L 6 SF 11/21 EK AS

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Entschädigungsklage bei überlanger Verfahrensdauer
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 19 AS 377/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 11/21 EK AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 ÜG 1/22 R
Datum
-
Kategorie
Urteil


I.    Es wird festgestellt, dass das Verfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt – S 19 AS 377/14 – unangemessen lange gedauert hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 

II.    Die Kläger tragen 4/5, das beklagte Land 1/5 der Kosten des Verfahrens. 

III.    Die Revision wird zugelassen.

IV.    Der Streitwert wird auf 2.400,00 Euro festgesetzt.
 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Kläger auf Entschädigung bzw. Wiedergutmachung wegen der nach ihrer Auffassung unangemessenen Dauer des vor dem Sozialgericht Darmstadt unter dem Aktenzeichen S 19 AS 377/14 (zuvor S 17 AS 377/14 und S 22 AS 377/14) geführten Ausgangsverfahrens.

Die Kläger erhoben im Ausgangsverfahrens am 17. April 2014 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt „wegen Arbeitslosengeld II“ (Ausgangsverfahren Gerichtsakte [AGA] Bl. 1). Streitgegenständlich war ein Aufhebungsbescheid des dortigen Beklagten vom 13. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2014, mit dem der dortige Beklagte die Leistungsbewilligung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Klägerinnen zu 1 und zu 2 ab Februar 2014 (dem letzten Monat des laufenden Bewilligungsabschnitts) aufgehoben hatte. Ab Februar 2014 bezogen die Klägerinnen zu 1 und zu 2 und auch der am 21. Januar 2014 geborene Kläger zu 3 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die Klage wurde dem Beklagten mit Verfügung des Gerichts vom 29. April 2014 am 2. Mai 2014 übermittelt. Am 6. Mai 2014 ging die Klageerwiderung des dortigen Beklagten beim Sozialgericht ein (AGA Bl. 4). Der Beklagte verwies darauf, dass die maßgeblichen Verwaltungsakten derzeit dem Hessischen Landessozialgericht im Verfahren L 9 AS 194/14 B ER vorlägen. Am 8. Mai 2014 (AGA Bl. 6) übersandte der Beklagte dem Sozialgericht die Verwaltungsakten, die ihm am selben Tag vom Hessischen Landessozialgericht zugegangen waren. Kopie dieses Schreibens wurde der Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Verfügung vom 8. Mai 2014 am 13. Mai 2014 übersandt. Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2014, eingegangen beim Sozialgericht am selben Tag, erwiderte die Prozessbevollmächtigte der Kläger (AGA Bl. 7). Dieses Schreiben wurde dem Beklagten am 20. Juni 2014 zur Kenntnis übersandt (AGA Bl. 7). Mit Verfügungen vom 8. und 10. Juli 2014 zog der Kammervorsitzende die Akten der Verfahren S 17 AS 114/14 ER und L 9 AS 194/14 B ER (AGA Bl. 7 R) bei. Mit Schreiben vom 1. September 2014 bat die 16. Kammer des Sozialgerichts um Übersendung der Akten des hiesigen Ausgangsverfahrens (AGA Bl. 8), was mit Verfügung vom 2. September 2014, ausgeführt am 9. Sepetmber 2014, geschah. Mit Schreiben vom 9. September 2014 bat die 16. Kammer um erneute Übersendung der „Akte der Abteilung AsylbLG des Beklagten“, falls diese von der 17.  Kammer nicht dauerhaft benötigt werde (AGA Bl. 10). Mit Verfügung vom 12. September 2014, ausgeführt am 19. September 2014, übersandte der Kammervorsitzende der 17. Kammer die AsylbLG-Verwaltungsakten an die 16.  Kammer zum dauerhaften Verbleib (AGA Bl. 11). Mit Schriftsatz vom 14. November 2014, eingegangen beim Sozialgericht am selben Tag, trug die Prozessbevollmächtigte der Kläger weiter vor und beantragte Terminierung (AGA Bl. 12). Dieses Schreiben wurde dem Beklagten mit Verfügung vom 17. November 2014 am 19. November 2014 übersandt. 

Mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz vom 18. März 2015 erinnerte die Prozessbevollmächtigte der Kläger bezugnehmend auf ihr Schreiben vom 14. November 2014 an den Fortgang des Verfahrens und rügte Verzögerung (AGA Bl. 13). 

Dieses Schreiben wurde dem Beklagten mit Verfügung der zwischenzeitlich zuständigen 22. Kammer vom 18. März 2015 am 24. März 2015 übersandt; Wiedervorlage war sodann verfügt. Unter dem Datum 12. August 2015 findet sich ein Vermerk des Direktors des Sozialgerichts Darmstadt mit folgendem Wortlaut: „Die Gerichtsakte wurde von mir in dem Büro des ehemaligen Vorsitzenden der 14./17. Kammer vorgefunden, der am 31. Juli 2015 ausgeschieden ist. Die Wiedervorlage – Wv sodann – war am 18. März 2015 verfügt worden. Der Vorsitz der Kammern wird erst wieder ab dem 1. September bis. 6. Oktober 2015 dauerhaft besetzt, da erst für diese Zeitpunkte offene richterliche Stellenanteile nachbesetzt werden. Die notwendige zwischenzeitliche Bearbeitung ist durch den Geschäftsverteilungsplan sichergestellt.“ (AGA Bl. 14). Die Akte wurde der zuständigen Richterin am Sozialgericht am selben Tag zuverfügt (AGA Bl. 14). Mit Verfügung mit unleserlichem Datum wurde die Sache z.S. verfügt (AGA Bl. 14). Unter dem Datum 13. Juni 2016 verfügte die Vorsitzende der 22. Kammer erneut die Beiziehung der Akten S 17 AS 114/14 ER sowie S 16 AY 4/14 (AGA Bl. 15). Nach Wiedervorlageverfügungen vom 12. Juli, 14. Juli und 25. Juli 2016 (AGA Bl. 15) übersandte die 16. Kammer mit Schreiben vom 13. Juli 2016 die Gerichts- und Verwaltungsakten des asylbewerber-leistungsrechtlichen Verfahrens S 16 AY 4/14 (AGA Bl. 16). Am 16. Oktober 2016 wurde die Sache erneut zur Sitzung verfügt (AGA Bl. 16). Danach fand ein erneuter Kammerwechsel zur 19. Kammer statt. 

Am 8. November 2017 meldete sich die Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom selben Tag zum Aktenzeichen S 1 AS 377/14 wieder zum Verfahren, erinnerte an dessen Fortgang und beantragte zeitnahe mündliche Verhandlung. Die Sachen seien aus 2014 (AGA Bl. 17). Am 9. November 2017 wurde die Sache erneut zur Sitzung verfügt (AGA Bl. 17). 

Wohl zum Jahresbeginn 2018 fand ein erneuter Kammerwechsel von der 22. auf die 19. Kammer des Sozialgerichts statt. Mit Schreiben vom 29. Januar 2018 bat die 16. Kammer des Sozialgerichts um Rücksendung der Akten. Dies geschah mit Verfügung vom 20. Februar 2018 am selben Tag (AGA Bl. 18). Mit Schreiben vom 12. März 2018 bat die 16. Kammer zudem um Übersendung der Gerichtsakte S 19 AS 377/14 sowie des Parallelverfahrens S 19 AS 378/14 (AGA Bl. 19). Mit Verfügung vom 19. März 2018, ausgeführt am 17. April 2014, wurde die Akten der 16. Kammer erneut kurzfristig überlassen (AGA Bl. 20). Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 wurde die 16. Kammer um Rücksendung der Akten gebeten und mit Schreiben vom 26. Juli 2018 hieran erinnert (GA Bl. 21, 22). Mit Schreiben vom 13. August 2018 sandte die 16. Kammer die hiesige Gerichtsakte S 19 AS 377/14 und die des Parallelverfahrens S 19 AS 378/14 an die 19. Kammer zurück (AGA Bl. 23).

Mit Beschluss vom 6. September 2018 lehnte die Kammer die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab (AGA Bl. 24) und hörte die Beteiligten mit Schreiben vom 6. September 2018, abgesandt am 27. September 2018, zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid an (AGA Bl. 26).

Mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz vom 10. Oktober 2018 beantragte die Prozessbevollmächtigte die Beiladung der SGB XI-Behörde des Odenwaldkreises, widersprach der Entscheidung durch Gerichtsbescheid, stellte eine Reihe von Fragen an das Gericht, beantragte mündliche Verhandlung und erklärte zuletzt: „Das Gericht möge das Unrecht jahrelanger Verzögerung wieder gut machen und den Odw. anregen anzuerkennen, alles andere wäre vernünftig nicht mehr nachvollziehbar.“ (AGA Bl. 32). Die 19. Kammer wies durch Gerichtsbescheid vom 19. Oktober 2018, der Prozessbevollmächtigten der Kläger zugestellt am 31. Oktober 2018, die Klage ab.

Am 28. November 2018 legten die Kläger beim Hessischen Landessozialgericht Berufung ein, für die zunächst der 9. Senat zuständig war. Zum 1. Januar 2020 wurde der 6. Senat zuständig (L 6 AS 676/18), der nach vorheriger Anhörung die Sache mit Beschluss vom 29. Juni 2020 der Berichterstatterin übertrug (AGA Bl. 67). In einer mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2021 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, der auch den von dem streitgegenständlichen Aufhebungsbescheid nicht erfassten Kläger zu 3 begünstigte, von Seiten der Kläger auf Widerruf (AGA Bl. 94). Die Kläger machten von der Widerrufsmöglichkeit Gebrauch (AGA Bl. 95). Auch einem weiteren Vergleichsvorschlag des Gerichts (Beschluss vom 8. April 2021; AGA Bl. 135), der wiederum auch den von dem streitgegenständlichen Aufhebungsbescheid nicht erfassten Kläger zu 3 begünstigte, wurde zwar vom Beklagten (AGA Bl. 137), nicht aber von den Klägern zugestimmt (AGA Bl. 139). Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 14. April 2022 wurde der Klage teilweise stattgeben (AGA Bl. 179) und der Aufhebungsbescheid, mit dem die den Klägerinnen zu 1 und 2 bewilligten Leistungen ab Februar 2014 aufgehoben worden waren, aufgehoben (AGA Bl. 193). Das Urteil wurde den Klägern laut dem Empfangsbekenntnis ihrer Prozessbevollmächtigten am 5. Mai 2021 zugestellt (AGA 200). Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht wurde nicht erhoben.  

Die Kläger haben am 16. April 2021 Entschädigungsklage beim Hessischen Landessozialgericht eingereicht, mit der sie die Verurteilung des beklagten Landes Hessen begehren, ihnen wegen überlanger Dauer (ausschließlich) des Verfahrens vor dem Sozialgericht Darmstadt (S 19 AS 177/14) eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht weniger als 2.400,00 Euro, nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Antragstellung. 

Zur Begründung tragen die Kläger vor, sie hätten am 17. April 2014 Klage erhoben, das Sozialgericht habe erst am 19. Oktober 2018, also nach vier Jahren entschieden; sie hätten u.a. mit Schriftsatz vom 8. November 2017 Verzögerungsrüge erhoben.

Der Prozesskostenhilfeantrag der Kläger ist mit Beschluss vom 14. März 2022 wegen fehlender Glaubhaftmachung der Bedürftigkeit abgelehnt, nachfolgend mit Verfügung vom 28. März der Gerichtskostenvorschuss – ausgehend von einem vorläufigen Streitwert von 2.400,00 Euro – bei der Prozessbevollmächtigten der Kläger angefordert worden (Gerichtsakte des Entschädigungsklageverfahrens [GA] Bl. 16). Nach Einzahlung dieses Kostenvorschusses am 20. April 2022 (GA Bl. 23 R) ist die Entschädigungsklage dem Beklagten am 30. Mai 2022 zugestellt worden. Mit abänderndem Beschluss vom 13. Juli 2022 ist den Klägern Prozesskostenhilfe ab Einreichung fehlender Kontounterlagen am 6. Juli 2022 (Zeitpunkt der Entscheidungsreife) bewilligt worden.  

Die Kläger beantragen wörtlich, 
„1. Es wird festgestellt, dass die Verfahrensdauer in dem Verfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt Az.: S 19 AS 377/14 unangemessen war,
2. die Beklagte wird verurteilt an die Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht unter 2.400,- liegen sollte nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Antragstellung.
3. die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.“

Der Beklagte beantragt, 
die Entschädigungsklage abzuweisen. 

Er tritt dem geltend gemachten Entschädigungsanspruch entgegen und trägt unter Hinweis auf seine Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag vor, zwar sei es zu erheblichen Liegezeiten im erstinstanzlichen Verfahren gekommen, nämlich 18 volle Monate im Zeitraum 18. November 2014 bis 12. Juni 2016 und 19 volle Monate im Zeitraum 14. Juli 2016 bis 19. Februar 2018. Diese Dauer werde auch nicht durch die Dauer des Berufungsverfahrens von zweieinhalb Jahren kompensiert. Allerdings stehe den Klägern kein Schadensersatzanspruch zu, weil das nicht immer stringente und teilweise widersprüchliche Verhalten ihrer Prozessbevollmächtigten, die während der Dauer des erstinstanzlichen Klageverfahrens insgesamt 840 Verfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt geführt habe, einen schnellen Verfahrensabschluss nicht zulasse. Auch habe sie auf die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2021 gefragt, was die Eile des Gerichts solle. Das lasse es nicht nachvollziehbar erscheinen, dass die Kläger dann nach weiteren vier Monaten die vorliegende Entschädigungsklage eingereicht hätten. 

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und der beigezogenen Gerichtsakte des Ausgangsverfahrens S 19 AS 377/14 sowie des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 17 AS 114/14 ER sowie des in der 16. Kammer des Sozialgerichts anhängig gewesenen Klageverfahrens S 16 AY 4/14, das parallel zum hier streitgegenständlichen Klageverfahren im Zeitraum 13. August 2014 (Klageeingang) bis 11. April 2019 (Klage abweisender Gerichtsbescheid) zur Höhe der den Klägern ab Februar 2014 bewilligten Leistungen nach dem AsylbLG geführt wurde. 

Eine Abfrage des Senats beim Sozialgericht Darmstadt hat ergeben, dass die Kläger im Zeitraum 17. April 2014 bis 19. Oktober 2018, der Dauer des hier streitgegenständlichen Ausgangsverfahrens, 13 weitere Klageverfahren und insgesamt 24 Verfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt führten; eine weitere Abfrage hat ergeben, dass die Prozessbevollmächtigte der Kläger während der Dauer des hier streitgegenständlichen Ausgangsverfahrens beim Sozialgericht Darmstadt insgesamt 667 Verfahren anhängig gemacht hat. 


Entscheidungsgründe

Das Landessozialgericht ist – erstinstanzlich – für die Entscheidung zuständig (§ 202 Satz 2 SGG i.V.m. § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG), da es sich bei dem Ausgangsverfahren um ein Verfahren aus dem Bereich der Sozialgerichtsbarkeit handelt. Die Zuständigkeit des 6. Senats des Hessischen Landessozialgerichts ist geschäftsplanmäßig gegeben, weil die Kläger ausschließlich die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Sozialgericht Darmstadt rügen, nicht aber die Dauer des bei dem 6. Senat anhängig gewesenen Berufungsverfahrens. 

Die Kläger machen die Überlänge des Verfahrens S 19 AS 377/14 vor dem Sozialgericht Darmstadt geltend. In diesem Verfahren haben sie am 17. April 2014 Klage erhoben. Das Verfahren ist mit Gerichtsbescheid vom 19. Oktober 2018 abgeschlossen worden. Das nachfolgende Berufungsverfahren wurde mit Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. April 2021 beendet. Die Kläger haben keine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht erhoben. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Entschädigungsklage nach § 202 Satz 2 SGG in Verbindung mit §§ 198 ff. GVG ist zulässig. Die Klägerin zu 1. hat auch die Wartefrist aus (§ 202 Satz 2 SGG i.V.m.) § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG eingehalten.

