S 11 U 92/22

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 92/22
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Für die Annahme, dass eine berufliche Einwirkung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Wirkursache einer COVID-19-Infektion ist (als Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls), muss im Vollbeweis nachgewiesen sein, dass der Versicherte innerhalb von zwei Wochen vor dem Eintritt der Erkrankung einen intensiven persönlichen Kontakt mit einer mit dem COVID-19--Virus infizierten Person (sog. Indexperson) hatte.
2. Für die Anerkennung einer COVID-19-Infektion als Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung muss u. a. im Vollbeweis nachgewiesen sein, dass der Versicherte einer der versicherten Tätigkeit innewohnenden Infektionsgefahr die über diejenige hinausgeht, die allgemein für die Bevölkerung besteht besonders ausgesetzt war. Dies kann sich im Einzelfall aufgrund der Durchseuchung des Arbeitsumfelds oder der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ergeben. Zudem muss grundsätzlich ein intensiver persönlicher Kontakt mit einer sog. Indexperson nachgewiesen sein.

I. Die Klage wird abgewiesen. 

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 


T a t b e s t a n d :

Der Kläger begehrt von der beklagten Berufsgenossenschaft die Anerkennung seiner Covid-19-Infektion als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit.
Bei dem Kläger, der als Fallmanager in einem Jobcenter im Sinne des SGB II beschäftigt ist, infizierte sich im März 2021 mit dem Covid-19-Infektion. Am 24.03.2021 wurde die Infektion des Klägers mit dem Covid-19-Virus durch einen PCR-Test nachgewiesen.
Nach Durchführung von Ermittlungen, die insbesondere die Befragung des Klägers und dessen Arbeitgeber umfassten, regelt die Beklagte, dass die Anerkennung der Covid-19-Infektion des Klägers als Versicherungsfall abgelehnt wird. Eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) komme mangels der Zugehörigkeit zum Personenkreis mit deutlich erhöhtem Infektionsrisiko nicht in Frage. Es liegt auch kein Arbeitsunfall vor, da ein stattgehabter intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person (Indexperson) nicht nachgewiesen werden könne (Bescheid vom 20.01.2022).
Hiergegen erhob der Kläger am 10.02.2022 Widerspruch. Zur Begründung trägt er u. a. vor, dass sich im März 2021 in der Abteilung Jobcenter - Fallmanagement weitere drei Kolleginnen mit Covid-19 infiziert hätten und der Leiter des Jobcenters zu dieser Zeit an seiner Covid-19-Infektion verstorben sei. Zudem sei angesichts der Arbeitsweise im Fallmanagement des Jobcenters und speziell im Fall des Klägers im Kontakt mit Geflüchteten‚ die in Flüchtlingsunterkünften wohnen und dort keinen Sicherheitsabstand einhalten könnten, der Nachweis einer Infektion während der Arbeit nachgewiesen.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass die Anerkennung einer BK nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV zu Recht abgelehnt worden sei. Da die ausgeübte berufliche Tätigkeit des Klägers im Jobcenter des Landratsamtes G-Stadt nicht dem Personenkreis der BK-Ziffer 3101 zuzuordnen sei, könne seine Covid-19- Infektion alleine schon deshalb nicht als BK Nr. 3101 anerkannt werden, unabhängig davon, ob die übrigen Voraussetzungen erfüllt seien. Auch ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls sei der gesicherte Nachweis notwendig, dass eine betriebliche Verrichtung die Ursache für die Infektion mit dem Covid-19-Virus ist. Dazu müsse auch die lndexperson, bei der der Kläger sich angesteckt hat, bekannt sein und es müsse ein betrieblicher Zusammenhang bestehen. Ein stattgehabter intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person (Indexperson) habe hier nicht nachgewiesen werden können. Zudem habe der Kläger das zum damaligen Zeitpunkt gültige Hygienekonzept des Jobcenters beachtet und sein Verhalten danach ausgerichtet (Tragen von Masken, Abstandsregel beachten, regelmäßiges Lüften, Plexiglas-Abtrennung auf dem Schreibtisch zwischen dem Kläger und den Vorsprechenden). Der Betrieb (das Jobcenter) habe die Frage, ob der Kläger beruflichen Kontakt zu infizierten Personen hatte, verneint. Auch seien weitere Mitarbeiter erst nach dem Kläger erkrankt. Es habe auch keinen direkten Ausbruch in einem Fachbereich gegeben. Es erkrankten nur einzelne Mitarbeiter aus verschiedenen Fachbereichen an Covid-19. Der Nachweis, dass die Covid-19-lnfektion des Klägers in ursächlichem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Fallmanager beim Jobcenter des Landratsamtes G-Stadt steht, habe nach Würdigung der Gesamtumstände nicht erbracht werden können (Widerspruchsbescheid vom 19.04.2022).
