Zu den "Kosten der Unterbringung in einem Heim" iSd § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB V zählt auch die Vergütung der vom Pflegeheim erbrachten Pflegeleistungen. Bei Versicherten, die in einem Pflegeheim leben und Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66a SGB XII erhalten, ist daher für die Ermittlung der Belastungsgrenze für Zuzahlungen der Regelsatz für die Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII maßgeblich (wie hier: LSG Baden-Württemberg, 29.09.2022, L 4 KR 2403/22 NZB).
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 02.08.2022 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der für das Jahr 2022 zu leistenden Zuzahlungen.
Die 1927 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin, die unter rechtlicher Betreuung ua für Behördenangelegenheiten steht, ist bei festgestelltem Pflegegrad in einem Pflegeheim untergebracht. Sie bezieht neben ihrer Altersrente und einer Witwenrente und nach Abzug der Leistungen der Pflegekasse Leistungen nach dem 7. Kapitel (Hilfe zur Pflege) des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) von der Stadt F – Amt für Soziales und Senioren.
Die Klägerin beantragte am 29.10.2021 auch für das Kalenderjahr 2022 die Befreiung von den Zuzahlungen und hier um die Mitteilung der Belastungsgrenze, um den Betrag vorab zahlen zu können. Mit Bescheid vom 09.12.2021 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Belastungsgrenze 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt betrage, hier 171,91 €. Die gewährten Leistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XII seien keine Bruttoeinnahmen. Die Berechnung der Belastungsgrenze dürfe daher nicht nach dem (geringeren) Regelbedarf für die Sozialhilfe erfolgen.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und beantragte, die Zuzahlung auf 53,88 € zu beschränken. Nach § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei bei Versicherten, bei denen die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen würden, als Bruttoeinnahmen nur der Regelsatz für die Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches maßgeblich. Sie erhalte von der Stadt F Hilfe zur Pflege in einer stationären Einrichtung. Aus der Jahressumme des Regelbedarfes von 449 € monatlich und der 1 Prozent - Regelung errechne sich die Zuzahlung von 53,88 €.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2022 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie erläuterte darin die Berechnung des Betrages von 171,91 € ausgehend von den Renteneinkünften der Klägerin. Diese beziehe ausschließlich Leistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XII. Die Belastungsgrenze werde für diese Leistungsbezieher nur dann nach dem Regelbedarf berechnet, wenn auch Leistungen nach dem 3. Kapitel (Hilfe zum Lebensunterhalt) oder nach dem 4. Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) bezogen würden. Verfüge der Betreffende aber über Einkommen, das den Anspruch hierauf ausschließe, berechne sich die Belastungsgrenze nach den bezogenen Einkünften. Der Barbetrag nach § 27b SGB XII werde von der Klägerin nicht als solcher bezogen, sondern nur bei der Bedarfsberechnung herangezogen. Die Leistungen der Hilfe zur Pflege seien wiederum von der Berücksichtigung als Bruttoeinnahmen ausgeschlossen, so dass auch die Unterbringung im Heim nichts an der Berechnung ändere.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.05.2022 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Nach § 62 Abs 2 Satz 5 SGB V berechne sich die Belastungsgrenze nicht nur dann, wenn die betroffene Person Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt beziehe (Nr 1), sondern auch dann, wenn die Kosten der Unterbringung in einem Heim von der Sozialhilfe getragen würden (Nr 2), nach der Regelbedarfsstufe 1. Letzteres sei bei der Klägerin der Fall. Die beiden Fallgruppen seien nicht kumulativ, sondern alternativ zu verstehen. In den Verfahrensgrundsätzen zu § 62 SGB V, Seite 18 Beispiel 23 a) werde für einen vergleichbaren Fall der (anteiligen) Übernahme der Heimkosten durch das Sozialamt für die Berechnung der Belastungsgrenze ebenfalls auf den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe abgestellt.
