Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Feststellung zusätzlicher Unfallfolgen.
Der 1946 geborene Kläger rutschte am 30. Januar 2004 bei versicherter Tätigkeit auf Eisglätte aus und fiel mit der linken Schulter auf eine Bordsteinkante. Später gab er dazu an, die linke Hand sei geschwollen gewesen und an der linken Gesäßhälfte sowie der linken Schulter hätten sich Hämatome befunden (Unfallanzeige vom 12. Mai 2004). Am 24. Februar 2004 suchte der Kläger den D-Arzt L. auf, der eine Schulterprellung links diagnostizierte und als Befund einen Druckschmerz im Gelenkspalt sowie Schmerzen bei der Rotation und Hebung des linken Arms über 90° festhielt. Eine Schwellung bestehe nicht; ein Hämatom sei bereits abgeklungen. Der Nacken- und Kreuzgriff sei nicht eingeschränkt. Ein am 22. März 2004 angefertigtes Magnetresonanztomogramm (MRT) zeigte nach der Auswertung des Radiologen T. eine Partialruptur der Supraspinatussehne links, eine SLAP-Läsion (Schädigung der Knorpellippe), eine Bursitis subacromialis et subdeltoidea (Schleimbeutelentzündungen unterhalb der Schulterhöhe bzw. zwischen der Gelenkkapsel und dem Deltamuskel), eine raumfordernde Arthrose im AC-Gelenk (Schultereckgelenk), Zeichen einer Omarthrose (degenerative Veränderung im Schulterhauptgelenk) sowie einen diskreten Humeruskopfhochstand. Im Rahmen einer am 1. April 2004 im Krankenhaus S. durchgeführten Sonographie fand sich eine Degeneration der Rotatorenmanschette mit sichtbarer Partialruptur. In seinem Zwischenbericht vom 26. April 2004 gab L. fortbestehende Beschwerden im Bereich der linken Schulter wieder. Am 28. April 2004 erfolgte eine Arthroskopie der linken Schulter. Intraoperativ wurde eine Totalruptur der Supraspinatussehne am Ansatzpunkt zum Tuberculum majus vorgefunden, die durch Ankernähte refixiert wurde. Hinweise auf eine SLAP-Läsion zeigten sich nicht. Am Glenoid (Gelenkpfanne) bestand eine Chondropathie II. Grades ohne Knorpeldefekte und Knorpelrissbildung. Der Bizepssehnenanker wies degenerative Veränderungen auf. Die Bursa (subacromialis) zeigte sich nur gering degenerativ verändert; an der vorderen Acromionkante fand sich ein Knochensporn, der mittels Meißel abgetragen wurde. Die histologische Aufbereitung des intraoperativ entnommenen Sehnengewebes ergab nach der Auswertung des Pathologen M. vom 29. April 2004 u.a. eine ausgedehnte Risszone mit frischen Fibrinauflagerungen, was auf eine frische traumatische Sehnenruptur ohne Zeichen einer vorausgegangenen Degeneration oder Vernarbung hindeute.
In seiner beratenden Stellungnahme vom 19. Mai 2004 schätzte der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie G. ein, das Ereignis vom 30. Januar 2004 sei nicht geeignet gewesen, Schäden an der Rotatorenmanschette zu verursachen. Das Schadensbild sowie der Schadensverlauf sprächen gegen einen Zusammenhang.
Mit Bescheid vom 27. Mai 2004 lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend: die Beklagte) eine Entschädigung des Ereignisses vom 30. Januar 2004 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Rotatorenmanschette könne unfallbedingt nur reißen, wenn die Grenzen der physiologischen Belastbarkeit erheblich überschritten würden, was auf den Sturz des Klägers nicht zutreffe. Zudem führe eine traumatische Ruptur zu sofortigen heftigen Schmerzen mit völligem Kraft- und Funktionsverlust des betroffenen Arms, wohingegen eine auf Vorschäden beruhende Rissbildung zunächst kompensiert werden könne und erst später Schmerzen auslöse. Da vorliegend weder ein sofortiger Höchstschmerz, ein totaler Funktionsverlust, ein zurückgehender Schmerz in der Folgezeit noch ein sofortiges Aufsuchen eines Arztes gegeben und zudem erhebliche Vorschäden im Bereich der linken Schulter nachgewiesen seien, komme dem Sturz vom 30. Januar 2004 nur die Bedeutung einer rechtlich unwesentlichen Gelegenheitsursache zu.