Hiergegen hat der Kläger am 05.05.2022 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Im Kern trägt er vor, dass er weiterhin der Auffassung ist, dass er sich während seiner beruflichen Arbeit mit dem Covid-19-Virus angesteckt hat. Er sei Dipl. Sozialpädagoge und als Fallmanager beim Landratsamt G-Stadt, Arbeitsbereich Kommunales Jobcenter Abteilung Fallmanagement, beschäftigt. Der Kläger sei für die Betreuung und Beratung von SGB-II Leistungsberechtigten tätig, im Speziellen unterstütze und begleite er Geflüchtete bei der Integration in Deutschland. Die Covid-19-Infektion sei als BK Nr. 3101 anzuerkennen. Die Tätigkeit des Klägers sei durchaus als Tätigkeit in der Wohlfahrtspflege zu bewerten. Als Einrichtungen der Wohlfahrtspflege würden u.a. Einrichtungen zur Hilfe für behinderte oder psychisch erkrankte Menschen oder Menschen in besonderen sozialen Situationen (z.B. Suchthilfe oder Hilfen für Wohnungslose) verstanden. Der Kläger habe zur Zeit der Ansteckung intensiv und durch persönlichen Kontakt insbesondere Geflüchtete, also Menschen in besonderen sozialen Situationen, betreut. Es habe mithin ein persönlicher Kontakt zu den betreuenden Personen bestanden. Beim Kläger sei trotz Einhaltung der damals geltenden Hygienestandards eine Ansteckung eingetreten. Zudem zeigten sich nach der Infektion nicht nur geringfügige klinische Krankheitssymptome. Im Ergebnis sehe er damit die Voraussetzungen für die Anerkennung der Infektion als Berufskrankheit nach Ziffer 3101 der Anlage zur BKV als gegeben an. Der Kläger sei unter den dort genannten besonderen Personenkreis zu fassen. Hilfsweise begehre er, die Infektion als Arbeitsunfall anzuerkennen. Es möge zwar richtig sein, dass die konkrete Indexperson nicht benannt werden könne, dies vor allem auch deshalb, da ein ständiger und durchgehender Kontakt zu vielen Kunden bestanden habe. Jedoch spreche die Tatsache, dass zu der Zeit der Ansteckung des Klägers auch viele Arbeitskollegen an Corona erkrankt seien, für einen beruflichen Zusammenhang. Privat seien keine Corona-Erkrankungen zu der Zeit bekannt geworden. Im Übrigen habe der Kläger all seine privaten Kontakte reduziert gehabt, sodass die Ansteckung zwingend beruflich erfolgt sein müsse.

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 20.01.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2022 die Beklagte zu verurteilen, anzuerkennen, dass die am 24.03.2021 nachgewiesene Infektion des Klägers mit dem Covid-19-Virus eine Berufskrankheit (nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV), hilfsweise ein Arbeitsunfall, gewesen ist.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. 

Sie beruft sich auf die - aus ihrer Sicht zutreffenden - Gründe in den angegriffenen Bescheiden. 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. 
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil ausdrücklich zugestimmt (Erklärung des Klägers im Erörterungstermin vom 29.11.2022; Schriftsatz der Beklagten vom 29.11.2022). 

 
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG; § 56 SGG) ist unbegründet. 
1. Der Bescheid der Beklagten 20.01.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner COVID-19-Infektion als Berufskrankheit (dazu a) oder Arbeitsunfall (dazu b). 
a) Zu Recht hat die beklagte Berufsgenossenschaft es abgelehnt, die COVID-19-Infektion des Klägers als Berufskrankheit (BK) anzuerkennen. 
aa) Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog. Listen-BK) und die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist für die Feststellung einer Listen-BK (Versicherungsfall) erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 16.03.2021 - B 2 U 11/19 R - juris Rn. 12 m. w. N.). Der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK, wohl aber für eine Leistung (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2018 - B 2 U 13/17 R -Rn. 9 m. w. N.: zur BK Nr. 3102 vgl. BSG, Urteil vom 27.06.2017 - B 2 U 17/15 R - juris Rn. 13 m. w. N.). Die BK Nr. 3101 wird wie folgt bezeichnet: Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war. 
