L 1 KR 378/21

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 13 KR 200/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 378/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Zum "anderer angemessener Maßstab" im Sinne § 40 Abs. 1 Satz 2 KVLG (1989) und der Einordnung von Körnerfenchel bei der Beitragsberechnung.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 5. Juli 2021 dahingehend aufgehoben, als die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2017 zur Neuberechnung für das Jahr 2016 verpflichtet wird. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten (noch) um die Höhe der Beiträge des Klägers zur Landwirtschaftlichen Krankenkasse im Jahr 2016, insbesondere darum, mit welchem Faktor Anbauflächen mit Körnerfenchel bei der Berechnung des korrigierten Flächenwerts zu berücksichtigen sind.

Der 1960 geborene Kläger ist seit 1986 pflichtversichertes Mitglied in der Landwirtschaftlichen Krankenkasse. Bis zum 29. Juni 2016 war er mit einem Anteil von ½ am landwirtschaftlichen Unternehmen beteiligt, ab dem 30. Juni 2016 mit einem Anteil von 1/3. Im Jahr 2016 wurde auf einer Teilfläche des Betriebs von 21,05 Hektar und im Jahr 2017 auf einer Teilfläche von 0,97 Hektar Körnerfenchel angebaut (Gesamtfläche ca. 150 Hektar). 

Bei Körnerfenchel werden - im Gegensatz zu Gemüsefenchel - nicht die Knolle, sondern die Samen (z.B. bei der Herstellung von Tee) verwendet. Ebenfalls im Gegensatz zu Gemüsefenchel wird Körnerfenchel nicht gepflanzt und in händischer Arbeit geerntet, sondern ausgesät, einmal gedüngt, einmal bewässert und schließlich mittels Mähdrescher geerntet.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 2016 setzte die Beklagte die Beiträge des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 15. Mai 2016 fest. Ab 15. Mai 2016 bis 29. Juni 2016 seien der korrigierte Flächenwert von 50.763 € sowie die Beitragsklasse 11, ab 30. Juni 2016 der korrigierte Flächenwert von 33.842 € sowie die Beitragsklasse 8 maßgeblich. Für diesen Zeitraum wurden Beiträge in Höhe von 1.863,31 € festgesetzt. Hierbei berücksichtigte die Beklagte die Anbaufläche des Körnerfenchels als „Industriegemüse mit vollmechanischer Ernte“ und legte bei der Berechnung des korrigierten Flächenwerts den Multiplikator 3 zugrunde. 

Mit Bescheid vom 4. Januar 2017 erfolgte die Beitragsfestsetzung ab 1. Januar 2017.

Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Die Einordnung von Körnerfenchel als „Industriegemüse mit vollmechanischer Ernte“ und die sich daraus gegenüber Mähdruschfrüchten ergebende Erhöhung des Multiplikators bei der Berechnung des korrigierten Flächenwertes von 1 auf 3 sei unzutreffend. 

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2017 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Körnerfenchel sei zutreffend als „Industriegemüse mit vollmechanischer Ernte“ und nicht als Mähdruschfrucht berücksichtigt worden. Bei den Berechnungsfaktoren handele es sich um auf gutachterlicher Basis ermittelte Durchschnittswerte, die bei den sogenannten Sonderkulturen eine Abweichung von den ebenfalls durchschnittlichen Ertragsverhältnissen bei rein landwirtschaftlichen Nutzflächen, wie zum Beispiel Mähdrusch, darstellten. Bei der Ermittlung der Multiplikatoren werde berücksichtigt, dass die tatsächlichen durchschnittlichen Relationen der Produktivität und des Einkommens in der Fläche zum Teil erheblich vom tatsächlichen Einkommen bei bestimmten Produktionsverfahren abweichen könnten. Maßgeblich sei das potentielle, durchschnittlich erzielbare Einkommen. 

Hiergegen hat der Kläger am 10. Mai 2017 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben. Körnerfenchel sei nach seinen Ertragschancen eher mit Zuckerrüben vergleichbar, die mit dem Multiplikator 1 versehen seien. Hinsichtlich der Anbauart sei Körnerfenchel als Mähdruschfrucht zu berücksichtigen.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass sich für den Kläger für das Jahr 2017 auch dann keine Beitragsveränderung ergäbe, wenn Körnerfenchel als Mähdruschfrucht angesehen werde, weil die entsprechende Anbaufläche in diesem Jahr sehr gering gewesen sei.

