L 4 KR 230/22 B ER

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Hannover (NSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 305/22 ER
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 4 KR 230/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 9. Mai 2022 aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller unter der Voraussetzung einer vertragsärztlichen Verordnung mit dem Medikament Biomo-Lipon 600 zu versorgen bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsache-Verfahren S 10 KR 326/22 vor dem Sozialgericht Hannover.

Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers beider Instanzen zu erstatten.

Dem Antragsteller wird Prozesskotenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt G., bewilligt. Ratenzahlung wird nicht angeordnet.

 

Gründe:
I.

Der Antragsteller begehrt – zum zweiten Mal im Wege Einstweiligen Rechtsschutzes - die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Versorgung seiner Person mit dem apothekenpflichtigen, nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel Biomo-Lipon.

 

Der im Jahr 1967 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert und leidet seit Jahren unter zahlreichen Erkrankungen, u.a.

 

  • Zustand nach Nierentransplantation,
  • Zustand nach mittelschwerer Abstoßreaktion (Juli 2005),
  • chronische Glumerolonephritis,
  • infektbedingtes akutes Nierenversagen (2018),
  • pAVK,
  • Verdacht auf ein Alport-Syndrom,
  • Hypertonus,
  • Tinnitus,
  • allergisches Asthma,
  • chronisches Erschöpfungssyndrom (Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatique Syndrome <ME/CFS>),
  • Histaminüberempfindlichkeit.

 

Es besteht ein GdB von 100. Der Antragsteller erhält eine teilweise Erwerbsminderungsrente und ergänzend SGB XII-Leistungen.

 

Das Erkrankungsbild des Antragstellers ist progredient. Inzwischen – seit dem 1.12.2021 - ist dem Antragsteller der Pflegegrad 3 zuerkannt, laut dem zugrundeliegenden Pflegegutachten vom 12.6.2022 benötigt der Versicherte nunmehr u.a. eine umfassende und individuelle Beratung bei der Auswahl und Inanspruchnahme von Sozialleistungen, ebenso inzwischen erfolgte die Zuerkennung des Merkzeichens aG, in der Ärztlichen Verordnung des Allgemeinmediziners Dr. H. (I.) vom 17.6.2022 wird ein Leichtkraftrollstuhl rezeptiert, bei Angabe der Diagnosen Osteoporose, Gangstörung, Z.n. Nierentransplantation.

 

Der Antragsteller führt zahlreiche Rechtsstreite – nach eigener Erklärung: im dreistelligen Bereich - wegen der Versorgung mit verschiedenen Arzneimitteln und Behandlungen im Wege Einstweiligen Rechtsschutzes und in Hauptsache-Verfahren. Er macht dabei maßgeblich geltend, mit seiner Grunderkrankung des CFS im System der gKV nicht hinreichend versorgt zu sein.

Betreffend das hier vom Antragsteller begehrte Medikament führte er bereits das ebenfalls Einstweilige Rechtschutzverfahren vor dem SG Hannover mit dem Aktenzeichen S 10 KR 94/22 ER, dessen ablehnender Beschluss vom 11. März 2022 vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 25. April 2022 (L 4 KR 165/22 B ER) bestätigt wurde. In dem genannten Beschluss hat der erkennende Senat u.a. ausgeführt:

 

Die Entscheidung des SG entspricht der zitierten Rechtslage und der hierzu ergangenen durchgängigen Rechtsprechung der Instanzgerichte zur Liponsäure. Danach ist Alpha-Liponsäure apothekenpflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig, nicht in der RL der OTC-Medikamente gelistet und dieser Leistungsausschluss ist verfassungsmäßig (siehe etwa: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Januar 2020 – L 5 KR 743/18 –, juris; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02. April 2013 – L 1 KR 195/10 –, juris; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23. August 2005 – L 11 KR 1245/05 –, juris; jeweils mHa BSG, Urteil vom 15.12.2015 - B 1 KR 30/15 R und BSG, Urteil vom 06.11.2008, B 1 KR 6/08 -bereits vom SG zitiert). Hintergrund dieser Rechts- und Tatsachenlage betreffend Alpha-Liponsäure ist die fehlende Evidenzbasierung des Medikaments.“

 

