Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 6. Februar 2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Am 27. August 2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten die „Kostenübernahme für Stoffwechselerkrankungen und Generalsachverständigengutachtenkosten“.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 2. September 2019 ab und führte aus, dass die begehrte Leistung nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung sei.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 3. September 2019 Widerspruch. Im Widerspruchsverfahren übersandte der Kläger einen Überweisungsschein des ihn behandelnden Facharztes für Innere Medizin L, M, vom 4. September 2019 („Verdacht auf Stoffwechselerkrankung“) sowie den Entwurf einer privatärztlichen Honorarvereinbarung mit dem MVZ „N Institut für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin“ M (Behandlung durch Dr. R).
Auf den Widerspruch des Klägers teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 15. Oktober 2019 mit, dass die Sache nunmehr dem Widerspruchsausschuss zugeleitet werde. Sodann wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2019 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die beabsichtigte Behandlung im MVZ N, Dr. R, außerhalb der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung erfolgen solle. Dr. R sei in seiner Tätigkeit im MVZ N zudem nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Raum M würden Vertragsärzte in ausreichender Anzahl praktizieren. Die vertragsärztliche Versorgung sei sichergestellt. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bestehe für den Kläger die Möglichkeit, sich bei entsprechenden vertraglich zugelassenen Fachärzten vorzustellen und um ärztliche Behandlung und Diagnostik zu ersuchen. Die diesbezügliche Therapiehoheit obliege dem jeweils behandelnden Vertragsarzt. Er entscheide, welche Diagnostik und Behandlung als medizinisch notwendige und wirtschaftliche Sachleistung zu Lasten der Beklagten zu erbringen sei. Die Kostenübernahme ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen auf privater Basis scheide aus.
Am 10. Dezember 2019 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt hat.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid vom 15. Oktober 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten einer privatärztlichen Behandlung zur Untersuchung einer Stoffwechselerkrankung und zur Erstattung eines Gutachtens zur Feststellung von Krankheitsursachen zu übernehmen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Gründe des angefochtenen Bescheides verwiesen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. Februar 2020 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Kammer gehe nach Auslegung des Vorbringens des Klägers davon aus, dass sich dieser gegen den Ausgangsbescheid vom 15. Oktober 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2019 beziehe. Denn die übrigen zur Akte gelangten Schriftstücke seien Durchschriften von Schreiben, die sich auf andere Verfahren bezögen. Hinsichtlich der Kostenübernahme für die Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung von Krankheitsursachen sei die Klage aufgrund doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, denn dieses Begehren sei bereits Gegenstand des anderweitigen Klageverfahrens S 36 KR 1978/19. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, denn der Kläger könne die Übernahme von Kosten einer privatärztlichen Behandlung nicht von der Beklagten verlangen. Die Beklagte sei zwar zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet. Der Anspruch beschränke sich aber auf die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte. Unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten könnten die Versicherten einerseits frei wählen, andererseits regelmäßig ohne Weiteres auf die zugelassenen Leistungsträger verwiesen werden, um die Voraussetzungen der Leistungserbringung abklären zu lassen (Verweis auf BSG, Beschluss vom 15. Februar 2011 – B 1 KR 21/10 BH, juris, Rn. 5). Dem Kläger stehe es frei, sich bei einem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt mit dem ihm bereits ausgehändigten Überweisungsschein vorzustellen und um ärztliche Diagnostik und Behandlung zu ersuchen.
Gegen den ihm am 8. Februar 2020 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 11. Februar 2020 eingelegte Berufung des Klägers.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 6. Februar 2020 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2019 zu verurteilen, die Kosten einer privatärztlichen Behandlung zur Untersuchung einer Stoffwechselerkrankung und zur Erstattung eines Gutachtens zur Feststellung von Krankheitsursachen zu übernehmen.
