Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.09.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist eine ambulante Behandlung mittels fraktionalen CO2-Lasers streitig.
Die 1981 geborene Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Sie leidet an einem Stiff-Person-Syndrom ua mit subkutanen und muskulären Verwachsungen im Beckenbereich und am rechten Oberschenkel. Es bestehen narbige Verhärtungen am Gesäß, am Oberschenkel mehr rechts als links, an der Hüfte beidseits, am unteren Rücken, die die Haut, das Unterhautgewebe und die Muskulatur betreffen. Die Vernarbungen sind so ausgeprägt, dass das rechte Hüftgelenk sowie das rechte Kniegelenk weitgehend versteift sind.
Die Beklagte übernahm im August 2015 im Rahmen einer Einzelfallentscheidung die Kosten für sieben Sitzungen „Lasertherapie“ und beglich die Privatrechnungen der Praxis G. Im Oktober 2016 übernahm die Beklagte nochmals im Rahmen einer Einzelfallentscheidung die Kosten für die Durchführung weiterer fünf Laserbehandlungen iHv 250,00 € je Sitzung.
Die Klägerin beantragte am 10.07.2017 unter Vorlage eines Kostenvoranschlages der T (Praxis für Venen- und Enddarmchirurgie G) vom 28.04.2017 erneut die Übernahme der Kosten für fünf bis sieben Sitzungen einer Laserung der Narben gluteal und der Hüfte links mit fraktionalem CO2-Laser iHv 250,00 € je Sitzung. Bei der Klägerin bestünden aufgrund von Voroperationen und im Rahmen des Stiff-Person-Syndroms schmerzhafte und funktionseinschränkende Narben gluteal und an der Hüfte. Da weitere Operationen zu vermeiden seien, sei eine Behandlung mit dem Laser angezeigt. Die bereits durchgeführten zwölf Laser-Sitzungen hätten zu einer deutlichen Besserung der Schmerzen im Narbenbereich sowie zu einem verbesserten, weicheren Hautbild geführt. Seit Ende der Laser-Sitzungen bestehe wieder eine deutliche Schmerzzunahme.
Mit Bescheid vom 14.07.2017 lehnte die Beklagte den Antrag vom 10.07.2017 ab. Bei der Kohlendioxid-Laser-Behandlung handle es sich um eine sogenannte neue Behandlungsmethode. Sie gehöre nicht zur vertragsärztlichen Versorgung und könne daher nicht über die Gesundheitskarte abgerechnet werden. Solange der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) eine Behandlungsmethode nicht anerkannt habe, sei eine Finanzierung durch die gesetzliche Krankenkasse nicht möglich. Die Beklagte habe bereits insgesamt zwölf Sitzungen im Rahmen zweier Einzelfallentscheidungen genehmigt. Eine weitere Kostenübernahme dieser außervertraglichen Behandlungsmethode sei leider nicht möglich.
Dagegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Die Beklagte holte beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein sozialmedizinisches Gutachten ein. S gelangte im Gutachten vom 03.08.2017 zu der Einschätzung, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungen nicht erfüllt seien. Die Laserbehandlung zur Narbenkorrektur stelle eine sogenannte NUB-Maßnahme dar. Alternativ sollte weiterhin Krankengymnastik, Bindegewebsmassage und spezielle Keloidsalbenbehandlung durchgeführt werden. Nach dem bisherigen Verlauf sei es unter der Lasertherapie zu einer Verbesserung gekommen, die sich nach dem Absetzen der Lasertherapie deutlich verschlechtert habe. Nach diesem Verlauf werde voraussichtlich eine langfristige Lasertherapie erforderlich werden, ein Ende sei nicht absehbar.
Ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten über ein Telefongespräch mit der Klägerin vom 08.08.2017 teilte die Klägerin mit, dass sie bereits alle Alternativen ausprobiert habe und nichts helfen würde. Nur die Kombination mit der Laserbehandlung funktioniere. Nach Behandlungsende sei es zu keiner Verschlechterung gekommen.
Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 22.08.2017 zum Gutachten des MDK dahingehend Stellung, dass die vorgeschlagene Behandlung seit acht Jahren viermal wöchentlich durchgeführt werde. Nach mehreren plastischen Operationen sei das Gewebe so massiv vernarbt, dass die normale Bewegung stark eingeschränkt sei. Eine weitere Narbenplastik sei nicht mehr möglich. Durch das Stiff-Person-Syndrom versteife sie körperlich und sei auf jede funktionierende Bewegung angewiesen. Die Laserbehandlung trage schrittweise vernarbtes hartes Gewebe ab und bilde anschließend wieder neues Gewebe. Das Gehen sei nur noch mit einer Orthese, Krücken und einem Rollator möglich.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14.07.2017 mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2018 als unbegründet zurück. Die ärztliche Versorgung werde durch Verträge der Kassenärztlichen Vereinigung mit den Verbänden der Krankenkassen (Bundesmantelvertrag Ärzte <BMV-Ä>) sichergestellt. Danach seien Vertragsleistungen die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgeführten Leistungen. Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, die dort nicht aufgeführt seien, stellten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung eine sogenannte neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB) dar. Solche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden, wenn der GBA eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben habe. Die Richtlinien des GBA seien rechtlich verbindlich. Sie bestimmten im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung den Umfang und die Modalitäten der Krankenbehandlung sowohl für die behandelnden Ärzte als auch für die Versicherten. Die streitige ambulante privatärztliche Behandlung (CO2-Laser) sei nicht im EBM aufgeführt und damit keine Vertragsleistung. Es handle sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode. Die notwendige Empfehlung des GBA für diese Methode liege nicht vor. Daher sei diese Leistung nicht als Sachleistung geschuldet. Die Beklagte könne nicht frei entscheiden, ob sie den Empfehlungen des GBA folge oder eine abweichende Einzelfallentscheidung treffen wolle. Im Übrigen sei Tt nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Klägerin habe keine Kostenerstattung gewählt, sodass auch keine Zustimmung zur Behandlung durch einen Nichtvertragsarzt erteilt werden könne. Soweit die streitgegenständliche Leistung von der Beklagten in der Vergangenheit bewilligt worden sei, sei dies zu Unrecht im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne präjudizierende Wirkung erfolgt.
Dagegen hat die Klägerin am 15.02.2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Die vorangegangenen Laser-Behandlungen seien in der kassenärztlich zugelassenen Praxis von Dr. G durchgeführt worden. Die Bindegewebsverhärtungen und Vernarbungen auf der rechten Hüftseite hätten sich weiter verschlechtert. Das Gutachten des MDK sei fehlerhaft. Die dort empfohlenen Behandlungsmethoden habe sie seit Jahren durchgeführt. Eine Narbenplastik sei nicht mehr möglich. Die Beklagte habe einen Off-Label-Use oder eine Einzelfallentscheidung abgelehnt, weil sie keine einschränkende Lebenssituation oder einen Notfall habe erkennen können. Während dieser Zeit habe die Beklagte ihr einen Arthrodesen-Stuhl genehmigt, weil sie durch das vernarbte Bindegewebe an der rechten Hüft- und Gesäßseite nicht mehr sitzen könne. Die Beklagte verweigere ihr eine erfolgreiche Therapie und bezahle andererseits dann einen 1.500,00 € teuren Arthrodesen-Stuhl. Das Gehen sei ihr nur noch mit Orthese, Krücken und einem Rollator möglich. Leider verweigere die Beklagte alle hilfreichen Behandlungen, weil es für ihre seltene Erkrankung keine Leitlinien oder passenden Abrechnungsziffern im Leistungskatalog der Kassenärztlichen Vereinigung gebe. Die Klägerin hat einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Schopf vom 22.02.2018 vorgelegt (Diagnose Stiff-Man-Syndrom; Befund 22.02.2018 Knie rechts: wackelsteif mit Extension/Flektion 0-0-10 °; Hüfte rechts: gluteale Narbe soweit reizlos, jedoch mit Verklebungen subkutan sowie Verfärbung).
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen einvernommen. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Schopf hat mit Schreiben vom 09.04.2018 die Diagnosen Stiff-Man-Syndrom, muskuläre Dysfunktion Hamstrings (hintere Oberschenkelmuskulatur) links, Patellalateralisation links, Trochladysplasie (fehlgebildete Kniescheibe) links und obere Sprunggelenks-Zerrung rechts genannt. Die Funktionsbeeinträchtigen seien hauptsächlich durch das Stiff-Man-Syndrom bedingt. Dieses sei klinisch charakterisiert durch fluktuierende Rigidität und schmerzhaft einschießende Spasmen, meistens in Rumpf und Beinen. Die Klägerin sei in seiner regelmäßigen ambulanten Behandlung zur Rezeptierung von Bindegewebsmassagen, Lymphdrainagen, krankengymnastischer Beübung am Gerät sowie für Hyalart-Injektionen. Diese symptomatischen Therapiemaßnahmen seien leitliniengerecht empfohlen. Ziel sei die schleichende Progression der Erkrankung zu verhindern.
