Eine Feststellungsklage auf Feststellung des Eintritts der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ist seit dem grundlegenden Kurswechsel bei der Auslegung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V durch das BSG mit Urteil vom 26.05.2020 (B 1 KR 9/18 R) und nachfolgend mit Urteilen vom 18.06.2020 (B 3 KR 14/18 R, B 3 KR 6/19 R und B 3 KR 13/19 R) nicht mehr zulässig. Nichtzulassungsbeschwerde anhängig B 1 KR 104/22 B
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.06.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihr Antrag auf Genehmigung einer Bruststraffungsoperation bei der Beklagten aufgrund der Nichteinhaltung der geltenden Fristen als genehmigt gilt.
Die 1963 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Januar 2020 wurde bei ihr (auf Kosten der Beklagten) eine Magenbypass-Operation durchgeführt. Nach der Operation nahm die Klägerin ca. 75 kg Körpergewicht ab.
Mit bei der Beklagten am 07.01.2022 eingegangenem Arztbrief des Klinikums S (Zentrum für operative Medizin) beantragte die Klägerin die Gewährung einer Bruststraffungsoperation beidseits. In dem Arztbrief vom 30.11.2021 ist die Diagnose ausgeprägte Ptosis Brust nach Gewichtsreduktion von ca. 75 kg durch Magenbypass-Operation vom Januar 2020 festgehalten. Zum Befund wird ausgeführt, dass die Klägerin bei einer Körpergröße von 164 cm ca. 70 kg wiege. Der Mamillen-Inframammärabstand betrage links 10 cm, rechts 9,5 cm, der Unterbrustumfang 85 cm. Als BH-Größe werde 85 B – C angegeben. Im Bereich der Unterbrustfalte fänden sich Abdrücke der BH-Körbchen. Aufgrund des hohen Gewichtsverlust werde eine Bruststraffungsoperation für medizinisch sinnvoll gehalten.
Mit Schreiben vom 11.01.2022 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie benötige ein Gutachten, das sie am 11.01.2022 in Auftrag gegeben habe. Am 17.01.2022 wurde die Klägerin telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Fünf-Wochen-Frist wegen des erst am 10.02.2022 beim Medizinischen Dienst (MD) stattfindenden Untersuchungstermins nicht eingehalten werden könne.
Im MD-Gutachten vom 10.02.2022 führte der Arzt M aus, die beiden Mammae seien ptotisch, symmetrisch und involutionsatroph ohne Nachweis einer Gigantomastie und eines submammären Ekzems. Ausgehend vom klinischen Befund liege keine Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinn vor. Eine Kostenübernahme für die plastisch-chirurgische Korrekturoperation werde nicht empfohlen.
Mit Bescheid vom 14.02.2022 lehnte die Beklagte die beantragte Leistung ab.
Am 10.03.2022 legte die Klägerin Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2022 zurückwies. Die von der Klägerin hiergegen am 09.05.2022 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage, die unter dem Az. S 16 KR 1261/22 geführt wird, ist noch anhängig.
Bereits am 05.04.2022 hat die Klägerin unter Verweis auf mehrere erstinstanzliche Entscheidungen und einen Beschluss des erkennenden Senats vom 21.09.2016 (L 5 KR 1519/15) die hier zugrundeliegende Klage beim SG erhoben. Sie hat die Feststellung begehrt, dass ihr Antrag auf Gewährung einer Bruststraffungsoperation beidseits als Sachleistung vom 07.01.2022 gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) als genehmigt gilt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beklagte habe die Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 1. Alt. SGB V nicht eingehalten. Eine rechtzeitige Mitteilung sei vorab nicht erfolgt. Als Folge hiervon sei die Genehmigungsfiktion eingetreten und sie zur Selbstbeschaffung der Leistung berechtigt. Bevor sie jedoch tatsächlich mit der Selbstbeschaffung der Leistung beginne, bedürfe es der gerichtlichen Feststellung des Eintritts der Genehmigungsfiktion und ihrer damit verbundenen Berechtigung zu Selbstbeschaffung der Leistung. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse liege vor. Mit der gerichtlichen rechtskräftigen Feststellung des Eintritts der Genehmigungsfiktion könne sie sich ohne Kostenrisiko die begehrte Leistung selbst beschaffen und der Beklagten gegenüber Kostenerstattung geltend machen. Sonst trage sie im Hinblick auf die Einhaltung des Beschaffungswegs das Kostenrisiko. Auf die Gutgläubigkeit komme es in diesem Verfahren nicht an. Diese sei keine tatbestandliche Voraussetzung für den Eintritt der Genehmigungsfiktion.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Zwar habe sie durch die telefonische Information am 17.01.2022 nicht der vom Gesetz geforderten Schriftform hinsichtlich der Information, dass die Frist nicht eingehalten werden könne, entsprochen. Daher sei die Genehmigungsfiktion eingetreten. Dies bestreite sie nicht und erkenne es auch ausdrücklich an. Einer gerichtlichen Feststellung durch das Gericht bedürfe es insoweit nicht. Die Feststellungsklage erachte sie als unzulässig, denn es fehle am notwendigen Feststellungsinteresse. Es bestehe keine Unklarheit über die Rechtssituation. Allein durch die Feststellung der Genehmigungsfiktion könnten nachteilige Konsequenzen – hier das Kostenrisiko bei Selbstbeschaffung – auch nicht vermieden werden. Entscheidendes Kriterium für einen Anspruch auf Kostenerstattung sei, ob die Klägerin zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich die Leistung selbst beschaffe, noch gut- oder schon bösgläubig sei (Verweis auf Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 26.05.2020 - B 1 KR 9/18 R -, in juris).
