Vorgehensweisen in früheren Verfahren können nur ausnahmsweise Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters begründen.
I. Das Gesuch des Klägers vom 22.12.2021, den Vorsitzenden Richter am LSG A wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
G r ü n d e :
I.
Zugrunde liegt eine Streitsache aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung.
In dem vormaligen Verfahren S 10 KR 475/17 wandte sich der Kläger gegen die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung. Im Verfahren S 2 KR 556/19 begehrte der Kläger eine Urteilsergänzung. Die Nichtzulassungsbeschwerden zum BSG gegen die abweisenden Entscheidungen des Sozialgerichts und des Senats hat das BSG als unzulässig verworfen (B 12 KR 61/20 B) bzw. sind vom Kläger zurückgenommen worden (B 12 KR 62/20 B).
Die Berufungen sind in der mündlichen Verhandlung mit Urteilen vom 19.06.2020 zurückgewiesen worden. Die Urteile sind dem Kläger am 30.06.2020 zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 09.07.2020 und 14.07.2020 hat der Kläger Anträge auf "Gegenvorstellungen" in den Verfahren L 5 KR 504/19 und L 5 KR 505/19 gestellt sowie folgende Anträge wegen Besorgnis der Befangenheit eingereicht:
- Am 09.07.2020: Gegen den Vorsitzenden Richter am LSG A in den Verfahren L 5 KR 504/19 (Az: L 5 KR 227/20 AB) und L 5 KR 505/19 aufgrund des Beschlusses vom 19.06.2020, 9:10 Uhr.
- Am 14.07.2020: Gegen den Vorsitzenden Richter am LSG A (Fax 23:55 Uhr), Richterin am LSG B (Fax 23:56 Uhr), Richterin am LSG C (Fax 23:58 Uhr), ehrenamtliche Richter D (Fax 23:59 Uhr, L 5 SF 231/20 AB) und E (Fax 00:00 Uhr, aufgrund der Uhrzeit des Faxes unter Aktenzeichen L 5 SF 232/20 AB) wegen des Urteils im Verfahren L 5 KR 504/19 und "höchstvorsorglich verfahrensübergreifend auch in der Sache L 5 KR 505/19".
Der Senat hat diese Befangenheitsgesuche als unzulässig verworfen.
In dem nunmehr vorliegenden Berufungsverfahren ist wiederum die Beitragshöhe zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung streitig. Vorausgegangen ist eine klageabweisende Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg vom 10.08.2021.
In diesem Verfahren hat der Kläger am 22.12.2021 gegen den Vorsitzenden Richter am LSG A ein Befangenheitsgesuch gestellt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Vorsitzende Richter am LSG A in dem Verfahren L 5 KR 504/19 von der Beklagten auf seinen Hinweis, dass die Beklagtenakte unvollständig sei, die streitgegenständlichen Bescheide angefordert habe, ohne dass er darüber in Kenntnis gesetzt worden sei. Zudem habe er sich nicht mit der Frage der fehlenden Rechtsmittelbelehrung im ersten Rechtszug und einer vom Kläger benannten Entscheidung ("OVGST vom 29.08.2014, 3 O 322/13") auseinandergesetzt. Schließlich hat er ausgeführt, dass der abgelehnte Richter das Klagebegehren ausgelegt habe. Dies betrachte er als Verletzung der richterlichen Pflicht zur Sachaufklärung, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Gebotes zu Objektivität und Neutralität. Es bestehe die Sorge, dass sich dieses Verhalten in dem anhängigen Rechtsstreit fortsetze. Der Vorsitzende Richter am LSG A hat unter dem 03.01.2022 eine dienstliche Stellungnahme abgegeben, die den Beteiligten zur Kenntnis und Stellungnahme zugeleitet worden ist.
II.
Das Ablehnungsgesuch ist nicht begründet.
Nach § 60 Abs. 1 SGG, § 42 Abs. 2 ZPO entsprechend findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es darauf an, ob für einen Verfahrensbeteiligten berechtigter Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters bei vernünftiger Würdigung aller Umstände besteht (allg. Auff., vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Mai 2017 - 2 BvR 865/17 -; BVerfG, Beschluss vom 5. April 1990 - 2 BvR 413/88 - BVerfGE 82, 30, 38; BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 1986 - 1 BvR 713/83 u. a. - BVerfGE 73, 330, 335 ; BSG, Beschluss vom 1. März 1993 - 12 RK 45/92 - NJW 1993, 2261; BSG, Beschluss vom 31. Juli 1985 - SozR 1500 § 60 Nr. 3 -; Keller in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 60 Rn. 7 m. w. N.).
Der Ablehnungsantrag des Klägers enthält keine substantiierten Tatsachen, die eine Befangenheit rechtfertigen können.
In erster Linie beanstandet der Kläger, dass der abgelehnte Richter, der bereits in der Streitsache L 5 KR 504/19 als Vorsitzender Richter mit einem Klagebegehren des Klägers befasst gewesen ist, die rechtliche Würdigung des Klagebegehrens in anderer Weise vorgenommen hat, als dies der Auffassung des Klägers entsprochen hätte. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt der Ablauf des vorangegangenen Verfahrens keinen nachvollziehbaren Schluss auf die Befürchtung zu, der Richter sei in dem nunmehr zur Entscheidung stehenden Verfahren zu seinen Lasten voreingenommen. Vorgehensweisen in früheren Verfahren können nur ausnahmsweise zur Begründung des Misstrauens in die Unparteilichkeit des Richters herangezogen werden (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Februar 2006 - L 1 SF 1047/05 -, Rn. 6, juris). Die rechtliche Würdigung des zu entscheidenden Sachverhalts ist nicht geeignet, ein Befangenheitsgesuch zu begründen, selbst wenn diese fehlerhaft gewesen sein sollte. In solchen Fällen sind die zulässigen Rechtsmittel einzulegen. Da vorliegend der Kläger keinen Anhaltspunkt vorgetragen hat, der die Besorgnis der Befangenheit stützen könnte, sondern vielmehr selbst darlegt, dass der Vorsitzende Richter am LSG A in dem vormaligen Verfahren L 5 KR 504/19 lediglich seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nachgekommen ist durch Anforderung der streitgegenständlichen Bescheide von der damaligen Beklagten sowie durch eine sachdienliche Fassung des Klagebegehrens, ist das nunmehrige Ablehnungsgesuch unbegründet. Die vorgetragenen Gründe können eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt stützen.
Zusammenfassend ist daher das Befangenheitsgesuch des Klägers zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ergeht kostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden in entsprechender Anwendung des § 193 SGG nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.