I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Januar 2022 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1975 geborene Kläger ist von Beruf Flugzeugabfertiger und war in diesem Beruf bis zum 31. März 2002 tätig. Die Tätigkeit endete durch einen gerichtlichen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main. Von 2004 bis 2012 befand sich der Kläger in Haft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Butzbach. Für den Kläger ist aufgrund Bescheides des Hessischen Amtes für Versorgung Frankfurt vom 7. Juli 2020 ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 und das Merkzeichen RF wegen Schwerhörigkeit festgestellt worden.
Der Versicherungsverlauf des Klägers weist bis zum Jahr 2004 Zeiten mit Pflichtbeiträgen wegen Beschäftigung und Bezug von Arbeitslosengeld/ Arbeitslosenhilfe aus und dann erst wieder in den Jahren 2011 und 2012 im Anschluss an die Inhaftierung. In den Jahren 2013 bis 2015 und im Jahr 2017 enthält der Versicherungsverlauf des Klägers Versicherungszeiten in der Türkei, die nach zwischenstaatlichem Abkommen vom 30. April 1964 berücksichtigt werden. Der Kläger bezieht seit dem 1. November 2018 Arbeitslosengeld II.
Am 19. März 2018 stellte er einen Antrag auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Zur Begründung gab er an, er sei im Jahr 1994 durch einen Schuss verletzt worden und habe seit dem Schmerzen und keine Kraft mehr.
Mit Bescheid vom 21. Januar 2019 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Zur Begründung gab sie an, dass der Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Ausgehend von einem möglichen Versicherungsfall bei Antragstellung sei der maßgebliche Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis zum 19. März 2018 festzulegen. Das Versicherungskonto des Klägers verfüge im genannten Zeitraum jedoch nur über 25 Monate mit Pflichtbeiträgen.
Der Kläger legte hiergegen am 28. Januar 2019 Widerspruch ein. Er begründete seinen Widerspruch damit, dass er seit einer Schussverletzung im Jahr 1994 arbeitsunfähig sei, wobei ein Arbeitsunfall vorliege. Er habe bereits im Jahr 1995 eine Rente wegen Erwerbsminderung beantragt, die aber an seine Eltern ausgezahlt worden sei. Er sei wegen Krankheit im Jahr 2002 von seinem Arbeitgeber entlassen worden. Während seiner Haft in der JVA Butzbach seien Splitter in seinem Körper festgestellt worden. Der Kläger legte einen ärztlichen Bericht der Radiologie H. vom 4. Februar 2019 vor. Danach finde sich kein Nachweis von Infiltraten oder tumorösen Raumforderungen und bestehe kein Anhalt für metalldichte Fremdkörper.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2019 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien letztmalig erfüllt, wenn die Erwerbsminderung im Jahr 2007 eingetreten sei. Die Ausübung einer Beschäftigung in Vollzeit bis März 2002 stehe der Annahme einer Erwerbsminderung in dieser Zeit entgegen. Unterlagen, die den Eintritt einer Erwerbsminderung im Jahr 2007 oder früher belegten, lägen nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger am 15. April 2019 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Er hat geltend gemacht, er sei auf einem Betriebsausflug in Spanien im Jahr 1994 angeschossen worden. Ihm stehe bereits seit dem Jahr 2002 eine Rente wegen Erwerbsminderung zu. Die Beklagte hat dargelegt, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur dann erfüllt seien, wenn die Erwerbsminderung bis spätestens 31. Januar 2007 eingetreten sei. Dann umfasse der maßgebliche Fünf-Jahres-Zeitraum die Zeit vom 31. Januar 2002 bis 30. Januar 2007. In dieser Zeit weise der Versicherungsverlauf des Klägers in der Zeit vom 31. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2004 die erforderlichen 36 Monate mit Pflichtbeiträgen auf. Bei Eintritt der Erwerbsminderung am 2. Dezember 2015 würden auch unter Berücksichtigung der Beiträge, die der Kläger in den Jahren 2011 bis 2015 in die türkische Rentenversicherung gezahlt habe, nur 35 Monate mit Pflichtbeiträgen erreicht. Der Kläger hat ärztliche Berichte der Lungenärztlichen Gemeinschaftspraxis, Dr. E., vom 27. Februar 2019 und der Radiologie H., Dr. S., vom 11. November 2019 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat durch Gerichtsbescheid vom 10. Januar 2022 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Er werde durch den angefochtenen Bescheid vom 21. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2019 nicht in seinen Rechten verletzt. Bei Annahme eines Leistungsfalles zum Zeitpunkt der Antragstellung am 20. März 2018 lägen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht vor. Der Zeitraum von fünf Jahren sei vom 20. März 2013 bis zum 19. März 2018 festzulegen. In diesem Zeitraum weise der Versicherungsverlauf des Klägers nur 20 Monate mit Pflichtbeiträgen auf. Dieser Zeitraum sei gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 Alt. 1 SGB VI zu verlängern, da Anrechnungszeiten vorlägen. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VI seien Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem 31. Dezember 2010 Arbeitslosengeld II bezogen hätten. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VI seien dem Kläger die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 1. Juni 2013 bis 31. Oktober 2013 anzurechnen. In diesem Zeitraum ergebe sich insgesamt eine anrechenbare Zeit von fünf Monaten, sodass sich der maßgebliche Zeitraum von fünf Jahren bis zum 1. Oktober 2012 verlängere. In diesem Zeitraum weise der Versicherungsverlauf des Klägers weitere fünf Monate auf, sodass sich die Zahl von 25 Monaten mit Pflichtbeiträgen ergebe. Der Kläger sei zum Zeitpunkt, zu dem letztmalig die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB vorgelegen hätten, weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Die erforderlichen 36 Monate mit Pflichtbeiträgen weise der Versicherungsverlauf des Klägers zuletzt im Zeitraum 31. Januar 2002 bis 31. Januar 2007 auf. Der Eintritt des Leistungsfalls bis spätestens 31. Januar 2007 sei jedoch nicht hinreichend belegt. Der Nachweis für die den Anspruch begründenden Tatsachen müsse im Wege des Vollbeweises erfolgen. Könnten die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen werden, so gehe dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zulasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte. Für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Erwerbsminderung trage insoweit der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast. Nach dem Vorstehenden fänden sich in den ärztlichen Berichten keine Hinweise auf das Vorliegen einer Erwerbsminderung. So habe Dr. E. bei ihrer ärztlichen Untersuchung festgestellt, dass sich weder im MRT noch bei multiplen Voraufnahmen einschließlich CT-Untersuchungen ein pathologischer Befund finden lasse. Metalldichte Rückstände nach einer Schussverletzung stellten sich nicht dar. Dr. S. habe im Rahmen einer Röntgendiagnostik ebenfalls keinen Hinweis auf Folgen einer Schussverletzung feststellen können und habe einen altersentsprechenden Lungen- und Herzbefund bescheinigt. Danach ließen sich die Aussagen des Klägers, er leide unter den Folgen einer im Jahr 1994 erlittenen Schusswunde, nicht belegen. Der Kläger habe die allgemeine Wartezeit nicht vorzeitig erfüllt, sodass eine Pflichtbeitragszeit nach § 43 Abs. 5 SGB VI nicht mehr erforderlich wäre. Die allgemeine Wartezeit sei nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 SGB VI vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig geworden seien. Der Kläger habe vorgetragen, die Schussverletzung sei im Jahr 1994 im Rahmen eines Betriebsausfluges geschehen, sodass es sich um einen Arbeitsunfall handele. Da jedoch bereits die Schussverletzung nicht nachgewiesen sei, scheide auch die Annahme eines Arbeitsunfalls als Ursache einer möglichen Erwerbsminderung aus. Das Vorliegen der notwendigen Anzahl von Pflichtbeiträgen entfalle auch nicht nach § 241 Abs. 2 SGB VI, da der Kläger bereits die allgemeine Wartezeit vor dem 1. Januar 1984 nicht erfüllt habe.
Der Kläger hat gegen den ihm am 12. Januar 2022 zugestellten Gerichtsbescheid am 14. Januar 2022 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Er behauptet, dass er schon seit einer 1994 während der Arbeitszeit erlittenen Schussverletzung erwerbsgemindert sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Januar 2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung in gesetzlichem Umfang ab dem 1. März 2018 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die erstinstanzliche Entscheidung.
Der Kläger hat Berichte der Radiologen Dr. C. vom 9. Oktober 2020, 13. Dezember 2021 und 3. Januar 2022, Dr. G. vom 11. August 2021 und Dr. M. vom 11. November 2021 sowie einen Karteikartenauszug der K. GmbH vom 26. April 2022 vorgelegt.
