Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 02.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2022 verurteilt, die Klägerin mit einer Ausstattung ihres Talkers mit der Sprache Tamazight zu versorgen.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat der Beklagte zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme einer Wortschatzerweiterung eines Talkers mit dem Vokabular der Sprache Tamazight.
Die im Oktober 1983 in Marokko geborene Klägerin ist im Alter von zwei Jahren mit ihrer Mutter und Geschwistern nach Deutschland gekommen. Nachdem sie zunächst im Haushalt ihrer Mutter gelebt hatte, zog sie 2005 in eine eigene Wohnung in Essen, wo sie bis heute lebt. Sie bezieht laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) von der Beklagten. Infolge einer Herpes-simplex-Enzephalitis im 2. Lebensjahr leidet die Klägerin insbesondere an einer Dysphasie mit einhergehender schwerer Sprach– und Schluckstörung. Ein GdB von 100 und die Merkzeichen G und RF sind anerkannt. Im März 2016 wurde die Klägerin vonseiten der Krankenkasse mit einem Power-Talker versorgt, ausgerüstet mit den Sprachen Deutsch und Englisch.
Mit Schreiben vom 16.04.2019 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine Übersetzung des Wortschatzes auf dem Talker in die Sprache Tamazight bei ihrer Krankenkasse. Zur Begründung führte sie an, dass hierdurch eine Kommunikation mit ihrer Mutter ermöglicht würde. Mit dem Talker sei ohne die begehrte Wortschatzergänzung eine Kommunikation lediglich in deutscher und englischer Sprache möglich. Ihre Mutter spreche aber nur ihre Muttersprache, Tamazight. Ohne eine Übersetzung des Wortschatzes sei ein vertrauliches Gespräch mit ihrer Mutter nicht möglich.
Die Krankenkasse leitete den Antrag unter Hinweis auf § 14 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – (SGB IX) an den beklagten Sozialhilfeträger weiter. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19.06.2019 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2019 zurück. In einem anschließend vor dem Sozialgericht Duisburg und dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen geführten Verfahren wendete die Klägerin sich erfolglos gegen die Ablehnung. Das Sozialgericht stellte in dem Urteil vom 07.09.2021 fest, dass der Bescheid vom 19.06.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2019 rechtswidrig war und wies die Klage im Übrigen ab. Die mit dem Hauptantrag verfolgte Anfechtungs- und Leistungsklage sei unzulässig, denn der angefochtene Bescheid habe sich aufgrund der nicht eingetretenen Funktionsnachfolge des ab dem 01.01.2020 geltenden Eingliederungshilferechts des SGB IX nach § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) erledigt. Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklag sei zulässig und unter Berücksichtigung der Feststellungen des in jenem Verfahren beauftragten Sachverständigen begründet (Aktenzeichen des Sozialgerichts: S 48 SO 734/19). Nach einem gerichtlichen Hinweis in dem vor dem Landessozialgericht geführten Berufungsverfahren, dass es für die Fortsetzungsfeststellungsklage an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehle, nahm die Klägerin die Klage zurück (Aktenzeichen des Landessozialgerichts: L 20 SO 428/21).
Den am 07.09.2021 erneut gestellten Antrag der Klägerin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02.11.2021 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2022 zurück. Ein Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben scheide aus, wenn es einem Leistungsberechtigten in erster Linie darum gehe, seine familiären Kontakte zu intensivieren, nicht aber Kontakte mit – nichtbehinderten – anderen Menschen zu fördern oder auszubauen. Der Beklagte verwies auf ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 28.05.2015 – L 9 SO 303/13.
