Die Einzugsstelle hat zu einem Vergleich über rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge ersetzende Schadensersatzforderungen das Einvernehmen der beteiligten Rentenversicherungsträger einzuholen.
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin‑Brandenburg vom 22. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 9926,58 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
I
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Die klagende Deutsche Rentenversicherung Bund begehrt von der beklagten Krankenkasse Schadensersatz iHv 9926,58 Euro.
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Die Beklagte war die zuständige Einzugsstelle für ausstehende Gesamtsozialversicherungsbeiträge einer GmbH iHv 309 241,16 DM (158 112,49 Euro). Nachdem sie diese auch im Rahmen eines Gesamtvollstreckungsverfahrens nicht beitreiben konnte, erwirkte sie am 23.1.2002 gegen den Geschäftsführer der GmbH (im Folgenden: Schuldner) vor dem Landgericht Stendal ein Versäumnisurteil auf Zahlung von Schadensersatz nach § 823 Abs 2 BGB iVm § 266a Abs 1 StGB iHv 88 561,18 DM (45 280,62 Euro) nebst Zinsen wegen nicht weitergeleiteter Arbeitnehmeranteile zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die Zeit von Februar bis August 1997. Die Verrechnung der Forderung für den Fall eines späteren Leistungsbezugs des Schuldners merkte die Klägerin auf Ersuchen der Beklagten vor.
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Im Februar 2012 machte die Beklagte unter Berücksichtigung von Zinsen (11 285,06 Euro) und Kosten (2985,93 Euro) eine Gesamtforderung iHv 59 551,61 Euro gegenüber dem Schuldner geltend. Dem lagen ua rückständige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung iHv 21 574,17 Euro nebst 5441,49 Euro Zinsen zugrunde. Auf den daraufhin vom Schuldner unterbreiteten Vergleichsvorschlag, zur Abgeltung der Gesamtforderung 7000 Euro in Raten zu zahlen, bat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 2.5.2012 um ihr Einverständnis zu diesem Vergleich. Im Anschluss an ein zwischen den zuständigen Mitarbeiterinnen der Beteiligten am 4.6.2012 geführtes Telefonat unterzeichnete die Mitarbeiterin der Beklagten das Vergleichsangebot. Die Klägerin lehnte die Zustimmung zum Vergleich mangels ausreichender Quote mit Schreiben vom selben Tag ab. Der Schuldner zahlte die Vergleichssumme, von der 3335,83 Euro auf die Klägerin entfielen.
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Das SG Berlin hat die Beklagte zur Zahlung von 9126,58 Euro verurteilt (Urteil vom 7.10.2015). Das LSG Berlin-Brandenburg hat den Zahlbetrag wegen offensichtlicher Unrichtigkeit auf 9926,58 Euro korrigiert und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Anspruchsgrundlage des Schadensersatzanspruchs sei § 28r SGB IV, der die Haftung der Einzugsstelle für ihre Pflichten gegenüber anderen Versicherungsträgern als Beitragsgläubiger abschließend regele. Zwischen den gleichgestellten Versicherungsträgern bestehe ein besonders geregeltes öffentlich-rechtliches Treuhandverhältnis, ähnlich einem Geschäftsbesorgungsvertrag, das nicht nur die originären Beitragsansprüche, sondern auch daraus erwachsende Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung umfasse. Die durch § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV normierte Pflicht, sowohl Beitrags- als auch Schadensersatzansprüche geltend zu machen, werde durch § 76 Abs 4 Satz 2 SGB IV für den Fall eines Vergleichsabschlusses konkretisiert. Das danach erforderliche Einvernehmen mit den beteiligten Sozialversicherungsträgern habe zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses nicht vorgelegen. Durch die zumindest grob fahrlässige Pflichtverletzung der Beklagten sei der Klägerin ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden (Urteil vom 22.5.2019).
