- Greift der Widerspruchsführer lediglich einen Änderungsbescheid über die vorläufige Bewilligung von SGB II-Leistungen an, der nicht den gesamten Bewilligungsabschnitt betrifft, wird die Entscheidung über die endgültige Festsetzung nur Gegenstand des Vorverfahrens, soweit der angegriffene Zeitraum betroffen ist.
- Auch im Falle dezentraler Erwärmung des Brauchwassers durch eine Kombitherme setzt ein Anspruch aus § 21 Abs. 7 Satz 1 SGB II das Bestehen eines Mehrbedarfs voraus. Daran fehlt es, wenn das Jobcenter – und sei es nach Schätzung auf Grundlage des Gesamtbrennstoffverbrauchs – bereits die vollständigen Stromkosten des Geräts als KdUH nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtigt hat, selbst wenn es dabei nicht ausweist, ob bzw. dass ein Anteil auf die Wassererwärmung entfiel (Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 18. Mai 2022, B 7/14 AS 1/21 R, juris).
- Ergibt sich bei der gerichtlichen Überprüfung einer abschließenden Leistungsfestsetzung nach § 41a Abs. 3 SGB II mit Saldierung nach § 41a Abs. 6 SGB II in (mindestens) einem Monat ein höherer Leistungsanspruch, während in anderen Monaten eine Überzahlung festzustellen ist, steht wegen des Monatsprinzips einer erneuten Saldierung durch das Gericht das Verböserungsverbot entgegen (Abgrenzung zu LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. September 2021, L 2 AS 692/20, juris; Fortentwicklung von BSG, Urteil vom 18. Mai 2022, B 7/14 AS 1/21 R, juris).
- Wird die Instanz für einen Beteiligten durch Teilurteil beendet, ist die Kostenentscheidung nicht dem Schlussurteil vorzubehalten.
Der Bescheid über die abschließende Bewilligung vom 19. August 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2020 wird hinsichtlich der Klägerin abgeändert. Der Beklagte wird verpflichtet, für den Monat Juli 2019 den abschließenden Leistungsanspruch der Klägerin auf 476 € festzusetzen sowie verurteilt, ihr für Juli 2019 weitere 115,36 € zu gewähren. Der Bescheid über die Erstattung von Leistungen vom 19. August 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2020 und der Ergänzung vom 15. November 2022 wird hinsichtlich des Monats Juli 2019 aufgehoben, soweit die Klägerin betroffen ist.
Im Übrigen wird die Klage der Klägerin abgewiesen.
Der Beklagte hat 2/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Im Übrigen haben die Klägerin und der Beklagte einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum Mai bis Oktober 2019 streitig.
Die 1998 geborene Klägerin ist die Mutter des 2018 geborenen Klägers und gemeinsam mit dem Kindsvater sorgeberechtigt. Die Kläger standen jedenfalls ab Dezember 2018 beim Beklagten im Leistungsbezug und waren im streitgegenständlichen Zeitraum in D wohnhaft. Für die dortige Unterkunft wendete die Klägerin zunächst monatlich 369,80 € Grundmiete, 40 € Nebenkosten und 55 € Heizkosten auf. Den Strom für die Gastherme, mit der sie die Wohnung beheizte und Wasser erwärmte, bezahlte sie selbst. Mit Abrechnung vom 3. Juli 2019 forderte der Vermieter der Klägerin eine Nachzahlung von Betriebskosten für das Jahr 2018 in Höhe von (i.H.v.) 126,31 €. Mit Abrechnung vom 14. August 2019 stellte der Gasversorger ein Guthaben i.H.v. 171,88 € fest und brachte dieses unter Anrechnung des neuen Abschlags i.H.v. 53 € am 23. August 2019 i.H.v. 118,88 € zur Auszahlung.
Kindergeld für die Klägerin, das ihr kindergeldberechtigter Vater auf ihr Konto zahlen ließ, floss ihr im Dezember 2018 i.H.v. 776 € als Nachzahlung zu. Laufend erhielt sie monatlich 194 € beziehungsweise (bzw.) – ab Juli 2019 – 204 €. Weiterhin flossen ihr bis einschließlich Juli 2019 jeweils monatlich 465,07 € netto/579 € brutto aus einem Berufsausbildungsverhältnis zu, das sie mit Bestehen der Prüfung im Juni 2019 beendete. Aufgrund Bescheids vom 13. Juni 2019 der Bundesagentur für Arbeit (BA) erhielt die Klägerin rückwirkend ab August 2018 Berufsausbildungsbeihilfe (BAB), wobei bei der Klägerin nach der Befriedigung von Erstattungsansprüchen am 9. Juli 2019 eine Nachzahlung bis Mai 2019 i.H.v. 2.237,24 € sowie am 17. Juli 2019 eine weitere für Juni 2019 i.H.v. 466,27 € eingingen. Im August und Oktober 2019 flossen ihr 450 € brutto=netto aus einem Arbeitsverhältnis zu. Ferner erhielt sie monatlich 155,28 € Elterngeld plus sowie für den Kläger Kindergeld in der oben genannten Höhe. Dieser erhielt Unterhalt i.H.v. 160 € monatlich.
