Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.04.2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist das Honorar für das Quartal 1/2012.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) aus zwei Fachärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin, die in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Ab Dezember 2007 wurde in der BAG zusätzlich eine angestellte Ärztin (Dr. R) beschäftigt. Zum Quartal I 2011 wurde ein weiterer Arzt (Dr. J) budgetrelevant angestellt.
Zum 1. Januar 2009 änderte sich die Systematik der vertragsärztlichen Vergütung. Die Kopfpauschalen wurden durch eine morbiditätsbedingte Gesamtvergütung abgelöst, deren Höhe sich nach dem Behandlungsbedarf der Versicherten richtet. Jeder Arzt erhielt seitdem pro Quartal ein sogenanntes Regelleistungsvolumen (RLV) in Euro. Die Beklagte sah zunächst von der Einführung der RLV-Systematik in Bezug auf die Praxen von Fachärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin ab. (Erst) zum 1. Juli 2011 wurde für die Fachgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin das RLV eingeführt. Als Konvergenzmaßnahme wurde bis einschließlich des 2. Quartals 2014 das Vergütungsvolumen dieser Fachärzte zu Lasten des fachärztlichen Versorgungsbereiches auf Basis des Leistungsbedarfs des Vorjahresquartals und mit einem Punktwert von 3,5048 Cent bewertet und um 10 % abgesenkt ermittelt (Anlage B 3 HVM Schritt 3, Nr. 2a). Ab dem 3. Quartal 2014 wurde die Berechnung der RLV-Fallwerte zu 100 % auf die "Regel-"Berechnung zurückgeführt.
Der Bescheid über die Festsetzung des RLV für das Quartal 1/2012 vom 13. Dezember 2011 wies ein RLV und QZV in Höhe von insgesamt 68.120,97 € zu, das sich wie folgt auf die Ärzte der Klägerin verteilte.
Dr. F 22.047,12 €
Dr. M 24.026,73 €
Dr. J 0,00 €
Dr. R 22.047,12 €
Der Bescheid ist nicht bestandskräftig. Das diesbezügliche Widerspruchsverfahren ruht.
Mit Abrechnungsbescheid für das Quartal 1/2012 vom 24. Juli 2012 gewährte die Beklagte der Klägerin ein Honorar in Höhe von 119.121,25 € bei einer Fallzahl von 2.020. Das zugrunde liegende RLV betrug 84.481,96 € bei einem Fallwert von 48,20 €. Die Beklagte berücksichtigte eine Überschreitung des Regelleistungsvolumens um 1.703.019,1 Punkte, die sie zu einem gegenüber dem Orientierungspunktwert von 3,50480 Cent abgestaffelten Punktwert von 0,25405 Cent vergütete. Der Gesamtleistungsbedarf betrug 3.616.432,9 Punkte.
Die Klägerin erhob am 21. August 2012 Widerspruch und vertrat die Auffassung, das RLV erweise sich als unzureichend und die Abstaffelung sei willkürlich. Die Beklagte habe die Heterogenität der Fachgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin, die durch zahlreiche Neuzulassungen verstärkt worden sei, zu berücksichtigen. Die Fachgruppe weise erheblich divergierende Leistungsspektren und stark variierende Patientenzahlen von 30 bis über 1.500 Patienten pro Quartal und Praxis mit den entsprechend weit streuenden Punktzahlanforderungen auf. Eine statistische Durchschnittsberechnung sei innerhalb der Fachgruppe nicht möglich. Die große Zahl an Praxen, die sich bei insgesamt sehr kleiner Fachgruppenzahl in Neugründung befänden, verzerre die Durchschnittsberechnung. Die Beklagte habe auch zu berücksichtigen, dass sie, die Klägerin, überwiegend multimorbide Patienten behandle. Es seien Praxisbesonderheiten und ein Anspruch auf Konvergenzzahlung in Betracht zu ziehen. Auch stelle sich die Frage nach einer Stützung der Fachgruppe. Es sei sachlich nicht begründet, die im unterversorgten Fachbereich erbrachten Leistungen einer völlig überzogenen inadäquaten Abstaffelung von ca. 91 % zu unterziehen. Auch im QZV-Bereich sei mit "brachialer Gewalt" und ohne jedes Maß gekürzt worden. Im Übrigen nahm die Klägerin auf im Wesentlichen inhaltsgleiche Schreiben des Berufsverbandes Bezug.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2012 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Regelungen des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) zum RLV sowie zum QZV als unbegründet zurück.
Am 21. Dezember 2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, dass sie sich im Quartal 2/2005 niedergelassen habe, so dass ihr für die nächsten 20 Quartale bis 2/2010 das volle Wachstum zugestanden habe. Wegen der unzureichenden Vergütung für ihre Arztgruppe habe die Beklagte die Leistungen in den Quartalen 1 bis 3/2009 extrabudgetär mit dem vollen Punktwert von 3,5 Cent vergütet. In den Quartalen 4/2009 bis 2/2011 sei eine Vergütung zu geringeren Punktwerten (2,87-3,24 Cent, über alle Leistungen, "Scheinschnitt von 80 €") erfolgt. Im Quartal 3/2011 seien RLV für die Fachgruppe der Fachärzte für physikalisch-rehabilitative Medizin eingeführt worden (Fallwert 45,30 €). Der Fallwertverlust im Quartal 1/2012 erreiche fast 100 % und bedeute einen Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, da offensichtlich nicht genügend Honorar für den Fallwert der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin mit Einführung des RLV zur Verfügung gestellt werde. Die hohen Abstaffelungen bedeuteten ein Sinken des Scheinschnitts von 80,00 € auf 45,00 €.
