Einem erneuten Antrag auf Prozesskostenhilfe fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn keine neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vorgetragen werden.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 08. September 2022 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I.
Streitig ist eine Nachforderung der Beklagten gegen die Klägerin aufgrund einer durchgeführten Betriebsprüfung nach § 28 p SGB IV, wie sie mit Vergleich vor dem Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) am 24.09.2020 vereinbart und von der Beklagten anschließend mit Bescheid vom 12.10.2020 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 27.10.2021 umgesetzt wurde.
Nachdem bei der Klägerin eine Sonderbetriebsprüfung nach § 28 p SGB IV in Verbindung mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz durch die Beklagte und das Hauptzollamt Augsburg stattgefunden hatte, forderte die Beklagte mit Bescheid vom 14.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2016 von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1.298.431,50 Euro nach sowie Säumniszuschläge in Höhe von 609.754,50 Euro, insgesamt 1.908.186 Euro.
Nach erfolgloser Klageerhebung beim Sozialgericht Augsburg (S 2 R 1171/16) wurde im anschließenden Berufungsverfahren L 7 BA 19/19 vor dem BayLSG am 24.09.2020 folgender Vergleich geschlossen:
"V e r g l e i c h :
I. Die Beklagte reduziert die streitgegenständliche Forderung um die Forderungen samt Säumniszuschlägen betreffend die Personen im Widerspruchsbescheid unter Ziffern C.1.1., 1.2., 1.4., 1.8., 1.9., 1.10., 1.12.,1.14., 1.15., 1.17., 1.18., 1.20., 1.22., 1.24., 1.25., 1.26., 1.30., 1.34.,1.35., 1.38., 1.41., 1.42. und 1.43. Darüber hinaus verzichtet die Beklagte auf die Insolvenzgeldumlage und die Umlage U 1.
II. Der Kläger nimmt das Angebot unter Ziff. I. an.
III. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten beinhalten auch die Kosten der Beigeladenen.
IV. Die Beteiligten erklären übereinstimmend den Rechtstreit in vollem Umfang für erledigt."
Mit Bescheid vom 12.10.2020 setzt die Beklagte den Vergleich um und nahm dementsprechend die im Vergleich bestimmten Personen von der Beitragsberechnung aus. Es ergab sich insgesamt eine Forderung von nur noch 1.140.418,47 Euro (Forderung von Beiträgen iHv 780.395,47 Euro sowie Säumniszuschläge iHv 360.023,00 Euro).
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2021 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen; dieser sei unzulässig. Es sei ein Ausführungsbescheid vom 12.10.2020 aufgrund des Vergleichs vor dem LSG Bayern ergangen. Der Bescheid vom 14.12.2015 sei verwaltungstechnisch gänzlich aufzuheben gewesen, da eine vollkommen neue Berechnung zu fertigen gewesen sei. Der ursprüngliche Bescheid sei durch den neuen Bescheid vom 12.10.2020 in Ausführung des Vergleichs ersetzt worden und habe nur deklaratorische Wirkung. Nur die mit dem Vergleich dokumentierten Änderungen seien vorzunehmen gewesen und seien auch entsprechend vorgenommen worden. Über die von der Klägerin nunmehr im Widerspruchsverfahren gegen den Ausführungsbescheid geltend gemachten Punkte der Verjährung, Hochrechnung und Säumniszuschläge sei schon im Vergleich entschieden worden. Nach Abschluss des Vergleichs sei ein neuer Widerspruch in der Sache unzulässig. Nachdem eine anschließende Kostenentscheidung ebenfalls im Vergleich vom 24.09.2020 vor dem BayLSG vereinbart worden sei, sei auch kein Raum mehr für eine nunmehr von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin begehrte ergänzende Kostenregelung.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Augsburg und beantragte Prozesskostenhilfe.
