte in einer dritten Stufe Angaben des Beklagten zu den tatsächlich geschuldeten Unterkunftskosten der Leistungsberechtigten nach dem SGB II (sog. SGB-II-Datensatz) in die Erhebung ein. Angebotsmieten erfasste Analyse & Konzepte in der Zeit von September 2012 bis Mai 2013 durch die Recherche von Wohnungsangeboten über Internetportale und Anzeigenblätter.
Nach Ausschluss von Substandardwohnungen ohne innenliegendes Bad und Sammelheizung, Dubletten und Wohnungen mit Besonderheiten (Freundschaftsmieten, Werkwohnungen etc.) und Wohnungen mit einer Wohnfläche unter 35 m², ebenso Ausreißern („Extremwertkappung") für besonders günstige/teure Mieten verblieben 21.721 Bestandsmieten-Datensätze und 2.493 Angebotsmieten-Datensätze. Zudem wurden im Weiteren zunächst die Zahl der Haushalte, die entweder selbst Grundsicherung für Arbeitsuchende, Sozialhilfe, BAföG, Berufsausbildungsbeihilfe oder Wohngeld beziehen oder als Geringverdiener bzw. aus sonstigen Gründen mit Beziehern dieser Leistungen um preisgünstigen Wohnraum konkurrieren (sogenannte sonstige Nachfragergruppen), erfasst und gestaffelt nach der Haushaltsgröße ins Verhältnis zur Anzahl der Haushalte insgesamt gesetzt. Daraus ergab sich ein Anteil der Nachfragergruppen im unteren Marktsegment für Haushalte mit einer Person von 28 % aller Ein-Personen-Haushalte. Analyse & Konzepte führte sodann ein sogenanntes iteratives Verfahren durch, um nach eigenen Angaben bestehende Ungleichverteilungen zwischen den Haushalts- und Wohnungsgrößen auszugleichen. Nach den Ausführungen im Konzept sei zur Ermittlung einer angemessenen Quadratmetermiete aus der Verteilung der Bestandsmieten zunächst – orientiert an einer theoretischen Untergrenze für die Versorgung der Empfänger von Grundsicherungsleistungen mit Wohnungen – ein Perzentil definiert und dieses mit den im jeweiligen Wohnungsmarkt verfügbaren Wohnungsangeboten verglichen worden. Dieses Perzentil sei in diesem Verfahren so lange erhöht oder verringert worden, bis der Anteil der angebotenen Wohnungen für Ein- und Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaften unter den damals aktuellen Marktbedingungen als ausreichend erachtet worden sei. Nach einem weiteren Abgleich des Wertes mit den Neuvertragsmieten legte Analyse & Konzepte für den Märkischen Kreis das 40. Perzentil für alle Wohnungsmarkttypen und -größenklassen fest. Hieraus ergab sich für den Wohnungsmarkttyp III, zu dem auch Iserlohn zählte, für Ein-Personen-Haushalte eine Nettokaltmiete i.H.v. 4,75 €/m².
Zur Festlegung der kalten Betriebskosten glich Analyse & Konzepte die im Rahmen der Mietwerterhebung ermittelten Betriebskostenvorauszahlungen je Größenklasse und Wohnungsmarkttyp mit denjenigen der Leistungsempfänger ab und errechnete den Median. Insgesamt wurden hierbei 5.825 Datensätze berücksichtigt. Für einen Ein-Personen-Haushalt ergab sich danach ein Mittelwert von 1,42 €/m². Die maximal angemessene Bruttokaltmiete (Miete und Betriebskosten ohne Heizkosten) für Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften im Wohnungsmarkttyp III betrug mithin 6,17 €/m². Die durch das Konzept bestimmten Angemessenheitswerte legte der Beklagte ab dem 01.01.2014 zugrunde.
Die 1966 geborene Klägerin bewohnte seit dem Auszug ihres Sohnes zum 01.07.2014 alleine eine 59,49 m² große Wohnung in Iserlohn. Die Kaltmiete belief sich bis zum 30.04.2015 auf 213 € monatlich; die monatliche Betriebskostenvorauszahlung lag bei 128,75 € zuzüglich 8,25 € Kabelanschlussgebühr (insgesamt 137 €), die Heizkostenvorauszahlung bis Dezember 2014 bei 50 €/Monat. Ausweislich einer Mietbescheinigung vom 27.10.2014 ging der Vermieter zu diesem Zeitpunkt noch von einem Zwei-Personen-Haushalt (bestehend aus der Klägerin und ihrem Sohn) aus. Der Beklagte bewilligte der Klägerin für die Zeit von September 2014 bis Februar 2015 erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft. Mit Schreiben vom 03.11.2014 teilte er der Klägerin mit, dass ihre Unterkunftskosten (Kaltmiete inklusive kalter Nebenkosten) unangemessen hoch seien, und forderte sie auf, die Kosten bis zum 28.02.2015 zu senken. Nach Ablauf der Frist werde nur noch die als angemessen erachtete Bruttokaltmiete i.H.v. 308,50 € bei der Bewilligung der Grundsicherungsleistungen zugrunde gelegt.
Im Januar 2015 beantragte die Klägerin die Weiterbewilligung der Leistungen für die Zeit ab März 2015. Ab Februar 2015 betrug die Heizkostenvorauszahlung monatlich 47 €.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 19.02.2015 Leistungen für den Zeitraum vom 01.03.2015 bis zum 31.08.2015 i.H.v. 747,82 € (März 2015) bzw. 754,50 € (April bis August 2015) monatlich. Hierbei berücksichtigte er Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 355,50 € monatlich (Kaltmiete 171,50 €, Nebenkostenvorauszahlungen 137 € und Heizkostenvorauszahlungen 47 € monatlich). Die Klägerin legte am 02.03.2015 Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid ein. Mit Schreiben vom 20.03.2015 rechnete die Vermieterin der Klägerin die Nebenkosten für das Jahr 2014 ab. Aus der Abrechnung ergab sich ein Guthaben, das der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 24.03.2015 auf den Bedarf der Klägerin für den Monat April 2015 anrechnete, zudem bewilligte er Leistungen für den Zeitraum von Mai 2015 bis August 2015 in unveränderter Höhe. Auch gegen den Änderungsbescheid legte die Klägerin Widerspruch ein.
Zum 01.05.2015 erhöhte sich die von der Klägerin zu zahlende monatliche Nettokaltmiete auf 4,10 €/m², entsprechend 243,91 €/Monat. Die Klägerin nahm zum 08.05.2015 eine geringfügige Beschäftigung als Produktionshelferin auf. Der Beklagte erließ am 17.06.2015 einen Änderungsbescheid für die Zeit von März bis August 2015 und rechnete in den Monaten Juli und August 2015 ein monatliches Einkommen i.H.v. jeweils 450 € abzüglich der Freibeträge auf den Bedarf der Klägerin an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2015 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19.02.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.03.2015 und 17.06.2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Gesamtbedarf sei auf 754,50 € festzusetzen. Wegen des Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung mindere sich der Bedarf für den Monat April 2015.
Die Klägerin erzielte aus ihrer Erwerbstätigkeit im Juni und Juli 2015 ein Einkommen i.H.v. 182,75 € brutto, entsprechend 175,99 € netto, bzw. i.H.v. 382,50 € brutto, entsprechend 368,35 € netto. Das Einkommen floss jeweils im Folgemonat zu. Mit Bescheid vom 11.08.2015 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Monate Juli 2015 und August 2015 unter Anrechnung des tatsächlich zugeflossenen Nettoeinkommens abzüglich der Einkommensfreibeträge ab. Für den Monat Juli 2015 bewilligte er unter Berücksichtigung des Regelbedarfs i.H.v. 399 € und der Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.v. 355,50 € einen Betrag i.H.v. 695,06 €. Im August 2015 ergab sich ein Gesamtbetrag i.H.v. 542,65 €. Gegen den Änderungsbescheid legte die Klägerin erneut Widerspruch ein.
Am 21.08.2015 hat sie Klage gegen den Bescheid vom 19.02.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.03.2015 und 17.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2015 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben.
Der Beklagte hat den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 11.08.2015 durch Widerspruchsbescheid vom 09.09.2015 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die vorgenommene Einkommensanrechnung den gesetzlichen Bestimmungen entspreche.
Unter dem 11.11.2015 hat Analyse & Konzepte einen Bericht über die Indexfortschreibung des Konzeptes 2013 zur Aktualisierung der Richtwerte erstellt. Die dadurch ermittelten Werte wurden ab dem 01.01.2016 angewendet.
