L 5 AS 327/18

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 2 AS 532/16
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 327/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Die ab dem 1. April 2015 geltende Unterkunftsrichtlinie der Landeshauptstadt Magdeburg auf der Grundlage der Mietwerterhebung 2014 beruht auf einem schlüssigen Konzept.
2. Das Konzept beruht auf einer ausreichenden Zahl von Datensätzen.
3. Es bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Repräsentativität der erhobenen Daten. Insbesondere bedurfte es aufgrund nicht signifikanter Preisunterschiede zwischen den sog privaten und institutionellen Vermietern keiner Gewichtung nach Vermietertypen.

 

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand:

 

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung höherer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2016 in Form weiterer Kosten der Unterkunft (KdU) im Streit.

 

Der am ... 1964 geborene Kläger bezog in Bedarfsgemeinschaft mit seinem am  ... 1994 geborenen Sohn seit August 2006 vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Sie bewohnten eine 65,43 m² große Mietwohnung. Der Beklagte berücksichtigte seitdem von der tatsächlichen Grundmiete nur den aus seiner Sicht angemessenen Betrag i.H.v. 276 Euro. Von Januar bis April 2016 betrug die Gesamtmiete 485,82 Euro/Monat (300,98 Euro Grundmiete, 85 Euro Betriebskosten und 90,14 Euro Heizkosten). Von Mai bis Dezember 2016 war eine Gesamtmiete i.H.v. 515,36 Euro (wegen der Erhöhung der Betriebskosten auf einen Betrag i.H.v. 124,25 Euro) zu zahlen.

 

Mit Schreiben vom 20. November 2012 hörte der Beklagte den Kläger hinsichtlich der aus seiner Sicht unangemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung an. Angemessen seien nach der Unterkunftsrichtlinie eine Grundmiete von 276 Euro und Betriebs- und Heizkosten von insgesamt 138 Euro. Der Kläger teilte dem Beklagten am 20. Dezember 2012 mit, dass er den übersteigenden Teil der Grundmiete ab Februar 2013 aus der Regelleistung finanzieren werde. In den weiteren Bewilligungsbescheiden der Folgezeit erfolgte jeweils die Gewährung abgesenkter KdU. In verschiedenen Bewilligungsbescheiden erfolgte jeweils die Belehrung bzw. der Hinweis zu den KdU, die nach Auffassung des Beklagten angemessen seien.

 

Der Sohn des Klägers nahm zum 1. September 2014 eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker auf, welche bis zum 29. Februar 2018 dauern sollte.

 

Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 nochmals bezüglich der Unangemessenheit seiner tatsächlichen Kosten der Unterkunft an. Angemessen seien für 2 Personen eine Wohnungsgröße von 60 qm und eine Bruttokaltmiete i.H.v. 356,40 Euro.

 

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seinem Sohn für die Zeit von Januar bis Dezember 2016 Leistungen i.H.v. 535,48 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte er die Grundmiete weiterhin in reduzierter Höhe von 276,00 Euro/Monat sowie Betriebs- und Heizkosten jeweils in tatsächlicher Höhe von 85 Euro/Monat bzw. 90,14 Euro/Monat. Ferner berücksichtigte er ein Einkommen des Klägers aus Erwerbstätigkeit i.H.v. 450,00 Euro monatlich und für dessen Sohn ein Bruttoeinkommen i.H.v. 424 Euro/Monat, wobei dieses tatsächlich 464 Euro betrug.

 

Dagegen legte der Kläger am 17. Dezember 2015 Widerspruch ein. Er habe erst am 9. Dezember 2015 eine Kostensenkungsaufforderung erhalten. Gleichwohl würden die Kosten der Unterkunft ab 1. Januar 2016 abgesenkt. Die Frist von 6 Monaten sei nicht beachtet.

 

Am 1. Januar 2016 nahm der Kläger eine Tätigkeit als Hausmeister auf. Hierfür erhielt er einen Stundenlohn von 8,50 Euro brutto, als wöchentliche Arbeitszeit wurden 30 h vereinbart. Die Lohnzahlung war am letzten Tag des jeweiligen Monats fällig.

