Auf die Berufung der Kläger wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 26.01.2022 aufgehoben und festgestellt, dass der Rechtsstreit S 3 SO 728/18 nicht durch Klagerücknahme beendet ist.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das Sozialgericht Duisburg zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der erstinstanzliche Rechtsstreit (Az. S 3 SO 728/18), mit dem die Kläger höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) im Zeitraum 01.12.2017 bis 31.10.2018 von der Beklagten begehrt haben, durch wirksame Klagerücknahmefiktion beendet ist.
Die 1946 geborenen Kläger erhalten jeweils eine deutsche und eine lettische Altersrente („valsts vecuma pensija“ und „piemaksa pie vecuma pensijas“). Ergänzend beziehen beide seit Januar 2011 Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII von der Beklagten. Sie bewohnen gemeinsam eine 59,5 qm große Wohnung für die im streitigen Zeitraum eine Bruttokaltmiete von 467,50 € (327,50 € Grundmiete und 140,00 € Betriebskosten) zuzüglich Heizkosten in Höhe von monatlich 50,00 € anfiel. Die Warmwasserbereitung erfolgt dezentral mit Strom.
Mit Bescheid vom 24.11.2017 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Zeitraum 01.12.2017 bis 31.10.2018 Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII in Höhe von 371,11 € monatlich. Hierbei gewährte sie den Klägern jeweils neben dem Regelbedarf einen Betrag in Höhe von 8,46 € als Mehrbedarf für Warmwasser sowie Bedarfe zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung und rechnete neben der deutschen Altersrente auch die lettische Rente bei dem Kläger zu 1) in Höhe von 259,31 € und bei der Klägerin zu 2) in Höhe von 300,33 € anspruchsmindernd an. Mit Bescheiden vom 19.12.2017, 25.01.2018, 21.02.2018, 23.03.2018, 25.06.2018 und 21.09.2018 wurden die jeweiligen monatlichen Leistungen an veränderte Beitragsleistungen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung, Regelbedarfserhöhungen und Rentenerhöhungen angepasst (Januar 2018: 451,55 €, Februar 2018: 377,97 €, März 2018: 382,82 €, April bis Juni 2018: 345,83 €, Juli bis September 2018: 329,99 € und Oktober 2018: 328,60 €).
Den gegen den Bescheid vom 24.11.2017 erhobenen Widerspruch begründeten die Kläger damit, dass ihnen aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen ein höherer Warmwassermehrbedarf zustehe. Die lettischen Renten seien zudem nicht als Einkommen zu berücksichtigen, da sie nicht aus paritätisch getragenen Beiträgen stammten, sondern ausschließlich vom Arbeitnehmer getragen worden seien. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2018 zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass bezogen auf die Klägerin zu 2), die an Polyarthrose leide, vermehrte Wärmebäder und Heißduschen zur zusätzlichen Schmerzerleichterung nachvollziehbar seien. Demgegenüber lasse sich bei dem Kläger zu 1), der an einem metastasierenden Sigmakarzinom leide, kein erhöhter Warmwasserbedarf feststellen. Mangels konkreter Angaben über die Dauer und Häufigkeit der warmen Duschen und Bäder und Nachweise über tatsächlich bestehende höhere Aufwendungen für die Warmwasserbereitung, sei jedoch keine Prüfung möglich, ob im Einzelfall ein erhöhter Energieverbrauch für die Warmwassererzeugung und damit höhere Energiekosten erforderlich seien. Insbesondere seien die entsprechenden Jahresrechnungen des Energieversorgers nicht vorgelegt worden. Bezüglich der Anrechnung der lettischen Rente sei es unerheblich, ob die Beiträge ausschließlich vom Arbeitnehmer oder aber vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber einbehalten worden seien. Es handele sich um eine gesetzliche Rente von einem gesetzlichen Rentenversicherungsträger, die auch keine anrechnungsfreien Entschädigungsanteile enthalte.
Hiergegen haben die Kläger am 08.11.2018 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg (Az. S 3 SO 728/18) erhoben. Zur Begründung verwiesen die Kläger erneut auf ihre gesundheitliche Situation, die einen verstärkten Badebedarf und damit einen höheren als den pauschal gewährten Mehrbedarf an Warmwasser zur Folge habe. Die lettische Rente sei nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen, da sie ihrem Wesen und Entstehen nach nicht mit der deutschen Altersrente, sondern mit privilegierten Rentenarten zu vergleichen sei.
Die Kläger haben schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.11.2017 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 09.10.2018, eingegangen am 11.10.2018, zu verpflichten, Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verwies im Rahmen der Klageerwiderung auf ihr bisheriges Vorbringen und vertrat die Auffassung, dass ein Mehrverbrauch an Warmwasser bislang nicht dargelegt worden sei. Ein Freibetrag bei der Rentenanrechnung komme nicht in Betracht, da die lettische Altersrente keine Rente im Sinne des § 82 Abs. 5 SGB XII sei.
Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte der Kläger eingeholt. Nach deren Auswertung erklärte die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.09.2019 die grundsätzliche Bereitschaft, die Sach- und Rechtslage nochmals zu prüfen, sobald die Kläger die bereits mehrfach angeforderten Haushaltsstrom- und Betriebskostenabrechnungen der letzten zwei Jahre zur Auswertung vorlegen würden. Zudem sei eine Beschreibung nützlich, welche Haushaltsgeräte vorhanden seien und wie und in welchem Umfang diese genutzt würden. Das SG hat die Kläger unter dem 02.10.2019 aufgefordert, die angefragten Unterlagen vorzulegen. Die Kläger reichten am 26.11.2019 eine Schlussrechnung ihres Energieversorgers „N“ für den Zeitraum vom 01.09.2018 bis 30.09.2018 sowie eine schriftliche Bestätigung des Vertragsschlusses mit einem neuen Energieversorger „O“ für den Zeitraum ab dem 01.10.2018 ein. Mit Schriftsatz vom 16.01.2020 teilte die Beklagte mit, dass die vorgelegte Schlussrechnung nicht ausreiche, da sie sich lediglich auf einen Monat beziehe. Vielmehr benötige sie für die Ermittlung einer möglichen Bedarfshöhe die bereits angeforderten Unterlagen bzw. Erklärungen. Mit Verfügung vom 09.07.2020 hat das SG die Übersendung von Kontoauszügen der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum 01.12.2017 bis 31.10.2018 angefordert und die Kläger an die im Schreiben der Beklagten vom 16.01.2020 angeforderten Unterlagen erinnert. Am 13.08.2020 hat das SG die Kläger um kurzfristige Mitteilung gebeten, ob noch Interesse an der Fortführung des Verfahrens bestünde. Die angeforderten Unterlagen seien nunmehr seit sieben Monaten nicht eingereicht worden. Die Kläger reichten am 02.09.2020 Unterlagen zur lettischen Altersrente ein und kündigten das Einreichen der restlichen Unterlagen für „demnächst“ an. Nachdem die Kläger auf die Erinnerungen des SG an die Vorlage nicht reagierten, hat das SG die Kläger mit Verfügung vom 07.11.2020, die mit vollständiger Unterschrift durch die Kammervorsitzende gezeichnet und in beglaubigter Form den Prozessbevollmächtigten der Kläger am 11.11.2020 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, zum Betreiben des Verfahrens gemäß § 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgefordert und unter Setzung einer Frist gemäß § 106a Abs. 3 SGG von zwei Wochen an die Übersendung der in dem Schriftsatz der Beklagten vom 16.01.2020 genannten Unterlagen erinnert.
Am 25.11.2020 haben die Kläger u.a. Kontoauszüge für den Zeitraum Dezember 2018 bis November 2020, Betriebskostenabrechnungen ihres Vermieters für die Jahre 2018 und 2019 und eine Auflistung der Elektrohaushaltsgeräte, nicht jedoch die – mehrfach vom Gericht angeforderten – Jahresabrechnungen des Stromanbieters eingereicht.
Nach weiterem Schriftwechsel in der Sache hat das SG die Streitsache am 22.06.2021 für einen Erörterungstermin vorgesehen, den es sodann zunächst auf den 25.10.2021 bestimmt hat. Diesen Termin hat das SG am 18.10.2021 aufgehoben und das Verfahren zugleich unter entsprechender Mitteilung an die Beteiligten vom gleichen Tage als durch Klagerücknahme erledigt ausgetragen.
Am 19.10.2021 haben sich die Kläger gemeldet und erklärt, das Verfahren sei durch die Übersendung aller vorhandenen Unterlagen weiter betrieben worden, sodass keine Erledigung eingetreten sei. Das Verfahren sei weiter zu betreiben.
Das SG hat das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 3 SO 382/21 WA wiederaufgenommen und mit Gerichtsbescheid vom 26.01.2022 festgestellt, dass der Rechtsstreit durch fiktive Klagerücknahme beendet sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Fiktion einer Klagerücknahme gemäß § 102 Abs. 2 SGG lägen vor, die Betreibensaufforderung erfülle auch die notwendigen formellen Voraussetzungen. Vorliegend habe das SG den Klägern mitgeteilt, woraus es Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses ziehe. Das SG habe die Kläger mehrfach aufgefordert, Haushaltsstromabrechnungen der letzten zwei Jahre einzureichen. Dieser Aufforderung seien die Kläger nicht nachgekommen. Auf die Einzelheiten der Gründe wird Bezug genommen.
Die Kläger haben gegen den Gerichtsbescheid am 14.02.2022 Berufung eingelegt. Die Erledigungsfiktion sei vorliegend nicht eingetreten. Die Bezugnahme auf einen Schriftsatz der Beklagten genüge schon nicht den Voraussetzungen für eine gerichtliche Betreibensaufforderung. Darüber hinaus hätten sie die angeforderten Unterlagen, soweit sie ihnen zur Verfügung stünden, auch tatsächlich zu den Gerichtsakten gereicht. Weitere Unterlagen lägen ihnen nicht vor, weswegen deren Vorlage auch nicht verlangt werden könne. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Klage zwei Angriffspunkte zum Gegenstand gehabt habe. Da die Frage der Rentenanrechnung nichts mit der Frage der Warmwasserbereitungskosten gemein habe, sei nicht erkennbar, inwieweit sich die Angelegenheit erledigt haben soll.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 26.01.2022 abzuändern und festzustellen, dass der Rechtsstreit S 3 SO 728/18 nicht durch Klagerücknahme beendet ist, sowie die Berufungsbeklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2018 zu verpflichten, Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat im Sinne der Zurückverweisung an das SG Duisburg Erfolg.
