1. Der Eilrechtsschutz bei Bewilligung von eingeschränkten Leistungen ohne vorherige, höhere Leistungsgewährung richtet sich allein nach § 86b Abs. 2 SGG.
2. Zu den Anforderungen an eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG
I. Auf die Beschwerde wird unter Abänderung der Ziffern I. und II. des Beschlusses des Sozialgerichts Würzburg vom 11. November 2022 der Antragsgegner im Wege
der einstweiligen Anordnung verpflichtet, für die Zeit vom 20. Oktober 2022 bis zum 31. Januar 2023 unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen dem
Antragsteller zu 1. Grundleistungen nach Bedarfsstufe 2 und dem Antragsteller zu 2. Grundleistungen nach Bedarfsstufe 5 zu zahlen. Im Übrigen wird die
Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner hat drei Fünftel der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu erstatten.
III. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin B, B-Stadt, beigeordnet.
G r ü n d e :
I.
Streitig sind im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der Antragsteller zu 1 (ASt 1) und sein Sohn, der Antragsteller zu 2 (ASt 2), ihren Angaben zufolge 1986 bzw. 2012 geboren und afghanische Staatsangehörige, reisten erstmals am 22.01.2022 nach Deutschland ein und beantragten Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte mit Bescheid vom 24.05.2022 die Asylanträge als unzulässig ab, weil gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 (Dublin III-Verordnung) Italien für das Asylverfahren zuständig sei. Auf ein Übernahmeersuchen habe dieses Land nicht fristgemäß geantwortet, so dass die Zuständigkeit mit Ablauf des 10.05.2022 auf Italien übergegangen sei. Ferner wurde festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote vorlägen, und die Abschiebung der ASt nach Italien angeordnet. Dagegen wurde kein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, jedoch zum Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg Klage erhoben (Verfahren W 1 K 22.50211). In diesem Verfahren hat das BAMF inzwischen mit Schriftsatz vom 18.11.2022 erklärt, dass der Bescheid vom 24.05.2022 insgesamt aufgehoben werde, weil die Überstellungsfrist abgelaufen sei, und dass die Entscheidung nunmehr im nationalen Verfahren ergehe.
Die ASt waren zunächst in einer Ankereinrichtung im Landkreis B-Stadt untergebracht und erhielten dort Leistungen für die Zeit bis 31.07.2022. Seit 13.07.2022 sind sie einer dezentralen Asylbewerberunterkunft im Gebiet des Antragsgegners (Ag) zugewiesen (Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 07.07.2022).
Mit Schreiben vom 15.07.2022 hörte der Ag die ASt zu einer beabsichtigten Leistungseinschränkung an. Der Asylantrag der ASt sei als unzulässig abgelehnt worden und die ASt seien vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Ihnen stünden daher nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege zu. Diese Leistungen würden als Sachleistungen in Form von Warengutscheine gewährt. Der Bedarf an Unterkunft und Heizung werde als Sachleistung sichergestellt. Die ASt könnten sich bis 28.07.2022 äußern.
Unter dem 18.07.2022 reichten die ASt einen Formularantrag auf Leistungen nach dem AsylbLG ein, in dem sie Grundleistungen beantragten. Daraufhin forderte der Ag noch weitere Unterlagen von den ASt an und wies auf die Möglichkeit der Versagung von Leistungen hin (Schreiben vom 19.07.2022).
Die ASt gaben an, dass sie in Italien von der Polizei aufgegriffen worden seien. Aus Angst seien sie nach Deutschland weitergereist. Aktuell sei die gesundheitliche Verfassung des ASt 1 so schlecht, dass er nicht ausreisefähig sei.
Der Ag händigte den ASt für August 2022 Gutscheine für Gesundheitspflege, Körperpflege und Lebensmittel über zusammen 278,50 EUR aus (Schreiben vom 11.08.2022).
Mit Bescheid vom 02.09.2022 (zugstellt am 07.09.2022) schränkte der Ag die Grundleistungen an die ASt für die Zeit von August 2022 bis Januar 2023 ein und übernahm die Kosten bei akuten Erkrankungen. Leistungsberechtigte wie die ASt, deren Asylanträge als unzulässig abgewiesen worden seien, erhielten nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege. Die Asylanträge der ASt seien als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angeordnet worden. Einem Asylantragsteller stehe es nicht frei, sich zu entscheiden, in welchem Mitgliedstaat er einen Antrag stellen möchte und wer über seinen Asylantrag entscheiden solle. Im Fall der ASt sei dies Italien. Das heiße, sie müssten dorthin ausreisen, um dort ihr Asylverfahren durchzuführen. Sie hätten es selbst in der Hand, die Leistungseinschränkung zu vermeiden bzw. zu beenden, indem sie in den für sie zuständigen Mitgliedstaat - hier Italien - zurückkehrten. Für die Zeit von August 2022 bis Januar 2023 würden dem ASt 1 Leistungen i.H.v. 164 EUR und dem ASt 2 i.H.v. 136 EUR bewilligt.