Die Fachgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin sei von den RLV auszunehmen. Die Vergütung der Leistungen dieser sehr kleinen Fachgruppe habe nur einen geringen Effekt für die Gesamtvergütung. Fachgruppenbezogene Durchschnittsberechnungen seien statistisch nicht seriös bzw. valide durchführbar. Die im Fachgebiet Tätigen hätten sehr unterschiedliche Schwerpunkte (Neurologie, Bewegungssystem, Innere Medizin). Die Fallzahlen der Praxen schwankten zwischen weniger als 100 Patienten pro Quartal und mehr als 1.600 Patienten pro Quartal. Die Abrechnung der GOP 27322 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) – physikalisch-rehabilitative Diagnostik und Therapie – variiere in den einzelnen Praxen zwischen 0 % und 89 %. Die Leistung sei inhaltlich sehr umfangreich, daher auch hoch bewertet und mit einer Plausibilitätszeit von 45 Minuten belegt. Bereits die Unterscheidung der Praxen in solche, welche die GOP 27332 EBM in relevantem Umfang erbrächten, zu solchen, welche dies nicht täten, führe daher zu wesentlich unterschiedlichen praxisindividuellen Fallwerten und Fallzahlen, was innerhalb der sehr kleinen Fachgruppe erheblich ins Gewicht falle. Es gebe daher keine „Durchschnittspraxen“, sondern nur solche an beiden Enden der Statistik. Der Mittelwert (RLV) vermittele dadurch den falschen Eindruck, dass in seinem Bereich der alleinige Schwerpunkt der Häufigkeitsverteilung liege. Zudem befänden sich viele Kollegen in BAGen oder MVZ-Konstrukten mit unterschiedlichen Fachdisziplinen. Die erheblichen Varianten führten zu extremen Standardabweichungen, bei denen die einzelnen Praxen erheblich vom Mittelwert des RLV abwichen. Leistungen der heterogenen Fachgruppe der Ärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin seien einer Steuerung durch RLV nicht zugänglich. Diese Besonderheiten hätten die Beklagte in der Vergangenheit dazu bewogen, von einer Einführung des RLV abzusehen. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, dies nun zu ändern, zumal für vergleichbare Fachgruppen wie Pathologen, Strahlentherapeuten und Laboratoriumsmediziner nach wie vor kein RLV bestehe.
Zudem seien die Berechnungsgrundlagen des Honorarkontingents der Fachgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin und des RLV-Fallwertes nicht nachvollziehbar. Bei ihrer Simulationsberechnung für das Quartal 3/2011 sei die Beklagte von 37 Ärzten ausgegangen, einer statistisch nicht aussagekräftigen und inzwischen überholten Größe. Der eingetretene Punktwerteverfall sei im Hinblick auf die gebotene Kalkulationssicherheit zu beanstanden. Ihre, der Klägerin, Fachgruppe erziele den mit Abstand geringsten Durchschnittsumsatz aller Fachgruppen. Die Honorarsteigerung bleibe mit 6 % hinter der durchschnittlichen Honorarsteigerung von 9,4 % zurück. Die Beklagte habe Stützungsmaßnahmen ergreifen müssen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 – B 6 KA 30/03 R – und Urteil vom 8. Dezember 2010 – B 6 KA 42/19 R).
Insbesondere habe die Beklagte ihr, der Klägerin, im Quartal 1/2012 eine Konvergenzzahlung gemäß § 6 Abs. 4 HVM zu gewähren. Jedenfalls habe ihre besondere Praxisausrichtung der häufigen Erbringung der GOP 27332 EBM als Praxisbesonderheit gewertet werden müssen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.7.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Ausführungen im streitigen Bescheid Bezug genommen und insbesondere geltend gemacht, nach der Rechtsprechung (Hinweis auf BSG, Beschluss vom 11. März 2009, Az. B 6 KA 31/08 B) bestehe kein Anspruch auf Vergütung jeder einzelnen Leistung in einer bestimmten Höhe. Für die Verletzung des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit sei maßgebend, ob die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem beteiligten Ärzte gefährdet sei bzw. ob kein finanzieller Anreiz für eine vertragsärztliche Tätigkeit mehr bestehe und dadurch die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet sei. Entsprechendes habe die Klägerin nicht dargetan und sei auch nicht erkennbar. Im Übrigen verweise sie auf die Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 11. Dezember 2013 (Az. B 6 KA 4/13 R). Danach habe der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBewA) die gesetzlichen Vorgaben beachtet und der HVM die Beschlüsse des EBewA rechtmäßig umgesetzt.
Anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 11. Januar 2017 hat das SG darauf hingewiesen, dass ein Fallwertzuschlag wegen Praxisbesonderheiten nicht in Betracht kommen dürfte. Es sei aber ein Anspruch auf Konvergenzzahlung zu prüfen, den die Klägerin konkludent mit der Widerspruchsbegründung beantragt habe.