Die Vergleichsberechnung der Beklagten weise folgende Beiträge aus:
15. Mai bis 29. Juni 2016: 
309,75 € (KV) und 41,07 € (PV) mit Multiplikator 3 
285,00 € (KV) und 37,79 € (PV) ohne Multiplikator
30. Juni bis 31. Dezember 2016:
235,50 € (KV) und 31,23 € (PV) mit Multiplikator 3 
210,75 € (KV) und 27,95 € (PV) ohne Multiplikator

Mit Urteil vom 5. Juli 2021 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2017 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Beitrag des Klägers für das Jahr 2016 unter der Maßgabe neu zu berechnen, dass Körnerfenchel als Mähdruschfrucht zu berücksichtigen ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Bezogen auf den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2017 sei die Klage unzulässig. Der Beitrag des Klägers sei für das Jahr 2017 jedenfalls im Ergebnis richtig berechnet worden, weshalb der Kläger durch den Bescheid nicht beschwert sei. Unabhängig davon, ob die Anbaufläche des Körnerfenchels von 0,97 Hektar im Jahr 2017 mit dem Faktor 1 oder mit dem Faktor 3 berücksichtigt werde, ergebe sich hinsichtlich des Klägers jeweils die Beitragsklasse 8. 

Soweit der Kläger den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2017 angreife, sei die Klage zulässig und begründet. Der Kläger sei für das Jahr 2016 nicht in die Beitragsklassen 11 bzw. 8, sondern in die Beitragsklassen 10 bzw. 7 einzuordnen.

Die Beklagte hätte die Anbaufläche des Körnerfenchels als „Mähdruschfrucht“ berücksichtigen müssen. Der Faktor zur Berechnung des korrigierten Flächenwerts hätte daher 1 und nicht 3 betragen müssen. 

Der Kläger sei gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) in der Krankenversicherung der Landwirte pflichtversichert. Rechtsgrundlage für die Beitragsberechnung seien die §§ 39 Abs. 1 Nr. 1, 40 Abs. 1 KVLG. Danach würden die Beiträge bei versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmen hinsichtlich des Einkommens aus der Land- und Forstwirtschaft nach Beitragsklassen festgesetzt. Die Satzung bestimme die Beitragsklassen für die versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer nach dem Wirtschaftswert, dem Arbeitsbedarf oder einem anderen angemessenen Maßstab.

Gemäß § 131 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sei der Flächenwert bei „Obst- und Feldgemüse im Freiland mit mechanischer Ernte“ mit einem Multiplikator von 3 zu vervielfältigen. Aufgrund der substantiierten Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung sei die Kammer jedoch davon überzeugt, dass Körnerfenchel nicht unter den Begriff des „Obst- und Feldgemüses mit mechanischer Ernte“ zu subsumieren sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es nicht auf die Art und Weise der Verwendung der Kultur - hier des Körnerfenchels als Arzneimittel - an. Maßgeblich seien vielmehr der vom KVLG vorgegebenen Maßstäbe.

Das KVLG nenne als Maßstab für die Bestimmung der Beitragsklassen den Wirtschaftswert und den Arbeitsbedarf sowie andere angemessene Maßstäbe, § 40 Abs. 1 Satz 2 KVLG. Die Art und Weise der Verwendung einer Kultur sei weder dem Begriff des Wirtschaftswert noch dem Begriff des Arbeitsbedarfs zuzuordnen. Allenfalls könnte deshalb die Zuordnung zum „Feldgemüse“ aufgrund eines „anderen angemessenen Maßstabs“ erfolgen. Bei der Auslegung des Begriffs des „anderen angemessenen Maßstabs“ sei aber wiederum dem Sinn und Zweck des KVLG zu beachten, der sich seinerseits in den vorgenannten Begriffen „Wirtschaftswert“ und „Arbeitsbedarf manifestiere. Diese beiden Begriffe stünden für die unternehmerische Gewinnchance (den Wirtschaftswert der Kultur) bzw. das zur Gewinnerzielung einzusetzende unternehmerische Risiko (den Arbeitsbedarf). Letztlich lägen also der Zuordnung zu einer Beitragsklasse betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte zugrunde. Dies sei zweckmäßig, weil sich aus diesen Gesichtspunkten letztlich die potentielle Wirtschaftskraft des Landwirts ergebe, die sich ihrerseits in der Höhe seiner monatlichen Beiträge widerspiegele.

Die Art und Weise der Verwendung einer Kultur habe dagegen für sich genommen keine Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft des landwirtschaftlichen Unternehmens, sondern sei nur ein Faktor für die Gewinnerzielung, wenn die Art und Weise der Verwendung einen besonders hohen Wirtschaftswert darzustellen vermöge.

