Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.02.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheides vom 27.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2014 und damit die Weitergewährung seiner Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) i.H.v. 20 v.H. auf unbestimmte Zeit wegen Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.12.2010 nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII).
Der 1953 geborene Kläger erlitt am 06.12.2010 einen von der Beklagten als Arbeitsunfall anerkannten Wegeunfall. Zur Ermittlung ihrer Leistungspflicht ließ die Beklagte den Kläger nach Abschluss der akuten Heilbehandlung von der im behandelnden Krankenhaus tätigen Ärztin Dr. N, leitende Oberärztin der Abteilung Handchirurgie im E-Hospital in V, begutachten. Als wesentliche Unfallfolgen beschrieb sie: Strecksteife des Mittelgliedes des Klein- und Ringfingers, Streckdefizits der Endgelenke des Klein- und Ringfingers, unvollständiger Faustschluss, Kraftminderung der rechten Hand sowie Einschränkung des Grob- und Hakengriff. Für die Zeit vom 06.12.2010 bis 07.03.2011 schlug sie eine MdE i.H.v. 100 v.H., vom 07.03.2011 bis 31.03.2011 eine MdE i.H.v. 50 v.H., vom 01.04.2011 bis 06.05.2011 eine MdE i.H.v. 20 v.H. und ab 07.05.2011 eine voraussichtliche MdE i.H.v. 20 v.H. vor. Der von der Beklagten beteiligte Beratungsarzt Dr. I, Facharzt für Chirurgie, plastische sowie Handchirurgie und Sozialmedizin, schloss sich der MdE-Einschätzung für eine vorübergehende Zeit an: Die Finger seien in ungünstiger Stellung eingesteift bzw. bewegungseinschränkt. Der beim Kläger vorliegende Wert i.H.v. 15 v.H. sei gegenüber ihm schwer zu begründen, sodass vorläufig eine MdE i.H.v. 20 v.H. angemessen sei.
Mit Bescheid vom 13.09.2011 erkannte die Beklagte das Ereignis als Arbeitsunfall mit den folgenden Folgen an: Erhebliche Bewegungseinschränkung des Grund-, Mittel- und Endgelenkes des rechten Kleinfingers, erhebliche Bewegungseinschränkung des Mittel- und Endgelenkes des rechten Ringfingers, herabgesetzte grobe Kraft der rechten Hand, unvollständiger Faustschluss nach operativ versorgten komplexen knöchern fest verheilten Frakturen der rechten Hand mit geschlossener Gelenksfraktur des Mittelgliedes des Ringfingers Grad 2, geschlossene Basisfraktur des Mittelgliedes des Kleinfingers Grad 2 und Luxation des Kleinfingers. Zudem gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2011 nach einer MdE i.H.v. 20 v.H.
Nach dem Antrag des Klägers vom 21.03.2012 das Rentenverfahren fortzuführen, veranlasste die Beklagte eine zweite Begutachtung durch Dr. N. Diese beschrieb im Gutachten vom 02.05.2012 die identischen Unfallfolgen wie zuvor. Zudem bestätigte sie die MdE i.H.v. 20 v.H. auch ab 01.01.2012.
Mit Bescheid vom 25.05.2012 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 01.01.2012 eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE i.H.v. 20 v.H. wegen der bisher bereits festgestellten Unfallfolgen. Für die Entscheidung über eine Rente auf unbestimmte Zeit veranlasste die Beklagte abermals eine Begutachtung durch Dr. N. Da sich die Erstattung des Gutachtens verzögerte, fragte die Beklagte am 19.11.2013 telefonisch bei der Gutachterin an, zu welchem Ergebnis sie gelangt sei. Sie teilte mit, dass das Gutachten am folgenden Tag diktiert und geschrieben werden solle. Die MdE liege unverändert bei i.H.v. 20 v.H. Noch unter dem 19.11.2013 schrieb die Beklagte den Kläger im Rahmen der Anhörung an und gab ihm Gelegenheit, sich innerhalb von zwei Wochen zum Sachverhalt zu äußern. Das Gutachten von Dr. N vom 20.11.2013 wurde der Beklagten gefaxt und diese legte es dem Beratungsarzt Dr. I zur Stellungnahme vor. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass eine MdE i.H.v. 20 v.H. nicht mehr zu rechtfertigen sei. Die im Fließtext beschriebenen Messwerte hätten sich in allen Gutachten nicht verändert, obwohl sich die Angaben in dem Messbogen zum Teil deutlich unterschieden. Auf Dauer sei eine MdE von 10 v.H. angemessen.