Die Beklagte hat erwidert, eine relevante Honorarverringerung gegenüber dem Bezugsquartal 1/2008 sei nicht zu verzeichnen. Vielmehr habe die Klägerin einen Honorarzuwachs erzielt (34.034,64 €/Arzt im Quartal I/2012). Die Klägerin hat erläutert, dieser beruhe auf der Anstellung eines weiteren Arztes, dessen Budget bei der Vergleichsberechnung unberücksichtigt bleiben müsse. Die Beklagte hat entgegnet, auch unter Außerachtlassung des zusätzlichen Versorgungsauftrags zeige sich eine positive Honorarveränderung. Die Klägerin hat sodann darauf hingewiesen, dass sich das im Quartal 1/2008 erzielte Honorar auf eine Fallzahl von 1.090 bezogen habe, während im Quartal 1/2012 2.036 Fälle zugrunde gelegen hätten. Damit habe sich der Fallwert halbiert. Es bedürfe einer Herausrechnung des zum Quartal 1/2011 erworbenen weiteren Budgets.
Mit Urteil vom 18. April 2018 hat das SG die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 25. Juni 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9.Juli 2018 Berufung eingelegt. Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug und führt ergänzend aus, dass bei einer Halbierung des Fallwertes ab dem Quartal 3/2011 in Praxen wie der ihrigen, welche zuvor die Leistung nach Nr. 27332 EBM sehr häufig abgerechnet und eine geringere Fallzahl bei hohem Fallwert aufgewiesen hätten, zum wirtschaftlichen Überleben nichts anderes übrigblieben sei, als sich umzustellen und mehr Fälle mit geringerem Behandlungsaufwand pro Fall zu behandeln. Hätte sie ihre bisherige Praxisstruktur beibehalten, wäre sie wegen der Halbierung des Fallwertes ab dem Quartal 3/2011 in kürzester Zeit insolvent gewesen. Weiterhin seien die Berechnungsgrundlagen des Honorarkontingents der Fachgruppe und des RLV-Fallwertes nicht nachvollziehbar. Es liege eine fehlerhafte Honorarermittlung vor. Bezüglich der Konvergenzregelung nach § 6 Abs. 4 HVM sei bei der Umsatzbetrachtung unberücksichtigt geblieben, dass diese mit höheren Personalkosten verbunden gewesen sei. Im Übrigen sei auch der Vergleichsumsatz für das Quartal 1/2008 missverständlich. Zwar habe der Gesamtumsatz im Quartal I/2008 92.181,72 € bei einer Fallzahl von 1.090 Fällen betragen. Die von der Beklagten berücksichtigte angestellte Ärztin sei aber erst kurz zuvor eingestellt worden. Sie habe im Quartal 1/2008 daher noch nicht wesentlichen Einfluss auf die Behandlung und damit den Umsatz der Praxis nehmen können. Aussagekräftiger sei es daher, diese Angestellte bei der Vergleichsberechnung außer Betracht zu lassen. In diesem Fall entfalle auf jeden Versorgungsauftrag ein Umsatz von 46.090,86 €. Im Gegensatz zu dem für das Quartal 1/2012 ermittelten Umsatz ergebe sich eine Abweichung von mehr als 25 %. Hieraus resultiere eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung (Hinweis auf BSG, Urteil vom 8. Dezember 2010 – B 6 KA 42/09 R).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.4.2018 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.7.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2012 zu verpflichten, die Höhe des vertragsärztlichen Honorars der Klägerin im Quartal 1/2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe Bezug und führt ergänzend aus, dass angesichts begrenzter Gesamtvergütungen kein Leistungsbereich generell von Steuerungsmaßnahmen ausgeschlossen werden könne. Auch sei anerkannt, dass weitere Zulassungen allein keine Erhöhung des Honorarvolumens für eine Arztgruppe zulasten anderer Arztgruppen rechtfertigten. Zusätzlich habe der HVM im Zeitraum der Quartale 3/2011 bis 4/2013 vorgesehen, dass das Vergütungsvolumen der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin zu Lasten des fachärztlichen Versorgungsbereiches auf Basis des Leistungsbedarfes des Vorjahresquartals bewertet mit dem Punktwert von 3,5048 Cent und abgesenkt um 10 % ermittelt werde. Durch diese Maßnahme der Konvergenz erhalte die Arztgruppe insgesamt die Möglichkeit, sich auf die neuen Abrechnungsmodalitäten einzustellen. Auch könne unter dem Aspekt der Angemessenheit der Vergütung nicht erkannt werden, dass für die Arztgruppe seit Einführung der RLV kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr bestanden habe, vertragsärztlich tätig zu werden. Im Gegenteil, die klägerische Praxis selbst berufe sich auf einen Anstieg der Arztzahl. Die von Klägerseite vorgelegten Auskünfte der Beklagten zur Honorarberechnung hätten sich zeitlich überholt und wiesen nur Modellcharakter auf. Die Zunahme von Arzt- und /oder Fallzahlen einer Arztgruppe rechtfertige zudem nicht, das RLV-/QZV-Verteilungsvolumen der Arztgruppe zulasten anderer Arztgruppen zu erhöhen (unter Hinweis auf BSG, Beschluss vom 22. Juni 2005, Az. B 6 KA 68/04 B). Dies gelte unabhängig davon, ob ein Planungsbereich offen oder gesperrt sei.