 

Mit Bescheid vom 17. Februar 2016 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für März bis Dezember 2016 ab. Als Begründung führte er die Korrektur der Einkommensanrechnung des Sohnes des Klägers (Ausbildungsentgelt 464 Euro/Monat statt der bislang berücksichtigten 424 Euro/Monat) sowie die Berücksichtigung eines höheren vorläufigen Einkommens des Klägers an. Eine Änderung der gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung erfolgte nicht.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2016 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2015 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass bereits seit dem 1. August 2006 lediglich eine Grundmiete i.H.v. 276 Euro/Monat anerkannt worden sei. Das Schreiben vom 9. Dezember 2015 habe nicht zu einer Absenkung der Kosten der Unterkunft und Heizung geführt.

 

Dagegen hat der Kläger am 22. Februar 2016 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er hat klargestellt, dass er die Wohnung zusammen mit seinem Sohn bewohne und die Bewilligung von weiteren KdU i.H.v. 24,97 Euro/Monat begehre. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten bereits deswegen zu übernehmen seien, weil keine zutreffend ermittelte Angemessenheitsgrenze vorliegen.

 

Nach Einreichung der Entgeltabrechnungen für Januar und Februar 2016 hat der Beklagte mit Schreiben vom 11. März 2016 den Kläger zur beabsichtigten Aufhebung und Erstattung für Januar und Februar 2016 in Höhe von jeweils 224,85 Euro angehört. Mit Bescheid vom 23. Juni 2016 hat er unter anderem die Leistungsbewilligung für Januar und Februar 2016 teilweise aufgehoben und die Erstattung von monatlich 224,85 Euro gefordert.

 

Jeweils nach Einreichung der Lohnabrechnungen hat der Beklagte mit Bescheiden vom 7. April, 23. Juni, 28. Juni, 19. August, 10. Oktober, 5. Dezember, 8. Dezember 2016, 3. Januar 2017 die Leistungsbewilligungen abgeändert. Er hat jeweils das tatsächliche monatliche Einkommen des Klägers und im Mai 2016 einen Betrag i.H.v. 462,52 Euro für die Betriebskostennachforderung berücksichtigt. Er hat zudem ab Januar 2016 nunmehr nur noch KdUH i.H.v. 446,54 Euro/Monat (Grundmiete 281,40 Euro, Nebenkosten 75,00 Euro und Heizkosten 90,14 Euro) berücksichtigt (Änderungsbescheid vom 28. Juni 2016).

 

Der Beklagte hat die „Verwaltungsvorschrift der Landeshauptstadt Magdeburg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Grundsicherung für Arbeitsuchende – Unterkunftsrichtlinie –“ vom 10. Juli 2015 sowie das von der Firma A. erstellte „Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft, Bericht März 2015“, vorgelegt. Hieraus ergibt sich in der Stadt Magdeburg für 2 Personen eine maximale Bruttokaltmiete i.H.v. 356,40 Euro/Monat.

 

Mit Urteil vom 7. März 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass der Beklagte die KdU des Klägers zu Recht nicht in tatsächlicher Höhe übernommen habe, da diese nicht angemessen seien. Das Konzept der Firma A. sei schlüssig. Außerdem habe der Beklagte seine Unterkunftsrichtlinie 2016 fortgeschrieben. Eine Kostensenkungsaufforderung sei nicht notwendig gewesen.

 

Dagegen hat der Kläger am 27. März 2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt.

 

Er gehe von einem fehlenden schlüssigen Konzept aus. Es seien keine aktuellen Daten bezüglich Neuvermietungen ermittelt und berücksichtigt worden. Für die Vergleichsgrößen aus Bestandsdaten allein von Grundsicherungsempfängern und Gesamtdaten als Kombination von Angebots- und Bestandsmieten sei das gewählte Quantil nicht plausibel begründet. Zudem enthalte die Verfügbarkeitsprüfung mathematisch nicht nachvollziehbare Berechnungsschritte. Außerdem seien die Daten nicht repräsentativ. Das Verhältnis gewerbliche/private Vermieter spiegele nicht das Verhältnis am Wohnungsmarkt wider. Es sei nicht angegeben worden, wie viele private Vermieter angeschrieben wurden und wie viele geantwortet haben. Durchschnittswerte aus Mieten verschiedener Anbieter müssten erkennen lassen, mit welchem Anteil diese jeweils vertreten sind.

 

Die kalten Betriebskosten stünden im signifikanten Gegensatz zur diesbezüglichen Tabelle des Deutschen Mieterbundes. Es werde auch nicht dargelegt, wie die Betriebskosten im Sinne des § 556 bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ermittelt worden seien.