Mit Änderungsbescheid vom 11.12.2015 hat der Beklagte die Bedarfe für Unterkunft und Heizung für den Monat März 2015 in tatsächlicher Höhe (397 €) gewährt.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen, die Einkommensanrechnung sei fehlerhaft. Auch sei der Beklagte verpflichtet, die vollständigen Unterkunftskosten zu übernehmen. Denn die Kostensenkungsaufforderung vom 03.11.2014 sei mangels Einhaltung der maßgeblichen Frist von sechs Monaten unwirksam. Auch verfüge der Beklagte nicht über ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten, da der angenommene Wohnraum zu den ermittelten Preisen nicht zur Verfügung stehe und die Daten veraltet seien. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit örtliche Wohnungsgesellschaften bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen berücksichtigt worden seien. Die Ermittlung der sonstigen Nachfragergruppen nach preisgünstigem Wohnraum sei unzureichend. Auch sei das Konzept nicht ordnungsgemäß veröffentlicht worden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 01.12.2016 hat die Klägerin das Verfahren für die Monate März, April und Juni 2015 für erledigt erklärt und den Streitgegenstand für die verbleibenden Monate Mai, Juli und August 2015 auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt.
Die Klägerin hat sodann beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19.02.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 24.03.2015, 17.06.2015, 11.08.2015 und 11.12.2015 sowie in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23.07.2015 und 09.09.2015 zu verurteilen, ihr für die Monate Mai, Juli und August 2015 Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die sich aus dem Konzept ergebenden Angemessenheitswerte seien ordnungsgemäß auf der Homepage des Märkischen Kreises veröffentlicht worden. Eine weitergehende Veröffentlichungspflicht bestehe nicht, da es sich bei dem Konzept um eine regionale Konkretisierung des Angemessenheitsbegriffs ohne unmittelbare Außenwirkung handele. Unter Übersendung einer ergänzenden Stellungnahme von Analyse & Konzepte vom 26.04.2016 hat der Beklagte weiter ausgeführt, wie die Bestimmung der sonstigen Nachfragergruppen erfolgt sei.
Das SG hat einen Mitarbeiter von Analyse & Konzepte, E, im Termin zur mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Seiten 3 bis 8 der Sitzungsniederschrift vom 01.12.2016.
Mit Urteil vom 01.12.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die von der Klägerin zu zahlende Bruttokaltmiete sei nur bis zu einer Höhe von 308,50 € abstrakt und konkret angemessen. Das von Analyse & Konzepte erstellte Konzept begegne weder in formeller noch in materieller Hinsicht durchgreifenden Bedenken. Zwar sei das Konzept nebst Begründung nicht ordnungsgemäß veröffentlicht worden, doch handele es sich bei der Pflicht zur Veröffentlichung lediglich um eine objektive Rechtspflicht. Ein Verstoß führe nicht zu einer Unanwendbarkeit des Konzepts. Das Konzept sei auch schlüssig. Beobachtungsgegenstand sei der gesamte Wohnungsmarkt im Märkischen Kreis als maßgeblichem Vergleichsraum gewesen. Ausgenommen seien lediglich Substandard-Wohnungen, Wohnungen mit weniger als 35 m² und Wohnungen des Luxussegments. Die erhobenen Daten zu den Bestands- und Angebotsmieten seien valide. Insbesondere seien unvollständige und offensichtlich fehlerhafte Angaben und Dubletten nicht erneut berücksichtigt worden. Die Vergleichbarkeit insbesondere bei den Nebenkosten sei sichergestellt, da berücksichtigt werde, inwieweit Kosten für die Warmwassererzeugung in den monatlichen Vorauszahlungen enthalten seien. Ausreißer bei den Bestandsmieten seien im Wege der Extremwertkappung eliminiert worden. Die so gewonnenen Daten seien repräsentativ, weil sie auf mehr als zehn Prozent des regionalen Mietwohnungsbestandes beruhten. Für jeden im Wege der Clusteranalyse gebildeten Wohnungsmarkttyp und für jede Haushaltsgröße stehe eine ausreichende Zahl von Datensätzen für Bestands- und Angebotsmieten zur Verfügung. Die auf Grundlage der erhobenen Daten gezogenen Schlüsse seien mitgeteilt worden. Bei der im Rahmen der Datenauswertung verwendeten Clusteranalyse und der Extremwertkappung handele es sich um anerkannte Verfahren. Auch das übrige Vorgehen bei der Datenauswertung begegne keinen durchgreifenden methodischen Bedenken. Insbesondere sei der Rückgriff auf die im Jahr 2006 erhobenen Daten des Forschungsprojekts „Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBR), wonach 7,5 Prozent der Haushalte als sonstige Nachfrager nach preisgünstigem Wohnraum anzusehen seien, zur Ermittlung der sonstigen Nachfragergruppen rechtmäßig. Die insoweit durchgeführte Schätzung beruhe auf einer zureichenden tatsächlichen Grundlage. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass eine Wohnung zu dem als angemessen erachteten Preis für sie nicht anmietbar gewesen sei. Die Kostensenkungsaufforderung sei ordnungsgemäß erfolgt. Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf die Übernahme unangemessener Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II zu, da aus der Regelung kein subjektives öffentliches Recht folge. Das SG hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Gegen das am 10.01.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am selben Tag Berufung eingelegt.
Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte das Konzept in Reaktion auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.01.2019 (B 14 AS 24/18 R u.a.) zur Unzulässigkeit der sogenannten Clusteranalyse überarbeiten lassen. Analyse & Konzepte hat auf Grundlage des für das Konzept 2013 erhobenen Datenmaterials den Korrekturbericht 2019 erstellt. Dafür ist das Gebiet des Märkischen Kreises nunmehr in drei Vergleichsräume zusammengefasst worden: Die Stadt Iserlohn bildet mit den Städten Balve, Hemer und Menden den Vergleichsraum I. Im Korrekturbericht wird ausgeführt, im Vergleichsraum I seien in der Mietwerterhebung 2013 11.348 Datensätze, mithin 22,5 % aller Mietwohnungen erhoben worden. Auf die Wohnungsgröße zwischen 35 und 50 m² seien dabei nach Extremwertkappung 2.417 Datensätze entfallen. Die durchschnittliche Neuvertrags- bzw. Angebotsmiete für Wohnungen zwischen 35 und 50 m² habe im Vergleichsraum I bei 4,65 € bzw. 5,51 € gelegen. Sodann wird für Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften im Vergleichsraum I das 45. Perzentil als maßgeblich bestimmt, aus dem sich eine angemessene Nettokaltmiete von 4,80 €/m² ergebe. Bei der Berechnung der kalten Betriebskosten ist der Median aller Betriebskostenwerte differenziert nach Wohnungsgröße in jedem Vergleichsraum in Ansatz gebracht worden. Für Ein-Personen-Haushalte im Vergleichsraum I ergebe sich daraus ein Wert von 1,44 € und mithin eine angemessene Bruttokaltmiete i.H.v. 6,24 €/m². Analyse & Konzepte stellt in dem Korrekturbericht weitergehend dar, dass auf dieser Grundlage 58 % der erhobenen Angebotsmieten für Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften im Vergleichsraum I anmietbar seien. Unter Berücksichtigung der Indexfortschreibung im Jahre 2015 ergäben sich eine maximal angemessene Nettokaltmiete i.H.v. 4,99 €/m² und maximal angemessene kalte Betriebskosten i.H.v. 1,49 €/m², mithin eine Bruttokaltmiete i.H.v. 6,48 €/m² für Ein-Personen-Haushalte im Vergleichsraum I.
Nach einem Termin zur Erörterung am 25.06.2020 hat der Beklagte mit Bescheid vom 31.07.2020 die Leistungsbewilligung für den Monat Mai 2015 geändert und der Klägerin ohne Anrechnung von Einkommen Leistungen i.H.v. 826,91 € unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten i.H.v. 380,91 € zuzüglich Heizkosten i.H.v. 47 € bewilligt. Zudem hat er mit Schriftsatz vom 03.08.2020 eine Stellungnahme von Analyse & Konzepte vom 29.07.2020 zur Ermittlung der kalten Betriebskosten übersandt.
Die Klägerin hat sodann mit Schriftsatz vom 05.08.2020 die Übersendung der vollständigen Rohdaten verlangt mit der Begründung, es sei nicht bekannt, inwiefern der freie Wohnungsmarkt ausgewertet worden sei. Bereits aufgrund des sich aus dem Zensus 2011 ergebenden Umfangs der vorhandenen und vermieteten Wohnungen folge, dass die Datenerhebung nicht valide sein könne. Ferner hat sie 150 Fragen hinsichtlich der Zusammensetzung und Herkunft des im Konzept und im Korrekturbericht 2019 in tabellarischer Form aufgearbeiteten Zahlenmaterials formuliert und damit u.a. die Frage aufgeworfen, in welchem Umfang die Angaben welcher Vermieter (institutionell, privat oder SGB-II-Datensatz) bei den Bestands- und Angebotsmieten differenziert nach Wohnungsgröße und den zum Vergleichsraum I gehörenden Städten berücksichtigt worden sind und ob für den Korrekturbericht 2019 neue Daten erhoben worden sind.
Mit Schriftsatz vom 10.12.2020 hat der Beklagte eine Stellungnahme von Analyse & Konzepte vom 05.10.2020 übersandt. Bezug nehmend auf die von der Klägerin gestellten Fragen wird hierin im Wesentlichen ausgeführt, die Zahlendifferenz der Datensätze im Konzept und im Korrekturbericht 2019 resultiere aus der im Korrekturbericht 2019 erfolgten neuen Bildung von Vergleichsräumen, die dazu führe, dass sich bei der Extremwertkappung in einzelnen Feldern neue Grenzwerte ergäben.