Zu dem vorliegenden, erneuten Antrag auf Einstweiligen Rechtsschutz hat der Antragsteller in seiner Antragsschrift an das SG vom 6. Mai 2022 ergänzend geltend gemacht, in seinen bisherigen Verfahren sei weder die Lebensbedrohlichkeit seiner Erkrankung, das Systemversagen, die Grundrechtsrelevanz, das Fehlen alternativer Behandlungen und der Ermessensfehlgebrauch problematisiert bzw. kausal gewürdigt worden. Die Lebensbedrohlichkeit seiner Erkrankung sei etwa bestätigt worden in dem Gerichtsgutachten im Hauptsache-Verfahren vor dem SG Hannover mit dem Aktenzeichen S 10 KR 671/18 des Sachverständiger Dr. J.. Die Wirksamkeit einer Liponsäure-Therapie werde auch von der einzigen klinischen Forschungs- und Behandlungseinrichtung in Deutschland, K. — Frau Prof. Dr. L. - bestätigt.

 

Die Sache sei eilbedürftig, weil dem Antragsteller das hier begehrte Medikament Biomo-Lipon auf Empfehlung des ME/CFS Spezialisten Herrn Prof. Dr. M. über drei Jahre lang monatlich ohne eigene Diagnose im Rahmen einer Notfallversorgung als kassenärztliche Leistung verschrieben worden sei, nach einem Behandler-Wechsel seine Vorräte nun aber nur noch bis Ende April 2022 reichten.

 

Die Antragsgegnerin hat vor dem SG geltend gemacht, dass der erneute Antrag auf Einstweiligen Rechtschutz weder zulässig noch begründet sei. Zur Zulässigkeit fehle es angesichts der bereits ergangenen Entscheidungen zu Biomo-Lipon beim Antragsteller am Rechtsschutzbedürfnis, zur Begründetheit sei auf die Entscheidung des LSG Niedersachsen – Bremen im Verfahren L 4 KR 165/22 B ER zu verweisen.

Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 9. Mai 2022 abgelehnt und zur Begründung im Einzelnen ausgeführt, dass es für die Versorgung mit dem Präparat Biomo-Lipon 600 als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung im Einstweiligen Rechtsschutz bereits an einem Anordnungsanspruch fehle.

 

Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gem. § 86b Abs. 2 SGG könne das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliege, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen. Einstweilige Anordnungen seien dabei auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine (Satz 2, Regelungsanordnung). Voraussetzung sei jeweils die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds.

 

Vorliegend habe das SG bereits in dem Verfahren S 10 KR 94/22 ER entschieden, dass es für eine Verordnung des Arzneimittels Biomo-Lipon auf Kassenrezept an einem Anordnungsanspruch fehle. Das LSG Niedersachsen-Bremen habe diese Entscheidung im Verfahren L 4 KR 165/22 B ER bestätigt. Mit dem hier vorliegenden Verfahren begehre der Antragsteller im Ergebnis ebenfalls die Versorgung mit Biomo-Lipon. Ein Rechtschutzbedürfnis für den wiederholenden Antrag sei nicht ersichtlich. Der Antrag sei daher abzulehnen.

 

Mit seiner hiergegen am 17. Mai 2022 eingelegten Beschwerde verweist der Antragsteller auf seinen Eil-Antrag vom 6. Mai 2022 an das SG. Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2022 führt der Antragsteller ergänzend aus:

 

„Die Substitutionstherapie mit Liponsäure stellt eine weltweit von der Wissenschaft empfohlene Behandlungsmethode der ME/CFS dar, besteht die maßgebliche Symptomatik der Erkrankung doch aus einer Mitochondriopathie, ausgewiesen z.B. in der Behandlungsempfehlung der K., siehe z.B. „Ärzteblatt Sachsen", 9/19, Seite 29, Prof. Dr. N. u.a.), der Artikel liegt Ihnen ebenfalls vor.

Bzgl. der Behandlung mit wenig „hinreichender Evidenzbasierung" wurde dieses von der letzten Bundesregierung ausdrücklich gebilligt und sogar gefordert, siehe hierzu die Drucksache 19/12632 des Deutschen Bundestages, insbesondere ab Seite 5, der Text liegt Ihnen ebenfalls vor und ist ansonsten hier zugänglich;

https://dserver.bundestag.de/btd/19/126/1912632.pdf

Daß eine lebensbedrohliche schwere, chronische Erkrankung einer permanenten Versorgung bedarf ist selbstverständlich und maßgeblich für die Eilbedürftigkeit.

