Eine Verschlimmerung einer Lärmschwerhörigkeit i.S.d. Berufskrankheit Nr. 2301 der Anl. 1 zur BKV mehrere Jahre nach Aufgabe der lärmbelastenden beruflichen Tätigkeit ist medizinisch ausgeschlossen; die Verschlechterung des Hörvermögens kann damit nicht mehr auf der beruflichen Exposition beruhen, sodass eine Verletztenrente wegen der Folgen der anerkannten Berufskrankheit nicht in Betracht kommt.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.02.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten (nur noch) Verletztenrente auf Grund der bei ihm anerkannten Berufskrankheit (BK) Nr. 2301 (Lärmschwerhörigkeit) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1963 geborene Kläger zog nach eigener Angabe im Jahr 1979 von der T kommend in das Bundesgebiet zu und erlernte den Beruf eines Betriebsschlossers (S. 64 SG-Akte S 4 U 2818/20). Vom 01.06.1982 bis 31.12.1989 war er in seinem Ausbildungsbetrieb als Metallarbeiter beschäftigt. Seit dem 01.01.1990 ist er versicherungspflichtig bei der Fa. P AG in S tätig. Von Beginn seiner dortigen Tätigkeit bis zum 17.03.1996 war er im Bereich Karosserie-Rohbau in den Werken 5 bzw. 2 mit Schweiß- und Kommissionierarbeiten an Blechteilen respektive mit der Anlagenbestückung und mit manuellen Richtarbeiten betraut; als persönliche Schutzausrüstung war Gehörschutz vorgesehen. Vom 18.03.1996 bis 31.07.1997 arbeitete er sodann im Bereich der Vormontage von Fahrwerkskomponenten respektive im Bereich der Kommissionierung, wo er manuelle Montagetätigkeiten am Fahrzeug verrichtete. Vom 01.08.1997 bis 30.07.1998 war er im Bereich der Montage-Logistik und der Fahrwerksmontage mit dem manuellen Kommissionieren von Fahrwerksteilen an Fahrzeugen betraut. Seit dem 31.07.1998 wird er im Bereich der Produktionslogistik als Kommissionierer von Automobilteilen aus dem Regal verwendet (s. zu allem die Arbeitgeberauskunft vom 18.03.2009 sowie Bl. 45 SG-Akte S 4 U 2818/20).
Nach einem Kfz-Unfall am 21.11.2008 (u.a. Verdacht auf eine Hirnstammkontusion mit Vestibularisausfall) zeigte der B mit Schreiben vom 12.12.2008 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) den Verdacht auf eine BK Nr. 2301 an. Beim Kläger bestehe (unfallunabhängig) eine gering- bis mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits mit annähernd symmetrischem Hochtonschrägabfall und normalem beidseitigen Kurvenverlauf in der Impedanzaudiometrie. Der Kläger habe angegeben, subjektiv keine Hörminderung bemerkt zu haben. Die Beklagte zog daraufhin u.a. hno- und betriebsärztliche Befundunterlagen einschließlich Tonaudiogramme, die oben bereits erwähnte Arbeitgeberauskunft sowie die Protokolle der Schallpegelmessungen an den Arbeitsplätzen des Klägers bei. Der L, Betriebsarzt bei der Fa. P AG, teilte der Beklagten mit, dass der Kläger bereits seit dem 18.03.1996 nicht mehr im Lärmbereich tätig sei.
Der Präventionsdienst der Beklagten (s. Stellungnahme Arbeitsplatzexposition BK 2301 vom 06.05.2009) ermittelte auf der Grundlage der Arbeitgeberunterlagen, der Lärmtabellen des seinerzeitigen Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (BGIA) sowie eines Vorort-Termins mit Lärmmessung bei der Fa. P AG am 20.04.2009 - an dem auch der Kläger teilnahm - gestaffelt nach den einzelnen Beschäftigungsabschnitten folgende Tages-Lärmexpositionspegel (LEX): vom 01.06.1982 bis 28.07.1984 88 dB(A), vom 28.07.1984 bis 31.12.1989 93 dB(A), vom 01.01.1990 bis 31.12.1990 89 dB(A), vom 01.01.1991 bis 28.02.1994 91 dB(A), vom 01.03.1994 bis 17.03.1996 87 dB(A), vom 18.03.1996 bis 31.07.1997 80 dB(A) sowie vom 01.08.1997 bis 04.05.2009 78 dB(A).