Von den in der Stadt Iserlohn – vor Durchführung der Extremwertkappung – erhobenen 1.308 Daten für Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften stammten 294 von institutionellen Vermietern, sieben von Mietern und 1.007 aus den SGB II-Daten. In der Stadt Balve seien für diese Wohnungsgröße insgesamt weitere 36, in der Stadt Hemer weitere 434 und in der Stadt Menden weitere 805 Daten erhoben worden.
Als institutionelle Vermieter hätten die A Baugesellschaft, die G Wohnungsbaugesellschaft, die F Baugenossenschaft eG, das Gemeinnützige Wohnungsunternehmen P, die O, die K Vermietungsgesellschaft, die L GmbH, die M Baugesellschaft mbH, die V GmbH, die Wohnungsbaugesellschaft H mbH und die Wohnungsbaugesellschaft W GmbH Bestandsdatensätze im Rahmen der Konzepterstellung zur Verfügung gestellt. Eine Doppelerfassung von Wohnungen sei durch eine EDV-gestützte Dublettenprüfung vermieden worden. Von mehreren Anzeigen mit gleichem Ort, gleicher Wohnfläche und gleicher Nettokaltmiete sei jeweils nur eine berücksichtigt worden, sofern sich aus anderen Merkmalen nicht eindeutig Abweichungen ergeben hätten.
Im Rahmen des Konzepts seien Mieten des unteren, mittleren und gehobenen Wohnungsmarktes erhoben worden. Dies werde durch die Einbeziehung verschiedener Vermietertypen und des SGB-II-Datensatzes, der den Bereich der Klein- und Privatvermieter repräsentiere, gewährleistet. Im Übrigen würden mögliche Ungenauigkeiten bei der Bestandsmietenerhebung durch das iterative Verfahren völlig relativiert.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 08.03.2021 hiergegen eingewandt, die Vergleichsraumbildung sei bereits fehlerhaft, da der gesamte Märkische Kreis als Vergleichsraum zusammengefasst werde und im Rahmen des Korrekturberichts 2019 das gleiche Datenmaterial wie im Konzept verwandt worden sei. Da der Schwerpunkt des dem Konzept zu Grunde liegenden Datenmaterials von Großvermietern stamme, liege im Übrigen keine repräsentative Datenerhebung vor. Auch sei nur durch die Übersendung der Rohdaten überprüfbar, aus welchen Stadtteilen die einzelnen Bestands- und Angebotsmieten stammten, um prüfen zu können, ob das Konzept „Brennpunkte“ durch soziale Segregation vermeide.
Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung (am 01.06.2021) hat die Klägerin den Streitgegenstand zeitlich auf die Monate Juli und August 2015 beschränkt. Sie hat bekundet, sie habe im Hinblick auf die Nebenkosten dem Vermieter mitgeteilt, dass sie in dem fraglichen Zeitraum nicht zu zweit in der Wohnung gelebt habe, der Vermieter habe sich davon aber nichts angenommen. Zudem hat sie ein Schreiben des Vermieters vom 26.05.2021 zu den Kosten für den Kabelanschluss vorgelegt.
Der Beklagte hat den Widerspruchsbescheid vom 09.09.2015 aufgehoben. Er hat den Klageanspruch teilweise i.H.v. 3,50 €/Monat anerkannt, die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Der Senat hat einen weiteren Mitarbeiter von Analyse & Konzepte, R, als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Seiten 4 bis 13 der Sitzungsniederschrift vom 01.06.2021.
Auf Hinweis des Senats (im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung) zu Bedenken gegen die Schlüssigkeit des Konzepts im Hinblick auf die Vergleichsraumbildung und auf die Abgleiche der Angemessenheitswerte mit den Angebots- bzw. Neuvertragsmieten hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 21.09.2021 unter Vorlage einer Stellungnahme von Analyse & Konzepte vom 27.08.2021 von der ihm eingeräumten Möglichkeit einer Nachbesserung Gebrauch gemacht. In der Stellungnahme ist im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der flächenmäßige Ausdehnung des Märkischen Kreises, der unterschiedlichen Einzugsbereiche der Zentren, der Größe des Wohnungsmarktes bzw. der Grundgesamtheit, die eine Unterteilung erst möglich mache, sowie der verkehrstechnischen Erreichbarkeit werde eine Unterteilung in mehrere Vergleichsräume als sachgerecht erachtet. Durch die Übernahme der Mittelbereiche (acht) würde hingegen eine kleinteiligere Vergleichsraumstruktur mit zum Teil eher kleineren Wohnungsmärkten entstehen. Im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des BSG und um eine Reproduzierbarkeit der Vergleichsräume sowohl für die Korrektur der bisherigen als auch für die zukünftigen Konzepte und damit eine Beständigkeit für die Leistungsberechtigten sicherzustellen, sollten eher größere Vergleichsräume gebildet werden. Leitend seien die verkehrstechnische Verbundenheit und die räumliche Orientierung. Die Städte Iserlohn, Menden und Hemer seien schon vor der Kreisreform 1975 aufeinander ausgerichtet gewesen. Die Orientierung der Lebens- und Arbeitswelt aufeinander habe sich in der Vergangenheit ausgebildet und entspreche auch der heutigen Orientierung der Bevölkerung; die Städte Iserlohn und Hemer gingen sogar baulich ineinander über; auch Menden sei bedingt durch die historische Entwicklung auf Iserlohn und Hemer ausgerichtet. Die Stadt Balve habe bis 1975 zum Kreis Arnsberg gehört, wodurch die Einbindung in den Märkischen Kreis nicht so stark ausgeprägt gewesen sei. Dennoch sei die Bevölkerung stark in Richtung Menden orientiert, da mit der Bahn und der B 515 eine sehr gute Anbindung bestehe. Der so gebildete Vergleichsraum I entspreche dem Nordkreis innerhalb des Märkischen Kreises, der auch in anderen Zusammenhängen als Bezugsrahmen gesehen werde. Auch das Mietpreisgefüge der einzelnen Kommunen stehe dem so gebildeten Vergleichsraum nicht entgegen. In der Gesamtbetrachtung bildeten die drei Vergleichsräume jeweils homogene Wohn- und Lebensbereiche. Zugleich bildeten sie ausreichend große Wohnungsmärkte, so dass eine Versorgung mit Wohnraum im Vergleichsraum möglich sei. Mit einem üblichen Erhebungsaufwand seien in der Regel auch zukünftig ausreichend Fallzahlen für die Ermittlung von Richtwerten für die Vergleichsräume zu erheben. Sie seien passend im Hinblick auf die räumliche Orientierung hinsichtlich der Lebens- und Arbeitsmöglichkeit der Bevölkerung und berücksichtigten die gewachsenen Strukturen im Kreisgebiet. Zu den Angebotsmieten wird ausgeführt, dass im Rahmen der Korrekturberechnungen für das Konzept 2013 Daten zu Bestandsmieten, zu denen der Vertragsabschluss nach Erhebungsstichtag angegeben gewesen sei, nicht weiter berücksichtigt worden seien. Aufgrund unvollständiger Angaben hätten keine validen Informationen zu Heiz- und Betriebskosten bei den Angebotsmieten erhoben werden können. Analyse & Konzepte habe daher die kalten Betriebskosten aus der Erhebung der Bestandsmieten in Ansatz gebracht. Es seien die kalten Betriebskosten aus der Bestandsmietenerhebung je Quadratmeter mit der Wohnfläche der angebotenen Wohnung multipliziert worden. Aus der Addition mit der Nettokaltmiete habe sich die Bruttokaltmiete ergeben, die zum Angemessenheitswert ins Verhältnis gesetzt worden sei, die Anmietbarkeit sei Tabelle 13 des Korrekturberichts zu entnehmen. Beim Abgleich der Neuvertragsmieten mit den Angemessenheitswerten sei dieser Schritt in der Vergangenheit nicht vollzogen worden. Der Abgleich habe daher auf Ebene der Netto-Kaltmiete stattgefunden. In einer weiteren Tabelle würden nun die Neuvertragsmieten der Bestandsmietenerhebung auf Ebene der Brutto-Kaltmieten mit den ermittelten Angemessenheitswerten verglichen. Insgesamt zeige sich, dass die Anmietbarkeiten in den meisten Feldern nochmals höher seien als bei der Netto-Kaltmieten-Betrachtung. Grundsätzlich sei zu den Betriebskosten anzumerken, dass diese nicht, wie die Netto-Kaltmieten, durch Marktmechanismen zwischen den Mietparteien verhandelt würden.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 25.10.2021 die ihr zwischenzeitlich von Analyse & Konzepte zur Verfügung gestellten Rohdaten übersandt.