Daß ich meine med. Versorgung nicht annähernd im Rahmen der Grundsicherung gewährleisten kann, ist ebenfalls eindeutig, als Anlage füge ich eine Aufstellung der monatlichen Medikamentenkosten (ohne „Biomo", „Melatonin" und jüngst „Dekristol") hinzu, die 378,78 € sind dabei die bloßen Medikamentenkosten, ohne ärztliche Kontrolle, Versorgung und Laborarbeiten.“

 

Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

 

  1. den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 9. Mai 2022 aufzuheben,

 

  1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller mit dem Arzneimittel Biomo-Lipon zu versorgen.

 

Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

 

                        die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Die Antragsgegnerin macht geltend, es bestehe für den Antragsteller kein Rechtsschutzbedürfnis, weil der Beschluss des erkennenden Senats im Verfahren L 4 KR 165/22 B ER unanfechtbar sei, er könne nicht durch einen neu gestellten Antrag umgangen werden.

 

Schließlich beantragt der Antragsteller PKH für das Beschwerdeverfahren.

 

Der erkennende Senat hat zum aktuellen Erkrankungszustand des Antragstellers ermittelt und eine ergänzende Stellungnahme des vom SG Hannover in dem Verfahren S 10 KR 671/18 gehörten Sachverständigen Dr. J. eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. J. vom 12. September 2022 Bezug genommen.

 

Hinsichtlich des weiteren Sachverhaltes und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.

 

II.

 

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss ist – wie bereits im Verfahren L 4 KR 165/22 B ER - statthaft, namentlich der Beschwerdewert von 750 € überschritten. Denn der Antragsteller begehrt die – vorläufig auszusprechende - Versorgung mit einem Arzneimittel auf unbestimmte Zeit, § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Auf ein Rechtsschutzbedürfnis kann sich der Antragsteller berufen, da seit der letzten Entscheidung im Einstweiligen Rechtsschutz eine wesentliche Änderung im Sachverhalt iS einer erheblichen Verschlechterung des Erkrankungsbildes erstmals dokumentiert wurde (Pflegegrad 3; Anleitungsbedarf nach Pflegebegutachtung; Merkzeichen aG; Rezeptierung eines Rollstuhls).

 

Die auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.

 

Das SG hat die maßgeblichen Rechtsgrundlagen herangezogen, namentlich § 86b Abs. 2 2. Alt. SGG, §§ 34, 31, 92 SGB V und richtig angewendet. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird zum Zwecke der Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

 

Aufgrund der erstmals dokumentierten erheblichen Verschlechterung des Erkrankungsbildes des Antragstellers kommt der Senat zu einer gegenüber dem SG abweichenden Entscheidung.

 

Dabei ergibt sich ein Anspruch auf die Versorgung mit Biomo-Lipon (Lipon-Säure) nicht aufgrund derjenigen Rechtsgrundlagen, die die vollständige Evidenzbasierung der Versorgung voraussetzen, §§ 27, 34, 31 SGB V. Hier bleibt es bei der Entscheidung des erkennenden Senats im früheren ER-Verfahren L 4 KR 165/22 B ER, Beschluss vom 25. April 2022 (oben zitiert).

 

Der Anspruch kann auch nicht aus einem Seltenheitsfall oder – wie der Antragsteller es wiederholt vertritt – aus einem Systemversagen hergeleitet werden. Einem Seltenheitsfall stehen die erheblichen Fallzahlen einer CFS-Diagnose entgegen: in Deutschland leiden nach Schätzungen 250.000 bis 300.000 Menschen an ME/CFS, darunter 40.000 Kinder, weltweit ca. 17 Millionen Menschen (Angaben der Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V., recherchiert u.a. unter https://www.mecfs.de/daten-fakten/, Zugriff am 25.8.2022; siehe auch die Angaben der Bundesregierung, Zitierung: unten). Einem Systemversagen steht entgegen, dass das CFS in der medizin-wissenschaftlichen Untersuchung noch zu weitgehend ohne feststehende Parameter verbleibt, insbesondere die kausale Verursachung noch offen ist, ebenso die kausal-therapeutische Versorgung (Zitate: siehe unten), so dass die bisher nicht erfolgte Aufnahme einer Therapieform in den Leistungskatalog der gKV durch den hierfür zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) derzeit rechtlich nicht zu beanstanden ist.