Des Weiteren gingen auf dem Konto ein: Überweisung von 38 € am 11. Juli 2019 und von 120 € am 22. August 2019 durch die Großeltern der Klägerin; 60 € Bareinzahlung am 23. Juli 2019.
Bereits am 11. März 2019 stellte die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag. Hierauf bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig mit Bescheid vom 20. März 2019 insgesamt 321,93 € für Mai bis Juli 2019 und 264,17 € für August bis Oktober 2019, wobei wegen der Individualansprüche auf Seite (S.) 365 folgende (f.) des Ausdrucks der elektronischen Akte des Beklagten (E-Akte) verwiesen wird. Mit Änderungsbescheid vom 1. Juni 2019 bewilligte er den Klägern weiterhin vorläufig 311,93 € für Juli 2019 und 254,17 € für August bis Oktober 2019, nachdem er eine Erhöhung des Kindergelds und – entgegen der Tatsachen – einen um 10 € geringeren Unterhalt berücksichtigte.
Gegen den Bescheid vom 1. Juni 2019 erhoben die Kläger am 4. Juli 2019 Widerspruch.
Mit Änderungsbescheid vom 17. Juli 2019 für Juli 2019 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig insgesamt 438,23 €, wobei wegen der Individualansprüche auf S. 474 der E-Akte verwiesen wird. Dabei berücksichtigte er die Betriebskostenabrechnung.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2020 hob die BA, Familienkasse, die Bewilligung von Kindergeld für die Klägerin gegenüber deren Vater ab Juli 2019 auf und forderte die Erstattung bis einschließlich November 2019.
Mit Bescheiden vom 19. August 2020 setzte der Beklagte die Leistungen für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2019 endgültig i.H.v. insgesamt 295,94 € für Mai und Juni, 412,24 € für Juli, 228,18 € für August, 166,96 € für September und 283,84 € für Oktober 2019 endgültig fest. Für den Strom zum Betrieb der Gastherme berücksichtigte er fünf Prozent des Gasabschlags. Er forderte von der Klägerin die Erstattung von 132,12 € und vom Kläger von 8,08 €. Wegen der Individualansprüche wird auf S. 922 der E-Akte verwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2020 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 1. Juni 2019 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17. Juli 2019, ersetzt durch den Bescheid über die endgültige Festsetzung vom 19. August 2020, hinsichtlich des Zeitraums Juli bis Oktober 2019 als unbegründet zurück.
Hiergegen haben die Kläger am 29. Oktober 2020 Klage erhoben. Der Vater des Klägers hat der Klage nicht zugestimmt. Nachdem die Klägerin erklärt hat, hinsichtlich einer Entscheidung nach § 1628 Bürgerliches Gesetzbuch bzw. wegen der Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Klägerin das Familiengericht anrufen zu wollen, hat die Kammer mit Beschluss in der mündlichen Verhandlung das Verfahren nach § 114 Absatz (Abs.) 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgesetzt, soweit der Kläger betroffen ist.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung den Widerspruchsbescheid um den Erstattungsbescheid bei endgültiger Festsetzung vom 19. August 2019 erweitert.
Die Kläger tragen klagebegründend vor: Vom Widerspruch erfasst sei infolge der endgültigen Festsetzung der gesamte Bewilligungszeitraum ab Mai und nicht nur die Zeit ab Juli 2019. Der Widerspruchsbescheid sei damit fehlerhaft und aufzuheben. Hilfsweise seien höhere Leistungen zu gewähren.
Die Klägerin beantragt,
den Widerspruchsbescheid vom 29. September 2020 aufzuheben,
hilfsweise den Bescheid über die abschließende Bewilligung vom 19. August 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2020 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, ihren abschließenden Leistungsanspruch in gesetzlicher Höhe festzusetzen und zu verurteilen, ihr Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren sowie den Bescheid über die Erstattung von Leistung vom 19. August 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2020 in Form der Ergänzung vom 15. November 2022 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage der Klägerin abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor: Der allein mit Widerspruch angegriffene Bescheid vom 1. Juni 2019 habe nur die Zeit ab Juli 2019 betroffen, sodass auch der Widerspruch lediglich diesen Zeitraum umfasst habe. Ergäbe sich im Klageverfahren in einem Monat ein höherer Leistungsanspruch, müsse nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen-Anhalts eine Saldierung stattfinden. Die Einzahlungen und Überweisungen auf das Konto der Klägerin stellten Einkommen dar, das im Zuflussmonat anzurechnen sei.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die E-Akte und die Gerichtsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte trotz Aussetzung des Verfahrens, soweit der Kläger betroffen ist, in der Sache hinsichtlich der Klägerin entscheiden, da Individualansprüche auf Leistungen nach dem SGB II verfolgt werden.