Die Wartefrist des § 198 Abs. 5 S. 1 GVG, wonach eine Entschädigungsklage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann, wurde bezogen auf den 18. März 2015 eingehalten, denn die Klage im Entschädigungsklageverfahren ging am 16. April 2021 ein. Auch wenn man den Schriftsatz vom 8. November 2017, mit dem die Prozessbevollmächtigte an den Fortgang des Verfahrens erinnerte und zeitnahe mündliche Verhandlung beantragte, als Verzögerungsrüge deutet – die Kläger selbst wollen diesen Schriftsatz als Verzögerungsrüge verstanden wissen (GA Bl. 4) –, ist die Sechsmonatsfrist eingehalten. 

Auch sonstige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit bestehen nicht. Namentlich gehört die Einhaltung der Klagefrist aus § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG (i.V.m. § 202 Satz 2 SGG) nicht zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Entschädigungsklage; vielmehr handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 17/3802, S. 22, BSG, Urteil vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 1/17 R –, SozR 4-1710 Art. 23 Nr. 5, Rn. 22; erk. Senat, Urteil vom 29. Juni 2016 – L 6 SF 5/14 EK AL –, juris, Rn. 18; erk. Senat, Urteil vom 8. Juli 2020 – L 6 SF 8/19 EK AS –, juris, Rn. 29; Marx, in: Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2012, § 198 GVG Rn. 159 ff.; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 202 Rn. 30b; Lückemann, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 198 GVG Rn. 11; für ein prozessuales Verständnis der Vorschrift dagegen z.B. Röhl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 198 GVG [Stand: 26. November 2019] Rn. 255; Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 9. Auflage 2018, § 198 Rn. 43). Die damit zusammenhängenden Fragen sind daher für die Zulässigkeit der Klage noch nicht maßgeblich. 

Die Klage ist nach allem zulässig, jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Kläger können wegen der unangemessenen Dauer des vor dem Sozialgericht Darmstadt unter dem Aktenzeichen S 19 AS 377/14 (zuvor S 17 AS 377/14 und S 22 AS 377/14) geführten Verfahrens als Wiedergutmachung nur deren Feststellung verlangen. Im Übrigen, also wegen der von den Klägern geltend gemachten Entschädigungszahlungen, kann die Klage keinen Erfolg haben.

Gegenstand der Klage ist zum einen der von den Klägern ausdrücklich geltend gemachte Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen der nach ihrer Auffassung überlangen Dauer des Ausgangsverfahrens, wobei die Kläger dessen Höhe auf zumindest 2.400,00 Euro beziffert haben. Die Klage ist insofern als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG; vgl. für viele BSG, Urteil vom 21. Februar 2013, B 10 ÜG 1/12 KL).

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist zudem die mögliche Feststellung einer unangemessenen Dauer des Ausgangsverfahrens als Form der Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG. Dies setzt einen gesonderten, gerade hierauf gerichteten Antrag nicht voraus (§ 198 Abs. 4 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG); im Übrigen wurde einer solcher gestellt.

Die Kläger haben auch die materielle Ausschlussfrist des § 202 Satz 2 SGG i.V.m. § 198 Abs. 5 S. 2 GVG, wonach die Entschädigungsklage spätestens sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung, die das Ausgangsverfahren beendet hat, oder nach einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden muss, eingehalten.

Erledigung des Ausgangsverfahrens trat vorliegend nach Ablauf der Frist zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht nach Zustellung des Urteils des Landessozialgerichts vom 14. April 2021 an die Prozessbevollmächtigte der Kläger am 5. Mai 2021, somit mit Ablauf des 5. Juni 2021 ein. 

Die Entschädigungsklage der Kläger ist bereits am 16. April 2021 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen und damit erhoben worden. Denn die Klage ist dann erhoben, wenn sie dem zuständigen Gericht zugeht (Müller in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 3, 1. Aufl., § 90 SGG (Stand: 11.05.2022), Rn. 29). 

Vorliegend ist die Klage allerdings – wegen eines sich hinziehenden Prozesskostenhilfeverfahrens und der späten Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses – nicht bis zum 5. Dezember 2021 und somit nicht binnen der Frist von sechs Monaten dem Beklagten zugestellt worden. Sie ist damit gemäß § 94 Satz 2 SGG in der ab 15. Oktober 2016 geltenden Fassung auch nicht binnen der Ausschlussfrist rechtshängig geworden. Das ändert aber nichts daran, dass die Klage schon am 16. April 2021 „erhoben“ wurde 

Der Senat schließt sich – abweichend von seiner im Urteil vom 13. Juli 2022 im Verfahren L 6 SF 20/20 EK AS obiter geäußerten Rechtsauffassung – dem Bayerischen Landessozialgericht an, wonach § 198 Abs. 5 S. 1 GVG auf die Klageerhebung, nicht auf die Rechtshängigkeit der Klage abstellt:

„Im Verfahren des SGG ist mit dem Begriff der Klageerhebung die Klageeinreichung bei Gericht umschrieben. Anders als in Zivilverfahren nach § 253 Abs. 1 ZPO bedarf es für die Klageerhebung keiner Zustellung der Klageschrift. Dies ist der Formulierung in § 90 SGG zu entnehmen, wonach die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben ist. Klageerhebung ist damit die Einreichung der Klageschrift bzw. Aufnahme der Niederschrift. § 90 SGG gilt für alle Klagen im Zuständigkeitsbereich der Sozialgerichtsbarkeit, auch für Klagen nach § 202 S. 2 SGG i. V. m. § 201 Abs. 1 S. 1 GVG (B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl., § 90 RdNr. 3; a. A. Föllmer in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 90 SGG, Rn. 4). Dies ergibt sich aus § 201 Abs. 2 S. 1 GVG i. V. m. § 202 Abs. 1 S. 2 SGG, wonach die Vorschriften des SGG über das Verfahren im ersten Rechtszug entsprechend anzuwenden sind. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Regelung des § 90 SGG für Verfahren nach §§ 198 ff. GVG nicht gelten sollte (im Ergebnis ebenso BFH, Urteil vom 12.07.2017, X K 3-7/16 für den Bereich der FGO).
An diesem Ergebnis ändert auch die zum 15. Oktober 2016 eingeführte Regelung des § 94 Abs. 2 SGG nichts. Nach dieser Vorschrift wird eine Entschädigungsklage nach §§ 198 ff. GVG anders als andere Klagen im Sozialgerichtsverfahren, die gemäß § 94 Abs. 1 SGG mit Klageerhebung rechtshängig werden, erst mit Zustellung der Klageschrift rechtshängig.
Denn § 94 SGG regelt den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, der im Grundsatz nach § 94 S. 1 SGG durch Klageerhebung (nach § 90 SGG) erfolgt, und als Ausnahme nach § 94 S. 2 SGG für Entschädigungsklagen nach §§198 ff. GVG die Zustellung der Klage voraussetzt. § 94 S. 2 SGG ist daher eine Sonderregelung für den Eintritt der Rechtshängigkeit, ändert jedoch am für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit geltenden Begriff der Klageerhebung nichts. Durch die Klageerhebung werden die Verfahren nach §§ 198 ff GVG nur anhängig gemacht, die Rechtshängigkeit ist von der Zustellung der Klage abhängig (B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl., § 94 RdNr. 2, a. A. wohl Röhl, jurisPK, § 198 GVG, RdNr. 146). Es ist klar zu unterscheiden zwischen dem Begriff der Klageerhebung, der in § 90 SGG geregelt ist und keine Sonderregelung für Entschädigungsklagen nach §§ 198 ff. GVG vorsieht und dem Begriff der Rechtshängigkeit, der in § 94 SGG konkretisiert wird.“ (so Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 6. Dezember 2018 – L 8 SF 185/17, juris Rn. 67-69; B.Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 202 Rn. 30; ebenso jetzt auch Föllmer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 90 SGG (Stand: 15.06.2022) Rn. 4). 
Auch die obiter gemachte Bemerkung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 1/17 R –, juris Rn. 20 am Ende zur Rechtslage vor dem 15. Oktober 2016 („Ohnehin hätte im Fall des Klägers bereits der rechtzeitige Eingang seiner Entschädigungsklage bei Gericht ausgereicht, um sie rechtshängig zu machen und so die Klagefrist einzuhalten. Einer Zustellung an den Beklagten bedurfte es nicht (vgl. aber heute § 94 S. 2 SGG idF des Gesetzes vom 11.10.2016 BGBl I 2222)“ führt aus Sicht des Senats zu keiner anderen Beurteilung. Denn das Bundessozialgericht ist in seinem Beschluss vom 23. Mai 2019 (B 10 ÜG 1/19 BH – juris Rn. 9) von der angedeuteten („vgl. aber heute“) geänderten Auffassung, wonach sich die Klagefrist wegen § 94 S. 2 SGG nach der Zustellung und damit Rechtshängigkeit bestimme, abgerückt. Es sieht in der bloßen Überreichung eines Schreibens in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll die „Erhebung“ der Entschädigungsklage, hält also die – die Zahlung des Gerichtskostenvorschusses oder die Bewilligung von Prozesskostenhilfe voraussetzende – Zustellung (anders als für die Rechtshängigkeit) nicht für nötig. 
Ein Anspruch auf Entschädigung in Geld scheitert auch nicht von vornherein an dem Fehlen einer Verzögerungsrüge im Sinne von § 198 Abs. 3 S. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG (vgl. zur Verzögerungsrüge für viele BSG, Urteil vom 27. Juni 2013, B 10 ÜG 9/13 B). Die erforderliche Verzögerungsrüge haben die Kläger formell wirksam erhoben. In der Sache setzt die wirksame Erhebung einer Verzögerungsrüge allerdings voraus, dass Anlass zur Besorgnis besteht, das Verfahren werde nicht in angemessener Zeit abgeschlossen (§ 198 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG). 
Nach § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG kann die Verzögerungsrüge erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Vorliegend wurde die Verzögerungsrüge vom 18. März 2015 verfrüht und somit nicht wirksam erhoben. Denn sie wurde gemäß § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG zu einem Zeitpunkt erhoben, als noch kein Anlass zur Besorgnis bestand, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird.
Der Zeitpunkt, von dem ab „Anlass zur Besorgnis“ i.S.v. § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 GVG besteht, erfordert eine Situation, in der ein Verfahrensbeteiligter (§ 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG) erstmals Anhaltspunkte dafür hat, dass das Verfahren keinen angemessenen zügigen Fortgang nimmt, sich folglich die konkrete Möglichkeit einer Verzögerung abzeichnet (BT-Drucks. 17/3802 S. 20; BGH, Urteil vom 21. Mai 2014 - III ZR 355/13 -, juris, Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2018 – 2 WA 1/17 D –, Rn. 22, juris). 
In der Gesetzesbegründung vom 17. November 2010 zum Gesetzentwurf des ÜGG, BT-Drucks 17/3802, S. 20 heißt es: "Satz 2 regelt den Zeitpunkt, zu dem die Verzögerungsrüge frühestens erhoben werden kann. Dieser Zeitpunkt muss normiert werden, um der Gefahr entgegenzuwirken, dass - namentlich im Anwaltsprozess - Verzögerungsrügen formal schon im Anfangsstadium eines Prozesses eingelegt werden. Die Regelung stellt insoweit auf eine Situation ab, in der ein Betroffener erstmals Anhaltspunkte dafür hat, dass das Verfahren keinen angemessen zügigen Fortgang nimmt. Maßgeblich ist deshalb die Besorgnis der Gefährdung, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werden kann, d.h. die konkrete Möglichkeit einer Verzögerung. (…)".