Der Facharzt für Chirurgie und Phlebologie G und die Fachärztin für Ästhetische und Plastische Chirurgie T haben mit Schreiben vom 11.10.2018 über das Stiff-Person-Syndrom mit narbigen Verhärtungen gluteal und Hüfte beidseits berichtet. Durch die Laserbehandlung mit dem fraktionierten CO2-Laser seien die Narben deutlich weicher und die Klägerin beweglicher geworden. Nach der Beendigung der Lasertherapien seien wieder stärkere Verhärtungen festgestellt worden. Durch die Erkrankung ergäben sich schmerzhafte Bewegungseinschränkungen beider Beine.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 24.09.2020 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenübernahme der Behandlung mit dem fraktionalen CO2-Laser, da diese Methode eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode sei und ein Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung, in dem dennoch ein Anspruch auf Erbringung der Methode zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe, nicht vorliege. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse ua die ärztliche Behandlung und die Krankenhausbehandlung. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 SGB V unterliege jedoch den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssten die Leistungen der Krankenkasse ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürften das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich seien, könnten Versicherte nicht beanspruchen, dürften die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 2 Abs 1 SGB V). Außerdem müssten Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen seien nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen sei oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet hätten. Vielmehr müsse die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Zu beachten seien schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts, insbesondere auch die Regelung über die Qualitätssicherung (Hinweis auf Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg, 17.09.2018, L 11 KR 2695/16). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung seien nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über dem diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V werde nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürften. Vielmehr werde durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Die Behandlung von Narben und Verwachsungen mit dem fraktionalen CO2-Laser sei eine neue Behandlungsmethode, weil sie nicht als abrechenbare Leistung im EBM enthalten sei. Ferner liege keine positive Empfehlung des GBA für diese Methode vor. Vorliegend sollten die Behandlungen ambulant erbracht werden. Eine Erkrankung, die so selten auftrete, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheide (sogenannter Seltenheitsfall, Hinweis auf Bundessozialgericht <BSG> 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R), liege bei der Klägerin nicht vor, sodass auch unter diesem Aspekt kein ausnahmsweiser Anspruch auf eine nicht vertragliche Leistung gegeben sei. Hierzu dürfe das festgestellte Krankheitsbild aufgrund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar sein (Hinweis auf BSGE 109, 218; BSGE 111, 168). Das Stiff-Person-Syndrom sei zwar eine Krankheit, die weltweit nur selten auftrete (Prävalenz von 1 auf 1.000.000). Es sei aber ausgeschlossen, die genannten Seltenheitsfälle allein auf die Häufung einer Erkrankung abzustellen. Allein geringe Patientenzahlen stünden einer wissenschaftlichen Erforschung nicht entgegen, wenn etwa die Ähnlichkeit zu weit verbreiteten Erkrankungen eine wissenschaftliche Erforschung ermögliche. Beim Stiff-Person-Syndrom erschwere die Seltenheit zwar die systematische Erforschung, sie mache es aber nicht unmöglich, wie die Literaturhinweise in der aktuellen Leitlinie zur Behandlung des Stiff-Person-Syndroms zeigten. Darüber hinaus gehe es der Klägerin vorliegend um die Behandlung einiger der im Zusammenhang mit dem Krankheitsbild auftretenden Symptome (Verwachsungen und Narben). Diese stellten keinesfalls sehr seltene und praktisch unerforschte Krankheitsbilder dar. Ferner liege vorliegend auch kein Systemversagen vor. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse wegen Systemversagens könne ausnahmsweise ungeachtet des in §§ 135 Abs 1 SGBV aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen sei, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden sei. Jedoch setze dies auch voraus, dass dies auf eine willkürliche und sachfremde Untätigkeit oder Verfahrensverzögerung zurückzuführen sei. Dabei sei die Anknüpfung an ein willkürliches Verhalten des GBA oder der antragsberechtigten Stellen von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht <BVerfG> 23.03.2017, 1 BVR 2861/16). Ein solcher Fall sei bisher angenommen worden, wenn der GBA aufgrund eines Bewertungsverfahrens für den stationären Behandlungsbereich nach § 137c SGB V Erkenntnisse habe, die er im Rahmen des Verfahrens nach § 135 Abs 1 SGB V nicht nutze und deshalb keine Empfehlung für den ambulanten Versorgungsbereich abgebe. Anhaltspunkte für ein solches Systemversagen lägen hier nicht vor. Die Klägerin könne sich auch nicht auf § 2 Abs 1a SGB V berufen. Diese Vorschrift setze die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss 06.12.2005, 1 BVR 347/98) und die diese Rechtsprechung konkretisierende Entscheidung des BSG (Hinweis auf BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung um. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen GBA bisher nicht anerkannt seien, setze eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus. Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar sei, sei eine strenge Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer schwerwiegenden Erkrankung für die Eröffnung des sogenannten Off-Label-Use formuliert sei. Gerechtfertigt sei hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen ua nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliege, wie sie für einen zur Lebenserhaltung stehenden akuten Behandlungsbedarf typisch sei. Dies bedeute, dass nach den konkreten Umständen des Falls bereits drohen müsse, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen werde. Ähnliches könne für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorganes oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten. Gemessen hieran sei bei der Klägerin das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung zu verneinen. Es handele sich nicht um eine wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung. Zwar leide die Klägerin stark unter den vielfältigen Auswirkungen ihrer Erkrankung. Abgestellt auf die hier zur Behandlung anstehenden schmerzhaften Narben und Verwachsungen sei jedoch nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums mit dem Tod oder dem Verlust einer herausragenden Körperfunktion zu rechnen. Die sehr engen Voraussetzungen des § 2 Abs 1a SGB V seien vorliegend nicht erfüllt. Ein Anspruch auf die begehrte Laser-Behandlung bestehe auch nicht aufgrund in der Vergangenheit erfolgter Bewilligungen der Beklagten. Diese seien jeweils auf eine bestimmte Anzahl von Behandlungen begrenzt gewesen. Die Beklagte habe zudem darauf hingewiesen, dass es sich um Einzelfallentscheidungen ohne präjudizielle Wirkung handele.
Gegen den ihr am 26.09.2020 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer am 26.10.2020 beim SG eingelegten Berufung, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Das SG habe eine Entscheidung zu ihrem Nachteil ohne eine medizinische Begutachtung getroffen. Inzwischen könne sie durch schmerzhafte Vernarbungen zwischen der Gesäßmuskulatur und dem Weichteilgewebe kaum noch sitzen und nur eingeschränkt mit Unterlagen liegen. Es seien weitere körperliche Einschränkungen mit Gewebeschaden entstanden, die immer wieder zu neuen Einblutungen führten. Am linken Becken sei eine große Läsion entstanden, die operativ behandelt werden müsse. In einem derzeitigen Gesundheitszustand sei eine Operation mit erheblichen Risiken verbunden und die daraus entstehenden Folgeschäden noch gar nicht abschätzbar. Es bestünden schwere körperliche Einschränkungen, die in Verbindung mit diesem Gewebeproblem zu einem kompletten Verlust der Eigenständigkeit führe. Wieso werde einem 39-jährigen Menschen mit einem seltenen Krankheitsbild eine notwendige Behandlung verweigert?