A. Die Berufung ist im Sinne von §§ 143, 144 SGG i.V.m. § 105 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1 SGG statthaft und zulässig. Sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt. Auch wird der Berufungsstreitwert gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750 € vorliegend erreicht. Bei Berufungen, die sich gegen die Feststellung eines SG wenden, der Rechtsstreit sei erledigt, ist § 144 Abs. 1 SGG mit der Maßgabe zu prüfen, was Streitgegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens war (vgl. BSG Urteil vom 10.10.2017, B 12 KR 3/16 R, Rn. 12, juris; Urteil vom 19.03.2020, B 4 AS 4/20 R, Rn. 16, juris; s. auch Senatsurteil vom 30.01.2019, L 12 AS 452/18, Rn. 20, juris). Denn die durch § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG normierte Zulassungsbedürftigkeit knüpft an das materielle Begehren des Berufungsklägers an und differenziert nicht danach, ob das SG eine Prozessentscheidung oder eine Sachentscheidung getroffen hat. Sinn und Zweck des § 144 Abs. 1 SGG, den Rechtszug in Streitigkeiten, denen der Gesetzgeber geringere Bedeutung für die Beteiligten beigemessen hat, grundsätzlich auf eine Instanz zu beschränken, gelten auch für Fälle, in denen eine Klage aus prozessualen Gründen als unzulässig abgewiesen worden ist; die Bedeutung der Sache wird dadurch nicht erhöht (BSG Urteil vom 19.03.2020, B 4 AS 4/20 R, Rn. 14 m.w.N., juris). Die Kläger wendeten sich in dem zugrundeliegenden Klageverfahren gegen die Anrechnung der lettischen Rente bei dem Kläger zu 1) in Höhe von 259,31 € und bei der Klägerin zu 2) in Höhe von 300,33 € monatlich als Einkommen auf die Leistungen nach dem SGB XII und begehrten zudem einen höheren Mehrbedarf für Warmwasser. Allein bei Nichtberücksichtigung der lettischen Altersrente in Höhe von insgesamt 559,64 € monatlich als Einkommen wird der Berufungsstreitwert im streitigen Zeitraum 01.12.2017 bis 31.10.2018 (Leistungsbescheid vom 24.11.2017) überschritten.
B. Die Berufung der Kläger ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht angenommen, dass die Klage durch die Klagerücknahmefiktion gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 SGG beendet sei. Die Voraussetzungen für eine Klagerücknahmefiktion liegen nicht vor, der angefochtene Gerichtsbescheid ist aufzuheben und der Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen.
I. Das Klageverfahren der Kläger mit dem Aktenzeichen S 3 SO 728/18 ist nicht durch fiktive Klagerücknahme beendet worden. Nach § 102 Abs. 2 S. 1 SGG gilt eine Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Eine solche fiktive Klagerücknahme erledigt gemäß § 102 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 SGG den Rechtsstreit in der Hauptsache. Der Kläger ist nach § 102 Abs. 2 S. 3 SGG in der Aufforderung auf die sich nach § 102 Abs. 2 S. 1 SGG ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
1. Die Betreibensaufforderung des SG genügt den formellen Anforderungen. Eine Klagerücknahmefiktion kann einen Rechtsstreit nur beenden, wenn zuvor dem Kläger vom Gericht eine formell wirksame Betreibensaufforderung zugegangen ist. Eine Betreibensaufforderung muss vom zuständigen Richter verfügt und mit vollem Namen unterzeichnet worden sein; ein den Namen abkürzendes Handzeichen (Paraphe) genügt als Unterschrift nicht (vgl. BSG Urteil vom 01.07.2010, B 13 R 58/09 R, Rn. 49, juris; Beschluss vom 19.10.2016, B 14 AS 105/16 B, Rn. 6, juris; Urteil vom 04.04.2017, B 4 AS 2/16 R, Rn. 24, juris m.w.N.). Ferner muss die Betreibensaufforderung klar deutlich machen, welche konkreten Schritte erforderlich sind, um die Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses zu beseitigen (vgl. BSG Urteil vom 04.04.2017, B 4 AS 2/16 R, Rn. 24, juris; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 102 Rn. 8c). Der Adressat der Aufforderung ist in dieser auf die Rechtsfolgen, die gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 SGG eintreten können, hinzuweisen. Schließlich ist die Betreibensaufforderung dem Kläger zuzustellen. Die insoweit gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 SGG zuzustellende Ausfertigung i. S. d. § 47 Beurkundungsgesetz muss den Umstand, dass die Betreibensaufforderung vom zuständigen Richter verfügt und unterschrieben wurde, erkennen lassen, d.h. durch Wiedergabe des vollen Namens des Richters ausweisen, dass die Betreibensaufforderung von ihm stammt (BSG Beschluss vom 19.10.2016, B 14 AS 105/16 B, Rn. 6, juris; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 102 Rn. 8c).
Die Betreibensaufforderung des SG genügt den formellen Anforderungen, da sie mit vollem Namen der Kammervorsitzenden unterschrieben ist, die beglaubigte Abschrift dies erkennen lässt und sie (wirksam) zugestellt worden ist. Die Aufforderung ist auch inhaltlich konkret und klar. Sie fordert die Kläger auf, das Verfahren zu betreiben, insbesondere durch Übersendung der in dem Schriftsatz der Beklagten vom 16.01.2020 genannten Unterlagen. In diesem Schriftsatz bezieht sich die Beklagte auf bereits angeforderte Unterlagen bzw. Erklärungen und nimmt damit auf den Schriftsatz vom 26.09.2019 Bezug, mit dem die Haushaltsstrom- und Betriebskostenabrechnung der letzten zwei Jahre und eine Beschreibung, welche Haushaltsgeräte vorhanden seien und wie und in welchem Umfang diese genutzt würden, erbeten wurde. Mit der Aufforderung ist den Klägern die gesetzliche Drei-Monats-Frist gesetzt worden, um das Verfahren zu betreiben. Sie sind auch auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden, die eintreten, falls sie der Aufforderung, die Klage zu betreiben, nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommen.
