Eine Feststellungsklage ist zulässig zur Klärung der Geltung einer früher erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht für weitere Tätigkeiten. "Dieselbe" Beschäftigung i.S.v. § 231 Abs. 1 SGB VI liegt nur vor bei Identität zwischen der ursprünglich bei der Befreiung ausgeübten und der aktuellen Tätigkeit. Dies ist nicht gegeben bei einer Befreiung für eine Verbandstätigkeit und der späteren Ausübung einer Tätigkeit als Berufsschullehrer. Für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI reicht es nicht aus, dass jemand Pflichtmitglied in einer Kammer oder einem berufsständischen Versorgungswerk ist und entsprechende Beiträge entrichtet. Vielmehr muss ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zu zwei Versicherungsverhältnisse führen. Übt ein Rechtsanwalt zusätzlich eine Tätigkeit als Berufsschullehrer aus, handelt es sich um eine berufsfremde Tätigkeit, die nicht zur Mitgliedschaft in der Kammer oder dem Versorgungswerk führt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten, auch der Beigeladenen, sind in beiden Rechtzügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger für eine neben seiner selbständigen Anwaltstätigkeit ausgeübten Tätigkeit als Lehrer an Berufsschulen des Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist bzw. zu befreien ist sowie die Erstattung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Der 1957 geborene Kläger ist seit 24.05.1991 bei der Rechtsanwaltskammer T als Rechtsanwalt zugelassen und seit 01.06.1991 Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg, des Beigeladenen zu 2.
Aufgrund seiner ab März 1991 abhängig ausgeübten Beschäftigung beim Verband der Metall- und Elektroindustrie (VdMEI) beantragte er am 26.06.1991 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), woraufhin diese ihn mit Bescheid vom 10.12.1991 ab 01.06.1991 von der Versicherungspflicht befreite. In dem Bescheid führte die BfA u.a. aus, die Befreiung sei grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstrecke sich auch auf andere versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus auf längstens ein Jahr zeitlich begrenzt seien und insoweit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung gezahlt würden. Die Beschäftigung beim VdMEI endete zum 31.01.1992 und im Anschluss war der Kläger nach seinen Angaben von Februar 1992 bis Mai 1997 als freier Mitarbeiter mit eigenen Mandanten in der Rechtsanwaltskanzlei B und Kollegen, C, tätig (Bl. 104 Sozialgerichts[SG]-Akte). Ab Juni 1997 war der Kläger als selbständiger Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei (Bl. 66 SG-Akte) und seit 2018 ist er als Rechtsanwalt in Bürogemeinschaft in der Kanzlei L & K-B, C, tätig (Bl. 65 und Bl. 104 SG-Akte).
Bereits seit 23.09.2001 war der Kläger neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt als Lehrer im Angestelltenverhältnis für den Beigeladenen zu 1. tätig. Nach seinen Angaben war er zunächst mehrmals befristet und ab 24.09.2004 unbefristet an der H-G-Schule, C, beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag vom 24.09.2004 unterrichtete der Kläger vier Unterrichtsstunden wöchentlich (Regelstundenmaß 25 Unterrichtsstunden wöchentlich) und wurde nach der Vergütungsgruppe IIa Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) entlohnt (Bl. 3 VerwA). Ab 15.10.2014 war der Kläger zusätzlich an der W-S-Schule, T, im Umfang von sechs Unterrichtsstunden wöchentlich (Regelstundenmaß 25 Unterrichtsstunden wöchentlich) beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag vom 09.10.2014 handelte es sich hierbei um eine bis zum 29.07.2015 befristete Tätigkeit als Kranken-, Mutterschutz- und Elternzeitvertretung und die Vergütung erfolgte nach der Entgeltgruppe 12 Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) (Bl. 4 VerwA). Nach Angaben des Klägers wurde diese Beschäftigung mehrmals befristet verlängert und endete schließlich im Februar 2017 (Bl. 104 SG-Akte).
Der Beigeladene zu 1. entrichtete durch das zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) für die Beschäftigungen des Klägers bis zum 31.12.2014 Beiträge an den Beigeladenen zu 2. Mit Schreiben vom 02.02.2015 teilte der Beigeladene zu 1. dem Kläger mit, dass zukünftig beabsichtigt sei, die Beitragszahlungen ab 01.01.2015 an den Beigeladenen zu 2. einzustellen und den Kläger bei der Beklagten anzumelden (Bl. 6 VerwA). Er führte hierzu aus, aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu den sogenannten „Syndikusanwälten“ sei die Rentenversicherungspflicht des Klägers neu zu beurteilen. Es liege kein aktueller Befreiungsbescheid vor und der Befreiungsbescheid vom 10.12.1991 beschränke sich auf die zum Zeitpunkt der damaligen Antragstellung ausgeübte Beschäftigung.
