1. Es steht mit höherrangigem Recht in Übereinstimmung, dass anderen Fachärzten als Radiologen - hier: Gefäßchirurgen - die Genehmigung zur Erbringung von Leistungen der interventionellen Radiologie nicht erteilt werden kann.
2. Andere Fachärzte als Radiologen können auch nicht zu einem entsprechenden Kolloquium zugelassen werden.
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 9. Dezember 2020 geändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 40.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit steht die Genehmigung zur Erbringung von Leistungen der Serienangiographie.
Die Klägerin betreibt in Kooperation mit dem J. ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), das an diesem Krankenhaus seinen Praxissitz hat und an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Am 5. April 2018 beantragte sie die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der diagnostischen Katheterangiographien und therapeutischen Eingriffe nach den Gebührenordnungspositionen (GOPen) 34283 bis 34287 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM). Die Leistungen sollten durch den angestellten Arzt Dr. K. erbracht werden, der - auf der Grundlage der früheren Weiterbildungsordnung (WBO) der Ärztekammer L. - die Bezeichnung Arzt für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung Gefäßchirurgie und der Zusatzbezeichnung Phlebologie führt.
Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27. April 2018 ab, weil die fachlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung nicht vorlägen. Denn nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zur interventionellen Radiologie sei die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung Radiologie nachzuweisen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 7. Mai 2018 Widerspruch. Soweit die Qualitätssicherungsvereinbarung zur interventionellen Radiologie die fachliche Befähigung zur Erbringung und Abrechnung der beantragten Leistungen allein an das Führen der Gebietsbezeichnung „Radiologie“ knüpfe, stelle dies eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, die auch nicht durch die Ermächtigungsnorm des § 135 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gedeckt sei. Bei der Einführung des § 135 Abs 2 S 4 SGB V habe der Gesetzgeber die interventionelle Radiologie als aktive Behandlungsmethode nicht im Blick gehabt, weil er nur eine Leistungssteuerung im Verhältnis zwischen dem therapeutisch tätigen Arzt einerseits und dem diagnostisch tätigen Arzt andererseits habe ermöglichen wollen. Im Falle der interventionellen Radiologie sei der Radiologe allerdings gerade nicht diagnostisch, sondern primär therapeutisch tätig. Bei diesen Leistungen handele es sich im Übrigen sowohl für das Fachgebiet der Radiologie als auch für das Fachgebiet der Gefäßchirurgie nicht um bloße Nebenleistungen, sondern um solche, die dem Kern des jeweiligen Fachgebiets zuzuordnen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dr. K. verfüge nicht über die Berechtigung zum Führen der notwendigen Gebietsbezeichnung Radiologie. Ob die Vorgaben der Qualitätssicherungsvereinbarung vorliegend eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellten und nicht durch die Ermächtigungsnorm des § 135 Abs 2 SGB V gedeckt seien, könne in diesem Verfahren nicht geklärt werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. Oktober 2018 Klage zum Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, mit der sie beantragt hat, die Beklagte zu verpflichten, ihr für Dr. K. die Genehmigung zur Abrechnung von Leistungen der interventionellen Radiologie zu erteilen, hilfsweise über ihren Antrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung hat sie sich zunächst auf ihre Widerspruchsbegründung berufen. Außerdem hat sie geltend gemacht, § 3 Abs 1 und Abs 2 (jeweils Nr 1) der Qualitätssicherungsvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen Art 12 und 3 Grundgesetz (GG) rechtswidrig. Es sei eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, wenn die Erbringung der entsprechenden Leistungen ohne Berücksichtigung der tatsächlichen fachlichen Befähigung des ausführenden Arztes allein an die Gebietsbezeichnung Radiologie geknüpft werde. Die Gefäßinterventionen würden faktisch in der Hauptsache von Fachärzten für Gefäßchirurgie erbracht, die somit die führende Disziplin in der Sicherstellung des Versorgungsauftrags sei. Im Übrigen sei § 9 Abs 5 der Qualitätssicherungsvereinbarung unberücksichtigt geblieben, nach der die KÄV die Genehmigung auch von der erfolgreichen Teilnahme an einem Kolloquium abhängig machen könne. Hiermit habe sich die Beklagte aber überhaupt nicht auseinandergesetzt, sodass insoweit bereits von einem Ermessensnichtgebrauch auszugehen sei. Schließlich hat die Klägerin auf eine gegenüber der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) abgegebene Stellungnahme des Berufsverbands Deutscher Chirurgen verwiesen, wonach durch das in der Musterweiterbildungsordnung 2018 enthaltene Anforderungsprofil alle kognitiven und Handlungskompetenzen abgebildet würden, die Fachärzte für Gefäßchirurgie zur autonomen, selbstständigen Durchführung von Serienangiographien iSd GOPen 34283 bis 34287 qualifizierten.