Dies sei in Bezug auf den Wirtschaftswert von Körnerfenchel nicht der Fall. Der Kläger habe schlüssig geschildert, dass Körnerfenchel hinsichtlich seines Wirtschaftswerts einerseits und seines Arbeitsbedarfs andererseits nicht dem Gemüsefenchel oder entsprechenden Sonderkulturen entspreche, sondern typischen Mähdruschfrüchten wie dem Winterweizen. Dementsprechend sei der Körnerfenchel in Auslegung der Satzung der Beklagten wie eine Mähdruschfrucht zu behandeln. Eine andere Zuordnung ergebe sich insbesondere nicht aus den gutachterlichen Feststellungen, die der Satzung der Beklagten zugrunde gelegen hätten. Aus diesen ergebe sich nur die Bewertung der jeweiligen Sonderkulturen - hier des Feldgemüses mit mechanischer Ernte - mit dem Faktor 3. Welche konkreten Kulturen aber als Feldgemüse zählten, sei gutachterlich nicht festgestellt.

Zutreffend sei zwar, dass bei der Auslegung der Satzungsnormen und der von ihr verwendeten Begriffe wie bei Massenverwaltungen im Allgemeinen mit Typisierungen und Pauschalisierungen gearbeitet werden dürfe und müsse. Dies gelte jedoch nicht für die Auslegung der zur Typisierung genutzten Begriffe. Diese Begriffe seien bei allen Rechtsnormen hinsichtlich Wortlaut, hinsichtlich Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck auszulegen und im konkreten Einzelfall zur Anwendung zu bringen. Die Satzungsautonomie der Beklagten werde hierdurch nicht berührt (SG Gießen, Urteil vom 31. Januar 2018 - S 5 KR 198/15).

Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 14. Juli 2021 zugestellte Urteil am 5. August 2021 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass das Sozialgericht die nach § 40 KVLG (1989) möglichen Beitragsmaßstäbe in unzulässiger Weise vermenge. Die Rechtsvorschrift bestimme, dass die Beiträge nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 nach Beitragsklassen festgesetzt würden. Die Satzung bestimme die Beitragsklassen für die versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer nach dem Wirtschaftswert, dem Arbeitsbedarf oder einem anderen angemessenen Maßstab. Dies bedeute, dass der Satzungsgeber entscheiden müsse, ob er als Grundlage für die Berechnung der Beiträge zur landwirtschaftlichen Krankenkasse den Wirtschaftswert, den Arbeitsbedarf oder einen anderen angemessenen Maßstab wähle.

Der Wirtschaftswert sei der durch die Finanzbehörden nach dem Bewertungsgesetz im Einheitswertbescheid für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen festgesetzte Wirtschaftswert. Pachtflächen sowie verpachtete oder nachhaltig nicht landwirtschaftlich genutzte Flächen seien mit dem durchschnittlichen Hektarwert der entsprechenden Nutzung der Eigentumsfläche zu bewerten und bei der Festlegung des Wirtschaftswertes des Unternehmens entsprechend zu berücksichtigen (§ 40 Abs. 3 KVLG 1989 i. V. m. § 1 Abs. 6 Satz 1-4 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte - ALG -). Zur Berechnung des Wirtschaftswertes würden hier also alle Flächen mit den Hektarwerten im Einheitswertbescheid für Landwirtschaft, Sonderkulturen oder Forst multipliziert und die einzelnen Summen dann addiert.

Der Arbeitsbedarf werde nach dem Durchschnittsmaß der für das Unternehmen erforderlichen menschlichen Arbeit unter Berücksichtigung der Kulturarten bemessen und nach der Zahl der Arbeitstage oder nach der Flächengröße festgesetzt (§ 40 Abs. 4 KVLG 89). Bei der Wahl dieses Maßstabs müsse die Satzung das Nähere über die Ermittlung des Arbeitsbedarfs bestimmen.

Die Vertreterversammlung der SVLFG habe als Beitragsmaßstab jedoch weder den Wirtschaftswert noch den Arbeitsbedarf gewählt. Sie habe sich vielmehr für einen anderen angemessenen Maßstab entschieden. Nach der Satzung der SVLFG erfolge die Berechnung der Beiträge für Landwirte einheitlich nach einem korrigierten Flächenwert (§ 131 Abs. 1 der Satzung der SVLFG). Grundlage für die Berechnung des Flächenwertes sei die landwirtschaftlich genutzte Fläche des Unternehmens vervielfältigt mit dem durchschnittlichen Hektarwert der Gemeinde, in welchem das Unternehmen seinen Sitz habe. 