Mit Bescheid vom 27.11.2013 entzog die Beklagte die Verletztenrente als vorläufige Entschädigung mit Ablauf des Monats November 2013 und lehnte die Gewährung einer Verletztenrente auf unbestimmte Zeit ab. Als Unfallfolgen stellte sie die bekannten Unfallfolgen fest. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Wegen des Rechtsbehelfs fragte sie beim Kläger an, ob sie unter Beachtung des § 86a Sozialgerichtssetz (SGG) die bisherige Rentenleistung vorläufig weiterleisten solle. Unter Verwendung des von der Beklagten beigefügten Formblatts teilte dieser auf Anfrage der Beklagten mit, dass die Zahlungen vorläufig weiter erfolgen sollten. Zur Begründung des Widerspruches führte er aus, dass der Beschluss des Rentenausschusses unter Verstoß des § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ergangen sei, da die Anhörungsfrist vor Erlass des Entziehungsbescheides nicht abgewartet worden sei. Der Vorstand der Beklagten habe den Beschluss zu beanstanden. Zudem habe das der Entziehung zugrunde gelegene Gutachten bei der Entscheidung über die Anhörung nicht vorgelegen. Die Beklagte gab dem Kläger Gelegenheit, sich nach § 24 SGB X zur Entziehung zu äußern. Der Kläger trug vor, dass die Rente seitens der Beklagten nunmehr über die Dreijahresgrenze hinaus geleistet worden sei. Damit greife der § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. Die Beklagte teilte mit, sie lehne es ab, die Sache dem Vorstand vorzulegen. Die Fiktion des § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sei nicht eingetreten, da sie die Zahlungen über die Dreijahresgrenze hinaus nur unter Beachtung des § 86a SGG geleistet habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Es habe eine Anhörung vor Erlass des Bescheides stattgefunden. Zudem könne eine Anhörung im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden; dies sei geschehen. Die inhaltliche Entscheidung sei ebenfalls zutreffend. Eine Auseinandersetzung mit der Höhe der MdE sei durch den Kläger nicht erfolgt.
Hiergegen hat der Kläger am 14.04.2014 Klage erhoben und vertreten, der Vorstand der Beklagten habe die Entscheidung des Rentenausschusses zu beanstanden. Zum einen sei die erforderliche Anhörung nicht erfolgt und zum anderen hätte nicht der Rentenausschuss, sondern die Verwaltung über die Entziehung entscheiden müssen. Die Übertragung der Entscheidung auf den Rentenausschuss in der Satzung sei nicht ermächtigungskonform. Zudem sei die Rente weiter zu leisten, weil die Fiktion des § 62 Abs. 2 SGB VII eingetreten sei oder bei ihm die Voraussetzungen für eine MdE i.H.v. 20 v.H. vorlägen. Er hätte dauerhafte Beschwerden und die von der Beklagten angewandten Vergleichswerte bildeten mangels Arbeitsmarktdaten seine Einschränkung auf dem Arbeitsmarkt nicht zutreffend ab.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 27.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab dem 01.12.2013 auf unbestimmte Zeit zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf die Begründungen in den angefochtenen Entscheidungen sowie die Ausführungen der beteiligten Mediziner berufen. Zudem hat sie die Auffassung vertreten, dass das Beanstandungsrecht des Vorstandes kein subjektiv öffentliches Recht und die Übertragung der Entscheidung auf den Rentenausschuss zulässig sei.