Mit Urteil vom 9. Dezember 2020 hat das SG den Bescheid vom 27. April 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2018 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung aus § 2 Abs 2 und 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung habe, weil Dr. K. nicht die hierzu erforderliche Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung Radiologie nachgewiesen habe. Die Regelungen in der Qualitätssicherungsvereinbarung seien auch von § 135 Abs 2 S 1 und 4 SGB V als Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Dass die entsprechenden Regelungen gegen Art 12 Abs 1 GG oder Art 3 Abs 1 GG verstießen, sei vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht anzunehmen. Es sei nicht davon auszugehen, dass hier spezialisierte Fachärzte von der Erbringung solcher Leistungen ausgeschlossen würden, die zum Kernbereich ihres Fachgebiets zählten. Die Klägerin habe allerdings einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung aus § 9 Abs 5 der Qualitätssicherungsvereinbarung, sodass dem hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin auf Neubescheidung zu entsprechen gewesen sei. Nach dieser Vorschrift könne die KÄV die Genehmigung von der erfolgreichen Teilnahme an einem Kolloquium abhängig machen, wenn der antragstellende Arzt im Vergleich zu dieser Vereinbarung eine abweichende, aber gleichwertige Befähigung nachweise. Soweit das BSG in Hinblick auf die Regelung in § 8 Abs 2 der Kernspintomographie-Vereinbarung entschieden habe, dass die festgelegten Anforderungen durch ein Kolloquium nicht ersetzt werden könnten (Hinweis auf Urteil vom 11. Oktober 2006 - B 6 KA 1/05 R, SozR 4-2500 § 135 Nr 10), rechtfertige die Formulierung in § 9 Abs 5 der vorliegenden Qualitätssicherungsvereinbarung ein anderes Ergebnis.
Das Urteil ist der Beklagten am 17. Dezember 2020 und der Klägerin am 22. Dezember 2020 zugestellt worden. Die Beklagte hat hiergegen am 12. Januar 2021, die Klägerin am 15. Januar 2021 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt.