Die Auswertung des beigezogenen Tonaudiogramms vom 16.10.1995 ergab einen prozentualen Hörverlust beim Kläger nach der Drei-Frequenz-Tabelle von Röser (1980) von beidseits unter 20 %, die des Tonaudiogramms vom 16.02.2009 einen prozentualen Hörverlust von 25 % rechts und 30 % links (vgl. Auswertungsbericht vom 20.02.2009).
Mit Bescheid vom 18.06.2009 anerkannte die Beklagte beim Kläger das Vorliegen einer BK Nr. 2301 und lehnte einen Anspruch auf Rente wegen der BK ab. Zwar bestehe bei ihm eine beginnende Innenohrhochtonschwerhörigkeit beidseits. Diese bedinge indes keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Die Zunahme des Hörverlustes nach Beendigung der beruflichen Einwirkung von gehörgefährdendem Lärm im März 1996 sei unabhängig von der BK. Diesen Bescheid focht der Kläger nicht mit Widerspruch an.
Mit Schreiben vom 20.03.2019 erstattete die H bei der Fa. P, erneut eine BK-Verdachtsanzeige. Sie gab eine Lärmschwerhörigkeit an und verwies zugleich auf eine (Alters-)Presbyakusis und darauf, dass der Kläger im Unternehmen bis 1996 im Lärmbereich tätig gewesen sei. Über den Hörgeräteakustiker erhielt die Beklagte sodann Mitte April 2019 die Ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe des K vom 28.02.2019.
Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 06.03.2020 beantragte der Kläger die Versorgung mit Hörgeräten sowie die Gewährung von Rente. Es liege eine deutliche Verschlechterung seines Hörvermögens mit beidseitigem Tinnitus vor. Er sei „auch über die 90er Jahre hinaus“ massivem Lärm in seiner Berufstätigkeit ausgesetzt gewesen. So habe er nach dem Wechsel zu P 1990 im Karosseriebau gearbeitet, was mit einer massiven Lärmbelastung einhergegangen sei.
Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme des Präventionsdienstes ein. Dieser ermittelte auf Grundlage der Angaben des Klägers sowie der des Unternehmens, der betrieblichen Unterlagen, namentlich über die stattgehabten Lärmmessungen, und eines Vorort-Termins bei der Fa. P am 19.01.2021 - an dem u.a. neben einem Betriebsrat auch der Kläger teilnahm - für die Zeit vom 05.05.2009 bis 19.01.2021 einen Tages-Lärmexpositionspegel von 69 dB(A). Der Kläger sei mithin in diesem Zeitraum keinem gehörschädigenden Lärm (= größer gleich 85 dB(A) Pegel) ausgesetzt gewesen. Die Arbeitsplatzbewertungen in der Stellungnahme vom 04.05.2009 seien im Termin angesprochen und bestätigt worden (s. zu allem die Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 22.01.2021, S. 45 SG-Akte S 4 U 2818/20).
Mit Bescheid vom 23.02.2021 lehnte die Beklagte eine Versorgung mit Hörgeräten (endgültig) sowie die Gewährung von Rente ab. Ein lärmbedingter Hörschaden könne nur entstehen bzw. sich weiterentwickeln, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang mit einer gehörschädigenden Lärmentwicklung, also einem dauerhaften Tages-Lärmexpositionspegel von mindestens 85 dB(A) bestehe. Der Kläger sei indes seit dem 18.03.1996 keinem entsprechenden beruflichen Lärmexpositionspegel mehr ausgesetzt gewesen, sodass der seither zugenommene beidseitige Hörverlust unabhängig von der anerkannten BK bestehe; eine Entschädigung komme damit nicht in Betracht.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die Stellungnahmen des Präventionsdienstes nicht nachvollziehbar seien und dass die Lärmbelastung vor 15 Jahren eine ganz andere gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2021 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den aktenkundigen Tonaudiogrammen habe weder vor Beendigung der beruflichen Exposition im März 1996 noch zeitnah danach ein rentenberechtigender Hörverlust vorgelegen. Dass es im März 1996 zu einer Beendigung der beruflichen Lärmexposition gekommen sei, hätten bereits die Ermittlungen des Präventionsdienstes im Jahr 2009 ergeben. Bei der Begehung im Januar 2021 habe nichts Abweichendes festgestellt werden können und insbesondere seien auch die damaligen Expositionsergebnisse der Arbeitsplatzbewertungen ausdrücklich bestätigt worden. Die beim Kläger eingetretene Verschlimmerung stelle mithin einen außerberuflichen, schicksalhaften sog. Nachschaden dar.
Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Heilbronn am 14.06.2021 mit dem Begehren Klage erhoben (S 4 U 1658/21), ihm eine Rente auf Grund der bei ihm anerkannten BK Nr. 2301 zu gewähren sowie ihn mit Hörgeräten zu versorgen. Hinsichtlich Letzterem hat er seine Klage später im Berufungsverfahren nach zwischenzeitlicher Sachversorgung zurückgenommen; insoweit wird wegen der weiteren Einzelheiten auf das gerichtliche Protokoll vom 27.09.2022 (S. 56 ff. Senats-Akte) Bezug genommen.
Zur Begründung seines Rentenanspruchs hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Angaben der Fa. P zur Lärmexposition nicht den Tatsachen entsprächen, dass der Betrieb entsprechende Unterlagen „gelöscht“ habe, dass die Stellungnahmen des Präventionsdienstes falsche Darstellungen enthielten, dass er seit über 30 Jahren wegen des Lärms auf der Arbeit Probleme habe und dass er wegen der seinerzeitigen betrieblichen Umsetzung Lohneinbußen hinnehmen müsse, die die Beklagte zu entschädigen habe.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.02.2022 abgewiesen. Es hat zur Begründung unter Zueigenmachung der Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass der Kläger nur bis März 1996 lärmgefährdet tätig gewesen sei. Seither habe die berufliche (Tages-)Lärmexposition bei 80 dB(A) bzw. 78 dB(A) und zuletzt seit Mai 2009 bei 69 dB(A) gelegen. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen des Präventionsdienstes, die auf dokumentierten Lärmmessungen an den Arbeitsplätzen sowie auf den Vorort-Begehungen beruhten, an denen der Kläger teilgenommen und im Rahmen derer er sich auch geäußert habe. Mit seinem Vortrag, dass seine Arbeitsplätze falsch dargestellt worden seien und dass er mit den Expositionsergebnissen nicht einverstanden sei, habe er nichts Substantielles vorgebracht, sondern nur pauschale Vorwürfe erhoben. Eine hörschädigende Lärmeinwirkung liege damit seit dem 18.03.1996 nicht (mehr) vor, denn nach dem unfallmedizinischen Schrifttum bestehe eine solche erst bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 85 dB(A) und mehr bei einem 8-Stunden-Tag über viele Arbeitsjahre. Die Verschlechterung seines Hörvermögens seit März 1996 könne somit nicht mehr der beruflichen Tätigkeit angelastet werden. Deswegen bestehe kein Anspruch auf Rente wegen der Folgen der anerkannten BK Nr. 2301 und (gegen die Beklagte) auch kein Anspruch auf eine Hörgeräteversorgung.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 16.02.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.03.2022 Berufung eingelegt. Er sei (so sein Vorbringen im erledigten Parallelberufungsverfahren L 10 U 3811/21 zum Klageverfahren S 4 U 2818/20, indem es ebenfalls um die Versorgung mit Hörgeräten gegangen ist; auch insoweit wird wegen der weiteren Einzelheiten auf das Protokoll vom 27.09.2022, S. 56 ff. Senats-Akte, Bezug genommen) „weit über März 1996 Lärm gefährdet“ tätig gewesen, nicht einverstanden mit den Ermittlungen der Beklagten und deren „technischen Dienst“ und seine Angaben seien auch nicht berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß (vgl. S. 57, 2 f. Senats-Akte),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.02.2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2021 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen der bei ihm anerkannten Berufskrankheit Nr. 2301 nach der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidungen keinen Anspruch auf Verletztenrente auf Grund der bei ihm anerkannten BK Nr. 2301.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz, auch die der Verfahren S 4 U 2818/20 und L 10 U 3811/21, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 23.02.2021 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2021, dies indes nur noch insoweit, als die Beklagte damit die Gewährung von Rente auf Grund der bei beim Kläger (mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 18.06.2009) anerkannten BK Nr. 2301 abgelehnt hat. Hinsichtlich der ebenfalls mit den genannten Verwaltungsentscheidungen abgelehnten (Sach-)Versorgung des Klägers mit Hörgeräten, hat dieser seine diesbezügliche Klage im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Senats am 27.09.2022 zurückgenommen (vgl. § 153 Abs. 1 SGG, § 102 Abs. 1 Satz 1 SGG; zur teilweisen Klagerücknahme s. nur Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 102 Rn. 4 m.w.N.), sodass der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt (§ 153 Abs. 1, § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG) und der Gerichtsbescheid des SG in diesem Umfang wirkungslos geworden (§ 202 Satz 1 SGG, § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -; dazu nur Schmidt, a.a.O., Rn. 9 m.w.N.) ist.