Das Sozialgericht lehnte den PKH-Antrag mit Beschluss vom 07.12.2021 ab. Soweit PKH für das behördliche Vorverfahren beantragt werde, sei der PKH-Antrag unzulässig, da Prozesskostenhilfe nicht für ein sozialrechtliches Vorverfahren bzw. Widerspruchsverfahren gewährt werden könne. Auch für das gerichtliche Verfahren werde Prozesskostenhilfe abgelehnt mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage. Der Bescheid habe nur den Vergleich umgesetzt. Es liege kein Verwaltungsakt nach § 31 SGB X vor, es fehle an einer Regelung durch Bescheid.
Die Beklagte habe den Widerspruch daher zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Der Bescheid vom 12.10.2020 sei ein Ausführungsbescheid aufgrund des Vergleichs vor dem LSG Bayern. Der Bescheid habe nur den Vergleich umgesetzt. Es liege kein Verwaltungsakt nach § 31 SGB X vor, es fehle an einer Regelung durch Bescheid. Ein Ausführungsbescheid, der einen sozialgerichtlichen Vergleich ausführe, treffe keine eigenständige Regelung hinsichtlich des Vergleichsgegenstandes. Anders sei dies nur wenn der Vergleich für den Leistungsanspruch zu unbestimmt sei und noch einer Konkretisierung durch den Verwaltungsakt bedürfe. Hier sei jedoch nur eine Umsetzung des Vergleichs erfolgt. Auch bezüglich der Kostenentscheidung ergebe sich keine andere Beurteilung, die Kostenentscheidung sei schon im Vergleich getroffen worden.
Hiergegen erhob die Klägerin Beschwerde zum LSG Bayern. Das LSG wies mit Beschluss vom 08.04.2022, , die Beschwerde gegen den PKH ablehnenden Beschluss zurück, da die erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage mangels Vorliegens eines anfechtbaren Verwaltungsaktes nicht statthaft sei und daher keine hinreichenden Erfolgsaussichten habe. Nach Abschluss des Vergleichs könne keine erneute inhaltliche Überprüfung mehr im Rahmen eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens gegen einen bloßen Ausführungsbescheid, der mangels Regelungscharakters keinen Verwaltungsakt darstelle, nachgeholt werden. Anders wäre dies nur, wenn der Ausführungsbescheid eine weitergehende Regelung als der Vergleich vom 24.09.2020 getroffen hätte, wofür es keine Anhaltspunkte gebe.
Mit Schreiben vom 28.07.2022 stellte die Bevollmächtigte der Klägerin erneut einen PKH-Antrag. Es stelle sich insbesondere die Frage, ob der gegen den Bescheid vom 12.10.2020 erhobene Widerspruch als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu werten sei.
Mit Beschluss vom 08.09.2022 lehnte das Sozialgericht Augsburg den erneuten PKH-Antrag ab. Es sei bereits fraglich, ob ein erneuter PKH-Antrag überhaupt zulässig sei. Jedenfalls sei der PKH-Antrag abzulehnen, da die Klage nach wie vor keine hinreichenden Erfolgsaussichten habe.
Der Senat wies die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Augsburg vom 08.09.2022 mit Beschluss vom 21.11.2022 zurück. Der erneute PKH-Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Es lägen bezüglich des beim Sozialgericht anhängigen Klageverfahrens keine neuen Tatsachen oder neue rechtliche Gesichtspunkte vor. Das neue Vorbringen bezüglich § 44 SGB X sei nicht relevant für das anhängige Klageverfahren und daher bezüglich der erneuten Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht unbeachtlich. Auch durch den Verweis auf eine BGH-Entscheidung vom 11.1.2022 könnte die Bevollmächtigte der Klägerin keine neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte kreieren. Hiergegen erhob die Prozessbevollmächtigte der Klägerin wegen Nichteinhaltung einer Frist erfolgreich Anhörungsrüge mit der Folge, dass der Senat erneut über die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 08.09.2022 entscheidet.
Zwischenzeitlich hat das Sozialgericht Augsburg die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2022 als unzulässig abgewiesen.
Die gegen den Bescheid vom 12.10.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2021 erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) sei unstatthaft. Es handle sich bei dem Bescheid um einen Ausführungsbescheid, der keinen anfechtbaren Verwaltungsakt darstelle. Auch die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung durch die Beklagte, dass gegen den Ausführungsbescheid Widerspruch eingelegt werden könne, mache den Ausführungsbescheid zu keinem anfechtbaren Verwaltungsakt.