Die Klägerin verfolgt ihre Auffassung weiter, dass die Regelungen der Qualitätssicherungsvereinbarung in Bezug auf die fehlende Einbeziehung der Gefäßchirurgen verfassungswidrig seien und dem Hauptantrag hätte stattgegeben werden müssen. In Hinblick auf die erstinstanzliche Entscheidung sei nicht nachvollziehbar, dass einerseits ein Anspruch der gefäßchirurgischen Fachgruppe auf Erbringung der Leistungen zur interventionellen Radiologie aufgrund ihrer Qualifikation festgestellt werde, die Entscheidung darüber aber gleichwohl in jedem Einzelfall im Ermessen der Beklagten stehen solle. Aufgrund des erheblichen Raumes, den die einschlägigen Leistungen im Bereich der gefäßchirurgischen Leistungserbringung einnähmen, gehöre die interventionelle Radiologie durchaus zum Kernbereich dieser Fachgruppe. Dies werde durch die Verabschiedung der neuen Musterweiterbildungsordnung durch den Deutschen Ärztetag im Herbst 2018 bekräftigt. So würden (im Rahmen der Krankenhausversorgung) auch 70 % der endovaskulär durchgeführten Therapien von chirurgischen Fachabteilungen erbracht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 9. Dezember 2020 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr für den angestellten Arzt Dr. K. die Genehmigung zur Abrechnung von Leistungen der interventionellen Radiologie nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zur interventionellen Radiologie zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
- die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,
- das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 9. Dezember 2020 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Das SG habe zwar zutreffend ausgeführt, dass die durch Art 12 GG dem Gesetzgeber und den Vertragsparteien nach § 135 Abs 2 S 1 SGB V gezogenen Grenze für die Konzentration von apparativ-technischen Leistungen auf ein bestimmtes medizinisches Fachgebiet erst dann überschritten werde, wenn spezialisierte Fachärzte damit von der Erbringung solcher Leistungen ausgeschlossen würden, die zum Kernbereich ihres Fachgebiets zählten und dass dies vorliegend nicht der Fall sei. Allerdings sei sie zu Unrecht zur Neubescheidung verurteilt worden. Bei § 9 Abs 5 S 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung handele es sich um eine sehr spezielle Ausnahme, die nicht im Umkehrschluss sämtliche grundsätzlichen Qualifikationen zur Disposition stellen wolle. Durch § 9 Abs 5 habe mit einem Kolloquium nicht die Eignung als solche ersetzt werden können; § 9 Abs 5 solle nur dann korrigierend zum Einsatz kommen, wenn die Zeugnisse und Bescheinigungen entweder Zweifel aufkommen ließen oder vergleichbare therapeutische Eingriffe oder Tätigkeiten bescheinigt würden. Es sei auch zweifelhaft, ob mit der Formulierung: „das gleiche gilt“ nur eine Bezugnahme auf die Rechtsfolge des Satzes 1 habe erfolgen sollen. Entgegen der Auffassung des SG sei die BSG-Entscheidung vom 11. Oktober 2006 auch vorliegend einschlägig, weil § 8 Abs 2 der Kernspintomographie-Vereinbarung nahezu wortgleich mit § 9 Abs 5 sei. Dies werde noch deutlicher in einer Entscheidung zur Qualitätssicherungsvereinbarung zur MR-Angiographie (Hinweis auf BSG-Urteil vom 2. April 2014 - B 6 KA 24/13 R, SozR 4-2500 § 135 Nr 21). Im Übrigen werde bestritten, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen einer gleichwertigen Befähigung hier vorlägen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die seitens der Beklagten vorgenommenen Auslegungsversuche zum Wortlaut des § 9 Abs 5 der Qualitätssicherungsvereinbarung seien kaum verständlich oder nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen sind zulässig. Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet; das SG hat ihre (mit dem Hauptantrag geltend gemachte) Klage auf Erteilung der beantragten Genehmigung zu Recht abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist dagegen begründet; zu Unrecht hat das SG dem Hilfsantrag der Klägerin stattgegeben und die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt.
I. Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - in Hinblick auf den erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag in Gestalt der Bescheidungsklage gemäß § 131 Abs 3 SGG - statthaft und auch im Übrigen zulässig.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zur Durchführung von Leistungen der interventionellen Radiologie (hierzu unter 1.) noch einen solchen auf Neubescheidung in Zusammenhang mit der Durchführung eines Kolloquiums (hierzu 2.).
1. a) Gesetzliche Grundlage für die erstrebte Genehmigung ist - der gemäß § 72 Abs 1 S 2 SGB V auch auf MVZ anwendbare - § 135 Abs 2 S 1 SGB V. Danach können die Partner der Bundesmantelverträge für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Eine solche Übereinkunft haben die Partner der Bundesmantelverträge vorliegend mit der „Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur interventionellen Radiologie“ (Qualitätssicherungsvereinbarung zur interventionellen Radiologie, im Folgenden: Qualitätssicherungsvereinbarung) mit Wirkung zum 1. Juli 2006 (DÄ 2006, A-1772), geändert mit Wirkung zum 1. Oktober 2010 (DÄ 2010, A-1716), getroffen.