Die Klage der Klägerin ist hinsichtlich des Hauptantrags (dazu A.) zulässig, aber unbegründet. Hinsichtlich des Hilfsantrags (dazu B.) ist die Klage hinsichtlich des Zeitraums Juli bis Oktober 2019 zulässig und bezüglich des Monats Juli 2019 auch begründet.
A. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.).
I. Die Klage ist als isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid statthaft. § 95 SGG sieht zwar vor, dass Gegenstand des Verfahrens der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Im Gegensatz zur Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) enthält das SGG aber keine ausdrückliche Regelung dazu, wann ausnahmsweise auch die isolierte Anfechtung eines Widerspruchsbescheides in Betracht kommt. Das steht der Zulässigkeit eines solchen Vorgehens aber nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich die Kammer bereits anderenorts angeschlossen hat (vergleiche <vgl.> etwa Urteil vom 20. April 2021, Aktenzeichen <Az.> S 13 AS 244/20, unveröffentlicht <uv.>), nicht entgegen. In entsprechender Anwendung von § 79 Abs. 2 VwGO kann der Betroffene von dieser Möglichkeit insbesondere dann Gebrauch machen, wenn er durch einen Verfahrensfehler im Widerspruchsverfahren erstmalig oder gegenüber dem Ursprungsbescheid zusätzlich beschwert wird (vgl. BSG, Urteil vom 15. August 1996, 9 RV 10/95, juris Randnummer <Rn.> 14; BSG, Urteil vom 25. März 1999, B 9 SB 14/97 R, juris Rn. 20; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 5. Juli 2012, L 11 AS 759/11, juris Rn. 24; Haupt, in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 95 Rn. 8; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 95 Rn. 3 f.).
Die Möglichkeit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage lässt vorliegend auch nicht das notwendige Rechtsschutzbedürfnis der Kläger entfallen (zu dieser Voraussetzung und zum Streitstand LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 5. Juli 2012, L 11 AS 759/11, juris Rn. 29 mit weiteren Nachweisen <m.w.N.>). Zwar verneint das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ein Rechtsschutzbedürfnis für die isolierte Anfechtung eines Widerspruchsbescheids, wenn es um eine gebundene Entscheidung geht und der Behörde deshalb im Widerspruchsverfahren weder Ermessens- noch Beurteilungsspielräume offenstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 1999, 8 B 266/98, juris; BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 2002, 7 B 53/02, juris Rn. 5). Diese Einschränkung hat das BSG für das sozialgerichtliche Verfahren jedoch nicht übernommen (vgl. etwa Urteil vom 25. März 1999, Az. B 9 SB 14/97 R, juris). Das ist auch durch Unterschiede in den beiden Verfahrensordnungen gerechtfertigt, denn das SGG misst der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens eine stärkere eigenständige Bedeutung zu als die VwGO. Dies zeigt sich insbesondere in den Regelungen über die Untätigkeitsklage (hierzu LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30. November 2020, L 2 AS 38/20, juris Rn. 21): Wenn die Behörde über einen Widerspruch nicht in angemessener Frist entschieden hat, führt dies im Verwaltungsgerichtsprozess dazu, dass der Widerspruchsführer sogleich in der Sache Klage erheben kann (vgl. § 75 VwGO, sogenannte unechte Untätigkeitsklage); im Sozialgerichtsprozess ist Klageziel dagegen die Bescheidung des Widerspruchs (vgl. § 88 SGG, sogenannte echte Untätigkeitsklage).
Die Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses für die isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheids setzt allerdings voraus, dass bei der sachlichen Befassung der Behörde im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine für den Betroffenen günstige Entscheidung zumindest möglich erscheint (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 5. Juli 2012, L 11 AS 759/11, juris Rn. 30). Davon ist hier auszugehen. Denn der Beklagte hat Leistungen nach einer Reihe fehlerhafter Rechtsanwendungen und fehlerhafter Sachverhaltsermittlungen festgesetzt (insbesondere Nichtberücksichtigung einmaliger Einnahmen aus BAB; Nichtberücksichtigung eines weiteren Verteilmonats aus dem im Dezember 2018 i.H.v. 776 € als Nachzahlung zugeflossenen Kindergelds, das nach § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II erst ab Januar 2019 zu verteilen ist; Berücksichtigung eines tatsächlich nicht gegebenen Zuflusses von Erwerbseinkommen i.H.v. 450 € im September 2019; Bildung eines Durchschnittseinkommens entgegen § 41a Abs. 4 Satz 2 Nummer <Nr.> 2 SGB II in der alten Fassung <a.F.> des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 <Bundesgesetzblatt I, S. 1.824; zum Geltungszeitraumprinzip BSG vom 12. September 2018, B 4 AS 39/17 R, BSGE 126, 294>), die sich zum Teil zugunsten, zum Teil zuungunsten der Klägerin auch für die Monate Mai und Juni 2019 auswirken (könnten).
II. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags jedoch unbegründet. Die Klägerin ist weder durch einen Verfahrensfehler im Widerspruchsverfahren erstmalig noch gegenüber dem Ursprungsbescheid zusätzlich beschwert. Denn es war im Widerspruchsbescheid nur über den Zeitraum Juli bis Oktober 2019 zu befinden:
Die Klägerin hat Widerspruch gegen den Bescheid vom 1. Juni 2019 erhoben. Dieser Bescheid betraf nur den Zeitraum Juli bis Oktober 2019 und determinierte damit den Gegenstand des Widerspruchsverfahrens in zeitlicher Hinsicht. Bei diesem Zeitraum blieb es, wie aus § 86 SGG folgt:
§ 86 Halbsatz 1 SGG bestimmt, dass auch ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens wird, wenn der mit Widerspruch angegriffene Verwaltungsakt abgeändert wird. So lag es hier nur hinsichtlich des Änderungsbescheids vom 17. Juli 2019, der ausschließlich den Juli 2019 betraf. § 86 SGG ist aber weiter entsprechend anwendbar, wenn Verwaltungsakte ersetzt werden, die Gegenstand des Widerspruchsverfahrens waren (BSG, Urteil vom 5. Juli 2017, B 14 AS 36/16 R, SozR 4-1500 § 86 Nr. 3). Das war hier der Fall hinsichtlich der Bescheide über die abschließende Bewilligung vom 19. August 2020 und den Bescheid über die Erstattung vom selben Tag, der die vorangegangenen vorläufigen Bewilligungen (Bescheid vom 20. März 2019 in Gestalt der Bescheide vom 1. Juni 2019 und 17. Juli 2019) ersetzte (zur Erledigung vorläufiger Bescheide durch eine abschließende Entscheidung über Leistungen nach dem SGB II gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – <SGB X> BSG, Urteil vom 5. Juli 2017, B 14 AS 36/16 R, SozR 4-1500 § 86 Nr. 3). Nachdem das SGB II jedoch auch im Zusammenhang mit einer abschließenden Festsetzung durch das Monatsprinzip geprägt ist (BSG, Urteil vom 11. Juli 2019, B 14 AS 44/18 R, SozR 4-4200 § 41a Nr.2 Rn. 10), wurde die endgültige Festsetzung nebst Erstattungsentscheidung allerdings nur hinsichtlich des mit Widerspruch angegriffene Zeitraums Juli bis Oktober 2019 Gegenstand des Vorverfahrens.
Hieran ändert die Regelung zur Saldierung in § 41a Abs. 6 SGB II nichts. Sie bestätigt vielmehr das Monatsprinzip, indem sie die monatlichen Ansprüche aufgreift und gerade nicht die Bildung eines Durchschnittsanspruchs im Rahmen der endgültigen Festsetzung zulässt (vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Mai 2022, B 7/14 AS 9/21 R, juris, wo im gerichtlichen Verfahren die Begrenzung des Streitgegenstands nach endgültiger Festsetzung sowohl hinsichtlich des Leistungsanspruchs als auch der Erstattung auf einen einzigen Monat für zulässig erachtet wurde).
B. Mithin war über den Hilfsantrag zu entscheiden. Dieser ist hinsichtlich des Zeitraums ab Juli 2019 zulässig (dazu I.), aber hinsichtlich der begehrten höheren Leistungen lediglich bezüglich des Monats Juli 2019 begründet (dazu II.). Nur insoweit ist der Hilfsantrag auch im Hinblick auf die Erstattungsforderung begründet (dazu III.).
I. Die Klage ist hinsichtlich des Hilfsantrags unzulässig, soweit die Monate Mai und Juni 2019 betroffen sind (dazu 1.) und zulässig, soweit der übrige Zeitraum betroffen ist (dazu 2.).
1. Die Klage für die Monate Mai und Juni 2019 ist unzulässig, da kein Widerspruch erhoben wurde (zur Erforderlichkeit eines Vorverfahrens § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG). Mangels Widerspruchs bedurfte es auch nicht der Aussetzung des Verfahrens analog § 114 Abs. 2 SGG zur Nachholung des Vorverfahrens (hierzu m.w.N. Jüttner, in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 78 Rn. 8). Da die Klägerin darauf beharrte, dass es keines separaten Widerspruchs bedürfe, kann schließlich in der Klageerhebung auch nicht die Einlegung des Widerspruchs gesehen werden.