Dagegen legten die ASt Widerspruch ein (Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 16.09.2022). Es liege keine vorwerfbare Pflichtverletzung vor. Die Anspruchseinschränkung verfolge kein legitimes Ziel, da es offenkundig allein um die repressive Sanktionierung des Verhaltens Betroffener im Einzelfall gehe. Daher sei im Wege einer teleologischen Reduktion ein pflichtwidriges Verhalten zu fordern. Das setze eine konkrete Anhörung voraus mit der Darstellung des verlangten Verhaltens. Zudem liege kein pflichtwidriges Verhalten vor, das eine Anspruchseinschränkung rechtfertigen könne. Sie seien weder pflichtwidrig nach Deutschland eingereist noch verweilten sie pflichtwidrig hier.
Mit Bescheid vom 11.10.2022 bewilligte der Ag 104 EUR für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf für das Schuljahr 2022/23 und sagte bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen die Bewilligung weiterer 52 EUR zum 01.02.2023 zu.
Am 20.10.2022 haben die ASt beim Sozialgericht Würzburg (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Es solle die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 02.09.2022 angeordnet werden. Die mit Bescheid vom 02.09.2022 festgestellte Anspruchseinschränkung sei rechtswidrig, da keine vorwerfbare Pflichtverletzung der ASt vorliege. Die Vorwerfbarkeit setze einen entsprechenden Hinweis voraus, dass von ihnen die freiwillige Ausreise nach Italien erwartet werde. Sie hätten keine Kenntnis von ihrer Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise gehabt. An keiner Stelle im Anhörungsschreiben sei darauf hingewiesen worden, dass von ihnen eine Ausreise erwartet werde und dass ansonsten eine Einschränkung ihrer Leistungen die Folge wäre. Daher sei ihnen das Unterlassen der Ausreise nach Italien nicht vorwerfbar.
Der Ag hat erwidert, die ASt seien über die beabsichtigte Anspruchseinschränkung informiert worden. Sie hätten gewusst, dass in ihrem Fall die asylrechtliche Zuständigkeit bei Italien liege. Das heiße, sie müssten nach Italien ausreisen, um dort ihr Asylverfahren durchzuführen. Es sei eine Frist zur Stellungnahme bis 28.07.2022 eingeräumt worden. Damit liege ein Fehlverhalten der ASt vor, welches sich in der nicht erfolgten Ausreise innerhalb einer Woche nach Italien nach Bekanntgabe des Bescheids des BAMF vom 24.05.2022 manifestiert habe. Die Ausreise sei auch möglich (gewesen). Durch eine spätere Entscheidung im Hauptsacheverfahren entstünden zudem keine irreparablen, nicht mehr korrigierbaren Schäden. Im Übrigen sei auch mit dem Bescheid vom 02.09.2022 darauf hingewiesen worden, dass die ASt nach Italien ausreisen müssten und es selbst in der Hand hätten, die Leistungseinschränkung zu vermeiden bzw. zu beenden.
Das SG hat mit Beschluss vom 11.11.2022 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Ziffern I. und II.) sowie den Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung (Ziffer III.) abgelehnt. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei zulässig, aber nicht begründet. Festzuhalten sei, dass bei Zugrundelegung des Meistbegünstigungsprinzips trotz des anderslautenden Antrags zwei Rechtsschutzbegehren verfolgt würden, zum einen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und zum anderen der Erlass einer einstweiligen Anordnung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei zulässig, aber unbegründet. Die aufschiebende Wirkung sei nicht anzuordnen, weil die Aussichten für das Hauptsacheverfahren gegen den Bescheid vom 02.09.2022 wenig erfolgversprechend seien. Bei summarischer Prüfung bestünden keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtsmäßigkeit des Bescheids vom 02.09.2022. Die Voraussetzungen für eine nur eingeschränkte Leistungsgewährung seien erfüllt. Anders als die ASt meinten, sei ein pflichtwidriges Verhalten dabei nicht erforderlich. Bedenken im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der Leistungseinschränkung habe das Gericht keine. Eine Absenkung im Hinblick auf das soziokulturelle Existenzminimum sei möglich. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, uneingeschränkt Leistungen zu gewähren. Darüber hinaus sei auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, aber unbegründet. Für den Zeitraum vom 01.08.2022 bis 31.01.2023 hätten die ASt keinen Anspruch auf die gewünschten Grundleistungen. Dem stehe entgegen, dass der Ag in sofort vollziehbarer Weise eine Einschränkung des Leistungsanspruchs vorgenommen habe. Ferner sei keine Eilbedürftigkeit zu erkennen, nachdem der Eilantrag erst am 20.10.2022 gestellt worden sei. Mangels Erfolgsaussichten sei auch die Gewährung von PKH abzulehnen.