Gegenstand dieser Vereinbarung sind die Leistungen nach den GOPen 34283, 34284, 34285, 34286 und 34287, die im EBM als Serienangiographie (GOP 34283) mit verschiedenen Zuschlägen (GOPen 34284 bis 34287) definiert und in der Qualitätssicherungsvereinbarung als diagnostische Katheterangiographien und therapeutische Eingriffe am arteriellen Gefäßsystem (als Teil der Leistungen der interventionellen Radiologie) bezeichnet sind. Nach § 2 Abs 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung ist die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte erst nach Erteilung der Genehmigung durch die KÄV zulässig. Dabei unterscheidet die Qualitätssicherungsvereinbarung zwischen Leistungen der diagnostischen Katheterangiographien nach den GOPen 34283, 34284, 34285 und 34287 (Abs 2) und solchen der diagnostischen Katheterangiographien nach den genannten GOPen einschließlich der therapeutischen Eingriffe nach der GOP 34286 (Abs 3); auf beide Leistungsbereiche erstreckt sich der vorliegend streitbefangene Antrag. Die Genehmigung ist (gemäß § 2 Abs 2) zu erteilen, wenn der Arzt die fachlichen, apparativen, räumlichen und organisatorischen Voraussetzungen nach den §§ 3 Abs 1, 4, 5 Abs 1 und 2, 6 bzw (gemäß § 2 Abs 3) nach den §§ 3 Abs 2, 4, 5 und 6 der Qualitätssicherungsvereinbarung im einzelnen erfüllt. Sofern - wie hier - ein angestellter Arzt in einem MVZ entsprechende Leistungen erbringen soll, ist die Genehmigung zur Erbringung dieser Leistungen dem MVZ zu erteilen (§ 11 Abs 2a S 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte <BMV-Ä>). Dabei ist ausreichend, dass nur der angestellte Arzt die Voraussetzungen erfüllt (§ 11 Abs 1 S 3 BMV-Ä).
§ 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung regelt die fachliche Befähigung für die Ausführung und Abrechnung der Serienangiographien. Nach § 3 Abs 1 und Abs 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung - dort jeweils Nr 1 - muss der Arzt sowohl für die diagnostischen Katheterangiographien als auch für die hiermit verbundenen therapeutischen Eingriffe nachweisen, dass er zum Führen der Gebietsbezeichnung „Radiologie“ berechtigt ist. Diese Voraussetzung erfüllt der angestellte Arzt Dr. K. unstreitig aber nicht, weil er Chirurg mit der Schwerpunktbezeichnung Gefäßchirurgie und der Zusatzbezeichnung Phlebologie ist.
b) aa) Die genannte Beschränkung verletzt entgegen der Auffassung der Klägerin kein höherrangiges Recht. Sie findet vielmehr in der durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) vom 19. November 2003 (BGBl I 2190) eingeführten Vorschrift des § 135 Abs 2 S 4 SGB V eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Danach können die Vertragspartner der Bundesmantelverträge - abweichend von § 135 Abs 2 S 2 SGB V, wonach für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen an die landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung angeknüpft werden kann - zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Zweck dieser Vorschrift ist es, die Durchführung technischer Leistungen auf bestimmte Fachärzte zu konzentrieren, um dadurch die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Erbringung dieser Leistungen zu verbessern. Den Vertragspartnern soll eine Leistungssteuerung ermöglicht werden, die eine Trennung zwischen der Diagnosestellung und Befundbewertung durch den therapeutisch tätigen Arzt einerseits und der Durchführung der diagnostischen Maßnahmen durch medizinisch-technische Leistungen durch den lediglich diagnostisch tätigen Facharzt andererseits bewirkt. Damit soll ua eine Arbeitsteilung iSd sogenannten Mehraugenprinzips ermöglicht werden, bei der die Diagnostik unabhängig von einem eventuellen Interesse an der Therapie erfolgt, was der optimalen Patientenversorgung und außerdem dem sparsamen Einsatz der Leistungsressourcen zugutekommt. Diese Regelung ist sowohl im Interesse der Gesundheit der Versicherten als auch der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt worden (Begründung des Gesetzentwurfs zum GMG, BT-Drs 15/1525, S 124; vgl auch Roters in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: März 2022, § 135 SGB V Rn 32, Vossen in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand: April 2022, § 135 Rn 45).