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Die Beklagte rügt sinngemäß eine Verletzung von § 28r Abs 1 und § 76 Abs 4 Satz 2 SGB IV. § 28r Abs 1 SGB IV erfasse nach seinem Wortlaut lediglich Beitragsansprüche, nicht aber zivilrechtliche Schadensersatzforderungen. Mit der Einführung dieser Vorschrift sei ‑ im Unterschied zur Vorgängervorschrift (§ 1436 Abs 1 Reichsversicherungsordnung <RVO>) ‑ eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zur Haftung für Vertragsverletzungen bewusst nicht mehr angeordnet worden. Zwar handele es sich dabei um eine spezielle Schadensersatznorm als gesetzliche Ausprägung eines öffentlich-rechtlichen Treuhandverhältnisses. Der hier betroffene Schadensersatzanspruch resultiere aber aus der Verletzung von Treupflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern. Das zur Klägerin bestehende öffentlich-rechtliche Treuhandverhältnis betreffe aber nur den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Ihre Treuepflichten habe sie mit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs auf zivilrechtlichem Weg erfüllt. Auch § 76 Abs 4 Satz 2 SGB IV erfasse seinem Wortlaut nach lediglich rückständige Beitragsansprüche. Der Gesetzgeber habe in Abgrenzung zu § 76 Abs 1 SGB IV nicht den umfassenderen Begriff der Einnahmen verwendet. Schadensersatzforderungen wegen Beitragsvorenthaltung berührten die Beitragsforderung nur, soweit gezahlt werde, ließen diese aber unberührt, soweit durch Vergleich von der Schadensersatzforderung abgesehen werde. Die wirtschaftlichen Interessen der übrigen Sozialversicherungsträger seien daher durch den Vergleich nicht unmittelbar betroffen. Eine Zustimmung der anderen Sozialversicherungsträger sei für eine Entscheidung über eine Niederschlagung der Beitragsansprüche bei Abschluss des Falles erforderlich. Eine doppelte Zustimmung habe der Gesetzgeber aber nicht intendiert. Schließlich könnten die betroffenen Versicherungsträger im Falle eines Fehlverhaltens der Einzugsstelle Schadensersatzansprüche im Rahmen einer Überprüfung nach § 28q SGB IV geltend machen.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin‑Brandenburg vom 22. Mai 2019 und des Sozialgerichts Berlin vom 7. Oktober 2015 aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie schließt sich den Ausführungen des LSG an.
II
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Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Vorinstanzen haben die Beklagte zu Recht zur Zahlung von Schadensersatz iHv 9926,58 Euro an die Klägerin verurteilt.
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Die von der Klägerin auf Ersatz ihres Vermögensschadens gerichtete echte Leistungsklage ist in dem hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zwischen dem klagenden Rentenversicherungsträger und der beklagten Krankenkasse als Einzugsstelle gemäß § 54 Abs 5 SGG zulässig. Eines Vorverfahrens bedurfte es insoweit nicht (vgl § 78 SGG). Über den geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Schadensersatzanspruch haben die Sozialgerichte als sonstige Angelegenheit der Sozialversicherung zu entscheiden (§ 51 Abs 1 Nr 5 SGG).
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Die Klage ist auch begründet. Nach § 28r Abs 1 Satz 1 SGB IV (in der Fassung <idF> der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) haftet die Einzugsstelle dem Träger der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit sowie dem Gesundheitsfonds für einen diesen zugefügten Schaden, wenn ein Organ oder ein Bediensteter der Einzugsstelle schuldhaft eine diesem "nach diesem Abschnitt" (Dritter Abschnitt der §§ 28a bis 28r SGB IV) auferlegte Pflicht verletzt. Diese Voraussetzungen sind hier dem Grunde und der Höhe nach gegeben. Die Beklagte war die zuständige Einzugsstelle für rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge der vom Schuldner früher geführten GmbH. Bei der Geltendmachung dieser Beitragsansprüche (dazu 1.) hat sie eine ihr nach dem Dritten Abschnitt des SGB IV auferlegte Pflicht verletzt (dazu 2.). Die Pflichtverletzung beruht auf einem schuldhaften Verhalten einer Bediensteten der Beklagten (dazu 3.) und hat den geltend gemachten Schaden des klagenden Trägers der Rentenversicherung verursacht (dazu 4.).