Die Berichterstatterin hat am 24. Mai 2022 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt; für den Inhalt wird auf das entsprechende Protokoll zum Erörterungstermin verwiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Oktober 2022 die Berufung auf die zuständige Berichterstatterin übertragen.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird im Übrigen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte aufgrund des Übertragungsbeschlusses vom 14. Oktober 2022 gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung des Klägers in der Besetzung mit der Berichterstatterin und zwei ehrenamtlichen Richtern eine Entscheidung treffen.
Die statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).
Die Berufung hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Januar 2022 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2019 war nicht aufzuheben, da er rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. März 2018 zu gewähren.
Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI demgegenüber Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch
1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und
2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Erwerbsgemindert ist der Vorschrift des § 43 Abs. 3 SGB VI zufolge nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der für den Nachweis der sog. Vorversicherungszeit im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI maßgebliche Fünf-Jahres-Zeitraum verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 und § 241 Abs. 1 SGB VI um die im Gesetz im Einzelnen aufgeführten sog. Aufschubzeiten (insbesondere Anrechnungs- und Ersatzzeiten). Gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren dann nicht erforderlich, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Tatbestands eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit der Vorschrift des § 53 SGB VI zufolge (z. B. wegen eines Arbeitsunfalls) vorzeitig erfüllt ist. Nach der Sonderregelung des § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeitragszeiten vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit außerdem nicht erforderlich für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit den im Gesetz im Einzelnen aufgeführten sog. Anwartschaftserhaltungszeiten (insbesondere Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten, Berücksichtigungszeiten oder Rentenbezugszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, bedarf es gemäß § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI keiner Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten.
Die für eine Rente wegen Erwerbsminderung erforderliche allgemeine Wartezeit im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 Nr. 3 SGB VI ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt, wenn vor Eintritt der Erwerbsminderung eine Versicherungszeit von fünf Jahren zurückgelegt ist.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, weil seine Erwerbsfähigkeit nicht in rentenberechtigendem Ausmaß herabgemindert ist. Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen sind dem Kläger leichte körperliche Arbeiten von sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zuzumuten. Zur Überzeugung des Senats ist der Leistungsfall der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung bei dem Kläger seit der Rentenantragstellung nicht eingetreten und nachgewiesen. Erst recht gilt dies rückwirkend für den Eintritt eines Leistungsfalles spätestens im Jahr 2007, in dem zuletzt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vorgelegen haben.
Diese Beurteilung des Leistungsvermögens ergibt sich unter Berücksichtigung aller Einzelumstände aus einer Gesamtschau der über den Gesundheitszustand des Klägers vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und medizinischen Gutachten im Sinne einer Längsschnittbetrachtung.
Ausweislich der Ausführungen der behandelnden Ärzte des Klägers finden sich bei ihm keine Nachweise einer Schussverletzung. Er leidet auch nicht ausgehend von einer solchen Verletzung an überdauernden Funktionseinschränkungen, die sein Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht einschränken würden. Er kann sein Rentenbegehren daher nicht darauf stützen. Die orthopädischen Berichte ergeben für das Jahr 2020 Beschwerden im Bereich der BWS und HWS sowie für das Jahr 2021 eine Handgelenksarthrose und einen Handgelenksbruch, eine Fußfehlform sowie leichte Beschwerden am Knie. Bei diesen orthopädischen Beschwerden handelt es sich um solche, die entweder nur eine Arbeitsunfähigkeit bedingten und vorübergehender Natur waren oder allenfalls eine qualitative Leistungsminderung zu begründen vermögen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen geführt haben könnten. In internistischer und kardiologischer Hinsicht ergibt sich ein guter Gesundheitszustand des Klägers. Er leidet nicht unter arterieller Hypertonie oder Diabetes mellitus. Sein Allgemeinzustand ist gut und der Ernährungszustand regelrecht. Er klagte zwar über thorakale Schmerzen, welche sich aber in den körperlichen Untersuchungen keinem Herzleiden zuordnen ließen.
Anhaltspunkte für ein schon im Jahr 2007 eingetretenes Leistungsvermögen ergeben sich aus den medizinischen Unterlagen nicht.