 

Aufgrund des schwergradigen Verlaufs der Erkrankung, insbesondere in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien (zunächst Arbeitsunfähigkeit, sodann Erwerbsminderung, zunächst teilweise, dann vollständig, sodann Pflegestufen, Mobilitätseinschränkungen etc.; siehe Bericht der Bundesregierung mit statistischer Erfassung, Zitat: siehe unten), ist die Rechtsgrundlage für nicht (vollständig) evidenz-basierte Leistungen der gKV heranzuziehen: § 2 Abs. 1 a SGB V.

 

Nach § 2 Abs. 1 a SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, eine Leistung der gKV beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

 

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind beim Antragsteller – nach der im B ER-Verfahren allein gebotenen summarischen Prüfung – aufgrund der erstmals dokumentierten erheblichen Verschlechterung des Erkrankungsbildes, der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme des Dr. J. und der vom Senat recherchierten medizin-wissenschaftlichen Abhandlungen erfüllt:

 

Das BSG hat die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus dem sog. Dezember-Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115,  25, 49) in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung näher konkretisiert und dabei in die grundrechtsorientierte Auslegung auch Erkrankungen einbezogen, die mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung wertungsmäßig vergleichbar sind, wie etwa der nicht kompensierbare Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion (BSG, Urteil vom 19. März 2020, B 1 KR 22/18 R, zitiert nach juris).

 

Bei der vom Antragsteller zur Begründung seines Begehrens vor allem geltend gemachten Erkrankung des CFS handelt es sich nach Überzeugung des Senats in dem beim Antragsteller inzwischen erreichten Stadium des Krankheitsfortschritts um eine schwere Erkrankung iSv § 2 Abs. 1 a SGB V. Die Schwere der Erkrankung folgt nicht aus Mono-Symptomen, sondern – CFS als Systemerkrankung - aus der Breite der einer Systemerkrankung immanenten Betroffenheit mehrerer lebensfunktionaler Bereiche wie körperlicher Mobilität, Verrichtungen des täglichen Lebens und/oder Einschränkung der Leistungsfähigkeit im sozialen Umgang. Diese Lebensbereiche sind inzwischen beim Antragsteller limitierend betroffen (Pflegegrad 3; Anleitungsbedarf bei sozialen Ansprüchen nach Pflegebegutachtung; Merkzeichen aG; Rezeptierung eines Rollstuhls).

 

Diese Einordnung als schwere Erkrankung im vorgenannten Sinn bestätigt auch der gehörte Sachverständige Dr. J. in seiner ergänzenden Stellungnahme.

 

            „Bei der Erkrankung des Patienten (ME/CFS) (gemeint: der Antragsteller, Anm. des

Senats) handelt es sich um eine chronische Erkrankung bisher ungeklärter Ätiologie. Chronische Erkrankungen sind per definitionem nicht heilbar, viele chronische Erkrankungen haben einen sogenannten „progredienten Verlauf“. Dies bedeutet, der Zustand des Patienten verschlechtert sich im Verlauf der Zeit. Dies ist auch bei der Erkrankung des Patienten der Fall. Bei anderen chronisch-progredienten Erkrankungen — wie beispielsweise Tumorerkrankungen — ist ebenfalls regelhaft mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines Patienten zu rechnen bis am Ende eine kritische Phase eintritt, der mit Verlust der Selbstständigkeit, Pflegebedürftigkeit und Zunahme der Beschwerden bis zur Grenze des erträglichen und darüber hinaus zu rechnen ist……

Wenn man andere Patienten mit der Erkrankung zum Vergleich heranzieht, so ist die Situation von Herrn O. jetzt schon als kritisch zu bezeichnen, eine weitere Verschlechterung wahrscheinlich zum Verlust seiner Selbstständigkeit oder zu Pflegebedürftigkeit führen würde.“

 

Damit ist eine wertungsmäßig vergleichbar schwere Erkrankung beim Antragsteller bereits jetzt gegeben.