2. Hinsichtlich der Monate Juli bis Oktober 2019 ist die Klage zulässig.
Ihr Klageziel auf die Abänderung der abschließenden Entscheidung, soweit Leistungen abschließend in geringerer Höhe als vorläufig bewilligt festgestellt worden sind, und Feststellung höherer (als vorläufig bewilligter) endgültiger Leistungen macht die Klägerin dabei statthaft mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 in Verbindung mit <i.V.m.> § 56 SGG) geltend (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2021, B 14 AS 41/20 R, SozR 4-4200 § 11b Nr. 14, Rn. 11). Gegen die Erstattung wendet sie sich ebenso statthaft mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Streitgegenständlich sind nach der Erledigung der Bescheide vom 1. Juni und 17. Juli 2019 durch die Bescheide vom 19. August 2020 die letztgenannten – soweit sie den Zeitraum Juli bis Oktober 2019 betreffen (hierzu oben A. II.) – in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2020 und der Ergänzung vom 15. November 2022.
II. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, jedoch nur hinsichtlich des Monats Juli 2019 begründet und im Übrigen unbegründet. Die Bescheide vom 19. August 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2020 und der Ergänzung vom 15. November 2022, soweit sie hier streitgegenständlich sind (hierzu oben I.2.), sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin hinsichtlich des Monats Juli 2019 in eigenen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat insoweit Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II, als sie der Beklagte sowohl vorläufig als auch endgültig bewilligt hat, während sie in den übrigen streitgegenständlichen Monaten überzahlt ist.
1. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf höheres Arbeitslosengeld (Alg) II sind die §§ 19 fortfolgende (ff.) i.V.m. den §§ 7 ff. SGB II. Indem der Beklagte durch die angegriffene Verwaltungsentscheidung abschließend über den Leistungsanspruch entschieden hat, nachdem er zuvor den zugrunde liegenden Antrag zunächst nur vorläufig beschieden hatte, sind neben den genannten gesetzlichen Vorgaben auch die des § 41a SGB II in der bis zum 31. März 2021 geltenden a.F. (hierzu oben A.I.) auf die getroffene abschließende Entscheidung anzuwenden. Eine abschließende Entscheidung zu einer nach alter Rechtslage erlassenen vorläufigen Bewilligung erfolgt nach neuem Recht nur, wenn der Bewilligungszeitraum bei Inkrafttreten der Neuregelung noch nicht beendet war (BSG, Urteil vom 12. September 2018, B 4 AS 39/17 R BSGE 126, 294 Rn. 21 ff.). So lag es hier aber nicht, denn der Bewilligungszeitraum endete bereits am 31. Oktober 2019.
2. Die Klägerin erfüllte im streitgegenständlichen Zeitraum die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Ein Ausschlusstatbestand, insbesondere nach § 7 Abs. 5 SGB II, lag nicht vor. Ihr Sohn – der Kläger – ist nach § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4 SGB II leistungsberechtigt.
Die Klägerin war nur im Monat Juli 2019 hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II. Danach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hier konnten die Kläger, bei denen für einzusetzendes Vermögen (§ 12 SGB II) nichts ersichtlich ist, ihren Bedarf (dazu a.) im Juli 2019 teilweise aus Einkommen decken, allerdings nicht in der vom Beklagten angenommen Höhe, während sie in den übrigen Monaten nicht oder in geringerer Höhe bedürftig waren (dazu b.).
a. Der Bedarf ergibt sich aus dem Regelbedarf (dazu aa.) und den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH, dazu bb.).
aa. Der Bedarf beläuft sich auf 424 € bei der Klägerin (Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II) zuzüglich des Mehrbedarfs für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II i.H.v. 152,64 €. Beim Kläger sind nach § 23 Nr. 1 SGB II 245 € heranzuziehen.
Dazu tritt kein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II, da die Bedarfe für Warmwasser einschließlich der Stromkosten im Rahmen der KdUH nach § 22 SGB II anerkannt wurden (dazu bb.). Zwar soll nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18. Mai 2022, Az. B 7/14 AS 1/21 R, juris) ein solcher Mehrbedarf bei einer dezentralen Kombitherme für den Zünd- und Pumpstrom in Betracht kommen, wenn der Grundsicherungsträger Stromkosten lediglich für die Heizung, nicht aber ausdrücklich auch zur Brauchwassererwärmung trägt. Ob dieser künstlichen Aufspaltung des Stromverbrauchs eines Geräts mit nur einer elektrischen Pumpe bzw. einem Zünder danach, ob es gerade zur Brauch- oder Heizungswassererwärmung arbeitet, zu folgen ist, kann offen bleiben. Denn der Beklagte hat die Schätzung (dazu noch bb.) der Stromkosten anhand des gesamten Gasverbrauchs und nicht differenziert nach Heizungs- und Brauchwassererwärmung vorgenommen, sodass auch ein Stromanteil für beide Abnahmearten berücksichtigt wurde. Damit sind im Sinne der Rechtsprechung des BSG sämtliche Komponenten über § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfasst, zumal für weitergehende Stromkosten weder etwas vorgetragen noch ersichtlich ist. Werden mit anderen Worten Bedarfe für das dezentral bereitgestellte Warmwasser nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anerkannt, ist auch bei dezentraler Brauchwassererwärmung kein Raum für einen Mehrbedarf, auf den § 21 Abs. 7 Satz 1 SGB II im Einleitungssatz abstellt (vgl. schon Beschluss der Kammer vom 13. Juli 2021, Az. S 13 AS 788/20, uv.).