Auf einen weiteren Hinweis und Nachfragen des Senats zur Repräsentativität der Datenbasis im Hinblick auf die Vermietertypen (mit erneut eingeräumter Möglichkeit zur Nachbesserung) hat der Beklagte eine weitere ergänzende Stellungnahme von Analyse & Konzepte vom 12.04.2022 überreicht. Darin wird ausgeführt, dass bei der Mietwerterhebung 2012 bei den Mietern der Vermietertyp nicht abgefragt worden sei, es könne daher hinsichtlich der Datenquelle nur nach institutionellen Vermietern, Mietern und SGB-II-Daten unterschieden werden. Nach dem Zensus 2011 lägen die Anteile der Wohnungen privater Vermieter im Vergleichsraum Iserlohn insgesamt bei 66 %, im Einzelnen bei 93 % in Balve, 77 % in Hemer, 63 % in Iserlohn und 61 % in Menden. Auch wenn davon ausgegangen würde, dass die Mieterdaten und SGB-II-Daten vor allem Vermietungsverhältnisse von privaten Vermietern repräsentierten, entspreche die Erhebungsstruktur nicht der Struktur des Gesamtmarktes bezogen auf die Vermietertypen. In der Methodik werde dies aber durch das iterative Verfahren ausgeglichen. Hinsichtlich der Mietenstruktur zeige sich, dass sich diese bei den Erhebungsstufen nicht grundlegend unterschieden. Durch das iterative Verfahren würden mögliche Ungenauigkeiten bei der Bestandsmietenerhebung vollkommen relativiert. Bei der Konzepterstellung über die verschiedenen Erhebungsstufen seien grundsätzlich auch verschiedene Vermietertypen bei den Bestandsmieten berücksichtigt. Es sei aber nicht möglich, das genaue Verhältnis der Vermietertypen im Erhebungsdatensatz zu ermitteln. Auch zu den SGB-II-Daten sei nicht bekannt, welchen Vermietertypen die einzelnen Datensätze zuzuordnen seien. Da die Informationen zum Vermietertyp nicht zu allen Datensätzen vorlägen, könne keine Gewichtung erfolgen; entsprechend sei es auch nicht möglich, eine nachträgliche Gewichtung vorzunehmen. Aus Sicht von Analyse & Konzepte sei dies unbedenklich, da mittels des iterativen Verfahrens auf Grundlage der vorliegenden Werte eine Ableitung von Richtwerten möglich gewesen sei, die eine ausreichende Versorgung mit Wohnraum auch bezogen auf die Angebotsmieten ermögliche.
Die Klägerin rügt im Wesentlichen (noch), dass weder aus den – aus ihrer Sicht widersprüchlichen bzw. in den Ortsteilbezeichnungen z.T. fehlerhaften – Rohdaten noch aus den weiteren Stellungnahmen feststellbar sei, ob eine Beschränkung auf bestimmte Stadtteile erfolgt sei und ob große Vermieter oder private Vermieter dominierten oder nicht berücksichtigt würden. Der große Vermieter L (gemeint I), der nach seinen Angaben ca. 2.000 Wohnungen in Iserlohn und ca. 500 in Hemer besitze, sei bei der Ermittlung nicht berücksichtigt worden. Der bloße Verweis auf das iterative Verfahren sei nicht ausreichend.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01.12.2016 zu ändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 19.02.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.03.2015 und 17.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.08.2015 zu verurteilen, ihr für die Monate Juli und August 2015 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft i.H.v. monatlich 51 € zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Vergleichsraumbildung sei nicht zu beanstanden und genüge den vom BSG aufgestellten Kriterien. Er trägt vor, das nachgebesserte Konzept baue nicht mehr auf einer Unterscheidung nach Wohnungsmarkttypen auf. Es sei der gesamte Wohnungsmarkt den Ermittlungen in den einzelnen Vergleichsräumen zugrunde gelegt worden. Die vorgenommene Mietwerterhebung zeichne sich gerade dadurch aus, Beschränkungen auf einzelne Wohngebiete, Ortsteile oder Stadtbezirke nicht vorgenommen zu haben. Diesen landläufigen, geografischen oder in sonstiger Weise gebräuchlichen Bezeichnungen komme eine rechtliche Qualität jedenfalls für den Märkischen Kreis nicht zu. Darüber hinaus verweist der Beklagte auf die Stellungnahmen von Analyse & Konzepte.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts im Übrigen und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
A) Die zulässige Berufung ist begründet.
I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben der Entscheidung des SG der Bescheid vom 19.02.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.03.2015 und 17.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.08.2015. Letzterer ist nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die Klägerin begehrt lediglich noch höhere Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in den Monaten Juli und August 2015, nachdem sie den Streitgegenstand zulässigerweise im Klageverfahren und in der mündlichen Verhandlung am 01.06.2021 beschränkt hat (vgl. zur Beschränkung des Streitgegenstands Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 04.06.2014, B 14 AS 42/13 R, juris Rn. 12 ff.; Urteil vom 06.08.2014, B 4 AS 55/13 R, juris Rn. 12). Den Widerspruchsbescheid vom 09.09.2015 hat der Beklagte im Termin aufgehoben.
II. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG statthaft und im Übrigen zulässig.
III. Sie ist auch begründet.
Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 19.02.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.03.2015 und 17.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.08.2015 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten. Sie hat für die Monate Juli und August 2015 einen Anspruch auf höhere Leistungen als bisher bewilligt.
1. Die Klägerin erfüllte im streitbefangenen Zeitraum die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (Nr. 1), ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 4), war erwerbsfähig (Nr. 2) und – auch unter Berücksichtigung des Einkommens aus der geringfügigen Beschäftigung – hilfebedürftig (Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II). Leistungsausschlüsse (§ 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, 4a oder 5 SGB II) lagen nicht vor.
2. Sie hatte damit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die u.a. die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfassen. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die tatsächliche Bruttowarmmiete belief sich im streitbefangenen Zeitraum auf insgesamt 427,91 € monatlich und setzte sich zusammen aus der Kaltmiete i.H.v. 243,91 €, den Betriebskosten i.H.v. 128,75 € zuzüglich der Kabelanschlussgebühr i.H.v. 8,25 € sowie Heizkosten i.H.v. 47 €.
Dabei gehört sowohl die Betriebskostenvorauszahlung als auch die Kabelanschlussgebühr in der von der Klägerin geschuldeten Höhe zu den tatsächlichen Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
a) Der Umstand, dass die Betriebskostenvorauszahlung im Hinblick auf die personenabhängigen Nebenkosten auf Grundlage eines Zwei-Personen-Haushalts festgesetzt wurde, obwohl die Klägerin im streitigen Zeitraum die Wohnung allein bewohnte, steht der Berücksichtigung als Bedarf nicht entgegen. Selbst wenn die Festsetzung der Vorauszahlung insoweit fehlerhaft gewesen sein sollte, ist sie als Teil der tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigungsfähig, weil sie auf einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhte und von der Klägerin tatsächlich gezahlt wurde (vgl. zu dieser Voraussetzung BSG, Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 15/11 R, juris Rn. 13 ff.; Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 8/09 R, juris Rn. 16 ff.). Soweit das BSG in der zitierten Rechtsprechung eine Ausnahme für erwägenswert hält, wenn die Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung bekannt ist oder bekannt sein müsste, weil Aufwendungen für die Unterkunft, die auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage beruhten, nicht dauerhaft aus öffentlichen Mitteln bestritten werden können und dürfen, steht in einem solchen Fall dem Grundsicherungsträger, der eine Vereinbarung über Unterkunftskosten für unwirksam hält, das Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zur Verfügung. In diesem Fall darf sich die Kostensenkungsaufforderung ausnahmsweise nicht darauf beschränken, den Leistungsberechtigten lediglich den nach Auffassung des Grundsicherungsträgers angemessenen Mietzins und die Folgen mangelnder Kostensenkung vor Augen zu führen. Vielmehr muss den Leistungsberechtigten der Rechtsstandpunkt des Grundsicherungsträgers und das von diesem befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter in einer Weise verdeutlicht werden, die sie zur Durchsetzung ihrer Rechte gegenüber dem Vermieter in die Lage versetzt. Bis zu den erforderlichen Erläuterungen durch das Informationsschreiben sind Maßnahmen der Kostensenkung für die oder den Leistungsberechtigten regelmäßig subjektiv unmöglich im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, es sei denn, nach den Umständen des konkreten Einzelfalls ist aufgrund des Kenntnisstandes der oder des Leistungsberechtigten eine derartige Information entbehrlich (zu allem BSG, Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 15/11 R, juris Rn. 15 ff.; Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 8/09 R, juris Rn. 21 ff.). Die Klägerin hatte jedoch weder ein diesen Anforderungen genügendes Informationsschreiben des Beklagten erhalten, noch war eine solche Information wegen einer entsprechende Kenntnis der Klägerin entbehrlich. Die Einlassungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung lassen zwar erkennen, dass ihr zumindest die Fehlerhaftigkeit der Nebenkostenvorauszahlung bewusst war, nicht jedoch, dass sie Kenntnis vom erforderlichen Vorgehen zur Durchsetzung ihrer Rechte hatte.
b) Auch der Anteil für den Kabelanschluss i.H.v. monatlich 8,25 € ist als tatsächliche Aufwendung zu berücksichtigen, weil er Teil der mietvertraglich geschuldeten Nebenkosten war und von der Klägerin nicht freiwillig übernommen wurde (zu dieser Voraussetzung BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 48/08 R, juris Rn. 19).
