1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für den Kläger erbrachte Tätigkeit als Arzt.
Während seiner Tätigkeit übernahm der Beigeladene Herr A. Aufgaben im Bereich der Durchführung von Erstuntersuchungen bzw. der Beurteilung von Erstuntersuchungsbefunden.
Der Beigeladene war in der Zeit vom 29.01.2016 bis 15.07.2016 für die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (HEAE) als Arzt auf der Grundlage zweier, jeweils als „Vereinbarung“ überschriebener Verträge tätig. Der Vertrag vom 29.01.2016 hatte folgenden Wortlaut:
„§ 1 Vertragsgegenstand und Status des Vertragspartners
(1) Der/Die Vertragspartner/in übernimmt die Aufgabe der Beurteilung von Erstuntersuchungen und von Röntgenbefunden des Thorax.
(2) Er ist nicht in die Arbeitsorganisation der HEAE eingegliedert.
(3) Die Dienstleistungen unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht (Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung).
(4) Die nachfolgende Vereinbarung regelt für den Fall eines Einsatzes die Rahmenbedingungen.
§ 2 Nachweise über die Zulassung zur Berufsausübung
Der/Die Vertragspartner/in legt als Nachweis über die Zulassung zur Berufsausübung eine Kopie der Approbationsurkunde vor.
§ 3 Leistungen der HEAE
Die HEAE stellt zur Durchführung der Befundungen folgendes zur Verfügung: Eine namentliche Liste der Personen, deren Röntgenaufnahmen befundet werden sollen sowie die entsprechenden Röntgenbilder.
§ 4 Befundungsort und Zeiten
Die Befundungen finden in der HEAE/in C-Stadt statt. Die Zeiten werden einvernehmlich zwischen der HEAE und dem Vertragspartner abgestimmt.
§ 5 Entgelt
Für die Leistung wird folgendes Entgelt erbracht: Stundensatz i.H.v. 50 €. Die Abrechnung erfolgt monatlich.
§ 6 Haftung
Der Vertragspartner/in haftet für Schäden, die durch ihr/sein vorsätzliches Verhalten der HEAE oder Dritten entstanden sind. Die HEAE stellt den/die Vertragspartner/in für fahrlässig verursachte Schäden frei, soweit diese nicht durch ein privates Versicherungsverhältnis abgedeckt sind.
§ 7 Datenschutz und Schweigepflicht
Der/Die Vertragspartner/in verpflichtet sich, über alle Angelegenheiten, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit für die HEAE zur Kenntnis kommen, Stillschweigen zu bewahren. Insbesondere ist er/sie nicht berechtigt, Auskünfte an die Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen) ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung des Dienststellenleiters der HEAE zu erteilen. Weiterhin sichert er/sie einen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Datenschutz für die bei sich oder Dritten in seinem Auftrag gespeicherten Daten zu.
§ 8 Vertragsdauer, Nebenabreden, Salvatorische Klausel
(1) Da die Einsätze zeitlich befristet erfolgen und diese Vereinbarung nur die gegenseitigen Verpflichtungen während der Einsatzzeiten regeln, bedarf es bei Nichtinanspruchnahme des/der Vertragspartners/in durch die HEAE keiner Kündigung.
(2) Nebenabreden sowie Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
(3) Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam oder unzulässig sein, wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht beeinträchtigt. Anstelle der unwirksamen oder unzulässigen Bestimmung gelten die gesetzlichen Vorschriften.“
Der Vertrag vom 14.02.2016 lautet wie folgt:
„§ 1 Vertragsgegenstand und Status des Vertragspartners
(1) Der Vertragspartner erbringt medizinische Dienstleistungen im Auftrag der HEAE im C-Straße, C-Stadt und in der Außenstelle D-Straße, C-Stadt in freiberuflicher Tätigkeit im Bedarfsfalle. Er ist nicht in die Arbeitsorganisation der HEAE eingegliedert. Die Dienstleistungen unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht (Arbeitslosen-, Kranken-und Rentenversicherung).
