L 13 R 480/21

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 27 R 299/20
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 480/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Eine fiktive Einbeziehung in die Altersversorgung der technischen Intelligenz erfolgt nicht, wenn die betrieblichen Voraussetzungen zum Stichtag 30.06.1990 nicht erfüllt waren.
2. Bei dem Volkseigenen Betrieb Bergmann Borsig Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagen handelte es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens nach § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung (DB) oder um einen als Konstruktionsbüro oder als Vereinigung Volkseigener Betriebe nach § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb. Hauptzweck war nicht die Produktionsdurchführung, sondern die Planung und Konzeption von Kraftwerks- und Energieerzeugungsanlagen im Sinne eines General- bzw. Hauptauftragnehmers; überdies würde es an dem Erfordernis einer massenhaften Produktion fehlen.
3. Die Angabe eines Mindestbetrages bzw. eines durchschnittlichen Mindestbetrages der Jahresendprämie reicht nicht für einen Nachweis oder eine Glaubhaftmachung im Sinne des § 6 AAÜG aus. Für die prozessuale Schätzungsbefugnis gemäß § 287 ZPO ist neben der vorrangigen und bereichsspezifischen Spezialnorm des § 6 AAÜG kein Raum. 4. Der Zusatzversorgungsträger ist nach § 48 Abs. 3 SGB X befugt, die Rechtswidrigkeit des Ursprungsbescheids isoliert vor Eintritt einer Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen durch Verwaltungsakt festzustellen.

 

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 5. August 2021 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.


T a t b e s t a n d :

Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Feststellung höherer Entgelte unter Berücksichtigung von sog. Jahresendprämien aufgrund des Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Die Beklagte hat unter Ablehnung des Antrags stattdessen die Rechtswidrigkeit des zur Überprüfung gestellten Feststellungsbescheids festgestellt, weil der Kläger nicht unter den Anwendungsbereich des AAÜG falle.

Der 1937 geborene Kläger besuchte die Ingenieurschule für Schwermaschinenbau und Elektrotechnik L, die er im Juli 1959 abschloss. Er studierte sodann an der Technischen Universität D (Fachstudienrichtung Strömungstechnik). Mit Urkunde vom 26.06.1970 wurde ihm der akademische Grad "Diplom-Ingenieur" verliehen. Er war in der DDR zunächst ab 01.09.1959 beim Volkseigenen Betrieb (VEB) Energiebau R, ab 01.01.1961 beim VEB Kraftwerksbau R und ab 01.01.1968 beim VEB Kombinat Kraftwerksanlagenbau R als Ingenieur tätig. Das VEB Kombinat Kraftwerksanlagenbau wurde zum 01.01.1985 umstrukturiert; ab diesem Zeitpunkt war der Kläger beim VEB B Stammbetrieb des Kombinats Kraftwerksanlagenbau bis 30.06.1990 tätig. Ab Juli 1990 war der Kläger bei der Energie- und Umwelttechnik GmbH, R, tätig. Seit 01.01.2000 bezieht der Kläger Altersrente.

Im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung sind für die Zeit vom 01.09.1959 bis 30.06.1990 die sozialversicherungspflichtigen Entgelte sowie ab 01.04.1978 Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung ausgewiesen.

Mit Feststellungsbescheid vom 19.10.1999 wurden zugunsten des Klägers die Beschäftigungszeiten und Entgelte für den Zeitraum vom 01.09.1959 bis 30.06.1990 als nachgewiesene Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt.

Mit Schreiben vom 28.02.2019 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Er begehre eine Rücknahme des bisherigen Rentenbescheides und Neuberechnung der Rentenansprüche unter Berücksichtigung der gezahlten DDR-Jahresendprämien unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22.03.2018 (Az.: B 5 RS 8/17 R). In den bisherigen Berechnungen der Rentenansprüche des Klägers seien diese nicht berücksichtigt worden. Er legte eine eidesstattliche Versicherung vom 13.03.2019 vor, wonach er von seinem Betrieb in der ehemaligen DDR jährliche Jahresendprämien erhalten habe, die im Durchschnitt mindestens 50 % seines monatlichen Nettoentgelts betragen hätten. Außerdem wurden schriftliche Zeugenaussagen von Herrn G, Herrn R sowie Herrn K, ehemaligen Kollegen des Klägers, vorgelegt, wonach seit Mitte der 60er Jahre eine Jahresendprämie gezahlt worden sei, die durchschnittlich 50 % eines Nettomonatsgehalts betragen habe.

Nach Anhörung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2020 den Überprüfungsantrag vom 28.02.2019 ab. Es verbleibe bei den mit Bescheid vom 19.10.1999 rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG. Die Beklagte traf nach § 8 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 1 AAÜG folgende Feststellungen: "1. Das AAÜG (...) ist für Sie tatsächlich nicht anwendbar. 2. Der Feststellungsbescheid vom 19.10.1999, mit dem die Zeit vom 01.09.1959 bis 30.06.1990 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt wurde, ist rechtswidrig. Er kann aber nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen werden. 3. Es besteht kein Anspruch auf die Feststellung von höherem Arbeitsverdienst." Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger am 01.08.1991 auf Grund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG gehabt habe. Weder sei er am 30.06.1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen noch eine Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitation oder durch eine Entscheidung nach Art. 19 Satz 2 oder 3 des Einigungsvertrages erfolgt. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage auf Grund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 gehabt, da die Beschäftigung des Klägers am 30.06.1990 im VEB B Stammbetrieb des Kombinates Kraftwerksanlagenbau nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sei. Bei dem Betrieb habe es sich weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem solchen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Er sei vielmehr Generalauftragnehmer für komplette Kraftwerksanlagen gewesen. Sein Hauptzweck sei damit die Durchführung produktionsvorbereitender und produktionskoordinierender Aufgaben gewesen. Der ursprünglich erteilte Feststellungsbescheid vom 19.10.1999 sei daher fehlerhaft begünstigend ergangen, könne allerdings wegen Fristablaufes nicht mehr zurückgenommen werden. Den Kläger treffe bezüglich des Erlasses dieses rechtswidrig begünstigenden Feststellungsbescheides keinerlei Verschulden. Er könne vielmehr auf den Bestand des Bescheides vertrauen. Aufgrund des Normzwecks der Vorschrift des § 48 Abs. 3 SGB X dürfe allerdings das Unrecht nicht erweitert werden. So könnten hieraus im Zuge eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X nicht noch weitere Rechte, hier Berücksichtigung der DDR-Jahresendprämien, abgeleitet werden.

Mit seiner Klage zum Sozialgericht München hat der Kläger geltend gemacht, dass der Feststellungsbescheid vom 19.10.1999 nicht rechtswidrig ergangen sei und dass die Zeit vom 01.09.1959 bis 30.06.1990 zutreffend als Pflichtbeitragszeiten zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in der ehemaligen DDR bzw. im späteren Beitrittsgebiet nach dem AAÜG festgestellt worden sei. Es sei eine tatsächliche Einbeziehung des Klägers in ein Zusatzversorgungssystem erfolgt. Der Beschäftigungsbetrieb habe zu den volkseigenen Produktionsbetrieben des Bauwesens gehört. Ein zusätzlicher Einbeziehungsakt sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Im Übrigen sei der VEB B Stammbetrieb auch als gleichgestellter Betrieb anzusehen, da er mit seinem Hauptzweck und Aufgabenprofil der Errichtung von Kraftwerken und der damit verbundenen konzipierenden Tätigkeit ein Konstruktionsbüro dargestellt habe. Bei der Feststellung des am 30.06.1990 maßgeblichen Sprachverständnisses der DDR müsse die historische Dimension und Entwicklung von Begriffen und Sprache mitberücksichtigt werden. Für das Verständnis der Begriffe dürfe nicht von heutigen Vorstellungen ausgegangen werden, sondern dies sei nach der juristischen Methodenlehre im zeitlichen Kontext seiner Entstehung und Verwendung zu sehen. Konstruktionsbüro sei historisch die Bezeichnung für ein von einem Ingenieur geleitetes sowjetisches bzw. russisches Entwicklungs-, Konstruktions- und Planungsinstitut. Es sei daher auch eine Neuberechnung der Rentenansprüche des Klägers unter Berücksichtigung der gezahlten Jahresendprämien vorzunehmen.