Die Beklagte hat nach Aufforderung durch den Senat die für die arzt- und praxisbezogenen RLV/QVZ maßgebenden arztgruppenspezifischen Fallwerte zugrundeliegenden Zahlenwerte mitgeteilt.
Nach vorheriger Anhörung hat der Senat den Beteiligten von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen (Beschluss vom 8. April 2022). Davon hat die Beklagte Gebrauch gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
A. Die Anträge im Berufungsverfahren sind wirksam im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gestellt worden. Soweit die Vertreterin der Beklagten nicht persönlich im Gerichtssaal anwesend gewesen ist, sondern per Video- und Tonübertragung an der Verhandlung teilgenommen hat, war dies gemäß § 110a Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 8. April 2022 zulässig.
B. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 24. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2012, mit dem die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 1/2012 festgestellt hat.
Nicht streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 13. November 2011, mit dem diese der Klägerin - wie von der Beklagten im Verhandlungstermin vor dem Senat klargestellt – zunächst vorläufig das RLV zugewiesen hat. Dieser Bescheid ist ebenso wie andere per Verwaltungsakt geregelte Bemessungsgrundlagen für die Honorarfestsetzung gesondert anfechtbar, jedenfalls so lange - wie hier - ein denselben Zeitraum betreffender Honorarbescheid noch nicht bestandskräftig geworden ist (vgl. BSG, Urteil vom 15. Juli 2020 – B 6 KA 4/20 R –, juris-Rn. 13 m.w.N.).
C. Die am 9. Juli 2018 bei dem LSG Nordrhein-Westfalen eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 25. Juni 2018 zugestellte Urteil des SG Düsseldorf ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 SGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 63 SGG).
D. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klage war abzuweisen, weil diese zulässig (hierzu I.), aber nicht begründet (hierzu II.) ist.
I. Die auf die teilweise Aufhebung der Honorarabrechnungsbescheide und Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Honoraranspruchs gerichtete Klage ist zulässig.
1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und 3 SGG) in Gestalt einer Neubescheidungsklage (§ 131 Abs. 3 SGG) statthaft.
2. Die Klage ist fristgerecht am 21. Dezember 2012 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2012 (§ 85 Abs. 3 SGG) beim SG Düsseldorf erhoben worden (§§ 90, 87 Abs. 1 Satz 1 SGG).
3. Die Klägerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligtenfähig im Sinne des § 70 Nr. 1 SGG (BSG, Urteil vom 7. Februar 2007 - B 6 KA 6/06 R - BSGE 98, 89 – Rn. 11).
II. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Honorarabrechnungsbescheid beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil er nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat die Höhe des vertragsärztlichen Honorars der Klägerin im Quartal 1/2012 beanstandungsfrei festgestellt.
1. Gesetzliche Grundlage der hier anzuwendenden Verteilungsregelungen ist § 87b Abs. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl I 2983). Nach dieser Vorschrift verteilt die KV die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung. Sie wendet dabei den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V hat der Verteilungsmaßstab Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Abs. 3 SGB V oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden.
Mit der Neufassung des § 87b SGB V durch das GKV-VStG ist der Gesetzgeber in wesentlichen Punkten zur Verteilungssystematik aus der Zeit vor Inkrafttreten der Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) zum 1. Januar 2004 zurückgekehrt und hat die bundesgesetzlichen Vorgaben, insbesondere die Implementation von RLV, weitgehend zurückgenommen (BSG Urteil vom 2. August 2017 - B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 11 - Rn. 27). Die KVen dürfen - im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen - seit 2012 die Honorarverteilung wieder weitgehend nach eigenen Präferenzen gestalten, wobei nach § 87b Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu beachten sind (vgl. BSG, Urteil vom 8. August 2018 - B 6 KA 26/17 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 17). Die Beklagte war danach im Quartal 1/2012 zwar nicht mehr verpflichtet, die - weiterhin vorgeschriebene - Leistungsbegrenzung über RLV zu realisieren. Sie war dazu jedoch berechtigt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Oktober 2018 - B 6 KA 28/17 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 18 - Rn. 15 ff.).
2. Für die RLV-relevanten Arztgruppen, zu denen auch die bei der Klägerin tätigen Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin gehörten (Anlage B2 zum HVM 2012), erfolgte die Berechnung der RLV und QZV nach den Vorgaben in § 5 HVM 2012 unter Hinweis auf Teil F des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBewA) vom 27./28. August 2008 in dessen letztgültiger Fassung, soweit im HVM nichts Abweichendes bestimmt war (Teil B Vorbemerkung HVM 2012). Dementsprechend waren die RLV und QZV für das jeweilige Abrechnungsquartal arztbezogen zu ermitteln (Teil B § 5 Abs. 1 Unterabs. 2 HVM 2012) und praxisbezogen zuzuweisen (Teil B § 5 Abs. 3 HVM 2012).