(2) Die nachfolgende Vereinbarung regelt für den Fall eines Einsatzes die Rahmenbedingungen.
(3) Der Vertragspartner legt als Nachweis über die Zulassung zur Berufsausübung eine Kopie der Approbationsurkunde vor.
§ 2 Leistungen des Vertragspartners während der vereinbarten Einsatzzeit
(1) Der/Die Vertragspartner/in übernimmt die ambulante medizinische Versorgung für Ausländer, die in der HEAE untergebracht sind, im Rahmen der Vorgaben nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz (Anlage 1).
Dazu gehört
• die Behandlung von Krankheiten, gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Verletzungen, soweit dies ambulant möglich ist,
• Anordnung von Überweisungen an Fachärzte bzw. Einweisungen in Kliniken
• Dokumentation aller ärztlichen Leistungen (in der Patientendatei der HEAE) unter Beachtung des Datenschutzes.
(2) Er übernimmt zudem Aufgaben, die sich maßgeblich aus den § 62 Asylverfahrensgesetz sowie § 36 Infektionsschutzgesetz und der dazu jeweils getroffenen Erlassregelungen des Hess. Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit (zurzeit Erlass vom 04.02.2009 Az.: IV 6 A 58 a 0101-0002/2008/001 —StAnz. 2009 S. 544- Anlage 2) zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ergeben.
Die Erstuntersuchung beinhaltet gemäß beigefügtem Erlass über die ärztliche Untersuchung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und anderen Personen nach Einreise in Hessen vom 04.02.2009 (siehe Anlage 2)
1. Aufnahme und Dokumentation der bestehenden Medikation
2. Rezeptur der notwendigen Medikation
3. Anamnese, Diagnostik und Dokumentation einer akut beklagten Erkrankung.
Während der Erstuntersuchung erbrachte Ambulanzleistungen werden nicht zusätzlich vergütet.
Ausgenommen von der Erstuntersuchung sind die Röntgenuntersuchungen. Erforderlichenfalls hat der/die Vertragspartner/in alle erforderlichen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz einzuleiten.
(3) Der Vertragspartner führt die vertraglichen Leistungen zeitlich nach Vereinbarung durch.
(4) Ein Not- oder Bereitschaftsdienst des Vertragspartners außerhalb der vereinbarten Präsenzzeiten ist nicht vorgesehen.
§ 3 Leistungen der HEAE
(1) Die HEAE stellt adäquate Räumlichkeiten, Geräte, Inventar, Verbandsstoffe u. ä. sowie Medikamente und Impfstoffe zur Durchführung medizinischer Untersuchungen und der medizinischen Versorgung kostenfrei bereit.
(2) Die HEAE trägt neben den Mietkosten für die Räume auch die Kosten der Instandhaltung, der Energieversorgung und der Müllentsorgung sowie der Reinigung.
(3) Ebenso stellt die HEAE Hilfspersonal zur Vor- und Nachbereitung sowie zur Durchführung der Sprechstunden.
(4) Die HEAE besorgt nach Ausstellen einer ärztlichen Verordnung durch den/die Vertragspartner/in nicht vorrätige notwendige Medikamente und Verbandsmittel zur Behandlung von Patienten.
(5) Die HEAE übernimmt eventuell entstehende Kosten für zusätzliche externe ärztliche oder technische Untersuchungs- und Behandlungsleistungen (z. B. Röntgen).
§ 4 Entgelt und Abrechnung
Zur Vereinfachung der Abrechnung wird für die Erbringung der in § 2 genannten ärztlichen Leistungen ein Stundensatz i.H.v. 75,00 € vereinbart. Die Abrechnung erfolgt bei Nichtableistung einer vollen Stunde entsprechend prozentual anteilig.