Nach Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 05.08.2021, dem Kläger am 12.08.2021 zugestellt, die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem als Pflichtbeitragszeiten zur Rentenversicherung nach § 5 AAÜG. Weder liege eine tatsächliche Einbeziehung noch eine nachträgliche Rehabilitierung vor. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des BSG und der von ihm aufgestellten Grundsätze gehabt. Der Kläger sei zwar am 30.06.1990 im VEB B Stammbetrieb des Kombinates Kraftwerksanlagenbau B beschäftigt gewesen, wobei es sich aber nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder einen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe, wie es die Versorgungsordnung bzw. die hierzu ergangene Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24.05.1951 (2. DB, GBl. DDR 1951 I S. 487) fordere. Eine Erweiterung auf andere Betriebe und Bereiche sei nicht möglich. Der Kläger sei auch nicht in einem Konstruktionsbüro beschäftigt, das gemäß § 1 Abs. 2 der 2. DB einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gleichgestellt gewesen wäre. Auf einen möglicherweise weiten Produktionsbegriff der sozialistischen Wirtschaftslehre in der DDR komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Es sei auf den Sprachgebrauch der DDR am 30.06.1990 abzustellen. Der Feststellungsbescheid vom 19.10.1999 sei rechtswidrig, könne aber wegen Fristablauf nicht mehr zurückgenommen werden. Den Kläger treffe keinerlei Verschulden an der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 19.10.1999, so dass er auf den Bestand des Bescheides habe vertrauen dürfen. Das Unrecht dürfe allerdings auch nicht erweitert werden, weswegen für die Anerkennung höherer Entgelte keine Rechtsgrundlage vorhanden sei und sich die Frage nach der Neuberechnung auf Grund der Neuberechnung der Rente auf Grund der Berücksichtigung gezahlter Jahresendprämien erübrige.

Dagegen hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am Montag, den 13.09.2021, Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er hat ausgeführt, dass es sich bei seinem Beschäftigungsbetrieb als Kombinatsbetrieb als Nachfolge-Rechtsform der "Vereinigungen volkseigener Betriebe" (VVB) um einen gleichgestellten Betrieb nach der 2. DB gehandelt habe. Schließlich sei auch unzutreffend, dass der VEB B Stammbetrieb sich lediglich mit der Durchführung "produktionsvorbereitender und produktionskoordinierender Aufgaben", also Projektierungsaufgaben, beschäftigt habe. Tatsächlich habe sein Hauptzweck in der (massenhaften) Errichtung von Kraftwerken/Kraftwerksanlagen als baulichen Anlagen bestanden. Auch die wiederholende Errichtung von (komplexen) Kraftwerken sei bereits in einer kleinen Anzahl als Serienfertigung und nicht als auftragsbezogene Einzelfertigung anzusehen. Allerdings habe es sich bei dem VEB B Stammbetrieb auch um ein Konstruktionsbüro im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB gehandelt, wobei auf den Zeitpunkt des Erlasses der 2. DB im Jahre 1951 und die Funktion von Konstruktionsbüros in der ehemaligen Sowjetunion abgestellt werden müsse. So habe der Beschäftigungsbetrieb des Klägers als Generalunternehmer für komplette Kraftwerksanlagen zunächst die konstruktiv-technische Konzeption der Gesamtanlage erstellen und dazu selbst alle notwendigen konstruktiven Vorarbeiten durchführen sowie eine Grobkonstruktion für alle Anlagenteile/Teilanlagen selbst erstellen müssen. Die 2. DB differenziere insoweit nicht nach bestimmten Konstruktionstätigkeiten in bestimmten Branchen, sondern wolle mit dem abstrakten Oberbegriff "Konstruktionsbüro" alle Betriebe in allen Branchen mit konzipierenden (technischen) Ingenieurstätigkeiten einbeziehen. Gerade Projektierungsarbeiten hätten dagegen nicht zu den Aufgaben des VEB B Stammbetriebs gehört. Eine Auseinandersetzung mit den streitigen Jahresendprämien fehle in der Entscheidung des Sozialgerichts völlig. Die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil es zum einen um die Rechtsfrage gehe, dass Kombinate und Kombinatsbetriebe gleichgestellte Betriebe im Sinne der 2. DB seien, aber auch um die Rechtsfrage, was unter einem Konstruktionsbüro zu verstehen sei. Beides betreffe eine Vielzahl von Rentenbeziehern aus der ehemaligen DDR.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 05.08.2021 sowie den Bescheid vom 18.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2020 aufzuheben und die an den Kläger gezahlten Jahresendprämien als (weitere) Entgelte nach dem AAÜG festzustellen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat darauf erwidert, dass das BSG alle vorliegend streitigen Begrifflichkeiten (Produktionsdurchführungsbetrieb der Industrie, Konstruktionsbüro, Generalauftragnehmer, Projektierungsbetrieb) in ständiger Rechtsprechung konkretisiert und präzisiert und auch zum maßgeblichen Sprachgebrauch ausgeführt habe, dass von Belang alleine Entwicklungen des versorgungsrechtlich relevanten Sprachgebrauchs seien. Insofern seien das persönliche Begriffsverständnis des Klägers oder Erläuterungen aus Wikipedia ohne Belang. In sich widersprüchlich und nicht recht verständlich seien die Einlassungen, der VEB sei Generalunternehmer und zugleich auch gleichgestelltes Konstruktionsbüro gewesen. Beides zusammen könne der VEB B Stammbetrieb, der nach seinem Hauptzweck zu beurteilen sei, nicht sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Akten der Beklagten verwiesen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die gemäß §§ 143,151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Verwaltungsakt vom 18.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger verfolgt sein Begehren nach Klarstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Recht statthaft im Wege einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheids vom 18.11.2019 ist einerseits die Ablehnung des Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X und andererseits die Feststellung der Rechtswidrigkeit des zur Überprüfung gestellten Bescheids vom 19.10.1999. Das Begehren des Klägers ist erkennbar darauf gerichtet, im Rahmen einer Überprüfung bestandskräftiger Verwaltungsakte nach § 44 SGB X (vgl. zur Anwendbarkeit der Vorschrift im Rahmen des § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG z.B. BSG, Urteil vom 07.12.2017, B 5 RS 1/16 R, juris Rn. 11), höhere Entgelte unter Berücksichtigung der Jahresendprämien festzustellen. Richtige Klageart für dieses Begehren ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl. BSG, a.a.O., juris Rn. 10; LSG Thüringen, Urteil vom 17.12.2020, L 2 R 703/17, juris Rn. 19). Mit der Anfechtungsklage begehrt der Kläger die Aufhebung des ablehnenden Überprüfungsbescheides vom 18.11.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2020. Die Verpflichtungsklage ist auf Verurteilung der Beklagten gerichtet, den Bescheid vom 19.10.1999 abzuändern und für die Zeiten vom 01.09.1959 bis zum 30.06.1990 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung der Jahresendprämien festzustellen. Weiterer Verfügungssatz des angefochtenen Bescheids ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit des zur Überprüfung gestellten Bescheids vom 19.10.1999. Diesen Teil des Bescheids ficht der Kläger ebenfalls mit einer Anfechtungsklage statthaft an.

An seinem bisherigen Antrag gerichtet auf Neuberechnung der Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung der Jahresendprämien hat der Kläger nicht mehr festgehalten. Denn Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht die Gewährung einer höheren Rente, sondern eine weitere Feststellung nach § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 1 AAÜG. Die inzwischen ergangenen Rentenbescheide haben den ursprünglichen Datenfeststellungsbescheid vom 19.10.1999 weder abgeändert oder ersetzt (BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 7/06 R, Rn. 25 juris). Da hinsichtlich der Höhe der Altersrente kein (weiterer) Prozess anhängig ist, liegt auch kein Fall eines unzulässigen "Vorfragenprozesses" vor (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 22.04.2009, L 16 R 688/06, juris). Vielmehr ist der (nicht beklagte) Leistungsträger gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 AAÜG an die Feststellungen des vorliegend beklagten Versorgungsträgers gebunden.

