Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 03.07.2020 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 4.398,09 Euro nebst Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.06.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird endgültig auf 4.398,09 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kosten einer vollstationär durchgeführten Krankenhausbehandlung.
Der Beklagte ist Träger der nach §§ 108, 109 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenen Klinik für Manuelle Therapie in I. In der Zeit vom 11. bis zum 30. November 2013 wurde dort die bei der Klägerin gesetzlich versicherte, 1967 geborene und als Altenpflegehelferin tätige Patientin E (Versicherte) aufgrund sich seit 2012 verstärkender Schmerzen im Lumbalbereich zur Durchführung einer multimodalen Schmerztherapie vollstationär aufgenommen (Verordnung vom 28. Oktober 2013).
Als Aufnahmediagnose hielt der Beklagte ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom bei Chondrose L4/L5, arthromuskulärer Dysbalance in der LBH Region, eingeschränkter Hüftrotation rechts, druckschmerzhaftem ISG rechts, Facettendruckschmerz L4/L5 und L3/4, spinaler Enthesiopathie L4/5 und L3/4 sowie ein chronisches Cervikobrachialsyndrom, eine Omarthrose bds. und als Nebendiagnose das Von-Willebrand-Syndrom Typ l fest. Es wurde eine Schmerzanamnese durchgeführt. Die Versicherte gab als bereits durchgeführte Therapien Eigensport, Cortison, Diclofenac, Infusionen, Krankengymnastik, Streckbehandlung, Massagen und Fango an. Bei ihr wurde zudem seit dem 24. September 2013 die Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Im Rahmen der Eingangsuntersuchung wurde festgehalten, dass eine „hohe Chronifizierungsgefahr bzw. eine chronische Schmerzerkrankung“ bei „V.a. oder Vorhandensein psychosozialer Einflussfaktoren“ bestehe. Zudem wurde die „Lebensqualität und/oder Alltagsfähigkeit (als) signifikant beeinträchtigt“ eingeschätzt. Es wurde eine Labordiagnostik, ein EKG sowie eine Funktionsdiagnostik (Stabilometrie, Laufband), eine Ultraschalluntersuchung und eine radiologische Funktionsaufnahme der Schulter angeordnet. Ausweislich der interdisziplinären Teambesprechung anlässlich der Aufnahme lag die Therapierelevanz vorrangig auf der psychologischen und sozialen Ebene. Ab der 2. Woche sollte wöchentlich eine Psychotherapie (1x60 Min) stattfinden. Zudem wurden verschiedene Gruppenbehandlungen, Elektrotherapie und Kombinationstherapien angeordnet. Ferner sollten Diclofenac 75mg bei Bedarf und Celebrex (2x100mg/Tag in den ersten 10 Tagen) gegeben werden.
Bei der Versicherten konnte eine Besserung bereits nach einer Behandlungswoche erzielt werden (interdisziplinären Teambesprechung vom 21. November 2013). Der psychotherapeutische Fokus wurde auf die Förderung eines biopsychosozialen Krankheitsverständnisses und die Vermittlung schmerzbezogenen Wissens gelegt (Abschlussbericht der Abteilung Psychotherapie vom 26. November 2013). Darüber hinaus wurde das Krankheitsverständnis unter dem Aspekt der Selbstfürsorge reflektiert worden. Empfohlen wurde die Integration entspannungsfördernder Aktivitäten in den Alltag.
Im Entlassungsbericht vom 30. Dezember 2013 wurden ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom bei Chondrose L4/L5, muskulärer Dysbalance in der LBH Region, eingeschränkter Hüftrotation rechts, druckschmerzhaftem ISG rechts, arthroligamentären Überlastung mit Facettenreiz und interspinöser Enthesiopathie L4/5 und L3/4, Störung der Tiefenstabilisation und Bewegungskoordination und eine Omarthrose bds. als Diagnosen benannt. Es sei eine Schmerzlinderung um ca. 55% gegenüber der Ausgangslage eingetreten. Es bestehe auch eine funktionelle Besserung gegenüber dieser (z.B. Treppensteigen). Zudem wurden Empfehlungen zur Stabilisierung des Heilerfolges gegeben.
Im Anschluss stellte der Beklagte der Klägerin am 5. Dezember 2013 unter Zugrundelegung der Diagnosis Related Group (DRG) I42Z (Multimodale Schmerztherapie bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) 4.398,09 € für die erbrachten Leistungen in Rechnung (Schriftsätze vom 21. Juni 2022). Auf diese Forderung wies die Klägerin an den Beklagten am 22. Dezember 2013 den Betrag von 4.398,09 € an, der am 23. Dezember 2013 bei der Klägerin als bezahlt verbucht wurde.
Mit Prüfanzeige vom 17. Dezember 2013, die bei dem Beklagten am gleichen Tag einging, leitete die Klägerin ein Verfahren zur Überprüfung der Abrechnung ein und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) u.a. zu prüfen, ob die Notwendigkeit einer vollstationären Behandlung bestanden und – bejahendenfalls – inwieweit die Überschreitung bzw. das Erreichen der unteren Grenzverweildauer medizinisch begründet sei.
Ausweislich seines Gutachtens vom 20. Mai 2014 gelangte der MDK (Dr. R) zu dem Ergebnis, dass es einer stationären Behandlung der Versicherten nicht bedurft habe. Der Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses sei nicht erforderlich gewesen, um die Versicherte zu behandeln. Auch im Rahmen der stationären Behandlung seien zunächst nur Schmerzmittel verabreicht worden, auf welche im Verlauf der Behandlung gänzlich verzichtet worden sei, weshalb eine stationäre Behandlung nicht plausibel wäre. GAEP-Kriterien, medizinische Komplikationen oder Begleiterscheinungen, die eine stationäre Aufnahme erforderten, gingen aus dem Entlassungsbericht nicht hervor. Es seien darüber hinaus physio- und manualtherapeutische Behandlungen durchgeführt worden, die auch ambulant hätten erfolgen können. Alternativ sei eine rehabilitative Maßnahme in Betracht gekommen. Die Abrechnung selbst sei indes nicht zu beanstanden. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Gutachtens Bezug genommen.
Gestützt auf diese Beurteilung forderte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Mai 2014 die Rückzahlung von 4.398,09 € von dem Beklagten bis zum 23. Juni 2014. Dem widersprach der Beklagte (Schreiben vom 18. August 2014) und führte aus, dass die Indikation zur stationären Krankenhausaufnahme und Durchführung einer multimodalen Schmerztherapie bestanden habe. Die Versicherte habe bereits seit langer Zeit Schmerzen gehabt und es habe eine Schmerzchronifizierung gedroht. Die vor der Aufnahme durchgeführten ambulanten Maßnahmen seien nicht erfolgreich gewesen. Aufgrund der Schmerzen habe zum Aufnahmezeitpunkt eine manifeste Beeinträchtigung der Lebensqualität bestanden. Darüber hinaus hätten psychosoziale Einflussfaktoren vorgelegen, die eine stationäre Aufnahme erforderlich gemacht hätten. Schließlich sei unklar, ob ambulante schmerztherapeutische Maßnahmen ebenso effektiv gewesen wären.