Mit Schreiben vom 02.03.2015 (Eingang bei der Beklagten am 05.03.2015) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht für seine beiden Lehrtätigkeiten (Bl. 1 ff. VerwA).
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17.03.2015 den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) für die am 24.09.2004 aufgenommene Beschäftigung als Lehrer an der H-G-Schule und die am 15.10.2014 aufgenommene Beschäftigung als Lehrer an der W-S-Schule ab. Sie führte zur Begründung aus, aufgrund seiner Tätigkeiten als Lehrer sei eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht möglich, da diese weder zu einer Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer noch bei dem Beigeladenen zu 2. geführt habe und er insoweit nicht als Rechtsanwalt tätig werde. Zudem komme auch eine Erstreckung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI nicht in Betracht, da eine aktuelle Befreiung, die sich auf die Tätigkeit als Lehrer erstrecken könne, nicht vorliege.
Hiergegen legte der Kläger am 20.04.2015 Widerspruch ein und trug u.a. unter Verweis auf den Bescheid vom 10.12.1991 vor, dass er aufgrund seiner Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen zu 2. seit 1991 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei (Bl. 18 ff. VerwA). Entsprechend habe der Beigeladene zu 1. bis 31.12.2014 die Beiträge an den Beigeladenen zu 2. entrichtet.
Am 29.03.2016 beantragte der Kläger zudem die rückwirkende Befreiung seiner Lehrtätigkeit an der H-G-Schule von der Rentenversicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung seit 23.09.2001 sowie die Erstattung zu Unrecht gezahlter Pflichtbeiträge (Bl. 24 und Bl. 27 ff. VerwA).
Zudem beantragte der Kläger mit Schreiben vom 27.03.2016 für seine Lehrtätigkeit die Zulassung als Syndikusanwalt bei der Rechtsanwaltskammer T (Bl. 36 VerwA) und trug vor, ihm sei seitens der Rechtsanwaltskammer T mündlich mitgeteilt worden, dass nicht beabsichtigt sei, dem Antrag auf Zulassung als Syndikusanwalt stattzugeben (Bl. 40 VerwA).
Mit Bescheid vom 24.04.2017 lehnte die Beklagte die rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die am 23.09.2001 aufgenommene Beschäftigung als Lehrer ab, da die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und auch für eine rückwirkende Befreiung gemäß § 231 Abs. 4b SGB VI mangels Zulassung als Syndikusanwalt nicht vorlägen (Bl. 45 ff. VerwA). Die Voraussetzungen für die Erstattung zu Unrecht entrichteter Pflichtbeiträge seien nicht gegeben. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 23.05.2017 Widerspruch ein.
Die Beklagte wies die Widersprüche gegen die Bescheide vom 17.03.2015 und 24.04.2017 mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2017 zurück.
Am 07.08.2017 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte setze seine Lehrtätigkeit mit der Tätigkeit eines Syndikusanwalts gleich und wolle die Befreiung nur erteilen, wenn eine entsprechende Zulassung als Syndikusanwalt erteilt worden sei. Eine Entscheidung über seinen Antrag auf Zulassung sei durch die Rechtsanwaltskammer T nicht ergangen. Zudem habe er Bestandsschutz, da der Beigeladene zu 1. ihn seit Beginn seiner Lehrertätigkeit als von der Versicherungspflicht befreit behandelt und die Beiträge an den Beigeladenen zu 2. abgeführt habe, sodass die nunmehr angenommene Versicherungspflicht massiv in seine versorgungsrechtliche Situation eingreife.
Die Beklagte hat an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten und auf die angefochtenen Entscheidungen verwiesen.
Der Beigeladene zu 2. hat vorgetragen, sofern der Befreiungsbescheid aus dem Jahr 1991 noch weitergelten würde bzw. bisher nicht zurückgenommen worden sei, so sei dem Antrag des Klägers auf Befreiung stattzugeben.
