L 4 AS 292/20 B

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 34 SF 123/18 E
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 292/20 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Schwierigkeit und Umfang der anwaltlichen Tätigkeit liegen im unterdurchschnittlichen Bereich, wenn aus der parallelen Bearbeitung eines den vorherigen Bewilligungsabschnitt betreffenden Klageverfahrens Synergieeffekte resultieren.

Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. März 2020 und die Prozesskostenhilfefestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 6. März 2017 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 5. Juni 2018 werden geändert: Die aus der Prozesskostenhilfe an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung wird auf insgesamt 471,00 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

 

Gründe:

I.

 

Streitgegenständlich ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer für ein Klageverfahren nach Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse als Beschwerdegegner zusteht.

 

In dem seit dem 7. April 2015 anhängigen und mittlerweile erledigten Klageverfahren S 8 AS 853/15 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) vertrat der Beschwerdeführer vier Kläger im Streit um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die Kläger begehrten mit ihrer Klage höhere Leistungen von September 2014 bis Februar 2015 für die Unterkunftskosten nach § 22 SGB II in Höhe von zuletzt insgesamt 56,40 € (monatlich 9,40 €), denn das beklagte Jobcenter hatte diese nicht in tatsächlicher Höhe erbracht.

 

Bereits in dem vorangegangenen Bewilligungsabschnitt von März bis August 2014 (S 8 AS 2264/14) vertrat der Beschwerdeführer die Kläger bezüglich der Geltendmachung der Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe im Klageverfahren.

 

Der Beschwerdeführer begründete die Klage S 8 AS 853/15 mit Schriftsatz vom 7. April 2015 auf fünf Seiten (ohne Rubrum), mit Schriftsatz vom 8. Mai 2015 auf weiteren zwei Seiten und erwiderte unter dem 21. Dezember 2015 auf eine Stellungnahme des beklagten Jobcenters kurz (6 Zeilen).

 

Mit Beschluss vom 21. Oktober 2015 bewilligte das SG PKH und ordnete den Beschwerdeführer bei. Unter dem 19. November 2015 wurde antragsgemäß ein PKH-Vorschuss in Höhe von 476,00 € an den Beschwerdeführer angewiesen.

 

Im Erörterungstermin vom 16. Februar 2017 gab das beklagte Jobcenter in den beiden Klageverfahren Anerkenntnisse ab und gewährte den Klägern jeweils weitere Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 9,40 € (im Verfahren S 8 AS 859/15 in Höhe von insgesamt 56,40 € für 6 Monate). Zugleich gab das beklagte Jobcenter im Verfahren S 8 AS 859/15 ein Kostengrundanerkenntnis ab. Daraufhin nahm der Beschwerdeführer das Anerkenntnis und das Kostengrundanerkenntnis im Verfahren S 8 AS 859/15 an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.

 

Unter dem 21. Februar 2017 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung seiner Vergütung aus der PKH und versicherte, keine Vorschüsse oder sonstige Zahlungen und keine Zahlungen für die außergerichtliche Vertretung erhalten zu haben - für das hier streitige Verfahren - wie folgt:

 

Verfahrensgebühr

Nr. 3102, 1008 VV RVG

  570,00 €

Terminsgebühr

Nr. 3106 VV RVG

  270,00 €

Geschäftsreise, Benutzung eines eigenen Kfz - anteilig zu 1/2

Nr. 7003 VV RVG

    18,30 €

Tage- und Abwesenheitsgeld bis 4 h - anteilig zu ½

Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG

    12,50 €

Post- und Telekom.Pauschale

Nr. 7002 VV RVG

    20,00 €

Zwischensumme

 

890,80 €

Mehrwertsteuer

Nr. 7008 VV RVG

   169,25 €

Kostenforderung

 

  1.060,05 €

Abzüglich Vorschuss

 

- 476,00 €

Erstattungsbetrag Landeskasse

 

  584,05 €

 

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG (UdG) setzte die PKH-Vergütung am 6. März 2017 formlos antragsgemäß auf insgesamt 1.060,05 € fest und wies 584,05 € an den Beschwerdeführer an.

 

Zugleich machte der UdG einen Forderungsübergang nach § 59 RVG geltend und forderte das beklagte Jobcenter zur Erstattung von 1.060,05 € auf. Hiergegen hat das beklagte Jobcenter unter dem 27. Juni 2017 Erinnerung (S 34 SF 122/17 E) eingelegt. Die angesetzte Verfahrens- und Terminsgebühr seien unbillig. Es errechneten sich lediglich Gebühren in Höhe von insgesamt 604,28 €.