 

Angemessenheitsrichtwerte ließen sich nicht lediglich aufgrund von Bestandsmieten ermitteln, sondern es müssten stets auch Angebotsmieten berücksichtigt werden. Es werde nicht berücksichtigt, dass auf dem Wohnungsmarkt derartige Mieten aktuell nicht in ausreichender Zahl angeboten würden.

 

Es werde auch nicht das reale Bild verfügbaren Wohnraums abgebildet. Zudem seien gerade einmal 6 Monate mit 4.012 verwertbaren Angeboten erfasst. Das lege nahe, dass kein verfügbarer Wohnraum vorhanden sei. Zudem stammten die Daten aus dem September 2014. Ab Oktober 2016 dürften diese veraltet sein. Der Verbraucherpreisindex sei nicht berücksichtigt worden.

 

Ferner werde Wohnraum, der für SGB II-Bezieher nicht zumutbar oder unbewohnbar sei, nicht herausgerechnet. Es seien erhebliche Nachfragergruppen, insbesondere Flüchtlinge, Wochenendheimfahrer und Studierende/Auszubildende nicht ermittelt und dargestellt worden.

 

Überdies seien die Veröffentlichungsvorschriften nicht eingehalten worden. Es sei eine Veröffentlichung im Amtsblatt zwingend erforderlich.

 

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. März 2018 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 10. Dezember 2015,17. Februar, 7. April, 23. Juni, 28. Juni, 19. August, 10. Oktober, 5. Dezember, 8. Dezember 2016, 3. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2016 in der Fassung der Teilanerkenntnisse vom 29. März, 2. Juni und 9. August 2022 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31.Dezember 2016 weitere Leistungen für Kosten und Unterkunft und Heizung in Höhe von 24,97 Euro/Monat zu gewähren.

 

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er verweist darauf, dass Angebots- bzw. Neuvertragsmieten ermittelt worden seien. Die Mietwerte seien bei allen Vermietergruppen erhoben worden. Eine Differenzierung nach Ausstattung, Sanierungszustand, Lage und Alter des Wohngebäudes sei nicht vorgenommen worden. Lediglich Wohnungen des sogenannten Substandards (Wohnungen ohne Sammelheizung und Bad/WC) seien aus den Berechnungen ausgeschlossen worden. Auf den Erhebungszeitraum der Angebotsmieten von 6 Monaten bezogen, ergäben sich 8.450 Neuvermietungen. Im Konzept seien 4.187 Angebote nachgewiesen und es seien 4.012 Angebote in die Auswertung eingegangen.

 

Hinsichtlich der „sonstigen Nachfragergruppen“ (Haushalte mit niedrigem Einkommen ohne staatliche Transferleistungen und Haushalte, die preiswerten Wohnraum anmieten, obwohl sie durch ihre Einkommenssituation auch in anderen Segmenten des Wohnungsmarktes Wohnraum anmieten können) hätten keine Statistikdaten zur Verfügung gestanden. Die Anzahl der „sonstiger Nachfrager“ basiere auf einem bundesweiten Durchschnittswert von 7,5 % aller Haushalte, der um einen Sicherheitsaufschlag auf 10 % aller Haushalte erhöht worden sei. Einer Bekanntmachung der Unterkunftsrichtlinie im Amtsblatt habe es nicht bedurft.

 

Der Beklagte hat die Fortschreibung des Konzepts (Bericht Januar 2016, gemeint 2017) übersandt, welches aus seiner Sicht ab dem 1. Oktober 2016 anzuwenden sei. Ferner hat der Beklagte eine Stellungnahme der Firma A. vom 22. Dezember 2021 übersandt. Im Hinblick auf die Repräsentativität wird darin ausgeführt, dass die Gefahr einer Verzerrung durch eine Überrepräsentation der gewerblichen Vermieter nicht bestehe. Denn die Mietenstruktur nach den Vermietertypen liege sehr nah beieinander und sei damit grundsätzlich vergleichbar.

 

In einer weiteren Stellungnahme der Firma A. vom 30. Mai 2022 ist ausgeführt, dass sich die Mietwerte der institutionellen und privaten Vermieter sich nur um wenige Cent unterschieden. Überdies liege auch der Stichprobenumfang von 897 Fällen von privaten Vermietern deutlich über der notwendigen Stichprobengröße von 68 bis 380 berücksichtigten Fällen.