§ 5 Haftung
Der Vertragspartner/in haftet für Schäden, die durch ihr/sein vorsätzliches Verhalten der HEAE oder Dritten entstanden sind. Die HEAE stellt den/die Vertragspartner/in für fahrlässig verursachte Schäden frei, soweit diese nicht durch ein privates Versicherungsverhältnis abgedeckt sind.
§ 6 Datenschutz und Schweigepflicht
Der Vertragspartner verpflichtet sich, über alle Angelegenheiten, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit für die HEAE zur Kenntnis kommen, Stillschweigen zu bewahren. Insbesondere ist er nicht berechtigt, Auskünfte an die Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen) ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung des Dienststellenleiters der HEAE zu erteilen. Weiterhin sichert er einen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Datenschutz für die bei sich oder Dritten in seinem Auftrag gespeicherten Daten zu.
§ 7 Vertragsdauer, Nebenabreden, Salvatorische Klausel
(1) Da die Einsätze zeitlich befristet erfolgen und diese Vereinbarung nur die gegenseitigen Verpflichtungen während der Einsatzzeiten regeln, bedarf es bei Nichtinanspruchnahme des/der Vertragspartners/in durch die HEAE keiner Kündigung.
(2) Nebenabreden sowie Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
(3) Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam oder unzulässig sein, wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht beeinträchtigt. Anstelle der unwirksamen oder unzulässigen Bestimmung gelten die gesetzlichen Vorschriften.“
Der Beigeladene stellte am 18.03.2016 einen Antrag auf Statusfeststellung.
Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 11.08.2016 von dem Kläger weitere Angaben, wie Abrechnungen und Angaben zum zeitlichen Umfang. Diese wurden mit Schreiben vom 06.10.2016 beantwortet.
Die HEAE wurde nach dem Erlass des Hessischen Ministeriums des lnnern und für Sport vom 30.09.2016, mit Wirkung zum 18.11.2016 als selbständige Behörde im nachgeordneten Bereich des Regierungspräsidiums Gießen aufgelöst und mit ihrem Aufgabenbestand als Abteilung VII „Flüchtlingsangelegenheiten, Erstaufnahmeeinrichtung und lntegration" in das Regierungspräsidium Gießen eingegliedert. Rechte und Pflichten aus der Vereinbarung mit der HEAE sind ab dem 18.11.2016 auf das Regierungspräsidium Gießen übergegangen.
Die Beklagte hörte den Kläger und den Beigeladenen jeweils mit Schreiben vom 28.11.2016 zu ihrer beabsichtigten Entscheidung an, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen beim Kläger für die im Antrag genannten Zeiträume zu erlassen.
Mit Schreiben vom 17.11.2016 trug der Kläger hierzu unter anderem vor, dass der Beigeladene habe frei entscheiden können, ob er tätig werden wolle oder nicht. Hinsichtlich Zeit, Ort und lnhalt seiner Tätigkeit habe er keinen Weisungen des Landes Hessen unterlegen. Die Ärzte hätte entweder mitgeteilt, an welchem Tag und in welchem zeitlichen Umfang sie für die HEAE tätig werden konnten und wollten oder die Ärzte seien bei Bedarf angefragt worden, ob sie tätig werden konnten und wollten. Darüber hinaus habe der Beigeladene die Möglichkeit gehabt, seine Einsatzzeiten selbst zu bestimmen. Bei der Erstellung des Einsatzplanes habe sich der Kläger an den von dem Beigeladenen genannten Einsatzzeiten orientiert. Wenn der Einsatz im Einsatzplan erschienen sei, sei dies nicht gegen, sondern auf seinen ausdrücklichen Wunsch erfolgt. Der Beigeladene habe keinen Anspruch darauf gehabt, dass er vom Land Hessen eine bestimmte Anzahl an Aufträgen bekam.
Mit Bescheiden vom 18.11.2016 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger und dem Beigeladenen jeweils fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen als Arzt beim Kläger in dem im Antrag genannten Zeitraum im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht begann am 29.01.2016.