Da bei Sonderkulturen die Ertragsmöglichkeiten über den Flächenwertansatz nicht ausreichend wiedergegeben würden, werde dieser mit Multiplikatoren vervielfältigt. Diese seien in § 131 Abs. 4 der Satzung bestimmt. Für das Jahr 2016 hätten folgende Multiplikatoren gegolten:

  Unterglasfläche Freiland
  heizbar nicht heizbar
Obst und Feldgemüse extensiv,                       
mit mechanischer Ernte 
                3,00
Gemüse einschließlich Feldgemüse     36,00 28,00      4,00
Blumen und Zierpflanzen     80,00 40,00      8,00
Sonstige Gartengewächse     36,00 28,00      4,00
Obst                 4,45
Christbaumkulturen                 2,15
Hopfen und Tabak                 3,00

 
Seit dem 29. Nachtrag vom 12. November 2020 würden andere Multiplikatoren gelten.

Der korrigierte Flächenwert ergebe sich aus der Multiplikation des Flächenwertes, mit Ausnahme des Flächenwertes für Forstflächen, mit dem jeweiligen Beziehungswert aus der Verordnung zur Ermittlung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft - AELV - (§ 131 Abs. 5 der Satzung der SVLFG).

Die AELV spiegele die Einkommensentwicklung in der Land- und Forstwirtschaft wider. Es würden Beziehungswerte zwischen dem Wirtschaftswert (vergleichbar mit dem Flächenwert) und dem fünfjährigen Durchschnitt der tatsächlichen Einkommensverhältnisse der für den Agrarbericht der Bundesregierung ausgewerteten 11.000 landwirtschaftlichen Testbetriebe festgelegt.

Mit dem Maßstab des korrigierten Flächenwertes werde die Ertragskraft bzw. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe pauschalierend abgebildet. Dieser zulässigen Pauschalierung sei es immanent, dass der korrigierte Flächenwert nicht in jedem Fall ein optimales Abbild des Einkommenspotenzials darstelle. Die Rechtsprechung habe allerdings bereits mehrfach bestätigt, dass der Maßstab nach dem korrigierten Flächenwert ein anderer angemessener Maßstab im Sinne des § 40 Abs. 5 KVLG 1989 sei und die Ertragsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Unternehmen widerspiegele (BSG, Urteil vom 13. Dezember 1984, 11 RK 7/83; LSG NRW, Urteil vom 9. November 2006, L 16 KR 212/05).

Anders als vom Sozialgericht ausgeführt seien die Beitragsmaßstäbe nicht hinsichtlich der einzelne Kulturart zu berücksichtigten. Mit dem Maßstab des korrigierten Flächenwertes werde - wie ausgeführt - das Einkommenspotential des gesamten Betriebes pauschalisiert festgestellt.

Unter dem Dach der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau seien alle vier Säulen der Sozialversicherung für die Landwirtschaft zusammengefasst. Für die Beitragsberechnung der Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung und Krankenversicherung würden die Betriebsstrukturen in einer gemeinsamen Katasteranwendung erfasst. Für die Berufsgenossenschaft sei in der Anlage 1 zur Satzung geregelt, welche Produktionsverfahren erfasst würden und was jeweils dazugehöre. Unter dem Oberbegriff „Gemüseanbau im Freiland“ seien drei verschiedene Produktionsverfahren mit gutachterlicher Unterstützung festgelegt worden. Eines dieser Produktionsverfahren sei das „Industriegemüse mit vollmechanischer Ernte ohne weitere Aufbereitung“. Hier sei berücksichtigt worden, dass nicht wenige Gemüsearten, Küchenkräuter und Arzneipflanzen maschinell geerntet würden, oft ähnlich wie Mähdruschfrüchte, und insgesamt einen geringeren Arbeitsaufwand (Arbeitsbedarf bei der Berufsgenossenschaft) und geringeres Einkommenspotential (Flächenwert bei der Krankenkasse) als andere Gemüsearten hätten. Zu dieser Gruppe zählten auch Arznei- und Gewürzpflanzen. Da in dieser Kategorie eine maschinelle Ernte erfolge, werde hier der Flächenwert nur mit einem geringeren Multiplikator multipliziert als das Gemüse mit händischer Ernte und das Intensivgemüse. Der Rückgriff auf diese Einteilung bzw. katastermäßige Erfassung der Betriebsstrukturen auch für die Berechnung des Flächenwertes für die Krankenkassenbeiträge sei zweckmäßig und im Rahmen einem sparsamen Verwaltungshandeln nicht zu beanstanden.