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.09.2020 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.07.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.01.2018 zu verurteilen, die Kosten für sieben Laserbehandlungen mit dem fraktionalen CO2-Laser gemäß Kostenvoranschlag vom 28.04.2017 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat den das Stiff-Person-Syndrom behandelnden Facharzt als sachverständigen Zeugen einvernommen. Der M hat mit Schreiben vom 10.10.2021 sowie 16.10.2021 mitgeteilt, dass sich die Klägerin seit 2013 in seiner regelmäßigen Behandlung befindet. Während im Frühjahr noch Symptome des linken Armes mit Schmerzen, Steifigkeitsgefühl und Lähmungen beklagt worden seien, sei es im Sommer zu komplexen abdominellen Beschwerden gekommen. Zeitweise habe die Klägerin über eine Schwäche und Versteifung des linken Beines geklagt. Deshalb sei es mehrfach zu Stürzen und Gehunfähigkeit gekommen. Die Klägerin bewege sich zeitweise im Rollstuhl. Eine Lähmung des linken Armes und des linken Beines habe er nicht nachvollziehen können. Allerdings habe er Zeichen einer sogenannten oberen Einflussstauung links, dh einer Rückflussbehinderung des Blutes und der Lymphflüssigkeit zu den thorakalen Organen (Herz, Lunge), festgestellt, die trotz Diagnostik nicht zur Aufklärung des Syndroms geführt habe. Dazu hätten sich subkutane und muskuläre Verwachsungen im Beckenbereich mehr rechts als links und am rechten Oberschenkel mit Versteifung der Hüfte und des Knies rechts gefunden. Des Weiteren habe sich der Befund eines Verwachsungsbauches bestätigt. Wegen des schwergradigen Verwachsungsbauchs und einer großen abdominellen Zyste sowie eines Harnaufstaus sei im Juli 2021 eine größere gynäkologische Operation durchgeführt worden. M hat die Diagnosen Stiff-Man-Syndrom, vorwiegend der rechten unteren Extremität und des Beckens mit Verwachsungen, chronische Migräne, obere Einflussstauung links unklarer Genese, schwerster Verwachsungsbauch bei Zustand nach Kolektomie (operative Entfernung des Dickdarms), intrapelvine und abdominelle Zysten, operative Entfernung der Gebärmutter/Eierstockentfernung bei Harnleiteraufstau, subjektive Beinlähmung links (Differenzialdiagnose Somatisierungsstörung) und anhaltende abdominelle Beschwerden genannt. Außerdem hat er den Verdacht auf eine dissoziative Somatisierungsstörung geäußert. Derzeit werde Krankengymnastik versucht. Zur Medikation könnten keine verlässlichen Angaben gemacht werden, da die Klägerin die Medikation immer wieder in eigener Regie ändere und experimentiere. Es sei eine Verschlechterung eingetreten und zwar eine Verschlechterung des Gehens aus unklaren Gründen sowie die zunehmenden abdominellen Beschwerden. Es handle sich um einen hochkomplexen Fall mit schwerwiegenden Diagnosen, die zuletzt exazerbiert seien. Die Mitarbeit der Klägerin sei durch subjektive Vorstellung erheblich eingeschränkt, obwohl ein immenser Leidensdruck vorliege. Die behandelnden Krankenhäuser und Spezialzentren zeigten sich nur wenig motiviert. Hilfe habe man der Klägerin nicht erbringen können. Dies liege an der Seltenheit der Diagnosen, den kaum möglichen kausalen Therapien und der sehr eingeschränkten Kooperation der Klägerin sowie der Kombination aus wahrscheinlich dissoziativer Somatisierungsstörung und schweren Organdiagnosen. Die narbigen Verhärtungen am Gesäß, an den Oberschenkeln und der Hüfte beträfen die Haut, aber auch das Unterhautgewebe und die Muskulatur. Die Vernarbungen seien so ausgeprägt, dass das rechte Hüftgelenk weitgehend versteift sei. Ähnliches gelte für das rechte Kniegelenk. Hierfür bestehe noch ein Bewegungsumfang von ca 20°. Die linke Hüfte sei geringer betroffen, aber auch hier lägen bereits Bewegungseinschränkungen aller Richtungen vor. Welche Therapien dermatologisch unternommen worden seien, sei ihm unbekannt. Vor Jahren habe es den Versuch von kleineren operativen Maßnahmen gegeben. Die durch die Verwachsungen bedingten Gelenkversteifungen seien mit Krankengymnastik, manueller Therapie, Ergotherapie, Botox, Aufdehnungsversuch in Narkose und Dipidolor (starkes Schmerzmittel) behandelt worden. Zu einer Besserung der Funktionalität (Gangstörung) sehe er keine weiteren Möglichkeiten. Ob mit einer Laserbehandlung eine Verbesserung der vernarbten Haut und damit des äußeren Aspekts erreicht werden könne, entziehe sich seiner Kenntnis. Die Narbenbildung und Sklerose im Beckenbereich beeinträchtige die Klägerin nicht nur kosmetisch, sondern führe zu erheblichen Einschränkungen der Beweglichkeit (Sitzen, Gehen und Stehen) und zu Schmerzen. Der Zustand habe sich in den letzten sieben Jahren nicht verbessert, sondern sei moderat schlechter geworden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig.
Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet der Bescheid vom 14.07.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.01.2018 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für sieben Laserbehandlungen mit dem fraktionalen CO2-Laser gemäß Kostenvoranschlag der T vom 28.04.2017 abgelehnt hat. Dagegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4, 56 SGG) und begehrt in der Sache die Gewährung von sieben ambulanten ärztlichen Behandlungen zur Laserung narbiger Verhärtungen am Gesäß, am Oberschenkel und an der Hüfte mit dem fraktionalen CO2-Laser.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14.07.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.01.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von sieben ambulanten ärztlichen Behandlungen zur Laserung narbiger Verhärtungen am Gesäß, am Oberschenkel und an der Hüfte mit dem fraktionalen CO2-Laser.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (vgl BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R; 07.05.2013, B 1 KR 44/12 R). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung sind nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (zB BSG 26.05.2020, B 1 KR 21/19 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 54; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190, SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Die hier streitige Lasertherapie zur Behandlung subkutaner und muskulärer Verwachsungen sowie narbiger Verhärtungen ist eine neue Behandlungsmethode, weil sie nicht als abrechenbare Leistung im EBM enthalten ist. Der GBA hat für diese Behandlungsmethode auch keine positive Bewertung abgegeben. Damit steht fest, dass die Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung nicht erbracht werden darf und die Krankenkassen Kosten dafür nicht erstatten dürfen.
Es besteht auch keine Leistungspflicht der Krankenkasse wegen Systemversagens. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (vgl BSG 26.05.2020, B 1 KR 21/19 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 54; BSG 18.12.2018, B 1 KR 34/17 R, SozR 4-2500 § 28 Nr 9). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (BSG 26.05.2020, B 1 KR 21/19 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 54). Das Fehlen einer Empfehlung des GBA zur Laser-Behandlung narbiger Verhärtungen ist keine Folge eines Systemmangels in dem beschriebenen Sinne. Die Befürwortung der Methode durch einen behandelnden Arzt bei Fehlen einer Richtlinie des GBA genügt dafür nicht. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Antragstellung zur Prüfung der Methode hintertrieben, verhindert oder in einer den Krankenkassen oder dem GBA sonst zurechenbaren Weise unzulässig verzögert worden sein könnte. Hier sind schon die notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen für eine Überprüfung nicht erfüllt. Weder wurde ein Antrag auf Durchführung eines Bewertungsverfahrens nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V gestellt, noch hätte ein solcher gestellt werden müssen im Hinblick auf einen bereits vorhandenen Beleg durch einwandfreie Studien zur sicheren Beurteilung der Behandlungsmethode. Denn bislang gibt es keine entsprechende Studienlage, die eine positive Abschätzung des therapeutischen Nutzens der Lasertherapie durch den GBA wahrscheinlich erscheinen lässt. Dies hat die Klägerin auch nicht behauptet.
Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht nach Maßgabe des § 2 Abs 1a Satz 1 SGB V. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt, wonach die Grundrechte aus Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 GG einen Anspruch Versicherter auf Krankenversorgung in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung vermitteln, wenn für sie eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25, 49; vgl zur Begrenzung des verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr BVerfG 10.11.2015, 1 BvR 2056/12, BVerfGE 140, 229; ferner zB BSG 19.03.2020, B 1 KR 20/19 R , BSGE 130, 73). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (zB BSG 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R, BSGE 122, 170 mwN). Nichts anderes gilt für wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen (zB BSG 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R, BSGE 122, 170 mwN). Die Erkrankung der Klägerin wird nicht mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zum Tod oder zu einem nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion führen. Bei der Klägerin bestehen ein Stiff-Person-Syndrom, vorwiegend der rechten unteren Extremität und des Beckens mit Verwachsungen, zudem eine chronische Migräne, eine obere Einflussstauung links unklarer Genese, ein schwerster Verwachsungsbauch bei Zustand nach Kolektomie (operative Entfernung des Dickdarms), intrapelvine