Gegen die Ziffern I. und II. haben die ASt die vorliegende Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt (die Beschwerde gegen Ziffer III. wird unter dem Az. L 8 AY 134/22 B PKH geführt) und die Bewilligung von PKH unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten beantragt. Zur Begründung ist der bisherige Vortrag wiederholt worden. Das SG habe auch nicht bedacht, dass die Frist für die Überstellung nach Italien am 11.11.2022 abgelaufen sei, so dass die Bundesrepublik Deutschland für die Fort- bzw. Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden sei. Sie seien somit nicht mehr vollziehbar ausreisepflichtig. Auch im Zeitraum davor seien, wie dargelegt, aber die Voraussetzungen der Anspruchseinschränkung nicht gegeben gewesen. Ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache sei nicht zumutbar. Eine längere Unterdeckung existenznotwendiger Bedarfe könne im Nachhinein nicht mehr kompensiert werden.
Der Ag hat noch vorgetragen, das Auslaufen der Überstellungsfrist führe nicht zu einer Verkürzung der Sechs-Monats-Frist für die Anspruchseinschränkung. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der betreffenden Person eine Duldung oder gar eine Aufenthaltsgestattung erteilt werde, da sie dann in eine andere Gruppe von Leistungsberechtigten falle. Dem Wortlaut der Norm sei außerdem nicht zu entnehmen, dass ein pflichtwidriges Verhalten vorausgesetzt werde. Das überspanne den Wortlaut. Der Gesetzgeber habe zudem kein System schaffen wolle, das dem im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vergleichbar sei. Regelungen über das Erfordernis einer Belehrung fehlten im AsylbLG gerade. Daher scheide eine teleologische Reduktion gerade aus. Der Gesetzgeber habe die Leistungseinschränkung allein an die Nichtausreise knüpfen wollen. Darüber hinaus liege auch ein pflichtwidriges Verhalten vor, denn die ASt seien mit Bescheid des BAMF vom 24.05.2022 auf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise hingewiesen worden. Somit hätten sie bereits vor Erlass des Bescheids vom 02.09.2022 gewusst, dass die freiwillige Ausreise erwartet werde. Ausdrücklich sei darauf nochmals im Bescheid vom 02.09.2022 hingewiesen worden.
Mit Schreiben vom 15.12.2022 hat der Ag mitgeteilt, die Leistungen an den ASt1 würden nun nach Bedarfsstufe 1 gewährt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR überschreitet (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Nach dem Begehren der ASt (siehe unten) belief sich der Wert desjenigen, das sie bei Einlegung der Beschwerde - dieser Zeitpunkt ist maßgeblich, zudem erfolgt gemäß § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 5 der Zivilprozessordnung (ZPO) ein Zusammenrechnen - im Beschwerdeverfahren weiterverfolgten, auf monatlich 313 EUR. Die ASt erhielten zusammen eingeschränkte Leistungen (§ 1a Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG) i.H.v. monatlich 300 EUR (Bescheid vom 02.09.2022); dieser Betrag erhöht sich nach dem Schreiben des Ag vom 15.12.2022 um 18 EUR. Damit ergibt sich zu den angestrebten Grundleistungen nach Bedarfsstufe 2 bzw. 5 die o.g. Differenz, denn diese belaufen sich auf monatlich 613 EUR (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b und Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b und Nr. 5 AsylbLG i.V.m. der Bekanntmachung vom 12.10.2021, BGBl. I, 4678). Bezogen auf den hier streitigen Zeitraum vom 01.08.2022 bis 31.01.2023 wird mithin die Schwelle von 750 EUR überschritten.