2. Jedoch liegen die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahmefiktion nicht vor. Zum Zeitpunkt einer Betreibensaufforderung müssen bestimmte, sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses der Kläger vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen (vgl. BT-Drucks. 16/7716, S. 19). Die Rücknahmefiktion greift in das Prozessgrundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) bzw. in die entsprechenden Verfahrensgehalte der im Einzelfall betroffenen materiellen Grundrechte ein. Zwar ist dies grundsätzlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. nur Beschlüsse vom 27.10.1998, 2 BvR 2662/95, Rn. 17, juris und 17.09.2012, 1 BvR 2254/11, Rn. 27, juris) darf ein Gericht im Einzelfall von einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses ausgehen, wenn das Verhalten eines Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an einer Sachentscheidung nicht mehr gelegen ist. Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den sicheren Schluss zulassen, dass den Beteiligten an einer Sachentscheidung des Gerichts in Wahrheit nicht mehr gelegen ist. Das BVerfG hat zugleich aber betont, dass Vorschriften über eine Fiktion der Klagerücknahme Ausnahmecharakter haben, der bei ihrer Auslegung und Anwendung besonders zu beachten ist (vgl. Beschluss vom 27.10.1998, 2 BvR 2662/95, Rn. 18, juris; BSG Urteil vom 01.07.2010, B 13 R 58/09 R, Rn. 42, juris m.w.N.). Die Vorschrift des § 102 Abs. 2 S. 1 SGG dient nicht als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder für ein unkooperatives Verhalten eines Beteiligten. Die Rücknahmefiktion soll nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren (vgl. BVerfG Beschluss vom 17.09.2012, 1 BvR 2254/11, Rn. 28, juris). Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses sind nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände vor und nach Erlass der Betreibensaufforderung festzustellen (BSG Urteil vom 04.04.2017, B 4 AS 2/16 R, Rn. 28, juris).
Gemessen an diesen Vorgaben ist aus der Gesamtschau des Ablaufes des erstinstanzlichen Klageverfahrens im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung nicht zu erkennen, dass den Klägern an einer Sachentscheidung nicht mehr gelegen war, mithin das Rechtsschutzinteresse weggefallen ist, so dass eine Betreibensaufforderung zulässig gewesen wäre. Die Kläger haben am 08.11.2018 Klage erhoben und Argumente zur Begründung der Klage angeführt. Das SG hat die Kläger aufgefordert, Nachweise der Warmwasserkosten (z.B. Jahresabrechnung des Energieversorgers) einzureichen, aus denen sich ein über den bewilligten Mehrbedarf hinausgehender Bedarf der Kläger ergäbe. Daraufhin reichten die Kläger eine Schlussrechnung ihres Energieversorgers „N“ vom 08.10.2018 für den Zeitraum vom 01.09.2018 bis 30.09.2018 sowie eine schriftliche Bestätigung des Vertragsschlusses mit einem neuen Energieversorger „O“ für den Zeitraum ab dem 01.10.2018 ein. Nachdem das SG unter Bezugnahme auf den Schriftsatz der Beklagten vom 16.01.2020 um Übersendung von Kontoauszügen gebeten und an die angeforderten Unterlagen erinnert sowie am 13.08.2020 um kurzfristige Mitteilung gebeten hatte, ob noch Interesse an der Fortführung des Verfahrens bestünde, reichten die Kläger wiederum Unterlagen zur lettischen Altersrente sowie zur Energieversorgung ein. Aus diesem zeitlichen Ablauf ist erkennbar, dass die Kläger auf verschiedene Mitwirkungsanforderungen des SG zwar verzögert, aber zumindest reagiert, wenn auch nicht die vollständigen Unterlagen eingereicht haben. Andere Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung, wie beispielsweise bei entsprechendem Einverständnis der Kläger die Anforderung der Rechnungen direkt von den Energieversorgern, hat das SG nicht erwogen, ebenso wenig die Prüfung unternommen, ob der Rechtsstreit angesichts der Beweislastverteilung auch ohne die angeforderten Unterlagen entscheidungsreif sein könnte. Rechtliche Erwägungen oder Sachverhaltsermittlungen zu dem weiteren streitigen Punkt der Anrechnung des Einkommens in Form der lettischen Altersrente fehlen gänzlich. Diesbezüglich ein fehlendes Rechtsschutzinteresse anzunehmen, ist angesichts der vorliegenden Klagebegründung fernliegend. Angesichts des gesamten Verfahrensablaufs lagen demnach zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung keine bestimmten, sachlich begründeten Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses vor.
