L 7 R 294/22 ZV

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 5 R 500/18 ZV
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 294/22 ZV
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten ununterbrochenen Tätigkeit in einem Bergbaubetrieb, damit also in Form von erbrachter Berufstreue und Pflichterfüllung, handelte.

 

2. Die künstliche Aufspaltung eines Überleitungsvertrages nach §§ 51, 53 DDR-AGB in einen rechtswirksamen Arbeitsverhältnisbeendigungsteil und einen rechtsunwirksamen Arbeitsverhältnisbegründungsteil ist nicht möglich, da es sich um einen einheitlichen Dreiecksvertrag handelt, der nur insgesamt wirksam oder unwirksam sein kann.

Bemerkung

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Arbeitsentgelt - zusätzliche Belohnungen für Werktätige im Bergbau - Überleitungsvertrag

   
   
 

 

  1. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. Mai 2022 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in Form von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau für die Zuflussjahre 1975 bis 1989 festzustellen, wobei die Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens mit Rechtswidrigkeitsfeststellungsbescheid die Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz wieder aberkannte.

 

Der 1952 geborene Kläger erlernte im Zeitraum von September 1968 bis Oktober 1969 im volkseigenen Betrieb (VEB) Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... den Beruf des Elektromonteurs und ist, nach erfolgreichem Abschluss eines im Zeitraum von November 1969 bis August 1974 absolvierten Hochschulstudiums in der Fachstudienrichtung "Maschinen- und Energietechnik – Gewinnungs- und Aufbereitungsmaschinen" an der Bergakademie D...., seit 13. Mai 1974 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Hochschulingenieur" zu führen; mit Urkunde der Bergakademie D.... vom 6. November 1974 wurde ihm zudem der akademische Grad "Diplomingenieur" verliehen. Er war vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Technologe, Ingenieur für Instandhaltung, Ingenieur im Bereich der technischen Kontrollorganisation (TKO) sowie Ingenieur für Forschung und Entwicklung im VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... beschäftigt, wobei sein Arbeitsverhältnis ab 1. Juni 1990 mit Überleitungsvertrag vom 15. Juni 1990 auf – den Rechtsnachfolgebetrieb – X.... AG D.... Metallhütten und Verarbeitungswerke, die erst am 4. September 1990 ins Handelsregister eingetragen wurde, übergeleitet wurde bzw. werden sollte. Er erhielt zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) keine Versorgungszusage und war nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

 

Am 25. Oktober 2002 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte eine Entgeltbescheinigung der X.... AG in Liquidation vom 19. Dezember 1995 (für den Beschäftigungszeitraum von September 1968 bis Oktober 1969) sowie eine Entgeltbescheinigung der X.... GmbH vom 27. Februar 2002 (für den Beschäftigungszeitraum von September 1974 bis Juni 1990) vor. Den Überführungsantrag lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 29. August 2003 mit der Begründung ab, eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei daher nicht anwendbar. Der VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... sei bereits vor dem 30. Juni 1990 privatisiert worden, sodass der Kläger nicht mehr im Geltungsbereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz tätig gewesen sei. Hiergegen erhob der Kläger am 19. September 2003 Widerspruch mit der Begründung, dass die Privatisierung erst mit Eintragung des Rechtsnachfolgebetriebs in das Handelsregister am 4. September 1990 erfolgt sei. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Oktober 2003 die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (= Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der X.... GmbH vom 27. Februar 2002, fest. Den Ablehnungsbescheid (vom 29. August 2003) hob sie, soweit er entgegenstand, auf.

 

Mit Überprüfungsantrag vom 24. Oktober 2017 (Eingang bei der Beklagten am 1. November 2017) begehrte der Kläger die Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau für die Planjahre 1974 bis 1989 bei den festgestellten Arbeitsentgelten und legte eine Bestätigung des ehemaligen ökonomischen Direktors W.... vom 10. Oktober 2017 sowie arbeitsvertragliche Unterlagen vor.

 

Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. März 2018 ab.

 

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 26. März 2018 (Eingang bei der Beklagten am 26. März 2018) Widerspruch ein und begehrte weiterhin die Anerkennung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau auf der Grundlage der Glaubhaftmachung.