Das SG hat die Klage, soweit darüber noch zu befinden ist, zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 23.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2021 ist - soweit er noch der Prüfung des Senats unterfällt (s.o.) - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen der bei ihm anerkannten BK Nr. 2301.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den (noch) geltend gemachten Anspruch auf Verletztenrente dargestellt und ebenso zutreffend unter Anführung der einschlägigen unfallmedizinischen Literatur ausgeführt, dass und warum der Kläger bereits seit dem 18.03.1996 beruflich keinen als gehörschädigend anzusehenden Lärmeinwirkungen mehr ausgesetzt ist und dass deswegen die zwischenzeitliche Verschlechterung seines Hörvermögens nicht auf die bei ihm mit Bescheid vom 18.03.2009 anerkannte Lärmschwerhörigkeit zurückgeführt werden kann. Dabei hat es sich hinsichtlich der Lärmexpositionen an den Arbeitsplätzen des Klägers zu Recht auf die Stellungnahmen des Präventionsdienstes der Beklagten gestützt und im Einzelnen dargelegt, dass und warum diese überzeugend und die jeweiligen beruflichen (Tages-)Lärmexpositionspegel zutreffend ermittelt worden sind sowie dass die nur pauschalen Einwände des Klägers dagegen keine andere Bewertung rechtfertigen. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Lediglich ergänzend merkt der Senat, auch zum Rechtsmittelvorbringen, Folgendes an:
Darauf, dass der Kläger schon seit dem 18.03.1996 keiner lärmschädigenden beruflichen Tätigkeit mehr nachgeht, hat bereits L in seiner arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 24.02.2009 hingewiesen und die H hat dies in ihrem Schreiben vom 20.03.2019 ausdrücklich bestätigt. Eine derartige gehörschädigende Lärmeinwirkung liegt nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, insoweit nimmt der Senat auf das auch von ihm (wie vom SG) in ständiger Rechtsprechung zu Grunde gelegte Standardwerk von Schönberger/Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 347 m.w.N.) Bezug, erst - und auch nur solange - vor, wenn über viele Arbeitsjahre eine Lärmeinwirkung von mindestens 85 dB(A) als äquivalenter Dauerschallpegel, bezogen auf einen 8-Stunden-Tag, gegeben ist; davon geht auch das amtliche Merkblatt zur BK Nr. 2301 (Bek. des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales - BMAS - vom 01.07.2008, IVa 4-45222-2301, GMBl. Nr. 39 vom 05.08.2008, S. 798) sowie die sog. Königsteiner Empfehlung (Empfehlung für die Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit [BK-Nr. 2301], Update 2020, S. 12) aus. Einer solchen Einwirkung ist der Kläger indes bereits seit Mitte März 1996 nicht mehr ausgesetzt (gewesen), sondern lediglich noch einer (LEX-)Einwirkung von 80 dB(A) im Zeitraum vom 18.03.1996 bis 31.07.1997, von 78 dB(A) im Zeitraum vom 01.08.1997 bis 04.05.2009 sowie von 69 dB(A) seither. Dies hat der Präventionsdienst der Beklagten in seinen Expositionsstellungnahmen vom 06.05.2009 und vom 22.01.2021 auf der Grundlage der stattgehabten Schallpegelmessungen an den Arbeitsplätzen des Klägers, der betrieblichen (Arbeits- und Lärmschutz-)Unterlagen, der Arbeitsplatzbeschreibungen sowie der Arbeitsplatzbegehungen - an denen neben Repräsentanten der Fa. P (u.a. die verantwortliche Sicherheitsfachkraft) auch der Kläger selbst sowie ein Mitglied des Betriebsrats jeweils teilgenommen haben - und unter Beachtung der einschlägigen (messtechnischen) Regel- und Erfahrungswerke (s. dazu erneut Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 345 f., sowie die „Königsteiner Empfehlung“, S. 13, beide m.w.N.) schlüssig und nachvollziehbar ermittelt.