Mit Urteil vom 19.02.2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wie folgt ausgeführt: „Die Klage ist in Bezug auf das Anfechtungsbegehren zulässig. Der weitergehende (unechte) Leistungsantrag ist schon unzulässig. Wenn das Klageziel schon allein mit einer Anfechtungsklage zu erreichen ist, ist die zusätzliche (unechte) Leistungsklage unzulässig (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer „SGG“, 11. Auflage, § 54 Rdnr. 38a). Hier reicht eine isolierte Anfechtungsklage aus, da bei Aufhebung des Entziehungsbescheides der Bescheid über die Gewährung der Rente als vorläufige Entschädigung wieder aufleben würde. In dem Falle würde die Weiterleistung der Rente nach § 62 Abs. 1 SGB VII die bisher gewährte Rente als vorläufige Entschädigung in eine Dauerrente wegen des Überschreitens der Dreijahresfrist umwandeln. Das Klageziel der Weitergewährung der Rente als Dauerleistung wäre damit auch erfüllt. Es besteht auch kein Anspruch auf die Feststellung einer Rente als dauerhafte Entschädigung, da die wieder aufgelebte Rente als vorläufige Entschädigung in dem Falle, wegen des Ablaufs der Dreijahresfrist nach § 62 Abs. 2 SGB VII zu Dauerrente umgewandelt würde. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte diese Folge nicht beachten würde, liegen nicht vor, so dass eine ausdrückliche Leistungsgewährung durch das Gericht nicht erforderlich ist. Der Kläger ist nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn der angefochtene Bescheid vom 27.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2014 ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.12.2010 keinen Anspruch auf die Leistung einer Verletztenrente über den 30.11.2013 hinaus. Nach § 62 Abs. 1 SGB VII gelten für die hier vorzunehmende Einschätzung die Vorschriften über die erstmalige Gewährung der Rente, da die Entziehung der vorläufigen Entschädigung innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Arbeitsunfall erfolgte. Gemäß § 56 SGB VII wird eine Verletztenrente gewährt, wenn der Verletzte in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus wenigstens 20 v. H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus den Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Gemäß § 56 Abs. 3 SGB VII wird bei Verlust der Erwerbsfähigkeit eine Vollrente, ansonsten eine Rente nach dem Vomhundertsatz gewährt, der dem Grad der MdE entspricht. Unfallfolgen sind all die Beeinträchtigungen, die als körperliche oder geistig/seelische Abweichungen selbst voll beweisen sind und mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit nach dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsatz der rechtlich wesentlichen Verursachung auf den Unfall zurück zu führen sind. Das Ausmaß der wegen der Folgen des Versicherungsfalls bestehenden verminderten Zugangsmöglichkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (MdE) bestimmt sich nach abstrakten Gesichtspunkten (Bereiter-Hahn/Mehrtens „Gesetzliche Unfallversicherung“, Stand August 2011, § 56 Rdnr. 10.1). Die Beurteilung der Funktionseinschränkung und die Bemessung der MdE erfolgen dabei unter Berücksichtigung der medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte (Bereiter-Hahn/Mehrtens a.a.O. Rdnr. 10.2). Um die MdE einzuschätzen sind die Erfahrungssätze zu beachten, die die Rechtsprechung und das versicherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische Schrifttum herausgearbeitet haben. Diese Erfahrungssätze binden das Gericht nicht. Sie bilden aber eine Basis für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (BSG, Urteile vom 26. Juni 1985, AZ: 2 RU 60/84, SozR 2200 § 581 Nr. 23, vom 26. November 1987, AZ: 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27 und vom 30. Juni 1998, AZ: B 2 U 41/97 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 SGB VII Rdnr 10.3). Sie sind in MdE-Tabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und bilden die Grundlage für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Betroffenen nach einheitlichen Kriterien begutachtet und beurteilt werden. Insoweit bilden sie ein geeignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der MdE (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000, AZ: B 2 U 49/99 R, HVBG-INFO 2001, 499, 500ff.). Überzeugende Argumente für die Einholung und Auswertung von statistischen Daten zur Validierung der anerkannten Vergleichswerte sind weder vorgetragen noch nach der Rechtsprechung der Obergerichte und Kommentarlage für die Kammer ersichtlich.