Seinen hiergegen am 22. Juni 2004 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger vor allem damit, dass er nach dem Sturz frei gehabt und die Verletzungen gekühlt habe. Einen Arztbesuch habe er nicht gewagt, weil er erst am 2. Januar 2004 nach Geschäftsschließung seines vorherigen Arbeitgebers eine neue Beschäftigung begonnen habe. Er habe seine Arbeitsaufgaben nur unter starken Schmerzen mit Medikamenten und unter Einschränkungen im Rahmen seiner Teilzeittätigkeit erfüllen können.
Unter dem 22. Juli 2004 teilte L. der Beklagten mit, dass sich der Kläger am 17. Juni 2004 bei ihm wegen Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks vorgestellt habe, die nach Angaben des Klägers bereits seit dem 30. Januar 2004 vorhanden gewesen seien. In dem von L. beigefügten MRT-Befund T.s vom 25. Juni 2004 diagnostizierte dieser eine ausgedehnte Partialläsion des Discus triangularis (Discus) und äußerte den Verdacht auf eine Schädigung des Processus styloideus (Griffelfortsatz). Aus dem von der Beklagten von der Klinik für Plastische und Handchirurgie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B in H. (B) beigezogenen Bericht über die am 10. September 2004 durchgeführte Arthroskopie gingen eine breite radialseitige Ruptur des Discus, eine Teilruptur mit starker Vernarbung und Verzottung im Bereich des SL-Bandes (Band zwischen Kahn- und Mondbein) sowie ein aufgelockertes LT-Band (Band zwischen Mond- und Dreiecksbein) hervor. Am Os triquetrum (Dreiecksbein) fand sich laut der Operateurin K. eine Knorpelglatze. Knorpelveränderungen bestünden im Bereich des Radiusstyloids, an der Radiusgelenkfläche in Höhe des SL-Spaltes und drittgradig am Übergang von der Fossa lunata zur Fossa scaphoidea, wobei Mond- und Kahnbein gegeneinander verschoben werden könnten. In ihrem Bericht vom 14. September 2004 ordneten der Chefarzt der Klinik für Handchirurgie der Kliniken B. S1. und K. die Überdehnung bzw. Teilruptur im Bereich der Handgelenksbänder sowie den Discusriss als posttraumatisch sowie die Knorpelveränderungen als eher degenerativ ein.
Die Beklagte ließ den Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Kliniken B. in H. zusammen mit den W1. und A. nach ambulanter Untersuchung am 6. Oktober 2004 das Gutachten vom 12. November 2004 nebst ergänzender Stellungnahme vom 28. Dezember 2004 erstellen. Diese gelangten zu der Einschätzung, die beim Kläger bestehende Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk sei alleinige Folge einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur, wofür der Unfallmechanismus, das sofortige Auftreten der Beschwerden sowie der histologische Befund sprächen. Der Kläger habe bei der Befragung angegeben, er sei auf die linke Schulter gestürzt, nachdem er versucht habe, sich mit der linken Hand abzustützen. Der Versuch des Abfangens sei insofern glaubhaft, als es zu einer zusätzlichen Verletzung des linken Handgelenks gekommen sei. Der Aufprall sei somit eventuell auf eine vorgespannte Muskulatur getroffen, die den Arm in Abduktion (Abspreizung) gebracht habe. Damit sei eine axiale Stauchung nach kranioventral (unten und vorn) oder ventromedial (vorn und zur Mitte) durchaus denkbar, womit ein geeigneter Unfallhergang anzunehmen sei. Die vorhandenen degenerativen Veränderungen des Schultergelenks spielten demgegenüber keine wesentliche Rolle. Insbesondere hätten sich bei der Arthroskopie keine Hinweise für eine überwiegend oder ausschließlich degenerative Ruptur gefunden.