Die Behauptung des Klägers, die ohnehin ohne jegliche Substanz geblieben ist, er sei „auch über die 90er Jahre hinaus massivem Lärm in seiner Berufstätigkeit ausgesetzt gewesen“, ist mithin widerlegt. Sein weiteres Vorbringen, er habe nach dem Wechsel zur Fa. P im Jahr 1990 im Karosseriebau gearbeitet, was mit einer massiven Lärmbelastung einhergegangen sei, ist nur insoweit zutreffend, als dass er bis zum 18.03.1996 einem Tages-Lärmexpositionspegel von über 85 dB(A) bis 91 dB(A), s. dazu die Darstellung oben im Tatbestand, ausgesetzt gewesen ist; dies ändert indes nichts daran, dass er ab dem 18.03.1996 keine Tätigkeiten mehr unter lärmschädigenden Bedingungen verrichtet hat.
Soweit der Kläger (nur pauschal) gemeint hat, die Angaben der Fa. P zu den Lärmexpositionen entsprächen nicht den Tatsachen und das Unternehmen habe Unterlagen „gelöscht“, hat er nicht einmal andeutungsweise auch nur beschrieben, welche Tatsachen „falsch“ bzw. was für Unterlagen angeblich vernichtet worden sein sollen. Auch sein Vorbringen, seine Angaben seien nicht berücksichtigt worden, ist schon deshalb vollkommen unsubstantiiert, weil er offengelassen hat, welche seiner Angaben er überhaupt meint.
Soweit er ferner vorgebracht hat, die Stellungnahmen des Präventionsdienstes seien nicht nachvollziehbar, ist das Gegenteil der Fall (s.o.). Dass die Lärmbelastung am Arbeitsplatz „vor 15 Jahren“ eine ganz andere gewesen sei - so der Kläger weiter -, ist nur teilweise zutreffend. Sie ist vielmehr bereits seit deutlich über 15 Jahren, nämlich seit März 1996, insoweit eine andere, als dass der Kläger seither - wie schon dargelegt - eben keiner lärmschädigenden beruflichen Tätigkeit mehr unterliegt.
Steht dies mithin fest, kann die bei ihm im Dezember 2008 diagnostizierte beidseitige Innenohrschwerhörigkeit respektive jedenfalls erst recht die zuletzt mit der erstmaligen Verordnung von Hörgeräten im Februar 2019 dokumentierte (weitere) Verschlechterung seines Hörvermögens nicht auf die berufliche Lärmeinwirkung bis März 1996 zurückgeführt werden. Denn nach aktuellem Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft ist die Verschlimmerung einer Lärmschwerhörigkeit i.S.d. BK Nr. 2301, und nur eine solche wird mit der BK entschädigt, nach Ende der Lärmexposition - vorliegend also ab dem 18.03.1996 - ausgeschlossen, weil eine Schädigung des Innenohrs durch Lärm nach beendeter Exposition nicht mehr fortschreitet (Senatsurteil vom 21.06.2018, L 10 U 2584/16; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 349, 374 m.w.N.; Merkblatt zur BK Nr. 2301, a.a.O., S. 4; „Königsteiner Empfehlung“, a.a.O., S. 14 f.). Demgemäß hat die Beklagte - ohne dass es darauf vorliegend in Ansehung der in Rede stehenden Verschlechterung entscheidungserheblich ankommt - auch bereits mit Bescheid vom 18.06.2009 einen Verletztenrentenanspruch verneint, weil schon zum damaligen Zeitpunkt, mehr als dreizehn Jahre nach Beendigung lärmgefährdender Tätigkeiten, ein Zusammenhang mit der beruflichen Exposition nicht plausibel gewesen ist, zumal der Kläger bis zu dem Unfall am 21.11.2008 subjektiv über keine Hörminderung geklagt hatte (s. dazu den Befundbericht des B vom 12.12.2008). Auch später hat er eine solche (zunächst) nicht beklagt. Zwar hat er im Rahmen einer psychosomatischen Rehabilitation zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung (19.07. bis 16.08.2011, Diagnose u.a. depressive Reaktion mit aggressiven Anteilen) angegeben (s. den Entlassungsbericht der Ärzte der K1klinik, S. 73 SG-Akte S 4 U 2818/20), er sei „seit 12 Jahren wegen Verschlechterung seines Gehörs innerbetrieblich umgesetzt“ (obgleich tatsächlich bereits seit März 1996 nicht mehr im Lärmbereich arbeitend, s.o.), den dortigen Ärzten hat er indes keinerlei Hörstörungen geklagt, ebenso wie im Rahmen seiner dritten Rehabilitationsmaßnahme dort vom 09.10. bis 06.11.2018 (s. den Entlassungsbericht S. 54 ff. SG-Akte S 4 U 2818/20; anders hingegen bei der zeitlich dazwischen liegenden zweiten Rehabilitationsmaßnahme in der K1klinik vom 21.04. bis 26.05.2015, Diagnose u.a. auf Grund der Angaben des Klägers: Hörminderung links, s. Entlassungsbericht S. 61 ff. SG-Akte S 4 U 2818/20).