 

Selbst dann aber, wenn man das aktuelle Erkrankungsbild des Antragstellers im jetzigen Zeitpunkt - noch - nicht als wertungsmäßig vergleichbar iSv § 2 Abs. 1 a SGB V ausreichen lassen wollte, ergäbe sich die Wertungsgleichheit, ggf. sogar unmittelbare Lebensbedrohlichkeit, daraus, dass das CFS als Systemerkrankung progredient verläuft, Verschlechterungen in Schüben auftreten können und im Fall des Antragstellers Zeitpunkt und Schwere des nächsten Schubes – sprich: der nächsten erheblichen abermaligen Verschlechterung – nicht exakt vorhersehbar sind. Eine exakte Zeitangabe ist indes zur Erfüllung der Wertungsgleichheit nicht erforderlich:

 

Nach der RSpg. des BSG erfordert die notstandsähnliche Situation in zeitlicher Hinsicht eine in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommende Problematik, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist, also nach den konkreten Umständen des Falles der drohende Verlust einer herausgehobenen Körperfunktion innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklicht werden wird (stRspr., vgl. etwa BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 9, Rn. 32; BVerfG, Beschluss vom 11. April 2017, 1 BvR 452/17 – SozR 4-2500 § 137c Nr. 8 = NJW 2017, 2096).

 

Der erkennende Senat hat die „Zeitnähe“ der Wertungsgleichheit in diesem Sinne dann bejaht, wenn das „Kippen“ in den Erkrankungszustand der (weitergehenden/kompletten) Aufhebung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht nicht exakt prognostizierbar ist, sie in einigen Monaten, aber auch in einem kürzeren Zeitraum eintreten kann (drohende Erblindung bei Retinitis Pigmentosa, LSG Nds-HB, Urt v 13.12.2021, L 4 KR 310/19 – rechtskräftig; im Ergebnis ebenso: LSG Stuttgart, Urt v 18.2.2020,  L 11 KR 2478/19; rkräftig: BSG, Beschluss vom 27. Oktober 2020 – B 3 KR 18/20 B –, juris).

 

In diesem Sinne reicht es für § 2 Abs. 1 a SGB V im Fall des Antragstellers aus, dass der ergänzend gehörte Sachverständige Dr. J. ausführt:

 

„ME/CFS ist eine Erkrankung, die meist schubförmig verläuft. Hier ist sie mit anderen chronischen Erkrankungen, zum Beispiel der Multiplen Sklerose, vergleichbar. Der Zustand des Patienten ist heute schon als kritisch zu bezeichnen, dies nicht nur aufgrund des vorliegenden ME/CFS, sondern auch der zeitgleich vorliegenden Erkrankungen. Ein weiterer Schub von ME/CFS kann jederzeit eintreten. ………..Der Zeitraum, in dem eine solche Verschlechterung eintritt, ist innerhalb der nächsten Monate anzusetzen, die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines solchen deutlichen Verschlechterung ist hoch.“

 

Damit ist insgesamt die Voraussetzung einer wertungsmäßig vergleichbaren Schwere der Erkrankung iSv § 2 Abs. 1 a SGB V beim Antragsteller inzwischen gegeben.

 

Für die Versorgung des Antragstellers stehen keine sog. Standard-Therapien des gKV-Leistungskatalogs zur Verfügung, dies ist vorliegend unstreitig und stellt auch grundsätzlich gerade den aktuellen versorgungsrechtlichen Hintergrund der CFS-Erkrankungsfälle dar. Es steht – dies wird von keiner medizin-wissenschaftlichen Abhandlung und auch nicht von staatlicher Exekutive (siehe Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage zum Thema CFS in der Gesundheitsversorgung in Deutschland, unten zitiert) abweichend dargestellt - keine sog. Standard-Therapie der CFS im kausalen Sinn in Deutschland zur Verfügung; in der Medizin-Wissenschaft werden allein symptombezogene Versorgungen diskutiert (worauf auch der vom Senat gehörte Sachverständige Dr. J. abschließend hinweist).

