S 9 U 484/20

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 484/20
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze

1. Ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, beurteilt sich danach, in welchem Umfang er kraft seiner Beteiligung bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann.

2. Soweit der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht über mindestens die Hälfte der Kapitalbeteiligung verfügt, ist er grundsätzlich abhängig beschäftigt. Eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität ist nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln, ebenso wenig ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten.

 

I. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 24.09.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2020 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


T a t b e s t a n d :

Streitig ist, ob der am 1972 geborene Kläger der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Beklagten unterliegt.

Es liegt Gewerbeanmeldung der Firma K. vom 16.11.2017 (S. 5 f. Bekl.-Akte) vor. Der Kläger ist dort als Betriebsinhaber genannt.

Es liegt Anmeldung des Klägers vom 16.11.2017 (S. 14 Bekl.-Akte) vor.

Die Betriebsbeschreibung vom 25.11.2017 (S. 18 ff. Bekl.-Akte) enthält u. a. folgende Angaben: Handelsregisternummer: XX, Datum des Gesellschaftsvertrages: 20.10.2017, Stammkapital: 1.500 Euro, in der Gesellschafterversammlung erfolgen die üblichen Beschlüsse mit 2/3-Mehrheit, Gesellschafter seien der Kläger, Herr K. und Herr H. Der Kläger, Herr K. und Herr H. würden je eine Stimme haben und seien mit 500 Euro Kapitalanteil/Einlage beteiligt. Die drei würden im Unternehmen mitarbeiten. Im Wesentlichen würde Weisungsfreiheit bestehen. Die Gesellschafter seien auch Geschäftsführer. Es gebe drei Arbeitnehmer im Unternehmen (die drei Geschäftsführer). Es handele sich um einen Fliesenlegerbetrieb.

Mit Bescheid vom 13.12.2017 (S. 35 f. Bekl.-Akte) stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit für das Unternehmen Firma K. (haftungsbeschränkt) fest.

Es liegt Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 13.12.2017 (S. 24 f. Bekl.-Akte) vor. Die Beklagte stellte u. a. fest, dass der Kläger in dem Unternehmen regelmäßig wie ein Unternehmer selbstständig tätig sei. Diese Feststellungen würden ab dem 09.11.2017 zutreffen. Versicherungsschutz könne der Kläger nur erlangen, wenn er eine Versicherung abschließe.

Es liegt weiteres Schreiben der Beklagten vom 13.12.2017 zum Lohnnachweis 2017 (S. 44 ff. Bekl.-Akte) vor. Dort ist u. a. der Kläger als Person aufgeführt, die nicht kraft Gesetzes versichert sei, sondern nur die Möglichkeit habe, sich freiwillig zu versichern.

Mit Schreiben vom 13.02.2018 (S. 49 f. Bekl.-Akte) hörte die Beklagte den Kläger wegen nicht erfolgter oder nicht rechtzeitige Einreichung des Lohnnachweises für 2017 an.

Es liegt E-Mail des Klägers vom 19.03.2018 (S. 61 ff. Bekl.-Akte) vor. Darin wird mitgeteilt, dass die Rentenversicherungsanstalt die drei Geschäftsführer als gesetzlich Versicherte eingestuft habe.

Mit Bescheid vom 08.01.2018 (vgl. S. 62 Bekl.-Akte) hat die Deutsche Rentenversicherung Bund den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers festgestellt. Die Prüfung habe ergeben, dass die Tätigkeit des Klägers als geschäftsführender Gesellschafter bei der Firma K. (haftungsbeschränkt) seit dem 01.11.2017 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe entsprechend der Anmeldung.

Mit Schreiben vom 22.03.2018 (S. 66 Bekl.-Akte) hörte die Beklagte den Kläger nach § 24 SGB X an.

Mit Bescheid vom 19.04.2018 (S. 70 Bekl.-Akte) stellte die Beklagte fest, dass der Kläger in der Firma K. (haftungsbeschränkt) als Arbeitnehmer tätig sei und ab 09.11.2017 zum Kreis der kraft Gesetzes versicherten Personen gehöre. Der Bescheid vom 13.12.2017 wurde zurückgenommen.