 

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss und die Höhe der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Zufluss und Höhe der zusätzlichen Belohnungen des Einzelnen seien von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der zusätzlichen Belohnungen könne nicht erfolgen. Die allgemeine Zeugenerklärung sei nicht ausreichend.

 

Hiergegen erhob der Kläger am 13. Juni 2018 Klage zum Sozialgericht Chemnitz, begehrte weiterhin die Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau und legte, im Laufe des Verfahrens, weitere arbeitsvertragliche Unterlagen sowie schriftliche Erklärungen der Zeugen Dr. E.... vom 20. November 2018 und D.... vom 14. November 2018 vor.

 

Im Rahmen des Klageverfahrens hört die Beklagten den Kläger mit Schreiben vom 10. September 2021 zur Einleitung eines Rechtswidrigkeitsfeststellungsverfahren an. Daraufhin ordnete das Sozialgericht Chemnitz mit Beschluss vom 28. September 2021 zunächst das Ruhen des Verfahrens an. Aufgrund der eingereichten arbeitsvertraglichen Unterlagen (insbesondere des Überleitungsvertrages vom 15. Juni 1990) prüfte die Beklagte die Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Feststellungsbescheides vom 29. Oktober 2003 und stellte mit Bescheid vom 11. Oktober 2021 fest, dass

  • § 1 AAÜG nicht anwendbar ist,
  • der Feststellungsbescheid vom 29. Oktober 2003, mit dem die Zeiten vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt wurden, rechtswidrig ist, aber nicht zurückgenommen werden kann und
  • kein Anspruch auf Feststellung von höheren Entgelten nach dem AAÜG besteht.

Zur Begründung führte sie aus: Die Voraussetzungen von § 1 AAÜG würden nicht vorliegen, weil für den Kläger weder eine tatsächliche noch eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft bestanden habe. Die betriebliche Voraussetzung für eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft habe nicht vorgelegen, weil der Kläger am 30. Juni 1990 nicht in einem VEB beschäftigt gewesen sei. Sein Arbeitsverhältnis mit dem VEB sei durch den Überleitungsvertrag vom 15. Juni 1990 zum 31. Mai 1990 beendet worden. Ein Arbeitsverhältnis mit der X.... AG habe bis zum 30. Juni 1990 nicht zu Stande kommen können, da die AG erst am 4. September 1990 im Handelsregister eingetragen worden sei. Der Feststellungsbescheid vom 29. Oktober 2003 sei daher fehlerhaft begünstigend und damit rechtswidrig, könne aber (mangels Verschuldens des Klägers und infolge Fristablaufs) nicht zurückgenommen werden, sodass es bei den rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten verbliebe. Weitere Rechte seien aus dem Bescheid allerdings nicht ableitbar, auch nicht im Zuge eines Überprüfungsverfahrens. Daraufhin ordnete das Sozialgericht Chemnitz mit Verfügung vom 19. Oktober 2021 die Fortführung des Verfahrens an.

 

Das Sozialgericht Chemnitz hat – nach Anhörung der Beteiligten mit gerichtlichen Schreiben vom 22. März 2022 – mit Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2022 den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 5. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2018 in der Fassung des Rechtswidrigkeitsfeststellungsbescheides vom 11. Oktober 2021 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Feststellungsbescheid vom 29. Oktober 2003 dahingehend abzuändern, dass weitere Arbeitsentgelte des Klägers für die Zuflussjahre 1975 bis 1989 wegen zu berücksichtigender zusätzlicher Belohnungen für Werktätige im Bergbau im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben jeweils zu 5/6 wie folgt zu berücksichtigen sind: Für die Jahre von 1975 bis 1978 jeweils 8 Prozent des Bruttoentgeltes des jeweiligen Vorjahres und für die Jahre 1979 bis 1989 jeweils 10 Prozent des Bruttoentgeltes des jeweiligen Vorjahres. Zur Begründung hat es ausgeführt: Den Zufluss der begehrten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau habe der Kläger durch die vorgelegten arbeitsvertraglichen Unterlagen sowie die Angaben der Zeugen glaubhaft gemacht. Die Höhe der zusätzlichen Belohnungen sei berechenbar. Der Rechtswidrigkeitsfeststellungsbescheid vom 11. Oktober 2021 sei rechtswidrig, da die betriebliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft im Fall des Klägers vorgelegen habe. Der Kläger sei trotz des Überleitungsvertrages vom 15. Juni 1990 am 30. Juni 1990 im VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... beschäftigt gewesen. Dem Überleitungsvertrag sei zu entnehmen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers ohne zeitliche Lücke fortgesetzt werden sollte. Weder zum 1. Juni 1990, noch am 30. Juni 1990 habe die X.... AG existiert, da diese erst am 4. September 1990 ins Handelsregister eingetragen worden sei. Der Überleitungsvertrag sei damit ins Leere gelaufen.