Die Höhe des arztbezogenen RLV ergab sich aus der Multiplikation des quartalsweise gültigen arztgruppenspezifischen RLV-Fallwertes und der RLV-Fallzahl des Arztes aus dem Vorjahresquartal (vgl. Schritt 6, Anlage B3 HVM 2012). Dabei wurde der arztgruppenspezifische Fallwert erst für über 150 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe hinausgehende RLV-Fälle gemindert und zwar um 25 % für RLV-Fälle über 150 % bis 170 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe, um 50 % für RLV-Fälle über 170 % bis 200 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe und um 75 % für RLV-Fälle über 200 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe (vgl. Schritt 6 Nr. 1, Anlage B3 HVM 2012). Die Höhe des praxisbezogenen RLV/QZV ergab sich aus der Addition der RLV je Arzt sowie der entsprechenden Zuschläge für Berufsausübungsgemeinschaften, Medizinische Versorgungszentren und Praxen mit angestellten Ärzten sowie der Addition der QZV einer Arztpraxis (vgl. Schritt 6 Nr. 2, Anlage B3 HVM 2012). Bis einschließlich zum Quartal IV/2013 wurde der RLV-Fallwert der betreffenden Arztgruppe durch Konvergenzmaßnahmen gestützt (vgl. Schritt 3 Nr. 2a, Anlage B3 HVM 2012).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Honorarberechnung nicht gegeben. Denn sie enthält die für die Berechnung des Honorars maßgeblichen Faktoren: die Honoraranforderung, von der die Beklagte ausgegangen ist, das Ergebnis der durchgeführten Honorarbegrenzungsmaßnahmen, die zu Grunde gelegten Punktwerte und die vorgenommenen Abzüge. Substantiierte Einwände bezogen auf das streitbefangene Abrechnungsquartal hat die Klägerin insoweit nicht geltend gemacht.
3. Die Rechtmäßigkeit der Honorarverteilung nach RLV im Bezirk der Beklagten ist höchstrichterlich geklärt. In seinem Urteil vom 11. Dezember 2013 (Az. B 6 KA 4/13 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 5) hat das BSG die bundesrechtlichen Regelungen des (Erweiterten) Bewertungsausschusses zur Bildung der RLV für rechtmäßig erkannt.
4. Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, RLV auch für die Arztgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin einzuführen. Abzustellen ist insoweit nicht auf das nach dem Ablauf der „gesetzlichen“ RLV-Phase liegende Streitquartal, sondern auf das Quartal 3/2011, in dem die Beklagte RLV erstmals für diese Arztgruppe vorgesehen hat.
a) Der EBewA hatte bereits in seiner 7. Sitzung am 27./28. August 2008 mit Wirkung zum 1. September 2008 in Teil F den „Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V“ gefasst und hierbei unter Ziffer 2.1 festgelegt, dass RLV für Ärzte der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur Anwendung kommen. Zu diesen Arztgruppen gehören nach Anlage 1 Ziff. 4 auch die Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin.
b) Bedenken gegen die Bildung des RLV bestehen nicht wegen der Anzahl an betroffenen Fachärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin. Aus Ziff. 1 der Anlage 1 zu Teil F des Beschlusses des EBewA vom 27./28. August 2008 ergibt sich, dass für die dort genannten Arztgruppen RLV gemäß § 87b Abs. 2 und 3 SGB V ermittelt und festgesetzt werden. Nach Ziff. 2 können die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z.B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren. Dies beinhaltet in besonders gelagerten Konstellationen zwar auch die Möglichkeit, für bestimmte Arztgruppen die Festsetzung von RLV zu unterlassen. Insoweit gelten jedoch strenge Maßstäbe, weil der Gesetzgeber für die Jahre 2009 bis 2011 die Steuerung der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen über RLV verbindlich vorgeschrieben und nicht zur Disposition der Partner der Honorarverteilungsverträge gestellt hat (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 25. November 2020 – B 6 KA 31/19 R – SozR 4-2500 § 87b Nr. 28 – Rn. 54 ff.). Bezogen auf die Zahl der in der Arztgruppe tätigen Ärzte musste diese so klein sein, dass sie für die Ermittlung eines aussagekräftigen und realitätsgerechten Fallwertes nicht ausreichte. Konkretisierend hierzu hat das BSG ausgeführt, die in der Rechtsprechung genannten Mindestzahl von Ärzten zwischen 9 und 20, die je nach Homogenität der Arztgruppe vorliegen müsse, damit das Abrechnungsverhalten der Arztgruppe Maßstab für Bewertungen oder Entscheidungen sein könne, zeige an, „wo die Grenze tendenziell verlaufen dürfte“ (BSG, Urteil vom 25. November 2020 – a.a.O. – Rn. 56). Ausgehend davon ist es fernliegend anzunehmen, dass die von der Beklagten mitgeteilten Arztzahlen von 36 bis 38 Ärzten für die Ermittlung eines aussagekräftigen und realitätsgerechten Fallwertes zu klein sein könnten.