 

Vor diesem Hintergrund kommt dem vorliegend vom Antragsteller begehrten Arzneimittel Liponsäure (in Biomo Lipon 600) die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf zu, wenn auch nur im palliativen Sinne:

 

Die Zulässigkeit der Anwendung und Abrechnung sog. außervertraglicher Therapien nach § 2 Abs. 1 a SGB V ist nur dann gegeben, wenn – neben den weiteren Voraussetzungen der le-bensbedrohlichen Erkrankung bzw. notstandsähnlichen Lage sowie der Ausschöpfung des gKV-Leistungskatalogs (s.o.)  - die konkrete Behandlungsmethode ein Mindestmaß an medizin-wissenschaftlicher Akzeptanz betreffend das konkret in Rede stehende Erkrankungsbild aufweist. Nach der RSpg. des BVerfG und des BSG ist dies nur dann der Fall, wenn der Gesundheitszustand des betroffenen Versicherten im Vergleich mit Unbehandelten, mit der Behandlung anderer Erkrankter oder unter der wissenschaftlichen Diskussion betrachtet wird (BVerfG NZS 2006, 84, 88) oder durch Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte und ähnliche, nicht durch Studien belegte Meinungen anerkannter Experten sowie Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen bewertet wird (BSG, Urteil vom 2. September 2014, B 1 KR 4/13 R, SozR 4-2500 § 18 Nr 9; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.12.2014, L 1 KR 21/13; LSG Nds-HB, Beschluss vom 20.4.2016, L 4 KR 357/15 B ER; LSG Nds-HB, Urt v 30.6.2020, L 4 KR 298/18). Nicht ausreichend im Sinne einer im Mindestmaß bestehenden medizin-wissenschaftlichen Absicherung ist hingegen das subjektive Empfinden des Versicherten, ggf gestützt durch die Einschätzung oder Empfehlung des/der behandelnder Arzt/Ärzte oder deren Behandlungserfahrung im Einzelfall oder die Äußerung eines einzelnen Arztes, insbes. bei geführter wissenschaftlicher Diskussion (BSG MedR 2007, 557 (560); LSG Ba-Wü, Urt v 22. Februar 2017 – L 5 KR 1653/15).

 

Soweit konkretisierend nach der weiter gesicherten RSpg. des BSG gilt, dass die Anforderungen an die „ernsthaften Hinweise“ umso niedriger zu veranschlagen sind, je schwerwiegender die Erkrankung und je hoffnungsloser die Situation des Erkrankten ist (siehe etwa: BSG, Urt v 2.9.2014, B 1 KR 4/ 13 R; LSG Nds-HB, Urt v 18.12.2014, L 1 KR 21/13; LSG Celle-Bremen, B v 23.12.2021,  L 16 KR 516/21 B ER), gilt dies gerade auch im vorliegenden Fall einer CFS im aktuellen Stadium betreffend die Mindestevidenz einer symptomatische Versorgung des Patienten durch die gKV, vorliegend bei CFS mit der begehrten Liponsäure.

 

Diese Mindestevidenz ist gegeben.

 

Zum einen hat nach den gerichtsbekannten Unterlagen der Vorbehandler des Antragstellers –Prof. Dr. M. – dem Antragsteller über drei Jahre lang monatlich Liponsäure in Gestalt des hier begehrten Biomo Lipon 600 rezeptiert.

 

Zum zweiten werden in der Medizin-Wissenschaft als – allein symptombezogene (siehe oben) - Versorgungen diskutiert auch die hier begehrte Liponsäure:

 

In vom Senat gesichteten zahlreichen medizin-wissenschaftlichen Abhandlungen ist die hier vom Antragsteller begehrte Liponsäure als eines der zur symptomatischen Therapie geeigneten Arzneimittel beschrieben.