Am 25.03.2022 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben. Sie wendet sich erneut gegen die Ablehnung und begehrt die Ausstattung ihres Talkers mit der Sprache Tamazight weiter. Die Leistung sei geeignet und erforderlich, ihr die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Auch ihre Mutter gehöre zum Leben in der Gemeinschaft. Der Beklagte differenziere unzutreffend zwischen der Familie, die nur zum „persönlichen Umfeld“ gehören soll, und sonstigen Dritten, deren Kontakt erst das „Leben in der Gemeinschaft“ ausmachen sollen. Wegen der besonderen Nähe zur Klägerin und wegen des besonderen Schutzes des Art. 6 GG zähle die Familie erst recht zum Leben in der Gemeinschaft.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2022 zu verurteilen, der Klägerin weitere Leistungen der Eingliederungshilfe, insbesondere zur Ausstattung des Talkers für die Sprache Tamazight zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass es bei der Ausstattung des Talkers mit der Sprache Tamazight in erster Linie darum gehe, den Kontakt zu der Mutter der Klägerin zu intensivieren. Dieser Kontakt und der Kontakt zu Verwandten in Marokko sei nicht unter die Soziale Teilhabe der Eingliederungshilfe zu fassen.
Bezüglich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf die beigezogene Gerichtsakte des vor dem Sozialgericht Duisburg unter dem Aktenzeichen S 48 SO 734/19 geführten Verfahrens, einschließlich der Feststellungen des Sachverständigen Dr. Dr. Linka in seinem fachpsychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachten vom 25.10.2020, sowie auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte und den Inhalt der die Klägerin betreffenden Leistungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
I. Gegenstand der Klage im Sinne des § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der Bescheid vom 02.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2022, mit dem der Beklagte die Übernahme der Übersetzungskosten in die Sprache Tamazight als Zubehör des Talkers abgelehnt hat.
II. Die Beigeladene war als möglicherweise im Innenverhältnis gegenüber dem Beklagten zur Erstattung verpflichteter Träger notwendig beizuladen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 04.04.2019 - B 8 SO 12/17 R).
III. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
IV. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid beschwert die Klägerin, da er rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Versorgung mit einer Ausstattung ihres Talkers mit der Sprache Tamazight als Sachleistung, der sich aus § 99, 102 Abs. 1 Nr. 4, 113 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 i.V.m. § 84 SGB IX ergibt. Der Anspruch ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu beurteilen, da die Klägerin sich die Ausstattung bislang nicht selbst beschafft hat (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.2019 – B 3 KR 21/18 R). Der Anspruch ist nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen zu prüfen. Der Beklagte ist als erstangegangener Rehaträger mangels Weiterleitung für die Erbringung der Leistung zuständig (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX).
1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht bereits aus dem Recht der medizinischen Rehabilitation. Die Abgrenzung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation von Leistungen zur sozialen Rehabilitation erfolgt nach dem Leistungszweck. Maßgebend ist, welche Bedürfnisse mit dem Hilfsmittel befriedigt werden sollen, also welchem Zweck oder welchem Ziel das Hilfsmittel dienen soll (vgl. u.a. BSG, Urteil v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R). Dient ein Hilfsmittel zwar auch einem medizinischen Leistungszweck, steht aber die Verbesserung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Vordergrund, so ist es allein der sozialen Rehabilitation zuzuordnen (vgl. BSG, ebd.; auch z.B. für das heilpädagogische Reiten LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.02.2016 - L 9 SO 59/13; für eine auditiv-verbale Therapie LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.08.2012 - L 20 SO 25/09). Die Klägerin begehrt die Talkerausstattung im Wesentlichen zur Kommunikation mit ihrer Mutter und anderen Familienmitgliedern.
2. Die Sachleistungspflicht für die Versorgung mit der Talkerausstattung bestimmt sich nach § 99, 102 Abs. 1 Nr. 4, 113 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 i.V.m. § 84 SGB IX. Die Klägerin gehört zum anspruchsberechtigten Personenkreis des § 99 SGB IX. Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden nach § 113 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, soweit sie nicht nach den Kapiteln 3 bis 5 erbracht werden. Hierzu gehört, Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen. Leistungen zur Sozialen Teilhabe sind insbesondere Hilfsmittel (Abs. 2 Nr. 8). Hilfsmittel müssen nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB IX erforderlich sein, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Zu den Hilfsmitteln zählen auch Zubehörteile, ohne die die Basisprodukte nicht oder nicht zweckentsprechend betrieben werden können.
