1. Bei der Ermittlung des Gewinns eines Selbstständigen können nur die notwendigen Betriebsausgaben berücksichtigt werden, die nachgewiesen worden sind.
2. Erfolgte Tilgungszahlungen können nur als notwendige Betriebsausgaben anerkannt werden, wenn sie einem bestimmten Darlehensvertrag zugeordnet werden können, aus dem die Zahlungsverpflichtung folgt. Existieren verschiedene Versionen eines Darlehensvertrags und macht der Selbstständige zu den Umständen der Tilgungszahlungen und der vertraglichen Verpflichtungen widersprüchliche Angaben, geht dies zu seinen Lasten.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für August 2014 bis Januar 2015 die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Die Klägerin war selbstständig tätig und betrieb ein Fotogeschäft. Sie bewohnte eine Mietwohnung mit einer Größe von 87,74 qm. Hiervon wurde eine Fläche von 34 qm gewerblich genutzt. Die Kosten der Wohnung beliefen sich auf 695 Euro/Monat (Grundmiete 538 Euro, Nebenkosten 78,50 Euro und Heizkosten 78,50 Euro) laut Mietvertrag. Die Warmwasserbereitung erfolgte über Durchlauferhitzer; die Kosten wurden über die Wohnungsstromrechnung gezahlt. Aus einem Schreiben des Vermieters vom 28. Mai 2015 und der Vorvermieterbestätigung geht hervor, dass die Klägerin trotz zwischenzeitlich geltend gemachter Erhöhung der Vorauszahlungen zumindest bis Mai 2015 weiterhin nur Unterkunftskosten i.H.v. 695 Euro/Monat zahlte.
Die Klägerin bezog zunächst von Dezember 2010 bis November 2011 sowie von März bis Mai 2012 Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. Für Dezember 2011 und Januar 2012 sowie ab 1. Juni 2012 erklärte sie den Verzicht auf SGB II-Leistungen. Bis Januar 2014 bezog sie keine Leistungen nach dem SGB II.
Bereits im April 2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass ein privates Darlehen i.H.v. 24.000 Euro bestehe. Am 29. April 2014 übersandte sie an den Beklagten einen Darlehensvertrag bezüglich eines Betrages von 23.800 Euro, den sie mit ihrer Mutter als Darlehensgeberin mit Datum vom 8. Juli 2010 abgeschlossen habe. Darin war als Sicherheit ein „S-Prämiensparvertrag Flexibel der Sparkasse M.“ vereinbart. Die Verzinsung des Darlehens sollte mit 5 % erfolgen, für die Rückerstattung des Darlehens war eine Laufzeit von 5 Jahren vereinbart. Es existiert ein weiterer, inhaltlich abweichender Vertrag über diese Summe.
Mit Schreiben vom 11. Juni 2014 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass ein Kreditvertrag über 7.000 Euro mit ihrer Mutter mündlich geschlossen worden sei. Der schriftliche Vertrag werde mit deren gesetzlichen Vertreter zeitnah erstellt und nachgereicht. Der Kredit werde für den Kauf einer digitalen Spiegelreflexkamera im Wert von ca. 3500 Euro gebraucht. Weiterhin sei eine Durchsicht ihres Minilab (Foto- und Filmentwicklungsmaschine) mit Kosten von ca. 2.500 bis 3.500 Euro geplant gewesen. Die Klägerin übersandte dem Beklagten einen Darlehensvertrag vom 21. Juli 2014 – abgeschlossen von ihr und N1 als gesetzlichem Vertreter von N2 Für die Rückerstattung des Darlehens war eine Laufzeit von 20 Monaten vereinbart. § 7 des Darlehensvertrages sah vor, dass die Darlehensrückzahlung spätestens 1 Jahr nach der ersten Darlehenszahlung (die am 25. April 2013 erfolgt sein soll) beginnen müsse.
Die Klägerin stellte am 16. Juni 2014 einen Weiterbewilligungsantrag. In der vorläufigen Erklärung über ihr voraussichtliches Einkommen (EKS) gab sie die Zahlung von 350 Euro als monatliche Darlehensrate an.
Mit Bescheid vom 21. August 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Januar 2015 vorläufige Leistungen i.H.v. 704,55 Euro monatlich und berücksichtigte die Zahlung der Darlehensrate von 350 Euro monatlich als Betriebsausgabe.