bb. Die Bedarfe für die KdUH bemessen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
(1.) Im Juli 2019 beliefen sich diese einschließlich der in diesem Monat fälligen Nachzahlung für Betriebskosten auf 593,87 €, die kopfteilig auf die beiden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufzuteilen sind. Die dabei vom Beklagten durch Schätzung ermittelten Stromkosten für den Betrieb der Gastherme i.H.v. fünf Prozent des Gasabschlags, hier 2,75 € monatlich, sind dabei nach eigener Überprüfung durch die Kammer (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung) nicht zu beanstanden (vgl. auch Schifferdecker, NZS 2021, 312).
(2.) Im August 2019 sind KdUH i.H.v. 465,45 € zu berücksichtigen. Ab diesem Monat betrug der Gasabschlag nur noch 53 €, sodass der Pauschalbetrag für Zünd- und Pumpstrom der Kombitherme nur noch mit 2,65 € zu veranschlagen ist (zur Schätzung oben <1.>). Das Guthaben i.H.v. 171,88 €, das der Energieversorger mit Abrechnung vom 14. August 2019 feststellte und unter Anrechnung des neuen Abschlags i.H.v. 53 € am 23. August 2019 mit 118,88 € zur Auszahlung brachte, wirkt sich nach § 22 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB II erst im Folgemonat aus.
Mithin sind – bei im Übrigen gleichen Posten – im September 2019 um 171,88 € geringere KdUH, also nur 293,57 €, in Ansatz zu bringen.
(3.) Im Oktober 2019 entsprechen die KdUH denen im August 2019 (hierzu oben <1.>).
cc. Damit betrug der Gesamtbedarf im Juli 2019 1.051,51 €, wobei 873,58 € auf die Klägerin und – nach Abzug des für ihn gezahlten Kindergelds (§ 11 Abs. 1 Satz 4 f. SGB II) i.H.v. 204 € sowie seines Unterhalts in Höhe von 160 € – 177,94 € auf den Kläger entfielen. Im August und Oktober 2019 betrug der monatliche Gesamtbedarf 923,09 € und die genannten Einzelbedarfe monatlich 809,37 € bzw. – nach den oben genannten Abzügen – 113,73 €. Im September 2019 war von einem Gesamtbedarf i.H.v. 751,21 € und daraus Einzelbedarfen i.H.v. 723,43 € bzw. – wieder nach den oben genannten Abzügen – i.H.v. 27,79 € auszugehen.
b. Auf die Bedarfe ist nach der Bedarfsanteilsmethode (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II) das Einkommen der Klägerin anzurechnen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II insbesondere Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen. Dabei ist nicht nach § 41a Abs. 4 Satz 1 SGB II a.F ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen, da die Ausnahme des dortigen Satzes 2 Nr. 2 a.F. greift. Denn der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II entfiele ohne Durchschnittsbildung im Monat August 2019 (dazu aa.). Danach ergibt sich nur im Juli 2019 noch ein (höherer) Leistungsanspruch (dazu bb.)
aa. Der im August 2019 bestehende Bedarf von noch 923,09 € (hierzu oben a.cc.) wird durch das Einkommen der Klägerin vollständig gedeckt.
Die Klägerin verfügte im August 2019 über Arbeitseinkommen i.H.v. 450 € brutto=netto, das nach Bereinigung um die Freibeträge nach § 11b Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGB II mit 280 € anzurechnen ist.