a. Zunächst steht dem Anspruch nach Auffassung der Kammer nicht entgegen, dass die Klägerin die begehrte Talkerausstattung lediglich im Kontakt mit ihrer Mutter und anderen Familienangehörigen verwenden möchte und somit eine Kommunikation nur mit Familienmitgliedern ermöglicht wird. Der Beklagte geht davon aus, dass Familienmitglieder nicht Teil der Gesellschaft im Sinne des § 90 SGB IX sein können. Nach § 90 Abs. 1 SGB IX ist es Aufgabe der Eingliederungshilfe, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Die Leistung soll sie befähigen, ihre Lebensplanung und –führung möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können. Eine Definition des Gesellschaftsbegriffs enthält das Gesetz nicht. Eine inhaltliche Änderung ist mit der Neuformulierung der Aufgabe der Eingliederungshilfe im SGB IX gegenüber der Regelung des § 53 SGB XII in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung nicht verbunden (vgl. BT-Drs. 18/9522, S. 270).
Nach Auffassung der Kammer schließt das Eingliederungsziel der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft die Teilhabe am Leben in der Familie mit ein (ebenso: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.06.2019 – L 9 KR 363/17; Bieback, in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 7. Auflage 2020, Rn. 27; Schmeller, in Mergler/Zink, SGB XII, 46. Lieferung, Stand: April 2019, Rn. 38 zu § 53 SGB XII; eher bejahend: LSG NRW, Urteil vom 24.06.2014 – L 20 SO 388/13; a.A.: LSG NRW, Urteil vom 28.05.2015 – L 9 SO 303/13; SG Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2017 – S 28 SO 431/15).
Die an der sozialen Integration orientierte Zielsetzung der Eingliederungshilfe ist vor dem Hintergrund der allgemeinen Vorschriften der § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX zu sehen, die die Förderung eines selbstbestimmten Lebens und einer gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben vorgeben. Maßgeblich sind im Hinblick auf § 8 Abs. 1 S. 1 SGB IX die Wünsche des behinderten Menschen. Es soll die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen im Sinne einer angemessenen Lebensführung gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 24/11 R).
Die Eingliederung eines behinderten Menschen in eine Gesellschaft setzt immer voraus, dass die Gesellschaft auch bereit ist, Kontakt zu der behinderten Person aufzunehmen. In vielen Fällen dürften in erster Linie Familienangehörige hierzu bereit sein bzw. den Kontakt zu dem behinderten Menschen suchen. Die Realisierung des Ziels, den Umgang mit nichtbehinderten Menschen zu fördern, kann also maßgeblich dadurch unterstützt werden, dass die Kontaktpflege zwischen behinderten Menschen und deren Familienangehörigen gefördert wird. Auch das Bundesteilhabegesetzes zielt darauf ab, eine Isolation behinderter Menschen zu vermeiden und den Anschluss an die Gesellschaft mit nichtbehinderten Person zu gewährleisten.
Nach Einschätzung der Kammer geht der überwiegende Teil der Rechtsprechung (mit Ausnahme der durch den Beklagten zitierten Entscheidung des LSG NRW) davon aus, dass Familie Teil der Gesellschaft i.S.d. Eingliederungshilferechts sein kann, ohne dies jedoch positiv festzustellen. So weist das Bundessozialgericht im Rahmen der Abgrenzung zwischen sozialer und medizinischer Rehabilitation darauf hin, dass die Eingliederungshilfe die Aufgabe hat, „dem Behinderten den Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen und hierdurch insgesamt die Begegnung und den Umgang mit nichtbehinderten Menschen zu fördern“ (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 – B 8 SO 32/07 R).“ Nach Auffassung der Kammer ist dies dahingehend zu verstehen, dass zu dem Kontakt mit der Umwelt - der im Rahmen der Eingliederungshilfe gefördert werden soll - jedenfalls auch der Kontakt mit der Familie (und der Nachbarschaft) gehört.
Die Kammer hat offen gelassen, ob sich eine verfassungskonforme Auslegung des Gemeinschaftsbegriffs im Sinne der von dem Beklagten vertretenen Auffassung mit Art. 6 GG vereinbaren ließe. Die Klägerin hat diesbezüglich Zweifel geäußert.
Das Verständnis der Kammer entspricht nicht zuletzt dem Gesellschaftsbegriff des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-Behindertenrechtskonvention), wonach die Vertragsstaaten in Art. 8 Abs. 1 lit. a) wirksame Maßnahmen treffen, um in der gesamten Gesellschaft, „einschließlich auf der Ebene der Familien“, das Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen zu schärfen und die Beachtung ihrer Rechte und ihrer Würde zu fördern.
Schließlich hat der Beklagte keine Gründe vorgetragen, warum Familienmitglieder nicht vom eingliederungshilferechtlichen Gesellschaftsbegriff umfasst sein sollen. Auch werden in dem von dem Beklagten zitierten Urteil Gründe hierfür nicht genannt. Vielmehr wird hier lediglich festgestellt, dass es sich bei der Pflege von Familienkontakten nicht um eine Leistung zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben handele (LSG NRW, Urteil vom 28.05.2015 – L 9 SO 303/13; so anschließend ohne weitere Auseinandersetzung SG Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2017 – S 28 SO 431/15).
b. Zur Überzeugung der Kammer steht insbesondere unter Berücksichtigung der Feststellungen des Sachverständigen Dr. Dr. aus dem Verfahren mit dem Aktenzeichen S 48 SO 734/19 fest, dass die Ausstattung des Talkers mit der Sprache Tamazight geeignet und erforderlich ist, eine Kommunikation der Klägerin insbesondere mit ihrer Mutter zu ermöglichen. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Versorgung der Klägerin mit einem Talker für die Sprache Tamazight eine bislang unzureichende Eingliederung in die Gesellschaft zweifellos fördern würde, weil dies zu einer Vertiefung der wenigen vorhandenen, haltgebenden sozialen und familiären Beziehungen beitragen würde. Durch eine entsprechende Versorgung wäre auch eine günstige Einflussnahme wichtiger Bezugspersonen, insbesondere der Mutter, auf die Lebensführung der Klägerin möglich, weil ein differenzierter, kommunikativer Austausch ermöglicht würde, anstelle einer bislang weitgehend einseitigen Kommunikation vonseiten der Mutter. Davon ausgehend wäre eine allgemeine psychische Stabilisierung und zielgerichtetere und autonomere Lebensführung der Klägerin zu erwarten. Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen an.
c. Der Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Klägerin durch das Vermitteln ihrer Kenntnisse im Umgang mit einem Talker und durch die von dem Beklagten bewilligten Leistungen der Freizeitassistenz, bereits in ausreichendem Umfang am Leben in der Gemeinschaft teilnehmen würde.
Zum einen hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie die Leistungen der Freizeitassistenz aktuell nicht in Anspruch nehme. Mit der Freizeitassistenz, die sie vorübergehend unterstützt habe, habe es nicht geklappt. Diese habe weit weg gewohnt. Sie hätten nur über Zoom gesprochen. Das sei der Klägerin zu wenig gewesen. Die Vermittlungstätigkeit kann dem Anspruch schon deshalb nicht entgegengehalten werden, weil die Klägerin ihre Kenntnisse im Umgang mit einem Talker (nur) anderen Menschen mit Behinderung vermittelt. Die Eingliederungshilfe soll aber gerade die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen fördern.
Zum anderen steht es der Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe auch grundsätzlich frei, zu wählen, auf welche Weise sie am Leben in der Gemeinschaft teilhaben möchte. Das Maß und die Auswahl der Aktivitäten eines behinderten Menschen am Leben in der Gemeinschaft sind abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (vgl. u.a. LSG NRW, Urteil vom 19.10.2015 – L 20 SO 255/12; BSG, Urteil vom 06.12.2018 – B 8 SO 4/17 R m.w.N.).
3. Über Einkommen oder Vermögen, welches dem Anspruch entgegenstehen könnte, verfügt die Klägerin nicht.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
Sozialgericht Duisburg, Mülheimer Straße 54, 47057 Duisburg
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.
Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Duisburg schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zu Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Absatz 4 Nummer 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).