Körnerfenchel sei zweifelsohne eine Arznei- bzw. Gewürzpflanze und zähle nicht zu den Mähdruschfrüchten. Die Erfassung als Sonderkultur im Produktionsverfahren als „Industriegemüse mit voll mechanischer Ernte ohne weitere Aufbereitung“ sei daher zu Recht erfolgt. Hinsichtlich der Gruppe der Küchenkräuter sowie Arznei- und Gewürzpflanzen werde von betroffenen Landwirten oft verlangt, diese nicht unter dem Produktionsverfahren „Industriegemüse mit voll mechanischer Ernte“ zu subsumieren, sondern unter Mähdruschfrüchte, weil Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen annähernd wie Getreide angebaut bzw. geerntet werden würden und sowohl Arbeitsbedarf als auch Einkommensmöglichkeiten mit den Mähdruschfrüchten vergleichbar sei. Dem stehe jedoch entgegen, dass zwar für einen Teil angebauter Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen ein annähernd vergleichbarer Arbeitszeiteinsatz wie bei Mähdruschfrüchten erkennbar sei, für viele andere Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen jedoch erheblich höhere Arbeitszeiten/ha erforderlich seien. Ähnlich verhalte es sich mit den Einkommenspotenzialen je Hektar in dieser Gruppe. Die innerhalb dieser Gruppe der Sonderkulturen stark unterschiedliche Arbeitszeitintensitäten und Einkommenspotenziale seien bei der Festsetzung des Multiplikators als ein Durchschnittswert berücksichtigt worden.

Im Rahmen der Massenverwaltung sei eine Vereinheitlichung und Typisierung im Einzelfall hinzunehmen, dass der durch den für diese Gruppe der Sonderkulturen ermittelte Multiplikator und dem sich daraus ergebenden Flächenwert nicht das tatsächliche Einkommenspotential der betroffenen Kultur widerspiegele. Durch die Anwendung des korrigierten Flächenwertes erfolge im weiteren eine Nivellierung. Auch das vorgeschriebene System der Beitragsklassen verhindere im allgemeinen eine zu hohe Beitragsbelastung durch die beschriebene Vorgehensweise. 

Im Übrigen sei es der Beklagten im Hinblick auf den Verwaltungsaufwand bzw. der Verwaltungsökonomie nicht möglich, für jede einzelne Kulturart einen eigenen Multiplikator festzulegen. Der daraus resultierende Verwaltungsaufwand würde zu höheren Verwaltungskosten und damit generell zu höheren Beiträgen führen. Es seien daher Gruppen gebildet worden, in welche die einzelnen Kulturarten eingeordnet würden.

Zudem habe Prof. Dr. C. in seinem Gutachten speziell zu der Eingruppierung der Küchenkräuter sowie Arznei- und Gewürzpflanzen wie folgt Stellung genommen: „Hinsichtlich der Gruppe der Küchenkräuter sowie Arznei- und Gewürzpflanzen wird vereinzelt der Vorschlag gemacht, diese nicht unter der Risikogruppe Gemüse im Produktionsverfahren „Industriegemüse mit voll mechanischer Ernte“ zu subsumieren, sondern unter der Risikogruppe Mähdruschfrüchte, weil Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen annähernd wie Getreide angebaut bzw. geerntet werden würden und somit dieser Arbeitsbedarf mit den Mähdruschfrüchten vergleichbar sei. Dem ist zu entgegnen, dass zwar für einen Teil angebauter Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen ein annähernd vergleichbarer Arbeitszeiteinsatz wie bei Mähdruschfrüchten erkennbar ist, für viele andere Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen jedoch erheblich höhere Arbeitszeiten/ha erforderlich sind. Ähnlich verhält es sich mit den Einkommenspotenzialen je ha in dieser Gruppe. Die arbeitsextensiven Verfahren haben im Durchschnitt ein geringeres Einkommenspotenzial je ha als die arbeitsintensiven Verfahren. Daraus ist wiederum der gesamte Durchschnitt zu bilden. Somit gibt es innerhalb dieser Gruppe der Sonderkulturen stark unterschiedliche Arbeitszeitintensitäten und Einkommenspotenziale (selbst innerhalb einer Sonderkultur) mit der Konsequenz, dass sich mit dem allein aus administrativer Sicht erforderlichen Durchschnittsansatz in dieser Gruppe, Versicherte mit arbeits- und einkommensextensiven Verfahren der Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen übervorteilt fühlen können. Solange ein stärker individualisierter Nachweis der Arbeitszeiten allein aus Administrationsgründen weder möglich, noch gewollt ist, wird die Versicherungsgemeinschaft die großen Streubreiten an Arbeitszeitintensitäten (Einkommenspotenzialen) um einen Durchschnittsansatz in dieser Gruppe akzeptieren müssen.“ Bei der Überarbeitung bzw. Anpassung der Multiplikatoren mit Gutachten vom Juni 2020 sei der Gutachter zu keinem abweichenden Ergebnis gelangt. Grundlage für dieses Gutachten seien die Daten aus dem Testbetriebsnetz landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher sowie garten- und weinbaulicher Betriebe des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Dieses Testbetriebsnetz sei ebenfalls Grundlage für den Deutschen Agrarbericht. Die Beklagte habe die Empfehlungen des Gutachters übernommen und entsprechend umgesetzt. Demnach sei eindeutig ersichtlich, dass die Beklagte bei der Eingruppierung des Körnerfenchels bei der Bemessung des Krankenkassenbeitrags das Einkommenspotential berücksichtigt habe. Selbstverständlich sei der Beklagten bewusst, dass die Einkommenspotentiale - wie auch der Gutachter klargestellt habe - innerhalb einer Gruppe und auch innerhalb einer Kulturart gewisse Streubreiten hätten. Dieser Umstand sei jedoch systemimmanent und deshalb hinzunehmen.