Die zu beurteilende Tätigkeit als Arzt bei der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in C-Stadt habe in der Durchführung der körperlichen Erstuntersuchung und in der Dateneingabe von medizinischen Befunden (ärztliche Erstaufnahmen Untersuchung) bestanden.
Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis:
• Es bestand die vertragliche Verpflichtung, die Leistungen persönlich zu erbringen.
• Der Auftragnehmer war hinsichtlich des Tätigkeitsortes gebunden, da sie auf die Nutzung der am Sitz der Erstaufnahmeeinrichtung zur Verfügung stehenden Infrastruktur für die medizinische Versorgung (z.B. Behandlungs- und Praxisräume) angewiesen war.
• Die Koordination der Einsätze erfolgte durch den Medizinischen Dienst der HEAE, die Arbeitszeiten wurden verbindlich in einem Dienstplan festgelegt.
• Die Anwesenheit wurde kontrolliert.
• Die zu untersuchenden Flüchtlinge und Asylsuchenden wurden durch das Personal der HEAE zugewiesen.
• Es erfolgte am Einsatzort eine Zusammenarbeit mit dem Personal (z.B. medizinische Fachangestellte, Krankenpfleger und -schwestern, ggf. Sprachvermittler).
• Gegenüber dem medizinischen Personal bestand ein fachliches Weisungsrecht.
• Festangestellte Ärzte werden im gleichen Aufgabengebiet beschäftigt.
• Bei Abwesenheit oder Verhinderung organisiert der Auftraggeber eine Ersatzkraft.
• Das fachliche Letztentscheidungsrecht hatte der leitende Arzt der HEAE.
• Die Dokumentation der durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen erfolgte auf dem vorgegebenen Dokumentationsbogen.
• Es erfolgte die Teilnahme an Dienstbesprechungen in Form eines morgendlichen Briefings. Das Briefing hat medizinische und organisatorische Inhalte zum Gegenstand.
• Die Tätigkeit wurde mit einer festen Stundenpauschale vergütet.
• Die benötigten Arbeitsmittel und Verbrauchsmaterialien wurden zur Verfügung gestellt.
• Ein Einsatz eigener Betriebsmittel im erheblichen Umfang erfolgte nicht.
• Die Haftung für fahrlässig verursachte Schäden lag beim Auftraggeber.
• Ein unternehmerisches Risiko oder eine unternehmerische Chance bestand in der Ausübung der Tätigkeit nicht.
• Die Tätigkeit wurde in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt.
Merkmale für eine selbständige Tätigkeit:
• Die Ablehnung von Aufträgen war möglich.
• Es wurden teilweise eigene Betriebsmittel genutzt.
Hiergegen legte der Kläger am 22.12.2016 Widerspruch ein und wies auf das Schreiben vom 17.11.2016 hin.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 21.07.2017 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben.
