Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 28. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Zugunstenverfahren die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Die 1963 geborene Klägerin ist Grund- und Hauptschullehrerin (erste Staatsprüfung 2003, zweite Staatsprüfung 2005). Wegen häufiger Krankheitszeiten wurde sie nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes nicht in den Schuldienst übernommen. Sie war in den Jahren 2005 bis 2009 stundenweise als Lehrerin auf Honorarbasis beim Studienkreis Nachhilfe in R, danach bis Juli 2010 beim CJD B-O tätig. Am 29.09.2009 beantragte sie die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten. Diese lehnte den Antrag nach Einholung von Gutachten auf orthopädischem (F, März 2010), nervenärztlichem (M 25.03.2010 und internistischem (E 11.10.2010) mit Bescheid vom 09.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2011 ab, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Einen am 29.04.2013 erneut gestellten Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.10.2013 ab, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Am 21.06.2018 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag „zur Rentenablehnung 2008 und 2009“. Bei ihr bestehe Erwerbsminderung seit einem Arbeitsunfall im Februar 2008.
Mit Bescheid vom 04.10.2018 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab, da sie weder das Recht unrichtig angewandt habe noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Hiergegen legte die Klägerin mit der Begründung, dass die Gutachten unzutreffend seien, Widerspruch ein. Über ihre Bevollmächtigten trug sie ergänzend vor, dass insbesondere die bei ihr bestehende Migräne, chronische Schmerzstörung und Angstzustände nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Leiden der Klägerin im Rentenantragsverfahren vom 29.09.2009 gewürdigt worden seien. Übereinstimmend sei durch die Gutachter auf orthopädischem, internistischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ein Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden gesehen worden. Ein neuer medizinischer Sachverhalt sei der Begründung des Widerspruchs nicht zu entnehmen. Der Widerspruchsbescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.05.2019 durch postalische Übersendung bekanntgegeben. Mit Schreiben vom gleichen Tag leiteten diese den Widerspruchsbescheid an die von der Klägerin angegebene Postanschrift (Evangelisches Pfarramt, S-Straße, B), die nicht identisch mit ihrer Wohnanschrift (A-B, B) war, weiter. In dem Anschreiben der Bevollmächtigten wiesen diese darauf hin, dass die Klägerin die Möglichkeit habe, dagegen bis spätestens 01.07.2019 Klage zu erheben. Eine Überwachung der Klagefrist durch die Bevollmächtigten erfolge nicht. Falls die Klägerin beabsichtige, sie mit der Durchführung des Klageverfahrens zu beauftragen, bitte man um möglichst frühzeitige Mitteilung.
Am 30.10.2019 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm erhoben und begehrt, die Beklagte unter Gewährung von Wiedereinsetzung in die Klagefrist und Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass der Widerspruchsbescheid mit Schreiben vom 29.05.2019 von ihrer Bevollmächtigten an ihre Postadresse weitergeleitet worden sei. Sie wohne zur Untermiete bei einem über 90-Jährigen, der ihr des Öfteren schon ihre Post vorenthalten habe. Daher habe sie die Postadresse beim evangelischen Pfarramt eingerichtet, wo sie die Post meistens am Sonntag abhole. Im streitgegenständlichen Zeitraum sei ihre Mutter schwer erkrankt, so dass sie plötzlich nach S zu ihr habe reisen müssen. Ihre Mutter habe zweimal kurz hintereinander am 01.06. und am 04.06.2019 einen Herzstillstand erlitten, habe reanimiert werden müssen und daraufhin einen Herzschrittmacher bekommen. Sie habe am 02.06.2020 (gemeint wohl 2019) ihre Post, darunter den ungeöffneten Briefumschlag, in welchem sich der Widerspruchsbescheid befand, beim Pfarrer abgeholt, in ihrer Reisetasche verstaut und mitgenommen. Es sei der ausdrückliche Wunsch ihrer Mutter gewesen, nicht in ein Pflegeheim zu kommen. Über den Pflegedienst der AWO sei geregelt worden, dass täglich früh morgens und am Abend jemand in die Wohnung gekommen sei, um ihr die Stützstrümpfe an- und auszuziehen, ihr das Mittagessen gebracht wurde und zweimal pro Woche für eineinhalb Stunden jemand zum Einkaufen und Saubermachen kam. So sei die Mutter regelmäßig unter Beobachtung und in der Zeit ihrer eigenen Abwesenheit versorgt gewesen. Ansonsten hätte sie selbst gar nicht mehr nach B zurückfahren können. Ihre Reisetasche habe sie seit ihrer Rückkehr nach B immer startbereit gehabt, falls ein Anruf des Pflegdienstes gekommen wäre. Erst