bb) Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers im Jobcenter nicht vor. Es kann dahinstehen, ob ein Jobcenter überhaupt als Einrichtung der "Wohlfahrtspflege" anzusehen ist (bejahend im Hinblick auf Sozialämter z. B. Ricke in BeckOGK, Stand 01.09.2021, § 9 SGB VII Rn. 48). Es fehlt jedenfalls an einer im Vollbeweis nachgewiesenen besonderen Infektionsgefahr im Vergleich zur restlichen Bevölkerung, der der Kläger im maßgeblichen Zeitraum bei seiner beruflichen Tätigkeit ausgesetzt war. 
cc) Bei der BK Nr. 3101 besteht die Besonderheit, dass die schädliche Einwirkung, also der Ansteckungsvorgang, bei dem die Krankheit übertragen wurde, ein einmaliges, punktuelles Ereignis darstellt, das häufig im Nachhinein nicht mehr ermittelt werden kann. Meistens sind verschiedene Infektionsquellen und Übertragungswege denkbar, ohne dass sich feststellen lässt, bei welcher Verrichtung es tatsächlich zu der Ansteckung gekommen ist. Gerade aus diesem Grund sind Infektionskrankheiten, deren auslösendes Ereignis - die einmalige Ansteckung - an sich eher die Voraussetzungen des Unfallbegriffs erfüllt, als BK bezeichnet worden. Um den Nachweisschwierigkeiten zu begegnen, genügt bei der BK Nr. 3101 als "Einwirkungen" im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, dass der Versicherte einer der versicherten Tätigkeit innewohnenden "Infektionsgefahr besonders ausgesetzt" war (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris Rn. 18; vgl. auch BSG, Urteil vom 24.02.2004 - B 2 U 13/03 R - juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 04.05.1999 - B 2 U 14/98 R - juris Rn. 18; BSG, Urteil vom 18.11.1997 - 2 RU 15/97 - juris Rn. 19; BSG, Urteil vom 30.05.1988 - 2 RU 33/87 - juris Rn. 2). 
Besondere Infektionsgefahr in diesem Sinne bedeutet, dass der Betreffende während der Inkubationszeit einer besonderen, über das normale Maß (das - zumal bei einer Pandemie - ohnehin außerhalb der beruflichen Tätigkeit besteht) hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen sein muss. Dabei genügt es nicht, dass eine Tätigkeit ausgeübt wird, der eine besondere Gefährdung für eine Infektion innewohnt; die schlichte Infektionsgefahr genügt nicht (vgl. BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R - juris Rn. 17 m. w. N.; BSG, Urteil vom 28.08.1990 - 2 RU 64/89 - juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 30.05.1988 - 2 RU 33/87 - juris Rn. 21). Vielmehr muss gerade die konkret ausgeübte Tätigkeit - hier als Mitarbeiter bzw. Fallmanager im Jobcenter - mit über das normale Maß hinausgehenden Gefahren verbunden gewesen sein, an der betreffenden Erkrankung - hier Covid 19 - zu erkranken (vgl. BSG, Urteil vom 30.05.1988 - 2 RU 33/87 - juris Rn. 21; BSG, Urteil vom 27.02.1985 - 2 RU 40/84 - juris Rn. 15, juris). Es kommt dabei maßgeblich auf die konkret zu verrichtenden Arbeitshandlungen an. Die besondere Infektionsgefahr kann sich im Einzelfall aufgrund der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit oder der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R - juris Rn. 16 f. m. w. N.). Sie muss im Vollbeweis nachgewiesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris Rn. 20). 
Diese Maßstäbe gelten im Wesentlichen auch für die COVID-19-Infektion (vgl. z. B. Schlegel in Schlegel/Meßling/Bockholdt, Corona-Gesetzgebung, 2. Aufl. 2022, § 18 Rn. 2; Ricke COVuR 2020, 342, 345 f.). Bei der Beurteilung der besonderen Infektionsgefahr im Hinblick auf eine Infektion mit dem COVID-19-Virus ist nach dem Sinn und Zweck der Regelung der BK Nr. 3101 als Berufskrankheit maßgeblich darauf abzustellen, ob der betreffende Versicherte Einwirkungen in erhöhtem Maße ausgesetzt ist, die nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse geeignet sind, eine COVID-19-Infektion auszulösen und diese Gefahr zudem über diejenige hinausgeht, die allgemein für die übrige Bevölkerung zum maßgeblichen Zeitpunkt bestand (vgl. dazu Felz in Schmidt, COVID-19, Rechtfragen zur Corona-Krise, 3. Auflage 2021, § 25 Rn. 67). 