 

Zudem hat der Beschwerdegegner für die Landeskasse unter dem 1. August 2017 Erinnerung (S 34 SF 123/18 E) gegen die PKH-Festsetzung eingelegt und ausgeführt, die Verfahrens- und Terminsgebühr seien jeweils lediglich in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr angemessen. Es ergebe sich folgende Berechnung:

 

Verfahrensgebühr

Nr. 3102, 1008 VV RVG

  285,00 €

abzgl.

Vorbem. 3 Abs. 4 RVG

-175,00 €

Terminsgebühr

Nr. 3106 VV RVG

  140,00 €

Geschäftsreise, Benutzung eines eigenen Kfz - anteilig zu 1/2

Nr. 7003 VV RVG

    18,30 €

Tage- und Abwesenheitsgeld bis 4 h - anteilig zu ½

Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG

    12,50 €

Post- und Telekom.Pauschale

Nr. 7002 VV RVG

    20,00 €

Zwischensumme

 

300,80 €

Mehrwertsteuer

Nr. 7008 VV RVG

   57,15 €

Kostenforderung

 

  357,95 €

Abzüglich Vorschuss

 

- 1.060,05 €

Erstattung d. Beschwerdeführers

 

  759,25 €

 

 

[richtigerweise 702,10 €]

 

Hierauf hat der Beschwerdeführer erwidert und vorgetragen, die in Ansatz gebrachten Gebühren seien gerechtfertigt. Allein die Klageschrift habe sechs und die weitergehende Begründung zwei Seiten umfasst. Zudem hätten sowohl auf Seiten des Prozessbevollmächtigten als auch des Gerichts Bearbeiterwechsel stattgefunden.

 

Mit Beschluss vom 5. Juni 2018 hat der UdG des SG der Erinnerung des Beschwerdegegners teilweise abgeholfen und die Vergütung des Beschwerdeführers auf 851,80 € festgesetzt. Der Beschwerdeführer habe 208,25 € an die Landeskasse zu erstatten. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Verfahrens- und Terminsgebühr seien in Höhe der Mittelgebühr entstanden. Bei der Festsetzung der Verfahrensgebühr seien tatsächlich geleistete Zahlungen auf die vorgerichtliche Geschäftsgebühr zur Hälfte, höchstens bis 175 € anzurechnen.

 

Mit Beschluss vom 13. Juni 2018 hat das SG das Erinnerungsverfahren S 34 SF 122/17 E ausgesetzt, da die Entscheidung zumindest teilweise von dem in dem Verfahren S 34 SF 123/18 E noch zu treffenden Feststellungen abhinge.

 

Mit Beschluss vom 11. März 2020 hat das SG die Vergütung auf die Erinnerung des Beschwerdegegners auf 357,95 € festgesetzt. Die Verfahrensgebühr sei in Höhe der halben Mittelgebühr (285 €) entstanden. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei unterdurchschnittlich gewesen. Es seien erhebliche Synergieeffekte bei der Erstellung der Klageerhebung und bei der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Die Bedeutung des Klageverfahrens sei unterdurchschnittlich gewesen, da das Klagebegehren für jeden einzelnen Kläger 2,35 € monatlich betragen habe. Auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mandanten des Beschwerdeführers seien unterdurchschnittlich. Es sei eine Geschäftsgebühr in Höhe von 175 € anzurechnen, da das beklagte Jobcenter hierauf 380 € gezahlt habe. Die Terminsgebühr sei allenfalls in Höhe der hälftigen Mittelgebühr entstanden, da Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit bei zeitgleicher Erörterung des vorherigen Bewilligungsabschnitts und Abgabe eines Anerkenntnisses durch das beklagte Jobcenter als unterdurchschnittlich anzusehen seien. Zudem habe der Termin für beide Verfahren lediglich 27 Minuten gedauert. Die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mandanten des Beschwerdeführers seien weit unterdurchschnittlich gewesen.

 

Gegen den ihm am 23. Juni 2020 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer unter dem 25. Juni 2020 Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf seinen Vortrag im Erinnerungsverfahren Bezug genommen.

 

Der Beschwerdegegner hält die Vergütungsfestsetzung im angegriffenen Beschluss des SG für zutreffend. Die Begründung des Beschwerdeführers lasse keine höhere Vergütung als die Zugesprochene entstehen.

 

II.

 

Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.

 

Gegen die Entscheidung des SG über die Erinnerung ist abweichend von § 178a Sozialgerichtsgesetz (SGG) der weitere Rechtsbehelf der Beschwerde zum LSG eröffnet (§ 73a Abs. 1 SGG; § 1 Abs. 3 RVG i.V.m. § 56 Abs. 2 RVG, § 33 Abs. 3 bis 8 RVG; vgl. Beschluss des Senats vom 3. März 2017, L 4 AS 141/16 B). Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG).