 

Gegen den am 16. Juni 2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 17. Juni 2022 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren nach Klageabweisung weiterverfolgt. Das Sozialgericht verletze mit seiner Entscheidung die Vorschrift des § 1 Abs. 1 AAÜG und durch die Feststellung zusätzlicher Arbeitsverdienste die Regelungen der §§ 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 AAÜG in Verbindung mit § 48 Abs. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts habe die betriebliche Voraussetzung für eine Feststellung bundesrechtlich fiktiver Zusatzversorgungszeiten am sog. Stichtag 30. Juni 1990 nicht vorgelegen. Rechtsirrig habe das Sozialgericht das Arbeitsrechtsverhältnis des Klägers beim VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... verortet. Dieser Bewertung des Sozialgerichts stehe der Überleitungsvertrag vom 15. Juni 1990 entgegen. Danach sei das Arbeitsrechtsverhältnis des Klägers mit dem VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... mit dem 31. Mai 1990 beendet bzw. aufgelöst gewesen. Die Auflösungsvereinbarung sei wirksam. Versorgungsrechtlich sei es ohne Bedeutung, dass die als neuer Arbeitgeber vorgesehene X.... AG D..../Metallhütten und Verarbeitungswerke zum Zeitpunkt des Abschlusses des Überleitungsvertrages keine wirksamen Verträge habe abschließen können und es deshalb möglicherweise nicht zur Begründung eines neuen Arbeitsvertrages am 1. Juni 1990 gekommen sei. Jedenfalls sei der bisherige Arbeitsvertrag des Klägers mit dem VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... zum 31. Mai 1990 nach den Beendigungstatbeständen des zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Arbeitsrechts der DDR wirksam aufgehoben worden, weshalb der Kläger am 30. Juni 1990 kein Arbeitnehmer des VEB Bergbau und Hüttenwerke "Y...." D.... mehr gewesen sei. Die Beklagte sehe sich in dieser Rechtsauffassung durch die zu gleichgelagerten Sachverhalten ergangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. Juli 2004 (im Verfahren: B 4 RA 4/04 R) und des Landessozialgerichts (LSG) Berlin/Brandenburg vom 23. März 2022 (im Verfahren: L 16 R 315/20) bestätigt.

 

Die Beklagte beantragt,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. Mai 2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

 

Das Gericht hat arbeitsvertragliche Unterlagen vom Kläger angefordert sowie schriftliche Auskünfte der Zeugen Dr. E.... vom 26. Oktober 2022 und D.... vom 9. Dezember 2022 eingeholt.

 

Mit Schriftsätzen vom 16. Dezember 2022 (Beklagte) sowie vom 28. Dezember 2022 (Kläger) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

 

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

 

II.

Die statthafte und zulässige Berufung der Beklagte ist unbegründet, weil das Sozialgericht Chemnitz die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2022 zu Recht verurteilt hat, die dem Kläger in den Jahren 1975 bis 1989 zugeflossenen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe in den austenorierten Höhen festzustellen. Insoweit schließt sich der Senat nach Überprüfung den Gründen im angefochtenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. Mai 2022 an und nimmt darauf zur Vermeidung von überflüssigen Wiederholungen zunächst vollständig Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

 

Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:

 

1.

Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. Mai 2022 entspricht der – den Beteiligten hinlänglich bekannten – ständigen Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, der sich der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts vollinhaltlich angeschlossen hat. Auf die den Beteiligten bekannten und jeweils rechtskräftigen Entscheidungen des 5. und des 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts wird lediglich der Vollständigkeit halber hingewiesen:

 

Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. Mai 2022 entspricht dabei – im Gegensatz zu anderen erstinstanzlichen Entscheidungen – nicht nur im Abstrakten dieser ständigen Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, der sich der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts vollinhaltlich angeschlossen hat, sondern – wenngleich in den Urteilsgründen nur knapp erwähnt – auch im Konkreten. Jedenfalls die erforderlichen Ermittlungsanstrengungen hat das Sozialgericht Chemntiz geleistet. Denn der konkrete Einzelfall – und nur um diesen geht es jeweils – wurde vom Sozialgericht Chemnitz dabei – sowohl was die Ermittlungen als auch was deren Würdigung anbelangt – konkret in den Blick genommen. Im vorliegenden Fall liegen

  1. konkrete arbeitsvertragliche Unterlagen des Klägers vor (Lehrvertrag vom 12. Mai 1966 und Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1973), aus denen sich ergibt, dass der Kläger mit Ankehrdatum vom 1. September 1966 anspruchsberechtigt im Hinblick auf die streitgegenständlichen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau war,
  2. konkrete individuelle Zeugenaussagen vor (schriftliche Bestätigung des Zeugen W.... vom 10. Oktober 2017, schriftliche Erklärungen der Zeugen Dr. E.... vom 20. November 2018 und von D.... vom 24. November 2018), aus denen sich ergibt, dass dem Kläger die streitgegenständlichen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau im Anspruchszeitraum zugeflossen sind, weil er die Bezugsvoraussetzungen (insbesondere kein Aufweisen unentschuldigten Fehlschichten) erfüllte, sowie
  3. arbeitsvertragliche Unterlagen des Klägers vor (Urkunden vom 18. November 1976, vom 13. Juli 1978 und vom 8. September 1981 jeweils über die Verleihung der Ehrentitel "Aktivist der sozialistischen Arbeit" in Würdigung vorbildlicher sozialistischer Arbeit; Urkunde vom 30. November 1979 über die Verleihung des Ehrentitels "Jungaktivist" in Würdigung für hervorragende Leistungen im sozialistischen Wettbewerb), die Auskunft über dessen individuelle Arbeitsleistungen geben und plausibel bestätigen, dass der Kläger die ihm übertragenen Aufgaben stets hervorragend erledigte, sodass sich keinerlei berechtigte Zweifel an der Erfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien aufdrängen und daher Nichtauszahlungen der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau wegen des Aufweisens von unentschuldigten Fehlschichten oder wegen unerträglich schlechter Arbeitsleistungen des Klägers ausgeschlossen sind.

 

Die ergänzend im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen bestätigten diese Fakten. Zwar war die Einholung weiterer Auskünfte vom Zeugen D.... nicht mehr möglich, weil dieser – auf den schriftlichen Fragenkatalog des Senats vom 14. Oktober 2022 – mit Schreiben vom 9. Dezember 2022 (Eingang bei Gericht) mitteilte, infolge seines ausgefallenen Erinnerungsvermögens leider keine Fragen mehr beantworten zu können. Der Zeuge Dr. E.... führte in seiner schriftlichen Auskunft vom 26. Oktober 2022 jedoch weitergehend aus, dass der Kläger als Ingenieur in einem Bergbaubetrieb die zusätzlichen Belohnungen erhielt, weil er hierauf einen gesetzlichen Anspruch hatte und keine unentschuldigten Fehlschichten verfahren hatte. Zudem bestätigte er, dass die zusätzlichen Belohnungen – so wie gesetzlich vorgesehen – jeweils anlässlich des Tages des deutschen Bergarbeiters durch Überweisung auf das Lohnkonto ausgezahlt wurden. Aus den vom Kläger im Berufungsverfahren eingereichten weiteren arbeitsvertraglichen Unterlagen ergibt sich zudem, dass ihm – infolge seiner guten Leistungen – Lohnerhöhungen zu Teil wurden und er sich im Betrieb erfolgreich in das Erfinder- und Patentwesen einbrachte, weshalb die Nichtauszahlung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau wegen des Aufweisens von unentschuldigten Fehlschichten oder wegen unerträglich schlechter Arbeitsleistungen des Klägers ausgeschlossen ist.