 

Mit Schreiben vom 29. März 2022 hat der Beklagte erklärt, dass er die Absenkung der Bruttokaltmiete auf 356,40 Euro/Monat aus dem Änderungsbescheid vom 28. Juni 2016 für die Monate Januar bis Juni 2016 aufhebe; es bleibe insoweit bei der anerkannten Bruttokaltmiete in Höhe von 361 Euro/Monat.

 

Mit Schreiben vom 2. Juni 2022 hat der Beklagte ein teilweises Anerkenntnis bezüglich der Monate Oktober bis Dezember 2016 abgegeben und als Bruttokaltmiete 364,80 Euro/Monat (gemäß der Fortschreibung des Konzepts) berücksichtigt.

 

Mit Schreiben vom 9. August 2022 hat der Beklagte ein weiteres teilweises Anerkenntnis abgegeben und die Rückforderung aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23. Juni 2016 für Januar und Februar 2016 auf einen Betrag von 212,03 Euro/Monat gemindert.

 

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte erklärt, dass er den Änderungsbescheid vom 28. Juni 2016 auch für die Monate Juli bis September 2016 aufhebe.

 

Der Kläger hat die Teilanerkenntnisse des Beklagten angenommen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

 

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Sie ist auch statthaft, da das Sozialgericht die Berufung zugelassen hat. Der Senat ist daran gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

 

II.

 

Die Berufung ist – nach den vom Beklagten abgegebenen und vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnissen – unbegründet.

 

Der Kläger hat bereits mit der Klagebegründung vor dem Sozialgericht den Streitgegenstand auf die Höhe der Leistungen für die KdU begrenzt. Dies ist grundsätzlich zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011, B 4 AS 119/10 R, juris Rn. 32), führt jedoch nicht zu einer Begrenzung des Prüfungsumfangs. Das Einkommen des Klägers ist höher als sein Regelbedarf, so dass das erzielte Einkommen sich auf den Anspruch auf die Kosten der Unterkunft auswirkt. Es hat deshalb die vollständige Prüfung der Hilfebedürftigkeit des Klägers zu erfolgen.

 

Der Kläger ist Leistungsberechtigter i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB II. Er hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze von § 7a SGB II noch nicht erreicht, hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, war erwerbsfähig und hilfebedürftig. Er verfügte über kein bedarfsdeckendes Einkommen oder ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Vermögen.

 

1.

 

Der Regelbedarf betrug im streitigen Zeitraum nach § 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB II 404 Euro. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt durch die zentrale Heizungsanlage (Fernwärme und Fernwarmwasser), so dass kein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II zu berücksichtigen ist.

 

Der Beklagte hatte zunächst mit Bescheid vom 10. Dezember 2015 Kosten der Unterkunft in Höhe von 361 Euro/Monat (276 Euro Grundmiete, 85 Euro Betriebskosten) und 90,14 Euro Heizkosten berücksichtigt.

 

Mit den Änderungsbescheiden vom 17. Februar, 7. April, 23. Juni, 28. Juni, 19. August, 10. Oktober, 5. Dezember, 8. Dezember 2016 und 3. Januar 2017 berücksichtigte der Beklagte die tatsächlichen Einkommen des Klägers und seines Sohnes und rechnete diese jeweils unter Abzug der Freibeträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 SGB II korrekt auf den Bedarf an.

 

2.

 

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme des kopfteiligen Anteils der Bruttokaltmiete in tatsächlicher Höhe.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II hat der Kläger Anspruch auf Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie gemäß § 22 Abs.1 Satz 3 SGB II als Bedarf der Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es diesen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

 

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie zu ermitteln. In einem ersten Schritt sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete festzulegen. Dabei muss das Produkt aus Wohnfläche und -standard eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ("Referenzmiete") ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, juris Rn. 13) Der Quadratmeterpreis sowie die angemessene Wohnungsgröße ergeben die angemessene Miete. In einem zweiten Schritt ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit notwendiger Einsparungen einschließlich eines Umzugs, zu prüfen. Abschließend ist zu klären, ob die Leistungsberechtigten eine abstrakt angemessene Wohnung hätten anmieten können (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris Rn. 23).

 

a.