Der Kläger trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, dass bereits in der Vorbemerkung der Vereinbarung im zweiten Absatz „Unabhängigkeit des ärztlichen Dienstes" geregelt sei, dass der ärztliche Dienst keinen fachlichen Weisungen der Dienststelle unterliegt. Noch deutlicher werde dies durch § 1 Abs. 1 der Vereinbarung, wonach der Dienstleister seine medizinischen Dienstleistungen ausdrücklich in freiberuflicher Tätigkeit erbringen und dabei nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen sollte. Darüber hinaus regele die Vereinbarung, die nicht als Arbeitsvertrag überschrieben ist, die Rahmenbedingungen ausweislich des § 1 Abs. 2 der Vereinbarung überhaupt nur „für den Fall eines Einsatzes". Dementsprechend sollten nach § 2 Abs. 3 der Vereinbarung die vertraglichen Leistungen der Vertragspartnerin zeitlich nach Vereinbarung durchgeführt werden. Dem Beigeladenen habe es daher nach der Vereinbarung freigestanden, ob und in welchem Umfang er für den Kläger im Einzelfall als Arzt tätig werden wollte. Schließlich sei in § 7 Abs. 1 der Vereinbarung geregelt, dass es bei Nichtinanspruchnahme des/der Vertragspartner/in durch die HEAE keiner Kündigung bedarf, da die Einsätze zeitlich befristet erfolgen und die Vereinbarung nur die gegenseitigen Verpflichtungen während der Arbeitszeiten regelt. Eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen ergebe sich im Übrigen nicht daraus, dass gemäß § 2 der Vereinbarung die Vorgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), des Asylgesetzes (AsylG) und/oder des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zu beachten sind. Denn eine Weisungsbefugnis bedürfe einer gesonderten rechtlichen Grundlage. Dafür reiche nicht aus, dass bei der Ausübung einer Dienstleistung bestimmte öffentlich-rechtliche Vorgaben zu beachten sind (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2015 - L 1 KR 105/13; BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R - Rn. 19). Der Beigeladene habe seine Vorabplanung per Email oder Telefon vorgenommen. Die so organisierte Disposition der Einsatzzeiten habe dem Beigeladenen ermöglicht, jede(n) Tag/Woche/Monat neu, Einsätze nur zu den ihm passenden Zeiten verrichten zu müssen. Erst wenn er seine Einsätze zu bestimmten Zeiten per SMS/E-Mail/Telefonat anbot, sei er in den Organisationsplan übernommen worden. Der Beigeladene habe damit zeitliche Souveränität über seine Einsätze gehabt und habe hinsichtlich des „ob" der Einsätze keinen Weisungen des Klägers unterlegen. Die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses habe sich fundamental von den Vertragsverhältnissen der beim Kläger festangestellten Ärzte unterschieden. Denn deren Dienste hätten nicht zu ihrer Disposition gestanden. Vielmehr seien die festangestellten Ärzte verpflichtet, die vertraglich festgelegten Wochenstunden an den festgelegten Wochentagen zu verrichten. Der Beigeladene habe teilweise eigene Betriebsmittel eingesetzt. Die Benutzung der Räumlichkeiten und der Betriebsmittel des Klägers stehe der Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht entgegen. Ähnlich verhalte es sich bei dem Einsatz der auf Grundlage der Vereinbarungen tätigen Ärzte für die HEAE. Da die HEAE die Anlaufstelle für Flüchtlinge ist, in der sie verpflichtet sind, zunächst zu bleiben, könnten sie grundsätzlich nach ihrer Ankunft auch nur dort direkt medizinisch untersucht werden. Um ihre Fürsorgepflicht zu erfüllen, habe die HEAE die für die medizinische Erstuntersuchung erforderlichen Betriebsmittel vor Ort bereithalten müssen. Wegen der plötzlich ansteigenden Flüchtlingszahlen sei es allerdings nicht immer möglich gewesen, alle notwendigen Betriebs- und Arbeitsmittel überall vorzuhalten. Dies habe dazu geführt, dass die Arbeitsmittel teilweise von den Auftragnehmern selbst mitgebracht, teilweise durch die Hilfsorganisationen oder durch die HEAE gestellt wurden. Das Zurverfügungstellen der Betriebsmittel sei nicht zur Bindung des Auftragnehmers an die HEAE oder zwecks seiner Integration in die Organisation erfolgt. Die Mitbenutzung der Räumlichkeiten und der Betriebs- und Arbeitsmittel der HEAE ergäbe sich aus der Eigenart der übernommenen Tätigkeit und sei als ein neutrales Kriterium zu werten (vgl. auch BSG, Entscheidung vom 12.02.2004 — B 12 KR 26/02 R und BAG, Urteil vom 21.07.2015 — 9 AZR 484/14). Im Gegensatz zu den beim Kläger angestellten Ärzten unterliege der Beigeladene keinen tariflichen Bedingungen und seine Einsätze seien nur freiwillig und befristet erfolgt, wobei die Honorarvereinbarungen nur für die Einsatzzeiten gelten (siehe § 6 bzw. § 7 der Vereinbarung). Das Honorar sei unabhängig von tarifvertraglichen Vorgaben vereinbart worden. Auch das Fehlen eines Anspruchs des Beigeladenen auf Entgeltzahlung im Krankheitsfall sei als Indiz für eine selbständige Tätigkeit zu werten. Für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit spreche schließlich auch das von dem Beigeladenen getragene Unternehmerrisiko. Mit Blick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.02.2004 (Az.: B 12 KR 26/02 R) könne das unternehmerische Risiko durchaus darin gesehen werden, dass die Fortsetzung der Tätigkeit oder die Anzahl der Einsätze von der Zahl der ankommenden Flüchtlinge abhängt. Zu den vergleichbaren Tätigkeiten von Notärzten gäbe es umfangreiche Rechtsprechung.