3. Selbst wenn man die Zulässigkeit der Betreibensaufforderung annähme, fehlte es jedenfalls an dem weiteren Erfordernis einer wirksamen Klagerücknahmefiktion, nämlich das Nichtbetreiben des Verfahrens bis zum Ablauf der gesetzten Frist, so dass die Annahme des weggefallenen Rechtsschutzinteresses gerechtfertigt wäre. Ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses darf erst nach einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls angenommen werden, wobei die Umstände und das Verhalten der Kläger nach Erlass der Betreibensaufforderung zu berücksichtigen sind (BSG Urteil vom 04.04.2017, B 4 AS 2/16 R, Rn. 28, juris). Vorliegend reichten die Kläger auf die Betreibensaufforderung vom 07.11.2020 hin am 23.11.2020 weitere Unterlagen, wie Kontoauszüge für den Zeitraum Dezember 2018 bis November 2020, Betriebskostenabrechnungen ihres Vermieters für die Jahre 2018 und 2019 und eine Auflistung der Elektrohaushaltsgeräte ein. Durch die Einreichung eines Großteils der Unterlagen, wenn auch nicht der Stromabrechnungen der letzten zwei Jahre und der vollständigen angeforderten Kontoauszüge, sowie durch die beabsichtigte Teilnahme des Prozessbevollmächtigten am Erörterungstermin, ist das Verfahren vor und auch nach Fristablauf weiter betrieben worden. Es fehlt somit an einem Indiz für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses. Die fehlende Einreichung der Stromabrechnungen, die aus Sicht des SG zur Klärung des Sachverhalts erforderlich war, kann allein im Rahmen des § 106a Abs. 3 SGG Berücksichtigung finden und nicht aber als eine Art Sanktion zur Klagerücknahmefiktion führen.
II. Liegen die Voraussetzungen für eine Klagerücknahmefiktion – wie hier – nicht vor, ist der Rechtsstreit fortzusetzen.
1. Gemäß § 159 Abs. 1 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn 1. dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, und/oder 2. das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
a. Der Anwendungsbereich des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist hier grundsätzlich eröffnet, denn das SG hat die Klage im Ergebnis abgewiesen, ohne in der Sache zu entscheiden (zum Prozessurteil s. auch BSG Urteil vom 19.03.2020, B 4 AS 4/20 R, Rn. 11, juris; Beschluss vom 05.07.2018, B 8 SO 50/17 B, Rn. 4, juris; Urteil vom 14.05.2020, B 14 AS 73/19 B, Rn. 9, juris; Urteil vom 04.04.2017, B 4 AS 2/16 R, Rn. 14, juris). Wenn Streit über die Beendigung eines Verfahrens besteht, sieht das Gesetz kein gesondertes Wiederaufnahmeverfahren vor. Das Gericht muss in einem solchen Fall das Verfahren fortsetzen und mit Urteil abschließend entscheiden, entweder im Sinne eines (End-)Urteils mit Feststellung der wirksamen Beendigung des Rechtsstreits oder im Sinne einer Entscheidung in der Sache (vgl. BSG Urteil vom 28.11.2002, B 7 AL 26/02 R, Rn. 20, juris; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 21.08.2020, L 10 AS 868/20, Rn. 23, juris; Bayerisches LSG, Urteil vom 14.12.2016, L 2 P 19/15, Rn. 31, juris). Die Entscheidung über die Wirksamkeit von Klagerücknahme bzw. Klagerücknahmefiktion ist daher untrennbar mit dem ursprünglichen Klageverfahren verbunden. Hat das SG mit Urteil oder Gerichtsbescheid die Wirksamkeit der Klagerücknahmefiktion festgestellt, wird durch die Berufung das gesamte Klageverfahren im selben Umfang in der Berufungsinstanz anhängig wie vor dem SG (sog. Devolutiveffekt vgl. Senatsurteil vom 22.05.2019, L 12 AS 641/18, Rn. 25, juris m.w.N.; Senatsbeschluss vom 04.07.2019, L 12 SO 640/18; nachfolgend BSG Beschluss vom 21.10.2020, B 8 SO 48/19 B (verbunden mit B 8 SO 49/19 B), Rn. 8, juris; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 21.08.2020, L 10 AS 868/20, Rn. 23, juris, m.w.N. insbesondere auch zur Verfahrensweise des BSG; Bayerisches LSG Urteil vom 14.12.2016, L 2 P 19/15, Rn. 31, juris). Soweit vertreten wird, dass die Klage beim SG mangels wirksamer Klagerücknahme rechtshängig geblieben sei und sich eine Entscheidung über eine Zurückverweisung daher erübrige, teilt der Senat diese Auffassung nicht (vgl. Senatsurteil vom 22.05.2019, L 12 AS 641/18, Rn. 25, juris; Senatsbeschluss vom 04.07.2019, L 12 SO 640/18; ebenso LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 27.02.2020, L 5 AS 412/19, Rn. 21, juris; Thüringer LSG Urteil vom 27.03.2019, L 12 R 901/18, Rn. 29, juris; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 31.01.2017, L 7 BK 5/16, Rn. 15 ff., juris; Bayerisches LSG Urteil vom 14.12.2016, L 2 P 19/15, Rn. 31, juris m.w.N.; Urteil vom 20.09.2021, L 7 BA 62/21, Rn. 33, juris; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 16.11.2021, L 3 U 49/20, Rn. 34, juris; Urteil vom 24.06.2021, L 14 AL 36/21, Rn. 36.ff., juris; Urteil vom 21.08.2020, L 