 

Die für eine Absenkung der Kosten der Unterkunft vorgeschriebene Kostensenkungsaufforderung ist ordnungsgemäß erfolgt. Bereits mit Schreiben vom 20. November 2012 hatte der Beklagte den Kläger hinsichtlich der aus seiner Sicht unangemessenen KdU angehört und ihm die Werte mitgeteilt, die er als angemessen ansehe. In den weiteren Bescheiden der Folgezeit erfolgte jeweils nochmals der Hinweis auf die Unangemessenheit der KdU. Da der Beklagte schon 2006 und zuletzt ab dem 1. Januar 2013 nur noch die aus seiner Sicht angemessenen KdUH übernommen hatte, musste der Kläger von dessen unverändertem Standpunkt zur geforderten Kostensenkung ausgehen (BSG, Urteil vom 22. November 2011, B 4 AS 219/10 R, juris Rn. 21; Urteil vom 6. April 2011, B 4 AS 119/10 R, juris Rn. 39). Aus dem weiteren Schreiben des Beklagten vom 9. Dezember 2015 war abermals zu entnehmen, dass für 2 Personen eine Wohnungsgröße von 60 qm und eine Bruttokaltmiete i.H.v. 356,40 Euro nach Auffassung des Beklagten angemessen seien.

 

Die Höhe der angemessenen KdU konnte der Kläger jeweils den Bewilligungsbescheiden und weiteren Schreiben des Beklagten entnehmen; ein Dialog mit dem Beklagten wäre jederzeit möglich gewesen.

 

b.

 

Bei der Bestimmung der angemessenen KdU hat der Beklagte zu Recht auf eine Wohnfläche von 60 qm für einen Zwei-Personenhaushalt abgestellt.

 

Zur Bestimmung der angemessenen Größe ist im Land Sachsen-Anhalt auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen (RdErl. des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (MRS) vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1281) und die dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt, RdErl. des MRS vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1285, RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr (MWV) vom 10. März 1995, MBl. LSA Nr. 31/1995, S. 1133) zurückzugreifen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS 2/09, juris Rn. 37 ff.; BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, B 14 AS 61/12 R, juris Rn. 21).

 

Die Wohnungsgröße liegt 5 qm über der Angemessenheitsgrenze. Eine Erhöhung der abstrakt angemessenen Wohnfläche kommt hier nicht in Betracht. Objektive Umstände, die eine derartige Erhöhung rechtfertigen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

 

c.

 

Die zu große Wohnung führt jedoch nicht zur Unangemessenheit der KdU. Denn die Höhe der Miete kann gleichwohl angemessen sein. Mit einer niedrigen Miete pro qm kann eine Überschreitung der Wohnungsgröße ausgeglichen werden. Dazu ist erforderlich, die Referenzmiete oder die Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum zu bestimmen. Der Begriff der „Angemessenheit“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Dies gilt auch für die Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs durch die Verwaltung (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18, juris R Rn. 18). Allerdings ist dabei die gerichtliche Überprüfung auf eine nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle beschränkt (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 26). Die Verpflichtung zur Amtsermittlung ist begrenzt durch die Mitwirkungslast der Beteiligten. Eine ins Einzelne gehende Überprüfung bestimmter Detailfragen verlangt, dass fundierte Einwände erhoben werden. Diese müssen insbesondere über ein bloßes Bestreiten der Stimmigkeit der Daten hinausgehen, oder aber auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben hindeuten (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris Rn. 30; Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris Rn. 34; bestätigt im Beschluss vom 4. Januar 2022, B 4/14 AS 187/21 B, juris Rn. 6).

 

d.

 

Zulässig ist zunächst die Bestimmung des gesamten Stadtgebiets Magdeburg als Vergleichsraum. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. nur: Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 41/18 R) ist der Vergleichsraum (VR) der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist. Innerhalb dessen ist einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar und ein nicht erforderlicher Umzug führt nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen. Der Vergleichsraum ist ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet.

 

Nach diesen Kriterien kann die gesamte Stadt Magdeburg als Vergleichsraum betrachtet werden. Das BSG hat für deutliche größere Großstädte deren Gesamtbetrachtung als Vergleichsraum bestätigt.

 

e.

 

Die Mietwerterhebung 2014 beruht für den hier streitigen Zeitraum auf einem schlüssigen Konzept. Ein solches soll gewährleisten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im VR für die Angemessenheitsgrenze zugrunde gelegt werden. Die Grundsicherungsträger können im Rahmen der Methodenfreiheit ein Konzept zur empirischen Ableitung der angemessenen Bruttokaltmiete wählen. Auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll eine „Vielfalt an Konzepten“ zur Bestimmung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung möglich sein (BT-Drs. 17/3404, S. 101 zur Satzung nach § 22b SGB II). Es kann also verschiedene Methoden geben, ein solches Konzept zu erstellen. Jedoch müssen bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar sein.