Die bei dem Kläger festgestellten und unangegriffenen Unfallfolgen verursachen ab dem 30.11.2013 keine MdE von min. 20 v.H. Die Kammer schließt sich in Bezug auf die Unfallfolgen den insoweit überzeugenden Ausführungen der Gutachterin der Beklagten, Fr. N, an, deren Einschätzungen im gerichtlichen Verfahren im Wege des Urkundsbeweises nach §§ 128, 118 SGG i. V. m. §§ 415 bis 444 Zivilprozessordnung (ZPO) berücksichtigt werden können. In Bezug auf die Höhe der MdE verweist die Kammer auf die Ausführungen des Beratungsarztes der Beklagten, Dr. I. Die Ausführungen des Mediziners lassen Unrichtigkeiten oder Fehlschlüsse nicht erkennen. Sie sind erkennbar nach einer umfassenden Untersuchung d. Kl. und in Kenntnis der Akten auf der Grundlage der heutigen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft erstattet worden und haben sich mit den erhobenen Befunden, mit den aktenkundigen Befunden und dem Vorbringen der Beteiligten differenziert auseinandergesetzt. Zutreffend verweist Dr. I darauf, dass nach den anerkannten Vergleichswerken für den Verlust von Ring- und Kleinfinger im Grundgelenk auf Dauer eine MdE i.H.v. 20 v.H. und für den Verlust der genannten Finger in den Mittelgelenken auf Dauer eine MdE i.H.v. max. 15 v.H. angemessen ist (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens „Gesetzliche Unfallversicherung“, Stand Januar 2016, Anlage 12, Abb. 2.38 bzw. 2.37, Mehrhoff/Meindl/Muhr „Unfallbegutachtung“, 12. Auflage, S. 265, Abb. 95 bzw. 49, Schönberger/Mehrtens/Valentin „Arbeitsunfall und Berufskrankheit“, 8. Auflage, S. 566, Abb. 2.38 bzw. 2.37). Mit Personen, die den Klein- und den Ringfinger im Grundgelenk verloren haben, ist der Kläger nicht vergleichbar; er ist besser gestellt. Neben der geringeren kosmetischen Beeinträchtigung ist auch zu beachten, dass die Finger beim Schreiben mit der Hand (nicht einer Tastatur) noch als Ablage des Handgewichts und damit zur Führung der Schreibhand benutzt werden können. Damit sind wesentliche Funktionen noch erhalten, auch wenn es zu einer möglichen vergleichbaren Einschränkung bei dem Maschinenschreiben bei Benutzung des 10-Fingersystems kommen kann, sofern der Kläger diese Technik bisher schon beherrscht (oder bei einer etwaigen Erlernbarkeit dieser Fertigkeit). Das Argument, dass auch bei erhaltenen Fingern eine dem Verlust entsprechende MdE gebildet werden könne, verfängt hier nicht. Eine vergleichbare MdE kann nach Auffassung der Kammer unter Auswertung von Literatur und Rechtsprechung dann gewährt werden, wenn die Finger grotesk abstehen, bei einem natürlichen Bewegungsverhalten regelmäßig nicht eingeplant werden und beim Anstoßen an Gegenständen zu ungewöhnlich schmerzhaften Phänomenen führen. Anhaltspunkte für entsprechende Auswirkungen sind beim Kläger weder dokumentiert noch ersichtlich. Letztlich überzeugt die MdE-Einschätzung von Fr. Dr. N im Gutachten vom 20.11.2013 deshalb nicht, weil die dort zugrunde gelegten Unfallfolgen im Fließtext – wie sämtlicher Fließtext in allen drei Gutachten – identisch geblieben ist, wobei sich die Angaben im Messbogen nach der Neutral-0-Methode deutlich veränderten. Zwar verschlechterten sich die Abstände von Ring- und Kleinfinger vom Nagelrand zur queren Hohlhandfalte vom zweiten zum dritten Gutachten (zweites Gutachten: 4 bzw. 4,5 cm zu drittem Gutachten: jeweils 5 cm). Aber die Beweglichkeit in die entgegengesetzte Richtung (Abstände vom Nagelrand zur verlängerten Handrückenebene) verbesserte sich massiv in diesem Zeitraum (zweites Gutachten: 5 bzw. 6,5 cm zu drittem Gutachten: 1,5 bzw. 2 cm). Die Bewegungsfähigkeit der Finger hat – von der Gutachterin unbeachtet – damit deutlich zugenommen. Zudem war die MdE i.H.v. 20 v.H. unter Berücksichtigung der Vergleichswerte nur für die Anfangszeit unter Beachtung des Gesichtspunkts der Anpassung und Gewöhnung zu rechtfertigen. Für eine