Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 3.8.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt weitere Kosten der Unterkunft und Heizung seit 2010.
Der 1957 geborene Kläger bewohnt gemeinsam mit seiner Ehefrau eine 46,5 qm große 2-Zimmer-Wohnung in der R-Straße 1 in L. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt über Strom (dezentrale Warmwassererzeugung), die Beheizung über einen Mix aus Strom und Gas. Angemietet hat der Kläger zusätzlich Räumlichkeiten von 60 qm im Haus E-Straße 66 in L (Mietvertrag für gewerbliche Räume mit Mietbeginn am 15.8.1992), wobei Näheres zu den diesbezüglichen Kosten und der Art und Intensität der Nutzung nicht bekannt ist.
Der Kläger und seine Ehefrau stehen als Bedarfsgemeinschaft (BG) im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten. Auf den Antrag vom 23.8.2019 bewilligte der Beklagte der BG mit Bescheid vom 30.8.2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.10.2019 bis 30.9.2020 i.H.v. 1.076,12 € monatlich bei einem Regelbedarf von 382,00 € je Mitglied der BG. Der Kläger legte dagegen am 20.9.2019 Widerspruch ein. Der Bescheid sei fehlerhaft. Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2019 bewilligte der Beklagte der BG für die Zeit vom 1.1.2020 bis 30.9.2020 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. 1.090,44 € bei einem Regelsatz von 389,00 € pro Person. Grund für die Änderung sei die Neuberechnung der Regelbedarfe wegen der Neufestsetzung zum 1.1.2020. Die bisher ergangenen Bewilligungsbescheide seien daher zum 1.1.2020 aufzuheben. Der Bescheid verwies in der Rechtbehelfsbelehrung auf den Widerspruch mit dem Zusatz, dass für den Fall eines bereits für den betroffenen Bewilligungszeitraum eingelegten Widerspruchs oder einer anhängigen Klage der Bescheid nach §§ 86, 96 SGG Gegenstand des entsprechenden Verfahrens werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 9.12.2019 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.8.2019 als unbegründet zurück. Klage hat der Kläger nicht erhoben.
Am 17.12.2019 legte der Kläger Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 23.11.2019 ein. Die Berechnungen entsprächen nicht den gesetzlichen Vorgaben. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit dem hier streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 20.1.2020 als unbegründet zurück. Mit dem Bescheid vom 23.11.2019 seien lediglich die Regelbedarfe erhöht worden. Anhaltspunkte für eine falsche Entscheidung seien weder genannt noch aus den Unterlagen ersichtlich.
Dagegen hat der Kläger am 4.2.2020 Klage erhoben. Die Begründung ergebe sich aus dem Sachverhalt. Unter anderem seien keine Wohn- und Heizkosten in dem eigentlich gesetzlich zustehenden Umfang gewährt worden. Andere Arbeitslosengeld (ALG) II-Empfänger seien besser gestellt. Das Sozialrecht werde unterschiedlich ausgelegt und umgesetzt. Er mache Heiz- und Unterkunftskosten für den Zeitraum ab 2010 geltend, wobei er 1,30 € pro Quadratmeter vorschlage. Darüber hinaus wolle er noch Unterkunftskosten in der Höhe der für L vorgesehenen Höchstgrenze der angemessenen Unterkunftskosten.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.11.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.1.2020 zu verurteilen, ihm höhere Unterkunfts- und Heizkosten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
In dem angefochtenen Bescheid sei hinsichtlich der Wohn- und Heizkosten keine Regelung getroffen worden. Es sei vielmehr alleine die Regelleistung angepasst worden. Im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung sei eine Regelung alleine in dem Bescheid vom 30.8.2019 getroffen worden und in den Bescheid vom 23.11.2019 unverändert übernommen worden. Dieser Teil des Bescheides stelle lediglich eine wiederholende Verfügung dar.
Mit Gerichtsbescheid vom 3.8.2020, zugestellt am 6.8.2020, hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Änderungsbescheid vom 23.11.2019 habe lediglich insoweit eine Regelung enthalten, als der BG des Klägers und seiner Ehefrau ab 1.1.2020 ein höherer monatlicher Regelbedarf bewilligt worden sei. Durch diese Regelung werde der Kläger schon nicht beschwert. Eine eigene neue Regelung über den Anspruch des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, den er mit der Klage verfolge, treffe der Bescheid nicht, so dass er insoweit auch nicht anfechtbar sei.