3. Der Beklagte hat durch den Bescheid vom 19.02.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.03.2015 und 17.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.08.2015 zunächst Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 355,50 € bewilligt und hierbei die Kaltmiete mit 171,50 €, die Betriebskostenvorauszahlungen i.H.v. 137 € und die Heizkosten i.H.v. 47 € berücksichtigt. Durch das angenommene Teilanerkenntnis des Beklagten hat dieser die nach dem Korrekturbericht 2019 als angemessen angesehene Bruttokaltmiete übernommen und damit insgesamt Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 359 € (312 € Bruttokaltmiete und 47 € Heizkosten) anerkannt. Die tatsächlichen Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.v. 427,91 € lagen über den von dem Beklagten als angemessen angesehenen und übernommenen Kosten i.H.v. 359 €.
4. Der Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für die Unterkunft stand im streitgegenständlichen Zeitraum nicht entgegen, dass sie den von dem Beklagten für die Bruttokaltmiete für einen Ein-Personen-Haushalt in Iserlohn als angemessen angesehenen Betrag überstieg. Der von dem Beklagten festgesetzte Angemessenheitswert i.H.v. 312 € (für die Bruttokaltmiete) ist nicht zugrunde zu legen, weil er nicht auf einem schlüssigen Konzept beruht.
Bei dem Tatbestandsmerkmal der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Konkretisierung gerichtlich voll überprüfbar ist. Die Prüfung der Angemessenheit des Bedarfs für die Unterkunft und der Angemessenheit des Bedarfs für die Heizung haben grundsätzlich getrennt voneinander zu erfolgen. Zur Bestimmung des anzuerkennenden Bedarfs für die Unterkunft ist von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen. Will das Jobcenter nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkennen, weil es sie für unangemessen hoch hält, muss es grundsätzlich ein Kostensenkungsverfahren durchführen und der leistungsberechtigten Person den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen (BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 14 ff.). Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft wird in zwei Schritten geprüft: Zuerst ist die abstrakte Angemessenheit nach der Bruttokaltmiete (Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten) und dann die konkrete (subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen für die oder den Leistungsberechtigten zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 19 m.w.N.).
a) Vorab ist für die Anwendbarkeit eines Konzepts entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht maßgeblich, ob es förmlich bekanntgemacht worden ist, wie es von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu den Richtlinien für die Pauschalierung nach § 101a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wegen ihrer unmittelbaren Außenwirkung gegenüber Dritten gefordert wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.2004, 5 CN 1/03, juris Rn. 31 ff.). Denn dem vom Beklagten zugrunde gelegten Konzept kommt als Verwaltungsvorschrift allein Innenrechtsqualität im Hinblick auf die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der angemessenen Unterkunftskosten zu. Das Konzept legt nicht allgemeinverbindlich den endgültigen Anspruch des Leistungsberechtigten auf Leistungen für die Unterkunft fest. Vielmehr ist zunächst dessen tatsächliche Miete maßgeblich. Unabhängig von den abstrakt angemessenen Kosten ist in jedem Einzelfall auch die konkrete Angemessenheit zu prüfen, woraus sich ein abweichender Leistungsanspruch ergeben kann (vgl. Landessozialgericht Bayern [LSG], Urteil vom 28.03.2018, L 11 AS 52/16, juris Rn. 32).
b) Die Bestimmung der abstrakt angemessenen Aufwendungen genügt jedoch nicht den Anforderungen, die an das Verfahren zu ihrer Ermittlung gestellt werden.
Unter Anwendung der sogenannten Produkttheorie hat die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, das sich zusammensetzt aus der Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße (dazu aa)) für die leistungsberechtigten Personen, der Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards (dazu bb)) sowie der Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum (dazu cc)) nach einem schlüssigen Konzept (dazu dd)) und der Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 20 m.w.N.; Urteil vom 17.09.2020, B 4 AS 11/20 R, juris Rn. 17 m.w.N.).
aa) Für die Klägerin, die die von ihr genutzte Unterkunft allein bewohnt, ist eine Wohnfläche von 50 m² abstrakt angemessen (vgl. Ziff. 8.2 Wohnraumnutzungsbestimmungen [WNB], Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12.12.2009, IV.5-619-1665/09, MBl. NRW 2010, 6; zur Anwendbarkeit dieser Werte: BSG, Urteil vom 16.05.2012, B 4 AS 109/11 R, juris Rn. 17 ff.). Von diesem Wert geht auch das Konzept des Beklagten aus.
bb) Für einen angemessenen Wohnungsstandard muss die Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 17.09.2020, B 4 AS 11/20 R, juris Rn. 17; Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R, juris Rn. 24). Wohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden (Substandardwohnungen, d.h. Wohnungen ohne Sammelheizung und innenliegendes Bad), gehören nicht zu dem Wohnungsbestand, der für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (BSG, Urteil vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rn. 21). Dieser Maßgabe entsprechend wurden die von Analyse & Konzepte erhobenen Daten um solche Wohnungen, die den genannten Ausstattungsmerkmalen nicht genügen, bereinigt. In dem Konzept wird der einfache Standard anhand des Nettokaltmietpreises bestimmt. Ein solches Vorgehen ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, denn es geht von der schlüssigen Grundannahme aus, dass sich in der Nettokaltmiete alle Wohnwertmerkmale als mietpreisbestimmende Faktoren spiegeln; die einfache Wohnung wird als die billige Wohnung definiert (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.08.2018, L 19 AS 2334/17, juris Rn. 84; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.03.2021, L 12 AS 809/18, juris Rn. 42; vgl. auch BSG, Urteil vom 22.08.2012, B 14 AS 13/12 R, juris Rn. 20, das als einen der für die Angemessenheit maßgeblichen Faktoren den „im Quadratmeterpreis ausgedrückte[n] Wohnungsstandard“ nennt).
cc) Die im Korrekturbericht 2019 überarbeitete und im Berufungsverfahren im Wege der Nachbesserung weiter begründete Vergleichsraumbildung ist nicht zu beanstanden.
Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass eine Aufteilung des Kreisgebiets in verschiedene Vergleichsräume erstmals im Korrekturbericht 2019 stattgefunden hat und dem ursprünglichen Konzept noch die Bildung von Wohnungsmarkttypen anhand einer sogenannten Clusteranalyse zugrunde lag. Denn soweit die Ermittlung des abstrakten Angemessenheitswerts rechtlich zu beanstanden ist, etwa im Hinblick auf die Festlegung des Vergleichsraums, ist dem Jobcenter Gelegenheit zu geben, diese Beanstandungen durch Stellungnahmen, ggf. nach weiteren eigenen Ermittlungen, auszuräumen (BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 27 f.). Der Korrekturbericht 2019 sowie die ergänzenden Stellungnahmen verfolgen das Ziel, derartige rechtliche Bedenken auszuräumen. Der Beklagte durfte nach den Entscheidungen des BSG vom 30.01.2019 (B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 34 ff; u.a.) zur Unzulässigkeit der sogenannten Clusteranalyse davon ausgehen, dass seine ebenfalls auf einer entsprechenden Analyse beruhende Ursprungsfassung des Konzepts rechtlich zu beanstanden war (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.03.2021, L 12 AS 809/18, juris Rn. 44).
Die Aufteilung der Fläche des Märkischen Kreises in mehrere Vergleichsräume und die konkrete Ausgestaltung des Vergleichsraums I begegnet keinen Bedenken. Dabei ist die Festlegung des Vergleichsraums zwar gerichtlich voll überprüfbar; die gerichtliche Kontrolle ist aber als eine nachvollziehende Kontrolle ausgestaltet, insbesondere ist das Gericht nicht zu einer eigenen Vergleichsraumbildung befugt (BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 26, 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.03.2021, L 12 AS 809/18, juris Rn. 45). Nach der auch für schlüssige Konzepte im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II entsprechend anzuwendenden gesetzgeberischen Vorgabe in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II (dazu BVerfG, Beschluss vom 06.10.2017, 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15, juris Rn. 17) bildet das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters zunächst einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können. Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist, innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt. Er ist ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der auf Grund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Als solche örtlichen Gegebenheiten kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht (BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 22, 23). Bei besonders kleinen Gemeinden, etwa im ländlichen Raum, die über keinen repräsentativen Wohnungsmarkt verfügen, kann es geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsmaßstab zusammenzufassen (BSG, Urteil vom 12.12.2013, B 4 AS 87/12 R, juris Rn. 22 m.w.N.). Der räumliche Vergleichsmaßstab ist aber so zu wählen, dass Hilfesuchende im Regelfall ihr soziales Umfeld beizubehalten vermögen.