Mit Beschluss vom 07.05.2018 ist Herr A. zum Verfahren beigeladen worden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die von dem Beigeladenen, Herrn A., für den Kläger ausgeübte Tätigkeit als Arzt in der Zeit vom 29.01.2016 bis 15.07.2016 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und dass keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Kammer den Beigeladenen zu seiner Tätigkeit befragt. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Beklagtenakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid vom 18.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen für den Kläger in der Zeit vom 29.01.2016 bis 15.07.2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erfolgte und Versicherungspflicht in der Kranken- Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.
Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 30.12.2013 - B 12 KR 17/11 R; Urteil vom 30.04.2013 - B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20).
Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, a.a.O.; ebenso Urteil vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R). Nach den vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Beigeladene abhängig beschäftigt.
Für die Beurteilung insofern ist auf die jeweiligen Einzeleinsätze des Beigeladenen, mithin die durchgeführten Erstuntersuchungen und die Auswertung der Erstuntersuchungsbefunde abzustellen. Die einzelnen Dienste waren auf freiwilliger Basis individuell vereinbart. Bei Vertragsgestaltungen dieser Art ist für die Frage der Versicherungspflicht grundsätzlich jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen (BSG, Urteil vom 24.03.2016 – B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 29 Rn. 17 <Physiotherapeutin>; BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 25, Rn. 19 <Rackjobbing II>; BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris Rn. 26 <Verkehrspilot>; BSG, Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R).
Die diesen Tätigkeiten zugrunde liegenden „Vereinbarungen“ zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen vom 29.01.2016 und 14.02.2016 weisen zwar darauf hin, dass formal nicht die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses gewollt war, wenn etwa vereinbart wurde, dass die medizinischen Dienstleistungen in freiberuflicher Tätigkeit im Bedarfsfalle erbracht werden, keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der HEAE erfolgt und die Dienstleistungen nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Auch ist davon auszugehen, dass Ärzte bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich handeln, woraus indes nicht ohne weiteres auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden kann. Umgekehrt kann nicht allein wegen der Benutzung von Einrichtungen und Betriebsmitteln, etwa des Krankenhauses, zwingend auf eine abhängige Beschäftigung der Ärztin bzw. des Arztes geschlossen werden (vgl. BSG, Urteile vom 04.06.2019 – B 12 R 12/18 R; – B 12 KR 14/18 R; – B 12 R 22/18 R).
Für den Beigeladenen, der im Rahmen der gegenständlichen Tätigkeit für den Kläger keine originär medizinische oder therapeutische Behandlung der vorgestellten Geflüchteteten oblag, sondern der Erstuntersuchungen durchzuführen hatte bzw. deren Befunde auszuwerten hatte, gilt grundsätzlich nichts Abweichendes. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung kommen den der Tätigkeit zugrundeliegenden Vereinbarungen – hier den Verträgen vom 29.01.2016 und 14.02.2016 – aber keine überragende Bedeutung zu, wenn die übrigen Indizien tatsächlich für eine abhängige Beschäftigung sprechen. So liegt es hier.