 

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nicht die Festsetzung einzelner Gebührentatbestände, sondern jeweils die gesamte Kostenfestsetzung des UdG vom 6. März 2017 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 5. Juni 2018 in der Fassung des Beschlusses des SG vom 11. März 2020. Aufgrund des Rechtsbehelfs des Beschwerdeführers ist die gesamte Kostenfestsetzung noch nicht rechtskräftig. Selbst wenn er nur einzelne Berechnungselemente der Kostenfestsetzung bemängelt, ist eine Begrenzung der Beschwerde auf die Festsetzung einzelner Gebührentatbestände nicht zulässig. Denn die Gebührentatbestände sind lediglich Elemente der einheitlichen Kostenfestsetzungsentscheidung. Der Rechtsanwalt begrenzt den Umfang der Prüfung und Entscheidung nur durch seinen summenmäßigen Antrag.

 

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist zudem fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) eingelegt worden.

 

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist teilweise begründet. Der Beschwerdeführer hat einen Anspruch auf Festsetzung einer Vergütung aus der Landeskasse für seine Tätigkeit als im Rahmen der PKH beigeordneter Rechtsanwalt im Klageverfahren S 8 AS 853/15 in Höhe von 471,00 €. Die Entscheidung des SG war insoweit abzuändern.

 

Der Umfang der Rechtsanwaltsvergütung bzw. deren Erstattung durch die Landeskasse bemisst sich nicht nach dem Wert bzw. der Bedeutung des Klagebegehrens (Streitwert), sondern nach Betragsrahmengebühren. Die geltend gemachten Betragsrahmengebühren sind vom Beschwerdeführer nicht nach den maßgeblichen Kriterien des § 14 RVG angemessen bestimmt worden und daher herabzubemessen.

 

Grundlage des Erstattungsbegehrens des Beschwerdeführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach sind dem im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt die gesetzlichen Gebühren aus der Landeskasse zu erstatten. In den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, entstehen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG Betragsrahmengebühren. Da die Kläger des Ausgangsverfahrens kostenprivilegierte Beteiligte im Sinne des § 183 Satz 1 SGG waren, scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).

 

Im Einzelnen bestimmt sich die Vergütung, das heißt die Gebührentatbestände, die Spannwerte der Betragsrahmengebühren usw., aus dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG. Die Bemessung der Betragsrahmengebühren ist nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 RVG vorzunehmen. Hiernach steht es dem Rechtsanwalt zu, eine solche Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Bei Rahmengebühren, die sich - wie hier - nicht nach einem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG). Aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG folgt, dass auch weitere im Einzelfall vorliegende Kriterien zur Bemessung herangezogen werden können. Aus der Aufzählung der benannten Kriterien kann nicht auf ein vorgegebenes abstraktes Rangverhältnis geschlossen werden. Es obliegt dem Rechtsanwalt, jedenfalls die in § 14 RVG genannten und ggf. noch weiter relevante Kriterien im Einzelfall zu gewichten.

 

Ist die Gebühr von einem Dritten (hier: der Landeskasse) zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet hat und die angesetzte Gebühr die nach den gesetzlichen Kriterien angemessene Gebühr um mehr als 20 % übersteigt (vgl. Bundessozialgericht [BSG] Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09, juris Rn. 19). Ist die Bestimmung unbillig, erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren (Thüringer LSG, Beschluss vom 27. Oktober 2016, L 6 SF 1611/15 B, juris).

 

Die Forderung des Beschwerdeführers, ihm stünden für die Verfahrens- und für die Terminsgebühr ein Betrag in Höhe von 840,00 € bzw. 665,00 € zu, ist nicht berechtigt.

 

Die Verfahrensgebühr ist lediglich in Höhe von zwei Dritteln der Mittelgebühr entstanden. Nach Anlage 1 zum RVG, Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 2 i.V.m. Nr. 3102 VV RVG (in der Fassung vom 1. August 2013) ist die Gebühr aus den Spannwerten (50,00 bis 550,00 €) zu bestimmen. Unter Berücksichtigung der Erhöhung für drei weitere Auftraggeber (Nr. 1008 VV RVG) ist von einem Spannwert von 95,00 bis 1.045,00 € auszugehen.

 

Aus der Vorgabe von Spannenwerten folgt, dass die Mittelgebühr - rechnerisch die Hälfte der Summe aus Mindest- und Höchstgebühr - nicht der Regelfall der Vergütung ist. Sie ist vielmehr nur für einen Regel- bzw. Durchschnittsfall die angemessene Vergütung. Die Mittelgebühr bietet dann für die Bestimmung der konkret angemessenen Gebühr einen Richtwert, wenn es sich um eine in jeder Hinsicht durchschnittliche Angelegenheit handelt. Das ist nicht der Fall, wenn teilweise über- oder unterdurchschnittlich zu bewertende Einzelkriterien vorliegen. Dann sind Zu- oder Abschläge vom Richtwert vorzunehmen. Die Mittelgebühr kann sich aber auch daraus ergeben, dass die Überdurchschnittlichkeit einzelner Kriterien die Unterdurchschnittlichkeit anderer Kriterien kompensiert.