Mit Urteil vom 29.11.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei den streitigen Tätigkeiten des Klägers als Lehrer handele es sich um versicherungspflichtige Beschäftigungen nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Lehrtätigkeit des Klägers keine berufsspezifische anwaltliche Tätigkeit sei, die eine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte vermitteln würde. Als Rechtsanwalt sei der Kläger gemäß § 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) unabhängiges Organ der Rechtspflege und mit der Regelung von Rechtsangelegenheiten betraut. Die Tätigkeit als Lehrer an Berufsschulen des Beigeladenen zu 1. sei hingegen eine reine Lehrtätigkeit. Auch wenn die praktischen Erfahrungen eines Rechtsanwalts von Nutzen seien, sei die Zulassung als Rechtsanwalt nicht Voraussetzung für die Lehrtätigkeit gewesen. Der Kläger sei in seinen Tätigkeiten als Berufsschullehrer auch nicht in erweiternder Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI von der Versicherungspflicht zu befreien. Es fehle bereits an einem vorliegenden Befreiungstatbestand, der auf die Tätigkeit als Lehrer erstreckt werden könnte, denn jedenfalls stelle § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI keinen eigenständigen Befreiungstatbestand dar, sondern setze einen solchen voraus. Hinsichtlich der freiberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt sei der Kläger ohnehin nicht versicherungspflichtig, sodass es keiner Befreiung von der Versicherungspflicht bedürfe. Zudem sei der Kläger auch nicht aufgrund des Bescheides vom 10.12.1991 von der Versicherungspflicht befreit, denn es handele sich bei den nunmehr streitigen Tätigkeiten als Lehrer nicht um dieselbe Beschäftigung wie die anwaltliche (Syndikus-)Tätigkeit für die VdMEI. Die vorzunehmende Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont des Bescheides vom 10.12.1991 ergebe, dass die Befreiungsregelung nicht uneingeschränkt gegolten habe, sondern nur für die jeweilige Beschäftigung, die demjenigen die Mitgliedschaft im Versorgungswerk vermittelt habe. Dies sei bei der nicht anwaltlichen Tätigkeit als Lehrer nicht der Fall. Zudem beschränke der Bescheid vom 10.12.1991 die Befreiungswirkung auf andere Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus auf längstens ein Jahr begrenzt seien und insoweit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung gezahlt würden. Daher seien die Befreiungsvoraussetzungen für die ab 24.09.2004 unbefristet ausgeübte Tätigkeit nicht mehr erfüllt gewesen. Dies gelte auch für die zuvor - zum Teil auf einen Zeitraum von unter einem Jahr befristeten - Beschäftigungsverhältnisse des Klägers mit dem Beigeladenen zu 1., da es sich insoweit um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis handele, ohne dass es auf die arbeitsvertragliche Gestaltung ankäme. Insoweit sei auch unbeachtlich, dass nach Ansicht des Klägers seine Versorgungssituation massiv beeinträchtigt sei, da es aufgrund verschiedener Tätigkeiten zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen kommen könne. Schließlich sei der Kläger auch nicht nach § 231 Abs. 4b SGB VI i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht zu befreien, da die Lehrtätigkeit offensichtlich keine anwaltliche Tätigkeit als Syndikusanwalt im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO darstelle. Daher seien auch die hilfsweise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage sowie der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der geleisteten Beiträge nicht erfolgreich.
Gegen das ihm am 24.01.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.02.2019, einem Montag, Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, es seien bis Ende 2014 für vierzehn Jahre Beiträge an den Beigeladenen zu 2. entrichtet worden. In dieser Zeit hätten weder die Beklagte noch der Beigeladene zu 1. die Einstufung als versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse beanstandet, sodass - auch unter Berücksichtigung seiner zukünftig an den Beigeladenen zu 2. zu entrichtenden Beiträge - ihm Vertrauensschutz auf den Fortbestand seiner von der Versicherungspflicht befreiten Lehrtätigkeiten zu gewähren sei. Insoweit sei aufgrund des langen Zeitraums, in dem die Lehrtätigkeit als von der Versicherungspflicht befreit eingestuft worden sei, Verwirkung eingetreten. Des Weiteren wirke auch der Befreiungsbescheid vom 10.12.1991 weiter und auch aus den Bescheiden des Beigeladenen zu 2. über seine Pflichtmitgliedschaft ergebe sich die „Versicherungsfreiheit“ gegenüber der Beklagten. Seine als Anwalt bestehende „Versicherungsfreiheit“ in der gesetzlichen Rentenversicherung wirke sich gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf anderweitige befristete Arbeitsverhältnisse aus, da er Beiträge an den Beigeladenen zu 2. zahle. Es habe sich bei der Tätigkeit an der W-S-Schule um befristete Arbeitsverhältnisse gehandelt, sodass die Befreiung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI zu erteilen sei. Gleiches gelte auch für die befristeten Arbeitsverhältnisse an der H-G-Schule vom 23.09.2001 bis 22.09.2004. Es handele sich bei der Tätigkeit als Lehrer durchaus auch um eine berufsspezifische anwaltliche Tätigkeit. Im Übrigen habe er im streitigen Zeitraum teilweise eigene Mitarbeiter beschäftigt, was gegen die Versicherungspflicht für Lehrer spreche.