Nachfolgend holte die Beklagte von den Orthopäden S2. und T das Gutachten vom 26. April 2005 nach ambulanter Untersuchung am 25. April 2005 ein. Zum Unfallhergang berichtete der Kläger, er habe eine Kiste aus dem Transporter gehoben, sei auf glattem Untergrund ausgerutscht, links auf das Gesäß gefallen, habe sich mit der linken Hand am Boden abgefangen und sei mit der linken Schulter gegen eine Bordsteinkante gestürzt. Im Ergebnis sind die Sachverständigen zu der Einschätzung gelangt, ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 30. Januar 2004 und der Schädigung der linken Supraspinatussehne bzw. dem Discus- sowie Bandschaden im linken Handgelenkbereich sei nicht wahrscheinlich. Ein Vorgang sei dann geeignet, eine Verletzung der Rotatorenmanschette hervorzurufen, wenn er mit einer Dehnungsbelastung dieser Struktur verbunden sei. Das sei bei einem seitlichen Sturz auf die Schulter bzw. einer Stauchung durch Sturz auf den nach vorn gestreckten Arm, wie er hier vom Kläger angegeben worden sei, nicht der Fall. Da nach einer frischen Rotatorenmanschettenläsion eine alsbaldige Arbeitseinstellung und ärztliche Konsultation zu erwarten sei, sei auch die hier erst über drei Wochen nach dem angeschuldigten Trauma erfolgte Vorstellung beim D-Arzt selbst angesichts einer Angst um den Arbeitsplatz kaum noch mit einer frischen Verletzung zu vereinbaren. Der bei der klinischen Erstuntersuchung erhobene Befund sei zudem unspezifisch. Auch aus dem am 22. März 2004 gefertigten MRT gingen keine verletzungsspezifischen Veränderungen hervor; Knochenmarködeme fehlten gänzlich. Stattdessen deute der nachgewiesene leichte Oberarmkopfhochstand ebenso wie der weitere Beschwerdeverlauf mit zunehmender Schmerzsymptomatik auf ein degeneratives Geschehen hin. Demgegenüber sei die erst zwei Monate nach dem Ereignis durchgeführte Sonographie für eine Kausalitätsbewertung nicht mehr ergiebig. Gleiches gelte für den einen weiteren Monat später erfolgten operativen Eingriff, der keine Aussage zum Alter der dabei gefundenen Veränderungen mehr zulasse. Entsprechendes treffe auf den histologischen Befund zu. Hinsichtlich der Handgelenkverletzung fehle schon ein nachweisbarer Erstschaden. Nicht einmal im Bericht des Krankenhauses S. über die stationäre Behandlung vom 27. April bis 4. Mai 2004 fänden sich insoweit irgendwelche Hinweise. Überdies würden im Operationsbereich vom 10. September 2004 reichlich degenerative Knorpelschäden und entsprechende Reizerscheinungen der Gelenkschleimhaut beschrieben. Im Rahmen solcher Veränderungen seien häufig auch Bandstrukturen beteiligt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, vertiefte unter Bezugnahme auf die Darlegungen von S2. und T. die im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung und führte im Hinblick auf das linken Handgelenk ergänzend aus, insoweit sei insbesondere schon keine strukturelle Primärverletzung belegt.
Am 17. Juni 2005 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Halle Klage erhoben und sein Begehren, das durch die Einschätzung von H., W1. und A. gestützt werde, weiter verfolgt.
Mit Schreiben vom 28. Mai 2008 hat die Beklagte den Unfall vom 30. Januar 2004 mit einer folgenlos ausgeheilten Prellung als Arbeitsunfall anerkannt und ihren Bescheid vom 27. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2005 insoweit zurückgenommen. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 26. Juni 2008 angenommen.
Mit Urteil vom 26. Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die Darlegungen der S2. und T bezogen, die im Gegensatz zu der Bewertung von H., W1. und A. überzeugten.