Es liegt dann Formwechsel einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine GmbH & Co. KG mit Einbringung von Geschäftsanteilen vom 14.08.2018 (S. 184 ff. Bekl.-Akte) vor. Als Anlage dazu ist Gesellschaftsvertrag zur Firma K. (haftungsbeschränkt) & Co. KG (S. 193 ff. Bekl.-Akte) sowie Gesellschaftsvertrag zur Firma K. 2 (haftungsbeschränkt) (S. 221 ff. Bekl.-Akte) vorhanden. Auf die Gesellschaftsverträge wird Bezug genommen.

Der Gesellschaftsvertrag der Firma K. (haftungsbeschränkt) regelt u. a.: Nach § 5 Nr. 2 des Vertrages ist der Kläger Kommanditist mit einem nominellen Kapitalanteil in Höhe von 500 Euro (1/3 des gesamten Kommanditkapitals). Nach § 7 Nr. 1 des Vertrages ist zur Geschäftsführung und Vertretung allein die Komplementär-GmbH berechtigt und verpflichtet; mehrere persönlich haftende Gesellschafter vertreten einzeln. Die Komplementärin in Firma K. 2 (haftungsbeschränkt) und ihre jeweiligen Geschäftsführer sind nach § 7 Nr. 2 des Vertrages von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Nach § 7 Nr. 5 des Vertrages ist im Rahmen der Geschäftsführungsbefugnis jeder Kommanditist einzeln zur Vertretung der Gesellschaft bevollmächtigt; die Vollmacht kann nur aus wichtigem Grund widerrufen werden. Die Kommanditisten üben ihre Geschäftsführung und Vertretungsbefugnis in der Weise aus, dass sie über die zu treffende Maßnahme Beschluss fassen und anschließend der von ihnen bestimmte Kommanditist die beschlossenen Maßnahmen namens der Gesellschaft unter Wahrung der vorgeschriebenen Form ausführt. Beschlüsse der Kommanditisten, die Verfügungen über Geschäftsanteile an der Komplementärin, die Änderung ihres Gesellschaftsvertrages oder ihrer Auflösung zum Gegenstand haben, bedürfen der Einstimmigkeit, sonstige Beschlüsse der Mehrheit der Stimmen aller stimmberechtigten Kommanditisten. Nach § 8 Nr. 7 des Vertrages beschließt die Gesellschafterversammlung, sofern der Gesellschaftsvertrag oder zwingende gesetzliche Bestimmungen nicht ein anderes vorsehen, mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen. § 8 Nr. 8 regelt weitere Sachverhalte, bei denen eine 75 %-Mehrheit erforderlich ist. § 11 Nr. 3 des Vertrages regelt die Möglichkeit des Ausschlusses von Kommanditisten.

Der Gesellschaftsvertrag der Firma K. 2 (haftungsbeschränkt) regelt u. a.: Nach § 5 des Vertrages hat der Kläger 500 Euro des Stammkapitals (1/3 des gesamten Stammkapitals) übernommen. Nach § 6 Nr. 1 des Vertrages hat die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Nach § 6 Nr. 4 des Vertrages besteht die Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers bzw. der Geschäftsführer für alle gewöhnlichen, branchenüblichen Geschäfte. Zu allen Maßnahmen, die über den Rahmen einer für das Unternehmen der Gesellschaft branchenüblichen Führung hinausgehen, bedarf es im Innenverhältnis der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafterversammlung kann jederzeit eine Geschäftsordnung beschließen und darin weitere zustimmungspflichtige Geschäfte festlegen und kann eine solche Geschäftsordnung jederzeit ändern. Nach § 7 Nr. 7 des Vertrages werden Beschlüsse der Gesellschafter, soweit nicht in dieser Satzung oder zwingend vom Gesetz etwas anderes bestimmt ist, mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen gefasst. § 11 des Vertrages regelt die Einziehung.

Es liegt Fragebogen vom 17.09.2018 (S. 86 Bekl.-Akte) vor. Danach sei das Unternehmen Firma K. in Firma K. & Co. KG umgewandelt worden.

Es liegt Mitteilung über die Eintragung im Handelsregister vom 04.09.2018 (S. 88 f. Bekl.-Akte) vor. Danach sei die Firma K. (haftungsbeschränkt) & Co. KG durch formwechselnde Umwandlung der Firma K. (haftungsbeschränkt) entstanden. Kommanditisten seien: der Kläger, Herr K., Herr H. . Alle drei würden je eine Einlage von 500 Euro einbringen.

Es liegt Liste der Gesellschafter vom 12.09.2018 (S. 96 Bekl.-Akte) vor.