Die Beschwerde hat in der Sache zum Teil Erfolg.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist - das ergibt sich aus den von der anwaltlichen Bevollmächtigten gestellten Anträgen sowie dem weiteren Vorbringen - das Begehren der ASt, höhere Leistungen nach dem AsylbLG in Form von Grundleistungen der Bedarfsstufe 2 (ASt 1) bzw. 5 (ASt 2) ohne Anspruchseinschränkung zu erhalten. Da es sich hinsichtlich der Höhe der Leistungen nach dem AsylbLG um einen einheitlichen Streitgegenstand handelt, unabhängig davon, auf welche Rechtgrundlage das Begehren nach weiteren Leistungen gestützt wird, ist - jedenfalls regelmäßig im Wege der Auslegung nach dem Meistbegünstigungsprinzip - die Leistungshöhe unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (vgl. BSG, Urteile vom 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R und vom 26.06.2013 - B 7 AY 6/11 R; Urteil des Senats vom 29.04.2021 - L 8 AY 122/20 sowie Beschluss vom 28.10.2022 - L 8 AY 66/22 B ER - alle nach juris). Zeitlich bezieht sich das Begehren der ASt auf die Monate August 2022 bis Januar 2023, obschon der Eingang des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG erst am 20.10.2022 gewesen ist. Der genannte Zeitraum ergibt sich jedoch ausdrücklich aus dem anwaltlich formulierten Antrag und dürfte wohl dem Umstand geschuldet sein, dass zunächst die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs begehrt wird, obwohl daraus im vorliegenden Fall keinerlei rechtlicher Vorteil für die ASt ersichtlich wird. Daher ist kein Raum für eine interessengerechtere Auslegung. Soweit nunmehr im Beschwerdeverfahren explizit der Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt wird, versteht der Senat - das SG hat zutreffend bereits für das erstinstanzliche Verfahren ein entsprechendes Vorgehen angenommen - dies als bloße Klarstellung. Es handelt sich um eine entsprechend § 99 Abs. 3 Nr. 1 SGG zulässige Ergänzung bzw. Berichtigung der rechtlichen Ausführungen. Im Übrigen wäre eine Antragserweiterung ebenfalls sachdienlich und somit nach § 99 Abs. 1 SGG zulässig.
Mit diesem Inhalt ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz allein als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig. Maßgebend für die Bestimmung, in welcher Weise vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren ist, ist der im Hauptsacheverfahren statthafte Rechtsbehelf (vgl. Beschluss des Senats vom 19.11.2018 - L 8 AY 23/18 B ER - juris). Dies wäre vorliegend eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG), so dass kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG gegeben ist. Zwar wurden mit dem Bescheid vom 02.09.2022 die Leistungen für die ASt nur im Umfang des § 1a Abs. 1 AsylbLG bewilligt und Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Leistungseinschränkung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG). Jedoch liegt für den von der hier streitigen Anspruchseinschränkung betroffenen Zeitraum (August 2022 bis Januar 2023) keine vorherige, höhere Leistungsbewilligung vor (vgl. Beschluss des Senats vom 17.09.2018 - L 8 AY 13/18 B ER - juris). Mit einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 16.09.2022 gegen den Bescheid vom 02.09.2022 könnte somit weder das Rechtsschutzziel der ASt erreicht noch ihre Rechtsposition verbessert werden. Einstweiliger Rechtsschutz kann folglich allein nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG gewährt werden, da die ASt gerade eine Erweiterung ihrer Rechtsposition anstreben (vgl. auch Oppermann in jurisPK-SGB XII, Stand: 02.11.2022, § 1a AsylbLG Rn. 215 f.). Einer vorherigen oder gleichzeitigen Anordnung der aufschiebenden Wirkung bedarf es dabei nicht. Dies würde nur dann Sinn ergeben, wenn man davon ausginge, dass die Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG sozusagen als ersten Schritt stets eine Bewilligung höherer Leistungen voraussetzt und diese dann, gleichsam in einem zweiten Schritt, verringert. Dann würden stets zwei getrennte Regelungen i.S.d. Art. 35 des Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) vorliegen und der einstweilige Rechtsschutz würde zunächst die Beantragung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die Anspruchseinschränkung erfordern. So verhält es sich aber nicht, wenn für den betroffenen Zeitraum eine andere (höhere) Leistungsbewilligung gerade nicht vorliegt, wie es hier der Fall ist. Seit der Zuweisung der ASt ab dem 13.07.2022 hat der Ag keine Leistungen bewilligt oder zumindest, wenn man die Ausgabe von Gutscheinen für August 2022 (Schreiben vom 11.08.2022) als konkludente Bewilligungsentscheidung ansieht (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 07.09.2021 - L 8 AY 80/21 B ER - juris), keine höheren Leistungen als mit dem Bescheid vom 02.09.2022.
Die Anspruchseinschränkung verlangt auch nicht einen separaten feststellenden Verwaltungsakt, denn nach dem Wortlaut des § 1a AsylbLG ("... werden nur noch Leistungen ...gewährt" bzw. "... erhalten nur Leistungen ...") tritt die Folge der Anspruchseinschränkung von Gesetzes wegen ein (vgl. Beschluss des Senats vom 11.11.2016 - L 8 AY 29/16 B ER - juris; a.A. BayLSG, Beschluss vom 01.03.2018 - L 18 AY 01.03.2018 - L 18 AY 2/18 B ER - juris; Groth in jurisPK-SGB XII, Stand: 15.04.2021, § 11 AsylbLG Rn. 92). Demzufolge ist der Antrag zulässig, vor allem ist der Bescheid vom 02.09.2022 infolge des Widerspruchs vom 16.09.2022 nicht bestandskräftig geworden.