Der aufgrund dessen erneut um Stellungnahme gebetene MDK bestätigte das Ergebnis seiner Erstbegutachtung (Gutachten vom 16. Juni 2015 – Dr. R). Zur Begründung führte er ergänzend aus, dass zwar eine Schmerzchronifizierung bereits vorgelegen, diese aber lediglich Grad I aufgewiesen habe. Dass im Vorfeld der stationären Behandlung eine schmerzmedikamentöse Behandlung durchgeführt worden sei, lasse sich den Unterlagen nicht entnehmen. Die analgetische Monotherapie mit NSAR hätte auch ambulant veranlasst werden können. Interventionelle schmerztherapeutische Maßnahmen seien nicht dokumentiert. Die Infusionsbehandlung habe die Versicherte abgelehnt. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Gutachtens Bezug genommen.
Die Klägerin teilte daraufhin mit (Schreiben vom 15. Oktober 2015), dass sie an der Forderung festhalte und es bei dem Rückzahlungsbegehren verbleibe, einer Zahlung werde nunmehr bis zum 15. November 2015 entgegengesehen. Auf einen erneuten Widerspruch des Beklagten (Schreiben vom 4. November 2015) gab die Klägerin keine Stellungnahme mehr ab, sondern mahnte die Zahlung erneut – erfolglos – an.
Die Klägerin hat sodann am 27. Mai 2016 Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben, zu deren Begründung sie ihre bisherige Argumentation vertieft. Nach der Maßgabe der Leitlinie Kreuzschmerz hätten weitergehende ambulante Maßnahmen durchgeführt werden müssen. Unter Bezugnahme auf den im Klageverfahren erneut konsultierten MDK (Gutachten vom 28. März 2017 – Dr. G) hat sie vorgetragen, dass die bedarfsweise Verabreichung einer Schmerzmedikation (hier: Diclofenac 75) keinem Therapiekonzept entspreche, dass im Vorfeld der stationären Behandlung durchgeführt worden sei. Es seien nur Einzelmaßnahmen bekannt, bei denen unbekannt sei, ob und nach welchem Konzept die ambulante Therapie der Versicherten durchgeführt worden sei. Insbesondere fehle insoweit die Angabe der Frequenz und des Zeitrahmens, binnen dessen die Maßnahmen durchgeführt worden seien. Schließlich sei bei der Versicherten bereits nach einer Woche der stationären Behandlung signifikante Besserungen des gesundheitlichen Zustandes festzustellen gewesen. Infolgedessen sei fraglich, ob ein höherer Chronifizierungsgrad tatsächlich vorgelegen habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4.398,09 € zzgl. Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. Juni 2014 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Durchführung der multimodalen Schmerztherapie im stationären Setting sei medizinisch indiziert gewesen. Nicht nachvollziehbar sei, dass und wie die Versicherte ambulant hätte noch behandelt werden können. Auch nach dem Begutachtungsleitfaden der Sozialmedizinischen Expertengruppe 4 „Vergütung und Abrechnung“ werde eine Indikation für eine multimodale Schmerztherapie bei chronischen Schmerzzuständen aufgeführt. Weil die bisherigen ambulanten Behandlungsmaßnahmen keinen Erfolg gezeigt hätten, sei ein Zusammenwirken zwischen medizinischer, pflegerischer und physiotherapeutischer Betreuung und Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich gewesen. Um die Schmerzentwicklung zu kontrollieren und im Bedarfsfall durch Anpassung der Schmerzmedikation zu reagieren, sei auch eine in kurzen Intervallen stattfindende, idealerweise tägliche ärztliche Betreuung erforderlich gewesen. Diese Möglichkeit bestehe im Rahmen einer stationären Rehabilitation gerade nicht. Zwar sei zutreffend, dass sich der Zustand der Versicherten bereits nach einer Behandlungswoche im Krankenhaus deutlich gebessert habe. Zutreffend sei auch, dass diese Besserung mit einer verhältnismäßig geringen Schmerzmedikation habe erzielt werden können. Daraus lasse sich aber weder der Schluss ziehen, dass die Schmerzen nicht erheblich gewesen seien noch, dass es keiner stationären Behandlung bedurft habe. Letztlich sei ab dem Zeitpunkt der Besserung, eine weitergehende Stabilisierung erforderlich gewesen. Eine rehabilitative Maßnahme sei nicht in Betracht gekommen, weil in diesem Rahmen weder die notwendige medizinische Intensität der Behandlung noch die medizinisch notwendigen Strukturanforderungen gegeben gewesen wären. Hier hätte der diagnostische und darauf beruhend der kurative Ansatz im Vordergrund gestanden.