Soweit sich die Klägerin auf einen Antrag nach § 44 SGB X berufe, führe dies ebenfalls nicht zur Zulässigkeit der Klage. § 44 SGB X beziehe sich auf die Überprüfung eines Verwaltungsakts. Der Ausführungsbescheid vom 12.10.2020 sei jedoch kein Verwaltungsakt, § 31 SGB X. Eine neue Kostenentscheidung habe im Ausführungsbescheid nicht getroffen werden können; insoweit habe das LSG Bayern in seinem Beschluss vom 08.04.2022 bereits daraufhin gewiesen, dass die Kostenregelung im Vergleich vom 24.09.2002 gerade nicht lediglich die Reduktion der Beitragsforderung betraf, sondern wie bei einem Prozessvergleich üblich, die Kosten des gesamten Verfahrens umfasst habe.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin Berufung eingelegt, die im Senat unter Az L 7 BA 128/22 anhängig ist.
Im Rahmen der Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens gegen den für die erste Instanz PKH-ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts vom 08.09.2022 haben die Beteiligten erneut Stellung genommen.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 26.11.2022 nochmals dargelegt, dass der Bescheid vom 12.10.2020 nicht als Ausführungsbescheid erkennbar gewesen und schon deshalb anfechtbar sei. § 44 SGB X müsse wegen seiner Regelungsintention im Rahmen des Verfahrens zur Ausführung des Vergleichs angewendet werden.
Mit Schreiben vom 07.12.2022 hat die Bevollmächtigte der Klägerin unter Vorlage des Beschlusses des zuständigen Amtsgerichts mitgeteilt, dass das Strafverfahren gegen den früheren Inhaber der Klägerin nach § 153a StPO eingestellt worden sei.
Mit Schreiben vom 19.12.2022 hat die Bevollmächtigte der Klägerin nochmals dargelegt, dass ein Verfahren nach § 44 SGB X durchgeführt werden müsse, nicht zuletzt, weil das LSG Hamburg, Urteil vom 08.03.2022, L 3 BA 8/20 Rz 29 ff, die Auffassung des BGH teile, wonach letztlich auch hier zu Unrecht Beiträge erhoben worden seien.
Nachdem die Beklagte dahingehend Stellung genommen hatte, dass zwischenzeitlich die Klage abgewiesen worden sei und schon hieraus die mangelnden Erfolgsaussichten erkennbar seien, die Ausführungen der Bevollmächtigte der Klägerin zu den Umständen des Zustandekommens des Vergleichs irrelevant seien, der Ausführungsbescheid sehr wohl als Ausführungsbescheid erkennbar gewesen sei, nicht zuletzt, weil auf Seite 1 im ersten Absatz der Hinweis "Grundlage für den Bescheid ist der am 24.09.2020 im Verfahren L 7 BA 19/19 am Bayerischen Landessozialgericht geschlossene Vergleich" dies deutlich gemacht habe und neue entscheidungserhebliche Tatsachen nicht vorlägen, sich auch nicht aus dem Verlauf des Strafverfahrens ergäben, legte die Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 17.01.2023 dar, dass aus ihrer Sicht aus dem Hinweis im Bescheid auf die Ausführung des Vergleichs nicht ersichtlich gewesen sei, dass es sich um einen Ausführungsbescheid gehandelt habe und Umstände beim Vergleichsabschluss sehr wohl berücksichtigt werden müssten, da die Bevollmächtigte der Klägerin nur wegen Zwang bzw einer zwanghaften Situation den Vergleich abgeschlossen habe.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Der PKH-Antrag hat sich nach Erlass des Gerichtsbescheides weder erledigt, noch ist dessen Inhalt entscheidend für die Beurteilung hinreichender Erfolgsaussichten der Klage.
Der erneute Antrag auf PKH ist jedoch mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, nachdem das BayLSG den ersten PKH-Antrag mit Beschluss vom 08.04.2022, , abgelehnt hatte und die Klägerseite danach nichts neues Entscheidungsrelevantes vorgetragen hat.