Soweit man in der vorliegenden Situation, dass noch keine bestandskräftige Leistungsbewilligung vorlag, dies überhaupt verlangt, kann man dem Begehren nach Grundleistungen nicht entgegenhalten, dass sich die ASt vor Stellung ihres Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz mit diesem Begehren nicht an den Ag gewandt haben (vgl. Beschluss des Senats vom 27.10.2020 - L 8 AY 105/20 B ER - juris). Sie haben zum einen bereits im Formularantrag vom Juli 2022 ausdrücklich Grundleistungen beantragt und zum anderen im Rahmen des Widerspruchs vom 16.09.2022 gegen den Bescheid vom 02.09.2022 erneut einen Anspruch auf Grundleistungen geltend gemacht.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat in der Sache teilweise Erfolg, nämlich für die Zeit ab Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG am 20.10.2022.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der Antragsteller sein Begehren stützt und der dem Streitgegenstand eines Hauptsacheverfahrens entspricht - sowie eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - voraus. Die Angaben hierzu müssen glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), wobei als Beweismittel auch eine eidesstattliche Versicherung (§ 294 Abs. 1 ZPO) möglich ist. Hinsichtlich des Beweismaßstabes genügt also die überwiegende Wahrscheinlichkeit (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X), verbleibende Zweifel sind unschädlich (vgl. Burkiczak in jurisPK-SGG, Stand: 04.12.2019, § 86b Rn. 415).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage in dem vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.
Im Beschwerdeverfahren trifft das Beschwerdegericht unter erneuter summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine neue Entscheidung, ohne auf die Überprüfung der Ausgangsentscheidung beschränkt zu sein (vgl. Karl in jurisPK-SGG, Stand: 14.09.2021, § 176 Rn. 11). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Regelungsanordnung wie bei der Anfechtungs- und Leistungsklage der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 86b Rn. 42).
Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen und deshalb eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in den Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, droht, ist eine Versagung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur dann möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13); eine lediglich summarische Prüfung genügt nicht. Für eine Entscheidung aufgrund einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung ist nur dann Raum, wenn eine - nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende - Rechtmäßigkeitsprüfung auch unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden kann, was vom zur Entscheidung berufenen Gericht erkennbar darzulegen ist (vgl. zum Ganzen auch: BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13; Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803; weniger eindeutig: BVerfG, Beschluss vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12).
Gemessen daran steht den ASt ein Anordnungsanspruch im begehrten Umfang der Grundleistungen und ein Anordnungsgrund ab dem 20.10.2022 zu.
Für die vorliegend geltend gemachten Geldleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG ist der Ag örtlich gemäß § 10a Abs. 1 AsylbLG zuständig, da die ASt in einer dezentralen Unterkunft im Gebiet des Ag untergebracht sind und sie sich dort auch tatsächlich aufhalten. Die sachliche Zuständigkeit des Ag als örtlicher Träger für die Gewährung von Grundleistungen folgt aus § 10 Satz 1 AsylbLG i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 der (bayer.) Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl). Auch wenn der Ag im übertragenen Wirkungskreis handelt (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 DVAsyl) und Kostenträger letztlich der Freistaat Bayern ist (§ 12 Abs. 1 DVAsyl), welcher den Landkreisen und kreisfreien Städten die aufgewandten Kosten erstattet (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 des Aufnahmegesetzes - AufnG), ist dennoch der Ag passiv legitimiert, denn er handelt auch im übertragenen Wirkungskreis nicht als staatliche Behörde (Art. 4 und 6 der bayer. Landkreisordnung). Einer Beiladung des Freistaats Bayern bedurfte es aber nicht, da kein unmittelbarer Eingriff in dessen Rechtssphäre stattfindet (vgl. Urteil des Senats vom 11.12.2020 - L 8 AY 32/20 - juris).
Im hier interessierenden Zeitraum ab dem 01.08.2022 zählten die ASt zum leistungsberechtigten Personenkreis, zunächst nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG, da sie mangels Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (W 1 K 22.50211) gegen den Bescheid des BAMF vom 24.05.2022 vollziehbar ausreisepflichtig waren, und seit der Aufhebung des Bescheids des BAMF (Schriftsatz des BAMF vom 18.11.2022 im Verfahren W 1 K 22.50211) gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1a bzw. Nr. 1 AsylbLG.
Dem Anspruch der ASt auf Grundleistungen nach § 3 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 3a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe und Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b bzw. § 3a Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 5 AsylbLG steht nicht die vom Ag vorgenommene Anspruchseinschränkung für die Zeit von August 2022 bis Januar 2023 entgegen.