Mit Änderungsbescheid vom 24. September 2014 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis zum 31. Januar 2015 vorläufige Leistungen i.H.v. 620,01 Euro monatlich. Es erfolgte hierbei eine Neuberechnung der Kosten der Unterkunft und Heizung aufgrund der Nebenkostenerhöhung. Hierbei wurden die Kosten des gewerblich genutzten Wohnflächenanteils von 34 qm nicht mehr im Rahmen der Unterkunftskosten, sondern bei der Einkommensberechnung als Betriebsausgaben berücksichtigt. Mit Bescheid vom 22. November 2014 erfolgte die Änderung für Januar 2015 wegen der Erhöhung des Regelbedarfs mit Leistungsgewährung i.H.v. 628,20 Euro.
Den am 8. Oktober 2014 von der Klägerin erhobenen Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 24. September 2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2014 als unbegründet zurück.
Die Klägerin reichte die abschließende EKS ein. Sie gab hierin Tilgungsraten für das Darlehen in den Monaten August und September 2014 von jeweils 700 Euro, in den Monaten November 2014 und Januar 2015 von jeweils 350 Euro und im Dezember 2014 i.H.v. 1.400 Euro an.
Mit Bescheid vom 28. September 2015 setzte der Beklagte die Leistungen abschließend auf 665,37 Euro monatlich für August bis Dezember 2014 und auf 673,56 Euro für Januar 2015 fest. Dabei legte der Beklagte einen Bedarf für Unterkunft und Heizung i.H.v. 514,93 Euro/Monat und ein anzurechnendes Einkommen der Klägerin i.H.v. 506,75 Euro/Monat zugrunde. Die über einen monatlichen Betrag von 350 Euro hinausgehende Darlehenstilgung wurde nicht berücksichtigt.
Mit weiterem Bescheid vom 28. September 2015 über die Erstattung von Leistungen bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs wurden für August und September 2014 insgesamt 78,36 Euro zurückgefordert.
Gegen die Bescheide vom 28. September 2015 legte die Klägerin am 15. Oktober 2015 Widerspruch ein. Sie begründete diesen vor allem damit, dass die betrieblich bedingten Darlehenszahlungen nicht zum Abzug gebracht worden seien.
Mit Schreiben vom 15. November 2015 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass aufgrund der Nichtanerkennung der Verbindlichkeiten durch den Beklagten die Arbeitsmittel Spiegelreflexkamera und Minilab vom Darlehensgeber zur Sicherung übernommen worden seien. Diese stünden nun nicht mehr zur Verfügung. Sie übersandte dem Beklagten Rechnungen bezüglich der mit den aufgenommenen Darlehen getätigten Geschäfte: Kauf des Minilab, Rechnung vom 30. September 2008 über 30.400,93 Euro; Wartung/Reparatur des Minilab, Rechnungen vom 16. November 2012 über insgesamt 4.280,54 Euro und Kauf der Spiegelreflexkamera, Rechnung vom 24. Juli 2013 über 3.685,20 Euro.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2016 wies der Beklagte den Widerspruch vom 15. Oktober 2015 als unzulässig zurück.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2014 hat die Klägerin am 9. Dezember 2014, gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2016 hat sie am 2. Februar 2016 jeweils Klage vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben.
Mit Beschluss vom 6. Dezember 2017 (berichtigt mit Beschluss vom 12. Februar 2018) hat das SG die beiden Verfahren verbunden.
Die Klägerin hat Kontoauszüge eingereicht, aus denen Zahlungen zur Kredittilgung an N2 i.H.v. jeweils 700 Euro im August und September 2014, von jeweils 350 Euro im November 2014 und Januar 2015 und von 1.400 Euro im Dezember 2014 hervorgegangen sind. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 24. September 2018 mitgeteilt, dass der Kreditvertrag zum 31. Dezember 2018 gekündigt worden sei. Es sei keine weitere Tilgung erfolgt und der Kreditgeber habe von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht. Die offene Kreditsumme von 3.500 Euro sowie ca. 740 Euro Zinsen seien bis zum 31. Dezember 2018 zurückzuzahlen. Im Jahr 2014 seien 3.150 Euro getilgt worden, im Jahr 2015 350 Euro.
Die Klägerin hat einen weiteren Darlehensvertrag vom 1. Januar 2013 über einen Betrag von 2.700 Euro, abgeschlossen mit N2 als Kreditgeber übersandt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, dass ein Darlehen i.H.v. 2.700 Euro für die Reparatur des Minilab verwendet worden sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. Oktober 2018 abgewiesen, weil die Zahlungen von mehr als 350 Euro monatlich nicht notwendig im Sinne von § 3 Abs. 2 der Arbeitslosengeld II-Verordnung gewesen seien. Außerdem sei unklar geblieben, wofür das Darlehen verwendet worden sei.