 

2.

Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren erneut ausführt, die betriebliche Voraussetzung für eine Feststellung bundesrechtlich fiktiver Zusatzversorgungszeiten am sog. Stichtag 30. Juni 1990 habe im Fall des Klägers nicht vorgelegen, weil das Sozialgericht das Arbeitsrechtsverhältnis des Klägers rechtsirrig beim VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... verortet habe, trifft dieser Einwand nicht zu.

 

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der zutreffenden Bewertung des Sozialgerichts Chemnitz der Überleitungsvertrag vom 15. Juni 1990 nicht entgegen.

 

Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990, und damit Arbeitgeber des Klägers im rechtlichen Sinn – worauf es nach der ständigen Rechtsprechung des BSG allein ankommt (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 6, S. 13; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 49/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 16. März 2006 - B 4 RA 30/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 27/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 7. Dezember 2017 - B 5 RS 1/16 R - JURIS-Dokument, RdNr. 13) – war ausschließlich der VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D..... Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

 

Zwar hatte der Kläger am 15. Juni 1990 mit dem überleitenden Betrieb (dem VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D....) und dem übernehmenden Betrieb (der X.... AG D.... Metallhütten und Verarbeitungswerke) einen Überleitungsvertrag nach §§ 51, 53 des Arbeitsgesetzbuches der DDR (nachfolgend: DDR-AGB) vom 16. Juni 1977 (DDR-GBl. I 1977, Nr. 18, S. 185) mit Wirkung ab 1. Juni 1990 schriftlich vereinbart. Dieser entfaltete jedoch – zumindest bis zum 30. Juni 1990 wegen Unwirksamkeit – (noch) keine Rechtswirkungen, weil der übernehmende Betrieb (die X.... AG D.... Metallhütten und Verarbeitungswerke) noch keine Rechtssubjektqualität aufwies und verbindliche Verträge mangels arbeitsrechtlicher Handlungsfähigkeit noch gar nicht schließen konnte. Zutreffend hat bereits das Sozialgericht Chemnitz darauf hingewiesen, dass dieser Überleitungsvertrag sowohl zum 1. Juni 1990 als auch am 30. Juni 1990 ins Leere ging, weil der übernehmende Betrieb (die X.... AG D.... Metallhütten und Verarbeitungswerke) erst am 4. September 1990 ins Handelsregister eingetragen wurde. Denn als AG wurde die X.... AG D.... Metallhütten und Verarbeitungswerke – ausweislich der vorliegenden Betriebsunterlagen – zwar am 30. Mai 1990 durch Satzung gegründet, erlangte Rechtsfähigkeit aber erst mit Eintragung im Handelsregister (mit der Registernummer: HRB 837) am 4. September 1990 bzw. kraft Gesetzes gemäß §§ 24 Abs. 2, 11 Abs. 2 des "Gesetzes zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz)" vom 17. Juni 1990 (DDR-GBl. 1990 I, Nr. 33, S 300) am 1. Juli 1990. Denn die auf der Grundlage der "Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften" (nachfolgend: Umwandlungsverordnung) vom 1. März 1990 (DDR-GBl. 1990 I, Nr. 14, S. 107) eingeleitete Umwandlung wurde durch § 11 Abs. 2 des "Gesetzes zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz)" vom 17. Juni 1990 (DDR-GBl. 1990 I, Nr. 33, S 300) mit Wirkung zum 1. Juli 1990 kraft Gesetzes überholt, sodass die spätere Registereintragung der aus der Umwandlung entstandenen Kapitalgesellschaft im Aufbau keine konstitutive, sondern nur noch deklaratorische Bedeutung hatte (vgl. dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 41; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 36; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 36). Weil die X.... AG D.... Metallhütten und Verarbeitungswerke im Zeitpunkt des Vertragsschlusses des Überleitungsvertrages am 15. Juni 1990 damit noch keine juristische Person war und somit noch keine Rechtssubjektqualität aufwies, fehlte ihr die arbeitsrechtliche Handlungsfähigkeit (vgl. dazu: Kunz/Thiel, „Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch“, 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 124). Sie konnte zu diesem Zeitpunkt daher (noch) keine (übereinstimmenden) Willenserklärungen im Sinne des § 41 Abs. 1 DDR-AGB abgegeben, was jedoch Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss eines Überleitungsvertrages ist (vgl. dazu: Kirschner/Michas, „Abschluß, Änderung und Auflösung des Arbeitsvertrages“ [= Heft 2 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 2. Auflage, 1989, Verlag Tribüne Berlin, S. 59). Der Überleitungsvertrag war daher infolge der rechtshindernden Einwendung der fehlenden arbeitsrechtlichen Handlungsfähigkeit der X.... AG D.... Metallhütten und Verarbeitungswerke von Anfang (mindestens schwebend) unwirksam.