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1. Zu den Pflichten der Beklagten nach dem Dritten Abschnitt des SGB IV gehört die ihr als Einzugsstelle durch § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) übertragene Aufgabe, "Beitragsansprüche" geltend zu machen, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind. Es ist in Rechtsprechung (vgl BSG Urteil vom 20.3.1981 ‑ 8/8a RK 19/79 ‑ BSGE 51, 247, 249 = SozR 2200 § 1399 Nr 14 S 32 f = juris RdNr 21; BGH Urteil vom 20.12.1988 ‑ VI ZR 145/88 ‑ juris RdNr 6; OLG Sachsen-Anhalt Urteil vom 16.11.1999 ‑ 13 U 122/99 ‑ juris RdNr 24; OLG Frankfurt am Main Urteil vom 29.1.2020 ‑ 23 U 46/19 ‑ juris RdNr 73 f mwN) und Literatur (Dahm in Eichenhofer/Wenner, 2. Aufl 2017, § 28h SGB IV RdNr 7; Scheer in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl 2021, Stand 14.3.2022, § 28h RdNr 72 f; Wehrhahn in Kasseler Kommentar, Stand März 2017, § 28h SGB IV RdNr 6; Winkler in LPK-SGB IV, 3. Aufl 2021, § 28h RdNr 6) seit vielen Jahren unumstritten, dass sich diese Pflicht auch auf Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs 2 BGB iVm § 266a StGB erstreckt, die auf der Nichtentrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen beruhen. Der Begriff der "Beitragsansprüche" iS von § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV umfasst auch die genannten Schadensersatzansprüche und geht insoweit über die Legaldefinition in dem die Arbeitgeberhaftung regelnden § 28e Abs 4 SGB IV hinaus, wonach zu den Beitragsansprüchen lediglich Beiträge, Säumniszuschläge und Zinsen zählen. An diesem Verständnis des BSG zu der vor Einführung des Dritten Abschnitts des SGB IV (durch Art 1 Nr 5 des Gesetzes zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das SGB IV vom 20.12.1988, BGBl I 2330) geltenden Rechtslage hält der Senat auch für die Vorschrift des § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV fest.
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Die Beklagte ist offenbar selbst von diesem Rechts‑ und Pflichtenverständnis des § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV ausgegangen. Denn nur dann, wenn von der Pflicht zur umfassenden Geltendmachung bestehender Beitragsansprüche auch auf deren Nichterfüllung beruhende zivilrechtliche Schadensersatzansprüche umfasst sind, war die Beklagte gesetzlich nach § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV ermächtigt, im Zivilrechtsweg die rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge wegen nicht weitergeleiteter Arbeitnehmeranteile insgesamt als einen allein ihr gegenüber auszugleichenden Schaden geltend zu machen. Diese Vorschrift berechtigt als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (ebenso wie die Vorläuferregelungen des § 1399 Abs 1 und 3 RVO, § 121 Abs 1 und 3 Angestelltenversicherungsgesetz sowie der §§ 176 und 182 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz, vgl hierzu BSG Urteil vom 20.3.1981 ‑ 8/8a RK 19/79 ‑ BSGE 51, 247, 249 = SozR 2200 § 1399 Nr 14 S 32 f = juris RdNr 21) nicht nur, sondern verpflichtet zugleich zur Schadensliquidation. Nur diese Auslegung trägt dem gesetzlichen Auftrag, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben (§ 76 SGB IV idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710), Rechnung. Die Geltendmachung sowohl von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen als auch von diese ersetzenden Schadensersatzansprüchen, die wirtschaftlich betrachtet einer Beitragseinziehung gleichstehen (vgl BGH Urteil vom 20.12.1988 ‑ VI ZR 145/88 ‑ juris RdNr 6), bleibt auf diese Weise einheitlich in der Hand der zuständigen Einzugsstelle. Zudem sind die (nur) wirtschaftlich betroffenen Versicherungsträger grundsätzlich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung durch die Einzugsstellen angewiesen. Solche zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche basieren auf der Verletzung der Arbeitgeberpflicht zur Weiterleitung der Arbeitnehmeranteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28e Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IV idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710). Diese Pflicht besteht aber nur gegenüber den Einzugsstellen (§ 28h Abs 1 Satz 1 SGB IV), sodass grundsätzlich nur diese, nicht aber die allein wirtschaftlich betroffenen Versicherungsträger Gläubiger des Schadensersatzanspruchs sind. Schließlich erhält die Einzugsstelle für die Geltendmachung der Beitragsansprüche eine Vergütung (§ 28l Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB IV idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710), die auch die mit der Verfolgung solcher Schadensersatzforderungen verbundenen Kosten umfasst (Scheer in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl 2021, § 28l SGB IV, Stand 1.8.2021, RdNr 55 ff; vgl zur Rechtslage vor Einführung der §§ 28a ff SGB IV BSG Urteil vom 20.3.1981 ‑ 8/8a RK 19/79 ‑ BSGE 51, 247 = SozR 2200 § 1399 Nr 14).