bb) Im vorliegenden Fall liegt auch eine dem § 135 Abs 2 S 4 SGB V entsprechende Konstellation vor. Bei den Serienangiographien handelt es sich um medizinisch-technische Leistungen, weil sie mit Hilfe spezieller Großgeräte (Angiographiegeräte) durchgeführt werden. Sie gehören unstreitig auch zum Kern des Fachgebiets Radiologie, das schon nach seiner Definition die Erkennung von Krankheiten mit Hilfe ionisierender Strahlen, kernphysikalischer und sonographischer Verfahren sowie die Anwendung interventioneller, minimal-invasiver radiologischer Verfahren in der Erwachsenen-, Kinder- und Neuroradiologie sowie die Belange des Strahlenschutzes umfasst (vgl die Gebietsdefinition in Abschn B Nr 30 der WBO der Ärztekammer Niedersachsen vom 2. April 2020, zuletzt geändert am 28. November 2020).
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass mit der GOP 34286 auch therapeutische Leistungen betroffen sind, nämlich interventionelle Maßnahmen in Gestalt einer PTA, Embolisation, Atherektomie, Rotationsablatio, Lyse oder der Einbringung eines Stents. Denn auch diese Maßnahmen sind im EBM - der gemäß § 87 Abs 2 S 1 SGB V die innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung abrechnungsfähigen Leistungen festlegt - den diagnostischen radiologischen Leistungen zugeordnet. Das ergibt sich schon aus der Ausgestaltung der GOP 34286 als reine Zuschlagsziffer, deren Abrechenbarkeit notwendigerweise eine gleichzeitig erbrachte diagnostische Serienangiographie nach der GOP 34283 voraussetzt. Dementsprechend ist die GOP 34286 im EBM auch der Diagnostischen Radiologie (Kapitel 34.2) zugeordnet. Eine von der Diagnostik gelöste Abrechnungsmöglichkeit für PTA etc ist im EBM dagegen nicht ersichtlich und deshalb im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht möglich.
c) § 135 Abs 2 S 4 SGB V und die hierauf gestützte Regelung in § 3 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 Nr 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung sind auch verfassungskonform.
aa) Eine Verletzung der durch Art 12 Abs 1 GG geschützten Berufsfreiheit liegt nach der stRspr des BVerfG nicht vor, weil Regelungen wie die des § 135 Abs 4 S 2 SGB V nur Einschränkungen der Berufsausübung enthalten, die verfassungsrechtlich durch Gemeinwohlinteressen gerechtfertigt und insgesamt noch verhältnismäßig sind (grundlegend: Beschluss vom 16. Juli 2004 - 1 BvR 1127/01, SozR 4-2500 § 135 Nr 2; ebenso: Beschlüsse vom 8. Juli 2010 - 2 BvR 520/07 - und vom 2. Mai 2018 - 1 BvR 3042/14, beide juris). Dabei hat das BVerfG die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung als maßgeblichen verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsgrund angesehen (Beschluss vom 16. Juli 2004 aaO).