Die Verpflichtung für den Kläger zur Durchführung von Erstuntersuchungen ergibt sich aus dem Erlass des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit vom 31.12.2008, wonach die Ausländerinnen und Ausländer unmittelbar nach ihrer Einreise nach Hessen von der Aufnahmeeinrichtung aufgefordert werden, sich vom ärztlichen Dienst der Einrichtung oder einem ärztlichen Dienst nach § 62 AsylVfG bzw. § 36 Abs. 4 IfSG untersuchen zu lassen. Zu der weiteren Ausgestaltung wird hierzu ausgeführt, dass die Untersuchung folgendes umfasst:
- allgemeine orientierende körperliche Untersuchung, soweit möglich die Erhebung einer Anamnese und der Symptome, insbesondere hinsichtlich der in § 34 IfSG genannten Krankheitsbilder;
- Röntgenthorax-Aufnahme zum Ausschluss einer ansteckungsfähigen Lungentuberkulose. Bei Kindern und Jugendlichen, die das fünfzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und bei Schwangeren soll stattdessen eine intrakutane Tuberkulinprobe durchgeführt werden;
- weitergehende Untersuchung auf übertragbare Krankheiten im Verdachtsfall oder Abklärung eines klinischen Krankheitsbildes nach Maßgabe des/der untersuchenden Arztes/Ärztin im Einzelfall;
- Überprüfung des Impfstatus, Impfempfehlung und gegebenenfalls Impfung.
Die Untersuchungsergebnisse werden auf dem „Untersuchungsbogen für Asylbewerber und andere Personen" dokumentiert. Dadurch dass im Rahmen der verpflichtend vor einer Freigabe an die Kommune und der weiteren Unterbringung der Geflüchteten durchzuführenden Erstuntersuchungen sowohl von dem Beigeladenen als auch von den daneben beim Kläger angestellten Ärzte bestimmte Daten sowie Befunde zu erheben und zu dokumentieren waren im Hinblick auf das Asylverfahrensgesetz und das Impfschutzgesetz war er während seiner Dienste auch tatsächlich weisungsabhängig und in „ein fremdes Unternehmen“ eingegliedert, ohne dass er selbst ein erhebliches Unternehmerrisiko zu tragen hatte.
Auch wenn die Weisungsgebundenheit des Beigeladenen bei der Durchführung der jeweiligen Dienste eingeschränkt war, ist sie vorliegend nicht völlig entfallen. Er unterlag in seiner Tätigkeit bereits aufgrund der Regelung in § 1 des Vertrages zumindest einem Weisungsrecht des Klägers im Hinblick auf die Ausführung seiner Tätigkeiten. Ergeben sich etwa Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus vertraglichen Vereinbarungen oder mit einer Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten, kommt es darauf an, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 25, Rn. 30 <Rackjobbing II>). Der konkrete Inhalt folgt aus § 2, wonach die Erstuntersuchung gemäß beigefügtem Erlass über die ärztliche Untersuchung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und anderen Personen nach Einreise in Hessen vom 04.02.2009 die Aufnahme und Dokumentation der bestehenden Medikation, Rezeptur der notwendigen Medikation und Anamnese, Diagnostik und Dokumentation einer akut beklagten Erkrankung beinhaltet. Der Beigeladene unterlag dem Weisungsrecht des Klägers. Er war verpflichtet, die vorgegebenen Befunde zu erheben und zu dokumentieren und war nicht frei in der Wahl seiner „Patienten“, sondern hatte die von den Helfern zwecks Erstuntersuchung zugewiesenen Geflüchteten im Hinblick auf Infektionskrankheiten zu untersuchen. Er war im Rahmen dieser ärztlichen Tätigkeit in ein fremdes Unternehmen – die Erstaufnahmeeinrichtung – eingegliedert und nicht berechtigt, die Untersuchungen an einem anderen Ort durchzuführen. Unschädlich ist, dass kein umfassendes Weisungsrecht bestand, sondern dieses vielmehr „zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert“ war (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 2/18 R). Denn mit der