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2. Die Beklagte hat dadurch eine Pflicht im Sinn von § 28r Abs 1 Satz 1 SGB IV verletzt, dass sie den Ausgleich des Schadensersatzanspruchs wegen nicht rechtzeitig erfüllter Beitragsansprüche nach § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV nicht umfassend, sondern unter Missachtung des § 76 Abs 4 Satz 2 SGB IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) geltend gemacht hat. Im Rahmen des zwischen der Einzugsstelle und den anderen Sozialversicherungsträgern bestehenden Treuhandverhältnisses (dazu a) ist deren Einvernehmen mit einem Vergleichsabschluss nicht nur hinsichtlich rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge (dazu b), sondern auch bei diesen ersetzenden Schadensersatzforderungen nach § 823 Abs 2 BGB iVm § 266a StGB (dazu c) einzuholen. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen (dazu d).
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a) Die Wahrnehmung der Rechte an den einzuziehenden Beiträgen obliegt nach ständiger Rechtsprechung des BSG im Außenverhältnis zu den Beitragsschuldnern bis zur Verteilung der Mittel ausschließlich den Einzugsstellen (vgl nur BSG Urteil vom 12.6.2008 ‑ B 3 P 1/07 R ‑ BSGE 101, 1 = SozR 4‑2400 § 28h Nr 5, RdNr 15 ff mwN; für den Fall der Betriebsprüfung vgl BSG Urteil vom 28.5.2015 ‑ B 12 R 16/13 R ‑ SozR 4‑2400 § 28p Nr 5 RdNr 22 f und BSG Urteil vom 15.9.2016 ‑ B 12 R 2/15 R ‑ SozR 4‑2400 § 22 Nr 5 RdNr 24 sowie BGH Urteil vom 12.5.2009 ‑ VI ZR 294/08 ‑ juris RdNr 16, der auch von einer Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers zur Geltendmachung von Beitragsrückständen ausgeht). Dabei sind die Rechtsbeziehungen zwischen der jeweiligen Einzugsstelle und den beteiligten Sozialversicherungsträgern als Treuhandverhältnis ausgestaltet. Die Einzugsstelle ist gegenüber den Beitragsschuldnern Inhaberin der Beitragsforderung, die jedoch im Innenverhältnis zu den anderen Versicherungsträgern ein für die Einzugsstelle fremdes Recht bleibt. Auch wenn die Einzugsstelle im Außenverhältnis als Beitragsgläubigerin auftritt, stehen die Beiträge wirtschaftlich betrachtet ausschließlich den betroffenen Versicherungsträgern zu. Die gesetzliche Übertragung von Gläubigerrechten in den §§ 28d ff SGB IV ähnelt der zivilrechtlichen Abtretung zum Zwecke der Einziehung, wobei der Zessionar die Forderung für Rechnung des Zedenten einzieht und das, was er erhält, an den Zedenten abzuliefern hat. Er kann dementsprechend über die Forderung verfügen, erhält also die volle Gläubigerstellung. Deshalb wird die Einzugsstelle auch als "Prozessstandschafter" für den beteiligten Versicherungsträger qualifiziert (BSG Urteil vom 12.6.2008 ‑ B 3 P 1/07 R ‑ BSGE 101, 1 = SozR 4‑2400 § 28h Nr 5, RdNr 15 mwN).