Zwischen einer akutstationären und einer rehabilitativen Behandlung bestünden gravierende Unterschiede (Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 20. Januar 2005 – B 3 KR 9/03 R und vom 10. April 2008 – B 3 KR 14/07 R). So sei im rehabilitativen Bereich bereits keine tägliche ärztliche Behandlung gewährleistet. Es sei noch eine umfassende – auch durch den Sachverständigen als notwendig erachtete – Differentialdiagnostik durchgeführt worden. Bei der abgerechneten OPS handele es sich um eine akutstationäre Therapie, die so in der Rehabilitation nicht angeboten werde und sich durch ihre Interdisziplinarität auszeichne. Im Hinblick auf die unterschiedliche Zielsetzung stünden sie nicht in einem Alternativ- sondern in einem Ausschlussverhältnis zueinander. Die Therapiemaßnahmen während des stationären Aufenthaltes seien auch nicht (nur) durch medizinisches Assistenzpersonal durchgeführt worden. So seien z.B. die manuelle Therapie, die Reflextherapie und die Psychotherapie von Ärzten und Psychologen vorgenommen worden. Auch hinsichtlich der weiteren Maßnahmen seien ausgebildete Physiotherapeuten und Krankengymnasten zum Einsatz gekommen. Soweit der Sachverständige aufgrund der geringen Schmerzmedikation an der Erheblichkeit des seinerzeit bei der Versicherten gegebenen Schmerzzustandes Zweifel habe, sei ein derartiger Rückschluss nicht möglich. Es sei im Rahmen einer multimodalen Schmerztherapie nicht medizinisch indiziert, Schmerzen durch die Gabe stärkerer Schmerzmittel zu überdecken.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Sachverständigengutachtens nach Aktenlage durch Dr. N (Gutachten vom 11. Oktober 2019). Zusammenfassend seien Einzelkrankengymnastik, Cortison-Infusionen, physikalische Therapieanwendungen und Schmerzmedikation der WHO Stufe I durchgeführt worden. Im Hinblick auf Frequenz und Häufigkeit vorheriger ambulanter Behandlungen fehle es an Angaben in der Anamnese. Es habe eine deutliche psychosoziale Mitbelastung und ein Schmerzchronifizierungsstadium Grad I vorlegen. Bei der Versicherten habe ein gering bis mäßig chronifiziertes Schmerzsyndrom in zwei Wirbelsäulenabschnitten – stärker im Bereich der unteren LWS – vorgelegen. Während des stationären Aufenthaltes seien diagnostische Abklärungen auf ärztlichem, psychischem und physiotherapeutischem Bereich und damit multimodal erfolgt. Auch die Therapien im weiteren Verlauf seien multimodal angesiedelt gewesen, wobei Therapiefrequenz und -häufigkeit eher als gering einzuschätzen seien. Wenngleich der Patientenakte konkrete Einzelheiten nicht zu entnehmen seien, könne gleichwohl festgehalten werden, dass im Vorfeld der stationären Behandlung ein intensives ambulantes Behandlungsprogramm durchlaufen worden sei. Dass dennoch ein chronifiziertes Wirbelsäulensyndrom in zwei Achsabschnitten bestanden habe, habe wohl die Veranlassung zur Einleitung der stationären Therapie gegeben. Eine klare Wertung (Leitlinien, medizinische Standards), ob die ambulante Vorbehandlung ausreichend gewesen sei, gebe es nicht. Es fehlten hier auch Angaben zu Menge, Häufigkeit und Frequenz. Die Art und Anzahl der angewandten Therapieverfahren ließen allerdings bereits auf multiple – aber nicht ausreichend erfolgreiche – Behandlungen über einen Zeitraum von zwei Jahren schließen. Wenngleich Lücken hinsichtlich der psychosozialen Diagnostik bestünden und möglicherweise weitergehende psychotherapeutische Maßnahmen hätten ergriffen werden können, komme er dennoch zu dem Schluss, dass die ambulante Behandlung als „ausgeschöpft betrachtet werden sollte“.
Unter Zugrundelegung des ANOA-Katalogs sei eine vollstationäre Behandlung medizinisch indiziert gewesen. Die psychotherapeutische oder psychologische Abklärung sei im ambulanten Bereich relativ schwer erreichbar, sei aber im Rahmen der Chronifizierungstendenz erforderlich gewesen. Auch nach Maßgabe des Begutachtungsleitfadens des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund seien die Anforderungen an eine stationäre Krankenhausbehandlung erfüllt gewesen, da mindestens drei der aufgeführten Kriterien (Schmerzchronifizierung, psychische Einflussfaktoren, funktionelle Einflussfaktoren) gegeben gewesen seien.
Im Hinblick auf die Frage, ob rehabilitative oder stationär konservative Maßnahmen indiziert gewesen seien, verweise er auf Nationale Versorgungsrichtlinie zum „Nichtspezifischen Kreuzschmerz“. Seines Erachtens nach sei die Behandlung nicht nur stationär im Rahmen einer kurativen Krankenhausbehandlung, sondern auch gleichzeitig als Rehabilitationsmaßnahme möglich gewesen. Eine medizinisch notwendige Behandlung ausschließlich mit den Mitteln des Krankenhauses sei nicht festzustellen, die entsprechende Abklärung bzw. multimodale Schmerzbehandlung hätte auch z.B. im rehabilitativen Setting erfolgen können. Eine Rehabilitationstherapie sei im vorliegenden Fall für die Therapie ausreichend, mindestens aber eine adäquate Alternative gewesen, aus seiner Sicht sogar die bessere.
Das SG hat am 3. Dezember 2018 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes und Beweisaufnahme durchgeführt und in diesem den Sachverständigen Dr. N persönlich gehört. Dieser hat ausgeführt, dass es zutreffend sei, dass bei Annahme eines – hier bestehenden – bilokulären Schmerzbildes ein Chonifizierungsgrad 2 (Achse 2 des Mainzer Studienmodells) anzunehmen sei. Seines Erachtens nach sei zwar eine ambulante psychische Behandlung möglich gewesen. Es habe sich bei der Versicherten – basierend auf der Diagnose des in der Klinik behandelnden Psychologen – aber um eine sog. Durchhalterin gehandelt. Diese seien stark chronifizierungsgefährdet, sodass ein Loslösen aus der Belastungssituation, zu der das gesamte soziale Umfeld gehöre, angezeigt gewesen sei. Ziel sei es seinerzeit offenbar in erster Linie gewesen, die Schmerzentwicklung zu durchbrechen, eine Verhaltensänderung einzuleiten und die bestehenden Schmerzzustände zu beheben. Es habe sowohl die Indikation für eine stationäre Behandlung wie für eine rehabilitative Maßnahme bestanden. Die stationäre Indikation folge aus einer wohl kontinuierlichen Verschlechterung der Schmerzerkrankung, Zunahme der körperlichen Beeinträchtigungen, dem Bedarf an einer höheren Therapieintensität und -dichte sowie aufgrund einer erheblichen Beteiligung psychosozialer Faktoren. Für eine rehabilitative Indikation hätten die krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe, die erhebliche Gefährdung der Erwerbstätigkeit, die behandlungsbedürftigen Krankheitsfolgen und die drohende oder eingetretene erkrankungsbedingte Behinderung sowie eine längere, andauernde frustrane Behandlung und die Notwendigkeit des Lösens von Belastungen im Alltag gesprochen. Aufgrund der Patientendokumentation sei nicht davon auszugehen, dass die Rehabilitationsfähigkeit der Versicherten bei der Aufnahme fehlte. Zusammenfassend komme eine stationäre Behandlung in einem Akutkrankenhaus nur in Fällen einer schweren und akuten Schmerzsymptomatik in Betracht. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 3. Juli 2020 hat die Klägerin klargestellt, dass die Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung ihres Erachtens erforderlich gewesen sei, weil dort der psychosoziale Faktor stärker im Fokus gestanden hätte, auf diesen sei es im streitigen Behandlungsfall maßgeblich angekommen. Allerdings seien auch aus ihrer Sicht – abgesehen von psychotherapeutischen Maßnahmen – die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft gewesen. Diese hätten im Vorfeld noch ergriffen werden müssen, um das subjektive Schmerzempfinden zu durchbrechen.