Grundlage der Prognose haben danach objektive Gründe zu sein, die bei einer ex-ante-Betrachtung aus der Sicht eines vernünftigen Rügeführers im konkreten Einzelfall eine überlange Verfahrensdauer hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. hierzu BVerwG, wie vor). Das ist bei sozialgerichtlichen Verfahren dann der Fall, wenn aufgrund des bisherigen Verlaufs des Verfahrens bereits absehbar ist, dass das Gericht nicht mehr mit einer zwölfmonatigen Vorbereitungs- und Bedenkzeit auskommen wird (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 3/16 R –, juris, Rn. 22; B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2020, § 202 Rn. 28a; Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. September 2019 – L 11 SF 58/18 EK AL –  juris Rn. 48).

Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs bestand nach der gebotenen ex ante-Betrachtung zum Zeitpunkt der Rügeerhebung am 18. März 2015 noch kein Anlass zur Besorgnis für eine überlange Verfahrensdauer. Das Sozialgericht hatte nach Übersendung des klägerischen Schriftsatzes vom 5. Juni 2014 an den Beklagten (Gerichtsakte Blatt 7) das Verfahren in den Monaten August und Oktober 2014 zwei Monate nicht mehr gefördert. Es hatte – für die Prozessbevollmächtigte der Kläger allerdings nicht erkennbar – im Juli 2014 die Akten des Parallelverfahrens vor der 16. Kammer des Sozialgerichts („AY-Kammer“), in dem es um die Höhe der den Klägern gewährten Asylbewerberleistungen für einen Zeitraum ab Februar 2014 ging, beigezogen und im September auf Anforderung der AY-Kammer die Akte des hiesigen Ausgangsverfahrens an die 16. Kammer übersandt. Mit Schreiben vom 14. November 2014 beantragte die Prozessbevollmächtigte Terminierung im hiesigen Verfahren. Diesen Schriftsatz übersandte das Sozialgericht an den Beklagten zur Kenntnis. In den folgenden drei Monaten Dezember bis Februar 2015 erfolgte keinerlei Aktivität des Sozialgerichts.

Bei dieser Sachlage ist die am 18. März 2015 erhobene Verzögerungsrüge verfrüht erhoben (AGA Bl. 13). Denn zu diesem Zeitpunkt hatte das Sozialgericht nur in fünf Monaten keinerlei aus der Akte ablesbare Aktivität entfaltet und die ihm zustehende Bedenkzeit von zwölf Monaten pro Instanz (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2017 – B 10 ÜG 15/17 B) nicht ansatzweise ausgeschöpft. Die wechselseitige Beiziehung der Akten des parallelen Verfahrens nach dem AsylblG bzw. der Übersendung der Akte des hiesigen Ausgangsverfahrens an die AY-Kammer war zur Abgrenzung des Streitgegenstandes eine sachdienliche Verfahrensförderung, da die Kläger, die im Februar 2014 Leistungen nach dem AsylbLG erhielten, im hiesigen Verfahren um die Aufhebung der etwas höheren Leistungen für die Klägerinnen zu 1 und zu 2 nach dem SGB II für Februar 2014 stritten. 

Auch aus der maßgeblichen Perspektive verständiger Kläger war das Sozialgericht in lediglich sechs Monaten in einer für die Kläger und ihre Prozessbevollmächtigte erkennbaren Weise nicht aktiv. Zwar war aus Sicht der Kläger auch in dem Monat Juli 2014 keine Aktivität des Gerichts erkennbar, da das Sozialgericht die Prozessbevollmächtigte der Kläger nicht über die Beiziehung der AY-Akten informierte. Es informierte die Beteiligten auch nicht über die Übersendung der eigenen Akten an die AY-Kammer. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger wusste aber über das Schreiben des dortigen Kammervorsitzenden vom 9. September 2014 (Akte S 16 AY 4/14, Bl. 12) von der vorübergehenden Beiziehung der Akte S 17 AS 377/14. Bei dieser Sachlage kam eine Verzögerungsrüge verfrüht. Die Kläger selbst haben sich in ihrer Entschädigungsklage auch nicht auf die Verzögerungsrüge am 18. März 2015 nach nur elfmonatiger Gesamtverfahrensdauer berufen.

Die Kläger berufen sich vielmehr auf ihr Schreiben vom 8. November 2017, mit dem sich die Prozessbevollmächtigte, nachdem auch sie selbst sich zweieinhalb Jahre lang nicht mehr zum Verfahren gemeldet hatte, zum (unrichtigen) Aktenzeichen S 1 AS 377/14 schrieb, an den Fortgang des Verfahrens erinnerte und zeitnahe mündliche Verhandlung beantragte. Die Sachen seien aus 2014 (AGA Bl. 17).

Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren seit Erhebung der ersten (verfrühten) Verzögerungsrüge in keiner für die Beteiligten erkennbaren Weise durch das Gericht gefördert worden. Der Vermerk des Direktors des Sozialgerichts vom August 2015 gelangte nicht zur Kenntnis der der Beteiligten, ebenso wenig die erneute Beiziehung der AY-Akten durch den oder die neue Kammervorsitzende und auch nicht die Verfügung zur Sitzung im Oktober 2016. Nach somit weiteren 30 Monaten der – aus Sicht der Beteiligten – vollständigen Untätigkeit des Gerichts bestand die berechtigte Besorgnis einer überlangen Verfahrensdauer. 