Die Festlegung des Vergleichsraums muss sich daher einerseits an dem Ziel orientieren, den Vergleichsraum so klein wie möglich zu halten, um die Aufrechterhaltung des sozialen Umfelds des Leistungsberechtigten zu gewährleisten. Andererseits muss der Vergleichsraum ausreichend groß sein, um zur Herleitung der Angemessenheitsgrenzen die Erhebung einer ausreichenden Anzahl von Bestands-, Neuvertrags- und Angebotsmieten zu gewährleisten. Diese Anforderung ist auch im Konzept des Beklagten bereits durch den Korrekturbericht 2019 aufgestellt worden. Durch die ergänzenden Stellungnahmen und Erläuterungen ist auch (inzwischen) ausreichend nachvollziehbar, aus welchen Gründen welche Bereiche zu verschiedenen Vergleichsräumen zusammengefasst wurden. Im Hinblick auf den hier zu betrachtenden Vergleichsraum I ist plausibel insbesondere für die drei Städte Iserlohn, Hemer und Menden erläutert, welche örtlichen und historischen Gegebenheiten dazu führen, von einem insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich auszugehen. Insofern ist es nicht zu beanstanden, dass die Stadt Iserlohn trotz ihrer Größe mit 92.174 Einwohnern im Jahr 2019 (https://www.maerkischer-kreis.de/der-kreis/portrait/statistik.php) keinen eigenen Vergleichsraum bildet. Eine kleinteiligere Unterteilung eines Landkreises ist auch nach der Rechtsprechung des BSG zwar denkbar, sie darf jedoch nicht die früheren Entscheidungen zu (Groß-)Städten in ihr Gegenteil verkehren, indem aus eher großen eher kleinteilige Vergleichsräume würden (BSG, Urteil vom 05.08.2021, B 4 AS 82/20 R, juris Rn. 24). Die insofern erforderliche eingehende Würdigung verschiedener Faktoren, die dem Jobcenter aufgrund der Methodenvielfalt vorbehalten ist (BSG a.a.O.), ist für das Konzept durch die ergänzenden Erläuterungen (in dem Schriftsatz des Beklagten vom 21.09.2021) vorgenommen worden. Auch die Einbeziehung der Stadt Balve in den Vergleichsraum begegnet keinen Bedenken. Für die Vertretbarkeit dieses Vorgehens spricht vor allem das Argument, dass erst durch die Einbeziehung in den Vergleichsraum für Balve eine ausreichend große Datenbasis zur Verfügung stand. Zudem sind auch Orientierung auf und Anbindung an die Stadt Menden nachvollziehbar dargelegt. Den vorgelegten Daten zu dem jeweiligen Mitpreisniveau (Bestandsmieten und Angebotsmieten) lassen sich auch keine derart deutlichen Unterschiede entnehmen, die der Bildung dieses Vergleichsraumes entgegenstünden (zwischen 4,48 €/m² und 4,76 €/m² bzw. zwischen 5 €/m² und 5,43 €/m²).
dd) Der als angemessen angesetzte Nettokaltmietpreis ist jedoch nicht anhand eines sogenannten schlüssigen Konzepts ermittelt worden.
Bei der Prüfung der Schlüssigkeit eines Konzepts zur Festlegung der angemessenen Unterkunftsbedarfe im grundsicherungsrechtlichen Bereich ist zu berücksichtigen, dass es verschiedene Methoden geben kann, um ein schlüssiges Konzept und den damit unmittelbar zusammenhängenden Vergleichsraum oder ggf. mehrere Vergleichsräume zu bilden, weil weder aus § 22 SGB II noch aus §§ 22a bis 22c SGB II die Anwendung eines bestimmten Verfahrens rechtlich zwingend ableitbar ist. Ob die Ermittlung der abstrakt angemessenen Miete, insbesondere die Festlegung des Vergleichsraums und die Erstellung eines schlüssigen Konzepts im Rahmen der Methodenvielfalt, zutreffend erfolgt ist, ist jedoch gerichtlich voll überprüfbar. Die Nachprüfung beschränkt sich aber im Hinblick auf die mit der Methodenvielfalt verbundene Eigenverantwortung der Verwaltung – wie bei der Vergleichsraumbildung – auf eine nachvollziehende Kontrolle (BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 5 ff., 25 ff.). Bei dem behördlichen Konzept zur Bestimmung angemessener Unterkunftsbedarfe handelt es sich um ein Verwaltungsgutachten, welches den Regeln des Urkundenbeweises unterliegt. Ein solches Gutachten kann – ggf. nach weiterer Erläuterung durch die Ersteller des Konzepts – auch alleinige Entscheidungsgrundlage sein (BSG, Urteil vom 03.09.2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rn. 24).
Das Konzept soll die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist (vgl. hierzu und auch zum Folgenden LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.08.2018, L 19 AS 2334/17, juris Rn. 69; BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 24 ff.; Urteil vom 17.09.2020, B 4 AS 11/20 R, juris Rn. 20). Dies erfordert trotz Methodenvielfalt, dass es gewisse Mindestanforderungen hinsichtlich der Datenerhebung und -auswertung sowie der Folgerichtigkeit erfüllt. So darf die Datenerhebung ausschließlich in dem zuvor festgelegten Vergleichsraum erfolgen, muss sich aber auch über den gesamten Vergleichsraum erstrecken. Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art der Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete, Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße) und der Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel). Der Beobachtungszeitraum ist anzugeben. Die Datenerhebung muss valide und repräsentativ sein. Das Konzept muss eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (z.B. Spannenoberwert oder Kappungsgrenze) enthalten. Anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze sind bei der Datenauswertung einzuhalten. Im Rahmen der gerichtlichen nachvollziehenden Prüfung kann es bereits ausreichen, unter Auswertung der mittlerweile vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und allgemeiner Publikationen zum örtlichen Wohnungsmarkt die gewählte Methode zu identifizieren und ihre fachliche Umsetzung im Allgemeinen – ggf. unter besonderer Würdigung der mit ihr verbundenen Schwächen – zu verifizieren. Dies trägt der Methodenvielfalt und der damit verbundenen Methodenfreiheit der Leistungsträger Rechnung. Einer ins Einzelne gehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen, worunter auch die Repräsentativität und Validität der dem konkreten Konzept zu Grunde gelegten Daten zu fassen sind, bedarf es erst dann, wenn fundierte Einwände erhoben werden, die insbesondere über ein Bestreiten der Stimmigkeit bestimmter Daten hinausgehen müssen (BSG, Urteil vom 17.09.2020, B 4 AS 11/20 R, juris Rn. 22, 24).
Diesen Anforderungen hält das vorliegende Konzept in der Fassung des Korrekturberichtes unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahmen von Analyse & Konzepte nicht Stand. Zwar begegnen die Datenerhebung und die Definition des Beobachtungsgegenstandes im Ergebnis keinen Bedenken (dazu (1), (2) und (3)). Es mangelt jedoch an der erforderlichen Repräsentativität der Datenerhebung (dazu (4)).
(1) Nach den insoweit plausiblen Ausführungen im Konzept war Erhebungsraum für die Datensätze der gesamte Märkische Kreis. Dies wird bestätigt durch den Korrekturbericht, der differenziert nach Haushaltsgröße für alle Vergleichsräume die Anzahl der erhobenen Bestands- bzw. Angebotsmieten darstellt. Anhaltspunkte dafür, dass auch Mietwerte von außerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums liegenden Wohnungen einbezogen worden sind oder sich die Datenerhebung lediglich auf einige Kommunen des Vergleichsraums erstreckt hat, liegen nicht vor.
(2) Das Konzept steht – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht dem Ziel, sozial ausgeglichene Bewohnerstrukturen zu schaffen und zu erhalten, entgegen (vgl. § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 SGB II). Verhindert werden soll eine Segregation, die dadurch entstehen könnte, dass Leistungsberechtigte im Ergebnis auf bestimmte Stadtbezirke verwiesen werden aufgrund einer nur begrenzten Nutzung des Datenbestandes oder einer nur begrenzten Datenerhebung durch das Herausgreifen von „billigen“ Stadtteilen. Im Rahmen der Datenerhebung ist hierzu nur erforderlich, Mieten über den gesamten Vergleichsraum zu erheben und auszuwerten, soweit in allen Stadtteilen Wohnungen, die einen einfachen Wohnstandard aufweisen, vorhanden sind. Unerheblich für die Schlüssigkeit des Konzeptes ist, ob im Ergebnis Wohnungsangebote aus allen Stadtteilen in die Berechnung des Konzeptes eingeflossen sind. Der etwaige Umstand, dass nicht in allen Stadtteilen Wohnungen des einfachen Standards vorhanden sind bzw. zum Zeitpunkt der Erhebungen angeboten werden, stellt die Schlüssigkeit des ermittelten Angemessenheitswerts nicht in Frage (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020, B 4 AS 22/20 R, juris Rn. 37; Urteil vom 03.09.2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rn. 35). Soweit die Klägerin rügt, dass weder aus den – aus ihrer Sicht widersprüchlichen bzw. in den Ortsteilbezeichnungen z.T. fehlerhaften – Rohdaten noch aus den weiteren Stellungnahmen feststellbar sei, ob eine Beschränkung auf bestimmte Stadtteile erfolgt sei, greifen diese Bedenken nach Überzeugung des Senats nicht durch. Bereits aufgrund der großen Menge und der Art der Datenerhebung ist davon auszugehen, dass der Vergleichsraum vollständig abgebildet und eine Konzentration der Erhebungsdaten auf einzelne Wohnquartiere ausgeschlossen wird. Zwar kann auch nach den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen nicht festgestellt werden, in welchen Ortsteilen Bestandsmieten erhoben worden sind, und daher kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Wohnungsangebote bis zur Perzentilgrenze auf – im Extremfall – einen oder zwei Stadtteile beschränken (vgl. dazu LSG Bayern, Urteil vom 28.03.2018, L 11 AS 52/16, juris Rn. 53). Es ist aber weder vorgetragen noch anders ersichtlich, in welcher Hinsicht, also bezogen auf welche Ortsteile, die Gefahr einer Segregation drohen könnte, oder anders formuliert, ob und in welche räumliche Strukturen die jeweiligen Städten untergliedert sind, auf die hier abzustellen wäre, zumal Iserlohn, Hemer und Menden nicht formal in Stadtbezirke oder Ortsteile gegliedert sind (https://de.wikipedia.org/wiki/Iserlohn#Stadtgliederung; https://de.wikipedia.org/wiki/Hemer#Stadtgliederung; https://de.wikipedia.org/wiki/Menden_(Sauerland)#Stadtgliederung). Die Klägerin hat – über einen Hinweis auf das Fehlen der Information über die Lage hinaus – fundierte Einwände nicht erhoben. Fundierte Einwände müssen über ein Bestreiten der Stimmigkeit bestimmter Daten hinausgehen oder auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben zur Datenerhebung, -auswertung und -überprüfung hindeuteten (BSG, Urteil vom 17.09.2020, B 4 AS 22/20 R, juris Rn. 30). Hier spricht vor allem die große Datenmenge gegen die Berücksichtigung nur ausgewählter Stadtteile; Indizien, die für etwas anderes streiten, sind hingegen nicht erkennbar.