Mit Bescheid vom 24.09.2018 (S. 98 Bekl.-Akte) stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit für das Unternehmen Firma K. (haftungsbeschränkt) & Co. KG fest.

Mit Bescheid vom 24.09.2018 (S. 108 Bekl.-Akte) stellte die Beklagte fest, dass der Kläger in der Firma K. (haftungsbeschränkt) & Co. KG als Arbeitnehmer tätig sei und ab 31.08.2018 zum Kreis der kraft Gesetzes versicherten Personen gehöre.

Dagegen wurde Widerspruch eingelegt (S. 112 Bekl.-Akte). Der Kläger sei Gesellschafter. Der Kläger sei einzelberechtigter Geschäftsführer. Er übe eine selbständige Tätigkeit aus und gehöre nach § 6 SGB VII zu den freiwillig Versicherten. Eine freiwillige Versicherung bei der Beklagten wolle der Kläger nicht.

Mit Schreiben vom 20.08.2019 (S. 169 Bekl.-Akte) bat die Beklagte die Deutsche Rentenversicherung Bund um Mitteilung der Ergebnisse des Statusfeststellungsverfahrens.

Mit Schreiben vom 11.09.2019 (S. 232 Bekl.-Akte) bat die Beklagte die Firma K. (haftungsbeschränkt) & Co. KG um Übersendung der Geschäftsführerverträge.

Mit E-Mail vom 21.10.2019 (S. 235 Bekl.-Akte) teilte der Kläger mit, dass Herr K. , Herr Hoyer und der Kläger zu gleichen Anteilen Gesellschafter seien, jedoch keine angestellten Geschäftsführer im Unternehmen. Aus diesem Grund würden keine Geschäftsführerverträge überlassen werden können.

Mit Schreiben vom 23.10.2019 (S. 238 Bekl.-Akte) bat die Beklagte die Firma K. (haftungsbeschränkt) & Co. KG um Mitteilung, auf welcher Grundlage die Herren Kraft, Hoyer und der Kläger tätig werden und von wem sie Entgelt erhalten würden.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2020 (S. 257 ff. Bekl.-Akte) zurückgewiesen. Der Kläger sei Gesellschafter der Firma K. (haftungsbeschränkt) & Co. KG und zudem Geschäftsführer der Firma K. 2 (haftungsbeschränkt). Der Kläger sei in das Unternehmen eingegliedert, auch wenn die Gesellschaft kein direktes Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Dauer der Tätigkeit haben möge. Der Kläger sei einzelvertretungsberechtigt, jedoch nur zu einem Drittel am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt. Durch diese relativ geringe Kapitalbeteiligung könne er nicht maßgeblich Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft ausüben. Der Kläger habe nicht die Rechtsmacht, nicht genehme Weisungen zu verhindern. Der Kläger könne durch die Mehrheit der Gesellschafter als Geschäftsführer abberufen werden. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses der Krankenversicherung sei für die gesetzliche Unfallversicherung nicht bindend. Diesbezüglich bestehe kein Vertrauensschutz. Die Deutsche Rentenversicherung Bund habe hinsichtlich der Statusfeststellung auf die mit Bescheiden vom 09.02.2018 getroffene Entscheidung verwiesen, wonach der Kläger seine Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses in der Firma K. (durch Formwechsel nun Firma K. (haftungsbeschränkt) & Co. KG) ausüben würde. Der Kläger sei als Arbeitnehmer zu betrachten.

Mit seiner am 02.10.2020 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass er nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt (vgl. Bl. 1 ff. SG-Akte). Der Kläger sei Geschäftsführer der Firma K. 2 (haftungsbeschränkt). Er sei einzelvertretungsbefugt. Der Kläger sei ferner Geschäftsführer und Gesellschafter der Firma K. (haftungsbeschränkt) & Co. KG. Er sei Gesellschafter und Stimmrechtsinhaber mit einem Geschäftsanteil von 33 1/3 % am Stammkapital. Er sei einzelvertretungsberechtigt. Der Kläger unterliege als Gesellschafter-Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung nicht der Versicherungspflicht. Nach jüngster Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) würden Gesellschafter-Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung von der gesetzlichen Unfallversicherungspflicht befreit werden können, wenn nach dem Gesamtbild des Beschäftigungsverhältnisses der Gesellschafter-Geschäftsführer von der Gesellschaft persönlich unabhängig sei. Für eine persönliche Unabhängigkeit würden im Fall des Klägers sprechen: Einzelvertretungsbefugnis inklusive der Befreiung von § 181 BGB, eigenmächtige Bestimmung von Arbeitszeit, Arbeitsdauer und Ort der Arbeitsleistung sowie die weisungsfreie Ausübung der Tätigkeit und die sich damit ergebene arbeitnehmerähnliche Funktion.