Die Beklagte hat auf die Begründung im Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzt, dass die Träger der Sozialhilfe für Leistungsberechtigte nach § 27b Abs 2 Satz 2 SGB XII die jeweils bis zur Belastungsgrenze zu leistenden Zuzahlungen als ergänzendes Darlehen übernähmen. Die Klägerin sei von dem Sozialhilfeträger aber nicht als Leistungsberechtigte nach dieser Vorschrift gemeldet worden.
Mit Urteil vom 02.08.2022 hat das SG der Klage stattgegeben. Die Belastungsgrenze bestimme sich hier nach dem Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII und nicht nach der Altersrente der Klägerin. Die Belastungsgrenze berechne sich hier nach 1 vH der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für das Jahr 2021, da die Klägerin chronisch krank und wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sei. Dies ergebe sich bereits aus der Pflegebedürftigkeit mit dem festgestellten Pflegegrad 4 (vgl § 2 Abs 2 Buchstabe a), § 3 Abs 1 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Umsetzung der Regelungen in § 62 für schwerwiegend chronisch Erkrankte – „Chroniker-Richtlinie“) sowie dem von der Pflegekasse bei Pflegegrad 4 gewährten Betrag von 1.775 €, § 43 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB XI. Hierüber bestehe auch kein Streit. Daneben bemäßen sich die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt nach dem Regelbedarf. Die Klägerin sei zwar nicht von § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 1 SGB V erfasst, da dies voraussetzen würde, dass sie die dort genannte Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII – unabhängig davon, ob ein Anspruch hierauf bestehe – tatsächlich erhalte. Dies sei jedoch nicht der Fall, da ihr lediglich Hilfe zur Pflege gewährt werde. Auch eine Bewilligung des Barbetrages nach § 27b SGB XII als Teil der Hilfe zum Lebensunterhalt bzw der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sei nicht erfolgt. Dem Bescheid der Stadt F vom 11.01.2021 lasse sich zwar im Betreff auch das 3. Kapitel des SGB XII entnehmen. Die dort beigefügte Berechnung weise aber nach der Einkommensanrechnung lediglich eine Bewilligung von Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII aus (Bl 7 der Gerichtsakte). Die Klägerin unterfalle aber der Regelung des § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB V, da sie tatsächlich in einem Heim untergebracht sei und die Kosten der Unterbringung (auch) von einem Träger der Sozialhilfe getragen würden. Denn ausgehend von der Berechnung der Stadt F überstiegen die Pflegekosten den von der Pflegeversicherung pauschal geleisteten Betrag von 1.775 € für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4 für die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung (§ 42 Abs 2 Satz 1, Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - SGB XI). Damit beziehe sich die von der Stadt F nach Anrechnung der Renteneinkommen geleistete Hilfe zur Pflege daneben auch auf die ebenfalls ungedeckten Kosten der Unterbringung in dem Heim. Insoweit wäre es ausreichend, dass lediglich ein Teil dieser Kosten von dem Sozialhilfeträger getragen werde. Die Auffassung der Beklagten, die auch für § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB V den Bezug von Leistungen nach dem 3. oder 4. Kapitel des SGB XII voraussetze, vermöge nicht zu überzeugen, da diese Personen bereits von Nr 1 dieser Vorschrift erfasst wären und es für Nr 2 daher an einem eigenständigen Anwendungsbereich fehlen würde. Zudem habe die Klägerin im Ergebnis nur den Barbetrag zur Verfügung, so dass sich ihre Situation wirtschaftlich nicht von derjenigen eines – auch nach Auffassung der Beklagten von § 62 Abs 2 Satz 5 SGB V erfassten – Beziehers von Hilfe zum Lebensunterhalt in einem Heim unterscheide. Bei dem Regelbedarf von aktuell 449 € in der Regelbedarfsstufe 1 nach § 2 der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a und des Teilbetrags nach § 34 Absatz 3a Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlagen zu §§ 28 und 34 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2022 – Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2022 iVm der Anlage zu § 28 SGB XII ergebe sich ein Jahresbetrag von 5.388 € und mithin eine Belastungsgrenze von 1 Prozent in Höhe von 53,88 €.