Einbestellung der Geflüchteten in die Räumlichkeiten der Erstaufnahmeeinrichtung zum Zweck der Erstuntersuchung erfolgte die Tätigkeit vollständig fremdbestimmt innerhalb des von der Erstaufnahmeeinrichtung vorgegebenen organisatorischen Betriebsablaufs entsprechend den auch von den angestellten Ärztinnen und Ärzten durchgeführten Erstuntersuchungen. Der Beigeladene nutzte, wie jene, die vorhandene Infrastruktur und gab dem nichtärztlichen Personal bzw. dem jeweiligen Helfer, im Rahmen seiner Tätigkeit Anweisungen. Er nutze die Räumlichkeiten und nicht wiederverwendbaren Mittel, wie Handschuhe, Mundschutz und Kanülen, die ihm gestellt wurden. Der Beigeladene war danach zur Überzeugung der Kammer in die Arbeitsorganisation des Klägers eingegliedert. Die Aufgabe des Beigeladenen bestand dabei in der Durchführung von Erstuntersuchungen bzw. deren Auswertung. Dies stellt einen wesentlichen Bestandteil der Arbeitsorganisation des Klägers im medizinischen Management für Flüchtlinge dar. Die Einschränkung auf einen bestimmten Aufgabenbereich spricht dabei nicht gegen die Eingliederung in die Arbeitsorganisation. Vielmehr hat der Beigeladene mit der Durchführung der Erstuntersuchungen bzw. deren Auswertung in den Räumlichkeiten in C-Stadt einen wesentlichen Bestandteil im Rahmen der von dem Kläger durchzuführenden Schritte bei der Organisation der Unterbringung der Flüchtlinge übernommen.
Anknüpfend an die Erstuntersuchungen erfolgte das Einscannen der Unterlagen durch weitere Mitarbeiter in den Räumlichkeiten in C-Stadt. Diese Unterlagen werteten sodann wiederum Ärzte, wie vorliegend der Beigeladene, aus und entschieden, ob gesundheitliche Gründe einer Freigabe in die Kommune entgegenstehen. Über die Freigabe an sich wurde wiederum an anderer Stelle entscheiden. Der Beigeladene war somit in eine Organisationsstruktur eingebunden.
Ein erhebliches unternehmerisches Risiko bestand für den Beigeladenen nicht. Er erhielt einen festen Lohn für geleistete Stunden, der der Verhandlung nicht unterlag, und trug nicht das Risiko des Zahlungsausfalls trotz erbrachter Leistung. Er wertete Dokumente von Erstuntersuchungen aus bzw. untersuchte die Geflüchteten auf Infektionskrankheiten und hatte keine Möglichkeit, durch unternehmerisches Geschick seinen Verdienst zu erhöhen. Da es lediglich auf die Betrachtung der konkreten Tätigkeit ankommt, ist das einzig in Betracht kommende Risiko des Beigeladenen, vom Kläger keine weiteren Folgeaufträge zu erhalten, für die Frage seines Status in der konkreten Tätigkeit irrelevant (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R). Er war schließlich nicht an laufenden Kosten hinsichtlich der Einrichtung beteiligt, die im Sinne von Vorhaltekosten trotz gegebenenfalls ausbleibender Aufträge zu tragen gewesen wären.
Folge des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen ist die Versicherungspflicht im streitgegenständlichen Zeitraum, ohne dass eine Ausnahme- oder Befreiungsvorschrift eingreifen würde. Der Beigeladene hat neben der gegenständlichen Beschäftigung im Streitzeitraum keine weitere Tätigkeit ausgeübt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden, wenn in einem Verfahren weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten kostenrechtlich privilegierten Personen gehört, Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Da weder der Kläger noch die beklagte Rentenversicherung gemäß § 183 SGG kostenprivilegiert sind, ist eine Kostenentscheidung gemäß § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO zutreffen. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen waren nicht zu erstatten, da dieser keine Anträge gestellt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.