Mit Gerichtsbescheid vom 27.06.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es lege den Antrag gem. § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dahingehend aus, dass die Feststellung begehrt werde, wonach die Beklagte aufgrund eingetretener Genehmigungsfiktion die Kosten einer von der Klägerin noch selbst zu beschaffenden Bruststraffungsoperation – bis zu einer bindenden Entscheidung über die Sachleistung (§ 77 SGG) – zu erstatten habe. Wäre die Klage nur auf die Feststellung des Eintritts der Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V gerichtet, wäre sie als Elementenfestellungsklage unzulässig. Aber auch die erhobene Feststellungsklage – wie sie durch das SG ausgelegt werde – sei unzulässig. Für die Erhebung einer Feststellungsklage sei grundsätzlich erforderlich, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung habe. Es genüge dabei jedes eigene, nach der Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein könne. Die Klägerin begehre aber die Feststellung eines zukünftigen Rechtsverhältnisses, nämlich in Bezug auf eine noch zu beschaffende Bruststraffungsoperation. Hierfür fehle es am erforderlichen qualifizierten Feststellungsinteresse. Den Beteiligten sei es im Regelfall zumutbar, den Eintritt des Rechtsverhältnisses abzuwarten. Zwar sei ausnahmsweise auch ein aufschiebend bedingtes Rechtsverhältnis als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis anzusehen, wenn die wesentlichen Tatsachen bereits vorlägen und nur der Eintritt der Bedingung noch ausstehe, ebenso die Verpflichtung zu erst künftig fällig werdenden Leistungen, sofern diese Leistungen aufgrund eines gegenwärtig bereits feststehenden Sachverhalts zu erbringen seien und nur noch die Fälligkeit aufgeschoben sei. Dies sei hier aber nicht der Fall. Soweit man eine derart aufschiebende Bedingung für die Selbstbeschaffung der Leistung durch die Klägerin annehmen könne, sei das Vorliegen der weiteren Voraussetzung, nämlich der Gutgläubigkeit im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung derart ungewiss, dass eine Feststellung nicht in Betracht kommen könne. Das BSG habe zur Gutgläubigkeit ausgeführt, dass die Gutgläubigkeit ein tatsächlicher Umstand sei, der sich jederzeit hin zur Bösgläubigkeit verändern könne (Verweis auf BSG, Urteil vom 26.05.2020 - B 1 KR 9/18 R -, in juris). Zwar könne die Kenntnis bzw. „Gutgläubigkeit“ der Klägerin dahingestellt bleiben, wenn auf die von der Klägerin angestrebte Bruststraffung materiell-rechtlich ein (Sachleistungs)Anspruch bestehe. Wolle man hierauf bezogen ein qualifiziertes Feststellungsinteresse annehmen, da der Sachleistungsanspruch nicht ungewiss sei, sei die Feststellungsklage aber aufgrund ihrer Subsidiarität gegenüber der Leistungsklage unzulässig. Der Klägerin sei es insoweit zumutbar, den Ausgang der bereits von hier erhobenen Leistungsklage abzuwarten.