Der Beklagte hat demgegenüber nochmals darauf verwiesen, dass Ziel der Maßnahme gewesen sei, die Versicherte aus ihrem Umfeld zu nehmen, um ihre Schmerzen unter Zuhilfenahme eines interdisziplinären Teams zu mildern. Hierzu hätte es jedenfalls eines Schmerztherapeuten bedurft, der sie regelhaft begutachte und bei Bedarf die Schmerzmedikation anpasste. Dieser stünde – wie der Sachverständige bestätigt habe – in einer Rehabilitationseinrichtung in der Regel nicht zur Verfügung. Jedenfalls aus den Leitlinien des Jahres 2013 lasse sich die medizinische Indikation für die stationäre Krankenhausbehandlung herleiten.
Das SG hat mit Urteil vom 3. Juli 2020 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 17. August 2020 zugestellte Urteil hat sich die Klägerin mit ihrer am 21. August 2020 eingelegten Berufung gewandt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend trägt sie vor, dass bei der Versicherten – in keinem engen Zusammenhang mit der stationären Aufnahme – gelegentlich Krankengymnastik und physikalische Therapien einhergehend mit einer Kortisonbehandlung stattgefunden habe. Es sei im Zeitpunkt der Aufnahme auch keine gravierende Pathologie im Bereich der Bandscheibe oder der Facettengelenke festgestellt worden. Obgleich dem Sachverständigen die vorherigen ambulanten Behandlungen nicht bekannt gewesen seien, habe er die Notwendigkeit der stationären Behandlung bejaht. Die durchlaufene Diagnostik hätte ambulant durchgeführt werden können. Auch die Therapien (keine Infusionsbehandlung, dafür Bindegewebsmassagen, Thermotherapie, Yoga und Nordic Walking, Entspannungstraining, Physiotherapie und physikalische Anwendungen) hätten nicht der Mittel eines Krankenhauses bedurft. Sie – die Klägerin – sei auch im Falle einer rehabilitativen Maßnahme nicht leistungspflichtig, da diese zum Erhalt der Erwerbstätigkeit gedient hätte. Selbst wenn von einer Behandlung in einem Akutkrankenhaus auszugehen sei, sei nicht geklärt, weshalb diese nicht teilstationär hätte erfolgen können. Auch die Mindestmerkmale des OPS 8-819 seien nicht erfüllt gewesen. Es sei nicht einmal geklärt, ob von einem Fehlschlag einer vorherigen unimodalen Schmerztherapie auszugehen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 3. Juli 2020 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4.398,09 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. Juni 2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und wiederholt seine erstinstanzlichen Ausführungen. Ergänzend verweist er darauf, dass die Klägerin bewusst die durchgeführten Behandlungen verkürzt wiedergebe.
Ferner hat er auf Anfrage des Senats zur Gruppengröße bei Gruppentherapien, zu den Zusatzbezeichnungen der behandelnden Ärzte sowie ihren Fachrichtungen vorgetragen. Ferner hat der Senat aus dem Internetportal „BERUFENET“ der Bundesagentur für Arbeit berufskundliche Unterlagen beigezogen und diese wie den durch die Klägerin übersandten Leistungskatalog hinsichtlich der Versicherten auch dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt. Auf den Inhalt der Unterlagen wird jeweils Bezug genommen.
Nach vorheriger Anhörung hat der Senat den Beteiligten und dem Sachverständigen von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen (Beschluss vom 19. August 2022). Nur die Beteiligten haben von dieser Gestattung Gebrauch gemacht.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 31. August 2022 den Sachverständigen persönlich gehört. Der Sachverständige hat erklärt, welche ambulanten Maßnahmen bei der Versicherten vor dem stationären Aufenthalt durchgeführt worden seien und welche ambulanten Maßnahmen grundsätzlich bei der Versicherten in Betracht gekommen wären. Er hat sich zudem dazu geäußert, ob für die medizinisch indizierten Maßnahmen, die Mittel eines Akutkrankenhauses erforderlich gewesen seien. Nach seinem Bekunden sei eine stationäre Maßnahme bei der Versicherten medizinisch notwendig gewesen, da sie aus ihrem täglichen Umfeld habe herausgelöst werden müssen, um einen Behandlungserfolg erzielen zu können. Dafür genüge weder eine ambulante noch eine teilstationäre Behandlung. Der Sachverständige hat erklärt, dass bei dem nicht spezifischen Kreuzschmerz häufig festzustellen sei, dass eine monomodale Therapie nicht hinlänglich sei. Im Bereich der multimodalen Therapie stelle sich indes das Problem, dass es zwei Bereiche gebe, nämlich den akuten wie den rehabilitativen Bereich. Im Rahmen der Leitlinie sei dieses Problem diskutiert worden und man sei zu dem Ergebnis gelangt, dass beide Angebote parallel zu sehen und eine Abgrenzung über die Zugänglichkeit und Zuständigkeit erreicht werden solle. Eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit multimodalem Ansatz sei vorliegend möglich gewesen. Eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit der Versicherten habe bestanden. Es habe keinen Vorteil der Behandlung im Akutkrankenhaus gegeben. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der Verwaltungsakte der Klägerin und der Patientenakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
A. Die Anträge im Berufungsverfahren sind wirksam im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellt. Soweit die Beteiligten nicht persönlich im Gerichtssaal vertreten gewesen sind, sondern von ihren Kanzleisitz aus per Video- und Tonübertragung an der Verhandlung teilgenommen haben, war dies gemäß § 110a Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 19. August 2022 zulässig.
B. Streitgegenständlich ist der durch die Klägerin geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Höhe von 4.398,09 € zzgl. Zinsen.
C. Die am 21. August 2020 schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 17. August 2020 zugestellte Urteil des SG Dortmund vom 3. Juli 2020 ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 SGG ohne gerichtliche Zulassung statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, Abs. 3; § 64 Abs. 1, Abs. 2; § 63 SGG).
D. Die Berufung der Klägerin ist auch begründet, denn die zugrundeliegende Klage erweist sich zur Überzeugung des Senats als zulässig und begründet.
I. Die Klage ist zulässig. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist in dem hier zwischen den Beteiligten bestehenden Gleichordnungsverhältnis statthaft; eine Regelung durch Verwaltungsakt kam vorliegend nicht in Betracht, ein Vorverfahren war nicht durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten (ständige Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 27. Oktober 2020 – B 1 KR 12/20 R – juris, Rn. 9 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 24/08 R – juris, Rn. 12 m.w.N.). Der Zahlungsanspruch und der geltend gemachte Zinsanspruch sind von der Klägerin konkret beziffert worden. Für letzteres reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz (vgl. Landessozialgericht <LSG> Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. Juni 2021 – L 26 KR 46/20 – juris, Rn. 26).