Der Bescheid vom 02.09.2022 über die Bewilligung nur eingeschränkter Leistungen ist formell rechtmäßig. Vor seinem Erlass ist die von Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG vorgeschriebene - die Voraussetzungen für eine Ausnahme sind nicht erkennbar - Anhörung der ASt erfolgt (Schreiben vom 15.07.2022).
Außerdem war der Ag für die Anspruchseinschränkung zuständig, § 19 Abs. 1 DVAsyl, da er, wie bereits ausgeführt, für die Gewährung der uneingeschränkten Leistung zuständig ist.
Der Bescheid vom 02.09.2022 ist jedoch voraussichtlich materiell rechtswidrig.
Der Ag stützt die vorgenommene Anspruchseinschränkung für die Zeit von August 2022 bis Januar 2023 auf § 1a Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG (in der seit 01.09.2019 geltenden Fassung des Gesetzes vom 13.08.2019, BGBl. I, 1290, bzw. vom 15.08.2019, BGBl. I, 1294). Danach erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 AsylbLG, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des BAMF nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 31 Abs. 6 des Asylgesetzes (AsylG) als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG angeordnet wurde, grundsätzlich nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Dies gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat (§ 1a Abs. 7 Satz 2 AsylbLG). Vorliegend haben die ASt nicht um einstweiligen Rechtsschutz gegen den Bescheid des BAMF vom 24.05.2022 nachgesucht, sondern lediglich in der Hauptsache Klage erhoben. Sie waren damit jedenfalls ab dem Beginn der hier streitigen Anspruchseinschränkung mit dem 01.08.2022 vollziehbar ausreisepflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG). Die Asylanträge der ASt wurde vom BAMF auch nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylG als unzulässig abgelehnt, weil ein anderer Staat - nämlich Italien - gemäß Art. 18 Abs. 1 Dublin III-Verordnung für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig ist. Zugleich wurde die Abschiebung dorthin angeordnet.
Rein seinem Wortlaut nach wird eine Leistungskürzung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG allein aus dem Grund vorgenommen, dass der Leistungsberechtigte einem europäischen Asylregime unterworfen ist; über das Verweilen im Bundesgebiet hinaus ist kein weiteres pflichtwidriges Verhalten erforderlich (vgl. Stellungnahme der Bundesregierung, BT-Drs. 19/20984, S. 8). Die Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG knüpft weder an eine durch bestimmte äußere Umstände geänderte Bedarfslage noch an ein ausländerrechtlich missbilligtes Verhalten, sondern an die Rechtsfolge einer ausländer- bzw. asylrechtlichen Entscheidung an. Berücksichtigt man die Tatbestandswirkung einer bindenden ausländerrechtlichen Entscheidung für die Sozialleistungsbehörden - auf das ausländerrechtlich ausdrücklich mitbedachte Vorgehen, nämlich eines Antrags nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), nimmt die Norm Bezug - geht der Senat davon aus, dass eine Leistungseinschränkung verfassungsrechtlich noch zulässig sein kann (vgl. Beschluss des Senats vom 18.01.2022 - L 8 AY 103/21 B ER - juris; Siefert in Siefert, AsylbLG, 2. Aufl., § 1a Rn. 90; i.E. ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.03.2020 - L 20 AY 48/19 B ER - juris).
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 28.10.2022 - L 8 AY 66/22 B ER - juris) gebieten jedoch das Grundrecht auf die Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wegen der verglichen mit anderen existenzsichernden Leistungssystemen deutlich reduzierten Leistungen des AsylbLG eine restriktive Auslegung aller Tatbestände des § 1a AsylbLG. Nach dem Urteil des BVerfG vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - juris) können migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell höheres Leistungsniveau zu vermeiden, von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die in Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren (vgl. BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - juris). Soweit § 1a Abs. 7 AsylbLG - jedenfalls dem Wortlaut nach - eine Anspruchseinschränkung ohne Anknüpfung an ein Fehlverhalten vorsieht, widerspricht dies dem bisherigen Sanktionssystem sowohl im AsylbLG als auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und der Sozialhilfe (SGB XII), wonach die Kürzung von Leistungen stets ein bestimmtes, vorwerfbares Verhalten oder Unterlassen des Leistungsberechtigten zur Voraussetzung hat. Dann hat es der Leistungsberechtigte selbst in der Hand, eine Leistungskürzung zu vermeiden bzw. zu beenden (vgl. zu § 1a Abs. 4 AsylbLG: Beschluss des Senats vom 17.09.2018 - L 8 AY 13/18 B ER - juris). Mit Blick hierauf fordert der Senat im Wege der normerhaltenden, teleologischen Reduktion, dass auch bei einer Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG dem Leistungsberechtigten ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist (Beschlüsse des Senats vom 11.04.2022 - L 8 AY 34/22 B ER, 15.03.2022 - L 8 AY 7/22 B ER und 18.01.2022 - L 8 AY 103/21 B ER - alle nach juris; vgl. auch Oppermann in jurisPK-SGB XII, § 1a AsylbLG, Stand: 25.07.2022, Rn. 150). Dass der Gesetzgeber - entgegen der Ansicht des Ag - ebenfalls davon ausging, dass bei einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG ein pflichtwidriges Verhalten vorliegen muss, lässt sich zudem der Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG (BT-Drs. 18/8615, S. 42) entnehmen (vgl. Groth in jurisPK-SGB XII, Stand: 15.04.2021, § 11 AsylbLG Rn. 92). Dort heißt es, dass § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG Entscheidungen betrifft, durch die eine "Pflichtverletzung" festgestellt wird.