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2018 und die Bescheide der Beklagten vom 17.03.2015 und 24.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2017 aufzuheben und festzustellen, dass er aufgrund des Bescheides vom 10.12.1991 für seine Lehrtätigkeit an der H-G-Schule ab 23.09.2001 und an der W-S-Schule vom 15.10.2014 bis 28.02.2017 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist,
hilfsweise die Bescheide der Beklagten vom 17.03.2015 und 24.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für seine Lehrtätigkeit an der H-G-Schule ab 23.09.2001 und an der W-S-Schule vom 15.10.2014 bis 28.02.2017 die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erteilen,
und die zu Unrecht ab 01.01.2015 gezahlten Pflichtbeiträge zu erstatten sowie hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Der Kläger habe nach der ständigen Rechtsprechung des BSG als Rechtsanwalt, der bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber beschäftigt sei, keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für diese Beschäftigung. Zudem habe der Kläger auch keinen Anspruch auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für seine Tätigkeit als Lehrer, da er insoweit die Voraussetzungen eines Syndikusanwalts nicht erfülle und auch eine entsprechende bestandskräftige Zulassung als Syndikusanwalt nicht vorliege. Zudem komme eine Erstreckung der Befreiung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI nicht in Betracht, da es bereits an einer Befreiung mangele, welche sich auf die Beschäftigung als Lehrer erstrecken könne, was diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut, ihrer systematischer Stellung und ihrem Sinn und Zweck voraussetze. Denn dem Kläger sei für seine selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt zu keiner Zeit ein Befreiungsbescheid erteilt worden und ihm könne auch ein solcher nicht erteilt werden, da er in dieser Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege. Zudem sei § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auch nicht erweiternd über den Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen, dass eine Befreiung von der Versicherungspflicht für eine Nebentätigkeit zu gewähren sei, wenn der Betroffene eine nicht versicherungspflichtige Haupttätigkeit ausübe, welche bei angenommener Versicherungspflicht grundsätzlich eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nach sich zöge. Der Befreiungsbescheid vom 10.12.1991 entfalte für die Tätigkeit des Klägers als Lehrer ab 23.09.2001 keine Wirkung, ohne dass es einer Aufhebung oder Rücknahme des Bescheides bedurft hätte. Denn ein Befreiungsbescheid werde jeweils für die konkrete Beschäftigung oder Tätigkeit erteilt und verliere spätestens mit Aufgabe dieser Beschäftigung seine Wirkung, also im Falle des Klägers Ende Januar 1992.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Der Beigeladene zu 2. hat ausgeführt, es sei zu prüfen, ob ggf. aufgrund der Ausführungen im Bescheid vom 10.12.1991 dem Kläger falsche Hinweise erteilt worden seien, die einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nach sich zögen.
Der Kläger hat schließlich noch ein Anerkenntnis der Beklagten vom 01.10.2021 im vor dem SG Berlin anhängig gewesenen Verfahren S 73 KR 1248/17 - betreffend die Versicherungspflicht in der Gesamtsozialversicherung aufgrund abhängiger Beschäftigung bzw. Versicherungsfreiheit wegen selbständiger Tätigkeit im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buchs (SGB IV) für eine Tätigkeit beim Internationalen Bund Gesellschaft für interdisziplinäre Studien mbH vorgelegt (Bl. 55 Senatsakte), bei dem der Kläger beigeladen gewesen ist und hat vorgetragen, eine Klageabweisung sei nun nicht mehr gerechtfertigt.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgesetzgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 17.03.2015 und 24.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 10.07.2017. Mit Bescheid vom 17.03.2015 hat die Beklagte den am 05.03.2015 gestellten Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht für seine Tätigkeiten als Berufsschullehrer an der H-G-Schule seit 24.09.2004 und an der W-S-Schule seit 15.10.2014 abgelehnt. Der weitere Bescheid vom 24.04.2017 hat darüber hinaus den am 29.03.2016 gestellten Antrag des Klägers auf rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusanwalt für die Lehrtätigkeit an der H-G-Schule ab 23.09.2001 nach § 231 Abs. 4b SGB VI in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sowie die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Kläger zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage, soweit er die Befreiung für seine Lehrtätigkeiten aus dem Befreiungsbescheid vom 10.12.1991 herleiten will (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG; vgl. BSG 23.09.2020, B 5 RE 6/19 R, Rn. 12, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris). Denn das Begehren des Klägers zielte von Anfang an darauf ab, dass die Beklagte die Wirksamkeit der ihm im Bescheid der BfA vom 10.12.1991 erteilten Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die seit 23.09.2001 bei dem Beigeladenen zu 1. ausgeübten Lehrtätigkeiten feststellt. Dies ergibt sich aus den Schreiben des Klägers, der darauf hingewiesen hat, dass der Beigeladene zu 1. bisher die Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid vom 10.12.1991 - betreffend seine Beschäftigung beim VdMEI - auch für die Lehrtätigkeit ab 23.09.2001 zu Grunde gelegt hat. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte in den angegriffenen Bescheiden ausschließlich mit der seit 23.09.2001 ausgeübten Lehrtätigkeiten befasst hat (vgl. BSG 16.06.2021, B 5 RE 4/20 R, Rn.17). Ferner ist die hilfsweise erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bezüglich der Verpflichtung der Beklagten, ihn von der Versicherungspflicht zu befreien zulässig (§ 54 Abs. 1 SGG, vgl. BSG 03.04.2014, B 5 RE 13/14, Rn. 14; 31.10.2012, B 12 R 5/10 R, Rn. 15).