Die Behauptung des Klägers, dass Körnerfenchel wirtschaftlich vergleichbar wäre mit dem Anbau von Winterweizen oder Zuckerrüben, sei nicht relevant. Das tatsächlich erzielte Einkommen aus einer Kulturart sei nicht entscheidend. Vielmehr sei das Einkommenspotential einer Kulturart bzw. der Gruppe, der es zuzuordnen sei, maßgeblich. Das Einkommenspotential der Gruppe Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen sei höher als das Einkommenspotential von herkömmlicher Landwirtschaft. 

Bei der Ermittlung des korrigierten Flächenwertes werde der Flächenwert mit dem Beziehungswert der Verordnung zur Ermittlung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft (AELV) multipliziert. Dabei gelte: je höher der Flächenwert, desto niedriger der Beziehungswert. Der durch einen Multiplikator höhere Flächenwert (im Vergleich zum Flächenwert ohne Multiplikator) werde bei der Berechnung des korrigierten Flächenwerts durch den niedrigeren Beziehungswert abgedämpft. Durch einen Multiplikator 3 erhöhe sich der korrigierte Flächenwert nicht um den Faktor 3 und damit auch nicht das durch den korrigierten Flächenwert dargestellte Einkommenspotential.

Entgegen der Ausführungen des Klägers werde Körnerfenchel bundesweit in die vorgenannte Gruppe der Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen eingeordnet. Auch sei beim Antrag auf Bundesmittel bundesweit der AFL-Code 648 Fenchel (Gemüsefenchel/Körnerfenchel) zu verwenden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 5. Juli 2021 insoweit aufzuheben, als damit der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2017 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet worden ist, neue Beitragsbescheide mit der Maßgabe zu erlassen, den Beitrag des Klägers für das Jahr 2016 unter der Maßgabe neu zu berechnen, dass Körnerfenchel als Mähdruschfrucht zu berücksichtigen ist. 

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend hat er darauf verwiesen, dass es sachfremd sei, auf Maßstäbe der Einordnung in der Berufsgenossenschaft abzustellen. Wenn bei den Beitragsmaßstäben bezüglich der Einordnung bei der Krankenkasse auf das Einkommenspotenzial abzustellen sei, so müsse auch die Einordnung der einzelnen Anbauarten bzw. Fruchtarten diesem Gesichtspunkt folgen. Dem kämen die Regelungen der Beklagten nicht nach. Die Einordnung durch die Beklagte erfolge offenbar einzig in Anbauformen und unter Oberbegriffen, ohne dass diese Oberbegriffe konkretisiert würden und die Einordnung unter die Oberbegriffe nachvollziehbar wäre. 

Im konkreten Verfahren ordne die Beklagte den Körnerfenchel ohne weitere Prüfung der Wirtschaftlichkeit dieser Anbaufrucht unter dem Begriff „Obst und Feldgemüse mit mechanischer Ernte“ ein. Die Beklagte beziehe sich dabei verschiedentlich auf Gutachten, die der Typisierung zugrunde liegen. Das Sozialgericht habe allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass die Einordnung des Körnerfenchels als „Obst- und Feldgemüse“ durch den Sachverständigen gerade nicht erfolgt sei. Diese blinde Einordnung ohne Blick auf Sinn und Zweck der Typisierung und die Wirtschaftlichkeit sei rechtsfehlerhaft. Die Beklagte stütze sich bei der Einordnung offenbar rein auf die botanische Einordnung, nicht aber auf den eigentlich wesentlichen Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit. 