Der Kläger hat am 31.8.2020 Berufung eingelegt, die er nicht begründet hat. Mit Schreiben vom 25.11.2020 hat das Gericht mitgeteilt, dass die Akten des Beklagten aktualisiert und vervollständigt worden seien und nunmehr wieder vorlägen. Akteneinsicht könne genommen werden. Nach Terminierung auf den 1.10.2021 hat der Kläger um Verschiebung des Termins gebeten. Er habe keine Akteneinsicht erhalten, wegen Corona wisse er nicht, ob überhaupt eine Nutzung von Bus und Bahn möglich sei. Zudem sei ihm ausdrücklich die Übernahme von Reisekosten versagt worden. Nachdem der Beklagte mitgeteilt hatte, dass eine Entsendung eines Sitzungsvertreters nicht möglich sei, ist der Verhandlungstermin aufgehoben worden. Mit Schreiben vom 28.9.2021 hat das Gericht erneut auf die Möglichkeit der Akteneinsicht in den Räumen des LSG hingewiesen. Mit einem weiteren gerichtlichen Schreiben vom 6.4.2022 ist dem Kläger angeboten worden, Akteneinsicht in den Räumen des SG Köln zu nehmen. Er ist gebeten worden, bis zum 30.4.2022 mitzuteilen, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wolle. Eine Reaktion ist nicht erfolgt.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 3.8.2020 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.1.2020 zu verurteilen, ihm höhere Kosten der Unterkunft und Heizung seit 2010 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bleibt bei seiner Auffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
A. Der Senat konnte in der Streitsache entscheiden, obwohl für den Kläger niemand zum Termin erschienen ist, denn der Kläger ist mit Postzustellungsurkunde, die am 26.8.2022 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt wurde, geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Sein Antrag auf Terminsverlegung vom 13.9.2022 ist durch den Vorsitzenden des Senats mit Schreiben vom 13.9.2022, dem Kläger zugestellt am 14.9.2022, abgelehnt worden.
Dem Kläger ist auch ausreichend Gelegenheit gegeben worden, seinen Anspruch auf rechtliches Gehör durch Akteneinsicht zu verwirklichen. Gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 SGG haben die Beteiligten das Recht der Einsicht in die Akten, soweit die übermittelnde Behörde dies nicht ausschließt. Die Beteiligten können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen (§ 120 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Werden die Prozessakten in Papierform geführt, wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in den Diensträumen gewährt, § 120 Abs. 3 Satz 1 SGG. Akteneinsicht durch Übersendung der Akten in Papierform an eine Privatperson scheidet grundsätzlich aus, es sei denn, diese ist selbst Rechtsanwalt oder zählt zu dem Personenkreis des § 120 Abs. 3 Satz 3 SGG (Wehrhahn, in: jurisPK-SGB X, § 120 (Stand: 15.6.2022) Rn. 22ff.).
Die Prozessakten im vorliegenden Verfahren werden bei Gericht in Papierform geführt. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Gerichtsakte als auch bezogen auf die Verwaltungsakten des Beklagten. Diese Papierakten sind Grundlage der Entscheidung des Gerichts. Dem Kläger ist die Gelegenheit zur Akteneinsicht sowohl in den Räumen des LSG NRW (Schreiben vom 25.11.2020 und 28.9.2021) als auch in den Räumen des SG Köln (Schreiben des LSG vom 6.4.2022) angeboten worden. Diese Möglichkeiten hat er nicht wahrgenommen. Eine Digitalisierung der Papierakten durch das Gericht ist nicht erfolgt, so dass auch eine Bereitstellung der Papierakten zum Abruf oder auf einem sicheren Übermittlungsweg, wie in § 120 Abs. 3 Satz 2 SGG vorgesehen, nicht möglich war. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Räume des LSG NRW oder des SG Köln nicht hat aufsuchen können, sind nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger in seinem Schreiben vom 12.9.2022 darauf hingewiesen hat, dass der Senat ihm eine Fahrkostenerstattung nicht angeboten habe, ist dies zutreffend. Ein entsprechender ausdrücklicher Antrag wird in dieser Formulierung nicht gesehen. Das Gericht ist auch grundsätzlich nicht verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, etwa durch Anordnung der Übernahme der Fahrtkosten, dass jeder Beteiligte auch persönlich vor Gericht auftreten kann (BSG vom 13.11.2017 – B 13 R 152/17 B, Rn. 11). Die Anordnung des persönlichen Erscheinens kann aber im Ausnahmefall geboten sein, etwa wenn der schriftliche Vortrag eines Beteiligten wegen Unbeholfenheit oder Sprachunkenntnis keine Sachverhaltsaufklärung gewährleistet und ein Erscheinen auf eigene Kosten undurchführbar ist (vgl. BSG, a.a.O.). Dafür sind vorliegend bei dem sehr prozesserfahrenen Kläger keine Anhaltspunkte ersichtlich.
B. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen.
I. Soweit der Kläger mit der Klage – wie auch in allen anderen von ihm geführten Verfahren - höhere Leistungen seit Beginn des Leistungsbezugs bzw. hier seit 2010 begehrt und insoweit eine (isolierte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG erhoben hat, ist diese unzulässig. Denn eine solche ist (nur) dann statthaft, wenn ein Rechtsanspruch auf eine Leistung geltend gemacht wird, die ihrerseits der Regelung durch einen Veraltungsakt nicht zugänglich ist (Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 2020, § 54 Rn. 41f.). Dies ist für die vom Kläger begehrten (höheren) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form der Kosten für Unterkunft und Heizung nicht der Fall.
II. Die Klage des Klägers im Übrigen ist unbegründet. Der allein streitgegenständliche Änderungsescheid vom 23.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.1.2020 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Änderungsbescheid vom 23.11.2019 hat – wie von dem Beklagten und dem SG zu Recht angenommen – Regelungscharakter nur hinsichtlich der Erhöhung des Regelbedarfs. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsaktes, mit dem ein Bescheid über die Bewilligung von ALG II ausschließlich wegen einer Regelsatzerhöhung zugunsten des Leistungsempfängers mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird und der für den Leistungsempfänger keine darüber hinausgehende Neuregelung enthält, beschränkt sich auf diese Abänderung des ursprüngliche Bescheides. In einem (nur) gegen einen solchen Änderungsbescheid geführten Klageverfahren kann zulässigerweise nur die verfügte Änderung und ihre Reichweite überprüft werden. Die Wiederholung eines bereits unanfechtbar gewordenen Verwaltungsaktes oder der lediglich wiederholende Hinweis auf bereits bestandskräftig festgestellte und vom Streitgegenstand abtrennbare Elemente der Leistungsbewilligung stellen keine erneut anfechtbaren Verwaltungsakte dar (vgl. für den ähnlichen Fall einer Aufhebung nur wegen geänderten Einkommens Schleswig-Holsteinisches LSG vom 19.6.2012 – L 6 AS 48/11, Rn. 38, juris, m.w.N.). Die Erhöhung des Regelsatzes ist hier gesetzeskonform erfolgt.
Die Prüfung des geltend gemachten Anspruchs auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung (ab 1.1.2020) ist dem Senat im Rahmen des anhängigen Berufungsverfahrens nicht möglich. Der Kläger hatte gegen den Bescheid vom 30.8.2019, mit dem Leistungen für die Zeit vom 1.10.2019 bis 30.9.2020 bewilligt worden waren, am 20.9.2019 Widerspruch eingelegt. Während des laufenden Widerspruchsverfahrens ist der streitgegenständliche Änderungsbescheid vom 23.11.2019 ergangen, der nach § 86, 1. Halbsatz SGG Gegenstand dieses laufenden Verfahrens geworden ist. Denn er hat den Bescheid vom 30.8.2019 für die Zeit vom 1.1.2020 bis 30.9.2020 abgeändert (Erhöhung des Regelbedarfs). Das Widerspruchsverfahrens ist jedoch mit Widerspruchsbescheid vom 9.12.2019 abgeschlossen worden. Klage ist nicht erhoben worden.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
D. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).