Die Berufung ist im Hauptantrag indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Befreiungsbescheid vom 10.12.1991 hat keine Wirkung mehr für die Beschäftigungen als Lehrer ab 23.09.2001 an der H-G-Schule und vom 15.10.2014 bis 28.02.2017 an der W-S-Schule, sondern hat sich mit Aufgabe der Beschäftigung bei VdMEI erledigt.
Rechtsgrundlage für die Feststellung der Reichweite der ursprünglichen Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Nach dieser Bestimmung bleiben Personen, die am 31.12.1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, in derselben Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit von der Versicherungspflicht befreit.
Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, weil die für die Anwendung dieser Norm notwendige Identität („derselben“) zwischen der ursprünglichen Beschäftigung beim VdMEI - die der erteilten Befreiung von der Rentenversicherungspflicht mit Bescheid vom 10.12.1991 zu Grunde lag - und der ab 23.09.2001 ausgeübten Beschäftigung als Lehrer nicht gegeben ist. Denn § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI knüpft für die fortdauernde Wirkung einer früheren Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung an die konkrete Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit an und fordert eine „Identität“ der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit, die während der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht verrichtet wurde, mit der aktuellen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ordnet die Fortwirkung einer vor dem 01.01.1992 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht nur hinsichtlich „derselben“ Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit an. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich durch die Verwendung des Merkmals „derselben“ die Notwendigkeit eines Vergleichs und als dessen Ergebnis eine Identität zwischen der ursprünglichen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit und der aktuellen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit. Diese Fokussierung auf die konkrete Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit entspricht der durch § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI auf die „jeweilige“ Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkten Wirkung einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Darüber hinaus ist dem Wortlaut des § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI zu entnehmen, dass Anknüpfungspunkt für das Fortbestehen einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung allein die (jeweilige) „Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit“ des Betroffenen ist. Der Gesetzeswortlaut definiert die Fortwirkung einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht über materielle Merkmale der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflicher Status. „Beschäftigung“ wiederum wird in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV als „nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“ definiert und in Abs. 1 Satz 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers. Eine andere Beschäftigung liegt damit schon dann vor, wenn eine Beschäftigung - wie im Fall des Klägers durch Aufnahme der Lehrtätigkeit beim Beigeladenen zu 1. - bei einem anderen Arbeitgeber aufgenommen wird (vgl. BSG 05.12.2017, B 12 KR 11/15 R, m.w.N.; 31.10.2012, B 12 R 5/10 R).
Sofern die Voraussetzungen des § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI durch den Wechsel der Tätigkeit nicht mehr vorliegen, so ist Rentenversicherungspflicht in der nunmehr ausgeübten Beschäftigung kraft Gesetzes eingetreten. Die Befreiungsbescheide brauchen insoweit auch bei Befreiungen, die vor dem 01.01.1992 nach § 7 Abs. 2 AVG ausgesprochen worden sind, nicht aufgehoben zu werden, sondern sie haben sich auf sonstige Weise gemäß § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (vgl. BSG 16.06.2021, B 5 RE 4/20 R; 23.09.2020, B 5 RE 6/19 R; 22.03.2018, B 5 RE 5/16 R; 13.12.2018, B 5 RE 1/18 R und B 5 RE 3/18; 05.12.2017, B 12 KR 11/15 R).