Hier kann eine besondere Infektionsgefahr nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden. Insbesondere kann im maßgeblichen Zeitpunkt eine besonders erhöhte Übertragungsgefahr im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers im Vergleich zur allgemeinen Infektionsgefahr für die restliche Bevölkerung nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Auf der Grundlage der Angaben des Klägers und seines Arbeitgebers kann kein einziger konkreter Kontakt mit einer infizierten Person - gleich in welcher Intensität - nachgewiesen werden (siehe dazu auch b, cc, (2)). Auch wenn es Anhaltspunkte gibt, dass Menschen, die nach dem Rechtsübergang vom AsylbLG ins SGB II gleichwohl weiter in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden - welche der Kläger nach seinen Angaben beraten hat -, potentiell einer höheren Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind als die Restbevölkerung (vgl. dazu https://mediendienst-integration.de/migration/corona-pandemie.html zum Stichpunkt "Ansteckungsgefahr in Flüchtlingsunterkünften" unter Berufung auf Auskünfte der zuständigen Ministerien der Länder, abgerufen am 29.11.2022), so ist gleichwohl anzunehmen, dass in einem Jobcenter - anders als z. B. in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung - regelmäßig überwiegend gesunde Menschen zusammenkommen, was gegen die Annahme einer erhöhten Infektionsgefahr spricht (vgl. dazu Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.01.1984 - L 3 U 41/83 - juris; vgl. zum Ganzen Römer in Hauck/Noftz SGB VII, 5 Lfg. 2022, BK-Nr. 3101-3104, Rn. 8). Insoweit hat der Kläger auch kein einziges Ereignis benannt, in dem er einen Kontakt mit einem (potentiell) erkrankten Leistungsberechtigten hatte. Weiterhin gab es bei der Tätigkeit des Klägers (Beratung) regelmäßig hohe Schutzvorkehrungen (u. a. Maskentragepflicht, Abstandsregeln und eine Plexiglas-Abtrennung und regelmäßiges Lüften), die ebenfalls gegen eine besondere Infektionsgefahr sprechen. Schließlich kann auch keine so erhebliche Durchseuchung im Arbeitsumfeld des Klägers festgestellt werden, die die Annahme im Vollbeweis rechtfertigen würde, dass eine über das normale Maß hinausgehende, besondere Ansteckungsgefahr für den Kläger im beruflichen Kontext bestand. Insbesondere ergibt sich insoweit aus der Auskunft des Arbeitgebers, dass es keinen direkten Ausbruch im Fachbereich des Klägers gab. Die durch den Kläger benannten Erkrankten sind ausschließlich nach ihm erkrankt oder er hatte mit diesen im maßgeblichen Zeitraum keinen direkten Kontakt. 
dd) Im Übrigen muss selbst dann, wenn eine Einwirkung (besondere Infektionsgefahr) im Vollbeweis nachgewiesen wäre, grundsätzlich ein intensiver persönlicher Kontakt mit einer Indexperson nachgewiesen sein, damit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einem Kausalzusammenhang ausgegangen werden kann; auf einen reinen Verdacht kann ein Ursachenzusammenhang grundsätzlich nicht gestützt werden (vgl. Brandenburg/Woltjen, MedSach 2021, 113, 116). Ein solcher intensiver persönlicher Kontakt kann hier jedoch nicht nachgewiesen werden (dazu b, cc, (2)).
b) Darüber hinaus hat es die Beklagte auch zu Recht abgelehnt, die COVID-19-Infektion des Klägers als Arbeitsunfall anzuerkennen. 
aa) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat (stRspr des BSG, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 06.10.2020 - B 2 U 9/19 R - juris Rn. 18 m. w. N.). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 23/10 R - juris Rn. 11). "Versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" (i.S.d. Unfallereignisses) und "Krankheit" (i.S.d. Gesundheitserstschadens) müssen im Vollbeweis - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, aber nicht die bloße Möglichkeit (st. Rspr des BSG, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 06.05.2021 - B 2 U 15/19 R - juris Rn. 13). 
bb) Die Tätigkeit des Klägers als Fallmanager im Jobcenter während der Zeit der Infektion mit dem Covid-19-Virus ist zwar grundsätzlich in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) und die erlittene Infektion mit dem Covid-19-Virus stellt auch ein Unfallereignis im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII dar, denn das Eindringen eines Krankheitserregers - hier von Viren - in den Körper ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (zu einer Infektion mit Bakterien vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2019 - B 2 U 34/17 R - juris Rn. 18 m. w. N.). 
cc) Es fehlt jedoch insbesondere an der Voraussetzung, dass eine versicherte Verrichtung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zum Unfallereignis (hier der Infektion mit dem COVID-19-Virus) geführt hat. 