In der Rechtsmittelbelehrung hat das SG auf die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) hingewiesen.
Am 22.08.2022 hat die Beklagte beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) NZB eingelegt unter Verweis auf die grundsätzliche Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, ob bei Heimbewohnern mit einem Bezug von Hilfe zur Pflege die Berechnung der Belastungsgrenze nach ihrem tatsächlichen Einkommen oder nach dem Regelbedarf vorzunehmen sei. Im 7. Kapitel des SGB XII (Hilfe zur Pflege gemäß §§ 61 – 66a SGB XII) werde nicht definiert, welche konkreten Leistungen inhaltlich als Hilfe zur Pflege im Rahmen vollstationärer Aufenthalte relevant seien. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass der Anspruch auf stationäre Pflege dem Inhalt des Anspruchs auf stationäre Pflege nach § 43 Abs 1 SGB XI entspreche. Auch § 43 SGB XI verstehe unter vollstationären Pflegeleistungen zunächst keine Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Nach § 43 Abs 2 SGB XI seien unter vollstationärer Pflege alle Leistungen zu verstehen, die während eines vollstationären Aufenthalts pflegerisch erforderlich seien. Nach der Definition des § 43 Abs 2 SGB XI seien dies „pflegebedingte Aufwendungen sowie Aufwendungen für Betreuung und Aufwendungen für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege“. Die Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 - 66a SGB XII sei demnach eine zweckgebundene Leistung. Darunter würden nur die Kosten für die Pflege, die nicht durch die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung abgedeckt seien, übernommen. Nicht hiervon erfasst seien die Kosten der Unterkunft und Verpflegung (Verweis auf Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage, § 65 SGB XII Rn 24, 25.). Soweit in § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB V vorausgesetzt werde, dass die Kosten der Unterbringung in einem Heim (Kosten für Unterkunft und Verpflegung) von einem Sozialhilfeträger übernommen würden, würden diese Kosten allein über Hilfen zum Lebensunterhalt nach § 27 ff SGB XII übernommen. Versicherte, die lediglich die Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff SGB XII bezögen und denen nur ein Taschengeldbetrag verbleibe, seien den Leistungsbeziehern nach §§ 27 ff SGB XII nicht gleichzustellen. Der § 62 SGB V lasse es nicht zu, fiktive Bruttoeinnahmen zugrunde zu legen. Sofern kein Anspruch auf Sozialleistungen im Sinne des 3. oder 4. Kapitels des SGB XII, also Leistungen zum Lebensunterhalt bestehe, würden diese Versicherten nicht von den Ausnahmeregelungen der § 62 Abs 2 Satz 5 Nrn 1 oder 2 SGB V erfasst. Der monatliche Barbetrag (Taschengeld) nach § 27 b SGB XII werde bei der Beschwerdegegnerin lediglich als Selbstbehalt beim vorrangig einzusetzenden Einkommen berücksichtigt. Die Klägerin müsste den Barbetrag jedoch tatsächlich beziehen. Maßgeblich sei insoweit die Leistungsbewilligung durch den zuständigen Sozialleistungsträger. Allein das Bestehen des Anspruches auf eine derartige Leistung reiche hingegen nicht aus, um ihn im Rahmen des § 62 SGB V als Sozialleistungsbezug berücksichtigen zu können. Eine entsprechende Leistungsbewilligung sei hier nicht vorgelegt worden. Daher sei in diesen Fällen eine individuelle Belastungsgrenze unter Berücksichtigung der zustehenden jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt zu ermitteln. Da die Rechtsfrage alle Heimbewohner mit einem Bezug von Hilfe zur Pflege nach §§ 61 – 66a SGB XII betreffe, berühre sie wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit. Daraus folge der rechtsgrundsätzliche Klärungsbedarf der streitgegenständlichen Rechtsfrage.