Das so aufgefasste Berufungsbegehren ist unbegründet. Zwar ist der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 19.10.1999 rechtswidrig (dazu unter 1.), der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Abänderung dieses rechtswidrigen Bescheids im Rahmen des Überprüfungsverfahrens und Feststellung weiterer Entgelte unter Berücksichtigung der Jahresendprämien (dazu unter 2.). Schließlich hat die Beklagte zu Recht isoliert festgestellt, dass der Bescheid vom 19.10.1999 rechtswidrig ist (dazu unter 3.).

1. Der Feststellungsbescheid vom 19.10.1999 ist rechtswidrig.

Der Kläger hatte bei Inkrafttreten des AAÜG am 01.08.1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes, weswegen das AAÜG auf ihn nicht anwendbar ist. Die Beklagte hat daher zu Unrecht Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt.

Insoweit verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück.

Zu der im Rahmen des Berufungsverfahrens vom Kläger vorgebrachten Argumentation, er falle unter den Anwendungsbereich des AAÜG, führt der Senat Folgendes aus:

Anspruchsgrundlage für die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und weiterer Arbeitsentgelte ist § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 1 AAÜG. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträger des Klägers durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG mitzuteilen. Diese Mitteilung hat u.a. die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, sowie das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zur enthalten. Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01.08.1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei dem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als nicht eingetreten. Nach § 1 Abs. 2 AAÜG sind Zusatzversorgungssysteme die in der Anlage 1 zum Gesetz genannten Systeme. Im vorliegenden Fall kommt nur die in Ziff. 1 der Anlage genannte zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (vgl. Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (VO-AVItech) vom 17.8.1950, GBl. DDR 1950 I S. 844) in Betracht. Eine dem Kläger ursprünglich zugesagte Zusatzrente nach der "Anordnung zur Durchführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben" vom 09.03.1954, bei der es sich um eine betriebliche Zusatzversorgung gehandelt hat, stellt keine Zusatzversorgung im Sinne des AAÜG dar (vgl. Anlage 1 AAÜG in der Fassung vom 11.11.1996).

Der Kläger ist nicht Inhaber einer am 01.08.1991 bestehenden Versorgungsanwartschaft. Es liegt weder eine Einzelfallentscheidung vor, durch die zu seinen Gunsten zu diesem Zeitpunkt eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden wäre. Eine positive Statusentscheidung der Beklagten liegt ebenso wenig vor wie eine frühere Versorgungszusage aus einem nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag bindend gebliebenen Verwaltungsakt. Auch ist der Kläger nicht durch Einzelvertrag oder eine spätere Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Dies wird von ihm auch nicht angegeben.

Der Kläger hatte auch nach dem am 01.08.1991 gültigen Bundesrecht und aufgrund der am 30.06.1990 gegebenen tatsächlichen Umstände aus bundesrechtlicher Sicht keinen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage im Sinne der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 31/01 R, Rn. 20 ff. juris)

Die fiktive Einbeziehung in die Altersversorgung der technischen Intelligenz setzt nach ständiger Rechtsprechung des BSG die kumulative Erfüllung der persönlichen, der sachlichen und der betrieblichen Voraussetzungen zum Stichtag 30.06.1990 voraus. Erforderlich ist, dass der Betreffende berechtigt war, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, er die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hat und dies in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einer gleichgestellten Einrichtung erfolgt ist (BSG, a.a.O.).

Vorliegend hat der Kläger nachgewiesen, dass er grundsätzlich zu dem nach § 1 Abs. 1 der 2. DB als versorgungsberechtigt anerkannten Kreis der technischen Intelligenz angehörte, weil er berechtigt war, die Berufsbezeichnung "Diplom-Ingenieur" zu führen (persönlicher Anwendungsbereich). Allerdings fehlt es an der Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung, da der Kläger zum Stichtag 30.06.1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einer gleichgestellten Einrichtung beschäftigt war.

Wer Beschäftigungsbetrieb am maßgeblichen Stichtag 30.06.1990 ist, bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG allein danach, wer Arbeitgeber im rechtlichen Sinne ist. Das war im Fall des Klägers am 30.06.1990 der VEB B Stammbetrieb des Kombinats Kraftwerksanlagenbau. Bei diesem Betrieb hat es sich aber um keinen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB (BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 3/06 R, Rn. 21 ff. juris) gehandelt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG fallen unter volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens nur Produktionsdurchführungsbetriebe, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion von Sachgütern das Gepräge gibt (vgl. BSG, Urteile vom 20.03.2013, B 5 RS 3/12 R, Rn. 38 juris mwN). Hauptzweck bzw. Schwerpunkt muss die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigstellung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen sein (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19.07.2011, B 5 RS 1/11 R, Rn. 20 ff. juris). Damit ist klargestellt, dass die Versorgungsordnung und auch § 1 Abs. 1 der 2. DB nur volkseigene Produktionsbetriebe erfasste und dass auch nur bestimmte Berufsgruppen der technischen Intelligenz, die gerade in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig waren, generell in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden sollten (vgl. auch § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 26.09.1950, DDR GBl. II Nr. 111 S. 1043 - 1. DB - und BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 41/01 R, Rn. 27 ff. juris). Die Einschränkung nur auf Produktionsbetriebe der Industrie ergibt sich auch aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens einerseits und allen anderen volkseigenen Betrieben andererseits, welche die DDR spätestens ab den sechziger Jahren und jedenfalls am 30.06.1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten vorgenommen hat (vgl. die Gegenüberstellung von Kombinaten, Kombinatsbetrieben, übrigen volkseigenen Betriebe in der Industrie und im Bauwesen gegenüber denen aus anderen Bereichen der Volkswirtschaft in § 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28.03.1973, DDR GBl. I Nr. 15 S. 129; § 41 Abs. 1 1. Spiegelstrich, Abs. 2 Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 08.11.1979, DDR GBl. I Nr. 38 S. 35). Schließlich ergeben sich die positiven Bestimmungsmerkmale der Teilmenge "Produktionsbetriebe" mit hinreichender Bestimmtheit aus dem sachlichen Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Industrie, auf dessen Einvernehmen es nach § 5 der VO-AVItech für den Erlass von Durchführungsbestimmungen durch das Ministerium der Finanzen u.a. ankam. Die Beteiligung gerade dieses damals für Herstellungsvorgänge in den industriellen Fertigungsbetrieben verantwortlichen Ministeriums (so auch in der Präambel der 1. DB) gibt zu erkennen, dass versorgungsrechtlich grundsätzlich nur diesem Kriterium genügende VEB erfasst sein sollten. Entscheidend ist danach der Hauptzweck des Betriebs, der dem Betrieb das Gepräge gegeben hat (vgl. etwa BSG, Urteil vom 10.04.2002, B 4 RA 10/02 R, Rn. 18 ff. juris) und welches Produkt danach im Ergebnis erstellt werden sollte (BSG, Urteil vom 18.12.2003, B 4 RA 14/03 R, Rn. 28 juris).

Unter Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze hat es sich bei dem VEB B Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagenbau, auf den als Beschäftigungsbetrieb vorliegend abzustellen ist, nicht um einen Produktionsdurchführungsbetrieb gehandelt.

Der Senat legt seiner Entscheidung neben den vorliegenden Unterlagen und den eigenen Angaben des Klägers insbesondere die Feststellungen in den Urteilen des Sächsischen LSG vom 12.04.2016 (L 5 RS 368/15, Rn. 27 ff. juris) und des LSG Berlin-Brandenburg vom 01.02.2018 (L 33 R 351/16, Rn. 35 ff. juris) zugrunde, die sich ihrerseits auf beigezogene Betriebsunterlagen beziehen. Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren keine davon abweichenden Tatsachen vorgetragen, sondern lediglich eine andere rechtliche Bewertung der Tatsachen vorgenommen.