Anzurechnen ist zudem das für die Klägerin gezahlte Kindergeld i.H.v. 204 €. Der Berücksichtigung steht nicht entgegen, dass die Bewilligung von Kindergeld durch Bescheid vom 24. Januar 2020 rückwirkend auch für August 2019 aufgehoben wurde. Zwar sind nur solche Einnahmen als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzusehen, die einen Zuwachs von Mitteln bedeuten, der dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleibt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010, B 14 AS 46/09 R, BSGE 106, 185 Rn. 16). Entscheidend für diese Privilegierung von bestimmten Zuflüssen ist aber, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Einnahme als Einkommen berücksichtigt werden soll, der Zufluss bereits mit einer (wirksamen) Rückzahlungsverpflichtung belastet ist. Jedenfalls sofern eine Verpflichtung zur Rückzahlung der laufenden Einnahmen – wie hier durch die Aufhebung im Folgejahr – erst nach den Zeiträumen eintritt, für die sie berücksichtigt werden sollen (zum Monatsprinzip bei laufenden Einnahmen vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II), besteht die Verpflichtung des Hilfebedürftigen, die Leistung als „bereite Mittel“ in dem Monat des Zuflusses auch zu verbrauchen (zum Ganzen BSG, Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 165/10 R, SozR 4-4200 § 11 Nr. 43).
Weiterhin anzurechnen sind die Zahlungen von BAB. Die Beträge von 2.237,24 € und 466,27 € sind zwar bereits im Juli 2019 auf dem Konto der Klägerin gutgeschrieben worden. Da es sich bei ihnen jedoch um Nachzahlungen für August 2018 bis Mai 2019 bzw. Juni 2019 handelte, gelten sie nach § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II als einmalige Einnahmen. Nachdem die Leistungen für Juli 2019 bei Eingang der Zahlungen von BAB bereits ohne deren Berücksichtigung erbracht wurden, ist nach § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II eine Anrechnung erst im bzw. – dazu sogleich – ab August 2019 vorzunehmen. Denn die Norm findet auch im Fall der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs nach vorläufiger Bewilligung Anwendung (BSG, Urteil vom 18. Mai 2022, B 7/14 AS 9/21 R, juris Rn. 33 ff.).
Da sowohl durch die eine als auch die andere BAB-Nachzahlung der Leistungsanspruch im August 2019 entfiele, muss nach § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II jedoch eine Aufteilung auf sechs Monate ab August 2019 erfolgen (zur Anwendbarkeit der Norm auch nach vorläufiger Bewilligung BSG, Urteil vom 18. Mai 2022, B 7/14 AS 9/21 R, juris Rn. 32). Anzusetzen sind daher ein Sechstel, also im August 2019 372,87 € sowie 77,71 € BAB.
Damit ist der Bedarf gedeckt, ohne dass es auf weiteres Einkommen ankäme (hierzu auch noch bb.<1.>).
bb. Das mithin keiner Durchschnittsbildung zugängliche Einkommen führt zu einem Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 476 € im Juli 2019 (dazu <1.>), während im August 2019 (dazu schon oben aa.) und den Folgemonaten (dazu <2.>) kein (höherer) Anspruch bestand.
(1.) Im Juli 2019 flossen der Klägerin 579 € Erwerbseinkommen zu, das nach Bereinigung um die Freibeträge nach § 11b Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGB II (195,80 €) und die gesetzlichen Abzüge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB II (113,93 €) mit 271,27 € zu berücksichtigen ist. Zudem ist das für sie gezahlte Kindergeld anzurechnen (hierzu oben aa.). Die 155,28 € Elterngeld plus schlagen nach Abzug des Freibetrags von 150 € gemäß § 10 Abs. 5 Satz 3 Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit – Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – i.H.v. 5,28 € zu Buche.
Unberücksichtigt haben die zum 11. Juli 2019 von den Großeltern überwiesenen 38 € zu bleiben. Hierbei handelte es sich jedenfalls um eine einmalige Einnahme, die – nachdem die Leistungen für Juli 2019 bei Geldeingang bereits ohne deren Berücksichtigung erbracht wurden – nach § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II allenfalls im August 2019 anrechenbar wäre, wo sie sich wegen des ohnehin bedarfsdeckenden anderen Einkommens aber nicht auswirkt (hierzu oben aa. am Ende). Denn einmalige Einnahmen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind solche, bei denen sich das Geschehen im Wesentlichen in einer einzigen Leistung erschöpft, sie also nicht wiederkehrend sind (BSG, Urteil vom 18. Mai 2022, B 7/14 AS 9/21 R, juris Rn. 26). Davon ist hier auszugehen, da den nur vereinzelten Zahlungen, die sich im hiesigen Bewilligungsabschnitt nur im August 2019 und dabei in anderer Höhe wiederholten, kein Muster zugrunde liegt.
Nicht anzurechnen ist ferner die Einzahlung auf das Girokonto vom 23. Juli 2019 über 60 €. Insoweit hält die Kammer die Einlassung der Klägerin für glaubhaft, dass es sich um einen Teil einer versehentlich zu hohen Barabhebung über 100 € vom selben Tag und mithin um eine unbeachtliche Vermögensumschichtung handelte.