 

Die von der Beklagten mit ihrer Argumentation herbeigeredete künstliche Aufspaltung des Überleitungsvertrages vom 15. Juni 1990 in einen angeblich rechtswirksamen Arbeitsverhältnisbeendigungsteil (Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit dem VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... zum 31. Mai 1990) und einen angeblich rechtsunwirksamen Arbeitsverhältnisbegründungsteil (Begründung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der X.... AG D.... Metallhütten und Verarbeitungswerke ab 1. Juni 1990) widerspricht nicht nur dem dokumentierten Willen der Vertragsparteien des Überleitungsvertrages, sondern auch dem Wesen des Überleitungsvertrages. Denn zum einen hatte das Sozialgericht Chemnitz bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Wille der Vertragsparteien des Überleitungsvertrages darauf gerichtet war, das Arbeitsverhältnis des Klägers nahtlos, also ohne zeitliche Lücke, fortzuführen, wie sich unzweideutig aus dem Überleitungsvertrag ergibt. Und zum anderen verkennt die Beklagte, dass es sich beim Überleitungsvertrag um einen sog. spezifischen Dreiecksvertrag handelt, bei dem sich die (endgültige) Auflösung des bisherigen Arbeitsvertrages und der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages miteinander vereinen (Kunz/Thiel, „Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch“, 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 139). Die Rechtshandlungen der Vertragspartner beim Überleitungsvertrag sind nämlich auf die (definitive und unbedingte) Beendigung des bisherigen Arbeitsrechtsverhältnisses (Vereinbarung zwischen dem bisherigen Betrieb und dem Werktätigen) und auf die (gleichfalls definitive und unbedingte) Begründung eines neuen Arbeitsrechtsverhältnisses (Vereinbarung zwischen dem neuen Betrieb und dem Werktätigen) gerichtet (Kirschner/Michas, „Abschluß, Änderung und Auflösung des Arbeitsvertrages“ [= Heft 2 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 2. Auflage, 1989, Verlag Tribüne Berlin, S. 59). Der Überleitungsvertrag enthält damit beide Vereinbarungen, was bedeutet, dass er nur "in der Einheit beider Bestandteile besteht" bzw. bestehen kann (Kirschner/Michas, „Abschluß, Änderung und Auflösung des Arbeitsvertrages“ [= Heft 2 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 2. Auflage, 1989, Verlag Tribüne Berlin, S. 59), zumal die Vereinigung beider Rechtshandlungen (Auflösung des bisherigen Arbeitsvertrages und Begründung eines neuen Arbeitsvertrages) zu einem Vertragsschluss "zu einer neuen Qualität hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Verträge führte" (Kunz/Thiel, „Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch“, 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 139). Sinn und Zweck des Überleitungsvertrages war es nämlich, dass "der Werktätige ohne zeitliche Unterbrechung, also unmittelbar, in ein neues Arbeitsrechtsverhältnis eintritt" (Kirschner/Michas, „Abschluß, Änderung und Auflösung des Arbeitsvertrages“ [= Heft 2 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 2. Auflage, 1989, Verlag Tribüne Berlin, S. 57). Mit dem Überleitungsvertrag sollte daher gerade die ununterbrochene Tätigkeit des Werktätigen durch Rechtshandlungen von zwei Betrieben und dem Werktätigen selbst gesichert werden (Kunz/Thiel, „Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch“, 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 139). Als dreiseitiger Vertrag lässt er sich damit nicht in einen rechtswirksamen Beendigungsteil und einen rechtsunwirksamen Begründungsteil aufspalten. Er kann lediglich insgesamt wirksam oder unwirksam sein, weil er "nur als Einheit seiner Bestandteile, nämlich Aufhebungsvertrag und Arbeitsvertrag, zustande kommen und wirksam werden kann" (Kirschner/Michas, „Abschluß, Änderung und Auflösung des Arbeitsvertrages“ [= Heft 2 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 2. Auflage, 1989, Verlag Tribüne Berlin, S. 60). Vor diesem Hintergrund kann die Argumentation der Beklagten, das Arbeitsrechtsverhältnis des Klägers mit dem VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Y...." D.... sei mit dem 31. Mai 1990 beendet bzw. aufgelöst gewesen, weil die Auflösungsvereinbarung wirksam sei, sodass es versorgungsrechtlich ohne Bedeutung sei, dass die als neuer Arbeitgeber vorgesehene X.... AG D.... Metallhütten und Verarbeitungswerke zum Zeitpunkt des Abschlusses des Überleitungsvertrages keine wirksamen Verträge habe abschließen können und es deshalb möglicherweise nicht zur Begründung eines neuen Arbeitsvertrages am 1. Juni 1990 gekommen sei, nicht überzeugen.