(3) Der Gegenstand der Beobachtung wurde nachvollziehbar definiert und die Art und Weise der Datenerhebung festgelegt. Datengrundlage des Konzepts i.d.F. des Korrekturberichts 2019 war eine eigenständige Mietwerterhebung durch Analyse & Konzepte im Jahr 2012/2013. Diese Mietwerterhebung bezieht sich auf Bestands- und Neuvertragsmieten auf der einen sowie Angebotsmieten auf der anderen Seite (vgl. hierzu § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II). Es ist im Rahmen der dem Leistungsträger eingeräumten Freiheit der Methodenwahl nicht zu beanstanden, dass die Erstellung des Konzepts auf Grund einer eigenen Datenerhebung und nicht durch Rückgriff auf die Daten etwaiger Mietspiegel erfolgte. Der Gegenstand der Beobachtung, nämlich der gesamte Wohnungsmarkt, wurde hinreichend genau definiert. Ausgenommen wurden lediglich Substandard-Wohnungen, d.h. solche ohne innenliegendes Bad und ohne Sammelheizung, Wohnungen, die kleiner als 35 Quadratmeter sind sowie bei den Angebotsmieten darüber hinaus Wohnungen des sog. Luxussegments. Die Datenerhebung erfolgte hinsichtlich der Bestands- und Neuvertragsmieten in der Zeit von Dezember 2012 bis Juni 2013 zum Stichtag 01.12.2012. Die Angebotsmieten wurden in den Monaten von September 2012 bis Mai 2013 erhoben.
(4) Die mit der Mietwerterhebung erfasste Datengrundlage ist jedoch nicht repräsentativ, denn sie bildet den Wohnungsmarkt im Vergleichsraum nicht hinreichend ab.
Repräsentativität der Daten bedeutet in Anlehnung an mietrechtliche Grundsätze, dass sie ein realistisches Abbild des Wohnungsmarkts liefern müssen, für den das Konzept gelten soll. Um dies zu gewährleisten, müssen in der Regel eigenständige Primärerhebungen auf der Basis von Zufallsstichproben durchgeführt werden, so dass jede Wohnung die gleiche Chance hat, in der Stichprobe vertreten zu sein, und es muss sichergestellt werden, dass alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen in dieser Stichprobe annähernd im gleichen Verhältnis wie in der Grundgesamtheit enthalten sind (BSG, Urteil vom 03.09.2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rn. 25; vgl. auch BSG, Urteil vom 05.08.2021, B 4 AS 82/20 R, juris Rn. 39 f.).
Zur Erhebung der – nach Größenklassen differenzierten – Bestands- und Neuvertragsmieten wurden für das Konzept zunächst die größeren Vermieter und Wohnungsverwalter (erste Stufe) sowie sodann private Mieterhaushalte (zweite Stufe) angeschrieben und zu näher bestimmten Mietwerten befragt. Anschließend wurden die erhobenen Daten um solche aus dem SGB-II-Datensatz des kommunalen Trägers ergänzt (dritte Stufe). Die Ergebnisse der Erhebung wurden um Doppelungen (sogenannte Dubletten) bereinigt, um eine Mehrfachberücksichtigung einzelner Datensätze zu vermeiden. Die gewonnenen Werte wurden im Rahmen einer Extremwertkappung zudem um „Ausreißer“ bereinigt. Diese Methodik der Erhebung und Auswertung der Daten sind im Korrekturbericht beibehalten, die Erhebungsdaten aus dem ursprünglichen Konzept lediglich neu ausgewertet worden. Laut Korrekturbericht geht Analyse & Konzepte davon aus, dass (damit) eine Gesamtstichprobe vorliegt, die groß genug ist, um die Anforderungen für qualifizierte Mietspiegel zu erfüllen. Es kann offen bleiben, ob dies für die Größe der Stichprobe der Fall ist. Nach der neueren Rechtsprechung des BSG kommt es für die Belastbarkeit der Datengrundlage nicht auf die Größe der Stichprobe an (anders noch BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R, juris Rn. 16: „mindestens zehn Prozent des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes“), sondern darauf, dass sie ein realistisches Abbild des Wohnungsmarkts liefert, für den das Konzept gelten soll (BSG, Urteil vom 03.09.2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rn. 25 f.). Zu den methodischen Anforderungen an eine Mietspiegelerstellung, auf die das Konzept und der Korrekturbericht ausdrücklich Bezug nehmen, gehört es, dass eine Stichprobenauswertung nur dann als repräsentativ bezeichnet werden kann, wenn alle wesentlichen Teilgruppen der Grundgesamtheit, u.a. die Wohnungen der Großvermieter wie der Kleinvermieter, entsprechend ihres Anteils in der Stichprobe enthalten sind (BSG, Urteil vom 03.09.2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rn. 33, mit Verweis auf Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 2. Aufl 2013, Rn. 542).
Nach den vorliegenden Unterlagen und unter Einbeziehung der ergänzenden Stellungnahmen ist die Abbildung aller wesentlichen Teilgruppen der Grundgesamtheit im Hinblick auf die Wohnungen der Großvermieter und der Kleinvermieter entsprechend ihres Anteils in der Stichprobe nicht gewährleistet. Es lässt sich nicht (mehr) feststellen, mit welchem Anteil und in welcher Größenordnung die Mieten „kleiner“ bzw. privater Vermieter berücksichtigt wurden. Lediglich der Mindestanteil von Mieten institutioneller Vermieter (erste Stufe) lässt sich beziffern. Ob es sich bei den in der zweiten und dritten Stufe erhobenen Daten um Mieten institutioneller oder privater Vermieter handelt und wie diese in der jeweiligen Stufe verteilt sind, lässt sich weder dem Konzept, dem Korrekturbericht und den ergänzenden Stellungnahmen entnehmen, noch hat dies der Zeuge R erklären können. In der zuletzt vorgelegten Stellungnahme von Analyse & Konzepte ist ausgeführt worden, dass die Vermietertypen bei der Erhebung unter den Mietern nicht abgefragt worden seien. Es wird zudem eingeräumt, dass, auch wenn davon ausgegangen würde, dass die Mieterdaten und die SGB-II-Daten vor allem Vermietungsverhältnisse von privaten Vermietern repräsentierten, die Erhebungsstruktur nicht der Struktur des Gesamtmarktes bezogen auf die Vermietertypen entspreche. Es sei nicht möglich, das genaue Verhältnis der Vermietertypen im Erhebungsdatensatz zu ermitteln; Informationen zu Vermietertypen lägen nicht zu allen Datensätzen vor. Daraus folgt, dass weder unmittelbar festgestellt noch gefolgert werden kann, dass die in der zweiten und dritten Stufe gewonnen Daten ausschließlich oder überwiegend Mieten privater Vermieter beinhalten. Einer solchen Annahme steht auch der Umstand entgegen, dass in die erste Erhebungsstufe keine Daten der Wohnungsgesellschaft I eingeflossen sind, die Wohnungen insbesondere in Iserlohn vermietet (im Original: Internetadresse). Daher ist nicht auszuschließen, dass Daten dieses institutionellen Vermieters in der zweiten und dritten Stufe erhoben, jedoch dann nicht im Wege der sog. Dublettenprüfung ausgeschlossen wurden.