(1) Die Prüfung der Unfallkausalität hat grundsätzlich zweistufig zu erfolgen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung sowohl objektiv (1. Stufe) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe) verursacht haben. Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung mithin voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit-)verursacht wurde. Ob die versicherte Verrichtung eine Ursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage. Auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung ist zu prüfen, ob die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten weiteren mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr ist. Zwar ist vorliegend das Erhalten stationärer Behandlung die einzige festgestellte Ursache für die bakterielle Infektion. Jedoch ist auch dann bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung zu entscheiden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Die Wesentlichkeit der Ursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2019 - B 2 U 34/17 R - juris Rn. 24 f.). 
(2) Nach Maßgabe dessen lässt sich schon nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass eine berufliche Einwirkung Wirkursache der COVID-19-Infektion gewesen ist, d. h. sich der Kläger während der beruflichen Tätigkeit angesteckt hat. 
(2.1) Nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist ein intensiver persönlicher Kontakt innerhalb von zwei Wochen vor dem Eintritt der Erkrankung mit einer mit dem Corona-Virus infizierten Person (sog. Indexperson) geeignet, um eine Infektion mit dem Corona-Virus auszulösen (vgl. Brandenburg/Woltjen, MedSach 2021, 113, 116; Sckell/Rauch/Middeldorf, Orthopädie und Unfallchirurgie, 2021, S. 54, 56; Empfehlung des Robert-Koch-Institutes für zur Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS.CoC-2-Infektionen <KP-N>, Stand 12.01.2022 <Geltung bis zum 02.05.2022>, Ziff. 3; vgl. auch Merkblatt der DGUV und der DIVI, Corona-Virus (SARS-CoV-2) COVID 19 als Berufskrankheit, 04.06.2020; Zagrodnik/Quabach, DGUV Forum 2021, 11; Wicker/Behrens/Gottschalk, Der Internist 2021, 899, 902; SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 20.08.2020 GMBl 2020, S. 484-495, zuletzt geändert am 24.11.2021, GMBl 2021, S. 1331-1332, Ziff. 2.8 und 2.1 (3); Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, COVID-19 Infektionen als Arbeitsunfall und Berufskrankheit, WD 6 - 3000 - 013/21, S. 5). 
Ein solcher intensiver persönlicher Kontakt ist entweder anzunehmen (vgl. zum Ganzen Empfehlung des Robert-Koch-Institutes für zur Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS.CoC-2-Infektionen <KP-N>, Stand 12.01.2022 <Geltung bis zum 02.05.2022>, Ziff. 3.1; vgl. auch Sckell/Rauch/Middeldorf, Orthopädie und Unfallchirurgie, 2021, S. 54, 56), (1.) wenn ein "enger" Kontakt zu einer nachweislich mit dem Corona-Virus infizierten Person bestand. Dies ist der Fall, wenn eine räumliche Distanz zwischen den Personen von weniger als 1,5 m für mehr als 10 Minuten bestand und die infizierte Person keinen adäquaten Schutz (Mund-Nase-Schutz; FFP2-Maske) trug; (2.) wenn ein Gespräch (unabhängig von der Gesprächsdauer) mit einer nachweislich mit dem Corona-Virus infizierten Person geführt wurde und weder ein Abstand von 1,5 m eingehalten noch ein adäquater Schutz von der infizierten Person getragen wurde; (3.) wenn ein gleichzeitiger Aufenthalt für mehr als 10 Minuten im selben Raum mit infizierten Person und wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole (unabhängig vom eingehaltenen Abstand und dem Tragen eines adäquaten Schutzes) nachgewiesen ist. 
(2.2) Ein solcher intensiver persönlicher Kontakt - der als Anknüpfungstatsache im Vollbeweis gesichert sein müsste - im relevanten Zeitraum vor dem Eintritt der Erkrankung lässt sich hier nicht nachweisen. 
So hat der Kläger insbesondere zwar angegeben (Schriftsatz vom 25.07.2022), dass seine Kollegin Frau S. möglicher Weise infiziert war, jedoch keine Umstände benannt, die einen gefährdenden intensiven persönlichen Kontakt begründen können. 