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Versagung der Genehmigung für den betroffenen Facharzt zur Folge hätte, dass er im Kernbereich seines Fachgebiets eingeschränkt wird, weil dies seinen beruflichen Status betreffen würde und damit eine Einschränkung seiner Berufswahlfreiheit vorläge (BSG, Beschluss vom 16. Juli 2004 aaO). In den Kernbereich eines Fachgebiets fallen Leistungen, die für dieses wesentlich und prägend sind (BSG, Urteil vom 24. Oktober 2018 - B 6 KA 45/17 R, SozR 4-2500 § 135 Nr 28; Urteil vom 12. Februar 2020 - B 6 KA 25/18 R, SozR 4-2500 § 73b Nr 4) oder ohne die die Tätigkeit im jeweiligen Fachgebiet nicht mehr sinnvoll ausgeübt werden könnte (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2011 - B 6 KA 31/10 R, SozR 4-2500 § 106a Nr 8; Urteil vom 19. Februar 2014 - B 6 KA 38/12 R, SozR 4-2500 § 135 Nr 20). Dies kann für die diagnostischen Leistungen nach den GOPen 34283 bis 34285 und 34287 angesichts der aktuellen niedersächsischen WBO in Hinblick auf die Gefäßchirurgie (Abschn B Nr 7.2, Punkt C Nr 3 WBO) aber nicht bejaht werden. Der Erwerb der Facharztkompetenz Gefäßchirurgie setzt danach in Hinblick auf diagnostische Verfahren in erster Linie Erfahrungen und Fertigkeiten bei Sonographien voraus (insgesamt sieben verschiedene Verfahren bzw Zielgebiete mit einer Richtzahl von jeweils 100). Zwar werden dort auch Angiographien einschließlich interventioneller Verfahren angeführt, allerdings ohne eine Richtzahl hierfür festzulegen. Die diagnostische Planung von endovaskulären Eingriffen einschließlich Beurteilung und Ausmessung von Schnittbilddiagnostik wird lediglich mit einer Richtzahl von 25 Maßnahmen erwähnt.
Auf die Frage, ob die endovaskulären therapeutischen Maßnahmen iSd GOP 34286 zum Kernbereich des Fachgebiets Gefäßchirurgie gehören, kommt es daneben nicht entscheidend an. Denn die Erbringung dieser Maßnahmen ist - wie dargelegt - im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bereits aufgrund der Ausgestaltung des EBM nicht für sich, sondern nur bei gleichzeitiger Erbringung der diagnostischen Serienangiographie nach der GOP 34283 möglich. Wenn endovaskulär-therapeutischen Verfahren nach der WBO erhebliche Bedeutung für den Erwerb fachspezifischer Fähigkeiten der Gefäßchirurgie zukommt (vgl endovaskuläre Eingriffe mit einer Richtzahl von 60 gemäß Abschn B Nr 7.2 Punkt C Nr 4; Berücksichtigung der endovaskulären Therapie bei gefäßchirurgischen Notfällen nach Abschn B Nr 7.2 Punkt C Nr 2), kann dies demzufolge nicht den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung, sondern allein die Krankenhausbehandlung betreffen. Die von der Klägerin hervorgehobene große Bedeutung der Gefäßchirurgen bei der Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit und der arteriellen Thrombose/Embolie (vgl den im Berufungsverfahren vorgelegten Beitrag von K. e. a.) beruht dementsprechend auch auf Angaben aus dem Krankenhausbereich.
bb) Auch eine in Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG gleichheitswidrige Benachteiligung der Gefäßchirurgen gegenüber den Radiologen liegt nicht vor. In Hinblick auf Qualitätssicherungsvereinbarungen der vorliegenden Art hat das BVerfG überzeugend ausgeführt, dass die Partner der Bundesmantelverträge als Normsetzer grundsätzlich nicht gehindert sind, für unterschiedliche Leistungsbereiche unterschiedliche Anforderungen zu statuieren, die auch dazu beitragen, die diagnostisch tätigen Ärzte als Berufsgruppe zu erhalten. Die Beschränkung der Abrechenbarkeit auf speziell qualifizierte Ärzte ist aus den gleichen Gründen sachlich gerechtfertigt, die gegen einen Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG sprechen (BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2004 aaO).
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Ermessensentscheidung der Beklagten darüber, ob diese den Gefäßchirurgen Dr. K. zumindest an einem Kolloquium teilnehmen lässt.