Der Senat lässt offen, ob es sich bei der Einlassung der Prozessbevollmächtigten vom 8. November 2017 um die Erhebung einer Verzögerungsrüge handelt. Die Prozessbevollmächtigte benutzt – anders als in ihrem Schreiben vom 18. März 2015 – nicht den Begriff der Verzögerungsrüge. Diese geänderte Wortwahl spricht dafür, dass sie nunmehr lediglich erinnern, aber nicht nochmals Verzögerungsrüge erheben will. Allerdings könnte in der Erinnerung an den Fortgang des Verfahrens deshalb eine Verzögerungsrüge zu sehen sein, weil die Prozessbevollmächtigte die Erinnerung mit dem Hinweis versehen hat „Die Sachen sind aus 2014.“ Es kann dahingestellt bleiben, ob die Prozessbevollmächtigte damit hinreichend deutlich gemacht hat, dass sie die Dauer des Verfahrens beanstandet und die Rechtsfolgen auslösen möchte, die an die Erhebung einer Verzögerungsrüge geknüpft sind. Denn selbst wenn man eine Verzögerungsrüge bejahen würde, würden die Kläger gleichwohl mit ihrem Entschädigungsantrag unterliegen. 

Ist eine Verzögerungsrüge formgerecht und wirksam erhoben, so ist bei der Beurteilung einer Überlänge auch die zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichene Dauer des Verfahrens einzubeziehen. Dies gilt auch dann, wenn die Verzögerungsrüge schon früher hätte erhoben werden können (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2017, B 10 ÜG 3/16 R; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. Februar 2020, L 12 SF 39/17 EK AS).

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass das Ausgangsverfahren unangemessen lang dauerte.

Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG nicht nach starren Fristen, sondern nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und der Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (vgl. zum Maßstab ausführlich BSG, Urteil vom 3. September 2014, B 10 ÜG 2/13 R; BSG, Urteil vom 12. Februar 2015, B 10 ÜG 11/13 R; Hessisches LSG – erkennender Senat –, Urteil vom 1. August 2018, L 6 SF 2/18 EK SB). 

Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die durch § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG definierte Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von dessen Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste relevante Zeiteinheit ist hierbei der (Kalender ) Monat. In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens insbesondere anhand der in § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG genannten Kriterien zu beurteilen. Auf dieser Grundlage und im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände ist schließlich in einem dritten Schritt zu entscheiden, ob die Verfahrensdauer die Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2013, B 10 ÜG 1/12 KL). 

Ausgehend von diesem Rahmen ist die Festlegung eines Zeitraums, bei dessen Überschreiten ein Verfahren generell als unverhältnismäßig lange dauernd zu bewerten ist, nicht möglich (vgl. am Maßstab von Art. 19 Abs. 4 GG: BVerfG, Beschwerdekammerbeschluss vom 30. August 2016, 2 BvC 26/14 – Vz 1/16; BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. September 2011, 1 BvR 232/11). Das gilt zumal, da Zügigkeit oder Verfahrensbeschleunigung keine absoluten Werte sind, sondern stets im Zusammenhang und im Spannungsverhältnis mit den übrigen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatz, und dem damit korrespondierenden Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer gründlichen und zutreffenden Bearbeitung durch das Gericht zu sehen sind. Konkretisierend geht der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts davon aus, dass vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls die Dauer eines Verfahrens noch als angemessen anzusehen ist, soweit sie auf einer vertretbaren aktiven Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht und, soweit sie darüber hinausgeht, eine regelmäßig jedem Gericht zuzubilligende Vorbereitungs- und Überlegungszeit, in der eine aktive Verfahrensförderung nicht erkennbar sein muss, nicht überschreitet (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2015, B 10 ÜG 11/13 R; Hessisches LSG – erkennender Senat –, Urteile vom 1. August 2018, L 6 SF 2/18 EK SB und 18. Mai 2022, L 6 SF 36/21 EK KR). 

Die sich aus § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG ergebenden Maßstäbe für eine unangemessene Verfahrensdauer sind nach Entstehungsgeschichte und Zielsetzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 und Art. 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auszulegen (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. November 2013, III ZR 376/12; Schenke, NVwZ 2012, 257, 258). § 198 Abs. 1 S. 2 GVG benennt in diesem Rahmen beispielhaft und ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind.

Wie der Senat in seinen Entscheidungen vom 1. August 2018 (L 6 SF 2/18 EK SB), vom 18. Mai 2022 (L 6 SF 36/21 EK KR) und vom 13. Juli 2022 (L 6 SF 20/20 EK AS) dargelegt hat, ergibt sich die für die Beurteilung der Verfahrensdauer relevante Bedeutung des Verfahrens aus der Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen des um Entschädigung nachsuchenden Beteiligten. Entscheidend ist deshalb, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf dessen Verfahrensposition und das ggf. geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteil vom 3. September 2014, B 10 ÜG 2/13). Dagegen sind, da § 198 GVG auf die Entschädigung (oder allgemeiner: die Wiedergutmachung) individueller Belastungen gerade des Entschädigungsklägers durch eine unangemessene Verfahrensdauer zielt, allgemeine Aspekte bzw. eher für die Allgemeinheit maßgebliche Fragen nicht von entscheidendem Gewicht.

Ausgehend von diesen Maßstäben erweist sich das Ausgangsverfahren, das vom Zeitpunkt des Eingangs des Vorgangs bei dem Sozialgericht Darmstadt im Februar 2014 bis zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid im Oktober 2018 insgesamt 4 Jahre und 9 Monate gedauert hat, als unangemessen lang.

Für die Beurteilung der Dauer eines gerichtlichen Verfahrens im Hinblick auf seine Angemessenheit bzw. Unangemessenheit sind zunächst Zeiten, in denen das Verfahren aktiv betrieben wurde, und Zeiten gerichtlicher Inaktivität gegenüberzustellen, wobei zu den Zeiten, in denen das Verfahren aktiv betrieben wurde, auch Zeiten des gerechtfertigten Zuwartens zählen.

Wie bereits oben dargelegt, waren bis zur zweiten Verzögerungsrüge am 8. November 2017 bereits 36 Monate der Untätigkeit des Gerichts aus Klägersicht zu verzeichnen, wobei die erneute Beiziehung der Akten des parallelen AY-Verfahrens durch den oder die neue Kammervorsitzende durchaus als eine fördernde Tätigkeit zu sehen ist, so dass der Senat bis zu diesem Zeitpunkt von 35 Monaten Inaktivität des Gerichts ausgeht. 

Nachfolgend ist in den Monaten Dezember 2017 bis August 2018 keine Tätigkeit der Kammervorsitzenden erkennbar, sieht man von der Übersendung zunächst der angeforderten AY-Akten an die hierfür zuständige AY-Kammer und sodann der Gerichtsakte des hiesigen Ausgangsverfahrens sowie der Bitte um Rücksendung dieser Akte ab. An einer verfahrensfördernden Tätigkeit war die Kammer im Zeitraum März bis August 2018 gehindert, weil die Gerichtsakte bei der für AY-Sachen zuständigen Kammer lag. Dieser Zeitraum ist gleichwohl jedenfalls teilweise als Verzögerung zu werten. Denn da die Kläger vor verschiedenen Kammern des Sozialgerichts für denselben Monat Februar 2014 um in einem Alternativitätsverhältnis stehende Leistungen nach verschiedenen Rechtsgrundlagen (SGB II bzw. AsylbLG) stritten und die Akten wiederholt wechselseitig beigezogen worden waren, hätte das Gericht Kopien dieser Akten anfertigen können und nur um Mitteilung des Verfahrensstandes in der jeweils anderen Kammer bitten und damit das Verfahren beschleunigen können.

Der Senat sieht daher nach der Erhebung der zweiten Verzögerungsrüge weitere sechs Monate, in denen die Kammer das Verfahren nicht gefördert hat. 