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 02.08.2022 zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung lägen nicht vor. Die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage sei nicht klärungsbedürftig, da sie sich aus dem Gesetz beantworteten lasse. Soweit die Beklagte vortrage, die Regelung des § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB V erfasse nur Personen, deren Einkommen nicht ausreiche, um den Bedarf nach dem 3. Kapitel SGB XII zu decken, ergebe sich aus der Regelung in Nr 1 der Vorschrift eindeutig, dass dies nicht zutreffe, weil die Unterscheidung zwischen Nr 1 und Nr 2 ansonsten keinen Sinn ergebe. Auch mit dem Hinweis auf § 43 Abs 2 SGB XI könne man zu keinem anderen Ergebnis gelangen, da sich aus Satz 3 der Regelung ergebe, dass die Pflegekasse auch die Kosten der Unterkunft und Verpflegung tragen könne. Im Übrigen handele es sich bei § 43 Abs 2 SGB XI mitnichten um eine Legaldefinition des Begriffs Kosten der Unterbringung, der in § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB XI verwandt werde. Mit Kosten der Unterbringung seien gerade nicht die Kosten der Unterkunft gemeint, sondern die der Unterbringung, dh alle Leistungen, die im Zusammenhang mit der Unterbringung in einem Pflegeheim anfielen. Dies sei nicht klärungsbedürftig, da dies der eindeutige Wortlaut der Vorschrift sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die NZB ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 145 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz < SGG>), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 € nicht übersteigt und die Berufung der Zulassung bedarf. Maßgeblich ist das Begehren des Klägers als Rechtsmittelführer und damit der Rechtsmittelstreitwert (vgl BSG 04.07.2011, B 14 AS 30/11 B, juris Rn 4; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 144 Rn 14), der hier 118,39 € beträgt (Differenz zwischen der begehrten [53,52 €] und gewährten [171,91€] Zuzahlungshöhe). Der Beschwerdewert von 750 € (vgl § 144 Abs 1 Satz 1 Ziff 1 SGG) wird somit nicht erreicht. Auch stehen keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit. Das SG hat die Berufung auch nicht zugelassen, sondern vielmehr zutreffend in der Rechtsmittelbelehrung auf die Möglichkeit der NZB hingewiesen.
Gemäß § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Von diesen Vorgaben ausgehend liegen Gründe für die Zulassung der Berufung nicht vor.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 144 Abs 2 Nr 1 SGG. Dies ist nur der Fall, wenn eine Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Keller in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 144 Rn 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (BSG 11.03.2009, B 6 KA 31/08 B, juris mwN).
Entgegen den Ausführungen der Beklagten ergibt sich die Antwort auf die Frage, ob bei Heimbewohnern mit einem Bezug von Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff SGB XII (7. Kapitel) die Berechnung der Belastungsgrenze für die Zuzahlungsbefreiung nach dem tatsächlichen Einkommen oder nach dem Regelbedarf vorzunehmen ist, unmittelbar aus der Reglung des § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB V. Die Rechtsfrage ist daher nicht klärungsbedürftig.
Nach § 62 Abs 2 Satz 5 SGB V ist abweichend von den Sätzen 1 bis 3 bei Versicherten, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII oder die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, dass dieses für anwendbar erklärt, erhalten (Nr 1), bei denen die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden (Nr 2) sowie für den in § 264 genannten Personenkreis als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelsatz für die Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII maßgeblich. Vorliegend ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB V einschlägig.
Was „Kosten der Unterbringung“ bedeutet, wird im Gesetz nicht näher definiert. Die Beklagte legt den Begriff dahingehend aus, gemeint seien Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Diese Auslegung hätte zur Folge, dass ein Versicherter, der lediglich Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff SGB XII erhielte, nicht jedoch Hilfen zum Lebensunterhalt nach den §§ 27 ff SGB XII, nicht von § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB V erfasst würde.