Nach dem Vortrag des Klägers in der Klageschrift, war Hauptzweck "die Gestaltung der Erzeugnisse im Prozess der Vorbereitung der Produktion, die Anfertigung von Konstruktionszeichnungen, die Aufstellung von Stücklisten und die Funktionserprobung des Erzeugnisses". Das Sächsische LSG und das LSG Berlin-Brandenburg stellten in den zitierten Entscheidungen fest, dass nach § 3 Abs. 1 Spiegelstrich 1 des zuletzt maßgeblichen Kombinatsstatuts vom 30. November 1984 dem VEB B Stammbetrieb des Kombinates Kraftwerksanlagenbau die Wahrnehmung der Generalauftragnehmerschaft für die planmäßige Vorbereitung, Projektierung, Errichtung und Inbetriebsetzung kompletter Kraftwerke entsprechend den Festlegungen in der Nomenklatur der General- und Hauptauftragnehmer für die zu erbringenden Leistungen oblag. In der Nomenklatur der General- (GAN) und Hauptauftragnehmer (HAN) - Ausgabe 1985 - waren für den VEB B Stammbetrieb des Kombinates Kraftwerksanlagenbau im Nomenklaturblatt 05/19 die zu erbringenden Leistungen in folgenden Bereichen festgelegt:
- GAN für Kernkraftwerke, Dampfturbinenkraftwerke, Heizkraftwerke, Industriekraftwerke, Pumpspeicher- und Laufwasserkraftwerke, Gasturbinenkraftwerke sowie Müllverbrennungsanlagen,
- HAN für Stromerzeugungsanlagen mit Gasturbinenantrieb, Stromerzeugungsanlagen mit Dampfturbinenantrieb einschließlich regenerativer Speisewasservorwärmung, thermische Wasseraufbereitungsanlagen für Kraft- und Heizwerke sowie komplette Erdgasverdichterstationen für das zentrale Jugendprojekt "Erdgastrasse UdSSR" und Koordinierung und Leitung der Bau- und Ausrüstungsleistungen.
Der GAN-HAN-Leistungsumfang richtete sich dabei nach der Industriezweigrichtlinie für die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Investitionen von Elektroenergieerzeugungsanlagen. Der Betrieb plante und konzipierte damit die Kraftwerks- und Energieerzeugungsanlagen. Die Produktion der für die Kraftwerksausrüstung erforderlichen Maschinen und Anlagen selbst erfolgte hingegen in anderen, jeweils spezialisierten, Kombinatsbetrieben. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Spiegelstrich 2 und 3 des Kombinatsstatuts vom 30. November 1984 in Verbindung mit der spezifischen Aufzählung der (weiteren) Kombinatsbetriebe im Kombinatsstatut. Diesen anderen, weiteren, ebenfalls rechtlich selbständigen Kombinatsbetrieben oblagen die Produktion von Erzeugnissen und Zuliefererzeugnissen sowie die Durchführung von Rohrleitungsmontagen und Industrieisolierungen. Daraus wird ersichtlich, dass innerhalb des VEB B Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagenbau ein arbeitsteiliges Vorgehen erfolgte, während der Beschäftigungsbetrieb des Klägers selbst gerade keine unmittelbaren Produktionstätigkeiten wahrnahm, sondern für die Planung, die Projektierung, die Errichtung und die Inbetriebnahme der Kraftwerke und Stromerzeugungsanlagen verantwortlich war. In dieses betriebliche Betätigungsfeld des VEB B Stammbetrieb des Kombinates Kraftwerksanlagenbau fügt sich ein, dass auch die Rechtsnachfolgebetriebe des Betriebes nicht mit produktionsdurchführenden Aufgaben betraut waren. Der Kläger war ab Juli 1990 in der Energie- und Umwelttechnik GmbH R beschäftigt, die nach den Feststellungen des Sächsischen LSG, welche sich der Senat zu eigen macht, nach der Umwandlungserklärung vom 29. Juni 1990 und der sonstigen Umwandlungsunterlagen aus dem Jahr 1990 aus dem Betriebsteil Projektierung R hervorging. Die Energie- und Umwelttechnik GmbH R übernahm die Aufgaben der Beratung, Entwicklung, Voruntersuchung, Durchführbarkeitsstudien, Vorentwurfs- und Entwurfsplanung, Ausschreibung, Vergabe, Projektierung, Ausführungsplanung und Koordinierung von Gesamtanlagen, Teilanlagen und Komponenten der Kraftwerks-, Energie- und Umwelttechnik einschließlich des Vertriebs, der Inbetriebsetzung und des Kundendienstes.

Der VEB B Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagenbau war somit im Sinne eines GAN-HAN mit der Planung und Konzeption von Kraftwerks- und Energieerzeugungsanlagen beschäftigt, während die Produktion der für die Kraftwerksausrüstung erforderlichen Maschinen und Anlagen in anderen, jeweils spezialisierten, Kombinatsbetrieben erfolgte. Dass bei der Produktion auf Zulieferbetriebe zurückgegriffen wurde, hat auch der Kläger nicht in Abrede gestellt. Ein volkseigener Betrieb, dessen betrieblicher Hauptzweck die Tätigkeit als GAN war, war aber kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Maßgebend sind dabei weder Eigentums- noch Beherrschungsverhältnisse, sondern ausschließlich der Betriebs- und Hauptzweck des jeweiligen Beschäftigungsbetriebs (vgl. etwa BSG, Urteil vom 18.12.2003, B 4 RA 14/03 R, juris). Bei einem arbeitsteiligen Vorgehen wie vorliegend, wonach die Herstellung der erforderlichen Maschinen und Anlagen jeweils in spezialisierten Kombinatsbetrieben erfolgten, während im Stammbetrieb gerade keine unmittelbaren Produktionstätigkeiten stattgefunden haben, weil dieser als koordinierender "Kopf" des Kombinats für die Planung, die Projektierung, die Errichtung und Inbetriebnahme der Kraftwerke und Stromerzeugungsanlagen verantwortlich war, handelt es sich jedenfalls hinsichtlich des Hauptzwecks nicht um einen Produktionsbetrieb (Sächsisches LSG, a.a.O.).

Schließlich würde es auch in dem Fall, dass Produktionsabläufe dem VEB B Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagen zuzurechnen wären, an dem Erfordernis einer massenhaften Produktion im Sinne eines massenhaften Ausstoßes standardisierter Produkte, die hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft ermöglichen sollten, fehlen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 41/01 R, Rn. 45 juris). Bei der Planung und Fertigstellung einer Großanlage wie einem Kraftwerk handelt es sich offensichtlich nicht um einen Zweck, der auf die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. BSG, Urteil vom 27.07.2004, B 4 RA 11/04 R, Rn. 18 juris; Sächsisches LSG, Urteil vom 04.05.2016, L 5 RS 155/12, Rn. 20 ff. juris). Diesbezüglich genügt es nicht, wenn die Produktion nach dem Betriebszweck auf die Herstellung einer unbestimmten Anzahl von baulichen Anlagen in einem standardisierten Verfahren ausgerichtet war, wobei sich die Anlagen bzw. Kraftwerke nachvollziehbar und auch nach den Angaben des Klägers nicht nur in ihren Leistungsgrößen unterschieden haben, sondern sich die Errichtung über einen längeren Zeitraum von zumeist mehreren Jahren hingezogen hat. Eine unmittelbare Produktionsdurchführung mit massenhafter Sachgüterproduktion in der vom BSG für erforderlich erachteten Art und Weise liegt hierin nicht.