Alles in allem ergeben sich Zeiten, in denen das Verfahren keinen erkennbaren Fortgang nahm und dies nicht auf dem Gericht nicht zurechenbaren Verhalten Dritter beruhte, in einem Umfang von 41 Monaten. Dieser Zeitraum begründet jedoch nicht in vollem Umfang eine Überlänge des Ausgangsverfahrens. Dem Ausgangsgericht sind vielmehr Vorbereitungs- und Bedenkzeiten, die regelmäßig je Instanz 12 Monate betragen, zuzubilligen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Schritte der Verfahrensförderung als gerechtfertigt angesehen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2015, B 10 ÜG 11/13 R; Hess. LSG – erkennender Senat –, Urteile vom 1. August 2018, L 6 SF 2/18 EK SB und vom 18. Mai 2022, L 6 SF 36/21 EK KR). Anlass, die Zeitspanne von 12 Monaten zu reduzieren, besteht vorliegend nicht. Eher wäre in Betracht zu ziehen, den Zeitraum mit Blick auf die geringe Bedeutung des Verfahrens und das Verhalten der Prozessbeteiligten zu erhöhen. Hintergrund ist, dass dem Gericht ein Spielraum zuzubilligen ist, der es ihm ermöglicht, der Bedeutung, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und muss und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015, III ZR 141/14). In diesem Rahmen kann und wird es vielfach sachgerecht sein, Verfahren mit vergleichsweise geringer Bedeutung jedenfalls über einen gewissen Zeitraum hinter andere zurückzustellen, so dass auch Zeiten gerichtlicher Inaktivität, die über die regelmäßige Vorbereitungs- und Bedenkzeit hinausgehen, von den Beteiligten an Verfahren mit geringer Bedeutung noch hinzunehmen sind. Einer weiteren Vertiefung bedarf es an dieser Stelle jedoch nicht, weil zum einen unter Abwägung mit den sonstigen für die Beurteilung maßgeblichen Faktoren eine Verlängerung in einem Umfang, der zur Folge hätte, dass von einer insgesamt angemessen Verfahrensdauer ausgegangen werden könnte, nicht in Betracht kommt, und zum anderen auch bei Zugrundelegung (nur) des zwölfmonatigen Zeitraumes für die Vorbereitungs- und Bedenkzeit sich keine andere Sicht der Dinge im Hinblick auf die geltend gemachte Entschädigung ergibt.

Im Ergebnis sind von den Zeiten gerichtlicher Inaktivität im Umfang von 41 Monaten somit 12 Monate Vorbereitungs- und Bedenkzeit abzuziehen, so dass eine Überlänge des Verfahrens im Umfang von 29 Monaten verbleibt.

Allerdings ist nach Auffassung des Senats eine Wiedergutmachung auf andere Weise als durch eine Entschädigungszahlung ausreichend. Zwar erlaubt diese in § 198 Abs. 2 S. 2 und Abs. 4 S. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG vorgesehene Möglichkeit auf Grund der für die Entschädigungsregelung maßgeblichen europarechtlichen Vorgaben nur in Ausnahmefällen das Absehen von einem Entschädigungsanspruch in Geld, auch wenn der Gesetzeswortlaut auf den ersten Blick ein umgekehrtes Regel-Ausnahme-Verhältnis nahezulegen scheint (vgl. hierzu B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG Kommentar, 13. Aufl., § 2020 Rn. 26a). Eine Feststellung der Überlänge ist aber dennoch, wie der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bereits entschieden hat, jedenfalls dann ausreichend, wenn der mit dem Ausgangsverfahren erstrebte finanzielle, ideelle oder sonstige Vorteil erkennbar geringfügig ist oder/und die Rechtsverfolgung erkennbar aussichtslos ist oder/und der Beteiligte auf Grund seines Gesamtverhaltens wesentlich zur Verzögerung beigetragen hat (vgl. in diesem Sinne die Begründung zum Gesetzentwurf BT-Drucks. 17/3802, S. 20; außerdem BSG, Urteil vom 21. Februar 2013, B 10 ÜG 1/12 KL; BFH, Urteil vom 17. April 2013, X K 3/12; Hess. LSG – erkennender Senat –, Urteile vom 8. Juli 2020, L 6 SF 6/19 EK AS und vom 18. Mai 2022, L 6 SF 36/21 EK KR; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Oktober 2017, L 2 SF 248/17 EK AS; Engel-Boland, in: Roos/Wahrendorf, Sozialgerichtsgesetz, 2014, § 202 Rn. 53; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 202 Rn. 26a). 

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass andernfalls ein Anreiz geschaffen würde, Klagen, die für den Betroffenen von (auch für ihn erkennbar) nur geringem Gewicht sind, nur oder doch in erster Linie deswegen weiter durchzuführen, um auf diese Weise einen finanziellen Vorteil, nämlich eine Geldentschädigung auf der Grundlage von § 198 GVG zu erlangen, die über das Interesse an dem Ausgangsverfahren, u.U. sogar deutlich, hinausgeht. Dementsprechend ist ein Entschädigungsanspruch in Geld regelmäßig ausgeschlossen, wenn das mit dem Ausgangsverfahren absehbar zu verwirklichende Interesse nur gering und die Klage (jedenfalls im Übrigen) aussichtslos und dies für den Betroffenen erkennbar war (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27. Mai 2020, L 13 SF 5/19 EK AS; zurückhaltend dagegen LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. Februar 2020, L 12 SF 33/18 EK AS). 

Davon ausgehend hält der Senat im vorliegenden Verfahren eine Wiedergutmachung auf andere Weise für ausreichend. Hierfür sind weiter folgende Erwägungen bedeutsam:
(1) Das Ausgangsverfahren hatte für die Kläger aus mehreren Gründen nur geringe Bedeutung. Streitgegenständlich war für die Klägerin zu 1 und die Klägerin zu 2 allein der Monat Februar 2014, für den der dortige Beklagte die Leistungsbewilligung für die Klägerinnen zu 1 und zu 2 in Höhe von insgesamt 1.166,52 Euro aufgehoben hatte. Für den Monat Februar 2014 waren den drei Klägern Leistungen in Höhe von insgesamt 1.215,00 Euro nach dem AsylbLG bewilligt worden, davon insgesamt 859,00 Euro für die Klägerinnen und 356,00 Euro für den Kläger zu 3. Nach Aufhebung des streitgegenständlichen Aufhebungsbescheids im Berufungsverfahren kamen 307,52 Euro zur Auszahlung an die Klägerinnen zu 1 und 2. Auch wenn damit nach der isolierten Beschwer des Aufhebungsbescheides betrachtet Streitgegenstand des Verfahrens 1.166,52 Euro waren, lag das wirtschaftliche Interesse der Klägerinnen zu 1 und 2 wegen der Anrechenbarkeit der ausgezahlten Leistungen nach dem AsylbLG lediglich bei 307,62 Euro, der Differenz der Leistungshöhe der Leistungen nach dem SGB II und nach dem AsylbLG.  
Die Klage des Klägers zu 3., der von dem streitgegenständlichen Aufhebungsbescheid überhaupt nicht erfasst wurde, weil er weder bei Erlass des ab Februar 2014 aufgehobenen Bewilligungsbescheids noch bei Erlass des Aufhebungsbescheids überhaupt schon geboren war, war von vorneherein ohne erkennbaren rechtlichen Sinn. Für ihn war der Rechtsstreit daher ohne jegliche Bedeutung. Eine Entschädigung in Geld ist im Falle eines Klägers, der überhaupt nicht Adressat der streitgegenständlichen Bescheide ist und auch gar nicht sein kann, ausgeschlossen. Zwar hatte der Senat im Berufungsverfahren angeregt, einen Vergleich zu schließen, der auch den – von den streitgegenständlichen Bescheiden nicht betroffenen – Kläger zu 3 berücksichtigt hätte, weswegen 397,85 Euro an die Kläger zur Auszahlung gekommen wären. Diesen Vergleich aber hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger fristgerecht widerrufen. Der Umstand, dass der Beklagte des Ausgangsverfahrens bereit war, dem Kläger zu 3 Leistungen nach dem SGB II (unter Abzug der ihm gewährten Leistungen nach dem AsylbLG) zu gewähren, ändert aber nichts daran, dass eine Entschädigungsanspruch in Geld für solche Kläger ausscheidet, die gegen überhaupt nicht an sie gerichtete Bescheide, die sie auch nicht beschweren, vorgehen. Andernfalls wäre es ein Leichtes für querulatorische Kläger, durch Erhebung unsinniger Klagen ohne Kostenrisiko ein Gericht mehr oder weniger lahmzulegen und für so entstehende Verzögerungen anschließend Entschädigungsleistungen in Geld zu verlangen. 