Gegen das ihm am 31. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. August 2008 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Auch das im Berufungsverfahren veranlasste Gutachten bestätige sein Begehren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. Juni 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2005 und der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 28. Mai 2008 abzuändern und festzustellen, dass auch eine Ruptur der linken Supraspinatussehne sowie eine Ruptur des Discus und eine Teilruptur des SL-Bandes im Bereich seines linken Handgelenks Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. Januar 2004 sind; Beweis zu erheben durch Vorlage der Ausführungen W2. zur Wertung des histologischen Befundes M.s entweder an die Gutachter T/S. oder einen anderen vom Gericht zu benennenden Sachverständigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Ansicht und schließt sich dem Urteil des SG an.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat von dem Facharzt für Orthopädie W2. das Gutachten vom 28. September 2010 nach ambulanter Untersuchung am 6. September 2010 nebst ergänzender Stellungnahme vom 25. Juli 2011 eingeholt. Zum Unfallhergang hat der Kläger gegenüber dem Gutachter angegeben, mit einem Brotkorb in der Hand auf die linke Schulter gefallen zu sein. W2. hat die Diagnosen einer endgradig schmerzhaften Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks bei operativ versorgter Supraspinatussehnenruptur sowie einer endgradigen Funktionseinschränkung des linken Handgelenks nach Partialläsionen des Discus und des SL-Bandes gestellt. Die Verletzung des linken Handgelenks weise darauf hin, dass der Kläger versucht habe, sich mit der Hand abzustützen. Insoweit sei ein geeigneter Mechanismus für eine Rotatorenmanschettenläsion im Sinne einer axialen Stauchung nach kranioventral oder ventromedial durchaus denkbar. Die erst kurz vor dem Unfall aufgenommene Arbeit erkläre den verzögerten Behandlungsbeginn. Nach seinen Angaben habe der Kläger jedenfalls sofort Schmerzen verspürt. Auch der klinische Erstbefund mit Schmerzen bei der Hebung des Arms über 90° spreche für den Unfallzusammenhang. Aus dem MRT vom 22. März 2004 gingen keinerlei Veränderungen im Sinne einer fettigen Infiltration der Muskulatur hervor, was jedoch mit zunehmender Zeit zu erwarten sei, da der Muskel die Sehne bei einer Ruptur von ihrem Ursprung wegziehe. Damit könne die festgestellte Sehnenruptur nicht lange bestanden haben. Auch intraoperativ seien keine schweren degenerativen Veränderungen gefunden worden. Für eine frische Verletzung spreche, dass die operativ vorgenommene Rekonstruktion nur angesichts der noch nicht erfolgten Sehnenretraktion erfolgen konnte. Entsprechendes gelte für den eindeutigen histologischen Befund.
Die Beklagte hat hierzu unter Vorlage der beratenden Stellungnahme Dr. G.s vom 17. März 2011 u.a. eingewandt, dass bezüglich des linken Handgelenks erstmals am 17. Juni 2004 Beschwerden geäußert worden seien. Weder aus dem D-Arztbericht vom 24. Februar 2004 noch den nachfolgenden Behandlungsunterlagen ergebe sich eine Mitbeteiligung. Wegen der verspäteten ärztlichen Vorstellung und des Beschwerdeverlaufs bestünden auch im Hinblick auf die linke Schulter erhebliche Zweifel am Vorliegen eines Erstkörperschadens. Überdies würden im MRT vom 22. März 2004 entgegen der Darstellung vonW2. eine Arthrose des Schulterhauptgelenks sowie ein Oberarmkopfhochstand beschrieben. Auch intraoperativ seien eine zweitgradige Chondropathie im Glenoid und degenerative Veränderungen im Bereich des Schleimbeutels vorgefunden worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2005 und der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 28. Mai 2008 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil er keinen Anspruch auf die Feststellung zusätzlicher Unfallfolgen hat. Denn weder die Ruptur der linken Supraspinatussehne noch der Riss des Discus und der Teilriss des SL-Bandes im Bereich seines linken Handgelenks sind Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. Januar 2004.
Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang im Sinne von § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) hinreichend wahrscheinlich ist. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende „Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophi-schen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditio-sine-qua-non) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen wegen seiner besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich beteiligt war. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Erst nachdem feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs durch das Ereignis (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 oder Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 31).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe verbleiben ernste Zweifel, die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür ausschließen, dass der am 28. April 2004 arthroskopisch gesicherte Riss der linken Supraspinatussehne des Klägers bzw. die am 10. September 2004 intraoperativ belegten Einrisse des Discus und des SL-Bandes in seinem linken Handgelenk durch den Arbeitsunfall vom 30. Januar 2004 verursacht worden sind. Bei dieser Bewertung folgt der Senat im Wesentlichen den für ihn nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Darlegungen der S2. und T.
Es lässt sich schon nicht feststellen, dass die geltend gemachten Gesundheitsstörungen in einem naturwissenschaftlichen Sinne auf den Arbeitsunfall vom 30. Januar 2004 zurückzuführen sind.