Hinsichtlich des Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wird zum einen auf die ausführlichen Ausführungen des Sozialgerichts in dem angegriffenen Gerichtsbescheid Bezug genommen und von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zum anderen wird ergänzend ausgeführt, dass auch die Berücksichtigung der in der Türkei zurückgelegten Beitragszeiten durch die Beklagte keinen rechtlichen Zweifeln unterliegt. Die seitens des ausländischen Versicherungsträgers bescheinigte Anzahl von Arbeitstagen in einem bestimmten Zeitraum muss in Kalendermonate umgerechnet werden, so dass sich für den Zeitraum vom 13. November 2012 bis 20. Mai 2013 sieben anzurechnende Monate ergeben, für den Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis 5. März 2014 fünf anzurechnende Monate, für den Zeitraum vom 11. Dezember 2014 bis 17. Februar 2015 drei Monate, für den Zeitraum 3. April 2015 bis 30. November 2015 acht Monate und für den Monat April 2017 ein Monat. Der Monat November 2012 ist zudem auch mit einer Pflichtbeitragszeit wegen Leistungsbezuges belegt und kann nur einmalig berücksichtigt werden.
In Anbetracht des ausgeführten Restleistungsvermögens kann der Kläger auch im Übrigen nicht damit gehört werden, dass seine Resterwerbsfähigkeit im Arbeitsleben wegen der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt vor praktisch nicht mehr verwertbar ist. Denn es gibt zur Überzeugung des Senats auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt noch eine nennenswerte Zahl von Tätigkeiten, die er trotz ihres eingeschränkten Leistungsvermögens ausüben kann. Unter Berücksichtigung des festgestellten Leistungsvermögens liegen bei dem Kläger insbesondere auch keine ins Gewicht fallenden besonderen Umstände vor, welche die Ausübung einer leichten körperlichen Tätigkeit in ungewöhnlicher Weise erschweren. Insoweit bedarf es im Rahmen der - bezüglich des hier streitigen Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung allein maßgeblichen - Frage nach dem Bestehen realer Erwerbsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsfeld einer besonders eingehenden Prüfung lediglich dann, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung festgestellt ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. März 1984, 4 RJ 43/83, SozR 2200 § 1246 Nr. 117 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. November 1982, 4 RJ 1/82, SozR 2200 § 1246 Nr. 104) oder wenn der Rentenbewerber wegen eines besonders gearteten Berufslebens deutlich aus dem Kreis vergleichbarer Versicherter heraus fällt (vgl. BSG, Urteile vom 27. April 1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr. 90; vom 18. Februar 1981, 1 RJ 124/79, SozR 2200 § 1246 Nr. 75). Derart gravierende Einschränkungen liegen bei Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor.
Ob im Übrigen die in Betracht kommenden Arbeitsplätze frei sind oder besetzt, ist für die Entscheidung unerheblich, denn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten, der wie der Kläger noch zumindest sechs Stunden pro Arbeitstag einsatzfähig ist, hängt nicht davon ab, ob das Vorhandensein von für ihn offenen Arbeitsplätzen für die in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten konkret festgestellt werden kann oder nicht. Der im Sinne der sog. konkreten Betrachtungsweise auf die tatsächliche Verwertbarkeit der Resterwerbsfähigkeit abstellende Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG, Beschluss vom 10. Dezember 1976, GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75 u. GS 3/76, BSGE 43, 75-86) kann bei diesem Personenkreis grundsätzlich nicht herangezogen werden. Das hat der Gesetzgeber in § 43 Abs. 3 SGB VI nochmals ausdrücklich mit dem Hinweis darauf klargestellt, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer - ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage - unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Ausnahmen können allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein Versicherter nach seinem Gesundheitszustand nicht dazu in der Lage ist, die an sich zumutbaren Arbeiten unter den in der Regel in den Betrieben üblichen Bedingungen zu verrichten, oder wenn er außerstande ist, Arbeitsplätze dieser Art von seiner Wohnung aus aufzusuchen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, B 13 R 79/11 R). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Bei dem Kläger besteht weder eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit noch das Erfordernis von zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen.
Für den Kläger ergibt sich im Übrigen kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben auch Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, die
1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2. berufsunfähig
sind.
Der im Jahre 1975 geborene Kläger gehört bereits aufgrund seines Geburtsdatums nicht zum berechtigten Personenkreis nach § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.