 

Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung, Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von "Brennpunkten" durch soziale Segregation sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (st. Rspr., vgl. nur BSG, Urteil v. 3. September 2020, juris B 14 AS 34/19 R, Rn. 19 mit weiteren Nachweisen).

 

Das Konzept des Beklagten ist zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar und erfüllt die erforderlichen rechtlichen und methodischen Voraussetzungen. Die zur Ermittlung der angemessenen Kosten gewählten Methoden sind plausibel. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Datenerhebungen und -auswertungen „unschlüssig“, also willkürlich oder widersprüchlich wären oder auf fehlerhaften Prämissen beruhen. Ein Verstoß gegen die vom BSG postulierten Grundsätze ist nicht erkennbar.

 

aa.

 

Der Gegenstand der Beobachtung ist im schlüssigen Konzept im Einzelnen nachvollziehbar definiert worden.

 

Auch die Art und Weise der Datenerhebung ist hinreichend deutlich dargestellt worden und stößt nicht auf Bedenken. Die Mietwerterhebung basierte auf einer umfangreichen Vermieterbefragung. Es flossen insgesamt 45.466 vollgültige Mietwerte (Bestandsmieten) ein. Diese wurden im Zeitraum von August 2014 bis Januar 2015 erhoben. Des Weiteren erfolgte die Erhebung von 4.012 verwertbaren Angebotsmieten im Zeitraum von Juli bis Dezember 2014. Entgegen der Auffassung des Klägers ist im Konzept auch die Anzahl der angeschriebenen privaten Vermieter (rund 2.100) und die Anzahl derjenigen Vermieter, die geantwortet haben bzw. berücksichtigt werden konnten (897 Mietwerte), angegeben.

 

bb.

 

Die Datenerhebung ist auch valide. Die Validität ist ein Kriterium für die Gültigkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung und deren Ergebnissen. Diesen Anforderungen wird die Datenerhebung gerecht.

 

Entgegen der Ansicht des Klägers ist Wohnraum, der für SGB II-Empfänger unzumutbar ist, herausgerechnet worden. So fanden Wohnungen, die das Ergebnis der Mietwerterhebung verfälschen könnten, wie Wohnungen mit Freundschaftsmieten, mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich genutzte Wohnungen, möblierte Wohnungen, Ferienwohnungen und Substandardwohnungen keine Berücksichtigung.

 

Auch wurden im Rahmen der Erhebungen und Auswertungen nur diejenigen Wohnungen einbezogen, die vermieterseitig zumindest über die Merkmale „Bad“ und „Sammelheizung“ verfügen. Wohnungen des untersten Standards (Substandardwohnungen) wurden nicht berücksichtigt.

 

cc.

 

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Umfang der erhobenen Daten nicht repräsentativ wäre.

 

Die Einwände des Klägers, dass außer den Angebotsmieten keine aktuellen Daten berücksichtigt worden und dass die Daten ab Oktober 2016 veraltet seien, greifen nicht durch. Es wurden die Neuvertragsmieten (d. h. die im Zeitraum von Dezember 2013 bis September 2014 real abgeschlossenen Bestandsmieten) berücksichtigt und ausgewertet. Der Beklagte hat darüber hinaus mit Teilanerkenntnis vom 2. Juni 2022 ab Oktober 2016 die Werte aus der Fortschreibung des Konzepts zugrunde gelegt.

 

Der Umstand, dass die institutionellen Vermieter möglicherweise nicht entsprechend ihrem Marktanteil, sondern überproportional gegenüber den sog. Privat- oder Kleinvermietern präsentiert sind, führt nicht zu Zweifeln an der Repräsentativität der Daten.

 

Grundsätzlich kann zwar eine Stichprobe nur dann als repräsentativ bezeichnet werden, wenn alle wesentlichen Teilgruppen (u.a. Groß- und Kleinvermieter) der Grundgesamtheit entsprechend ihres Anteils in der Stichprobe enthalten sind (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R Rn. 40). Die Bruttostichprobe kann nach wohnwertrelevanten Merkmalen proportional oder disproportional geschichtet werden. Eine Schichtung kann insbesondere nach Vermietertypen, Größenklassen, Ausstattungsmerkmalen, Wohnlagen und Baualtersklassen vorgenommen werden (vgl. § 9 Abs. 2 der ab 1. Juli 2022 geltenden Verordnung über den Inhalt und das Verfahren zur Erstellung und zur Anpassung von Mietspiegeln sowie zur Konkretisierung der Grundsätze für qualifizierte Mietspiegel [MsV]).