Der Senat kann sich zunächst keine Überzeugung davon bilden, dass der Riss der linken Supraspinatussehne und die Teilrisse des Discus sowie des SL-Bandes im linken Handgelenk des Klägers schon zeitlich unmittelbar nach dem Unfall bestanden haben. Vielmehr ist das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen erst drei Monate bzw. sogar erst über fünf Monate nach dem angeschuldigten Unfallereignis bewiesen. Im Hinblick auf die Supraspinatussehnenruptur sprechen gewichtige Umstände aus der Zeit vor Ende April 2004 sogar gegen ihr Vorhandensein vor diesem Zeitpunkt (nachfolgend unter 1.). Was die geltend gemachte Handgelenkverletzung anbelangt, fehlen schon Erkenntnisse für einen zeitlichen Zusammenhang zum Arbeitsunfall vom 30. Januar 2004 und drängt sich zudem eine von diesem unabhängige Erklärung des Schadensbildes auf (hierzu unter 2.).
1. Schon das Verhalten des Klägers nach dem Unfall lässt sich nicht mit einer frischen Verletzung der Rotatorenmanschette vereinbaren. Denn wie die S2. und T in Übereinstimmung mit den geltenden wissenschaftlichen Erfahrungen dargelegt haben, ist infolge des bei einer traumatischen Ruptur unmittelbar auftretenden Funktionsverlustes mit einer sofortigen Arbeitsniederlegung und einem umgehenden Arztbesuch zu rechnen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.2.5.6, S. 418). Beides ist hier über Wochen unterblieben. Der Kläger hat seine Kraftfahrertätigkeit mit ständiger Be- und Entladung des Transporters weiter ausgeübt, was mit einer manifesten Schulter- und Handverletzung nicht in Einklang zu bringen ist. Ebenso wenig hat er einen Arzt aufgesucht, obgleich hierzu angesichts seiner Teilzeittätigkeit zu den gewöhnlichen Sprechzeiten jederzeit Gelegenheit bestand.
Dazu passt auch der ärztlich festgehaltene Primärbefund, aus dem sich kein greifbarer Anhaltspunkt für eine Schädigung der Rotatorenmanschette ergibt, die L. folgerichtig auch nicht diagnostizierte. So gab der Kläger gegenüber L. im Rahmen der Erhebung des klinischen Erstbefundes am 24. Februar 2004 zwar Schmerzen bei bestimmen Schulterbewegungen an. Die Hebung des linken Arms über 90° hinaus war ihm aber trotzdem möglich, was insbesondere durch den von L. als uneingeschränkt beschriebenen Nackengriff feststeht. Damit lag auch über drei Wochen nach dem Arbeitsunfall keine Pseudoparalyse (auch sog. Fallarm) als spezifisches klinisches Indiz eines Supraspinatussehnendefekts vor, die gerade bei der hier belegten Totalruptur zu erwarten gewesen wäre. Hierauf haben die S2. und T ebenfalls im Einklang mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zutreffend hingewiesen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.).
Nichts anderes ergibt sich aus dem MRT vom 22. März 2004, aus dem sich ebenfalls keine verletzungsspezifischen Veränderungen wie Knochenmarködeme oder eine frische Bankart-Läsion belegen lassen. Entsprechende Erscheinungen hat keiner der im Verfahren eingeschalteten Ärzte festgestellt, sodass die daraus von den S2. und T gezogene Schlussfolgerung, wonach der MRT-Befund anstatt für den geltend gemachten Ursachenzusammenhang gegen ihn spricht, einleuchtet.
Auch die im Rahmen der Arthroskopie am 28. April 2004 erhobenen Befunde sowie die histologische Analyse des intraoperativ entnommenen Sehnenpräparats lassen den Schluss auf einen schon am 30. Januar 2004 bestehenden Riss der Supraspinatussehne entgegen der anderslautenden Annahme von W1. und A. sowie W2. gerade nicht zu, wie die S2. und Tüberzeugend ausführen. Wie auch W2. insoweit nachvollziehbar erläutert hat, geht die vom Sehnenschaden betroffene Struktur mit zunehmendem Zeitabstand zum Trauma mit einer fettigen Infiltration einher. Wenn aber wie hier intraoperativ weder eine fettige Atrophie noch abgerundete, zurückgezogene und mit der Umgebung verwachsene Sehnenränder vorhanden waren, sodass die operative Therapie mittels der laut W2. für eine frische Ruptur typischen Rekonstruktionsform vorgenommen wurde, leuchtet nicht ein, warum der drei Monate zuvor abgelaufene Arbeitsunfall entgegen den Darlegungen der S2. und T. ein solches frisches Ereignis abgeben und die Sehnenstruktur über drei Monate hinweg konserviert geblieben sein soll.