10 AS 868/20, Rn. 23, 30, juris; a.A. LSG NRW Urteil vom 21.11.2019, L 7 AS 1523/18, Rn. 17, juris; Urteil vom 28.05.2018, L 20 SO 431/17, Rn. 42, juris; Urteil vom 19.05.2017, L 17 U 315/16, Rn. 21, juris; Urteil vom 17.01.2013, L 9 AL 173/11, Rn. 32, juris; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 15.03.2017, L 18 AS 2584/16, Rn. 18, juris; Hessisches LSG Urteil vom 28.04.2015, L 3 U 205/14, Rn. 30, juris; Sächsisches LSG Urteil vom 28.02.2013, L 7 AS 523/09, Rn. 28, juris; Bayerisches LSG Urteil vom 12.07.2011, L 11 AS 582/10, Rn. 21, juris; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 102 Rn. 13; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 159 Rn. 3b; Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 102 (Stand 21.12.2021) Rn. 100; Groth in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Auflage 2022, VIII. Kapitel Rn. 76a; Müller in BeckOGK, SGG, Stand: 01.05.2022, § 102 Rn. 29; Wenner in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGG, 7. Auflage 2021, § 102.2 Rn. 6; offen gelassen Sächsisches LSG Urteil vom 18.04.2019, L 3 AS 968/17, Rn. 40, juris, Schleswig-Holsteinisches LSG Urteil vom 02.06.2021, L 5 KR 110/18, Rn. 36, juris). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – anders als teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertreten wird (vgl. etwa LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 15.03.2017, L 18 AS 2584/16, Rn. 17, juris; LSG NRW Urteil vom 21.11.2019, L 7 AS 1523/18, Rn. 17, juris; Urteil vom 28.05.2018, L 20 SO 431/17, Rn. 42, juris; Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2021, § 102 (Stand 21.12.2021), Rn. 100_7) – gerade nicht ausschließlich die Frage, ob der ursprünglich von den Klägern vor dem SG geführte Rechtsstreit durch eine wirksame Klagerücknahmefiktion beendet ist, sondern sind für den Fall, dass die wirksame Beendigung verneint wird, auch die von den Klägern im Ausgangsverfahren erhobenen prozessualen Ansprüche selbst (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 21.08.2020, L 10 AS 868/20, Rn. 23, juris), was durch die Anträge der Kläger dieses Verfahrens unterstrichen wird. Aus einer zulässig erhobenen Berufung ergibt sich für das LSG daher die grundsätzliche Befugnis, über die prozessualen Ansprüche in der Sache zu entscheiden, soweit es die Prozessbeendigung infolge Klagerücknahmefiktion verneint und – nach entsprechender Ermessensbetätigung – eine Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 SGG nicht vornimmt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., m.w.N.). Für die Annahme eines Zwischenrechtsstreits, der eine ausdrückliche Zurückverweisung entbehrlich machen würde, verbleibt vor diesem Hintergrund kein Raum. Das SG hat gerade kein Zwischenurteil (§ 130 Abs. 2 SGG), sondern ein Endurteil erlassen (vgl. BSG Beschluss vom 21.10.2020, B 8 SO 48/19 B, Rn. 8, juris m.w.N.). Insofern kann eine Parallele zu den Fällen gezogen werden, in denen Streit über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs besteht. Hier wird allgemein angenommen, dass das Gericht, welches den Vergleich für wirksam hält, durch Endurteil festzustellen hat, dass der Prozessvergleich das Verfahren beendet hat. Nur wenn es zu dem Ergebnis kommt, der Prozessvergleich sei nicht wirksam zustande gekommen oder durch Widerruf unwirksam geworden, kann eine negative Feststellung, dass der Prozessvergleich das Klageverfahren nicht beendet hat, durch rechtsmittelfähiges Zwischenurteil getroffen werden (vgl. BGH Beschluss vom 18.09.1996, VIII ZB 28/96, Rn. 9, juris; BSG Urteil vom 28.11.2002, B 7 AL 26/02 R, Rn. 20, juris; BVerwG Beschluss vom 11.12.2007, 2 B 86/07, Rn. 14 f., juris; Loytved, jurisPR-SozR 6/2021 Anm. 6; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 101 Rn. 17a). Nach Überzeugung des Senats besteht kein sachlicher Grund, den Fall einer gerichtlichen Entscheidung über eine fiktive Klagerücknahme anders zu behandeln. Aus der Rechtshängigkeit der Klage im Sinne von § 94 SGG lässt sich ferner nicht ohne weiteres auf die Zuständigkeit der Instanz schließen. § 94 S. 1 SGG hat Bedeutung allein für die Frage der Rechtshängigkeit der Klage, die mit der Erhebung dieser beginnt und entweder mit einer unstreitigen Erledigung des Rechtsstreits oder mit Eintritt der formellen Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung endet (vgl. BSG Urteil vom 12.12.2013, B 4 AS 17/13 R, Rn. 17, juris). Davon zu unterscheiden ist die Frage der instanziellen (funktionellen) Zuständigkeit während der Dauer der Rechtshängigkeit eines Rechtsstreits. Mit der Erhebung der Berufung, die Devolutiv- und Suspensiveffekt hat und auf (vollumfängliche) Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gerichtet