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b) Die Einzugsstelle hat in Wahrnehmung ihrer Pflicht zur Geltendmachung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nach § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV auch die Vorgaben des § 76 SGB IV zur rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen (Abs 1) zu beachten. Danach hat allein "die zuständige Einzugsstelle" über die Stundung, die Niederschlagung oder den Erlass von Ansprüchen auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu entscheiden (Abs 2 und Abs 3 Satz 1). Auch ist allein die Einzugsstelle ermächtigt, über rückständige Ansprüche auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag einen Vergleich zu schließen, wenn dies für sie, die beteiligten Träger der Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit wirtschaftlich und zweckmäßig ist (Abs 4 Satz 1). Demgegenüber sind die nur wirtschaftlich betroffenen Versicherungsträger selbst nicht befugt, solche Entscheidungen über noch offene Forderungen aus dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Außenverhältnis zum Beitragsschuldner zu treffen (vgl hierzu BSG Urteil vom 12.6.2008 ‑ B 3 P 1/07 R ‑ BSGE 101, 1 = SozR 4‑2400 § 28h Nr 5, RdNr 16, 18). Nach der Ausnahmeregelung des § 76 Abs 4 Satz 4 iVm Satz 3 SGB IV können die Träger der Rentenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen nur dann selbst einen Vergleich über rückständige Beitragsansprüche schließen, soweit es sich nicht um Ansprüche aus dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag handelt. In Bezug auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag besteht für die Träger der Rentenversicherung nur ein Beteiligungsrecht und damit korrespondierend für die Einzugsstelle eine Beteiligungspflicht. Sie darf insoweit einen Vergleich über rückständige Beitragsansprüche, deren Höhe die Bezugsgröße insgesamt übersteigt, nur im Einvernehmen mit den beteiligten Trägern der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit schließen (§ 76 Abs 4 Satz 2 SGB IV). Dieses Beteiligungsgebot dient erkennbar (auch) den Interessen der im Treuhandverhältnis zur Einzugsstelle stehenden anderen Versicherungsträger, die als wirtschaftlich Betroffene nicht selbst im Außenverhältnis auftreten und den Gesamtsozialversicherungsbeitrag betreffende Entscheidungen treffen können.
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c) Das mit dem Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags verbundene Treuhandverhältnis, das für die Einzugsstelle aufgrund der gesetzlich angeordneten Wahrnehmung fremder Rechte mit Sorgfalts‑, Treue‑ und Interessenwahrungspflichten gegenüber den betroffenen anderen Versicherungsträgern verbunden ist, erstreckt sich auch auf die Geltendmachung von an die Stelle von Beitragsansprüchen tretenden Schadensersatzansprüchen nach § 823 Abs 2 BGB iVm § 266a StGB. Nach § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV werden auch die durch den Ausfall des Gesamtsozialversicherungsbeitrags entstandenen Schäden aller betroffenen Versicherungsträger weiterhin einheitlich durch die Einzugsstelle gegenüber dem Beitragsschuldner geltend gemacht. Die Vorschrift überträgt im Wege der gesetzlichen Zession der Einzugsstelle im Außenverhältnis die allein ihr zustehenden Gläubigerrechte an den Schadensersatzansprüchen für nicht rechtzeitig erfüllte Beitragsansprüche. Diese gesetzliche Zession bildet den Grund für das Treuhandverhältnis zwischen der Einzugsstelle und den wirtschaftlich betroffenen Sozialversicherungsträgern, das sich bis zur Verteilung der Mittel erstreckt (vgl hierzu BSG Urteil vom 27.9.1961 ‑ 3 RK 74/59 ‑ BSGE 15, 118, 122 f = SozR Nr 2 zu § 1399 RVO S A a 3 f; BSG Urteil vom 12.6.2008 ‑ B 3 P 1/07 R ‑ BSGE 101, 1 = SozR 4‑2400 § 28h Nr 5, RdNr 15, 16, 18). Angesichts dieser Parallelität bei der Aufgabenzuweisung hinsichtlich der Erhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einerseits und der Geltendmachung von diesen ersetzenden Schadensersatzforderungen aus unerlaubter Handlung andererseits ist eine einheitliche Beachtung der in § 76 SGB IV normierten gesetzlichen Vorgaben zur Erhebung von Einnahmen geboten. Damit sind auch bei einem Vergleich über beitragsersetzende Schadensersatzforderungen aus unerlaubter Handlung die für die Einzugsstelle bei einem Vergleich über rückständige "Beitragsansprüche" geltenden Einschränkungen des § 76 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB IV zu berücksichtigen. Dem in dieser Vorschrift verwendeten Begriff der "Beitragsansprüche" kann keine andere Bedeutung beigemessen werden als in § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV. Nur eine übereinstimmende Begriffsauslegung wird der rechtssystematischen Einbindung des § 76 SGB IV in das Verfahren der Erhebung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Kompetenzverteilung zwischen Einzugsstelle und anderen Sozialversicherungsträgern gerecht.