Gegen den ihr am 27.06.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.07.2022 beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass das SG schon nicht durch Gerichtsbescheid hätte entscheiden dürfen. Abgesehen davon wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen. Ihre Klage sei zulässig. Sie habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die begehrte Behandlung als genehmigt gelte. Die Zulassung der Revision rege sie an.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.06.2022 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Heilbronn zurückzuverweisen, hilfsweise, festzustellen, dass der Antrag der Klägerin vom 07.01.2022 auf Gewährung einer Bruststraffungsoperation beidseits als Sachleistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt gilt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe in nicht zu beanstandender Weise im Wege des Gerichtsbescheids entschieden. Im Übrigen teile sie die Auffassung des SG, dass die erhobene Feststellungsklage unzulässig sei.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG entscheidet, ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch weder im Haupt- noch im Hilfsantrag begründet.
1. Der Hauptantrag auf Zurückverweisung an das SG hat keinen Erfolg. Das SG hat zu Recht im Wege des Gerichtsbescheids entschieden. Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG, der vorliegend allein in Betracht kommt, kann das LSG die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Hier ist dem SG weder ein Verfahrensfehler unterlaufen noch ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit und bei der Frage, ob dies im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden kann, handelt es sich um eine Rechtsfrage. Somit ist keine aufwändige Beweisaufnahme notwendig. Das SG war berechtigt, nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, nachdem die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt war (§ 105 Abs. 1 SGG). Insofern kommt eine Zurückverweisung an das SG nicht in Betracht.
2. Auch der Hilfsantrag auf Feststellung, dass der Antrag der Klägerin vom 07.01.2022 auf Gewährung einer Bruststraffungsoperation beidseits als Sachleistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt gilt, hat keinen Erfolg.
Der Senat sieht sich insoweit gehindert, den Antrag – wie das SG – sachdienlich dahingehend auszulegen, dass die Klägerin die Feststellung begehrt, wonach die Beklagte aufgrund eingetretener Genehmigungsfiktion die Kosten einer von der Klägerin noch selbst zu beschaffenden Bruststraffungsoperation – bis zu einer bindenden Entscheidung über die Sachleistung (§ 77 SGG) – zu erstatten habe. Zwar gilt § 123 SGG auch im Berufungsverfahren (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG; 13. Aufl. 2020, § 123 Rn. 5a). Danach entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Im Zweifel wird der Kläger den Antrag stellen wollen, der ihm am besten zum Ziel verhilft (Meistbegünstigungsprinzip; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 123 Rn. 3). Bei einem von einem Rechtsanwalt oder einem anderen qualifizierten Prozessbevollmächtigten gestellten Klageantrag ist allerdings in der Regel anzunehmen, dass dieser das Gewollte richtig wiedergibt (BSG, Beschluss vom 05.06.2014 - B 10 ÜG 29/13 B -, in juris; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 123 Rn. 3). Im vorliegenden Verfahren hat der die Klägerin vertretende Rechtsanwalt, bei dem es sich um einen Fachanwalt für Sozialrecht handelt, nunmehr auch im zweitinstanzlichen Verfahren nur beantragt, festzustellen, dass der Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Bruststraffungsoperation beidseits als Sachleistung vom 07.01.2022 gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt gilt. An diesem schon erstinstanzlich gestellten Antrag hat er festgehalten, obwohl sich das SG zu dem so gestellten Antrag im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid dahingehend geäußert hat, dass die Klage, wenn sie nur auf die Feststellung des Eintritts der Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V gerichtet wäre, als Elementenfeststellungsklage unzulässig wäre. Eine Auslegung kommt daher zumindest im Berufungsverfahren nicht in Betracht.
Die ausweislich des Antrags gestellte Feststellungklage ist unzulässig.