(2) Darüber hinaus spricht auch der Gesichtspunkt des den Klägern zuzurechnenden Prozessverhaltens ihrer Prozessbevollmächtigten, das gemäß § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG ebenfalls zu berücksichtigen ist, für eine Wiedergutmachung auf andere Weise. 
In erster Instanz hat sich die Prozessbevollmächtigte nach Erhebung der Verzögerungsrüge am 18. März 2015 ihrerseits erst wieder nach über zweieinhalb Jahren am 8. November 2017 zum Verfahren gemeldet. Damit hat sie selbst eine Haltung des „Dulde und liquidiere“ nach Einlegung der ersten, verfrühten Verzögerungsrüge eingenommen. 
Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2020 – B 10 ÜG 1/19 R –, juris Rn. 35 ausgeführt, dass, auch wenn das Gesetz für das Erheben einer Verzögerungsrüge keinen Endtermin bestimme und einer zu einem späten Zeitpunkt im Ausgangsverfahren eingelegten Rüge grundsätzlich keine anspruchsbegrenzende oder -ausschließende Wirkung beigemessen habe, der Gesetzgeber davon ausgehe, dass mit der Rügeerhebung nicht beliebig lange folgenlos zugewartet werden dürfe. Weiter heißt es: „Allerdings soll nach seinen Vorstellungen selbst ein Verhalten im Ausgangsverfahren, das bei Würdigung der Gesamtumstände "eher ein (unzulässiges) Dulde und Liquidiere" darstellt, nicht zwingend schon zu einer Unwirksamkeit der Verzögerungsrüge wegen Rechtsmissbrauchs führen. Vielmehr kann nach den Gesetzesmaterialien ein solches Verhalten vom Entschädigungsgericht (auch) in verschiedenen Stadien der Prüfung von Tatbestand und Rechtsfolgen des Entschädigungsanspruchs berücksichtigt werden, etwa bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 1 GVG, bei der Frage, ob Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreicht oder bei der Prüfung nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG, ob eine Reduzierung der Entschädigung geboten ist, weil der volle Pauschbetrag nach den Umständen des Einzelfalls unbillig ist (BT-Drucks 17/3802 S 21 und S 41)“.
Der Senat sieht das Verhalten der Prozessbevollmächtigten, die zwar verfrüht eine Verzögerungsrüge erhoben hatte, sich selbst nach der Erhebung der Verzögerungsrüge am 18. März 2015 aber mehr als zweieinhalb Jahre lang nicht mehr zum Verfahren meldete, als ein Verhalten, das erkennen lässt, dass die Prozessbevollmächtigte selbst das Verfahren für lange Zeit aus den Augen verlor und es nicht mehr im Interesse der Kläger betrieb. Auch im Parallelverfahren S 16 AY 4/14 meldete sich die Prozessbevollmächtigte nach dem 13. Juni 2016 jahrelang nicht mehr, teilte insbesondere dem Gericht auch in diesem wie auch im hier zu beurteilenden Verfahren nicht mit, dass die Kläger zum 1. Oktober 2016 umgezogen waren. Die nächste Äußerung der Prozessbevollmächtigten ist erst wieder zwei Jahre später das Empfangsbekenntnis vom 5. September 2018 zur Anhörung zum Gerichtsbescheid, mit der das Gericht auch beide Verfahrensbeteiligte über die Adressänderung informierte (Akte S 16 AY 4/14, Bl. 27 bis 46).
Der Umstand, dass sich die Kläger – anwaltlich vertreten – sowohl zu dem hier zu beurteilenden Ausgangsverfahren wie auch zu dem parallel geführten AY-Verfahren über Jahre nicht meldeten, ist für den Senat Hinweis darauf, dass den Klägern selbst jedenfalls in diesem Zeitraum nicht an einer Beschleunigung des Verfahrens gelegen war. Dies führt nach Auffassung des Senats dazu, dass für die objektiv unangemessene Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 1 GVG eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG durch Feststellung der Überlänge ausreicht. 

(3) Dies gilt umso mehr, als auch das Prozessverhalten der Prozessbevollmächtigten in zweiter Instanz dafür spricht, dass eine zügige Erledigung des Rechtstreits von ihr nicht mehr zu erreichen gesucht wurde. 
Nachdem der (seit dem 1. Januar 2020 für das Berufungsverfahren zuständige) 6. Senat die Sache mit Verfügung vom 1. Dezember 2020 zur mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2021 geladen hatte, ohne das persönliche Erscheinen der Kläger anzuordnen und unter Gestattung einer Teilnahme per Videokonferenz (AGA Bl. 74), wandte sich die Prozessbevollmächtigte der Kläger gegen diese Ladung sowie die Ladung in der Parallelsache derselben Kläger L 6 AS 183/19 – außerdem war geladen zur mündlichen Verhandlung das von derselben Prozessbevollmächtigten geführte Verfahren L 6 AS 186/18 und zum Erörterungstermin das das von derselben Prozessbevollmächtigten geführte Verfahren L 6 AS 372/18 – u.a. mit den Worten:
„Was soll die Eile des Gerichts, noch dazu in Corona-Virus-Krisen-Pandemiezeiten mit Kontaktbeschränkungen ? Die lange Dauer wird das Gericht dadurch nicht rückgängig machen können. Also was soll das ? Die Terminierung mit so vielen Beteiligten Haushalten etc. verstößt bereits gegen Corona-Virus-Pandemievorschriften. 
Da sich an die vier Berufungsverfahren vier Urteile anschließen könnten, die auch am gleichen Tag gefällt werden und zugestellt werden und dagegen Rechtbehelfe in vier Berufungsverfahren in gleicher Frist zur gleichen Zeit eingelegt, begründet werden müssen, kommt unweigerlich das Gefühl auf, dass das Gericht dies bezweckt und dadurch einen fairen Prozess mit ausreichend Zeitabstand, Frist in vier Berufungsverfahren den Instanzenzug verkürzen will durch Zeitdruck. Was soll das ?“ (GA Bl. 78)
Diese Einlassung der Prozessbevollmächtigten zeigt, dass es den Klägern jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vordringlich auf die zügige Erledigung des hiesigen Ausgangsverfahrens ankam. Zu einer weiteren Verzögerung in der Verfahrensbeendigung kam es, weil die Prozessbevollmächtigte der Kläger den in der mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2021 geschlossenen Vergleich widerrufen hat, weswegen die Berichterstatterin mit Verfügung vom 18. März 2021 erneut die Sache auf den 14. April 2021 geladen hat (AGA Bl. 112). Hierzu beantragte die Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 24. März 2021 Terminsverlegung auf einen anderen Terminstag mit der Begründung, sie habe am 14. April 2021 bereits feststehende vier weitere mündliche Verhandlungen beim Sozialgericht teils mit Beweisaufnahme. Weiter heißt es: 
„Eine Vertretung würde dem Wunsch der Mandanten widersprechen und erschiene angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit der Sache nicht zumutbar.“ Und:
„Denn es ist unzumutbar zwei Berufungsverfahren und vier Klageverfahren am gleichen Tag zu verhandeln ohne Not, denn für alle bedarf es umfangreicher Vorarbeit und bekanntlich und es nahen die Ostereiertage, Urlaubszeit. Das Jahr 2021 hat 365 Tage, daher lässt es ein gebotenes Mindestmaß an Rücksichtnahme und Wohlwollen der Richter vermissen wenn in Corona-Pandemiezeiten nicht zumindest die Termine beim Landessozialgericht am 14.04.2021 verlegt werden“ (GA Bl. 118).
Auch diese Einlassung der Prozessbevollmächtigten zeigt, dass es den von ihr vertretenen Klägern zu diesem Zeitpunkt ersichtlich nicht auf eine zügige Beendigung des Verfahrens ankam. Da die Sache bereits am 13. Januar 2021 erstmals vor dem Landessozialgericht mündlich verhandelt worden war, ist nicht nachvollziehbar, dass es erneut umfangreicher Vorarbeit zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung bedurft hätte. Die Prozessbevollmächtigte ging auch auf einen weiteren Vergleichsvorschlag des Gerichts vom 8. April 2021 nicht ein (GA Bl. 133), erklärte aber schließlich mit Schriftsatz vom 12. April 2021, einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zuzustimmen.