Eine weitere Ausnahme war nicht aufgrund eines etwaigen – von der Klägerin behaupteten – inhomogenen Abrechnungsverhaltens innerhalb der Arztgruppe anzunehmen. Das BSG hat in der genannten Entscheidung diesem Kriterium lediglich zusätzlich zu der geringen Größe der Arztgruppe Relevanz beigemessen (Urteil vom 25. November 2020 – a.a.O. – Rn. 57). Ist die Arztgruppe hingegen – wie hier – ausreichend groß, so liegt es im Normsetzungsermessen der Beklagten, individuellen Besonderheiten der einzelnen Arztpraxis im Rahmen von Ausnahmeregelungen (wie in § 6 HVM enthalten) Rechnung zu tragen. Es ist daher nicht erforderlich, weitere Ermittlungen anzustoßen, die der Frage nachgehen, in welcher Bandbreite die rund 36 Ärzte der hier streitigen Arztgruppe im Bezugszeitraum abgerechnet haben.
c) Soweit die Ärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin nicht in die Bedarfsplanung einbezogen sind, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Die Regelungen für die Bedarfsplanung einerseits und die Leistungsmengensteuerung andererseits folgen unterschiedlichen Regimen.
d) Die hiernach einmal begonnene Leistungsmengensteuerung über RLV konnte auch nach Aufhebung der Regelungen über das RLV in § 87b SGB V aF durch das GKV-VStG ab dem 1. Januar 2012 aufgrund der Gestaltungsfreiheit der Beklagten nach § 87b Abs. 1 SGB V fortgeführt werden (vgl. BSG, Urteil vom 2. August 2017 – B 6 KA 16/16 R – SozR 4-2500 § 87b Nr. 11 - Rn. 38).
5. Gegen die Rechtmäßigkeit der Ermittlung des RLV-Fallwertes bestehen im vorliegenden Fall gleichfalls keine durchgreifenden Bedenken.
a) Nach den Vorgaben des EBewA, denen auch der HVM der Beklagten folgt, wird das zur Berechnung des Fallwertes durch die Anzahl der RLV-relevanten Behandlungsfälle zu teilende Vergütungsvolumen der Arztgruppe gemäß Anlage 2 zu Teil F des Beschlusses vom 27./28. August 2008 – vereinfacht dargestellt – wie folgt berechnet: Der Leistungsbedarf der Arztgruppe wird – bezogen auf das Vorjahresquartal - durch den Leistungsbedarf des (fachärztlichen) Versorgungsbereichs geteilt und mit dem Vergütungsvolumen des Versorgungsbereichs multipliziert. Die Beklagte hat die Berechnung auf der Übersicht Bl. 279 Gerichtsakten (GA) im Einzelnen dargestellt. Die dortigen Werte, nicht diejenigen einer vorherigen Simulationsberechnung, sind für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides maßgebend. Gegen diese Werte hat die Klägerin keine durchgreifenden Einwände erhoben. Von Amts wegen sind Bedenken gleichfalls nicht erkennbar.
b) Den Vorgaben ihrer Anlage B3 Schritt 3 Ziff. 2 Buchst. a) HVM folgend hat die Beklagte allerdings abweichend von der dargestellten regelhaften Berechnung im Rahmen der Konvergenzphase den Leistungsbedarf der Arztgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin des Vorjahresquartals mit dem Orientierungspunktwert von 3,5048 ct bewertet und um 10 % abgesenkt. Das zur Ermittlung des Fallwertes der Arztgruppe zur Verfügung stehende Vergütungsvolumen wurde damit so gestaltet, dass grundsätzlich 90 % des Leistungsbedarfs zum Orientierungspunktwert vergütet werden konnte. Damit hat die Beklagte bereits eine erhebliche Stützung des Vergütungsvolumens der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin vorgenommen.
c) In einem nächsten Schritt ist zur Ermittlung des Fallwertes das Vergütungsvolumen für RLV-Leistungen durch die Anzahl der RLV-relevanten Behandlungsfälle zu teilen. Die Beklagte hat insoweit mitgeteilt, dass sie von 23.828 RLV-relevanten Behandlungsfällen ausgegangen ist. Von Amts wegen bestehen hinsichtlich der Richtigkeit dieser Zahl keine Bedenken. Die Klägerin hat auch insoweit keine substantiierten Einwände erhoben. Der von der Beklagten zugrunde gelegte Fallwert von 48,20 € ist damit zutreffend ermittelt worden.
6. Die Beklagte hat bei der Ausgestaltung ihres HVM nicht ihre Beobachtungs- und Reaktionspflicht verletzt, die darin besteht, dass sie zu regelmäßiger Überprüfung der Honorar- und Punktwertentwicklung verpflichtet ist und im Falle eines gravierenden Punktwertabfalls in bestimmten Bereichen u.U. unterstützend eingreifen muss (grundlegend: BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 6 RKa 3/96 - SozR 3-2500 § 87 Nr. 15; zur Beobachtungspflicht bei Anfangs- und Erprobungsregeln: BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 6 KA 55/97 R – SozR 3-2500 § 85 Nr. 26).
a) Voraussetzung dafür ist nach der zitierten Rechtsprechung, dass ein dauerhafter Abfall des Punktwertes (nicht: Fallwertes) vorliegt und die Arztgruppe in einem vom Umsatz her wesentlichen Leistungsbereich betroffen ist, dass die zum Punktwertverfall führende Mengenausweitung nicht von der betroffenen Arztgruppe mitzuverantworten ist sowie dass der Honorarrückgang nicht durch Rationalisierungseffekte auf Grund von Mengensteigerungen und/oder beim Kostenfaktor kompensiert wird. Ein gravierender Punktverfall ist erst dann gegeben, wenn der Punktwert für die aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen mindestens 15 % unter demjenigen für den größten Teil der sonstigen Leistungen liegt (BSG a.a.O.).