ist (§§ 143, 157 SGG), wird allein das LSG als Berufungsinstanz zuständig (§ 29 Abs. 1 SGG). Ohne einen Ausspruch zur Zurückverweisung innerhalb des von der Prozessordnung vorgegebenen Rahmens (§ 159 SGG) kann die instanzielle Zuständigkeit der Berufungsinstanz nicht beendet und die erneute Zuständigkeit der ersten Gerichtsinstanz nicht begründet werden (im Ergebnis ebenso LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 27.02.2020, L 5 AS 412/19, Rn. 21, juris; Bayerisches LSG Urteil vom 14.12.2016, L 2 P 19/15, Rn. 31, juris). Die Entscheidung des SG, dass die Klage zurückgenommen sei, ist ebenso eine instanzbeendende Entscheidung wie das Prozessurteil aus Gründen der nicht fristgerecht erhobenen Klage. In beiden Fallgestaltungen bezieht sich die Rüge im Ergebnis auf die Anwendung von prozessrechtlichen Vorschriften und damit in der Sache auf einen Verfahrensmangel (vgl. BSG Beschluss vom 08.12.2020, B 4 AS 280/20 B, Rn. 5, juris; Beschluss vom 28.11.2019, B 7 AY 2/18 B, Rn. 6, juris; Beschluss vom 05.07.2018, B 8 SO 50/17 B, Rn. 4, juris; BVerwG Beschluss vom 12.04.2001, 8 B 2/01, Rn. 3, juris). Nach Auffassung des Senats wird daher der gesamte Rechtsstreit mit all seinen Fragestellungen mit der Berufung in die Zuständigkeit der Berufungsinstanz gegeben. Daraus folgt zugleich, dass § 159 Abs. 1 SGG grundsätzlich Anwendung findet. § 159 SGG ermöglicht dem LSG in den dort genannten Ausnahmefällen, die rechtsfehlerhafte erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und – anstatt selbst in der Sache zu entscheiden – den Rechtsstreit zwecks inhaltlicher Entscheidung an das SG zurückzuverweisen. Der Norm liegt dabei der Gedanke zu Grunde, dem unterlegenen Beteiligten die Gelegenheit zu geben, eine Tatsacheninstanz erneut in Anspruch zu nehmen, die zuvor (ohne Sachurteil und/oder verfahrensfehlerhaft) abgeschnitten wurde. Wenn bei einer fehlerhaft bejahten Klagerücknahmefiktion die Voraussetzungen nach § 159 Abs. 1 SGG dem klaren Wortlaut nach bejaht werden können, besteht kein sachlicher Grund, einen entsprechenden Ausspruch zur Zurückverweisung nach dieser Norm zu vermeiden.
b. Ebenso sind die Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG erfüllt, denn es liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor und auf Grund dieses Mangels ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig. Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG liegt vor, wenn gegen eine das gerichtliche Verfahren regelnde Vorschrift verstoßen worden ist. Wesentlich ist dieser Mangel, wenn die Entscheidung darauf beruhen kann (vgl. nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 159 Rn. 3, 3a). Mit der zu Unrecht vorgenommenen Feststellung, dass die Klage gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 SGG zurückgenommen und der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei, liegt ein solcher wesentlicher Verfahrensmangel vor. Eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme ist erforderlich, wenn die Beweisaufnahme einen erheblichen Einsatz von sachlichen und personellen Mitteln erfordert (vgl. BT-Drucks. 17/6764, S. 27). Aus Sicht des Senats sind hier weitere Ermittlungen von Amts wegen gemäß § 103 SGG erforderlich, zum einen bezogen auf die lettische Altersrente, zum anderen bezogen auf den Stromverbrauch der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum. Insbesondere Ermittlungen zur lettischen Altersrente sind aufgrund des Auslandsbezugs und möglichen Anfragen an die lettische Rentenversicherung bzw. andere Stellen in Lettland durch die erforderliche Übersetzung von Dokumenten mit einem erheblichen Einsatz von sachlichen und personellen Mitteln verbunden.
c. Im Rahmen von § 159 Abs. 1 SGG entscheidet das Landessozialgericht von Amts wegen nach Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheiden oder zurückverweisen will. Bei der Ausübung des Ermessens ist das Interesse der Kläger an einer möglichst zeitnahen Entscheidung gegenüber den Nachteilen durch den Verlust einer Tatsacheninstanz abzuwägen und zu berücksichtigen, dass die Zurückverweisung die Ausnahme sein soll (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 159 Rn. 5). Der Senat macht von seinem in § 159 Abs. 1 SGG eingeräumten Ermessen Gebrauch, den Rechtsstreit nicht in der Sache selbst zu entscheiden, sondern ihn stattdessen an das SG zurückzuverweisen. Ermessensleitend ist dabei für den Senat der Gesichtspunkt, dass vorliegend bisher bezogen auf die lettische Altersrente keinerlei Ermittlungen in der Sache durchgeführt wurden und auch die Frage, ob der Stromverbrauch der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum weiter aufgeklärt werden kann, noch nicht abschließend beantwortet worden ist.