 

Bei Betrachtung der o.g. Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG lag der Rechtsstreit im unterdurchschnittlichen Bereich anderer Streitigkeiten nach dem SGB II. Zwar wird regelmäßig angenommen, bei Streitigkeiten nach dem SGB II liege eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber vor, die sich dann aber mit den unterdurchschnittlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers aufhebt (so BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, juris Rn. 37 f.). Zutreffend nimmt das SG hier jedoch an, bei einem Klagebegehren von 2,35 € je Auftraggeber kann nicht mehr von einer überdurchschnittlichen Bedeutung ausgegangen werden.

 

Die Schwierigkeit und der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit lagen im unterdurchschnittlichen Bereich. Dabei ist einzustellen, dass es im vorliegenden Klageverfahren ebenso wie im parallel geführten Verfahren S 8 AS 2264/14 allein um die Höhe der Leistungen für die um monatlich 9,40 € gekürzten Kosten der Unterkunft nach dem SGB II ging. Der daraus resultierende „Synergieeffekt“ minderte den Aufwand und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im konkreten Verfahren erheblich (vgl. auch z.B. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Juni 2019, L 10 SF 4412/18 E-B, juris Rn. 27; LSG Thüringen, Beschluss vom 4. März 2019, L 1 SF 258/17 B, juris Rn. 15; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11. Februar 2019, L 5 SF 114/18 B E, juris Rn. 14). Da der Beschwerdeführer allerdings eine umfangreiche Klageschrift (fünf Seiten ohne Rubrum) und zwei weitere Stellungnahmen fertigte, war die vom SG beschlossene Gebühr der hälftigen Mittelgebühr geringfügig zu erhöhen. Zwar können Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nicht ausschließlich daran festgemacht werden, wie umfangreich und inhaltlich umfassend die vom Anwalt verfassten Schriftsätze waren, dies verkörpert jedoch einen wichtigen Indikator (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 29. Januar 2016, L 15 SF 386/13 E, juris Rn. 33).

 

Ein besonderes Haftungsrisiko oder sonstige unbenannte Kriterien, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen, sind vorliegend angesichts der Klageforderung nicht ersichtlich.

 

Da - wie dargelegt - sowohl Umfang als auch Schwierigkeit der Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger unterdurchschnittlich waren und nicht wenigstens eines dieser Kriterien durchschnittlich ausgeprägt war, kommt eine höhere Verfahrensgebühr als zwei Drittel der Mittelgebühr zur Überzeugung des Senats nicht in Betracht.

 

Die vom SG angesetzte Terminsgebühr ist nicht zu beanstanden. Der Erörterungstermin am 16. Februar 2017 mit zwei Verfahren dauerte 27 Minuten. Daraus ergibt sich eine anteilige Termindauer pro Verfahren von 13,5 Minuten, was eine Herabbemessung der Terminsgebühr auf die Hälfte der Mittelgebühr (140,00 €) rechtfertigt (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. Mai 2022, L 4 AS 372/19 B, nicht veröffentlicht).

 

Unter Zugrundlegung der angesprochenen Gebührenpositionen sowie der weiteren Kostenfestsetzung, die nicht zu beanstanden ist, ergibt sich folgende Berechnung:

 

Verfahrensgebühr

Nr. 3102, 1008 VV RVG

  380,00 €

Terminsgebühr

Nr. 3106 VV RVG

  140,00 €

Geschäftsreise, anteilig zu ½

Nr. 7003 VV RVG

    18,30 €

Abwesenheitsgeld, anteilig zu ½

Nr. 7005 VV RVG

    12,50 €

Post- u. Telekom.Pauschale

Nr. 7002 VV RVG

    20,00 €

Anrechnung Geschäftsgebühr

gem. Vorbem. 3 (4) RVG

- 175,00 €

Zwischensumme

 

  395,80 €

Mehrwertsteuer

Nr. 7008 VV RVG

    75,20 €

Gesamtsumme

 

  471,00 €

bereits gezahlt

 

  1.060,05 €

zurückzuzahlen

 

- 589,05 €

 

Der Beschwerdeführer hat der Landeskasse einen Betrag von 589,05 € zu erstatten.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar; eine Beschwerde zum BSG ist nicht gegeben (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

Rechtskraft
Aus
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