Als solches pflichtwidriges Verhalten kann es ausreichen, dass ein Antragsteller trotz Kenntnis von der Zuständigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens und trotz vollziehbarer Ausreisepflicht nicht freiwillig dorthin ausreist. Vorliegend ist aber die Vorwerfbarkeit des Verhaltens der ASt (dem ASt 2 wäre insofern das Verhalten seines Vaters zuzurechnen) nicht anzunehmen. Die ASt sind zunächst gar nicht darauf hingewiesen worden, dass sie eine Einschränkung ihrer Leistungen durch freiwillige Ausreise abwenden können. Obgleich es zutreffen mag, dass ihnen bekannt war, dass sie freiwillig aus Deutschland ausreisen können, beinhaltet dies noch nicht das Wissen darum, dass sie diese Möglichkeit wahrnehmen müssen, wenn sie nicht leistungsrechtliche Folgen gewärtigen wollen. Aus dem Bestehen einer asylrechtlich begründeten vollziehbaren Ausreisepflicht bzw. einer Ausreisemöglichkeit mussten nämlich nicht ohne weiteres Folgen für den Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG abgeleitet werden. Dazu hätte es eines entsprechenden behördlichen Hinweises bedurft (vgl. den Beschluss des Senats vom 28.10.2022 - L 8 AY 66/22 B ER - juris).
Einen solchen Hinweis haben die ASt erstmals durch die Ausführungen im Bescheid des Ag vom 02.09.2022 erhalten, der ihnen laut Postzustellungsurkunde am 07.09.2022 zugestellt worden ist. Erst dort wurde ihnen unmissverständlich aufgezeigt, dass eine freiwillige Ausreise nach Italien erwartet wird und dadurch die Leistungseinschränkung vermieden (dazu war es schon zu spät) bzw. beendet werden kann. Die vorhergehenden behördlichen Schreiben bzw. Bescheide, auch die Anhörung vom 15.07.2022, enthalten eine solche klare Belehrung nicht, sondern verweisen nur auf die Unzuständigkeit Deutschlands zur Durchführung des Asylverfahrens bzw. die vollziehbare Ausreisepflicht der ASt.
Jedoch kann nicht für die Zeit ab der Zustellung des Bescheids vom 02.09.2022 oder für einen danach liegenden Zeitpunkt angenommen werden, dass ein pflichtwidriges Verhalten im o.g. Sinn gegeben ist. Im Bescheid vom 02.09.2022 wurde den ASt nämlich keine Frist gesetzt, innerhalb derer die Ausreise zu erfolgen hätte, um die - im Übrigen bereits eingetretene - Leistungseinschränkung zu vermeiden. Nachdem erstmals im Bescheid vom 02.09.2022 in ausreichender Weise den ASt eröffnet worden ist, welche leistungsrechtlichen Konsequenzen ein weiteres Verweilen in Deutschland trotz vollziehbarer Ausreisepflicht konkret nach sich zieht, hätte eine angemessene Frist für ein entsprechendes Verhalten gesetzt werden müssen. Das Asylrecht sieht bei Ergehen einer Abschiebungsanordnung, wie hier, nach § 34a Abs. 2 AsylG vor, dass binnen einer Woche ein etwaiger Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt werden kann. Das Gesetz billigt dem betreffenden Ausländer damit regelmäßig auch eine entsprechende Frist zu, bevor er abgeschoben werden kann. Dies zum einen, um ihm Gelegenheit zu geben, seine Rechtsposition zu überdenken und gegebenenfalls um Rechtsschutz nachzusuchen oder sich wie von der Behörde gefordert zu verhalten. Der Senat leitet aus dem Rechtsstaatsprinzip bzw. dem Gebot der Verhältnismäßigkeit behördlichen Handelns (Art. 1 und 20 Abs. 3 GG) für die darauf bezogene Anspruchseinschränkung ab, dass dem betreffenden Leistungsberechtigten nach Belehrung zu den leistungsrechtlichen Konsequenzen ebenfalls noch Gelegenheit bleiben muss, die Sach- und Rechtslage zu überdenken und gegebenenfalls sein pflichtwidriges Verhalten zu ändern. Es kann hier dahin stehen, ob man sich bei der dafür einzuräumenden Frist an § 34a AsylG orientiert, weil sich die Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG auf die Ablehnung eines Asylantrages als unzulässig bezieht, oder ob nicht eher die üblicherweise für Anhörungen als angemessen angesehene Frist von 14 Tagen (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.1995 - 2 RU 11/94 - juris) anzuwenden ist. Bisher wurde den ASt, wie schon erwähnt, keine Frist gesetzt. Um das Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht faktisch leerlaufen zu lassen, konnte auch nicht von ihnen erwartet werden, dass sie unverzüglich nach Erhalt des Bescheids vom 02.09.2022 ausreisen, zumal der Ag ihnen faktisch bereits seit August 2022, also länger als einen Monat, nur eingeschränkte Leistungen erbracht und sich mit dem Bescheiderlass nach Ablauf der bis 28.07.2022 gesetzten Anhörungsfrist mehr als einen Monat Zeit gelassen hat.