b) Die Anwendung dieser Grundsätze begründet für die Klägerin keinen Anspruch auf höheres Honorar. Ein Punktwertverfall in dem dargestellten Umfang war bereits durch die von der Beklagten in der Konvergenzphase vorgenommenen Stützungsmaßnahmen ausgeschlossen. Es kommt hinzu, dass ausgehend von den von der Beklagten mitgeteilten und nicht bestrittenen Werten die Angehörigen der Arztgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin in den Jahren 2010 bis 2012 keinen nennenswerten Honorarverlust erlitten haben. So betrug der durchschnittliche Jahresumsatz im Jahr 2010 4.830.958,90 €, bei 37,00 Ärzten durchschnittlich also 130.566,00 €, im Jahr 2012 5.934.987,47 €, bei 41,56 Ärzten mithin durchschnittlich 142.805,00 €. Letztlich ist zu berücksichtigen, dass für die Arztgruppe der Klägerin erst seit dem Quartal 3/2011 RLV ermittelt wurden. Die hierzu geschaffenen Regelungen durfte die Beklagte jedenfalls für die Dauer eines Jahres beobachten, bevor sie – eventuell – reagieren musste. Jedenfalls für das Streitquartal kann ihr daher auch aus diesem Grund eine Verletzung ihrer Beobachtungs- und Reaktionspflicht nicht vorgeworfen werden.
7. Der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG) und das Gebot der Angemessenheit der Vergütung (§ 72 Abs. 2 SGB V) sind nicht verletzt.
a) Es ist bereits im Ansatz nicht erkennbar, dass die Vergütung der Arztgruppe der Klägerin in signifikanter Weise hinter den Einkünften anderer Arztgruppen zurückgeblieben ist. Wie die Beklagte unwidersprochen mitgeteilt hat, lag die durchschnittliche Vergütung dieser Arztgruppe im Jahr 2012 bei 142.805 €. Ausweislich des Honorarberichts der KBV für das 4. Quartal 2012 (S. 70 ff.; www.kbv.de) lagen die durchschnittlichen Honorarumsätze verschiedener Arztgruppen in Nordrhein deutlich niedriger, nämlich etwa diejenigen der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte bei 135.663 €, diejenigen der Neurologen bei 126.837 € und diejenigen der Abrechnungsgruppe Psychiatrie bei 124.904 €.
b) Ein abweichender Zuschnitt der Honoraranteile war mit Blick auf die Honorarverteilungsgerechtigkeit auch nicht aufgrund des Umstandes geboten, dass die Arztzahl in der Fachgruppe der Klägerin beständig anstieg. Denn nur festgestellte Veränderungen in der Struktur der Leistungsinanspruchnahme durch die Versicherten – d.h. im medizinischen Bedarf – kann eine Veränderung des Zuschnitts der jeweiligen Honoraranteile bewirken, nicht aber eine bloße Erhöhung der Zahl der jeweiligen Leistungserbringer im Versorgungsbereich (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2007 – B 6 KA 36/06 R – SozR 4-2500 § 85 Nr. 39 – Rn. 27).
c) Auch der Grundsatz der Angemessenheit der Vergütung ist nicht verletzt. Nach der Rechtsprechung des BSG kommt ein subjektives Recht auf ein höheres Honorar aus § 72 Abs. 2 SGB V i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG erst dann in Betracht, wenn in einem fachlichen und/oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und deshalb in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist. Bei der Beurteilung, ob eine gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoßende flächendeckend unzureichende Vergütung vertragsärztlicher Leistungen einer bestimmten Arztgruppe vorliegt, sind neben den Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit auch die Einnahmen aus privatärztlicher sowie sonstiger Tätigkeit zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 8. Dezember 2010 - B 6 KA 42/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 61 m.w.N.). Dass eine solche Situation im Bereich der Beklagten für die Gruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin in dem hier maßgeblichen Zeitraum eingetreten sein könnte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die betreffende Arztzahl in den Jahren 2012 ff. gestiegen ist (von durchschnittlich 41,56 Ärzten auf 54,00 in 2020; vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 11.12.2020). Anhaltspunkte für eine fehlende Attraktivität einer Tätigkeit in der Arztgruppe der Klägerin sind daher nicht ersichtlich.
8. Entgegen der Ansicht der Klägerin steht ihr weder ein Anspruch auf Zuschläge auf den durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe bzw. auf das RLV i.S.v. § 6 Abs. 3 HVM 2012 zu <a)> noch ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen bei überproportionalen Honorarverlusten nach § 6 Abs. 4a HVM 2012 <b)>.
a) Nach § 6 Abs. 3 HVM 2012 galt:
Praxisbesonderheiten
Auf Antrag des Arztes/der Praxis und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein können Zuschläge auf den durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe bzw. auf das RLV gewährt werden, wenn Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, zu einer Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% oder bei einzelnen Leistungen zu einer Überschreitung von regelmäßig 200% des Fachgruppendurchschnitts geführt haben. Bei der Bemessung der Zuschläge ist die Verrechnung mit Unterschreitungen des durchschnittlichen Fallwertes einer Arztgruppe bei anderen Ärzten derselben Praxis bzw. bei anderen Leistungen möglich. Die Vertragspartner vereinbaren, dass der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein beurteilt, ob eine Praxisbesonderheit in diesem Sinne vorliegt und welche Überschreitungen daraus resultieren. Er hat dabei einen Beurteilungsspielraum und entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, in welcher Weise der Zuschlag gewährt wird. Das Ergebnis der Beurteilung wird durch Verwaltungsakt der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein festgestellt.