Ein wiederholter Prozesskostenhilfeantrag ist unter dem Aspekt des fehlenden Rechts-schutzbedürfnisses unzulässig, wenn der Rechtssuchende gegenüber dem ursprünglichen Antrag keine neuen Tatsachen oder neu entstandene rechtliche Gesichtspunkte vorbringt (vgl etwa LSG BB, Beschluss vom 09.02.2017 - L 10 AS 2593/16 B PKH Rz 26 mwN zur Rechtsprechung insbesondere auch des BGH und BFH).
Neue Tatsachen oder neue rechtliche Gesichtspunkte im Hinblick auf das beim Sozialgericht anhängige Klageverfahren sind nicht erkennbar. Zutreffend hat das Sozialgericht in seinem PKH-ablehnenden Beschluss dargelegt, dass das BayLSG im Beschluss vom 08.04.2022 (L 14 BA 112/21 B PKH) das Vorbingen der Klägerseite unter allen von der Klägerseite vorgebrachten rechtlichen Gesichtspunkten gewürdigt und hinreichende Erfolgsaussichten verneint hat. Dabei hat das BayLSG auch schon dargelegt, dass es sich entgegen der Ansicht der Klägerbevollmächtigten um einen nicht anfechtbaren Ausführungsbescheid handelt.
Das im Rahmen des neuen PKH-Antrags erstmalige Vorbringen zu § 44 SGB X ist nicht relevant für das anhängige Klageverfahren. Die Ausführungen der Bevollmächtigte der Klägerin dahingehend, dass im Widerspruch gegen den Ausführungsbescheid ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gesehen werden müsse, sind im Hinblick auf eine erneute Beurteilung hinreichender Erfolgsaussichten unbeachtlich. Wollte man den von der Prozessbevollmächtigten eingelegten Widerspruch - entgegen dem klaren Wortlaut - als Antrag nach § 44 SGB X auslegen, was bei einer anwaltlichen Vertretung ohnehin zu weit führen würde, hätte dies zum einem zur Folge, dass das anhängige Klageverfahren ohne Erfolgsaussichten wäre, da der Ausführungsbescheid mangels Widerspruchs bestandskräftig geworden wäre, zum anderen, dass die Beklagte erst über den Antrag nach § 44 SGB X entscheiden müsste und ein solcher Bescheid nach § 44 SGB X, der eigenständiger Klagegegenstand werden könnte, nicht vorliegt. Geklärt werden müsste in diesem Zusammenhang, wollte die Beklagte über einen Antrag nach § 44 SGB X entscheiden, inwieweit der frühere Inhaber der Klägerin hierbei auf eine Vollmacht des Insolvenzverwalters angewiesen ist, da ein Antrag nach § 44 SGB X eine neue Tätigkeit für die insolvente Klägerin darstellt, für die der frühere Inhaber der Klägerin keine Rechtsmacht mehr hat (vgl LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 02.05.2019 - L 9 KR 75/16 B PKH).
Auch durch den Verweis auf die Entscheidung des BGH vom 11.01.2022, 2 StR 460/20 zu den Anforderungen an die Ermittlung von nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträgen konnte die Klägerbevollmächtigte keine neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte kreieren. Abgesehen davon, dass die Bevollmächtigte der Klägerin ihrerseits schon nicht dargelegt hat, welche Relevanz ein inzwischen ergangenes Urteil des BGH im Hinblick auf die Erfolgsaussichten für das Verfahren beim Sozialgericht haben sollte, geht es hier um die Ausführung eines Vergleiches, der die Frage der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen inhaltlich bereits endgültig abgeschlossen hat.
Soweit die Bevollmächtigte nunmehr behauptet, sie sei zum Abschluss des Vergleiches "gezwungen" worden, entbehrt eine solche Behauptung jeglicher Grundlage. Folgerichtig hat die Bevollmächtigte der Klägerin auch den von ihr abgeschlossenen Vergleich nicht angefochten.
Eine Entscheidung zu Kosten unterbleibt wegen § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.