dauerhafte Einschätzung in Abweichung von den Vergleichswerten bot das Gutachten keine Erklärung. Entsprechende Argumente sind auch nicht ersichtlich, auch wenn sich der Zustand des Klägers in den letzten Jahren nicht mehr verändert haben sollte. Ein Anspruch auf Weiterleistung der Rente lässt sich auch nicht aus den Zahlungen der Beklagten an den Kläger über den November 2013 hinaus herleiten. Diese Zahlungen stellen keine Weitergewährung im Sinne des § 62 Abs. 2 SGB VII dar. Die Zahlungen wurden nach (ausdrücklicher) Absprache mit dem Kläger von der Beklagten unter Beachtung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs an ihn geleitet. Daraus einen Anspruch konstruieren zu wollen, stellt ein widersprüchliches Verhalten dar (vergleichbar mit dem Rechtssatz: venire contra factum proprium). Der Bescheid der Beklagten ist zudem nicht deswegen rechtswidrig, weil der Rentenausschuss über den Anspruch des Klägers entschieden hat. Die satzungsmäßige Übertragung der Entscheidung auf den Rentenausschuss ist im Sinne eines „Erst-recht-Schlusses“ bzw. nach der „Actus-contrarius-Theorie“ zulässig. Im Übrigen entspricht es Sinn und Zweck der Vorschrift. Da der Rentenausschuss nach § 36a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) über die erstmalige Entscheidung einer Rente entscheiden kann, ist auch deren Entziehung oder Weitergewährung von dieser Kompetenzzuweisungsmöglichkeit umfasst. Eine Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten lässt sich auch nicht aus der Art der Durchführung der Anhörung herleiten. Die Kammer folgt der Entscheidung des BSG (Urteil vom 05.02.2008, AZ.: B 2 U 6/07 R), deren ausführliche Begründung sich die Kammer zu eigen macht. Letztlich stellt ein Recht des Vorstandes Beschlüsse zu rügen kein subjektiv öffentliches Recht dar. Dem Kläger stehen hinreichende subjektiv öffentliche Rechte zu, um seine Interessen zu vertreten. Eines weiteren Rechtes bedarf es dafür nicht.“
Das Urteil ist dem Kläger am 16.03.2016 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 14.04.2016 Berufung erhoben mit der Begründung, es sei zur Frage der Zuständigkeit des Rentenausschusses ausführlich vorgetragen worden. Die satzungsmäßige Übertragung von Entscheidungen auf den Rentenausschuss bedürfe weder eines „Erst-Recht-Schlusses“ noch der sog. „Actus-Contrarius-Theorie“, sondern einzig und allein einer präzisen Ableitung aus der Ermächtigungsnorm des § 36 a SGB IV, wo der Actus-Contrarius in § 1 lit 2 ausdrücklich aufgeführt sei, nämlich Rentenherabsetzungen und Rentenentziehungen wegen Änderung der gesundheitlicher Verhältnisse. Vorstehend würde man sich aber im Anwendungsbereich des § 48 SGB X bewegen, der durch § 62 Abs. 2 SGB VII lediglich modifiziert werde. In beiden Normen gehe es immer um die Rücknahme objektiv rechtswidriger Rentenbescheide. Auf die Einzelheiten der Begründung wird Bezug genommen.
Das Landessozialgericht hat von Amts wegen Beweis erhoben und Dr. F, ehemaliger Chefarzt Abt. Plast. u. Handchirurgie, Gutachteninstitut Hand-Arm, Kliniken G mit einem Gutachten beauftragt; dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, dass folgende Gesundheitsschädigungen seit Ablauf des Monats November 2013 unverändert vorliegen:
- Geminderter Faustschluss am Ring- und Kleinfinger der rechten Hand bei weitgehender Einsteifung der Mittelgelenke des Ringfingers und des Kleinfingers,
- Streckminderung der Endgelenke des Ring- und des Kleinfingers von 20 Grad,
- radiologisch konsolidierte basisnahe Frakturen der Mittelglieder an Ring- und Kleinfinger rechts,
- gemindertes Hautgefühl im Bereich der Operationsnarben streckseitig des Ring- und Kleinfingers,
- Minderung der groben Kraft und Minderung der Muskulatur des rechten Arms,
- Minderung des Grobgriff und des Hakengriffs,
- zeitgerecht verheilte Narben am Ring- und Kleinfinger der rechten Hand.