Auf die den Klägern dem Grunde nach zustehenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel im Zeitraum 01.12.2017 bis 31.10.2018 aus § 19 Abs. 2 S. 1, § 41 Abs. 1 S. 1 SGB XII ist gemäß § 43 Abs. 1 i.V.m. § 82 SGB XII Einkommen anzurechnen. Zum Einkommen gehören nach § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Neben den unstreitig anzurechnenden deutschen Altersrenten bezog der Kläger zu 1) ausweislich der vorliegenden Bescheinigungen im streitigen Zeitraum eine lettische „nationale Altersrente“ („Vecuma pensija“) zuzüglich einer „Ergänzung zur Altersrente“ („piemaksa pie vecuma pensijas“) in Höhe von insgesamt monatlich 259,31 €, die Klägerin zu 2) bezog eine ebensolche Altersrente in Höhe von monatlich insgesamt 300,33 €. Diese stellen damit grundsätzlich Einnahmen in Geld dar. Für eine Privilegierung dieser Rentenzahlungen fehlen jegliche Anhaltspunkte, es handelt sich insbesondere nicht um Renten, die einer Grundrente nach dem BVG oder den Leistungen nach dem BEG gleichzustellen sind, wie dies beispielsweise für DEMO-Renten für Überlebende der Leningrader Blockade gilt (BSG Urteil vom 30.06.2016, B 8 SO 3/15 R, Rn. 23, juris). Vielmehr haben die Altersrenten der Kläger vergleichbar mit den Voraussetzungen der deutschen Altersrente lediglich das Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze und eine Mindestzeit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zur Voraussetzung (s. dazu https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1117&langId=de&intPageId=4638, abgerufen am 29.04.2022). Allerdings ist nach § 82 Abs. 4 SGB XII bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ferner ein Betrag von 100 € monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Ein Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist nach § 82 Abs. 5 S. 1 SGB XII jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Ob die Beklagte zutreffend keinen Freibetrag gemäß § 82 Abs. 4 SGB XII für Einkommen aus zusätzlicher Altersvorsorge abgesetzt hat, ist bislang ungeklärt. Ausweislich der von den Klägern vorgelegten Bescheinigungen erhalten sie jeweils zwei unterschiedlich benannte Renten, für die zu prüfen ist, unter welche Rentenart im vorgenannten Sinne sie fallen. Diesbezügliche Ermittlungsbemühungen des Senats, Auskünfte von der Deutschen Rentenversicherung als Verbindungsstelle für Lettland, insbesondere zur Frage, ob Ansprüche auf freiwilliger Grundlage erworben wurden, zu erlangen, waren bislang ohne Erfolg. Mit der Zurückverweisung an das SG werden weitere Ermittlungsmöglichkeiten eröffnet, so dass auf diesem Wege im Ergebnis der Verlust einer Tatsacheninstanz im Sinne einer ernsthaften inhaltlichen Prüfung des Klagebegehrens vermieden werden kann.
Ferner stehen auch hinsichtlich eines höheren Anspruchs auf Leistungen gemäß § 30 Abs. 7 SGB XII für einen Mehrbedarf zur Warmwassererzeugung weitere Ermittlungsmöglichkeiten bei entsprechendem Einverständnis der Kläger beispielweise in Form der Anforderung von Jahresrechnungen bei den Stromanbietern zur Verfügung. Dem stehen auch keine verfahrensrechtliche Hindernisse insbesondere aufgrund des § 106a Abs. 3 SGG entgegen. Gemäß § 106a Abs. 3 S. 1 SGG kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn 1. ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und 2. der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und 3. der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Präklusionsregelungen wie die des § 106a SGG, welche auf eine Verfahrensbeschleunigung hinwirken sollen, erweisen sich nach der Rechtsprechung des BVerfG zu vergleichbaren Vorschriften zwar grundsätzlich als verfassungsgemäß, müssen jedoch wegen der einschneidenden Folgen so ausgelegt werden, dass sie den ihnen zugedachten strengen Ausnahmecharakter behalten (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 106a Rn. 2 m.w.N.). Voraussetzung wäre hiernach u.a. gewesen, dass die aus Sicht des Gerichts für aufklärungs- oder beweisbedürftig erachteten Punkte im gerichtlichen Schreiben vom 07.11.2020 so präzise bezeichnet worden wären, dass es den Klägern möglich gewesen wäre, der Anordnung ohne Weiteres nachzukommen (vgl. nur Roller in Berchtold, SGG, 6. Auflage 2021, § 106a Rn. 10; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 106a Rn. 9; Jüttner in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 106a Rn. 11; Hauck in Hauck/Behrend, SGG, § 106a (Stand September 2010) Rn. 15). Der pauschale Verweis auf die gerichtliche Verfügung vom 09.07.2020 (Aufforderung zur Übersendung der in dem Schriftsatz der Beklagten vom 16.01.2020 genannten Unterlagen) genügt dem nicht (vgl. zu § 79b Abs. 2, 3 Finanzgerichtsordnung [FGO] BFH Urteil vom 25.04.1995, IX R 6/94, Rn. 17, juris). Im Übrigen gilt nach § 106a Abs. 3 S. 3 SGG dessen Abs. 3 S. 1 nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln (vgl. dazu B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 106a Rn. 15; Mushoff in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage 2022, § 106a (Stand 15.06.2022) Rn. 85 f.) hier beispielsweise durch Anforderung der Jahresrechnungen beim Stromanbieter.
Angesichts der überschaubaren Dauer des vorliegenden Berufungsverfahrens steht einer Zurückverweisung schließlich auch nicht die Besorgnis einer insgesamt unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer entgegen.
C. Der Sachantrag der Kläger hat vor diesem Hintergrund (aktuell) keinen Erfolg, so dass die Berufung insoweit zurückzuweisen ist.
D. Eine Kostenentscheidung war durch den Senat nicht zu treffen. Sie muss der Entscheidung des SG vorbehalten bleiben (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 159 Rn. 5f)
E. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht, § 160 Abs. 2 SGG.