Entgegen der Auffassung des Klägers kann der Bescheid vom 10.12.1991 auch nicht so verstanden werden, dass nachfolgende Beschäftigungen von der Versicherungspflicht befreit sind. Denn bei der mit Bescheid vom 10.12.1991 gemäß § 7 Abs. 2 AVG erteilte Befreiung handelt es sich nicht um eine personenbezogene Befreiung von der Versicherungspflicht, sondern diese ist auf die jeweilige Tätigkeit beschränkt. Das BSG hat bereits mehrfach klargestellt, dass eine in dem damals üblichen Formularbescheid ausgesprochene Befreiung nur die im zugrundeliegenden Antrag bezeichnete Beschäftigung betraf und deshalb tätigkeitsbezogen war (BSG 22.03.2018, B 5 RE 5/16 R, Rn. 31 ff.; 16.06.2012, B 5 RE 4/20; 13.12.2018, B 5 RE 1/18 R, Rn. 48 ff.). Einen entsprechenden Formularbescheid hatte die BfA auch hier bezüglich der damaligen Beschäftigung bei der VdMEI erlassen. Bei der Auslegung von Verwaltungsakten, also Verfügungssätzen i.S. des § 31 SGB X, ist in Anwendung der für Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) vom objektiven Sinngehalt ihrer Erklärungen auszugehen, wie sie Empfänger und ggf. Drittbetroffene bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen mussten und durften. Maßgebend ist demnach der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (§ 133 BGB), wobei alle Zusammenhänge zu berücksichtigen sind, die die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezog (BSG 03.04.2014, B 2 U 25/12 R, m.w.N.; 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen für die Auslegung von formularmäßigen Befreiungsbescheiden ist ein Verfügungssatz bzw. eine Regelung und damit ein Verwaltungsakt allein im Eingangssatz des Formularbescheides in Verbindung mit den ihm unmittelbar folgenden und ihn konkretisierenden (umrandeten) Ausführungen zum betroffenen Beschäftigungsverhältnis sowie zum Beginn der Befreiung enthalten. Die weiteren Angaben insbesondere zur Dauer und zum Widerruf der Befreiung sind lediglich erläuternde Hinweise zu der getroffenen Befreiungsentscheidung (st. Rspr.; vgl. BSG 16.06.2021, B 5 RE 4/20 R; 13.12.2018, B 5 RE 1/18 R; 22.03.2018, B 5 RE 5/16 R; 05.12.2017, B 12 KR 11/15 R, Rn. 24; 31.10.2012, B 12 R 5/10 R; 22.10.1998, B 5/4 RA 80/97 R; 30.04.1997, 12 RK 34/96; 07.11.1991, 12 RK 49/89). Das kommt sowohl in der äußeren Gestaltung der im Bescheid enthaltenen Ausführungen als auch in deren Inhalt zum Ausdruck. Durch die Umrandung der Verlautbarungen zu dem Eingangsdatum des Befreiungsantrags, dem Beginn des Beschäftigungsverhältnisses und dem Beginn der Befreiung werden diese von den nachfolgenden Erklärungen abgehoben und ihnen dadurch eine besondere Bedeutung beigemessen. Allein sie sind individuell auf den Kläger und damit auf den Einzelfall bezogen (vgl. § 31 Satz 1 SGB X), während die übrigen Ausführungen insbesondere zur Dauer der Befreiung und zum Widerruf allgemein gefasst sind und schon damit als bloße Hinweise ausgewiesen werden (BSG 16.06.2021, B 5 RE 4/20 R, Rn. 20 f.). Die Beschäftigungsbezogenheit des Befreiungsbescheides vom 10.12.1991 ergibt sich daher unter Hinzuziehung des Antrages vom 26.06.1991 insbesondere aus der Angabe des Arbeitgebers, dem Beginn der abhängigen Beschäftigung und der Befreiung bei der der VdMEI sowie die Begrenzung der Befreiung auf die „jeweilige“ Beschäftigung.