Mit den Feststellungen von Dr. N bestehe im Wesentlichen Übereinstimmung. Eine wesentliche Verschlechterung sei den Befunderhebungen im November 2013 nicht zu entnehmen. Die Höhe der MdE hat Dr. F ab dem 01.12.2013 auf 10 v.H. eingeschätzt. Bei allen zu sehenden vielfältigen funktionellen Beeinträchtigungen besonders beim Grobgriff sei der Kläger bessergestellt als ein Unfallopfer mit Verlust des Ring- und Kleinfingers. Die Vielzahl der durchgeführten Funktionsproben (per Fotoaufnahmen dokumentiert) würden belegen, dass der Kläger gerade beim Umgreifen kleiner und mittelgroßer Gegenstände beeinträchtigt sei, da sich der Ring- und der Kleinfinger nicht mehr um diese Gegenstände fest schließen könnten. Andererseits seien der erhaltene Ring- und Kleinfinger nicht wertlos oder gar für die Handfunktion als Ganzes funktionell störend. Nach einer gewissen Anpassungs- und Gewöhnungszeit sei ab 01.12.2013 nur noch eine MdE von 10 zu rechtfertigen.
Daraufhin teilt der Kläger mit, dass er beantrage, die Anhörung des Sachverständigen in einer mündlichen Verhandlung bzw. zur Erläuterung seines Gutachtens. Danach werde entschieden, ob ggf. zusätzlich die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG beantragt werde. Der Kläger kritisiert im Einzelnen, dass der Sachverständige nicht den gesamten Inhalt der Akte zur Kenntnis genommen habe. Das Gutachten enthalte keine konkreten Feststellungen zu den mit den Fingerverletzungen verbundenen Funktionseinschränkungen. Auf die Einzelheiten wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.02.2016 zu ändern und den Bescheid vom 27.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 vom Hundert ab dem 01.12.2013 auf unbestimmte Zeit zu gewähren.
Hilfsweise:
Die Anhörung des Sachverständigen in einer mündlichen Verhandlung bzw. zur Erläuterung seines Gutachtens.
Hilfsweise außerdem:
Zum Beweis für die Tatsache, dass die vom Sachverständigen festgestellte Verbesserung des Streckdefizites der verletzten Finger bezogen auf zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt nur eine völlig untergeordnete Rolle spielt und eine Reduzierung der vom Sachverständigen festgestellten MdE in Höhe von 10 vom Hundert nicht rechtfertigt, durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Es ist ein Sachverständiger zu bestellen, der auch über grundlegende Kenntnisse sowie über Erkenntnisse des Arbeitsmarkes und die Anforderungen an die Beschäftigten verfügt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, dass die Berufung unbegründet sei. Die Rentenentziehung sei formal rechtmäßig. Der Rentenausschuss sei zuständig für diese Entscheidung. Des Weiteren sei dem Kläger rechtliches Gehör gewährt worden. Die zunächst unterbliebene Anhörung sei im späteren Verfahren wirksam nachgeholt worden. Sie führt aus, dass auch die Behauptungen des Klägers im Berufungsverfahren keine Änderung ergeben würden. Eine von dem Kläger gewünschte hinausgehende Aufklärungspflicht des Gutachters bestehe nach dem eindeutigen Ergebnis in diesem Fall offensichtlich nicht. Auf die Einzelheiten der Erwiderung wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger wird durch den angefochtenen Bescheid vom 27.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2014 nicht in seinen Rechten verletzt, da dieser rechtmäßig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Er hat wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.12.2010 keinen Anspruch auf die Leistung einer Verletztenrente über den 30.11.2013 hinaus.
Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt, und insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absieht (§ 153 Abs.2 SGG).
Die Ausführungen in der Berufungsbegründung sind nicht geeignet, eine abweichende Entscheidung zu begründen. Soweit der Kläger mit der Berufung die Weitergewährung seiner Verletztenrente über den 30.11.2013 begehrt, ist festzustellen, dass sich der Kläger sich insoweit überhaupt nicht mit der Höhe der MdE auseinander setzt: Denn unabhängig von den vom Kläger geführten Diskussionen, verursachen die bei ihm festgestellten und von ihm nicht angegriffenen Unfallfolgen über den 30.11.2013 hinaus keine MdE von mindestens 20 v.H., welche jedoch zwingend für die Weitergewährung einer Verletztenrente erforderlich gewesen wäre (vgl. § 56 Abs. 1 SGB VII).