Insoweit genügt es auch nicht, wenn, wie der Kläger angibt und was als zutreffend unterstellt werden kann, beim Bau der Anlagen auf im wesentlichen standardisierte Bauteile zurückgegriffen worden ist. In den neueren und konkretisierenden Entscheidungen des BSG zu den von einem volkseigenen Industriebetrieb ausgeführten Montagearbeiten wird ausgeführt, dass der mehr oder weniger schematisch anfallende Zusammenbau von im Wege industrieller Massenproduktion massenhaft hergestellten Bauteilen zum fertigen Produkt seinerseits Teil der industriellen Produktion dann sein kann, wenn die zusammengefügten Bauteile selbst, also von dem der Beurteilung zugrunde liegenden Beschäftigungsbetrieb, massenhaft hergestellt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2012, B 5 RS 8/11 R, Rn. 23 ff. juris). Treten aber unter anderem individuelle Kundenwünsche, wie der zusätzliche Einbau von besonders gefertigten Teilen oder der Bau eines zwar aus standardisierten Einzelteilen bestehenden, so aber vom Hersteller nicht vorgesehenen und allein auf besondere Anforderungen gefertigten Produkts in den Vordergrund, entfällt der Bezug zur industriellen Massenproduktion (BSG, Urteil vom 19.07.2011, B 5 RS 7/10 R, Rn. 31 juris; BSG, Urteil vom 20.03.2013, B 5 RS 3/12 R, Rn. 26 juris). Denn der versorgungsrechtliche Begriff der Massenproduktion im Sinne der VO-AVItech ist auf die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern gerichtet. Er ist damit in quantitativer Hinsicht allein durch die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion gekennzeichnet, wobei es nicht auf das konkrete Erreichen einer bestimmten Anzahl von Gütern ankommt, die der Betrieb insgesamt produziert oder an einzelne Kunden abgegeben hat. In ihrem wesentlichen qualitativen Aspekt unterscheidet sich die Massenproduktion von der auftragsbezogenen Einzelfertigung mit Bezug zu individuellen Kundenwünschen als ihrem Gegenstück dadurch, dass der Hauptzweck des Betriebs auf eine industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren gerichtet ist. Es ist in erster Linie diese Produktionsweise, die den Begriff der Massenproduktion kennzeichnet, und die inhaltliche Gesamtbetrachtung eines Betriebs, die ihn zu einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens macht. "Standardisiert und automatisiert" in diesem Sinne ist alles hergestellt, was mit einem vom Hersteller vorgegebenen Produkt nach Art, Aussehen und Bauweise identisch ist, aber auch dasjenige Sachgut, das aus mehreren ihrerseits standardisiert und automatisiert hergestellten Einzelteilen zusammengesetzt und Teil einer einseitig und abschließend allein vom Hersteller vorgegebenen Produktpalette ist (BSG, Urteil vom 09.05.2012, B 5 RS 8/11 R, Rn. 23 juris; BSG, Urteil vom 09.10.2012, B 5 RS 5/12 R, Rn. 26 juris; BSG, Urteil vom 09.10.2012, B 5 RS 5/11 R, Rn. 26 juris). Eine solche Produktpalette hat der Beschäftigungsbetrieb des Klägers nicht vorgehalten. Bei den Kraftwerksanlagen handelte es sich letztlich um einzelne Bauprojekte, die sich insbesondere in ihrer Größe und in ihren Standortfaktoren unterschieden, und einer individuellen Planung bedurften.

Es hat sich bei dem VEB B Stammbetrieb auch nicht um einen nach § 1 Abs. 2 der 2. DB dem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gleichgestellten Betrieb gehandelt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 3/06 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 16). Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB werden den volkseigenen Betrieben wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Versuchsstationen, Laboratorien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen, technische Schulen, Bauakademie und Bauschulen, Bergakademie und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie), Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien gleichgestellt.

Der VEB B Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagenbau kann unter keine dieser Betriebsgruppen gefasst werden, weil Kraftwerke und Energieerzeugungsanlagen konzipierende Betriebe nicht aufgeführt sind. Eine Einbeziehung dieser Betriebe hätte nur erfolgen können, wenn die nach § 5 VO-AVItech ermächtigten Ministerien die Regelung in § 1 Abs. 2 der 2. DB dahingehend ergänzt hätten, was nicht geschehen ist.

Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers ist - entgegen seinen Ausführungen - weder als VVB noch als Konstruktionsbüro in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 2. DB einzubeziehen.

Um das "Analogieverbot" (vgl. ausführlich BSG, Urteil vom 20.03.2013, B 5 RS 27/12 R, Rn. 18 juris), das aus den Neueinbeziehungsverboten in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zum Einigungsvertrag) und dem Einigungsvertrag (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a Satz 1 Halbsatz 2 zum Einigungsvertrag) folgt, nicht zu unterlaufen, hat sich eine Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts "strikt am Wortlaut zu orientieren" (so auch BSG, Urteile vom 15.06.2010, B 5 RS 6/09 R, Rn. 37 juris; B 5 RS 9/09 R, Rn. 32 juris; B 5 RS 10/09 R, Rn. 32 juris; B 5 RS 16/09 R, Rn. 34 juris; B 5 RS 17/09 R, Rn. 32 juris). Für die Antwort darauf, ob das Versorgungsrecht - aus welchen Gründen auch immer - bestimmte Betriebsgruppen einbezogen oder nicht einbezogen hat, kann nur auf die sprachlich abstrakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der Versorgungsordnungen und ihrer Durchführungsbestimmungen abgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 42/01 R, Rn. 27 juris).

Eine Erweiterung des Kreises der gleichgestellten Betriebe ist daher nicht zulässig. Zum einen ist nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 der 2. DB die Aufzählung der dort genannten Betriebe abschließend. Zum anderen ist eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 geltenden abstrakt-generellen Regelungen der DDR, auch soweit sie willkürlich gewesen sein sollten, durch die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt nicht zulässig, worauf das BSG wiederholt hingewiesen hat (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 3/02 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die in ständiger Rechtsprechung des BSG aufgestellten Grundsätze im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht beanstandet. Nach Auffassung des BVerfG ist es zulässig, dass sich das BSG am Wortlaut der Versorgungsordnung orientiert und nicht an eine Praxis oder an diese Praxis möglicherweise steuernde unveröffentlichte Richtlinien der DDR anknüpft. Art. 3 Abs. 1 und 3 GG gebieten nicht, vorhandene Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (BVerfG, Beschlüsse vom 26.10.2005, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05, juris, und Beschluss vom 04.08.2004,1 BvR 1557/01, BVerfGK 4, 12-16; BSG, Urteil vom 08.06.2004, B 4 RA 57/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3).

Bei dem VEB B Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagen hat es sich um einen Kombinatsbetrieb und nicht um eine VVB gehandelt. Da das Recht der Versorgungssysteme auf Lebenssachverhalte abstellte, die in der DDR verwirklicht worden waren, bestimmt sich das Verständnis dort verwandter Ausdrücke rechtlich nach dem staatlichen Sprachverständnis am Ende der DDR (02.10.1990), faktisch jedoch im Regelfall nach demjenigen, das bei Schließung der Systeme am 30.06.1990 in staatlichen Regelungen verlautbart war (BSG, Urteil vom 07.09.2006, B 4 RA 41/05 R, Rn. 26 ff. juris). Nicht zulässig ist daher die vom Kläger angestellte historische Betrachtungsweise, wonach Kombinate als Nachfolger der VVB als solche anzusehen seien. Dies widerspricht auch der vom Gesetzgeber der DDR bis zu deren Ende beibehaltenen Differenzierung zwischen VEB, Kombinaten und VVB (vgl. Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 03.04.1973, a.a.O., sowie Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 08.11.1979, a.a.O.) Auf die Frage, ob Kombinate tatsächlich Aufgaben der VVB wahrgenommen haben, kommt es deshalb nicht an.