Gegen das ihrem damaligen Prozessbevollmächtigten am 3. Dezember 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2. Januar 2019 Berufung eingelegt.
Im Erörterungstermin am 12. April 2019 und mit Schreiben vom 24. Mai 2020 hat die Klägerin erklärt, dass die 7.000 Euro aus dem Darlehen der Mutter für die Spiegelreflexkamera und dazugehöriges Equipment verwendet worden seien. Die Tilgungsraten von August 2014 bis Januar 2015 seien auf den Kredit i.H.v. 23.800 Euro sowie auf den Kredit i.H.v. 7.000 Euro in jeweils gleicher Höhe erfolgt.
Im Erörterungstermin am 13. November 2020 hat die Klägerin weitere Ausführungen bezüglich der Darlehensverträge gemacht. Unter anderem hat sie mitgeteilt, dass das Minilab stillgelegt worden wäre, wenn sie die Zahlungen nicht geleistet hätte. Die Stilllegung sei dann auch im Jahr 2019 dadurch passiert, dass ihre Mutter und deren Partner ihr die Benutzung des Minilab verboten hätten. Auch die Spiegelreflexkamera habe sie ihrer Mutter mittlerweile gegeben. Die 1.750 Euro, die vom Beklagten nicht anerkannt würden, müsse sie vom Darlehensgeber zurückfordern.
Die Klägerin trägt vor, dass sie zunächst am 4. Oktober 2012 ein Darlehen i.H.v. 2.700 Euro von ihrem Bruder N1 aufgenommen habe mit flexibler Rückzahlung ohne feste Vertragslaufzeit. Die Kreditsumme sei vollständig für die Wartung des Minilab i.H.v. 4.280,54 Euro verwendet worden. Mit dem weiteren Darlehen der Mutter i.H.v. 7.000 Euro habe sie zunächst die finanzierte Differenz zum Darlehen des Bruders (1.580,54 Euro) beglichen und sodann eine Spiegelreflexkamera für 3.685,20 Euro erworben. Die Laufzeit des Kredits sei auf 20 Monate beschränkt gewesen. Die Rückzahlung habe spätestens am 25. April 2014 beginnen müssen. Es sei eine gewichtige Tilgung des Darlehens bei ausreichenden Betriebseinnahmen erwartet worden. Überdies sei bislang unberücksichtigt geblieben, dass sie auch das am 8. Juli 2010 aufgenommene Darlehen i.H.v. 23.800 Euro zu bedienen gehabt habe, für das monatliche Raten i.H.v. 396,67 Euro zu zahlen gewesen seien. Vereinbartes Laufzeitende sei Juli 2015 gewesen. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung gehe sie nunmehr davon aus, dass diese in voller Höhe vom Beklagten übernommen worden seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Oktober 2018 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28. September 2015 zu verpflichten, ihr für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Januar 2015 Leistungen unter Berücksichtigung weiterer Darlehenskosten in Höhe von 1.750 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, dass die höheren Tilgungsleistungen seiner Auffassung nach nicht notwendig gewesen seien. Überdies sei der Darlehensvertrag vom 21. Juli 2014 nicht „gelebt“ worden. Dies sei auch bei den früheren Darlehensverträgen der Fall gewesen. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung sei mit der Rückzahlung nicht nach einem Jahr nach der Darlehensauszahlung begonnen worden. Für diesen Fall sei im Darlehensvertrag vereinbart gewesen, dass die gesamte Summe sofort fällig werde. Dies sei offenbar nicht der Fall gewesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Bruders der Klägerin, Herrn N1. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11. August 2022 Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie ist auch statthaft gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 SGG, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro übersteigt.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 28. September 2015, mit dem der Beklagte der Klägerin abschließend Leistungen für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Januar 2015 bewilligt hat. Es handelt sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG); die Klägerin begehrt höhere Leistungen.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
1.
Die Klägerin gehörte im streitgegenständlichen Zeitraum zum Kreis der leistungsberechtigten Personen. Sie erfüllte die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II (bestimmtes Alter, Erwerbsfähigkeit, Hilfebedürftigkeit, gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland). Ein Ausschlusstatbestand (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2, §§ 4, 5 SGB II) lag nicht vor.