Vor diesem Hintergrund fügt der Senat nur der Form halber hinzu, dass er wie auch das Sozialgericht von der Richtigkeit der Ausführungen des Dr. I im Hinblick auf die Höhe der MdE überzeugt ist, denn die Schlussfolgerungen des Mediziners sind folgerichtig und entsprechen dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Das nun im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten von Dr. F hat die bisherigen Schlussfolgerungen nochmals ausdrücklich bestätigt. Demzufolge stehen die Unfallfolgen fest. Das Gutachten von Dr. F ist nachvollziehbar und rundet das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen des Sozialgerichts und der Beklagten nachvollziehbar und überzeugend ab: Das wesentliche Argument ist, dass im Streckdefizit der verletzten beiden Finger zum einen eine Besserung erfolgt ist und zum anderen der Kläger gegenüber einem Unfallopfer mit Verlust des Ringfingers und Kleinfingers wesentlich besser gestellt ist. Diese Erkenntnis stützt sich auf die getätigten Messungen und auf die durch Fotos dokumentieren Versuche. So konnte dargestellt werden, dass auch die wesentlichen Funktionen der Finger erhalten sind. Der Kläger kann zum Beispiel noch als Ablage des Handgewichts und als Führung der Schreibhand die verletzten Finger einsetzen.
Im Hinblick auf die Zuständigkeit des Rentenausschusses für die vorliegend angefochtene Entscheidung ergibt sich die Ermächtigung zur Übertragung der Zuständigkeit auf diesen unmittelbar aus § 36a SGB IV: Dort ist sowohl die Möglichkeit der Übertragung der erstmaligen Entscheidung über Renten als auch die Übertragung der Entscheidung über vorläufige Renten an Ausschüsse ausdrücklich vorgesehen. Die Entscheidung über die erstmalige Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit nach der vorläufigen Entschädigung schließt dabei nach § 62 Abs. 2 S. 2 SGB VII ausdrücklich auch die Befugnis ein, nach der vorläufigen Entschädigung den Vormhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festzusetzen, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Anders als der Kläger meint, bewegt sich die verbundene Entscheidung der Beklagten, damit nicht im Bereich von § 48 SGB X. Die vom Kläger angemahnte erforderliche Anhörung ist letztlich wirksam erfolgt, der Rentenausschuss durfte entscheiden, der Anwendungsbereich des § 48 SGB ist nicht eröffnet. Die Verletztenrente war nicht weiter zu leisten, weil keine Fiktion des § 62 Abs. 2 SGB VII eingetreten ist und auch beim Kläger die Voraussetzungen für eine MdE i.H.v. 20 v.H. nicht (weiter) vorliegen (s.o.).
Die Berufung ist auch entscheidungsreif.
Zu weiteren Ermittlungen im Sinne der gestellten Hilfsbeweisanträge, die als Beweisanregungen anzusehen sind, bestand für den Senat kein Anlass. Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, ist erforderlich, dass ein Aufklärungs- und Ermittlungsbedarf objektiv besteht (Urteil vom 16.01.1986 – 4b RV 27/85). Ein Aufklärungs- und Ermittlungsbedarf von Amts wegen war objektiv nicht festzustellen, sondern es ist aufgrund der vorliegenden medizinischen Gutachten vielmehr eine hinreichend sichere Beurteilungsgrundlage gegeben.