Eine Nachholung der Fristsetzung kommt vorliegend nicht mehr in Betracht, denn inzwischen ist vom BAMF der Bescheid vom 24.05.2022, auf den sich die hier streitige Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG bezieht, aufgehoben worden (Schreiben des BAMF vom 18.11.2022 im Verfahren W 1 K 22.50211), weil die Überstellungsfrist abgelaufen ist und nunmehr eine Entscheidung im nationalen Asylverfahren erfolgt. Überdies wäre der Bescheid vom 24.05.2022 auch allein wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist wirkungslos geworden (vgl. Beschluss des Senats vom 08.09.2022 - L 8 AY 65/22 B ER - juris). Jedenfalls sind die Voraussetzungen für die mit Bescheid vom 02.09.2022 vorgenommene eingeschränkte Leistungsbewilligung endgültig entfallen (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe zuletzt Beschluss vom 28.10.2022 - L 8 AY 66/22 B ER - juris). Nach den vorstehenden Ausführungen kommt es dabei nicht mehr darauf an, ab welchem Tag genau der Ablauf der Überstellungsfrist anzunehmen ist, denn die Voraussetzungen der verfügten Anspruchseinschränkung lagen zu keinem Zeitpunkt vor.
Der Senat geht daher davon aus, dass die Anspruchseinschränkung durch den Bescheid des Ag vom 02.09.2022 aller Voraussicht nach rechtswidrig ist.
Ein Anordnungsgrund ist wegen der existenzsichernden Funktion der Grundleistungen und der Bewilligung deutlich reduzierter Leistungen im Vergleich zu lebensunterhaltssichernden Leistungen nach dem SGB II und SGB XII ohne weitere Darlegungen zu bejahen (vgl. Oppermann, a.a.O., Rn. 219). Allerdings gilt dies erst für die Zeit ab Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG; dies war der 20.10.2022. Für Zeiträume vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes ist ein Anordnungsgrund nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt (vgl. BayLSG, Beschluss vom 23.07.2021 - L 11 AS 310/21 B ER - juris; Keller, a.a.O., § 86b Rn. 35a). Das gilt wegen des Gegenwärtigkeitsprinzips im AsylbLG (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2021 - B 7 AY 2/20 R - juris) gerade auch für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend diese existenzsichernden Leistungen. Hinsichtlich der ASt ergibt sich nichts für eine fortwirkende Notlage und ein besonderes Nachholbedürfnis, zumal die ASt nach dem Erhalt des Bescheids vom 02.09.2022 noch bis zum 20.10.2022 zugewartet haben, bevor sie sich mit dem vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das SG gewandt haben.
Bei der somit zu erlassenden einstweiligen Anordnung übt der Senat sein ihm zustehendes Ermessen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO) dahin aus, dass die einstweilige Anordnung bis 31.01.2022 befristet wird, denn dies ist ein ausreichend langer Zeitraum für eine einstweilige Anordnung über laufende existenzsichernde Leistungen. Er entspricht zudem der Dauer der Leistungsbewilligung mit dem Bescheid vom 02.09.2022, so dass der Ag über Leistungen ab Februar 2023 ohnehin neu zu entscheiden hat und dabei die vorliegende Entscheidung berücksichtigen kann. Eine darüber hinausgehende einstweilige Anordnung war nicht beantragt worden (§ 123 SGG).
Nach alledem ist der Beschwerde teilweise stattzugeben und wie tenoriert zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung liegen vor, § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO. Nach den obigen Ausführungen bestehen hinreichende Erfolgsaussichten und die ASt erfüllen nach der vorgelegten Erklärung zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung ohne den Einsatz von Einkommen oder Vermögen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.