Die Beklagte sei der Auffassung nicht entgegengetreten, dass Körnerfenchel wirtschaftlich vergleichbar mit dem Anbau von Winterweizen oder Zuckerrüben sei, die unstreitig als Mähdruschfrüchte mit dem Multiplikationsfaktor 1 gewertet würden. Wenn dies aber unstreitig sei, könne die Einordnung in den Typus Obst und Feldgemüse, die zu einer Verdreifachung des angenommenen wirtschaftlichen Ergebnisses führe (Faktor 3), nur fehlerhaft sein. Wenngleich die Beklagte im Rahmen der Massenverwaltung eine Vereinheitlichung und Typisierung vornehmen dürfe, so müsse diese dennoch nachvollziehbar und korrekt erfolgen. 

Zudem liege eine Ungleichbehandlung vor, wenn die Beklagte je nach Bundesland Körnerfenchel teilweise als „andere Ölfrucht“ und damit als Mähdruschfrucht mit dem Faktor 1 einordne, andernorts aber als ertragreicheres Gemüse, als Sonderkultur mit dem Faktor 3 behandele. 

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. 

Der Kläger ist in der Krankenversicherung der Landwirte als selbstständiger landwirtschaftlicher Unternehmer versicherungspflichtig und als solcher beitragspflichtig (§§ 47 Abs. 1, 49 Abs. 1 Satz 1, 50 Abs. 1 KVLG 1989).

Die Beklagte hat die Beiträge aus der Tätigkeit des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer in dem angegriffenen Bescheid auch in rechtmäßiger Weise festgesetzt.

Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 KVLG (1989) bestimmt die Satzung die Beitragsklassen für die versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer nach dem Wirtschaftswert, dem Arbeitsbedarf oder einem anderen angemessenen Maßstab. Gemäß Abs. 5 bestimmt bei Anwendung eines anderen angemessenen Maßstabs die Satzung das Verfahren.

Mit § 40 Abs. 1 Satz 2 KVLG (1989) ist die grundlegende und zulässige Entscheidung des Gesetzgeber verbunden, dass für die Beitragsbemessung in der Krankenversicherung der Landwirte nicht das tatsächlich individuell erzielte Einkommen zugrunde zu legen ist, sondern die abstrakte Ertragskraft des Unternehmens (BSG, Urteil vom 29. Februar 2012 – B 12 KR 7/10 R – juris Rn. 18 und Urteil vom 31. Juli 1980 – 11 RK 7/79 – juris Rn. 25) bzw. ein abstrakter Bodenbewirtschaftungsmaßstab (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 29. Januar 2019, L 9 KR 67/17, juris Rn. 36 mwN).

Aus verfassungsrechtlichen Gründen muss sich die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht stets nach dem genauesten Bemessungsmaßstab richten. Schätzungen sind zulässig, wenn die Ermittlung der tatsächlichen Umstände mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. Die Herstellung von Beitragsgerechtigkeit ist zwar ein legitimes gesetzgeberisches Ziel. Jedoch ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, hierbei ein Optimum anzustreben. Vielmehr sind gerade Versicherungsträger, die in ihrer Satzung die Beitragsbemessung regeln, berechtigt, den Bedürfnissen einer Massenverwaltung ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch weitgehende Typisierungen Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschluss vom 12. September 2007 – 1 BvR 58/06 – juris Rn. 12 m.w.N.) bzw. generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen (z.B. BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 KR 15/13 R – juris Rn. 39). Dementsprechend stellt auch die Einkommensermittlung nach einem abstrakten Maßstab eine zulässige Pauschalierung dar (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 29. Januar 2019, L 9 KR 67/17, juris Rn. 38 mwN).

Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau hat sich für die Anwendung eines „anderen angemessenen Maßstabs“ entschieden.

Die in § 131 der Satzung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau enthaltenen Regelungen zur Bemessung der Beiträge der landwirtschaftlichen Unternehmer verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Es entspricht vielmehr dem gesetzgeberischen Konzept, dass die Beklagte den korrigierten Flächenwert zur Grundlage der Einkommensfeststellung macht. Die Beklagte ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 KVLG 1989 auch berechtigt, einen „anderen angemessenen Maßstab“ in ihrer Satzung festzulegen. Die Herstellung von Beitragsgerechtigkeit ist zwar ein legitimes gesetzgeberisches Ziel. Die Beklagte ist jedoch nicht verpflichtet, den zweckmäßigsten, vernünftigsten oder gerechtesten Beitragsbemessungsmaßstab zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 29. Februar 2012 – B 12 KR 7/10 R –, BSGE 110, 151-160, SozR 4-5420 § 40 Nr. 1, Rn. 17, juris). Vielmehr besteht ein erheblicher – schon in der gesetzlichen Regelung angelegter – Gestaltungsspielraum der Beklagten, der nur durch höherrangiges Recht, insbesondere den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, nach dem sachliche und plausible Gründe für die jeweilige Ausgestaltung bestehen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 1991 – 2 RU 62/89 –, BSGE 68, 111-119, SozR 3-2200 § 809 Nr. 1, Rn. 19, juris, m.w.N.), begrenzt ist. 