So heißt es – über den vom Antragsteller zitierten Aufsatz hinausgehend - etwa in dem Artikel von SCHEIBENBOGEN, C., H.-D. VOLK , P. GRABOWSKI, K. W ITTKE, C. GIANNINI, B. H OFFMEISTER und L. H ANITSCH : Chronisches Fatigue-Syndrom. Heutige Vorstellung zur Pathogenese, Diagnostik und Therapie, tägl. prax. 55, 567–574 (2014):
 

„Liponsäure und N-Acetylcystein, die auch
antioxidative Eigenschaften haben, können
Muskelschmerzen und Fatigue manchmal
verbessern…...“

 

In dem Artikel Zur Diagnostik und Therapie des CFS, von Prof. Dr. med. P., recherchierbar unter www.cfs-aktuell.de heißt es:

 

„Neben der streng indizierten Identifizierung,
Eliminierung und Vermeidung der ursächlichen
Stressoren sind damit begleitend therapeutische
orthomolekulare medizinische Stützmaßnahmen mit
den Antioxidantien Acetylcystein, Glutathion, Alpha-
liponsäure und den Vitaminen C,E, Q10, B1-B12
sowie den Mineralien Selen und Zink angezeigt.“

 

Schließlich wird auch in dem medizinwissenschaftlichen Nachschlagewerk Pschyrembel online zum CFS ausgeführt (Unterstreichung durch den Senat):

 

  • symptomatische Therapie
    • Analgetika (nichtsteroidale Anti­phlogistika, bei star­ken Schmerzen auch Pregabalin oder Gabapentin)
    • bei Schlafstörungen Melatonin, Tryptophan, niedrig dosiertes Doxepin (bei aus­geprägten Schlafstörungen auch Zopiclon oder Zolpidem)
    • bei Muskelschmerzen und Fatigue Liponsäure und N-Acetylcystein
    • bei Konzentrationsstörungen Methylphenidat oder Modafinil (bei­des off-la­bel-use)
    • Substitution von Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen nach Bedarfsanalyse (v. a. Magnesium, Vitamin D, B-Vitamine, Eisen, Phosphat, Zink, Selen)
    • Flohsamenschalen bei Reidarmbeschwerden
    • Physiotherapie und angepasste körperliche Belastung (falls noch tolerierbar)
    • Coping und Pacing (Krankheitsmanagement durch Einteilung der Energiereserven, Tagesstrukturierung, Vermeidung krankheitsunterhaltender Faktoren, v. a. Überlastungen, Infektionsprophylaxe)
    • Ginseng und Coenzym Q10 zeigten leichte Symptom­bes­serung in kleine­ren Studien
    • bei reaktiver Depression Antidepressiva
    • bei starker Symptomfixierung kognitive Verhaltenstherapie

 

Bestätigt wird das Ausreichen einer Mindestevidenz auch durch die Erkenntnis der Art der Versorgung des CFS im Gesundheitswesen in Deutschland.

 

Zum Gesamtbild der Versorgung des CFS in der Gesundheitswirtschaft in Deutschland, insbesondere in der gKV, heißt es als Antwort der Bundesregierung auf eine 22 Einzelfragen umfassende kleine Anfrage (Deutscher Bundestag Drucksache 19/12632, 23.08.2019, Antwort der Bundesregierung,– Drucksache 19/12204 – Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome – Aktuelle Situation in Versorgung und Forschung):

 

Zu Frage 4.:

„Menschen mit CFS/ME haben – wie bei jeder anderen Erkrankung auch – Anspruch auf eine medizinisch notwendige Krankenbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Bei Erbringung diagnostischer und therapeutischer Leistungen haben deren Qua-
lität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.
Die konkrete Ausgestaltung der zu Lasten der GKV erbrachten Behandlungsleistungen liegt im Verantwortungsbereich der Gremien der Gemeinsamen Selbstverwaltung, die dabei die medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen haben.

 

Gerade aus dem Fehlen sowohl eines einheitlichen Krankheitsmodells als auch einer wissenschaftlich abgesicherten Standardbehandlung von CFS/ME ergibt sich die Notwendigkeit, die Behandlung der betroffenen Menschen im Einzelfall sorgfältig und dem individuellen Hilfebedarf entsprechend zu planen und durchzuführen. Umfang und Inhalt der Behandlung können
unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten variieren. Bausteine dieser Behandlung können z. B. ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sein.“

 

Zu Fragen 20. bis 22. heißt es als Zusammenfassung:

„Die Bundesregierung greift, wie bei anderen Krankheitsbildern auch, grundsätz-
lich nicht in den fachwissenschaftlich zu führenden Diskurs bezüglich Ursachen,
Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen ein. Die Klärung offener Fragen
in Bezug auf die Krankheitsursachen sowie die Möglichkeiten der Diagnostik und
Therapie von Menschen mit CFS/ME ist Aufgabe der medizinisch-wissenschaft-
lichen Fachwelt und der Forschung.“

 

Die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage dokumentiert die vom BSG für das Ausreichen einer Mindestevidenz geforderte – zum gegenwärtigen Zeitpunkt (noch) gegebene - Hoffnungslosigkeit der therapeutischen Zugänglichkeit der jeweiligen Erkrankung:  für den Antragsteller steht – wie für viele tausend andere betroffene Patienten auch – eine kausale Therapie medizin-wissenschaftlich nicht zur Verfügung, insbesondere keine evidenzbasierte Verifizierung.