Die Beklagte erwiderte die Klage mit Schreiben vom 21.10.2020 (Bl. 25 Bekl.-Akte).

Mit Schreiben vom 17.11.2020 (Bl. 27 f. SG-Akte) hörte die Vorsitzende die Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) an.

Es liegt Satzung der Beklagten in der Fassung des 14. Nachtrags vom 12.12.2018 vor.

Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt (sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.09.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2020 zu verurteilen, festzustellen, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Beklagten unterliegt

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten Bezug genommen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Das Gericht konnte gem. § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten haben.

Die Klage wurde form- und fristgerecht (§§ 87, 90, 92 SGG) beim zuständigen Sozialgericht München eingelegt und ist zulässig.

In der Sache erweist sich die Klage jedoch als unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24.09.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger unterliegt der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung. Er gehört zum Kreis der kraft Gesetzes versicherten Personen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.

Das Gericht nimmt gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die sehr ausführlichen und inhaltlich korrekten Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 02.09.2020 Bezug, denen es sich vollumfänglich anschließt und die es zur Grundlage dieser Entscheidung macht.

Nach Überzeugung des Gerichts ist der Kläger abhängig beschäftigt im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und § 7 Abs. 1 SGB IV.

Nach § 7 Abs. SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abhängige Beschäftigung setzt persönliche Abhängigkeit voraus (vgl. m. w. N. z. B. BSG, Urt. v. 19.09.2019, B 12 KR 21/19 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 45).

Gesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer können grundsätzlich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Der Gesellschafter oder Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig. Ob ein Gesellschafter bzw. Gesellschafter-Geschäftsführer als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, beurteilt sich danach, in welchem Umfang er kraft seiner Beteiligung Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann. Entscheidend für die Versicherungspflicht ist, ob der Kläger einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausübt. Hat ein Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (vgl. m. w. N. BSG, Urt. v. 03.04.2014, B 2 U 26/12 R, SozR 4-2700 § 87 Nr. 3; BSG, Urt. v. 19.09.2019, B 12 KR 21/19 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 45).

Soweit der Betreffende nicht über die Hälfte der Kapitalbeteiligung verfügt, ist er grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 % der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist (m. w. N. BSG, Urt. v. 19.09.2019, B 12 KR 21/19 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 45). Eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität ist nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln, ebenso wenig ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten, denn dies ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren (m. w. N. BSG, Urt. v. 19.09.2019, B 12 KR 21/19 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 45). Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein (BSG, Urt. v. 19.09.2019, B 12 KR 21/19 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 45). Andere Absprachen vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (m. w. N. BSG, Urt. v. 19.09.2019, B 12 KR 21/19 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 45).

Aufgrund seiner Kapitalbeteiligung kann der Kläger keinen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaften ausüben, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann. Für Beschlüsse ist jeweils mindestens 2/3-Mehrheit nach den Gesellschaftsverträgen erforderlich. Der Kläger hat jeweils nur 1/3 der Einlage des Gesamtkapitals inne. Er verfügt allein jeweils nur über 1/3 der Stimmanteile und ist Minderheitsgesellschafter. Der Kläger hatte weder einen Kapitalanteil in Höhe von mindestens 50 % an einer der Gesellschaften noch "echte" Sperrminorität nach den Gesellschaftsverträgen. Der Kläger ist daher abhängig beschäftigt. Auch sonstige Gründe, die für Weisungsunabhängigkeit sprechen würden, sind für das Gericht nicht erkennbar. So kann der Kläger nicht "schalten und walten" wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert und weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (vgl. Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, § 2 SGB VII, EGL 1/19, Rn. 6.20).

Ein Geschäftsführervertrag, der Näheres regeln könnte, liegt nicht vor. Die Einordnung des Klägers als abhängig beschäftigt verändert das nicht. Die Einordnung des Klägers im Krankenversicherungsrecht spielt für die Einordnung in die gesetzliche Unfallversicherung keine Rolle.

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben und war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

 

 

 

 

 

 

 

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