Der Umstand, dass die Beklagte im Juni 2009 gleichwohl zu seinen Gunsten eine BK Nr. 2301 anerkannt hat, ändert im Übrigen schon deshalb für den im März 2020 geltend gemachten Rentenanspruch nichts, weil die Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit als BK nicht per se mit einem entsprechenden Entschädigungsanspruch verbunden ist und die Rechtmäßigkeit des Anerkennungsbescheids ohnehin nicht der Prüfung des Senats unterliegt. Entscheidend ist vielmehr, dass jedenfalls die (weitere) Verschlechterung des Hörvermögens seit Juni 2009 aus den oben dargelegten Gründen nicht auf die BK zurückgeführt werden kann.
Nur am Rande merkt der Senat insoweit noch an, dass dem Begehren des Klägers auf Anerkennung seiner langjährigen Tätigkeit im Lärmbereich (vom 01.06.1982 bis richtigerweise zum 17.03.1996) gerade mit der entsprechenden Anerkennung der BK Nr. 2301 im Juni 2009 Rechnung getragen worden ist. Eine Rentenentschädigung ist damit aber gleichwohl nicht verbunden, weil jedenfalls der seitherige otologische Zustand des Klägers mit Verschlechterung des Hörvermögens in keinem Ursachenzusammenhang mit der Berufskrankheit steht (s.o.). Unabhängig davon hat die Beklagte auch nicht finanziell für innerbetriebliche Umsetzungen und etwaige damit verbundene Verdienstverluste einzustehen; dafür gibt es von vornherein keine Grundlage.
Abschließend weist der Senat noch darauf hin, dass es keiner Klärung bedarf, worauf die Hörverschlechterung des Klägers letztlich beruht, namentlich ob es sich um eine degenerative Erscheinung handelt (s. dazu den Hinweis der H: Presbyakusis) oder ob sie gar in einem Zusammenhang mit den von den Ärzten der K1klinik diagnostizierten seelischen Leiden (s.o. sowie die weiteren Entlassungsberichte vom 26.05.2015 und 06.11.2018, S. 61 ff., 54 ff. SG-Akte S 4 U 2818/20: u.a. depressiv getönte Anpassungsstörung an zunehmende Gesundheitsstörungen, Hörminderung links bzw. rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode) des Klägers steht. Denn - wie schon dargelegt - wird mit der BK Nr. 2301 bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, namentlich eines Kausalzusammenhangs mit der beruflichen Exposition, nur eine Lärmschwerhörigkeit entschädigt, nicht hingegen sonstige Veränderungen des Hörvermögens, die sich - wie vorliegend - mangels ursächlichem Zusammenhang gerade als BK-unabhängig darstellen.
Die Kostenentscheidung, die im Hinblick auf die im Berufungsverfahren erklärte teilweise Rücknahme der Klage (s.o.) beide Rechtszüge umfasst (statt vieler nur Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., Rn. 9a), beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt zum einen eben diese teilweise Rücknahme, zum anderen, dass der Kläger mit seinem Rentenbegehren erfolglos geblieben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.