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellungsklage muss nicht auf die Feststellung des Rechtsverhältnisses im umfassenden Sinn zielen. Es kann auch auf Feststellung einzelner Rechte und Pflichten geklagt werden, die auf dem Rechtsverhältnis im umfassenden Sinn basieren und vom Inhalt des Rechtsverhältnisses abhängen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG; 13. Aufl. 2020, § 55 Rn. 6). Nicht möglich ist aber die Feststellungsklage wegen einzelner Elemente, z.B. Rechtsfragen, Vorfragen, Tatfragen, Verwaltungsgepflogenheiten, Eigenschaften von Personen und Sachen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG; 13. Aufl. 2020, § 55 Rn. 9). So verhält es sich hier. Die Klägerin begehrt ausdrücklich nur die Feststellung der Genehmigungsfiktion. Diese begründet seit dem grundlegenden Kurswechsel bei der Auslegung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V durch das BSG mit Urteilen vom 26.05.2020 (- B 1 KR 9/18 R - und nachfolgend auch mit Urteilen vom 18.06.2020 - B 3 KR 14/18 R, B 3 KR 6/19 R und B 3 KR 13/19 R -, alle in juris) aber keinen eigenständigen Sachleistungsanspruch (mehr). Die Genehmigungsfiktion vermittelt dem Versicherten nur eine vorläufige Rechtsposition, die es ihm erlaubt, sich die Leistung selbst zu beschaffen. Ob ein Sachleistungsanspruch besteht und die Krankenkasse die Kosten der selbstbeschafften Leistung erstatten muss, ist damit nicht geklärt. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion ist nur ein Element der begehrten Sachleistung und der anschließenden Kostenerstattung. Voraussetzung für einen Sachleistungsanspruch und die Kostenerstattung mit Blick auf eine Leistung auf die nach den allgemeinen Grundsätzen der gesetzlichen Krankenversicherung kein Rechtsanspruch besteht, ist nach der nunmehrigen Rechtsprechung des BSG außerdem, dass der Versicherte im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung „gutgläubig“ war. Für die Gutgläubigkeit kommt es darauf an, ob der Versicherte das Nichtbestehen des Anspruchs kannte oder grob fahrlässig nicht kannte. Das Selbstbeschaffungsrecht besteht, solange der Versicherte gutgläubig ist, und endet, wenn über den Leistungsanspruch bindend entschieden worden ist oder sich der Antrag anderweitig erledigt hat (Helbig in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 13 Rn. 121.1).
Selbst wenn man aber davon ausgehen würde, dass auch die Feststellung der Genehmigungsfiktion isoliert begehrt werden kann, fehlt es - ebenfalls mit der Folge der Unzulässigkeit - jedenfalls an einem Feststellungsinteresse für die Feststellungsklage. Das Feststellungsinteresse ist ein Sonderfall des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Ein berechtigtes Interesse ist nicht gleichbedeutend mit einem rechtlichen Interesse, sondern schließt, über ein solches Interesse hinaus, jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse wirtschaftlicher oder ideeller Art ein. Das Feststellungsinteresse muss gerade gegenüber dem Beklagten bestehen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG; 13. Aufl. 2020, §55 Rn. 15a). Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Beklagte bestreitet, dass die Genehmigungsfiktion eingetreten ist. Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Die Beklagte bestreitet den Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht und erkennt sie ausdrücklich an.
Der Senat setzt sich damit auch nicht in Widerspruch zu seinem Beschluss vom 21.09.2016 (- L 5 KR 1510/15 -, in juris) und den Entscheidungen des Sozialgerichts Marburg (Urteil vom 10.02.2017 - S 14 KR 92/16 -, in juris) und des Sozialgerichts Mainz (Urteil vom 25.07.2016 - S 12 KR 28/16 -, in juris), auf die sich die Klägerin beruft und in denen jeweils die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht wurde. Diese Entscheidungen ergingen vor dem vom BSG im Jahr 2020 vorgenommenen Kurswechsel. Damals begründete die fingierte Genehmigung (noch) einen eigenständig durchsetzbaren Sachleistungsanspruch. Dies verschaffte den damaligen Klägern das Recht, ihr Begehren mit der Feststellungsklage zu verfolgen.
Die Entscheidungen des Sozialgerichts Karlsruhe (Gerichtsbescheid vom 14.02.2022 - S 11 KR 199/20 -, in juris), des Sozialgerichts Augsburg (Urteil vom 31.05.2022 - S 3 KR 377/21 -, in juris) und des Sozialgerichts Aachen (Urteil vom 09.04.2021 - S 15 KR 423/19 -, in juris), auf die sich die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung ebenfalls stützt, verkennen, dass allein der Eintritt der Genehmigungsfiktion den Versicherten nicht mehr zu einem Kostenerstattungsanspruch verhilft, es insoweit vielmehr noch der Gutgläubigkeit bei der Beschaffung der Leistung bedarf. Die weiter in der Berufungsbegründung angeführten Entscheidungen wurden von der Klägerin nicht vorgelegt und sind – soweit ersichtlich – (insbes. in juris) nicht veröffentlicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).