(4) Schließlich kann auch der Umstand, dass die Prozessbevollmächtigte für die Kläger allein im hier zu betrachtenden Zeitraum der Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens vom 17. April 2014 bis 19. Oktober 2018 weitere 13 Hauptsacheverfahren und weitere 11 sonstige Verfahren beim Sozialgericht Darmstadt anhängig gemacht hat (Hauptsacheverfahren Aktenzeichen: S 17 AS 378/14; S 17 AS 809/14; S 16 AY 4/14; S 17 AS 800/15; S 24 AS 192/168; S 22 AS 334/16; S 1 AS 449/16; S 1 AS 458/16; S 1 AS 13/18 R; S 1 AS 666/18; S 1 AS 665/18; S 1 AS 664;18; S 1 AS 667/18; Aktenzeichen der sonstigen Verfahren siehe GA Bl. 63), aus Sicht des Senats nicht unberücksichtigt bleiben. Die Kläger sind sogenannte „Vielkläger“, die die Arbeitskraft des Sozialgerichts in erheblichem Maße binden. Seit dem 17. April 2014 bis zum 28. März 2022 hat die Klägerin zu 1 insgesamt 47 Klageverfahren (und weitere sonstige Verfahren) beim Sozialgericht Darmstadt für sich und ihre Kinder anhängig gemacht. Dieser Umstand vermag zwar nicht eine überlange Dauer des hier zu beurteilenden Verfahrens zu rechtfertigen, ist aber ein weiterer Grund, es zur Genugtuung der Kläger gerechtfertigt erscheinen zu lassen, die Überlänge des – für die Klägerinnen zu 1 und 2 wirtschaftlich wenig bedeutenden und für den Kläger zu 3 offensichtlich sinnlosen Verfahrens – allein durch die Feststellung der Überlänge zu kompensieren. 

(5) Eine weitere und nur dem höchst außergewöhnlichen Prozessverhalten der Prozessbevollmächtigten geschuldete Überlegung spricht vorliegend zusätzlich gegen eine Entschädigung in Geld. Eine Verletzung von Art. 6 EMRK, Art. 19 Abs. 4 GG durch den Staat hängt wesentlich davon ab, ob ihm zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts. Keinen sachlichen Grund stellt von vornherein eine unzureichende sachliche und personelle Ausstattung der Justiz generell oder speziell des Ausgangsgerichts dar. Beruht die Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit auf einer strukturellen Überlastung der Justiz und drückt sich darin eine generelle Vernachlässigung des Anspruchs aus Art. 6 EMRK, Art. 19 Abs. 4 GG aus, wiegt der daraus resultierende Grundrechtsverstoß besonders schwer (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, juris Rn. 41 m.w.N.). Wenn allerdings die Kläger selbst oder die für sie auftretende Prozessbevollmächtigte die Arbeitskraft in einem sehr ungewöhnlichen Maß in Anspruch nehmen, ist der Staat zwar immer noch gefordert, zur Gewährleistung des Anspruchs aus Art. 6 EMRK, Art. 19 Abs. 4 GG die Masse der Verfahren möglichst zeitnah abzuarbeiten. Dies darf aber nicht zu einer Bevorzugung der Vielkläger oder solcher Prozessbevollmächtigter führen, die ungewöhnlich viele Verfahren vor Gericht führen und hier durch ihr aus dem Rahmen fallendes Prozessverhalten (z.B. Klagen mit sich überschneidendem Streitgegenstand, Abarbeiten einer Vielzahl von Klageanträgen, reflexartige Einlegung von der Rechtsordnung nicht vorgesehener benannter und unbenannter Rechtsbehelfe nach für die Mandaten ungünstigen Entscheidungen des Gerichts, reflexartige Stellung von Befangenheitsanträgen nach für die Mandaten ungünstigen Entscheidungen des Gerichts, Stellung von Anträgen, die außerhalb des Streitgegenstandes liegen, Zusatzarbeit durch Erinnerungen an die Rücksendung des Empfangsbekenntnisses) besonders viel Arbeit in der richterlichen Abarbeitung der Verfahren und auch in der Administrierung der Verfahren (z.B. Anlegen von Akten für – jedenfalls teilweise von der Rechtsordnung nicht vorgesehene, somit unstatthafte – Nebenverfahren zu Hauptsacheverfahren, Vergabe von Aktenzeichen für gesetzlich nicht vorgesehen Rechtsbehelfe, Abarbeitung von Verfahrensbündeln) verursachen. Im hier relevanten Zeitraum der Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens vom 17. April 2014 bis 19. Oktober 2018 haben wie bereits dargelegt die Kläger weitere 13 Hauptsacheverfahren und 10 weitere Verfahren beim Sozialgericht Darmstadt anhängig gemacht. Ihre Prozessbevollmächtigte hat in dem genannten Zeitraum sogar insgesamt 667 Verfahren anhängig gemacht, die die Arbeitskraft des Gerichts in erheblichem Umfang und wegen der Art und Weise des Prozessführung der Prozessbevollmächtigten in einem ganz ungewöhnlichen Maß gebunden haben. 

Im Ergebnis ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls gemäß § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG eine Wiedergutmachung auf andere Weise als durch die Zuerkennung eines Entschädigungsbetrages bzw. durch die Feststellung, dass das Ausgangsverfahren unangemessen lange gedauert hat, ausreichend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 und 3 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach sind, wenn – wie hier – ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Die Kläger haben lediglich mit dem deutlich weniger gewichtigen, wenn auch nicht bezifferbaren Feststellungsantrag obsiegt, mit dem auf Entschädigung in Geld zielenden Begehren sind sie dagegen aus den dargelegten besonderen Gründen vollständig erfolglos geblieben. Auch wenn die Überlänge des Klageverfahrens sehr erheblich war, erscheint es sachgerecht, dass die Kläger die Kosten des Verfahrens zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5 trägt. 

Die Revision war zuzulassen. Der Senat sieht den Revisionsgrund grundsätzlicher Bedeutung gegeben (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern.

Soweit ersichtlich hat das Bundessozialgericht noch nicht entschieden, ob nicht nur das Prozessverhalten der Beteiligten bzw. ihrer Prozessbevollmächtigten im zu beurteilenden Ausgangsverfahren, sondern auch das völlig aus dem Rahmen fallende, außergewöhnliche Prozessverhalten der für die Kläger auftretenden Prozessbevollmächtigten in dem fraglichen Gericht überhaupt („vielklagender Prozessbevollmächtigter“) in die Beurteilung, ob Genugtuung für die eingetretene Verzögerung allein durch die Feststellung der Überlänge ausreicht, als einer unter mehreren Gesichtspunkten ausnahmsweise einfließen darf. 

Die Frage der Berechnung der materiellen Ausschlussfrsit nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG ist von grundsätzlicher Bedeutung für Entschädigunsklageverfahren. Dass das Bundessozialgericht in seinem Beschluss vom 23. Mai 2019 (B 10 ÜG 1/19 BH –, juris Rn. 9) von seiner zuvor obiter angedeuteten Auffassung abgerückt ist und in der bloßen Überreichung eines Schreibens in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll die „Erhebung“ der Entschädigungsklage gesehen hat, die Zahlung des Gerichtskostenvorschusses oder die Bewilligung von Prozesskostenhilfe voraussetzende Zustellung (anders als für die Rechtshängigkeit) somit nicht für nötig erachtet, hat der Senat bereits dargelegt. Allerdings hatte das Bundessozialgericht nach Inkrafttreten des § 94 Satz 2 SGG zum 15. Oktober 2022 noch keine Gelegenheit, sich hierzu im Rahmen eines Revisionsverfahrens zu äußern. 

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Danach setzt in gerichtskostenpflichtigen Verfahren das Gericht den Streitwert für die zu erhebenden Gebühren fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 52 Abs. 1 GKG der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). 

Vorliegend haben die Kläger im Rahmen der Hauptforderung eine Entschädigung geltend gemacht, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht unter 2.400,00 Euro liegen sollte. Damit ist ein Streitwert von 2.400,00 Euro festzusetzen.
 

Rechtskraft
Aus
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