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Während im Dritten Abschnitt des SGB IV (§§ 28a bis 28r SGB IV) ua die Zuständigkeit der Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geregelt ist, befindet sich § 76 SGB IV im Dritten Titel des Vierten Abschnitts des SGB IV über das Haushalts- und Rechnungswesen der Träger der Sozialversicherung. Dieser regelt vor allem haushälterische und wirtschaftliche Aspekte der Einnahmenerhebung. Zwar bleibt die Zuständigkeit der Träger der Sozialversicherung für die Erhebung von Einnahmen dem Grunde und der Höhe nach von § 76 SGB IV grundsätzlich unberührt. Soweit nichts anderes geregelt ist, dürfen Sozialversicherungsträger nur die ihnen selbst zustehenden Einnahmen erheben. Ist aber der Einzugsstelle nach § 28h Abs 1 Satz 1 und 3 SGB IV die Geltendmachung sowohl des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als auch der diesen ersetzenden Schadensersatzansprüche übertragen, hat sie jeweils die in § 76 SGB IV hierfür normierten Grundätze der Wirtschaftlichkeit einzuhalten. Geht mit der Verpflichtung zur Geltendmachung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags die Befugnis zum Abschluss eines Vergleichs einher, kann nichts anderes für Schadensersatzansprüche gelten. Wären vom Begriff der "Beitragsansprüche" in § 76 Abs 4 SGB IV beitragsersetzende Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nicht umfasst, würde es bereits an der Ermächtigung zum Abschluss eines Vergleichs an sich fehlen.
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Für eine einheitliche Begriffsauslegung sprechen auch Sinn und Zweck des § 76 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB IV. Das von der Einzugsstelle einzuholende Einvernehmen trägt der wirtschaftlichen Betroffenheit der anderen beteiligten Versicherungsträger Rechnung. Diese sind von einem Vergleich über beitragsersetzende Schadensersatzansprüche in gleicher Weise wirtschaftlich unmittelbar betroffen wie von einem Vergleich über Beitragsansprüche. Beide Ansprüche stehen bezüglich des an die einzelnen Sozialversicherungsträger auszukehrenden Anteils wirtschaftlich allein diesen zu. Dies rechtfertigt ihre Einbeziehung in den von der Einzugsstelle und dem Forderungsschuldner beabsichtigten Vergleichsabschluss.
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Ungeachtet dessen gebietet § 76 Abs 1 SGB IV bei Einnahmen überhaupt und damit bei sämtlichen Forderungen deren rechtzeitige und vollständige Erhebung. Der Begriff der Einnahmen ist umfassend und bezieht sich grundsätzlich auf alle gesetzlichen Ansprüche der Sozialversicherungsträger (BSG Urteil vom 7.7.2020 ‑ B 12 R 28/18 R ‑ SozR 4‑2400 § 24 Nr 9 RdNr 14), also auch auf zivilrechtliche Schadenersatzansprüche nach § 823 Abs 2 BGB iVm § 266a StGB. Wäre § 76 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB IV bei einem Vergleich über die den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ersetzenden Schadensersatzansprüche nicht einschlägig, hätte die Beklagte ihre Forderung nur vollständig erheben dürfen.