Einkommen der Klägerin war mithin i.H.v. insgesamt 478,55 € gegeben. Ausgehend vom Gesamtbedarf i.H.v. 1.051,51 €, wobei 873,58 € auf die Klägerin und 177,94 € auf den Kläger entfielen (hierzu oben a.cc), ergibt sich nach der Bedarfsanteilsmethode (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II) ein individueller Anspruch der Klägerin i.H.v. 476 €. Dies sind gegenüber der vorläufigen Bewilligung i.H.v. individuell 360,64 € durch Bescheid vom 17. Juli 2019 weitere 115,36 €, die noch auszuzahlen sind (dazu noch unten III.).
(2.) Im August 2019 ergibt sich kein Anspruch (hierzu oben aa.). Dasselbe gilt für Oktober 2019, in dem dieselben Werte maßgeblich sind.
(3.) Im September 2019 bewirkt das Einkommen bereits ohne die im Vormonat zugeflossene, aber als einmalige Einnahme allenfalls im hiesigen Monat anrechenbare Überweisung (hierzu oben <1.>) keinen höheren Anspruch der Klägerin auf Alg II, sodass es auf eine weitere Qualifizierung dieser Zahlung nicht ankommt. Denn im Übrigen ist für die Klägerin von Einkommen in der bereits für August 2019 beschriebenen Höhe (hierzu oben aa.) mit Ausnahme des Erwerbseinkommens, das im hiesigen Monat nicht zufloss, auszugehen. Dementsprechend ergeben sich Einkünfte i.H.v. 659,86 €, denen ein Gesamtbedarf i.H.v. 751,21 € gegenübersteht, wobei 723,43 € auf die Klägerin und 27,79 € auf den Kläger entfielen (hierzu oben a.cc). Damit ergibt sich nach der Bedarfsanteilsmethode (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II) ein individueller Anspruch der Klägerin i.H.v. 116,86 €, der unter der endgültigen Festsetzung von 154,87 € liegt.
III. Nach der Verpflichtung zur Festsetzung von 476 € für Juli 2019 und der Verurteilung zur Zahlung weiterer 115,36 € ergibt sich für den Monat Juli 2018 kein Erstattungsanspruch des Beklagten mehr.
Nachdem der Beklagte mit den Bescheiden vom 19. August 2020 bereits abschließend entschieden hat, sieht die Kammer (so schon im Urteil vom 6. September 2022, Az. S 13 AS 240/21, uv.) auch keine Möglichkeit für eine weitere nachträgliche Saldierung nach § 41a Abs. 6 Satz 1 SGB II. Ob eine Berücksichtigung geringerer Leistungen in einzelnen Monaten in entsprechenden Gestaltungen nur nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – und § 45 SGB X statthaft ist (so Šušnjar, jurisPR-SozR 11/2022 Anmerkung 1), kann ebenso wie das Vorliegen dieser Voraussetzungen in den Monaten August bis Oktober 2019 offen bleiben. Denn der Beklagte hat keine dahingehenden Änderungsbescheide erlassen und für das Gericht gilt das Verbot der reformatio in peius (hierzu Haupt, in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 123 Rn. 5).
So ist für den vorliegenden Fall auch die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung des LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 21. September 2021, L 2 AS 692/20, juris) nicht einschlägig. Dort hatte das beklagte Jobcenter – anders als hier – einen Änderungsbescheid erlassen und erstmals ein Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt. Im Übrigen scheint der durch das LSG Sachsen-Anhalt vorgenommenen „erweiternden Auslegung“ des § 41a Abs. 6 Satz 1 SGB II dahingehend, dass von der Anrechnung nicht nur vorläufig erbrachte Leistungen erfasst werden, sondern gegebenenfalls stattdessen die zwischenzeitlich bereits abschließend erbrachten, vom BSG offenbar nicht gefolgt zu werden. Denn im BSG-Urteil vom 18. Mai 2022 (Az. B 7/14 AS 9/21 R, juris) wird deutlich, dass auch im Rahmen der abschließenden Festsetzung das Monatsprinzip zu beachten ist (vgl. dort insbesondere Rn. 37) und die monatlichen Beträge sowohl hinsichtlich der Leistungen als auch der Erstattungen keine bloßen Berechnungselemente darstellen (hierzu schon oben A.II.). Dem stünde eine erneute Saldierung entgegen.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie musste nicht dem Schlussurteil vorbehalten bleiben, da die Instanz für die Klägerin durch das Teilurteil beendet ist (vgl. Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage 2020, § 194 Rn. 11).
Die Berufung bedürfte wegen der 750 € nicht übersteigenden Beschwer beider Beteiligten der Zulassung, vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Gründe dafür sieht die Kammer nicht. Insbesondere besteht aufgrund der Entscheidung des BSG (Urteil vom 18. Mai 2022, Az. B 7/14 AS 9/21 R, juris) keine grundsätzliche Bedeutung mehr (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).