und abdominelle Zysten, ein Zustand nach operativer Entfernung der Gebärmutter/Eierstöcke, eine subjektive Beinlähmung links (Differenzialdiagnose Somatisierungsstörung; Verdacht auf eine dissoziative Somatisierungsstörung) und anhaltende abdominelle Beschwerden. Hinsichtlich des zur streitigen Lasertherapie vorgesehenen Bereichs bestehen seit Jahren narbige Verhärtungen betreffend die Haut, das Unterhautgewebe und die Muskulatur am Gesäß, an den Oberschenkeln mehr rechts als links, an der Hüfte beidseits und am unteren Rücken. Die Vernarbungen sind so ausgeprägt, dass das rechte Hüftgelenk und das rechte Kniegelenk (Bewegungsumfang von ca 20°) weitgehend versteift sind. Dies führt bei der Klägerin zu erheblichen Einschränkungen der Beweglichkeit (Sitzen, Gehen, Stehen) sowie zu Schmerzen, wobei sich dieser Zustand in den letzten sieben Jahren nicht verbessert, sondern moderat verschlechtert hat. Dies entnimmt der Senat der ausführlichen und aktuellen sachverständigen Zeugenaussage des die Klägerin seit 2013 behandelnden M. Daraus ergibt sich, dass funktionellen Einschränkungen durch die Vernarbungen und Verwachsungen im Hüft- und Oberschenkelbereich über Jahre (und nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums) schleichend fortgeschritten sind und bereits zu einer weitgehenden Versteifung des rechten Hüftgelenks und des rechten Kniegelenks geführt haben. Eine extreme notstandsähnliche Situation ist damit nicht verbunden. Da bereits keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliegt, lässt der Senat offen, ob für die subkutanen und muskulären Verwachsungen im Hüft- und Oberschenkelbereich eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die gewünschte Laserbehandlung besteht.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Seltenheitsfall berufen. Hierzu darf das festgestellte Krankheitsbild aufgrund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar sein (BSG 03.07.2012, B 1 KR 25/11 R, BSGE 111, 168). Das Stiff-Person-Syndrom, das die Klägerin als Ursache für die subkutanen und muskulären Verwachsungen mit Störungen des Gehens, Sitzens und Stehens anführt, tritt zwar nur sehr selten auf (Prävalenz 1 bis 2 zu 1.000.000). Es ist aber ausgeschlossen, für die genannten Seltenheitsfälle allein auf die Häufigkeit einer Erkrankung abzustellen (BSG 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R, BSGE 122; BSG 03.07.2012, B 1 KR 25/11 R, BSGE 111, 168). Allein geringe Patientenzahlen stehen einer wissenschaftlichen Erforschung nicht entgegen, wenn etwa die Ähnlichkeit zu weit verbreiteten Erkrankungen eine wissenschaftliche Erforschung ermöglicht. Das gilt erst recht, wenn - trotz der Seltenheit der Erkrankung - die Krankheitsursache oder Wirkmechanismen der bei ihr auftretenden Symptomatik wissenschaftlich klärungsfähig sind, deren Kenntnis der Verwirklichung eines der in § 27 Abs 1 S 1 SGB V genannten Ziele der Krankenbehandlung dienen kann (BSG 03.07.2012, B 1 KR 25/11 R, BSGE 111, 168). Trotz seiner geringen Häufigkeit kann das Stiff-Person-Syndrom - zumindest teilweise - systematisch erforscht werden. Dies entnimmt der Senat insbesondere der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (Stand 31.07.2017), in der die Erkrankung definiert, ihre Pathogenese und Klinik beschrieben sowie die Diagnostik und Therapie dargestellt werden. In diese Leitlinie wird zudem eine Expertengruppe benannt, die sich aus Medizinern namhafter Universitätsklinika der Bundesrepublik zusammensetzt, die sich mit der Erkrankung sowohl klinisch als auch wissenschaftlich befassen. Schließlich hat die Krankheit Eingang in Standardwerke bzw Lehrbücher der Neurologie gefunden (zB Mattle/Mumenthaler, Neurologie, 13. Auflage 2013, S 651; Zierz, Muskelerkrankungen, 4. Auflage 2014, S 375 ff). Ob es wissenschaftliche, auf einwandfrei geführte Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der jeweiligen Methode gestützte Aussagen zu einer Behandlung des Stiff-Person-Syndroms geben kann und ob der GBA deshalb überhaupt die Befugnis hat, generalisierend zur Qualität der Behandlung dieser Krankheit Stellung zu nehmen (vgl hierzu BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93,236), mag angesichts der Seltenheit dieser Krankheit zwar fraglich sein, doch betrifft diese Schwierigkeit nicht die Behandlung von Narben und die Wirksamkeit einer Laserbehandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 KR 549/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3575/20
Datum
3. Instanz
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Aktenzeichen
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Datum
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Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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