II. Die Klage ist begründet, denn die Klägerin kann die Erstattung der von ihr geleisteten Krankenhausvergütung von dem Beklagten verlangen (dazu unter 1.). Der Anspruch ist nicht nur entstanden und nicht untergegangen sondern auch durchsetzbar (dazu unter 2.). Zudem steht ihr der Zinsanspruch in begehrter Höhe zu (dazu unter 3.).
1. Als Anspruchsgrundlage stützt sich die Klägerin auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der bei einer öffentlich-rechtlich Rechtsbeziehung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 3 KR 4/09 R – SozR 4-5565 § 14 Nr. 10) an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) tritt (vgl. BSG, Urteil 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – BSGE 109, 236 m.w.N.). Dieser setzt voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses eine Leistung ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSG, Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 7/15 R – juris; BSG, Urteil vom 8. November 2011 – a.a.O. m.w.N.). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs, ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen scheidet jedoch aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 1974 – 1 RA 183/73 – BSGE 38, 46, 47). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen <NRW>, Urteil vom 16. Januar 2014 – L 16 KR 177/09 – juris; Senat, Urteil vom 19. Mai 2021 – L 11 KR 392/18 – juris).
a) Eine öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung liegt vor. Die Abrechnungsbeziehungen zwischen der klagenden Krankenkasse und dem Beklagten als Träger des Krankenhauses sind öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Dieses ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V (BSG, Urteil vom 8. November 2011 – a.a.O.). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, sind auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten öffentlich-rechtlicher Natur.
b) Eine für das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs tatbestandlich erforderliche Vermögensverschiebung ist ebenfalls zu bejahen. Der Beklagte hat 4.398,09 € für die erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt, worauf die Klägerin am 23. Dezember 2013 den Betrag von 4.398,09 € an ihn gezahlt hat.
c) Die Vermögensverschiebung ist ohne Rechtsgrund erfolgt, denn dem Beklagten stand kein Anspruch auf Zahlung von Krankenhausvergütung zu (zur Beweislast des Krankenhauses zum Rechtsgrund im Rahmen des Erstattungsanspruchs: BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 27/13 R – BSGE 117, 82, Rn. 9, 17f.).
Rechtsgrundlage des von dem Beklagten wegen der stationären Behandlungen der Versicherten geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG (BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – BSGE 109, 236, Rn. 13, 15f; BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 1 KR 20/19 R – BSGE 130, 73, Rn. 11). Das Gesetz regelt in diesen Vorschriften die Höhe der Vergütung der zugelassenen Krankenhäuser bei stationärer Behandlung gesetzlich Krankenversicherter und setzt das Bestehen des Vergütungsanspruchs als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht, erforderliche Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V zu gewähren (§ 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V), dem Grunde nach als Selbstverständlichkeit voraus (BSG, Urteil vom 19. März 2020 – a.a.O., Rn. 11; BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 22/19 R – juris, Rn. 8).
Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Damit ist die vollstationäre Krankenhausbehandlung nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung. Der Nachrang der vollstationären Behandlung trägt deren Bedeutung als medizinisch intensivster und aufwendigster Form der Krankenbehandlung Rechnung und stellt eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots dar (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 – B 1 KR 1/16 R – BSGE 122, 170, Rn. 27; BSG, Urteil vom 26. April 2022 – B 1 KR 5/21 R – juris, Rn. 12 m.w.N.).
aa) Die Sachverhaltsermittlung des Gerichts ist zunächst nicht eingeschränkt gewesen. Die Frage, ob die Zahlung aufgrund einer etwaig verstrichenen Ausschlussfrist nach § 7 Abs. 2 Satz 3 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V gemäß § 17c Abs. 2 KHG (Prüfverfahrensvereinbarung) ohne Rechtsgrund erfolgt ist, stellt sich vorliegend nicht, da die PrüfvV erst auf Behandlungsfälle ab dem 1. Januar 2015 anwendbar ist. Hier liegt der Behandlungsfall in 2013. Die Prüfanzeige vom 17. Dezember 2013 ist auch in der Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V (binnen sechs Wochen nach Rechnung vom 5. Dezember 2013 am 17. Dezember 2013) bei dem Beklagten eingegangen.
bb) Der Vergütungsanspruch setzt voraus, dass überhaupt eine Krankenhausbehandlung stattgefunden hat, dass sie notwendig war und fachgerecht durchgeführt worden ist.
Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre oder teilstationäre Behandlung (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 – B 1 KR 1/16 R – BSGE 122, 170, Rn. 28). Ob einem Versicherten voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich dabei allein nach den medizinischen Erfordernissen (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 – a.a.O., Rn. 29; BSG, Urteil vom 26. April 2022 – B 1 KR 5/21 R – juris, Rn. 13).
Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat jedoch von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wenn die Krankenkasse im Nachhinein beanstandet, die stationäre Behandlung des Patienten sei nicht gerechtfertigt gewesen. Dabei hat das Gericht die Berechtigung der Krankenhausbehandlung nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen, sondern hat zu prüfen, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (vgl. BSG, Beschluss vom 25. September 2007 – GS 1/06 – BSGE 99, 111, Rn. 27, 33). Eine Bindung an die Beurteilung des zuständigen Krankenhausarztes besteht dabei nicht; auch ist keine Herabsenkung der Kontrolldichte angezeigt, wenn der Krankenhausarzt die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung bejaht und seine Einschätzung fachlich vertretbar ist, denn seiner Entscheidung liegt kein Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative zugrunde (vgl. BSG, Beschluss vom 25. September 2007 – a.a.O., Rn. 28, 29).
(1) Zunächst ist eine ambulante oder teilstationäre Behandlung der Versicherten zur Erreichung des angestrebten Behandlungsziels nicht ausreichend gewesen. Eine vorstationäre Maßnahme kommt auch nach dem Vortrag der Beteiligten nicht in Betracht; anderweitige diesbezügliche Anhaltpunkte sind auch für den Senat nicht erkennbar. Es bedurfte stattdessen einer stationären Behandlung.
(a) Die Feststellungen beruhen insbesondere auf dem schriftlichen Sachverständigengutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. N sowie seinen mündlichen Erläuterungen in den Terminen vor dem SG und dem Senat. Der Sachverständige hat sein Gutachten nach Aktenlage unter eingehender Auswertung der Patientenakte, der zur Gerichtsakte gereichten medizinischen Stellungnahmen, unter Berücksichtigung der MDK-Gutachten und sämtlicher insbesondere seitens des Beklagten geltend gemachten Einwände sorgfältig erstattet. Seine daraus abgeleiteten schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen und Schlussfolgerungen hat er eingehend und überzeugend begründet. Dabei hat er den im maßgeblichen Zeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand berücksichtigt.