Eindrücklich untermauert wird diese Wertung durch den feingeweblichen Befund vom 29. April 2004. Denn es ist nicht zu belegen, dass der histologisch als frisch bezeichnete Riss gerade auf das drei Monate zurückliegende Unfallereignis zu beziehen ist. Dabei sah sich der Senat nicht zu der vom Kläger beantragten Beweiserhebung veranlasst. Was damit überhaupt bewiesen werden soll, hat der Kläger mit dem Antrag nicht benannt. Soweit auf Grund seines Vorbringens angenommen werden kann, er sehe zwischen den Einschätzungen W2. und der S2. und T. einen klärungsbedürftigen Widerspruch, bezieht sich dieser nur auf logische Schlussfolgerungen und ist deshalb unmittelbar einer Würdigung zugänglich. Die eigentliche Tatsache, der Nachweis eines frischen traumatischen Risses durch M., ist dabei nicht in Zweifel zu ziehen. Ebenso wie bereits zuvor H. sowie die W1. und A. hat W2. den von M. im Sinne einer frischen Sehnenruptur beurteilten histologischen Befund als Beleg des von ihm angenommenen Unfallzusammenhangs gewertet. Genau hiermit haben sich die S2. und T. inhaltlich auseinandergesetzt und darauf aufmerksam gemacht, dass das als frischer Riss eingestufte Sehnengewebe mit einem drei Monate zuvor abgelaufenen Trauma nicht zu vereinbaren ist. Denn wie diese Gutachter unter schlüssigem Rückgriff auf medizinisches Erfahrungswissen dargelegt haben, wäre nach einen solchen Zeitraum u.a. mit Hämosiderinablagerungen als Hinweis auf eine ursprünglich traumatische Entstehung der Ruptur zu rechnen gewesen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.5, S. 416). Stattdessen fand M. jedoch nur für einen frischen Schaden typische Veränderungen. Mit den S2. und T. hält es der Senat deshalb für plausibel, dass sich aus dem histologischen Befund vom 29. April 2004 in Bezug auf den Arbeitsunfall vom 30. Januar 2004 angesichts des Zeitabstandes kein für den Kläger günstiges Argument ableiten lässt. Auf die ebenfalls einen Fehlschluss enthaltende Formulierung der S2. und T. kommt es dabei nicht an. Soweit sie nämlich die Diagnose des Pathologen kritisieren, angesichts fehlender Reparaturbefunde könnte ein Ereignis vor drei Monaten nicht einen frischen traumatischen Riss begründen, steht nicht, wie die Gutachter formulieren, der histologische Befund in Frage, sondern die Zuordnung eines frischen Risses zu einem drei Monate zurückliegenden Ereignis. Damit ist ihre Argumentation Beleg für einen jüngeren Schaden, ohne dass auch die Richtigkeit der Auswertung M.s in Abrede gestellt werden muss. Insoweit überzeugt ebenfalls allein die nicht näher begründete und ohne Auseinandersetzung mit der Meinung der S2. und T. gezogene Schlussfolgerung W2. nicht, wenn histologisch Ende April 2004 ein frischer traumatischer Riss festgestellt worden sei, müsse dieser bei dem Unfall Ende Januar 2004 entstanden sein.