Insbesondere war der Senat zunächst nicht zu der vom Kläger beantragten Ladung von Dr. F zur mündlichen Verhandlung verpflichtet. Die Nichtladung von Dr. F zur mündlichen Verhandlung stellt zunächst keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Senats dar. Zwar kann die Nichtladung eines Sachverständigen zum Termin nach §§ 103, 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) ermessensfehlerhaft und damit ein Aufklärungsmangel sein. Dies setzt jedoch voraus, dass ausgehend von der Rechtsauffassung des Gerichts konkrete Gesichtspunkte erläuterungsbedürftig sind. Insbesondere muss eine nochmalige mündliche Befragung des Sachverständigen zu bereits schriftlich im Rahmen der Gutachtenerstattung vorgelegten und beantworteten Fragen im Rahmen einer Aufklärungsrüge nicht schon deshalb erfolgen, weil der Kläger subjektiv noch weiteren Erläuterungs- bzw. Aufklärungsbedarf zu bereits beantworteten Fragen sieht (BSG, Beschluss vom 19.04.2017 - B 13 R 339/16 B - juris Rn. 11). Aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Senats sind jedoch keine Punkte mehr erläuterungsbedürftig geblieben. Der Beweisantrag war zudem ebenfalls nicht prozessordnungsgemäß. Der Kläger trägt keine konkreten Tatsachen vor, welche die Beweiserhebung erbringen könnte. Die Begründung für seinen Beweisantrag erschöpft sich in der Stellung des solchen. Aus welchen konkreten Tatsachen, die durch eine Befragung von Dr. F bewiesen werden sollen, eine höhere MdE folgen könnte, trägt er hingegen nicht vor. Ein Anspruch des Klägers auf eine mündliche Befragung von Dr. F folgt auch nicht aus seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 62 SGG). Nach §§ 116, 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 397 Abs. 2, 402, 411 Abs. 3 ZPO haben die Beteiligten zwar ein Fragerecht an den Sachverständigen, sofern der Antrag rechtzeitig gestellt wird und die Fragen objektiv sachdienlich sind. Das Gericht hat indes nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob es den Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung lädt oder ihn schriftlich befragt (BSG, Beschluss vom 24.07.2012 - B 2 U 100/12 B - juris Rn. 15). Da Art. 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung enthält, besteht auch kein verfassungsrechtlicher Anspruch, das einfachrechtlich geregelte Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben; es ist verfassungsrechtlich daher jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn Fachgerichte die Beteiligten vorrangig darauf verweisen, Fragen und Einwendungen schriftlich vorzutragen, um Sachverständige damit zu konfrontieren; die gegebenenfalls anschließende mündliche Befragung kann geboten sein, wenn sie sich nicht in einer Wiederholung schriftlicher Äußerungen erschöpft, sondern darüber hinaus einen Mehrwert hat, wobei auch von Verfassung wegen nicht zu beanstanden ist, die mündliche Befragung von der Benennung konkreter Fragen und Einwendungen abhängig zu machen (BVerfG, Beschluss vom 29.05.2013 - 1 BvR 1522/12 - juris Rn. 2). Die Möglichkeit des Fragerechtes des Klägers hat der Kläger nicht genutzt. Er hatte ausreichend Gelegenheit, schriftliche Fragen an den Sachverständigen zu richten. Ein Mehrwert einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen Dr. F ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Ebenso wenig war der Senat gehalten, dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachten hinsichtlich der Feststellung der Tatsache nachzukommen, dass die vom Sachverständigen Dr. F festgestellte Verbesserung des Streckdefizites der verletzten Finger bezogen auf zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten am Arbeitsmarkt nur eine völlig untergeordnete Rolle spielt und eine Reduzierung der MdE um 10 v. H. nicht rechtfertigt. Sachdienliche Argumente für die Einholung eines solchen Gutachtens hat der Klägers weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Für die Bemessung der MdE haben sich seit langem Erfahrungswerte gebildet, die als Hilfsmittel für die Einschätzung dienen, worauf auch bereits das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung hingewiesen hat. Diese sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber als in sich stimmiges Beurteilungsgefüge die Grundlage für eine gleichförmige Bewertung der MdE. MdE-Tabellen bezeichnen typisierend das Ausmaß der durch eine körperliche, geistige oder seelische Funktionsbeeinträchtigung hervorgerufenen Leistungseinschränkungen in Bezug auf das gesamte Erwerbsleben und ordnen körperliche oder geistige Funktionseinschränkungen einem Tabellenwert zu. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte geben damit auch allgemeine Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit auf Grund des Umfangs der den Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten wieder und gewährleisten, dass die Versicherten bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (st. Rspr. BSG, vgl. nur Urteil vom 20.12.2016 - B 2 U 11/15 R -, juris Rn. 18 ff.). Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die von den Sachverständigen angewandten Erfahrungssätze nicht mehr dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen. Vielmehr bestätigt etwa das vom Kläger selbst vorgelegte „Konsenspapier der MdE Expertengruppe nach Überprüfung der MdE-Erfahrungswerte bei Gliedmaßenverlusten („MdE-Eckwerte“)“ von Oktober 2019 die bisherige Einschätzung im Schrifttum, auf die sich auch die Sachverständigen gestützt haben, wonach erst ein Verlust von zwei Langfingern im Grundgelenk mit einer MdE von 20 zu bewerten ist. Ein hiermit vergleichbarer Zustand liegt beim Kläger jedoch, wie dargelegt, nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.