(b) Unter Berücksichtigung des durch die Klägerin vorgelegten Leistungskatalogs hat der Sachverständige seine bisherige Ansicht bestätigt, dass weitere ambulante Maßnahmen im Falle der Versicherten medizinisch nicht zielführend gewesen sind. Dies gilt gleichermaßen bei Einordnung der Behandlung als kurative wie als rehabilitative Maßnahme.
(aa) Zwar wären sowohl Verfahren wie Ganganalyse, kardio-pulmonale Belastbarkeit, Schmerzdiagnostik und bildgebende Diagnostik (MRT, CT, Röntgen), die psychosoziale Befragung als auch die sich anschließende psychologische Behandlung im Rahmen eines ambulanten Settings durchführbar gewesen. Allerdings hat der Sachverständige durchgehend und überzeugend ausgeführt, dass dies bei der Versicherten nicht zielführend gewesen wäre. Sie gehört dem Chronifizierungstypus der sog. „Durchhalterin“ an, die grundsätzlich eine positive Motivation mitbringt, weiter zu machen und auch beruflich weiter zu agieren. Dadurch wurde sie nicht rechtzeitig entlastet. Die daraus resultierende psychologische Belastung sowie das Vermeidungsverhalten der Versicherten haben es erforderlich werden lassen, sie aus ihrem sozialen und beruflichen Umfeld zu lösen. Entsprechendes hat sich bereits im Rahmen der Aufnahme gezeigt, wie sich aus der Patientenakte des Beklagten ergibt. Zudem erläutert der Sachverständige für den Senat nachvollziehbar, dass der vorliegend zwischen den Beteiligten unstreitig und auch für den Senat überzeugend medizinisch indizierte multimodale Ansatz im ambulanten Bereich mangels des so bezeichneten „ärztlichen Regulators“, der die verschiedenen Behandlungsansätze plant, überwacht und ggf. nachjustiert, kaum durchführbar ist. Stattdessen handelt es sich im ambulanten Bereich eher um „eine Anhäufung monomodaler Therapieansätze“, ein Kritikpunkt den auch die Klägerin anführt.
(bb) Angesichts des oben beschriebenen Chronifizierungstypus der Versicherten schließt der Sachverständige gleichfalls überzeugend auch eine teilstationäre Maßnahme bzw. tagesklinische Rehabilitation aus. Für das bei der Versicherten erforderliche Herauslösen aus der sie belastenden Situation hätte ein nur täglicher Behandlungsaufenthalt nicht ausgereicht. Die allabendliche sowie an den Wochenenden erfolgende Rückkehr in die belastende häusliche Umgebung hätte – wie der Sachverständige ausführt – den Erfolg der Behandlung unterminiert.
(cc) Den gegenteiligen Ausführungen des MDK folgt der Senat vor diesem Hintergrund nicht, denn dieser lässt das für den Behandlungserfolg erforderliche Lösen der Versicherten aus ihrem Umfeld unberücksichtigt.
(2) Zwischen der stationären Behandlung in einem Akutkrankenhaus und einer solchen in einer Rehabilitationseinrichtung besteht indes kein Stufenverhältnis. Es handelt sich vielmehr um eine Aliud-Leistung. Die Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und stationärer medizinischer Rehabilitation sind fließend. Deshalb kann eine Unterscheidung im Wesentlichen nur nach der Art der Einrichtung, den Behandlungsmethoden und dem Hauptziel der Behandlung getroffen werden, die sich auch in der Organisation der Einrichtung widerspiegeln (BSG, Urteil vom 20. Januar 2005 – B 3 KR 9/03 R – BSGE 94, 139).
Stationäre Krankenhaus- und stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung überschneiden sich in Einzelkomponenten in der Sache. Das zeigt beispielhaft der Vergleich von Krankenhäusern und Einrichtungen der stationären medizinischen Rehabilitation im Sinne des SGB V (vgl. § 107 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V). So sind Krankenhäuser im Sinne des SGB V Einrichtungen, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen (Nr. 1), fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten (Nr. 2), mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten (Nr. 3), und in denen die Patienten untergebracht und verpflegt werden können (<Nr. 4> vgl. § 107 Abs. 1 SGB V).
Rehabilitationseinrichtungen im Sinne des SGB V sind Einrichtungen, die der stationären Behandlung der Patienten dienen (Nr. 1), um a) eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken (Vorsorge) oder b) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkassen übernommen werden dürfen, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen (Nr. 2), und in denen die Patienten untergebracht und verpflegt werden können (<Nr. 3> vgl. § 107 Abs. 2 SGB V). Die stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung in Rehabilitationseinrichtungen ist mithin dadurch gekennzeichnet, dass sie einerseits der aufwändigeren besonderen Mittel des Krankenhauses nicht umfassend bedarf, andererseits dafür aber verstärkt der Reha-Mittel.
Die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung ist davon abhängig, dass die Behandlung primär dazu dient, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (vgl. § 27 Abs. 1 SGB V), und dass gerade bezogen auf zumindest eines dieser Behandlungsziele die besonderen Mittel eines Krankenhauses (apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und jederzeit präsenter bzw. rufbereiter Arzt) erforderlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 4. April 2006 – B 1 KR 32/04 R – juris, Rn. 18; vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 13/19 R – juris, Rn. 17ff.; Wahl in: jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 39 Rn. 69 m.w.N.). Regelmäßig ist demnach eine Gesamtschau unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erforderlich, die jedoch nur nach objektiven Merkmalen und Kriterien erfolgen kann. Bei z.B. einer psychiatrischen Erkrankung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Geräten in den Hintergrund treten und allein der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG, Urteil vom 20. Januar 2005 – a.a.O.).
Angesichts dieser Grundsätze, des Vortrages der Beteiligten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme ergibt die Gesamtschau unter Berücksichtigung der Verhältnisse des vorliegenden Einzelfalles, dass bereits die Zielsetzung der Behandlung nicht allein für den kurativen Versorgungsbereich spricht. Zudem waren bezogen auf die angestrebten Behandlungsziele die o.g. besonderen Mittel eines Krankenhauses vorliegend nicht erforderlich.