Die Kollegen Frau F. und Herr K., die der Kläger nach seinen Angaben ebenfalls im relevanten Zeitraum getroffen hat, sind nach seinen Angaben zwar mit dem Corona-Virus infiziert gewesen. Es kann jedoch nicht mit der notwendigen Sicherheit angenommen werden, dass sie im Zeitpunkt des genannten Kontakts mit dem Kläger infiziert waren. Dagegen spricht, dass beide nach den Angaben des Klägers erst 5 bzw. 6 bis 10 Tage später erkrankt sind. Weiterhin ist das beschriebene Zusammentreffend des Klägers mit den Kollegen auch kein intensiver persönlicher Kontakt im o. g. Sinne, weil jeweils eine FFP2-Maske getragen wurde und der Kontakt auch nur jeweils kurz andauerte. 
Dass der Kläger mit der vierten durch ihn genannten Person, Herrn S. (der mittlerweile verstorben ist), im relevanten Zeitraum zusammengetroffen ist, kann der Kläger selbst nicht mehr sagen. Dass ein Gespräch mit einem infizierten Leistungsberechtigen ("Kunden") stattfand, das die Kriterien eines intensiven persönlichen Kontaktes erfüllt, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Zum einen kann der Kläger kein konkretes Zusammentreffen mit einer infizierten Person benennen, zum anderen hat er angegeben, dass sowohl er als auch die übrigen Personen eine FFP2-Maske getragen haben und weitere Hygienemaßnahmen (insbesondere Lüften nach dem Gespräch) durchgeführt wurden. 

(2.3) Ob ausnahmsweise auch dann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass berufliche Einwirkungen zur Infektion geführt haben, wenn sich ein intensiver persönlicher Kontakt mit einer Indexperson nicht nachweisen lässt, kann hier dahinstehen. 
Dafür müssten im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit im relevanten Zeitraum jedenfalls andere eine Corona-Infektion begünstigende Bedingungen im Vollbeweis nachgewiesen sein, die eine Infektion mit dem Corona-Virus nach dem Stand der medizinischen Erkenntnis als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. Schlegel in Schlegel/Meßling/Bockholdt, Corona-Gesetzgebung, 2. Aufl. 2022, § 18 Rn. 12; Brandenburg/Woltjen, MedSach 2021, 113, 116; Wicker/Behrens/Gottschalk, Der Internist 2021, 899, 903). Kriterien hierfür sind die Anzahl der nachweislich infektiösen Personen in der Arbeitsstätte und im engeren Arbeitsumfeld sowie die Anzahl der üblichen Arbeitskontakte bei der Ausübung der versicherten Tätigkeit. Weiterhin sind die Infektionszahlen am Wohnort zu beachten sowie im engeren privaten Bereich. Auch die Größe des Betriebes kann von Relevanz sein. Eine schlechte Belüftung, eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine niedrige Raumtemperatur begünstigt die Infektion mit dem Corona-Virus, ebenso wie eine schwere körperliche Arbeit oder lautes Sprechen, die eine vertiefte und erhöhte Atemfrequenz mit sich bringen (vgl. Brandenburg/Woltjen, MedSach 2021, 113, 116; Schlegel in Schlegel/Meßling/Bockholdt, Corona-Gesetzgebung, 2. Aufl. 2022, § 18 Rn. 12 m. w. N.; Nowak/Ochmann/Brandenburg/Nienhaus/Woltjenm Deutsche Medizinische Wochenschrift <DMW> 2021, 198, 200; Wicker/Behrens/Gottschalk, Der Internist 2021, 899, 903; Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, COVID-19 Infektionen als Arbeitsunfall und Berufskrankheit, WD 6 - 3000 - 013/21, S. 5). Erforderlich ist jedoch in jedem Fall, dass es im beruflichen Umfeld zu der besagten Zeit mit dem Corona-Virus infizierte Personen gegeben hat (vgl. Brandenburg/Woltjen, MedSach 2021, 113, 116). 
Dass hier besondere, eine Corona-Infektion begünstigende Umstände in diesem Sinne vorlagen, die eine Infektion als wahrscheinlich erscheinen lassen, konnte nicht im Vollbeweis gesichert werden. Solche Umstände wurde auch vom Kläger nicht vorgetragen (siehe hierzu auch die Ausführungen zum Fehlen einer besonderen Infektionsgefahr oben unter a).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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