Auch hat es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers nicht um ein Konstruktionsbüro gehandelt. Zwar führt der Kläger zutreffend aus, dass die im Versorgungsrecht nicht benannten sog. Projektierungsbüros in der DDR nicht identisch mit den ausdrücklich gleichgestellten Konstruktionsbüros waren und Projektierungsbüros nicht durch eine den Text des Versorgungsrechts erweiternde Auslegung einzubeziehen waren (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 04.08.2004, 1 BvR 1557/01, BVerfGK 4, 12-16; BVerfG, Beschluss vom 26.10.2005, 1 BvR 1921/04, juris). Allerdings ist der von ihm gezogene Umkehrschluss, dass es sich folglich bei dem VEB B Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagen um einen Konstruktionsbetrieb gehandelt habe, ebenfalls nicht zulässig. Dabei ist nicht auf die Entstehungsgeschichte und das sowjetische (Sprach-) Verständnis der Fünfzigerjahre abzustellen, sondern ausschließlich auf das staatliche Sprachverständnis des Jahres 1990. Danach betraf die Konstruktion "die Herstellung und den Betrieb der Teile, Anlagenteile und Anlagen" und Konstruktionsarbeiten hatten Fragen der technischen Herstellung (Produktion) von Einzelteilen oder auch ganzer Anlagen und ihres betrieblichen Einsatzes (bzw. Einsetzbarkeit) zu beantworten, während Projektierung sich nicht mit der Lösung derartiger Probleme befasste, sondern sie voraussetzte, um ein technisches (Gesamt-) Konzept zu erstellen, das die optimale Realisierung des Unternehmenszweckes gewährleistete. Es hat sich also bei der Projektierung um eine im Vergleich zur Konstruktion "übergeordnete Funktion" gehandelt (vgl. auch die Verordnung über das Projektierungswesen - Projektierungsverordnung - vom 20.11.1964, DDR GBl. Teil II Nr. 115, S. 909). Auch die "Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens" vom 10.12.1974 (DDR GBl. 1975 Teil I Nr. 1), die noch am 30.06.1990 galt, unterschied zwischen Konstruktion und Projektierung (vgl. dazu ausführlich BSG, Urteil vom 07.09.2006, B 4 RA 41/05 R, juris). Vorliegend kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei den im VEB B Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagen vom Kläger verrichteten Tätigkeiten eher um Projektierungs- oder um Konstruktionsarbeiten gehandelt hat. Denn jedenfalls hat es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb um kein reines Konstruktionsbüro gehandelt, bei denen es sich (anders als bei einem Projektierungsbüro) um Abteilungen oder Einrichtungen eines Betriebs oder Kombinats gehandelt hat, die als unselbstständige Teile eines Betriebs oder Kombinats als solche keine Arbeitgeber und damit auch keine versorgungsrechtlich gleichgestellten Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB hätten sein können (BSG, a.a.O., Rn. 30 ff. unter Hinweis auf das "Ökonomische Lexikon" 3. Aufl. 1979). Entsprechend hat das BSG in Zweifel gezogen, ob es am maßgeblichen Stichtag überhaupt noch Konstruktionsbüros in der DDR als selbstständige Betriebe gegeben hat, wogegen auch die Auflistung in der "Systematik der Volkswirtschaftszweige der Deutschen Demokratischen Republik" (Ausgabe 1985) spreche, die zwar Projektierungsbetriebe (Nr. 6 300 0 und 6 331 0), jedoch keine Konstruktionsbüros benenne. Allerdings kann vorliegend auch nach den Angaben des Klägers festgestellt werden, dass es sich bei den von ihm verrichteten Konstruktionsarbeiten nicht um den Hauptzweck des VEB B Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagen als Generalunternehmer gehandelt hat.

Aus der Nichtanwendbarkeit des AAÜG auf den Kläger folgt, dass für ihn auch keine weiteren Arbeitsentgelte festzustellen sind, weshalb sich das Sozialgericht zu Recht nicht mit der Frage beschäftigt hat. Gleichwohl weist der Senat ergänzend darauf hin, dass der Kläger auch bei Anwendbarkeit des AAÜG keinen Anspruch auf Anerkennung weiterer Entgelte aufgrund der angegebenen Zahlung von Jahresendprämien hätte, weil er die Zahlung konkreter Entgelte weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht hat.

Anspruchsgrundlage für die begehrten rechtlichen Feststellungen wäre § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 1 AAÜG. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträgerin für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs. 2 bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat u.a. "das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" (= Arbeitsverdienste) zu enthalten.

Die Frage, welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem (Zusatz-) Versorgungssystem der DDR zuzuordnen sind, bestimmt sich § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Danach ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 a.a.O.) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Der Begriff des Arbeitsentgelts i.S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bestimmt sich dabei nach § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV; vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, SozR 4-8570 § 6 Nr. 4). Danach ist auch geklärt, dass die sog. Jahresendprämien einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV waren und diese bundesrechtliche Qualifizierung nicht durch § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV iVm § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) vom 18.12.1984 (BGBl. I S. 1642) ausgeschlossen ist. Gleichzeitig folgt für die Feststellung von Bezug und Höhe dieser einmaligen Einkünfte aus der Formulierung "erzieltes Arbeitsentgelt" in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also in bestimmter Höhe tatsächlich gezahlt worden ist. Für den Zufluss von Entgeltbestandteilen wie der sog. Jahresendprämie trägt der Zahlungsempfänger die Feststellungs- bzw. objektive Beweislast, d.h. das Risiko bzw. den Nachteil, dass sich diese Tatsache nicht beweisen und feststellen lässt (non liquet). Der Tatbestand öffentlich-rechtlicher Normen ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn ein einschlägiger Sachverhalt nach Ausschöpfung grundsätzlich aller zur Verfügung stehenden Erkenntnisgrundlagen bis zur Grenze der Zumutbarkeit (BSG, Beschluss vom 02.03.2010, B 5 R 208/09 B, juris; BVerwG, Urteil vom 26.08.1983, 8 C 76.80, juris) mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Vollbeweis, d.h. zur vollen Überzeugung des hierzu berufenen Anwenders i.S. einer subjektiven Gewissheit feststeht. Für das sozialgerichtliche Verfahren ergibt sich dies aus §§ 103 Satz 1 Halbsatz 1, 128 Abs. 1 Satz 1 SGG. Abweichungen von diesem Regelbeweismaß bedürfen einer gesetzlichen Grundlage (BSG, Urteil vom 15.12.2016, B 5 RS 4/16 R, Rn. 14 juris; BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr. 3; BVerwG, Beschluss vom 03.08.1988, 9 B 257.88, NVwZ-RR 1990, 165). Nur dann ist gewährleistet, dass normativ angeordnete Rechtsfolgen allein Fällen der gesetzlich vorgesehenen Art zugeordnet werden und im Streitfall effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gewährleistet ist. Solche Beweiserleichterungen sind in § 6 Abs. 5 und 6 AAÜG enthalten.

§ 6 Abs. 6 AAÜG erlaubt es dem Versicherten ausnahmsweise, die Höhe eines Verdienstteils glaubhaft zu machen, wenn der andere Teil des Verdienstes nachgewiesen ist und eröffnet insoweit zu seinen Gunsten im beschränkten Umfang eine Beweismaßreduzierung, allerdings auf Kosten eines Abschlags in Höhe eines Sechstels des glaubhaft gemachten Teils des Verdienstes.

Die Formulierungen "der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes" und "der andere Teil" sind prinzipiell weit und ermöglichen es, die Glaubhaftmachung dieses Verdienstteils sowohl auf dessen Höhe als auch auf dessen Zufluss oder auf beides zu beziehen, während der Nachweis des übrigen Verdienstteils schon logisch Zufluss und Höhe erfassen muss. Angesichts der klaren gesetzlichen Differenzierung des Gesamtverdienstes in einen glaubhaft gemachten und einen nachgewiesenen Teil liegt es indes fern, die Glaubhaftmachung auf die Höhe des Verdienstes bei nachgewiesenem Zufluss zu beschränken. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Norm mit dem Erfordernis, dass Zufluss und Höhe eines Verdienstteils im Vollbeweis nachgewiesen sein müssen, bereits ausdrücklich das strenge Regelbeweismaß anlegt und damit einen starken Anker schafft, was spiegelbildlich Abstriche beim Beweismaß für Höhe und Zufluss des anderen Verdienstteils legitimiert und ggf. Rückschlüsse aufgrund zuvor oder anschließend erzielten Arbeitsentgelts erlaubt (grundlegend BSG, Urteil vom 15.12.2016, B 5 RS 4/16 R, Rn. 15 juris).

Nachweise liegen weder hinsichtlich der Zahlung der streitigen Jahresendprämien dem Grunde nach noch über deren Höhe vor. Selbst wenn aber der Senat es nach den vorgelegten schriftlichen Erklärungen als "überwiegend wahrscheinlich" und damit glaubhaft gemacht ansehen würde, dass dem Kläger "jedenfalls seit Mitte der 60er Jahre" - wobei auch der Beginn der Zahlung der Jahresendprämien hier offen bleibt - tatsächlich Jahresendprämien zugeflossen sind (zur Zulässigkeit der Glaubhaftmachung eines Entgeltbestandteils, vgl. etwa Bayerisches LSG, Urteil vom 23.06.2015, L 1 RS 3/14, juris), ist jedenfalls die Höhe der streitigen Zahlungen weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Denn weder der Kläger noch seine als Zeugen benannten früheren Kollegen können über die Aussage hinaus, dass die Jahresendprämien mindestens 50 % bzw. durchschnittlich 50 % eines monatlichen Nettoverdienstes betragen hätten, Angaben zu einer konkreten Höhe machen. Die Höhe der Jahresendprämien müsste in diesem Fall geschätzt werden, was nicht zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2018, B 5 RS 8/17 R, juris Rn. 19 ff.).

Eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG iVm § 256b Abs. 1 und § 256c Abs. 1 und 3 S. 1 SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Insofern kann offenbleiben, ob Abs. 5 überhaupt neben Abs. 6 zur Anwendung kommen kann (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 17 f.).