Auch der Hilfsantrag ist unbegründet, denn die Beklagte hat zutreffend eine Befreiung von der Versicherungspflicht für die ab 23.09.2001 - nicht geringfügig - ausgeübten Lehrtätigkeiten abgelehnt. Denn es reicht für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht aus, dass jemand Pflichtmitglied in einer Kammer oder einem berufsständischen Versorgungswerk ist und entsprechende Beiträge entrichtet. Vielmehr kommt eine Befreiung nur in Betracht, wenn ein und dieselbe Erwerbstätigkeit gleichzeitig zu zwei Versicherungsverhältnissen führt, also zur Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung und zusätzlich zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer (BSG 28.06.2018, B 5 RE 2/17 R). Zudem ist es grundsätzlich auch notwendig, dass eine berufsspezifische und nicht etwa eine berufsfremde Tätigkeit ausgeübt wird, denn eine tätigkeitsbezogene Befreiung kommt nur in Betracht, wenn und solange ein Arbeitnehmer tatsächlich solchen Tätigkeiten nachgeht, die dem Berufsbild derjenigen Selbständigen entsprechen, die der berufsständischen Kammer als Pflichtmitglieder angehören (Segebrecht in Kreikebohm/Roßbach, SGB VI, 6. Aufl. 2021, § 6 Rn. 26a). Entgegen der nunmehr seitens des Klägers vertretenen Auffassung handelt es sich bei der Tätigkeit als Berufsschullehrer - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - um keine berufspezifische Tätigkeit eines Rechtsanwalts, sondern um eine berufsfremde Tätigkeit. Eine solche reine Lehrtätigkeit ist keine rechtsanwaltliche Tätigkeit, sondern eine Tätigkeit der Lehre (vgl. LSG Baden-Württemberg 23.09.2021, L 7 R 936/18, Bayerisches LSG 20.04.2021, L 13 R 508/12 und LSG Baden-Württemberg 27.02.2018, L 13 R 4156/16). Die Tätigkeit als Berufsschullehrer für sich genommen führt nicht zur Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk oder einer berufsständischen Kammer, sodass schon die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht erfüllt sind.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren weiterhin eine Befreiung seiner Lehrtätigkeit aus § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI herleiten will, folgt dem der Senat nicht. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, dass die Vorschrift hier nicht anwendbar ist, denn dem Kläger ist für seine seit Februar 1992 ausgeübte Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 SGB VI nicht erteilt worden, da diese ohnehin nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist. Diese Erstreckungsregelung ist auch nicht analog auf die hier vorliegende Konstellation anwendbar, denn § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI stellt keinen eigenständigen Befreiungstatbestand dar und ist auf die Fälle beschränkt, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme der anderen Beschäftigung eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI fortwirkt. Daher kann bereits nach dem Wortsinn überhaupt nur ein bestehender Befreiungsstatus auf eine andere Tätigkeit erstreckt werden (BSG 31.10.2012, B 12 R 8/10 R; Bayerisches LSG 22.07.2015, L 20 R 630/12). Abgesehen davon bedarf es eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Beschäftigung, für die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB VI eine Befreiung erteilt worden ist, und der anderen versicherungspflichtigen Tätigkeit, auf die diese Befreiung nach § 6 Abs. 5 SGB VI erstreckt werden soll (BSG 11.03.2021, B 5 RE 2/20 R). Demnach ist eine Erstreckung einer für eine Beschäftigung erteilten Befreiung ausgeschlossen, wenn die nachfolgende Beschäftigung bzw. Tätigkeit später als drei Monate nach deren Beendigung aufgenommen wird. Nachdem die Beschäftigung beim VdMEI im Januar 1992 geendet hat, der Kläger die Tätigkeit als Berufsschullehrer erst am 23.09.2001 begonnen hat, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang offensichtlich nicht gegeben und auch daher ohnehin die Erstreckung der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung bei der VdMEI auf die Beschäftigung(en) als Lehrer ausgeschlossen -, abgesehen davon, dass sich die Befreiung durch den Bescheid vom 10.12.1991 mit Aufgabe der Tätigkeit im Jahr 1992 ohnehin bereits erledigt hatte, wie bereits ausgeführt.
Der Senat kann daher offenlassen, ob es sich bei den Beschäftigungen des Klägers als Berufsschullehrer um zeitlich befristete Tätigkeiten im Sinne von § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI handelt, wobei die Tätigkeit an der H-G-Schule seit 24.09.2004 unstreitig unbefristet ausgeübt wird, sodass eine Erstreckung auf diese Lehrtätigkeit ab diesem Zeitpunkt auch deshalb nicht möglich wäre.