Dafür, dass sich das Unfallereignis vom 30. Januar 2004 ohne gleichzeitiges Entfallen des Supraspinatussehnenrisses hinwegdenken lässt und es somit bereits nicht im naturwissenschaftlichen Sinne kausal geworden ist, spricht schließlich, dass ernste Zweifel an der Geeignetheit des Unfallhergangs zur Verursachung der Sehnenruptur verbleiben. Schon G. hob die fehlende Eignung des Unfallablaufs in seiner Stellungnahme vom 19. Mai 2004 hervor. Soweit H., W1. und A. und daran – wortgleich – anknüpfend W2. zu einer abweichenden Annahme gelangt sind, beruht dies allein auf der von ihnen nur als denkbar bezeichneten Unterstellung eines muskulär vorgespannten Arms in Abduktionsstellung, bei dem die Möglichkeit einer axialen Stauchung gegeben sei. Abgesehen davon, dass eine solche Herleitung den Bereich der Spekulation erkennbar nicht überschreitet, lässt sie sich auch nur schwer mit den Angaben des Klägers in Übereinstimmung bringen. Seine detaillierteste Schilderung hat er gegenüber den S2. und Tabgegeben, wonach er links auf das Gesäß gefallen sei, sich dann mit der linken Hand am Boden abgefangen habe und danach mit der linken Schulter gegen eine Bordsteinkante gestürzt sei. Wegen der primär durch den Sturz auf das Gesäß abgeleiteten Krafteinwirkung steht damit bereits eine vor allem über den Arm erfolgte Belastung in Frage und bleibt bezogen auf die Schulter im Wesentlichen eine seitliche Prellung übrig. Selbst wenn jedoch von einer Stauchung des gestreckten Arms ausgegangen würde, ergibt sich daraus nach den einleuchtenden Darlegungen der S2. und T., die auch insoweit dem aktuellen medizinischen Erfahrungswissen entsprechen (vgl. Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.2, S. 412 und 413), kein geeigneter Ablauf. Denn allein ein Sturz auf die Schulter bzw. eine axiale Stauchung geht eben nicht zwangsläufig mit einer Dehnungsbelastung der Rotatorenmanschette einher und birgt für sie deshalb – unter Umgehung aller vorgelagerten und schützenden Strukturen – keine besondere Schädigungsgefahr.
Letztlich kann ein Unfallzusammenhang auch nicht darauf gestützt werden, andere Ursachen für den Eintritt der Sehnenruptur seien nicht ersichtlich. Die S2. und T. haben schlüssig darauf hingewiesen, dass die im MRT vom 22. März 2004 sowie intraoperativ am 28. April 2004 nachgewiesenen Abnutzungserscheinungen in Form von Schleimbeutelentzündungen, einer raumfordernden Arthrose im AC-Gelenk mit Knochensporn, einer Omarthrose, eines (leichten) Oberarmkopfhochstandes, einer Chondropathie II. Grades im Bereich der Gelenkpfanne sowie eines degenerativ veränderten Bizepssehnenankers ebenso wie der weitere Beschwerdeverlauf mit zunehmender Schmerzsymptomatik ohne weiteres für ein degeneratives Geschehen sprechen und damit der anderslautenden Bewertung von H., W1. und A. überzeugend widersprochen.
2. Gegen die Kausalität des Arbeitsunfalls für die vom Kläger im linken Handgelenkbereich geltend gemachten Verletzungen spricht bereits, dass jede nachvollziehbare zeitliche Stütze fehlt. Obgleich er gegenüber L. am 17. Juni 2004 behauptet hat, dass Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks bereits seit dem Unfalltag bestünden, gehen Hinweise hierauf weder aus dem D-Arztbericht vom 24. Februar 2004 noch aus dem Zwischenbericht L.s vom 26. April 2004 hervor. Gleiches gilt für den Bericht des Krankenhauses S. über die stationäre Behandlung vom 27. April bis 4. Mai 2004. Bis zu dem am 25. Juni 2004 durchgeführten MRT existiert bezogen auf das linke Handgelenk keinerlei Befund, der im Sinne eines Verbindungsgliedes einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zum Arbeitsunfall auch nur ansatzweise plausibel machen könnte.
Die dann über sieben Monate nach dem Arbeitsunfall operativ am 10. September 2004 aufgedeckten Schäden des Discus und des SL-Bandes lassen sich nach den Darlegungen der S2. und T. deshalb zwanglos allein mit den weiteren im Rahmen der Arthroskopie gesicherten Veränderungen (z.B. Knorpelglatze am Dreiecksbein, Knorpelveränderungen im Bereich des Griffelfortsatzes der Speiche, an der Speichengelenkfläche in unmittelbarer Nachbarschaft zum SL-Spalt und am Übergang vom Mond- zum Kahnbein, die gegeneinander verschieblich waren) erklären, weil Bandstrukturen häufig an derartigen degenerativen Prozessen beteiligt sind. Warum dies hier ohne jeden Beleg für einen Strukturschaden im linken Handgelenkbereich zeitnahe zum Arbeitsunfall nicht gelten soll, haben S1. und K. nicht aufgezeigt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.