Ein solcher Anspruch ergibt sich vorliegend nicht aus § 9 Abs 5 der Qualitätssicherungsvereinbarung. Danach kann die KÄV die Genehmigung von der erfolgreichen Teilnahme an einem Kolloquium abhängig machen, wenn trotz der vorgelegten Zeugnisse und Bescheinigungen begründete Zweifel an der fachlichen Befähigung von Ärzten nach § 3 bestehen (S 1). Das gleiche gilt, wenn der antragstellende Arzt im Vergleich zu dieser Vereinbarung eine abweichende, aber gleichwertige Befähigung nachweist (S 2). Die nachzuweisenden Zahlen von diagnostischen Gefäßdarstellungen, diagnostischen Katheterangiographien und therapeutischen Eingriffen können durch ein Kolloquium nicht ersetzt werden (S 3).
Dem Wortlaut der Qualitätssicherungsvereinbarung nach gehört zwar auch die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung Radiologie zur fachlichen „Befähigung“ iSd § 3 Abs 1 und 2, sodass die Prüfung einer gleichwertigen Befähigung nach § 9 Abs 5 S 2 auch insoweit in Betracht kommen könnte. In Hinblick auf den systematischen Zusammenhang von § 9 Abs 5 S 2 mit § 3 Abs 1 und 2 und dem Zweck der dort jeweils unter Nr 1 getroffenen Regelung ist die Vorschrift aber einschränkend auszulegen. Denn sie betrifft nicht die „Befähigung“ im Sinne einer ausreichenden fachlichen Qualifikation zur Erbringung der hier streitigen Leistungen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beschränkung der Genehmigung auf Radiologen Folge des § 135 Abs 2 S 4 SGB V ist, mit dem - wie ausgeführt - im Interesse einer größeren Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung bezweckt wird, dass technisch-diagnostische Leistungen bei den Fachärzten der sogenannten Methodenfächer konzentriert werden. Dem würde es aber widersprechen, wenn es im Ermessen der KÄVen läge, auch therapeutisch tätigen Facharztgruppen wie den Gefäßchirurgen bereits nach erfolgreicher Absolvierung eines Kolloquiums zu einer Genehmigung nach § 135 Abs 2 SGB V zu verhelfen. Die von § 135 Abs 2 S 4 SGB V bezweckte Konzentration medizinisch-technischer Leistungen auf Methodenfächer wäre hierdurch gefährdet. In Übereinstimmung hiermit hat bereits das BSG in seiner zur Kernspintomographie-Vereinbarung ergangenen Grundsatzentscheidung vom 11. Oktober 2006 (B 6 KA 1/05 R, SozR 4-2500 § 135 Nr 10, Rn 34) darauf hingewiesen, dass in dieser Vereinbarung im Einklang mit der Ermächtigung des § 135 Abs 2 S 4 SGB V der Wille der vertragschließenden Partner zum Ausdruck kommt, grundsätzlich die kernspintomographische Diagnostik bei entsprechend qualifizierten Ärzten für Radiologie zu konzentrieren, und dass dies der Zulassung zu einem Kolloquium entgegenstehe. Für die vorliegend streitbefangene Qualitätssicherungsvereinbarung kann nichts anderes gelten. Unter „Befähigung“ iSv § 9 Abs 5 der Qualitätssicherungsvereinbarung können deshalb von vornherein nur Kriterien der Nrn 2 und 3 in § 3 Abs 1 und 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung fallen. Auf die Frage, wie § 9 Abs 5 S 2 in Hinblick auf S 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur interventionellen Radiologie auszulegen ist, kommt es deshalb hier nicht mehr an.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), sind nicht ersichtlich.
Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus der Anwendung des § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei geht der Senat in stRspr davon aus, dass bei Streitigkeiten über die Genehmigung zur Erbringung von vertragsärztlichen Leistungen die Honorareinnahmen für zwei Jahre maßgeblich sind (Senatsbeschlüsse vom 5. Februar 2007 - L 3 KA 130/06 ER - und vom 21. März 2013 - L 3 KA 8/13 B ER). Mangels geeigneter Berechnungsgrundlagen hierzu geht der Senat für jedes Quartal vom Auffangwert von 5.000 Euro (vgl § 52 Abs 2 GKG) aus, woraus sich der tenorierte Betrag ergibt.