 

Soweit die Beklagte zudem ausführt, sie sehe sich in ihrer Rechtsauffassung durch die zu gleichgelagerten Sachverhalten ergangenen Entscheidungen des BSG vom 29. Juli 2004 (im Verfahren: B 4 RA 4/04 R) und des LSG Berlin/Brandenburg vom 23. März 2022 (im Verfahren: L 16 R 315/20) bestätigt, führt dieser Einwand zu keiner anderen Bewertung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage, weil sie die jeweiligen Einzelfallumstände komplett verkennt. Die Entscheidung des BSG vom 29. Juli 2004 (im Verfahren: B 4 RA 4/04 R) ist zwischenzeitlich – wie die Beklagte sehr wohl weiß – rechtlich überholt. Denn in dem Urteil vom 29. Juli 2004 (im Verfahren: B 4 RA 4/04 R) ging das BSG noch davon aus, es sei versorgungsrechtlich ohne Bedeutung, wenn eine Kapitalgesellschaft erst nach dem 30. Juni 1990 in das Handelsregister eingetragen worden sei. Es habe ein Nebeneinander von VEB und Kapital-Vorgesellschaft bestanden (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 4/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21 und 22). Hiervon ist das BSG inzwischen ausdrücklich abgerückt und hat klargestellt, dass

(BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 44; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 39; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 39; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 39). Die Entscheidung des LSG Berlin/Brandenburg vom 23. März 2022 (im Verfahren: L 16 R 315/20) verhält sich zur im konkreten Fall vorliegenden Konstellation nicht, betraf den Fall einer Überleitung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung ab 1. Juni 1990 in eine Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH), die ohnehin nicht die betriebliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft erfüllen kann, und verkennt – soweit die PGH im dortigen Fall bis 30. Juni 1990 keine Rechtsfähigkeit erlangt haben sollte (was sich aus der Entscheidung, die an der entscheidenden Stelle im Konjunktiv abgefasst ist, nicht hinreichend erschließt) – das Wesen des Überleitungsvertrages als dreiseitigen Vertrag, der "nur als Einheit seiner Bestandteile, nämlich Aufhebungsvertrag und Arbeitsvertrag, zustande kommen und wirksam werden kann" (Kirschner/Michas, „Abschluß, Änderung und Auflösung des Arbeitsvertrages“ [= Heft 2 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 2. Auflage, 1989, Verlag Tribüne Berlin, S. 60).

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Sie berücksichtigt Anlass, Verlauf und Ergebnis des Rechtsstreits.

 

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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