Soweit der Kläger sich auf Vertrauensschutz beruft, ergibt sich hieraus kein anderes Ergebnis. Das BSG hat im Rahmen seiner Rechtsprechung zu den Syndikusanwälten - auch unter Berücksichtigung der bis dahin geübten langjährigen rechtswidrigen Praxis der Beklagten - lediglich Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen worden ist - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, dass über den Schutz durch die §§ 44 ff. SGB X hinausgehen dürfte, zuerkannt (BSG 03.04.2014, B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 3/14 R). Ausgehend von dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Denn eine Befreiung von der Versicherungspflicht für seine Tätigkeiten als Berufsschullehrer ist dem Kläger nicht erteilt worden und er ist daher nicht Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung und gehört dementsprechend nicht zu dem Personenkreis, bei dem ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand einer Entscheidung des Rentenversicherungsträgers anzuerkennen ist. Vertrauen kann er auch nicht daraus herleiten, dass das LBV des Beigeladenen zu 1. seine Lehrtätigkeiten aufgrund des Befreiungsbescheides vom 10.12.1991 fehlerhaft als versicherungsfrei beurteilt hat, denn zuständig für die Befreiung von der Versicherungspflicht ist die Beklagte bzw. die BfA gewesen. Eine fehlerhafte Beurteilung durch den Kläger und dessen (öffentlich-rechtlichen) Arbeitgeber führt hingegen nicht zu einem schützenswerten Vertrauen, dass die Lehrtätigkeit auch zukünftig als versicherungsfrei beurteilt werden wird. Daher dringt auch der Einwand des Klägers, dass die Beklagte, das Beschäftigungsverhältnis seit vierzehn Jahren nicht beanstandet habe, nicht durch, denn eine Prüfung oder Beratung hat durch die Beklagte gerade nicht stattgefunden. Aus den gleichen Gründen ist die seitens des Klägers angeführte Verwirkung nicht einschlägig.
Soweit der Kläger zuletzt auf die Beschäftigung von Mitarbeiterinnen im streitigen Zeitraum abgestellt hat, erschließt sich schon der Zusammenhang nicht. Denn nach seinem eigenen Vortrag hat der Kläger die Lehrtätigkeit - unter Berücksichtigung der Weisungsgebundenheit nach § 3 der vorgelegten Arbeitsverträge auch zutreffend - als abhängig Beschäftigter und nicht als selbständiger Lehrer ausgeübt, sodass es auf die Frage der Versicherungspflicht von selbständigen Lehrern gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht ankommt. Insoweit hat sich die Beschäftigung von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern durch den Kläger - unabhängig davon, dass er diese im Rahmen seiner selbständigen Anwaltstätigkeit und nicht etwa in Zusammenhang mit der Lehrtätigkeit beschäftigt hat -, nicht auf seine Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ausgewirkt. Ferner wirkt sich das seitens des Klägers vorgelegte Anerkenntnis vom 01.10.2021 aus dem Verfahren S 73 KR 1248/17 nicht auf den hier zu entscheidenden Rechtsstreit aus, denn es hat sich hierbei um eine andere Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber als den Beigeladenen zu 1. gehandelt, die gesondert zu beurteilen ist und das Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 1. nicht betrifft; abgesehen davon stand die Beurteilung offensichtlich in Zusammenhang mit einem Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV (Bl. 55 Senatsakte).
Soweit der Kläger wiederholt vorgetragen hat, die Beklagte sehe seine Lehrtätigkeit fehlerhaft als Tätigkeit eines Syndikusanwalts an, entspricht dies nicht den Begründungen der Bescheide vom 17.03.2015 und 24.04.2017, auf deren Inhalt der Senat verweist. Im Übrigen war die Beklagte aufgrund des Antrages des Klägers vom 27.03.2016 über die rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 4b SGB VI gehalten, hierüber zu entscheiden und insoweit zu prüfen, ob eine Tätigkeit als Syndikusanwalt ausgeübt wird.
Schließlich bestehen für die seitens des Beigeladenen zu 2. pauschal angeregte Prüfung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches keine Anhaltspunkte, da der Befreiungsbescheid vom 10.12.1991 insoweit keine falschen Hinweise enthält (siehe oben zur Auslegung eines Formularbescheides) und auch keine falschen Auskünfte oder Beratungen ersichtlich sind. Ohnehin wäre es für den Kläger über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht möglich, eine rechtswidrige Befreiung von der Versicherungspflicht für seine Lehrtätigkeiten herbeizuführen (vgl. BSG 29.08.2012, B 12 R 7/10 R; 12.10.1979, 12 RK 47/77). Anders als in dem vom Beigeladenen zu 2. genannten Fall des LSG Baden-Württemberg (20.05.2020, L 13 1664/19) lagen die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 SGB VI zu keinem Zeitpunkt vor, so dass dem Kläger auch eine über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fingierte rechtzeitige Antragstellung nicht weiterhelfen könnte.
Daher ist auch die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Pflichtbeiträge unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Eine Anordnung zur Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, die Beigeladenen haben in beiden Instanzen keine Sachanträge gestellt (vgl. nur BSG 16.06.2021, B 5 RE 4/20 R).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die vorliegende Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), da sie keine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (vgl. BSG 07.10.2015, B 14 AS 255/15 B, Rn. 2). Auch weicht die vorliegende Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des BSG ab (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).