Ein entsprechender Verstoß ist vorliegend nicht erkennbar. Abhängig von Größe und Art der bewirtschafteten Flächen und weiterer Faktoren (insbesondere dem Beziehungswert der Verordnung zur Ermittlung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft; Arbeitseinkommensverordnung Landwirtschaft [AELV]) wird der korrigierte Flächenwert der Beitragstabelle der Beklagten zugeordnet. Der Maßstab "korrigierter Flächenwert" verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser Wert ist gerechtfertigt und nicht willkürlich (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 29. Januar 2019, L 9 KR 67/17, juris Rn. 58 mwN).

Aber auch die hier streitige Berücksichtigung des Körnerfenchels als „Obst- und Feldgemüse im Freiland mit mechanischer Ernte“ und die Anwendung des Multiplikators 3 sind rechtlich nicht zu beanstanden.  

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Beklagte bei der Auslegung des Begriffs des „anderen angemessenen Maßstabs“ nicht durch die Begriffe „Wirtschaftswert“ und „Arbeitsbedarf“ derart gebunden, dass sie Körnerfenchel vergleichbar mit „Obst- und Feldgemüse im Freiland mit mechanischer Ernte“ nicht hätte einstufen und den entsprechenden Multiplikator nicht hätte anwenden können.

Insbesondere konnte die Beklagte den Körnerfenchel wie andere Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen als Sonderkultur behandeln, entsprechend dem „Obst- und Feldgemüse im Freiland mit mechanischer Ernte“ berücksichtigen und den entsprechenden Multiplikator anwenden. Insoweit wird auf das nachvollziehbare Gutachten von Prof. Dr. C. Bezug genommen, wonach bei vielen Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen eine erheblich höhere Arbeitszeit erforderlich ist als bei Mähdruschfrüchten. Dieses sachgerechte Kriterium Arbeitszeit ist in die Berücksichtigung eines „anderen angemessenen Maßstabs“ insbesondere über die Anwendung der Multiplikatoren eingeflossen. 

Der Rechtmäßigkeit der Beitragsberechnung steht auch nicht entgegen, dass der Anbau von Körnerfenchel mit eher weniger Arbeitsaufwand verbunden ist. Denn die Beklagte ist aus rechtlichen Gründen nicht verpflichtet, die Gruppe der Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen nach der jeweiligen Arbeitszeit aufzuteilen, jede einzelne Sorte nach der erforderlichen Arbeitszeit mit einem eigenen Multiplikator zu verknüpfen und dies bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigten. 

Die Ermittlung der tatsächlichen Umstände hinsichtlich jedes einzelnen Küchenkrautes bzw. jeder Arznei- und Gewürzpflanze wäre mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse einer Massenverwaltung und der Verwaltungsökonomie sowie im Hinblick auf die Vermeidung von Beitragserhöhungen ist der Verzicht auf eine weitgehende Untergliederung der einzelnen Küchenkräuter, Arznei- und Gewürzpflanzen auch aus Sicht des Senats nachvollziehbar und aus rechtlichen Gründen nicht zu beanstanden. 

Es kann zudem davon ausgegangen werden, dass landwirtschaftliche Unternehmen regelmäßig eine Vielzahl unterschiedlicher Pflanzen anbauen und deshalb die Auswirkungen der unterschiedlichen Arbeitsintensität bei den einzelnen Küchenkräutern, Arznei- und Gewürzpflanzen auf die Beitragshöhe zumeist eher geringfügig sind. So ist es auch im Fall des Klägers, wie die Vergleichsberechnungen der Beklagten für die Jahre 2016 und 2017 anschaulich machen. 

Soweit der Kläger ausgeführt hat, dass je nach Bundesland Körnerfenchel teilweise als „andere Ölfrucht“ und damit als Mähdruschfrucht mit dem Faktor 1 eingeordnet, andernorts aber als ertragreicheres Gemüse, als Sonderkultur mit dem Faktor 3 behandelt werde, ist dies nicht nachgewiesen und von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestritten worden. Der Kläger kann sich mithin nicht erfolgreich auf eine rechtwidrige Beitragsberechnung wegen Ungleichbehandlung berufen. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. 
 

Rechtskraft
Aus
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