Die prozessuale Schätzbefugnis gemäß § 287 Zivilprozessordnung (ZPO), die nach § 202 Satz 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14.07.1988,11/7 RAr 41/87, SozR 4100 § 115 Nr. 2), greift hier von vornherein nicht ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen, ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter ausgestalten und festlegen müssen, ob und ggf. wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 22.03.2018, B 5 RS 8/17 R, juris). Allerdings wären auch die weiteren Voraussetzungen des § 287 ZPO nicht erfüllt. Die Schätzbefugnis und die damit verbundene Beweismaßreduzierung nach § 287 ZPO beschränkt sich nur auf die Höhe nachgewiesener Forderungen. Es käme bei einer Anwendung der Norm im hier maßgeblichen Zusammenhang zu dem Problem, dass hinsichtlich des "Ob" des Zuflusses (Glaubhaftmachung im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit) und mit Blick auf die Höhe der Forderung (Schätzungswahrscheinlichkeit) Erwägungen zu unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsgraden anzustellen wären. Damit würde aber das rechtswidrige Ergebnis in Kauf genommen, dass beide Faktoren in ihrer Überlagerung bzw. Kombination nicht mehr wahrscheinlich, sondern lediglich möglich wären. Eine derart weite Loslösung von der Wirklichkeit und die damit verbundene Aufweichung der Feststellungslast sieht § 287 Abs. 2 ZPO nicht vor; die bloße Möglichkeit, dass dem Versicherten Arbeitsentgelt in geschätzter Höhe zugeflossen ist, genügt keinesfalls (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).

Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ist schließlich nicht zuzustimmen, dass die Angabe des Klägers zur Höhe der Jahresendprämie keine Schätzung erfordern, sondern als konkrete Untergrenze einen glaubhaft gemachten "Mindestbetrag" darstellen würde. Nach den schriftlichen Angaben der früheren Arbeitskollegen hat die Höhe der Jahresendprämie "durchschnittlich 50 %" eines Nettomonatslohns betragen, worin bereits nicht die Angabe eines Mindestbetrages liegt. Für den Wortlaut, dass eine "Jahresendprämie durchschnittlich im Bereich eines Bruttomonatslohns" zugeflossen sei (vgl. Feststellung im revisionsrechtlich überprüften Urteil des Sächsischen LSG vom 01.03.2016, L 5 RS 578/15, Rn. 49 juris), hat das BSG am 22.03.2018 entschieden, dass darin keine Glaubhaftmachung liegt und eine Schätzung nicht zulässig ist. Aus diesem Grund reichen die Bestätigungen der früheren Arbeitskollegen des Klägers nicht für eine Glaubhaftmachung aus. Aber auch die vom Kläger mit "durchschnittlich mindestens 50 %" angegebene Höhe reicht nach Auffassung des Senats nicht für die Glaubhaftmachung einer Untergrenze aus. Zum einen kann es sich angesichts der unterschiedlichen Wortwahl des Klägers sowie seiner früheren Kollegen um lediglich sprachliche Ungenauigkeit handeln. Zum anderen erfordert die Feststellung des sozialversicherungspflichtigen Entgelts eine exakte Bestimmung im Vollbeweis bzw. unter den hier erleichterten Bedingungen des § 6 AAÜG, die nicht im Sinne von Mindest- oder Höchstgrenzen der Disposition der Beteiligten unterliegt; dies ergibt sich aus den umfassend hierzu ergangenen Regelungen z.B. in der ArEV. Schließlich würde das vom BSG als unzulässig erachtete Schätzergebnis nur mit einem anderen Namen deklariert. Dass der Senat mit dieser Rechtsauffassung insoweit von der Rechtsauffassung des Sächsischen LSG im Urteil vom 08.09.2022 (L 7 R 108/22 ZV, Rn. 55 ff. juris) abweicht, ist ohne Belang, weil wie oben dargelegt, der Kläger bereits nicht unter den Anwendungsbereich des AAÜG fällt, so dass es auf die Frage, ob die Jahresendprämien als weitere Entgelte festzustellen wäre, für die Entscheidung des Senats nicht ankommt.

2. Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu Recht abgelehnt.

Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 SGB X liegen nicht vor. Der Bescheid vom 19.10.1999 ist zwar rechtswidrig (vgl. oben unter 1.), er begünstigt den Kläger jedoch.

Als Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers, den Bescheid vom 19.10.1999 abzuändern und höhere Arbeitsentgelte festzustellen, kommt allein § 44 Abs. 2 SGB X in Betracht, denn die Feststellung der Zeiten und Arbeitsentgelte hat weder die Erbringung von Sozialleistungen noch die Erhebung von Beiträgen zum Gegenstand (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2017, B 5 RS 1/16 R, Rn. 12 juris). Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X kann er auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Allgemeine Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 2 SGB X ist, dass ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt vorliegt (vgl. Baumeister in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 44 SGB X (Stand: 23.02.2022) Rn. 32 ff). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt kann nur nach § 45 SGB X zurückgenommen werden. Während § 45 Abs. 1 SGB X den begünstigenden Verwaltungsakt definiert ("Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat"), enthält § 44 SGB X keine entsprechende Definition. Aus § 45 SGB X wird zuweilen im Umkehrschluss für § 44 SGB X die Konsequenz gezogen, nicht begünstigend sei ein Verwaltungsakt, "wenn die Begründung eines Rechts oder rechtserheblichen Vorteils abgelehnt, ein bestehender Vorteil entzogen oder ein Recht nicht in gebührendem Umfang zugestanden wird". Richtigerweise handelt es sich hier aber nur um eine Umschreibung, die in vielen Fällen zutreffen mag, die sich aber bei näherer Hinsicht nicht als ausreichend erweist. So kann es sich beispielsweise bei einem Verwaltungsakt, durch den ein Recht nicht in gebührendem Umfang zugestanden wird, durchaus auch um einen begünstigenden Verwaltungsakt handeln. Falls dieser Verwaltungsakt nämlich zu Lasten des Adressaten verändert wird, so ist nicht § 44 SGB X, sondern allenfalls § 45 SGB X anwendbar. Nicht begünstigend iS des § 44 Abs. 1 SGB X kann auch ein leistungsgewährender Verwaltungsakt sein, soweit er keine höheren Leistungen gewährt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.1989, 7 RAr 122/87, SozR 1300 § 44 Nr. 38).

Zwar ist der begünstigende Bescheid aus Sicht des Klägers auch insoweit belastend, als er nicht weitere Entgelte (Jahresendprämien) in die Feststellung mit einbezieht (vgl. Schütze in Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 44 Rn. 23). Allerdings ist die unmittelbare Wirkung des Feststellungsbescheides ausschließlich begünstigend, weil der Kläger - entgegen der Rechtslage - in den Anwendungsbereich des AAÜG überhaupt einbezogen wurde. Nur die mittelbare Folge - keine weiteren Entgelte - ist für den Kläger belastend. Sind die ungünstigen Folgen jedoch lediglich mittelbare Folge einer den Kläger ansonsten formal begünstigenden Regelung, soll es nur auf die unmittelbaren Wirkungen, nicht aber auf mittelbare Folgewirkungen ankommen (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.1984, 11 RA 22/83, Rn. 14 ff. juris).

Wollte man bei der Unterscheidung zwischen "begünstigendem" und "nicht begünstigendem" Verwaltungsakt auf die durch ihn im einzelnen bewirkten Rechtsfolgen abstellen, so würde die Einordnung des Verwaltungsaktes davon abhängig gemacht, ob dem Adressaten diese Rechtsfolgen günstig oder ungünstig erscheinen, was er zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich beurteilen kann. Der Adressat hätte es damit in der Hand, ob er die Aufhebung des Bescheides nach § 44 SGB X wegen ihm ungünstig erscheinender Rechtsfolgen betreiben oder ob er sich wegen ihm günstig erscheinender Rechtsfolgen auf den Bestandsschutz des § 45 SGB X berufen will. Den §§ 44 bis 49 SGB X ist indes kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Fortbestand eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes in diesem Sinne von der Einschätzung des Adressaten abhängig sein soll. Das Gesetz unterscheidet nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes und nicht danach, ob und aus welchen Gründen die Behörde oder der Einzelne die Aufhebung des rechtswidrigen Verwaltungsaktes betreibt (vgl. BSG, a.a.O.).