2.
Bei der Klägerin ist die für den begehrten höheren Leistungsanspruch erforderliche weitere Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
a.
In den Monaten August bis Dezember 2014 bestand für die Klägerin ein monatlicher Regelbedarf von 391 Euro, im Januar 2015 von 399 Euro (§ 20 Abs. 2 SGB II, Regelbedarfsstufe 1).
Als Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung gem. § 22 SGB II fielen Kosten i.H.v. 426,46 Euro/Monat (entsprechend dem Anteil der Wohnfläche von 61,25 %, da ein Anteil von 34 qm der Wohnung gewerblich genutzt wurde).
b.
Auf den Bedarf der Klägerin ist das nach §§ 11 ff. SGB II zu berücksichtigende Einkommen anzurechnen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3a i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II).
Die Klägerin verfügte über Einnahmen aus einer selbstständigen Tätigkeit, dem Betrieb eines Fotogeschäftes. Ihr diesbezügliches Einkommen war geeignet, die Hilfebedürftigkeit teilweise entfallen zu lassen.
aa.
Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.
Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 S. 1 SGB II in der vom 1. April 2011 bis 31. Juli 2016 geltenden Fassung a.F.). Nach § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II in der Fassung vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2016 sind von dem Einkommen insbesondere abzusetzen die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben. Die Berechnung von Einkommen aus Gewerbebetrieben richtet sich gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II a.F. nach den §§ 3 ff. der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V).
Danach ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 S. 4 SGB II) tatsächlich zufließen (§ 3 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Alg II-V).
bb.
Nach § 3 Abs. 3 S. 1 Alg II-V sollen tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht (§ 3 Abs. 2 S. 4 Alg II-V). Diese Vorschriften tragen dem Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 2 S. 1 SGB II bei der Einkommensanrechnung Rechnung. Einkommen soll vorrangig zur Deckung des Lebensunterhaltes eingesetzt werden.
cc.
In der abschließenden Leistungsbewilligung (Bescheid vom 28. September 2015) ist die Einkommensanrechnung korrekt erfolgt.
Der Beklagte hat sämtliche von der Klägerin angegebenen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben der Berechnung zugrunde gelegt, außer die einen monatlichen Betrag von 350 Euro übersteigenden Tilgungsraten (insgesamt 1.750 Euro im streitigen Zeitraum) sowie Repräsentationskosten (insgesamt 52,20 Euro im streitigen Zeitraum.)
Die Repräsentationskosten wurden von der Klägerin weder im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren nachgewiesen bzw. geltend gemacht. Es bestehen insoweit auch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese angefallen sind.
Die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Tilgungsraten zur Rückzahlung von Darlehen können nicht als nachgewiesene Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Zwar hat die Klägerin durch Übersendung der Kontoauszüge nachgewiesen, dass Zahlungen zur Darlehenstilgung auf das Konto ihrer Mutter erfolgten.
Jedoch konnte sich der Senat nicht von der von der Notwendigkeit dieser Zahlungen überzeugen. In keinem der vorgelegten Darlehensverträge war die Höhe der monatlichen Tilgungsraten vereinbart worden. Es konnte von der Klägerin nicht plausibel erklärt werden, aus welchem Grund und für welchen Vertrag Beträge gerade in dieser Höhe im streitigen Zeitraum geleistet wurden. Das Bestehen von zwei verschiedenen Versionen des Darlehensvertrages über 23.000 Euro wurde von ihr nicht erklärt. Hinsichtlich dieses Vertrages hat sie in der mündlichen Verhandlung zunächst erklärt, dieser sei nicht abgezahlt, auf Nachfrage ist von ihr mitgeteilt worden, dieser sei vollständig beendet worden.
Auch die Aussagen des Zeugen führten nicht zur Klärung der Frage, aus welchem Grund und auf welchen Vertrag die Beträge in der von der Klägerin vorgetragenen Höhe geleistet wurden. Vielmehr war dem Zeugen ein mit ihm abgeschlossener Darlehensvertrag über 2.700 Euro nicht bekannt. Er selbst kenne lediglich den Darlehensvertrag über 7.000 Euro, den er nur unterschrieben habe. Über die Einzelheiten der Vertragsdurchführung hat er keine Angaben tätigen können.