Hinsichtlich der Zielsetzung der Behandlung hat der Sachverständige zu Recht maßgeblich auf die Nationale Versorgungs-Leitlinie Kreuzschmerz (Langfassung, 1. Auflage, Version 4, November 2010, zuletzt geändert: August 2013 [Leitlinie 2013], S. 111) Bezug genommen. Wie der Sachverständige ausführt, ist die Zielsetzung im kurativen wie im rehabilitativen Bereich weitestgehend identisch. In beiden Versorgungssektoren haben die nachfolgende Ziele (Leitlinie 2013, S. 112/Kurzfassung S. 40):
„Zu den allgemeinen Zielen der multimodalen Behandlung gehören:
• Somatischer Bereich:
o Therapie der Schmerzerkrankung mit Linderung ihrer Symptomatik, die Beeinflussung ihrer Ursachenkette und die Prävention von Rezidiven,
o Reduktion von Schmerzen und schmerzbedingter Beeinträchtigung,
o Verbesserung von Ausdauer, Muskelkraft, Koordination und Beweglichkeit,
o positive Beeinflussung von Risikofaktoren und Komorbiditäten (z. B. Bluthochdruck, Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, metabolisches Syndrom usw.),
o Verbesserung der funktionellen Leistungsfähigkeit.
• Psychosozialer Bereich:
o Verminderung psychosozialer Belastungen und psychischer Folgen oder Komorbiditäten, wie Depressivität und Angst,
o Abbau inadäquater Bewältigungsstrategien (z. B. Katastrophisieren, Schonverhalten, Durchhalteverhalten),
o Verbesserung von Interaktions- und Kommunikationskompetenz (zur Vermeidung instrumenteller Funktionen von Schmerzverhalten),
o Motivierung zu nachhaltiger körperlicher Aktivität,
o Verbesserung der psychischen und sozialen Kompetenzen in Alltag und Beruf.
Basis für diese Ziele ist die Identifikation und Beseitigung bzw. positive Beeinflussung der somatischen wie auch psychologischen und psychosozialen Ursachen der Schmerzerkrankung.“
Während nach der Leitlinie 2013 (S. 111, 114) dann der Schwerpunkt kurativer Behandlung auf eine Verbesserung der körperlichen und seelischen Funktionen sowie auf die Veränderung hinderlicher Kontextfaktoren wie Krankheitskonzept, Copingstrategien, Krankheitsverhalten, Sozialer Rückzug, Risikofaktoren und Komorbiditäten abzielt, liegt der Fokus der Rehabilitation demgegenüber auf der erkrankungsbedingten Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe sowie der Gefährdung oder eingetretenen Minderung der Arbeits- und/oder Erwerbsfähigkeit.
Nach dem Sachverständigen war Ziel der Behandlung die Schmerzentwicklung zu durchbrechen, eine Verhaltensänderung einzuleiten und die bestehenden Schmerzzustände zu beheben. Dies bestätigt sich in dem Kurzarztbrief, wonach über eine 50%ige Schmerzlinderung gegenüber der Ausgangslage und eine funktionelle Besserung (z.B. Treppensteigen) berichtet wird. Dies dient jedoch letztlich beiden Versorgungsbereichen. Demgegenüber hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung vor dem SG bekundet, dass auch die Indikatoren einer Rehabilitation vorgelegen haben. Für sie habe die bei der aus seiner Sicht auch rehabilitationsfähigen Versicherten bestehende erkrankungsbedingte Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe, die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit, die behandlungsbedürftigen Krankheitsfolgen, die drohende bzw. die eingetretene erkrankungsbedingte Behinderung sowie eine längere, andauernde frustane Behandlung und Notwendigkeit des Lösens aus dem Alltag gesprochen.
(b) Die besonderen Mittel eines Krankenhauses (apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und jederzeit präsenter bzw. rufbereiter Arzt) sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zum Erreichen dieser Ziele erforderlich gewesen.
Auch diesen Aspekt hat der Sachverständige aus Sicht des Senats überzeugend dargelegt. Denn nach seinen Erläuterungen unter Bezugnahme auf die Aktenlage waren weder ein erhöhter diagnostischer Aufwand unter Nutzung der apparativen Ausstattung des Akutkrankenhauses noch die erforderliche Intensität der ärztlichen und pflegerischen Tätigkeit eines solchen festzustellen. So wären sowohl die (diagnostische) Abklärung als auch die multimodale Schmerzbehandlung im offensichtlich rehabilitativen Setting nicht anders erfolgt. Nach Analyse der Behandlungsunterlagen hat der Sachverständige erklärt, dass auch die Therapien im Wesentlichen – nicht ausschließlich, was auch nicht erforderlich ist – durch medizinisches Assistenzpersonal erbracht worden sind. Auch die bei Aufnahme bestehende Beschwerdesymptomatik hat eine akutstationäre Aufnahme aus seiner Sicht nicht gerechtfertigt. Eine stationäre Behandlung in einem Akutkrankenhaus kommt nach Bekunden des Sachverständigen nur in Fällen einer schweren und akuten Schmerzsymptomatik in Betracht. Zwar hat die Versicherte über Schmerzen geklagt, die auf der VAS-Skala mit 6-8/10 bezeichnet werden. Es zeigt sich aber eine nur geringe Schmerzmedikation (Celebrex 2x100mg 0 niedrige Dosierung des Medikamentes der WHO Klasse I). Zusätzliche ärztliche Maßnahmen wie z.B. Infiltrationstherapien und therapeutische Lokalanästhesie wurden nicht dokumentiert. Interventionelle Therapien, die der entsprechenden apparativen Standards des Akutkrankenhauses bedürfen, waren nach dem Sachverständigen gleichfalls nicht erforderlich, ggf. sogar kontraindiziert; letzteres kann der Senat indes offen lassen. Sämtliche – oben bereits benannten – diagnostischen Verfahren, die der Beklagte eingesetzt hat, werden nach Erläuterung des Sachverständigen auch in einer Rehabilitationsmaßnahme eingesetzt und bedürfen somit gleichfalls nicht der entsprechenden Ausstattung eines Akutkrankenhauses. Soweit der Beklagte demgegenüber darauf verweist, dass schließlich die Voraussetzungen der abgerechneten OPS-Prozeduren 8-977 und 8-918 vorgelegen hätten, schließt er von der Anspruchshöhe auf den Anspruchsgrund der für die Versicherte ursprünglich geforderten Krankenhausvergütung. Die Frage der Berechtigung der OPS-Prozeduren stellt sich vorliegend nicht.