Der Feststellungsbescheid ist in diesem Sinne kein "nicht begünstigter Verwaltungsakt" iSd § 44 SGB X sondern ein "begünstigender Verwaltungsakt" iSd § 45 SGB X.

3. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 18.11.2019 "isoliert" zu Recht festgestellt, dass der Ursprungsbescheid vom 19.10.1999 rechtswidrig war. Eine "Änderung zugunsten des Betroffenen" wie vom Kläger vorgetragen, bedurfte es hierfür nicht.

Rechtsgrundlage dieser Feststellung ist § 48 Abs. 3 SGB X. Die Vorschrift lautet: Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

Die Beklagte war zum einen befugt, die Rechtswidrigkeit des Ursprungsbescheids festzustellen, obwohl keine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 oder 2 SGB X zugunsten des Betroffenen eingetreten ist (vgl. unter a; vgl. insgesamt LSG NRW, Urteil vom 31.08.2021, L 15 U 585/19, juris). Zum anderen waren auch die übrigen Voraussetzungen für eine isolierte Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ursprungsbescheids gegeben. Die im Ursprungsbescheid getroffene Regelung stellt einen für den Kläger begünstigenden rechtswidrigen Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X dar, der nicht (mehr) nach § 45 SGB X zurückgenommen werden konnte (vgl. unter b).

a) Aufgrund der Regelung des § 48 Abs. 3 SGB X war die Beklagte befugt, die Rechtswidrigkeit des Ursprungsbescheids isoliert vor Eintritt einer Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 und 2 SGB X durch Verwaltungsakt festzustellen.

Sinn und Zweck des § 48 Abs. 3 SGB X ist es, einen Ausgleich zwischen dem Bestandsschutzinteresse des Begünstigten und dem Interesse der Allgemeinheit an der Durchsetzung der materiell-rechtlich zutreffenden Rechtslage zu schaffen. Es bleibt nach § 48 Abs. 3 SGB X zwar der Bestandsschutz nach § 45 SGB X erhalten; jedoch wird der Begünstigte von zu seinen Gunsten eintretenden Änderungen solange ausgespart, bis die Begünstigung von der materiellen Rechtslage (wieder) gedeckt ist. Der ursprüngliche rechtswidrige Bescheid gibt entgegen seinem Inhalt keine Basis mehr her, um künftige Leistungsverbesserungen oder erstmalige Leistungsbewilligungen darauf aufzubauen (BSG, Urteil vom 18.03.1997, 2 RU 19/96, Rn.24 juris). Dadurch wird der zu Unrecht gewährte Vorteil im Lauf der Zeit "abgeschmolzen" (vgl. Schütze a.a.O., § 48 Rn. 37). Im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsschutzes ist ein solcher Eingriff jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur hinnehmbar, wenn die Rechtswidrigkeit des nicht mehr rücknehmbaren Ausgangsverwaltungsaktes in einem eigenständigen anfechtbaren Verwaltungsakt festgestellt wird (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1988, 2 RU 39/87, juris; BSG Urteil vom 22.06. 1988, 9/9a RV 46/86, juris; BSG, Urteil vom 18.03.1997, 2 RU 19/96, Rn. 24 juris; BSG, Urteil vom 16.12.2004, B 9 VS 1/04 R, juris). Dabei ist es der Verwaltung unbenommen, die Feststellung der Rechtswidrigkeit durch einen selbst konstitutiv wirkenden Bescheid oder als Teil eines Abschmelzungsbescheids zu treffen (BSG, Urteil vom 18.03.1997, 2 RU 19/96, Rn. 24 juris). Es bedarf somit für eine Abschmelzung nach § 48 Abs. 3 SGB X zweier Verfügungssätze. Zunächst ist in einer ersten Stufe die Rechtswidrigkeit des Ursprungsbescheids konstitutiv wirkend festzustellen und sodann bei Eintritt von Änderungen im Sinne des § 48 Abs. 1 oder 2 SGB X sind in einer zweiten Stufe ggf. konkrete zukünftige Leistungen abzuschmelzen (so auch Steinwedel in Kassler Kommentar, § 48 SGB X Rn. 65 a, EL 112 Dezember 2020). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit kann dabei zur frühzeitigen Klärung des Sozialrechtsverhältnisses auch selbstständig und zeitlich vor dem Ausspruch des Einfrierens oder Abschmelzens und vor Eintritt einer Änderung der Verhältnisse getroffen werden (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 16.12.2004, B 9 VS 1/04 R, Rn.15 juris). Dies ist aus Sicht der Verwaltung gerade im Hinblick auf zukünftige, gegenwärtig noch nicht absehbare Änderungen geboten, weil die Feststellung der Rechtswidrigkeit nur ex nunc wirkt und damit ein Abschmelzen nur im Hinblick auf solche Änderungen zugunsten der leistungsberechtigten Person ermöglicht, die nach dem Wirksamwerden der Feststellung der Rechtswidrigkeit eintreten (BSG, Urteil vom 22.06.1988, 9/9aRV 46/86, Rn. 22 f. juris; BSG, Urteil vom 26.10.2017, B 2 U 6/16 R, Rn. 12 juris).

Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass für eine Leistungsabschmelzung nach § 48 Abs. 3 SGB X eine Änderung zu verlangen ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.2007, B 2 U 38/05 R, Rn. 20 juris; BSG, Urteil vom 31.01.1989, 2 RU 16/88, Rn.14 juris). Dies ergibt sich nicht nur aus dem ausdrücklichen Wortlaut des § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X, sondern auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung, die nur eine Zukunftswirkung für eine "neu festzustellende Leistung" entfalten soll. Das in § 48 Abs. 3 SGB X enthaltene Erfordernis einer Änderung betrifft aber nur die tatsächliche Abschmelzung von künftigen Leistungen, nicht aber die hier allein streitige Vorstufe der Feststellung der Rechtswidrigkeit.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 18.11.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2020 hat die Beklagte lediglich einen isolierten Feststellungsbescheid und noch keine konkrete Abschmelzung im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bezogen auf eine künftige Leistungserhöhung erlassen (für die die Beklagte als ZV-Träger auch gar nicht zuständig wäre). Einer für eine Abschmelzung erforderlichen Änderung entsprechend des Wortlauts des § 48 Abs. 3 SGB X bedurfte es hierfür nicht. Vielmehr ist die hier von der Beklagten vorangehende Feststellung zwingende Voraussetzung dafür, dass der Versicherungsträger nach § 48 Abs. 3 SGB X überhaupt erst bei künftig grundsätzlich zu Gunsten des Leistungsberechtigten eingetretenen Änderungen die Leistungen auf dem bisherigen Niveau einfrieren kann.

b) Der Bescheid vom 19.10.1999 ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 3 S. 1 SGB X, der nicht mehr nach § 45 SGB X zurückgenommen werden konnte.

Unbeachtlich ist, dass der streitgegenständliche Ursprungsbescheid, nicht wie in § 48 Abs. 3 SGB X aufgeführt, die Gewährung einer Leistung, sondern stattdessen zunächst die Grundlage einer Leistungsbewilligung festgestellt hat. Denn § 48 Abs. 3 SGB X ist entsprechend anwendbar, wenn der Fehler des Ursprungsbescheids nicht die Höhe einer Leistung, sondern zunächst nur den Grund der Leistungsbewilligung betrifft (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.1997, 2 RU 19/96, Rn.24 juris; BSG, Urteil vom 20.03.2007, B 2 U 38/05 R, Rn. 19 juris).

Der Bescheid vom 19.10.1999 ist ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt (siehe dazu oben unter 1 und 2), der nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen werden kann, weil die Rücknahmefrist des § 45 Abs. 3 S. 2 SGB X (zwei Jahre nach Bekanntgabe) verstrichen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Die Frage, ob über den Wortlaut der 2. DB hinaus weitere Betriebe (hier Kombinate oder Kombinatsbetriebe) gleichgestellte Betriebe sind, hat das BSG bereits mehrfach entschieden (vgl. dazu die oben zitierten Entscheidungen des BSG). Gleiches gilt für die Frage, was unter einem Konstruktionsbüro zu verstehen ist.

 

Rechtskraft
Aus
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