 

Die Anzahl der Datensätze für die Bestandsmieten von den privaten Vermietern lag bei 1,92 %. Insgesamt stammen 897 verwertbare Datensätze von den angeschriebenen privaten Vermietern. Dies führt nicht zur Annahme, die Daten seien nicht repräsentativ.

 

Der Beklagte konnte darlegen, dass die Vermietertypen weder direkt noch indirekt eine Auswirkung auf die Mietenstruktur als mietpreisbildender Faktor hatten.

 

Wie aus der der Stellungnahme der Firma Analyse & Konzepte vom 30. Mai 2022 hervorgeht, unterscheiden sich die Mietwerte (Bruttokaltmiete) der privaten von denen der institutionellen Vermieter nur jeweils um wenige Cent. Deshalb heben sich die Unterschiede der einzelnen Mietkostenanteile über die Datenquellen weitgehend gegenseitig auf.

 

Der Einwand des Klägers, wonach die Anzahl der von den privaten Vermietern gewonnenen Daten zu gering sei, um die oben genannten Aussagen treffen zu können, greift nicht durch.

 

Nach anerkannten statistischen Berechnungsmethoden ist die Stichprobengröße für eine repräsentative Darstellung ausreichend. Bezogen auf die Grundgesamtheit von 38.299 Wohnungen sind 68 bis 380 Datensätze ausreichend, um als repräsentativ für das Mietniveau unter den privaten Vermietern zu gelten. Analyse & Konzepte hat 897 verwertbare Daten erhoben, liegt mithin deutlich über der erforderlichen Größe.

 

Eine Gewichtung zum Ausgleich des unterschiedlichen Antwortverhaltens der Vermietergruppen war deshalb nicht erforderlich.

 

Der Einwand des Klägers, dass nicht alle Nachfragergruppen berücksichtigt worden seien, beispielsweise Studierende, Auszubildende und Flüchtlinge, greift nicht durch. Vorliegend hat der Beklagte dargelegt, dass die Anzahl der „sonstigen Nachfrager“ auf einem bundesweiten Durchschnittswert von 7,5 % aller Haushalte beruht, der um einen Sicherheitsaufschlag auf 10 % erhöht wurde. Es wurde weder vom Kläger dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass die „sonstigen Nachfrager“ insoweit nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Der Anteil an Auszubildenden und Flüchtlinge dürfte in Magdeburg nicht höher sein als im bundesdeutschen Durchschnitt. Auch die Studierenden insgesamt machen lediglich einen Anteil von 6 % der Gesamtbevölkerung aus (ca. 14.000 Studierende im streitgegenständlichen Zeitraum). Insoweit gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Nachfragergruppe insgesamt oder überwiegend zu den Nachfragern im unteren Marktsegment gehören. Überdies stehen für die Studierenden Unterkünfte in Wohnheimen zur Verfügung. Es ergibt sich auch hieraus keine über dem Durchschnitt liegende Anzahl der sonstigen Nachfrager.

 

dd.

 

Die Auswertung der Daten ist schlüssig und unter Beachtung mathematisch-statistischer Grundsätze erfolgt.

 

Beanstandungsfrei sind die Daten (Bestandsmieten) im Wege der Extremwertkappung mittels der Behandlung der Werte außerhalb des Bereichs der 1,96-fachen der Standardabweichung (entsprechend der Kappung auf der Basis des 95%-Intervalls) bereinigt worden.

 

Die erhobenen Angebotsmieten und Neuvertragsmieten wurden nach einem iterativen Annäherungsverfahren berücksichtigt und der erforderliche Anteil der angebotenen Wohnungen für eine ausreichende Versorgung der Nachfragergruppen ermittelt (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rn. 27).

 

Unter Einschluss der Betriebskosten (Modifikation der erhobenen Angebotsmieten über die Kombination von Angebots-Kaltmieten mit den durchschnittlichen Betriebskosten aus der Bestandsmietenerhebung (Tab. 12) und nicht unter Zugrundelegung des Quadratmeterpreises standen vorliegend zwischen 45 und 63 % Wohnraum (Angebotsmieten) zur Verfügung. Für 2-Personen-Haushalte ergab sich ein Angebot von 53 % des zur Verfügung stehendem Wohnraums.

 

ee.