 

Damit steht dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch aus § 2 Abs. 1 a SGB V auf Versorgung mit Liponsäure in Gestalt von Biomo Lipon 600 bei CFS zur Seite.

 

Auch ein Anordnungsgrund ist gegeben.

 

Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller betreffend die Eil-Bedürftigkeit geltend gemacht, dass nach einem Behandler-Wechsel sein Vorrat an dem begehrten Medikament im April 2022 erschöpft sei. Den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz beim SG hat er am 6. Mai 2022 gestellt. Der Antragsteller dürfte aus eigener Erfahrung zahlreicher, von ihm betriebener Verfahren des Einstweiligen Rechtschutzes wissen, dass diese in erster und zweiter Instanz insgesamt bis zu sechs Monaten dauern können. Bei isolierter Betrachtung dieser Zeitfolge könnten deshalb Zweifel bestehen, dass eine Eil-Bedürftigkeit betreffend die Versorgung mit dem Medikament Biomo-Lipon beim Antragsteller vorliegt.

Andererseits darf die gesundheitliche Situation des Antragstellers nicht außer Betracht bleiben, die sich seit Ende 2021 gerade im Hinblick auf die eigenverantwortliche Geltendmachung von Leistungsansprüchen erheblich verschlechtert hat:

 

Neben dem nunmehrigen Pflegegrad 3 (seit 1.12.2021) und dem Merkzeichen aG benötigt der Antragsteller laut dem Pflegegutachten vom 12.6.2022 inzwischen eine umfassende und individuelle Beratung bei der Auswahl und Inanspruchnahme von Sozialleistungen. Dies könnte eine inzwischen eingetretene gewisse Unvollkommenheit des Antragstellers im Umgang mit Zeitverläufen gerichtlicher Prozesse begründen. Hierzu passt, dass der Antragsteller nunmehr dazu übergeht, sich – anders als früher – durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Das vorliegende Verfahren zählt zu den ersten, in denen er sich in der zweiten Instanz von einem Rechtsanwalt vertreten lässt.

 

Die Beschwerde des Antragstellers hat daher insgesamt Erfolg.

 

Die abschließende Entscheidung bleibt einem Hauptsache-Verfahren vorbehalten.

 

Aufgrund der damit gleichzeitig gegebenen hinreichenden Erfolgsaussicht war dem Antragsteller PKH für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen. Als Bezieher von ergänzenden Leistungen der Grundsicherung nach SGB XII ist der Antragsteller prozesskostenhilfebedürftig, § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

 

Der Senat gestattet sich den Hinweis an die Antragsgegnerin, dass ihre zukünftige Haltung gegenüber dem Antragsteller aufgrund der der hiesigen Entscheidung zugrunde liegenden rapiden Verschlechterung im Erkrankungsbild ggf. überdenkenswürdig sein könnte. Selbstverständlich werden alle weiteren Rechtsstreite des Antragstellers jeweils zu ihrem spezifischen Streitgegenstand vom Senat geprüft, sei es als (B) ER-Verfahren oder sei es als Hauptsache-Verfahren. Der Senat hat bereits damit begonnen, vor allem in Hauptsache-Verfahren des Antragstellers (aber auch im hiesigen B ER-Verfahren, siehe oben) medizinische Ermittlungen aufzunehmen. Andererseits könnten einige wenige Gerichts-Entscheidungen mit paralleler rechtlicher Würdigung auch zur unstreitigen Versorgung im künftigen Verwaltungsweg führen, ohne dass dies – aufgrund der ergangenen Rechtsentscheidungen - von der Aufsichtsbehörde zu beanstanden wäre.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.

 

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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