Die Beklagte nimmt auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 4. Oktober 2021 hat der Senat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 10. Januar 2022 den Rechtsstreit dem Berichterstatter zur gemeinsamen Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
I. Über die Berufung des Klägers kann der Senat gemäß § 153 Abs. 5 SGG in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden. Es liegt ein Fall des § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG vor, weil das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Der Senat hat die Übertragung - nach vorheriger Anhörung des Klägers - nach pflichtgemäßem Ermessen beschlossen (Beschluss vom 13. August 2020). Es handelt sich um ein tatsächlich und rechtlich einfach gelagertes Verfahren, das keine Fragen aufwirft, die einer Mitwirkung der vollen Richterbank des Senats (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGG) bedürfen (zu diesem Ermessenskriterium u.a. Frehse in: Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 153 Rn. 49; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage, 2020, § 153 Rn. 25a).
Der Senat kann in Abwesenheit des nicht erschienenen Klägers verhandeln und entscheiden. Der Kläger ist mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, deren Zulässigkeit sich aus dem Regelungsgehalt der §§ 153 Abs. 1, 110, 126 SGG ergibt.
II. Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 2. September 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2019. Dies folgt nach Maßgabe des § 123 SGG für das Klageverfahren daraus, dass sich der Kläger gegen den Bescheid vom 10. September 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2019 wendet. Davon ist auch das SG ausgegangen. Soweit es auf einen „Ausgangsbescheid vom 15. Oktober 2019“ verwiesen hat, handelt es sich um einen Schreibfehler. Das SG führt im Tatbestand den Bescheid vom 2. September 2019 auf. Ein Bescheid vom 15. Oktober 20119 ist dagegen nach Lage der Akten nicht vorhanden. Unter dem Datum 15. Oktober 2019 ist lediglich die Mitteilung der Abgabe an den Widerspruchsausschuss erfolgt. Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger das so verstandene Begehren weiter.
III. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 6. Februar 2020 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 SGG).
VI. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger kann eine Aufhebung des Bescheides vom 2. September 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2019 nicht verlangen. Hinsichtlich der Kostenübernahme für die Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung von Krankheitsursachen ist die Klage aufgrund anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Der Senat macht sich die diesbezüglichen Ausführungen des SG nach eigener Prüfung zu eigen und verweist hierauf, § 153 Abs. 2 SGG. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, eine privatärztliche Behandlung zur Untersuchung einer Stoffwechselerkrankung als Sachleistung (dazu unter <1>) oder im Wege der Kostenerstattung (dazu unter <2>) gewährt zu bekommen.
1. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht ein Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V). Wie die Beklagte in dem angefochtenen Verwaltungsakt und das SG zutreffend dargestellt haben, ist die Gewährung einer ambulanten Untersuchung von Körperflüssigkeiten durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität M von dieser Anspruchsgrundlage nicht erfasst. Der Senat macht sich die Ausführungen des SG nach eigener Prüfung zu eigen und verweist hierauf, § 153 Abs. 2 SGG.
2. Der Kläger kann die begehrte Untersuchung auch nicht im Wege einer Kostenerstattung beanspruchen. Die (sekundärrechtliche) Erstattung von Kosten durch eine Krankenkasse kommt nach § 13 Abs. 1 SGB V als Ausnahme vom Sachleistungsprinzip nur in Betracht, soweit eine solche Kostenerstattung ausdrücklich vorgesehen ist. Diese Voraussetzungen sind – ungeachtet des Umstandes, dass tatsächlich dem Kläger entstandene Kosten nicht nachgewiesen wurden – im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Konnte eine Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden nach § 15 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) erstattet (§ 13 Abs. 3 Satz 2 SGB V). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da die Beklagte – wie vorstehend dargelegt – die begehrte und nicht im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V „unaufschiebbare“ Versorgung rechtmäßig abgelehnt hat.
Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V (Art. 2 Nr. 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten <PatRVerbG> vom 20. Februar 2013, BGBl I 277, m.W.v. 26. Februar 2013) sind ebenfalls nicht erfüllt. Nach § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu informieren (Satz 2). Kann die Beklagte Fristen u.a. nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Beklagte zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7). Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die Beklagte über den streitigen Antrag vom 27. August 2019 binnen 3 Wochen eine Entscheidung getroffen hat (Bescheid vom 2. September 2019).
V. Die Kostenentscheidung folgt §§ 183, 193 SGG.
VI. Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG zur Zulassung der Revision sind nicht gegeben.