Eine Abbildung der Mieten privater Vermieter ist nach dem von Analyse & Konzepte gewählten Ansatz jedoch geboten, weil der größere Teil des Mietwohnungsbestandes im Märkischen Kreis und im Vergleichsraum I im Eigentum privater Vermieter (Privatpersonen und Wohnungseigentümergemeinschaften) steht. Aus der Wohnungsmarktbeobachtung (NRW-Bank, Wohnungsmarktbeobachtung, Wohnungsmarktprofile 2016 für die jeweiligen Städte, jeweils S. 10, Datenstand Mai 2011) ergaben sich für die einzelnen Städte des Vergleichsraums I Anteile von 62,6 % (Menden) bis zu 92,1 % (Balve); von vergleichbaren Quoten geht auch Analyse & Konzepte in der im Berufungsverfahren abgegebenen Stellungnahme aus. Vorliegend lässt sich jedoch nicht feststellen, in welchem Verhältnis Klein- und Großvermieter in der Datengrundlage abgebildet sind und daher erst recht nicht, dass es sich dabei nicht um ein Missverhältnis handelt (vgl. dazu LSG Bayern, Urteil vom 28.03.2018, L 11 AL 52/156, juris Rn. 50; siehe auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.12.2021, L 7 AS 1790/20 ZVW, juris Rn. 56).
Der Umstand, dass die Befragungen auf freiwilliger Basis erfolgten und deshalb Mieten privater Vermieter womöglich nicht in ausreichendem Umfang erhoben werden konnten, steht der Schlüssigkeit des Konzeptes, konkret der Repräsentativität, zwar nicht von vornherein entgegen. Es wäre in diesem Fall aber eine Befassung mit diesem Umstand, seiner Auswirkung auf die Datengrundlage und sodann erforderlichenfalls eine Gewichtung methodisch geboten gewesen (zur Frage, ab welcher Antwort-Quote eine Gewichtung [nicht] erforderlich ist: LSG NRW, Urteil vom 09.12.2021, L 7 AS 1790/20 ZVW, juris Rn. 56). Dies ist nicht erfolgt. Da Informationen zum Vermietertyp nicht zu allen Datensätzen vorliegen, kann – dies wird auch durch Analyse & Konzepte ausdrücklich eingeräumt – eine Gewichtung auch nicht mehr nachträglich erfolgen. Zwar mag kein allgemeiner Erfahrungssatz dafür sprechen, dass das Mietniveau zwischen Klein- und Großvermietern weit auseinandergeht (LSG NRW, Urteil vom 09.12.2021, L 7 AS 1790/20 ZVW, juris Rn. 56). Dies gilt jedoch auch für die gegenteilige Annahme. Die zuletzt von dem Beklagten mitgeteilten Daten zur Miethöhe in der jeweiligen Erhebungsstufe (Abb. 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 14.04.2022) belegen vielmehr, dass die Mieten der ersten Erhebungsstufe (ausschließlich institutionelle Vermieter) unter denjenigen der zweiten und dritten Stufe (unklare Zusammensetzung) liegen.
Dieser methodische Mangel des Konzepts kann auch nicht durch Verweis auf bzw. Anwendung des iterativen Verfahrens, mittels dessen auf Grundlage der vorliegenden Werte eine Ableitung von Richtwerten möglich gewesen sei, die eine ausreichende Versorgung mit Wohnraum auch bezogen auf die Angebotsmieten ermögliche, und durch das mögliche Ungenauigkeiten bei der Bestandsmietenerhebung relativiert würden, als behoben bzw. irrelevant angesehen werden (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.01.2022, L 4 AS 585/17, juris Rn. 66, 69, m.w.N.). Mithilfe des iterativen Verfahrens wird nach dem von Analyse & Konzepte gewählten Ansatz ein vorläufig ermittelter Angemessenheitswert korrigiert, um den Wohnungsmarkt durch die Höhe der Transferzahlungen so gering wie möglich zu beeinflussen, Ungleichverteilungen zwischen Haushaltsgrößen und Wohnungsgrößen auszugleichen, Besonderheiten der Anbieterstruktur oder Aspekte der sozialen Segregation zu berücksichtigen und gleichzeitig auch ein ausreichendes Wohnungsangebot für die Leistungsempfänger zu gewährleisten. Im Rahmen des iterativen Verfahrens wird das der maßgeblichen Nachfragergruppe entsprechende Perzentil in Beziehung zu den erfassten Angebots- und Neuvertragsmieten gesetzt und ggf. in Fünferschritten angepasst. Sollten die Anteile der erfassten Wohnungsangebote, die zu der vorläufigen Angemessenheitsgrenze verfügbar sind, in den wesentlichen Gruppen (Ein- und Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaften) zu hoch oder zu niedrig liegen, werden solange erhöhte oder reduzierte Perzentile iterativ (d.h. schrittweise in wiederholten Rechengängen sich der exakten Lösung annähernd) geprüft, bis die Angebotsanteile als ausreichend unter den aktuellen Marktbedingungen bewertet werden können; der so ermittelte Wert wird anschließend nochmals in Beziehung zu den Neuvertragsmieten gesetzt, da – im Vergleich zu den regelmäßig höheren Angebotsmieten – nur diese die reale Wohnmarktsituation abbilden (vgl. zum Ganzen auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.08.2018, L 19 AS 2334/17, juris Rn. 95). Das iterative Verfahren dient demnach anderen Zwecken und setzt nicht bei der (vorliegend nicht den methodischen Vorgaben entsprechenden) Erhebung an, sondern legt die aus der Erhebung gewonnenen Werte zugrunde, um dann Angemessenheitsgrenzen abzuleiten. Mietenerhebung einerseits und Ableitung der Angemessenheitsgrenzen durch iteratives Vorgehen zur Festlegung der Perzentile andererseits sind mithin zwei getrennte bzw. aufeinander aufbauende Schritte in der Konzepterstellung (Datenerhebung, Datenauswertung). Wenn die methodischen Mindestanforderungen an die Datenerhebung (hier: an die Stichprobe) nicht erfüllt sind, kann dies nicht durch eine bestimmte Form der Auswertung geheilt werden. Die Argumentation des Beklagten liefe zugespitzt darauf hinaus, dass unter Außerachtlassung einer Datenerhebung ein Mietpreis frei festgesetzt und dann mittels des iterativen Verfahrens eine ausreichende Versorgung mit Wohnraum begründet werden könnte. Dies entspricht jedoch weder den von der Rechtsprechung formulierten Kriterien für ein schlüssiges Konzept noch der von Analyse & Konzepte gewählten Methode. So hat das BSG in dem Urteil vom 17.09.2020, B 4 AS 11/20 R, juris Rn. 23 ff. klargestellt, dass es nicht erlaubt sei, abstrakte Angemessenheitswerte eines Konzepts zugrunde zu legen, wenn einzelne methodische Voraussetzungen dieses Konzepts ungeprüft blieben. Hieraus folgt für den Senat, dass (ähnlich wie bei der sog. „Schürkes-Liste“ – vgl. dazu BSG a.a.O) auch im vorliegenden Fall ein ohne Einhaltung der methodischen Grundsätze (und damit gerade nicht systematisch) gewonnener Angemessenheitswert auch nicht durch die Anwendung des iterativen Verfahrens nachträglich gerechtfertigt werden kann.
Dem Beklagten ist zu diesem Punkt (vorsorglich) die weitere Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden. Eine hinreichende Nachbesserung ist nicht erfolgt und – wie der Beklagte selbst eingeräumt hat – wegen der fehlenden Daten zu privaten Vermietern auch nicht mehr möglich.
5. Zur Herstellung der Spruchreife legt der Senat in Ermangelung eines qualifizierten Mietspiegels die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft begrenzt durch die Werte nach der Tabelle gemäß § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung plus Sicherheitszuschlag i.H.v. 10 % zugrunde (vgl. zu diesem Vorgehen BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18, juris Rn. 30 m.w.N.). Dies entspricht für Iserlohn einem Betrag i.H.v. 363 €. Zuzüglich Heizkosten hat die Klägerin mithin einen Anspruch auf Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.v. 410 €. Dabei kann dahinstehen, ob die Anrechnung des der Klägerin in den streitgegenständlichen Monaten zugeflossenen Einkommens den maßgeblichen Regelungen des § 11 SGB II i.V.m. § 11a SGB II i.V.m. § 11b SGB II genügt. Denn wegen der geringen Höhe des Einkommens erfolgte entsprechend der Regelung des § 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II, wonach zu berücksichtigendes Einkommen zunächst die Bedarfe nach den §§ 20, 21 und 23 SGB II, darüber hinaus die Bedarfe nach § 22 SGB II deckt, keine Anrechnung auf die vorliegend allein streitbefangenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Weil der Beklagte abweichend vom bestehenden Anspruch der Klägerin für den streitigen Zeitraum Leistungen in geringerer Höhe, nämlich i.H.v. 359 € bewilligt bzw. anerkannt hat, besteht ein weiterer Leistungsanspruch in Höhe des geltend gemachten Betrages von monatlich 51 €.
B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umfang des klägerischen Obsiegens im Klage- und Berufungsverfahren.
C) Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Mit Blick auf die umfangreiche, sämtliche Facetten der Problematik abdeckende Rechtsprechung des BSG zum schlüssigen Konzept hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).