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d) Die Beklagte hat entgegen § 76 Abs 4 Satz 2 SGB IV den Vergleich ohne das erforderliche Einvernehmen der Klägerin geschlossen und damit eine ihr im Rahmen der Geltendmachung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach § 28h Abs 1 Satz 3 SGB IV obliegende Pflicht verletzt. Dem Vergleich der Beklagten mit dem Schuldner lag eine die Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) von 26 880 Euro im Beitrittsgebiet und 31 500 Euro im Übrigen (§ 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2012 vom 2.12.2011, BGBl I 2421) übersteigende Gesamtforderung iHv 59 551,61 Euro zugrunde. Das deshalb für den Vergleichsabschluss erforderliche Einvernehmen (§ 76 Abs 4 Satz 2 SGB IV) hat die Klägerin nach den insoweit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht erklärt.
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3. Die Pflichtverletzung beruht auf einem schuldhaften Verhalten einer Bediensteten der Beklagten. Diese hat zumindest fahrlässig den Vergleich ohne eine hinreichend deutliche Einverständniserklärung der Klägerin herbeigeführt. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs 2 BGB). Die rechtlichen Anforderungen an den Vergleichsabschluss mussten der Bediensteten aufgrund der Anfrage vom 2.5.2012, ob die Klägerin mit dem Vergleichsvorschlag einverstanden sei, bekannt sein. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt hat das Abwarten einer eindeutigen Einverständniserklärung notwendig gemacht.
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4. Durch die Pflichtverletzung der Beklagten ist der Klägerin der von ihr geltend gemachte Schaden entstanden. Die rückständigen Beiträge können gegenüber der inzwischen aufgelösten GmbH nicht mehr geltend gemacht werden. Die Durchsetzung der gesamten Schadensersatzforderung wäre ohne den Vergleichsabschluss nicht von vorneherein dauerhaft aussichtslos gewesen. Das reicht für die Annahme des Kausalitätszusammenhangs aus. Das von der Einzugsstelle nach § 76 Abs 4 Satz 2 SGB IV vor einem Vergleichsabschluss einzuholende Einvernehmen der betroffenen anderen Sozialversicherungsträger dient der gemeinsamen Einschätzung, ob und inwieweit es im Einzelfall wirtschaftlich und zweckmäßig ist, im Wege eines Vergleichs einen Teil der Forderung nicht weiter zu verfolgen. Zur Annahme einer hinreichenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden muss daher nicht zweifelsfrei feststehen, dass sich die Schadensersatzforderung (ggf zukünftig) in voller Höhe durchsetzen ließe. Etwaige Zweifel an der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit eines Vergleichs gehen allein zu Lasten der pflichtwidrig handelnden Einzugsstelle.
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Anhaltspunkte dafür, dass die Gesamtforderung dauerhaft beim Schuldner nicht durchsetzbar gewesen wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der am 1962 geborene Schuldner war im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 4.6.2012 mit 50 Jahren noch im erwerbsfähigen Alter. Zudem hatte die Klägerin auf Ersuchen der Beklagten die Verrechnung der titulierten Forderung mit einem späteren Leistungsbezug vorgemerkt.
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Die Schadensersatzforderung der Klägerin ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Von der im Versäumnisurteil titulierten Forderung standen den Trägern der Rentenversicherung 21 574,17 Euro zu, die hierfür 3335,83 Euro aus den Zahlungen auf den Vergleich erhielten. Von den verbleibenden 18 238,34 Euro entfielen nach Verteilung auf die verschiedenen Träger der Rentenversicherung 9926,58 Euro auf die Klägerin. Auch insoweit ist der Senat an die nicht gerügten Feststellungen des LSG gebunden (§ 163 SGG).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 3 Satz 1 GKG.