Mehrfach und nachvollziehbar hat der Sachverständige ferner betont, dass eine tägliche Visite nicht erforderlich gewesen ist. Vielmehr wäre z.B. eine Kombination aus einer zweimal wöchentlichen Visite zuzüglich dem Angebot einer Sprechstunde aus seiner Sicht ausreichend gewesen. Richtigerweise hat die Behandlung einer ärztlichen Begleitung bedurft, weil der Arzt als Koordinator und Regulator des therapeutischen Teams erforderlich gewesen ist. Dieser hat auf die entsprechenden Signale hin, die Behandlungsstrategie – z.B. durch Ausschleichen der Schmerzmedikation – anpassen müssen. In diesem Sinne ist auch die durch den Sachverständigen an anderer Stelle geäußerte Erforderlichkeit der „ständigen ärztlichen Überwachung“ zu verstehen, nämlich i.S. einer kontinuierlichen Koordination der Behandlungsstrategie und bedarfsgeleiteten Anpassungsoption, was vorliegend aber keine ständige Rufbereitschaft eines Arztes voraussetzt. So hat der Sachverständige im Zuge der Frage einer teilstationären Behandlung erläutert, dass der eingesetzte interdisziplinäre Ansatz und die entsprechende Zuwendung eine Leitschiene – aber damit aus Sicht des Senates keine ständige Aufsicht und Rufnähe – benötigt, die erforderlich ist, damit die Therapie wirken kann. Dieser Gedanke trägt auch hier. Letztlich handelt es sich auch im Bereich der pflegerischen Betreuung weniger um die erforderliche Pflege in einem Akutkrankenhaus sondern um eine Betreuung im Bereich der Alltagsbewältigung, wie der Sachverständige erklärt hat.
(c) Vorliegend lagen zudem die Voraussetzungen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zulasten des vorrangig zuständigen Rentenversicherungsträgers vor. Dass das Krankheitsbild der Versicherten ihre Erwerbsfähigkeit als Altenpflegehelferin, einem wie z.B. auch die beigezogenen berufskundlichen Unterlagen zeigen körperlich sehr anspruchsvollem Beruf, zumindest im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) gefährdet hat, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Auch der Senat hat keine Anhaltspunkte daran zu zweifeln. Entsprechendes folgt bereits aus der Aufnahmedokumentation des Beklagten, der die „Lebensqualität und/oder Alltagsfähigkeit (als) signifikant beeinträchtigt“ eingeschätzt hat. Auch der Sachverständige hat diesbezüglich ausgeführt, dass die Berufs- i.S.v. Erwerbsfähigkeit der Versicherten gefährdet gewesen ist. Ferner hat der Sachverständige die Versicherte als rehabilitationsfähig eingestuft.
cc) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kommt auch keine Teilvergütung unter Berücksichtigung der Grundsätze des fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens zugunsten des Beklagten in Betracht (dazu: BSG, Urteil vom 26. April 2022 – B 1 KR 5/21 R – juris), denn weder eine vorstationäre wie eine ambulante oder eine teilstationäre Behandlung waren bei der Versicherten medizinisch indiziert, wie bereits erläutert wurde (im Übrigen zur Beweislast des Krankenhauses: BSG, Urteil vom 26. April 2022 – a.a.O., Rn. 30). Gegen die Abrechnung der angezeigten stationären Rehabilitationsmaßnahme gegenüber der Klägerin spricht bereits, dass diese zulasten des zuständigen Rentenversicherungsträgers abzurechnen gewesen wäre und somit verschiedene Kostenträger angesteuert würden (BSG, Urteil vom 26. April 2022 – a.a.O., Rn. 24).
2. Der der Höhe nach unstreitige Anspruch der Klägerin ist auch durchsetzbar.
a) Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist - unabhängig davon, dass die Einrede bisher nicht erhoben wurde - nicht verjährt (§ 214 BGB). Der Rückforderungsanspruch einer Krankenkasse ist in seiner Rechtsnatur als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch nur die Kehrseite des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses. Grundsätzlich gilt demnach für den Rückforderungsanspruch wie für den Vergütungsanspruch die vierjährige Verjährungsfrist, wobei der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im Augenblick der Überzahlung entsteht und die Verjährung entsprechend § 41 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Krankenhausrechnung beglichen wurde (Wahl in: jurisPK-SGB V, 3. Auflage, § 109 Rn. 197, 172).
Die Klägerin zahlte - ohne Rechtsgrund - am 23. Dezember 2013 auf die für die Versicherte gestellte Rechnung vom 05. Dezember 2013. Die Verjährung begann mithin am 1. Januar 2014 und endete zum 31. Dezember 2017. Die Verjährung ist vorliegend gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die Erhebung der Klage am 27. Mai 2016 rechtzeitig gehemmt worden.
b) Der Geltendmachung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs steht nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. In der vorbehaltlosen Zahlung kann weder ein Verzicht auf die Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen noch ein dessen Verwirkung auslösender Umstand gesehen werden. Zahlt eine Krankenkasse vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie lediglich dann mit der Rückforderung ausgeschlossen sein, wenn sie (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB; Wahl in: jurisPK-SGB V, a.a.O. Rn. 194 m.w.N.). Davon kann nicht ausgegangen werden, da sie aus diesem Grund gerade das Prüfverfahren eingeleitet hat.
c) Anhaltspunkte dafür, dass der Anspruch verwirkt gewesen wäre, sind gleichfalls nicht ersichtlich und wurden durch die Beteiligten auch nicht vorgetragen.
3. Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB sowie den entsprechend anwendbaren Regeln des LV NW, Für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in Verträgen etwas anderes geregelt ist (stRsp; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 61/12 R - juris, Rn. 24; BSG, Urteil vom 19. November 2019 - a.a.O., Rn. 28).
Voraussetzung für einen Verzugszinsanspruch der Klägerin ist Verzug des Beklagten. Insoweit gilt nach der entsprechend anzuwendender Regelung des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB: Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Als verzugsbegründende Mahnung genügt jede eindeutige und bestimmte Aufforderung, mit der der Gläubiger unzweideutig zum Ausdruck bringt, dass er die geschuldete Leistung verlangt; auf die Rechtsfolgen eines Verzugs muss - anders als im Fall des § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB - nicht hingewiesen werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - III ZR 91/07 - BGHZ 174, 77 ff., Rn. 11). Grundsätzlich kann nur wegen einer fälligen Forderung gemahnt werden, allerdings kann ausnahmsweise die Mahnung mit der fälligkeitsbegründenden Handlung zusammenfallen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 - XI ZR 27/10 - juris, Rn. 14).
Die Erstattungsforderung war zum Zeitpunkt der Mahnung fällig. Abzustellen ist hier auf den Zeitpunkt der rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung, die am 22./23. Dezember 2013 und damit vor der Mahnung erfolgt ist. Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 23. Mai 2014 nach Ablauf der dort gesetzten Frist in Verzug gesetzt haben. Der Zinsbeginn ab dem 24. Juni 2014 ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Der Senat bewegt sich auf dem Boden der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz.