Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.08.2022 geändert.
Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt R aus J beigeordnet.
Gründe:
I.
Mit Bescheid vom 12.10.2021 in der Fassung der Bescheide vom 27.10.2021 und vom 27.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.10.2021 bis 30.09.2022. Bei der Bedarfsermittlung berücksichtigte er u.a. einen Regelbedarf des Klägers i.H.v. 446,00 € monatlich bzw. ab dem 01.01.2022 i.H.v. 449,00 € monatlich.
Am 07.01.2022 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage erhoben mit dem Begehren,
den Bescheid vom 12.10.2021 in der Fassung der Bescheide vom 27.10.2021 und 27.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger höhere Leistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Er hat vorgetragen, dass die Regelbedarfe für 2021 und 2022 evident unzureichend seien. Weiterhin seien die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht korrekt.
Der Kläger hat Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Änderungsbescheid vom 16.02.2022 erhöhte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für November 2021 wegen einer Betriebskostennachzahlung um 28,89 €.
Mit Änderungsbescheid vom 06.04.2022 hat der Beklagte dem Kläger höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung geänderter Bedarfe nach § 22 Abs. 1 SGB II für die Zeit vom 01.10.2021 bis 30.09.2022 bewilligt
Mit Beschluss vom 25.07.2022 hat das Sozialgericht Dortmund den Rechtsstreit getrennt, soweit es um Kosten der Unterkunft und Heizung geht. Der Rechtsstreit betreffend die Kosten der Unterkunft und Heizung werde unter einem noch bekanntzugebenden Aktenzeichen weitergeführt. Zur Begründung führte es aus, dass die Trennung zweckmäßig sei, weil es sich um verschiedene Streitgegenstände handle.
Mit Beschluss vom 12.08.2022 hat das Sozialgericht Dortmund den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Bemessung der Regelsätze für 2021 und 2022 entspreche verfassungsrechtlichen Vorgaben. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt.
II.
A. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Statthaftigkeit der Beschwerde richtet sich nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 b) SGG. Hiernach ist die gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gerichtete Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Dies ist hier nicht der Fall. Nach § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Den Streitgegenstand des Klageverfahrens bildet nach dem Trennungsbeschluss vom 25.07.2022 die durch Bescheid vom 12.10.2021 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27.10.2021 und 27.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2021 verfügte Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II mit Ausnahme des Bedarfes nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II an den Kläger für die Zeit vom 01.10.2021 bis 30.09.2022. Der Kläger begehrt höheren Regelbedarf im Bewilligungszeitraum, ohne diesen zu beziffern. Bei einem unbezifferten Antrag hat das Beschwerdegericht den Beschwerdewert zu ermitteln. Dabei ist eine überschlägige Berechnung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens ausreichend (vgl. BSG, Beschluss vom 13.06.2013 – B 13 R 437/12 B und Urteil vom 14.08.2008 – B 5 R 39/07 R; siehe auch BSG, Beschluss vom 24.02.2011 – B 14 AS 143/10 B). Da sich Bevollmächtigte des Klägers nach Kenntnis des Senats aus vorangegangen Verfahren in der Regel auf die alternative Ermittlung der Regelbedarfe durch den paritätischen Gesamtverband stützt, legt der Senat das Begehren des Klägers als auf Gewährung eines Regelbedarfs i.H.v. mindestens 644,00 € monatlich für die Zeit vom 01.10.2021 bis 31.12.2021 bzw. i.H.v. 649,00 € ab dem 01.01.2022 (Regelbedarfsermittlung 2022: Fortschreibung der Paritätischen Regelbedarfsforderung, hrsg. https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/hartz-iv-regelsatz-um-mehr-als-50-prozent-zu-niedrig-paritaetischer-fordert-anhebung-der-grundsicherung) gerichtet aus. Damit übersteigt die Beschwer des Klägers den Betrag von 750,00 €.
Deshalb kann dahinstehen, ob die vom Sozialgericht beschlossene Abtrennung des Verfahrens betreffend die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 202 S. 1 SGG i.V.m. § 145 Abs. 1 ZPO verfahrensfehlerhaft ist (vgl. hierzu Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, § 113 Rn. 5; Leitherer in: Meyer-Ladewig, § 144 a.a.O. Rn. 18a; BSG, Beschluss vom 15.07.2020 – B 12 KR 3/20 BH m.w.N.). Die Trennung ist in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt. Maßstab für die Entscheidung ist im Wesentlichen, eine Ordnung des Prozessstoffes im Interesse, eine bessere Übersichtlichkeit zu ermöglichen (BVerfG, Beschluss vom 10.07.1996 - 2 BvR 65/95 u.a.; BSG, Urteil vom 28.08.2013 – B 6 KA 41/12 R). Ein Ermessenfehler liegt vor, wenn ein sachlicher Grund für die Trennung nicht ersichtlich ist und sie dem Beteiligten nur Nachteile – Erhöhung der Kostenlast, Verlust der Rechtsmittelfähigkeit – bringt. Eine Trennung von Streitgegenständen ist zu begründen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 03.05.2016 – L 5 KR 190/15 B; Guttenberger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 113 SGG (Stand: 15.06.2022), Rn. 31). Allein das Abstellen darauf, dass es sich um verschiedene Streitgegenstände – Regelbedarf und Kosten für Unterkunft und Heizung – handelt, genügt für die Begründung der Ermessensentscheidung nicht. Denn Voraussetzung für eine Abtrennung einzelner Streitgegenstände nach § 202 S. 1 SGG i.V.m. § 145 Abs. 1 ZPO ist, dass eine subjektive oder objektive Klagehäufung vorliegt (Guttenberger, a.a.O.; Keller, a.a.O. m.w.N.). Im Fall der Klage auf höhere Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für einen bestimmten Zeitraum liegt keine objektive Klagehäufung i.S.v. § 56 SGG betreffend die Berechnungselemente vor. Eine objektive Klagehäufung ist nur bei einer Mehrheit von prozessualen Ansprüchen und somit voneinander unabhängiger Streitgegenstände gegeben. Ausgangspunkt ist dabei der Begriff des Streitgegenstandes nach § 95 SGG, also regelmäßig das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Lebenssachverhaltes an das Gericht gerichtete Begehren. Voraussetzung einer objektiven Klagehäufung ist es daher, dass die geltend gemachten Ansprüche sich hinsichtlich des aus den Anträgen ersichtlichen Begehrens und/oder in Bezug auf den zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt unterscheiden (vgl. Adams in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 56 SGG (Stand: 15.06.2022), Rn. 15; Keller a.a.O. § 56 Rn. 3, 4 ). Die objektive Klagehäufung setzt zumindest voraus, dass entweder verschiedene Anträge gestellt werden oder ein Antrag auf verschiedene Lebenssachverhalte gestützt wird (Bieresborn in: BeckOGK, Stand 01.08.2022, SGG § 56 Rn. 7). Soweit in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass ein Kläger sein Begehren auf Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen in Form eines höheren Bedarfs nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II beschränken kann (vgl. BSG, Urteil vom 30.06.2021 – B 4 AS 76/20 R m.w.N), sind bei einem Streit um höhere Grundsicherungsleistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen, handelt es sich also um einen und nicht mehrere Streitgestände i.S.v. § 95 SGG. Bei dem Bedarf nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II handelt es sich um eine Anspruchsvoraussetzung betreffend den Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II, die in einem Bewilligungsbescheid bestimmt wird. Wenn einem Bescheid betreffend die Bewilligung von Leistungen der Leistungsanspruch in mehreren abtrennbaren Verfügung geregelt ist, unterliegt es der Dispositionsmaxime des Klägers im Einzelfall sein Begehren auf die Überprüfung einer einzelnen Verfügung zu beschränken (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R).
Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht erhoben worden.
B. Die Beschwerde ist begründet.
Nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit – neben weiteren Voraussetzungen – die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist. Prozesskostenhilfe darf verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347). Das Gericht muss den Rechtsstandpunkt des antragstellenden Beteiligten auf Grund seiner Sachdarstellung, der vorhandenen Unterlagen und unter Berücksichtigung des gegnerischen Vorbringens für zumindest vertretbar halten und – soweit nötig – in tatsächlicher Hinsicht zumindest von der Möglichkeit einer Beweisführung überzeugt sein.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, die dem Beteiligten, die die Kosten hierfür nicht selbst aufbringen können, eine Rechtsverfolgung sowie bemittelte Personen zugänglich machen sollen, hat das Sozialgericht eine hinreichende Erfolgsaussicht zu Unrecht verneint.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist in der Regel der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10 m.w.N. und vom 16.04.2019 – 1 BvR 2111/17). Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfegesuchs liegt vor, wenn der Antragsteller einen bewilligungsreifen Antrag vorgelegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10 m.w.N.) und der Gegner nach §§ 73 Absatz ein S. 1 SGG, 118 Abs. 1 S. 1 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat. Vorliegend ist der Prozesskostenhilfeantrag mit Eingang der Klageerwiderung am 24.02.2022 entscheidungsreif gewesen. Denn zu diesem Zeitpunkt haben eine Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und eine Darstellung des Streitverhältnisses vorgelegen – Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe für 2021 und 2022 , Berücksichtigung eines zu niedrigen Bedarfs nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II (zu geringe Betriebskosten, Anhebung der Grundmiete, zu niedriger Zündstrom).
Zu diesem Zeitpunkt - vor Erlass des Trennungsbeschlusses vom 25.07.2022 - hat nach summarischer Prüfung der Sach-um Rechtslage die Klage hinreichende Erfolgsaussicht geboten, da der Beklagte mit dem nach § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Änderungsbescheid vom 06.04.2022 dem Kläger höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.10.2021 bis 30.09.2022 bewilligt hat.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§§ 73 Absatz ein S. 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundesozialgericht anfechtbar, § 177 SGG.