Ein Anspruch scheitert hiernach bereits aus formellen Gründen, weil es an einem Antrag der Klägerin mangelt. Sollte man einen solchen – wie wohl die erste Instanz angenommen hat – als konkludent gestellt annehmen wollen, wäre er bislang nicht beschieden worden. Im Übrigen wäre er auch unbegründet, weil es an einer Praxisbesonderheit im o.g. Sinne mangelt. Zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit genügt es nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV/QZV muss vielmehr darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, weil fachgruppentypische Leistungen keine abweichende Praxisausrichtung belegen können (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 20/10 R – juris-Rn. 17). Hier sind keine Anhaltspunkte für eine Praxisbesonderheit gegeben. Soweit die Klägerin auf den überproportionalen Ansatz der Leistung nach GOP 27332 EBM verweist, kann dies keine Praxisbesonderheit belegen, da es sich nach deren Stellung im EBM (EBM Abschnitt 27 „Gebührenordnungspositionen der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin“) um eine arztgruppenspezifische Leistung handelt.
b) Auch ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen bei überproportionalen Honorarverlusten nach § 6 Abs. 4a HVM 2012 ist nicht gegeben. § 6 Abs. 4a HVM 2012 sah vor:
Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten
a) Verringert sich das Honorar einer Arztpraxis um mehr als 10% gegenüber dem entsprechenden Quartal 2008, werden zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen Ausgleichszahlungen an die Arztpraxis geleistet. Die Veränderung muss ihren Grund in der Umstellung der mengensteuernden Vergütungssystematik auf die neue Systematik ab dem 01.01.2009 haben.
Die Anwendung der Beschränkung der Umsatzverluste je Fall der einzelnen Arztpraxen setzt im einzelnen voraus, dass
- der GKV-Gesamtumsatz ohne Allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.2 EBM und ohne Sachkosten für Blutreinigungsverfahren (Dialyse/Apheresen) im Abrechnungsquartal um mehr als 10% unter dem Gesamtumsatz des entsprechenden Quartals des Jahres 2008 liegt und
- der Fallwert gesamt der jeweiligen Praxis (Gesamtumsatz geteilt durch gesamte Fallzahl) im Abrechnungsquartal um mehr als 10% unter dem entsprechenden Fallwert des entsprechenden Quartals 2008 liegt.
Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird zur Beschränkung der Umsatzverluste je Fall der Fallwert gesamt der jeweiligen Praxis im entsprechenden Quartal 2008 abgesenkt um 10% und mit der niedrigeren Gesamtfallzahl der Praxis der beiden betrachteten Quartale multipliziert. Die sich ergebende Differenz zum GKV – Gesamtumsatz im Abrechnungsquartal wird zur Beschränkung der Umsatzverluste je Fall an die einzelne Arztpraxis ausgezahlt. Etwaige Honorarkürzungen gemäß § 95d SGB V erfolgen arztbezogen auf das Honorar, welches sich nach Gewährung der Ausgleichszahlung ergibt.
Die vorstehenden Regelungen gelten nicht für die Leistungserbringer nach § 8 Abs. 1 und nicht für die Arztgruppen, für die kein RLV ermittelt und festgesetzt wird.
Auch dieser Anspruch setzt eine Antragstellung voraus (so Senat, Urteil vom 22. Juli 2015 – L 11 KA 48/15 - juris), an der es vorliegend fehlt. Einem Anspruch dürfte zudem entgegenstehen, dass ein Honorarverlust für die Klägerin nicht zu verzeichnen ist (92.181,72 € im Quartal 1/2008, 119.121,25 € im Quartal 1/2012). Unerheblich ist, wie sich die Arztpraxis intern umstrukturiert hat und ob weitere Ärzte angestellt worden sind, um das Honorar zu halten. Denn § 6 Abs. 4a HVM 2012 spricht ausdrücklich vom Umsatz der Arztpraxis und nicht des einzelnen Vertragsarztes. Dies ist auch sachgerecht, da es dem Verantwortungsbereich der Vertragsärzte zufällt, den Betrieb der Praxis wirtschaftlich zu gestalten. Nur wenn dies – auch nach personellen Umstrukturierungen - nicht möglich sein sollte, kann erwogen werden, eine Ausgleichszahlung i.S.v. § 6 Abs. 4a HVM 2012 in Betracht zu ziehen.
E. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.Vm. §§ 154 Abs. 2 VwGO). Vor dem Hintergrund, dass das Rubrum im Berufungsverfahren von Amts abgeändert wurde (Berufsausübungsgemeinschaft anstelle der erstinstanzlich namentlich aufgeführten Ärzte) ist im Interesse der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft zugleich der Kostentenor in Bezug auf das erstinstanzliche Verfahren klargestellt worden.
F. Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG zur Zulassung der Revision sind nicht gegeben.