 

Auch der klägerische Einwand hinsichtlich der Veröffentlichungsvorschriften greift nicht durch. Die Unterkunftsrichtlinie ist sowohl in der Fassung vom 1. April als auch in der Fassung vom 10. Juli 2015 vom damaligen Oberbürgermeister Dr. Trümper unterschrieben worden. Einer Veröffentlichung im Amtsblatt bedurfte es entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Die Unterkunftsrichtlinie hat den Charakter einer bloßen Verwaltungsvorschrift, die keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen entfaltet (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Mai 2018, L 2 AS 442/15 juris, Rn. 56 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R juris, Rn. 26).

 

f.

 

Auch die Festlegung der Betriebskosten ist nicht zu beanstanden; es haben auch hier die anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätze Anwendung gefunden. Beanstandungsfrei wurden im Rahmen der Bestandsmietenerhebung die Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten erhoben und der Mittelwert der erhobenen Werte differenziert nach Wohnungsgröße in Ansatz gebracht. Es war insoweit nicht erforderlich, die Tabelle des Deutschen Mieterbundes heranzuziehen.

 

g.

 

Ein Fall einer vorübergehenden oder dauerhaften subjektiven Unzumutbarkeit eines Umzugs oder einer Kostensenkung lässt sich nicht feststellen. Gründe dafür, dass der Kläger nicht hätte umziehen können, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

 

Auch im Hinblick auf die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II kommt eine Unzumutbarkeit der Kostensenkung nicht in Betracht. Der Beklagte hat die vollen Kosten der Heizung übernommen. Es liegt daher kein Anhaltspunkt dafür vor, dass ein Wohnungswechsel nicht zu einer Kostensenkung führen würde, weil in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt niedrigere Kosten für Unterkunft und Heizung entstünden.

 

3.

 

Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23. Juni 2016 für Januar und Februar 2016 ist nach dem erfolgten Teilanerkenntnis des Beklagten rechtmäßig.

 

Die Voraussetzungen von § 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) liegen hinsichtlich eines Betrages von 212,03 Euro/Monat vor.

 

Gemäß § 48 SGB X ist – soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist – der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben; er ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, dass zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.

 

Im Bescheid vom 10. Dezember 2015 hatte der Beklagte als zugrunde gelegtes Einkommen des Klägers 450 Euro/Monat berücksichtigt. Der Kläger nahm nach Erlass des Bewilligungsbescheides eine neue Arbeitstätigkeit mit höherem Einkommen auf, so dass eine Aufhebung gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfolgen musste. Bezüglich des Sohnes des Klägers erfolgte die höhere Ausbildungsvergütung im 2. Lehrjahr aber bereits seit September 2015 i.H.v. 464 Euro brutto. Insoweit war der Bescheid vom 10. Dezember 2015 mit Berücksichtigung von lediglich 424 Euro von Anfang an rechtswidrig und konnte nicht gem. § 48 SGB X aufgehoben werden.

 

Nachdem der Beklagte die Aufhebungs- und Erstattungsforderung auf den Betrag von monatlich 212,03 Euro reduziert und somit die fehlerhaft erfolgte nachträgliche Korrektur des Einkommens des Sohnes des Klägers zurückgenommen hat, ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23. Juni 2016 (in der Gestalt des teilweisen Anerkenntnisses) rechtmäßig.

 

4.

 

Hinsichtlich der Anrechnung des Einkommens des Klägers sind weder Einwände erhoben noch Fehler ersichtlich. Der Beklagte das monatlich zufließende Einkommen der Berechnung zugrunde gelegt und die Absetzbeträge nach § 11b SGB II korrekt berücksichtigt.

 

III.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei fand der Anteil des Obsiegens des Klägers aufgrund der Teilanerkenntnisse des Beklagten i.H.v. insgesamt 92,24 Euro (9 x 4,60 Euro für Januar bis September 2016, 3 x 8,40 Euro für Oktober bis Dezember 2016, 2 x 12,82 Euro aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23. Juni 2016) im Verhältnis zu den begehrten 299,64 Euro (12 x 24,97 Euro) Berücksichtigung.

 

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept sind höchstrichterlich geklärt. Es handelt sich um tatrichterliche Beweiswürdigung für allgemeine Prüfungsmaßstäbe (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris, Rn. 20; Beschluss vom 4. Januar 2022, B 7/14 AS 187/21 B, juris Rn. 4ff.).

Rechtskraft
Aus
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