Die Klägerin hat widersprüchliche Angaben hinsichtlich der getätigten Tilgungsraten gemacht. Einerseits hat sie in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Zahlungen ausschließlich für den Kredit über 7.000 Euro erfolgt seien. Andererseits hat sie im Erörterungstermin am 12. April 2019 vorgetragen, die Tilgungsraten seien auf den Kredit für das Minilab über 23.800 Euro und auf den Kredit für die Spiegelreflexkamera über 7.000 Euro geleistet worden.
Es bestehen schon Zweifel daran, ob die beiden Darlehensverträge mit der Mutter der Klägerin wirksam abgeschlossen wurden. Es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass die Verträge nach der Auszahlung der jeweiligen Darlehenssumme von der Klägerin im Hinblick auf die Rückzahlungen tatsächlich erfüllt werden mussten.
Laut der Regelung im Darlehensvertrag vom 21. Juli 2014 über einen Betrag von 7.000 Euro habe spätestens ein Jahr nach der Auszahlung der Darlehenssumme (am 25. April 2013) mit der Rückzahlung begonnen werden müssen. Dies wäre im April 2014 gewesen. Die Rückzahlung erfolgte jedoch zunächst bis August 2014 nicht, ohne dass die vereinbarte Rechtsfolge – sofortige Fälligkeit der gesamten Summe – eingetreten wäre. Die Klägerin selbst hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie jahrelang keine Tilgungen ihrer Darlehen in den Zeiten ohne Leistungsbezug vorgenommen habe.
Es steht mithin zur Überzeugung des Senats fest, dass die Darlehensrückzahlungen von der Kreditgeberin und Mutter der Klägerin nicht erwartet wurden, die Klägerin diese also im streitigen Zeitraum insgesamt auch hätte vermeiden können.
Auch das von der Klägerin behauptete Nutzungsverbot der von den Darlehenszahlungen erworbenen Sachmittel (Spiegelreflexkamera und Minilab) in den Jahren 2015 und 2019 war nach ihrem eigenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Insoweit hat sie erklärt, dass ihre Mutter im Jahr 2014 verstorben sei. Ihr früherer Vortrag, wonach die Sachmittel im Jahr 2015 bzw. 2019 durch die Darlehensgeberin entzogen worden seien, sei nur erfolgt, um „ein Druckmittel aufzubauen“.
Nach ihren eigenen Angaben hatte die Darlehensrückzahlung nur dann zu erfolgen, wenn es ihr wirtschaftlich möglich war. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte die Klägerin nicht überzeugend darlegen, dass im streitigen Zeitraum überhaupt Tilgungsleistungen seitens ihrer Mutter erwartet worden waren. Vielmehr sei ihre Mutter seit September 2014 nicht mehr geschäftsfähig gewesen und im Dezember 2014 verstorben. Aufgrund dieser Angaben ist davon auszugehen, dass sämtliche Tilgungsraten ab September 2014 (auch die in den Monaten September, November, Dezember 2014 und Januar 2015 vom Beklagten berücksichtigten Beträge von jeweils 350 Euro) nicht notwendig gewesen sind.
dd.
Unter Berücksichtigung der anerkannten Tilgungsraten i.H.v. 1.750 Euro im streitigen Zeitraum ergibt sich ein durchschnittlicher monatlicher Gewinn von 506,75 Euro. Hiervon hat der Beklagte Absetzungen i.H.v. 175,85 Euro (Fahrtkosten zur Arbeitsstätte, Altersvorsorgeaufwendungen, Versicherungspauschale) sowie den Erwerbstätigenfreibetrag von 81,35 Euro richtig abgesetzt und ein anrechenbares Einkommen i.H.v. 249,55 Euro zugrunde gelegt. Zwar wäre vom Gewinn ein weiterer Betrag für Raumkosten i.H.v. 88,47 Euro abzusetzen gewesen. Diesen Betrag hat der Beklagte jedoch als weitere Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigt, wodurch die Klägerin (aufgrund des durch die Berechnung des Beklagten höher angesetzten Erwerbstätigenfreibetrages) begünstigt wurde.
c.
Höhere Kosten der Unterkunft und Heizung sind nicht angefallen und werden auch nicht mehr geltend gemacht. Der Beklagte hat vorliegend bereits höhere als die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung gewährt. Er hat nicht den korrekten prozentualen Anteil von 38,75 % (entsprechend dem betrieblich genutzten Anteil von 34 qm bei einer Gesamtfläche der Wohnung von 87,74 qm) von den tatsächlichen Wohnkosten abgesetzt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.