Diese Auslegung hält einer Überprüfung nicht stand. Zur Auslegung des Begriffs „Kosten der Unterbringung“ kann nicht auf § 43 SGB XI zurückgegriffen werden, da sich aus dieser Norm der Umfang des einem Pflegebedürftigen zustehenden Leistungsanspruchs gegen die Pflegekasse ergibt. Dieser Anspruch ist aber offensichtlich nicht identisch mit den Kosten der Unterbringung in einem Pflegeheim. Dies zeigen die Regelungen in §§ 82 Abs 1, 87a Abs 1 SGB XI. Die in § 82 Abs 1 SGB XI vorgenommene Unterscheidung zwischen einer leistungsgerechten Vergütung für die allgemeinen Pflegeleistungen (Pflegevergütung) sowie einem Entgelt für Unterkunft und Verpflegung (sog Hotelkosten) dient nur dazu, diese Kosten auf verschiedene Kostenträger zu verteilen (vgl § 82 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB XI). Pflegeheime müssen nach der gesetzlichen Systematik ihre Kosten mit Hilfe mehrerer Ansprüche (vgl § 87a Abs 1 SGB XI) gegen unterschiedliche Kostenträger decken. Dass auch die Vergütung der vom Pflegeheim erbrachten Pflegeleistungen zu den Kosten der Unterbringung in einem Pflegeheim zählt, lässt sich ernstlich nicht bestreiten. Es ist deshalb zwar richtig, dass durch die Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 - 66a SGB XII nur die Kosten für die Pflege, die nicht durch die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung abgedeckt sind, übernommen werden. Daraus folgt aber nichts zu der Frage, was unter „Kosten der Unterbringung in einem Heim“ zu verstehen ist. Nur noch ergänzend wird auf § 7 Abs 1 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) hingewiesen. Danach ist der Unternehmer nicht nur verpflichtet, dem Verbraucher den Wohnraum in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und während der vereinbarten Vertragsdauer in diesem Zustand zu erhalten, sondern auch die vertraglich vereinbarten Pflege- oder Betreuungsleistungen nach dem allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse zu erbringen. Im Übrigen: Ein Versicherter, der Hilfen zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff SGB XII erhält, wird bereits von § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 1 SGB V erfasst, unabhängig davon, ob er in einem Heim untergebracht ist oder nicht. Damit der Regelung des § 62 Abs 2 Satz 5 Nr 2 SGB V überhaupt eine eigenständige Bedeutung zukommt, kann sie nur so zu verstehen sein, dass (auch) Heimbewohner, die keine Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten, aber – wie der Personenkreis aus Nr 1 – ebenfalls einkommensschwach sind, entlastet werden sollen (vgl hierzu auch BT-Drucksache 11/2237 Seite 187). Einkommensschwach sind Heimbewohner aber dann, wenn ein Träger der Sozialhilfe sich an den Kosten der Heimunterbringung beteiligen muss, unabhängig davon, in welchem Umfang und inwiefern (vgl hierzu LSG Niedersachsen 24.01.2001, L 4 KR 33/00, Rn 37, juris). Mit der Gewährung von Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff SGB XII trägt ein Träger der Sozialhilfe bei Personen, die in stationären Pflegeeinrichtungen leben, teilweise die Kosten der Unterbringung im Pflegeheim. Da die Rechtsfrage durch Auslegung der Vorschrift eindeutig zu beantworten ist, fehlt es an der grundsätzlichen Bedeutung (wie hier: LSG Baden-Württemberg 29.09.2022, L 4 KR 2403/22 NZB).
Eine Divergenz iSd § 144 Abs 2 Nr 2 SGG sowie ein wesentlicher Mangel des gerichtlichen Verfahrens (§ 144 Abs 2 Nr 3 SGG) sind nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Mit der Zurückweisung der Beschwerde wird das Urteil des SG rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).