als die Temperaturen jahreszeitlich bedingt kühler geworden seien, habe sie die gesamte Reistasche ausgepackt und die Sommerkleidung gegen wärmere Kleidung austauschen wollen. Dabei habe sie das Schreiben des VdK gefunden, das unter die Bodenverstärkung der Reisetasche gerutscht sei. Das müsse nach dem 23.10.2019 gewesen sein, da sie vom 18.10.2019 bis 23.10.2019 in S gewesen sei. Sie habe sofort beim VdK angerufen und auf den 29.10.2019 dort einen Termin erhalten. Ein Verschulden sei nicht anzunehmen, da sie durch die lebensbedrohliche Erkrankung der Mutter, die am 04.12.2019 verstorben sei, psychisch außerordentlich belastet gewesen sei. Diese Belastung habe auch Auswirkungen auf ihre Entschluss- und Urteilsfähigkeit gehabt. Eine aus ihrer Sicht zum damaligen Zeitpunkt dringend notwendige psychotherapeutische Behandlung habe sie mangels Krankenversicherungsschutzes nicht in Anspruch nehmen können. Auch ein gewissenhafter Dritter in dieser Lebenssituation hätte den Brief verlegen können. In materieller Hinsicht liege bei der Klägerin ein multimorbides Krankheitsbild vor, welches sich sehr nachteilig auf die Erwerbsfähigkeit auswirke. Es sei daher davon auszugehen, dass bei der Klägerin bereits 2008 eine Erwerbsminderung vorgelegen habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Klage sei erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist erhoben und deshalb unzulässig. Wiedereinsetzungsgründe lägen ihrer Auffassung nach nicht vor.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.10.2021 als unzulässig abgewiesen, da sie nicht innerhalb der gesetzlichen einmonatigen Klagefrist (§ 87 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) erhoben worden sei. Der Antrag, ihr wegen Versäumens der Klagefrist nach § 67 Abs. 1 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, sei abzulehnen, weil die Klägerin nicht ohne ihr Verschulden gehindert gewesen sei, die gesetzliche Klagefrist einzuhalten. Zwar könne eine (eigene) Krankheit das Verschulden hinsichtlich einer Fristversäumnis entfallen lassen. Dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn die Erkrankung in verfahrensrelevanter Form Einfluss auf die Entschluss-, Urteils- und Handlungsfähigkeit des Beteiligten habe. Die Erkrankung müsse demnach so schwer sein, dass der Beteiligte selbst nicht handeln könne und auch zur Beauftragung eines Dritten nicht in der Lage sei (mit Hinweis auf BSG, Beschluss vom 20.01.1989 - 5 BJ 281/88 -, juris Rn. 3; Senger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2021, § 67 Rn. 48). Auch könnten Sorgen um Familienangehörige die Konzentrationsfähigkeit z.B. bei der Berechnung einer Frist beeinträchtigen. Damit sei die Schwelle, ab der zur Fristversäumnis führende Ereignisse in der Sphäre des Rechtsanwaltes größeres Gewicht zukomme als dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit (Eintritt von formeller Rechtskraft) aber nicht erreicht. Käme es maßgeblich auf die subjektive Reaktion des Prozessbevollmächtigten auf in seinem familiären Umfeld liegende Umstände an, die nicht – wie z.B. eine Depression oder schwere psychische Erkrankung – weiter objektiviert werden könnten, verlören Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen weithin ihre Bedeutung (mit Hinweis auf BSG, Beschluss vom 12.04.2018 - B 12 KR 10/17 R -, juris). Vor diesem Hintergrund sei die Fristversäumnis im Fall der Klägerin nicht unverschuldet gewesen. Dass die Erkrankung ihrer Mutter Einfluss auf ihre (eigene) Entschluss-, Urteils- und Handlungsfähigkeit gehabt habe und sie dadurch psychisch erkrankt gewesen sei, sei nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr sei die Klägerin in der Lage gewesen, den an die Postadresse weitergeleiteten Widerspruchsbescheid vom 27.05.2019 beim evangelischen Pfarramt abzuholen und zu ihrer Mutter nach S zu reisen. Dies ändere nichts am Vorliegen einer Sorgfaltspflichtverletzung der Klägerin.
Gegen den am 08.11.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23.11.2021 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ihren Vortrag wiederholt und erweitert. Entgegen der Auffassung des SG sei sie der Meinung, dass sie durch die lebensbedrohliche Erkrankung ihrer Mutter psychisch außerordentlich belastet gewesen sei und ihr daher eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen sei. In dem vom SG zitierten Beschluss des BSG gehe es auch nicht um einen Kläger, sondern um familiär bedingte Umstände eines Prozessbevollmächtigten. Auch sei sie bereits seit 2008 nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 20. Oktober 2021 aufzuheben und die Beklagte unter Gewährung der Wiedereinsetzung in die Klagefrist und Aufhebung des Bescheides vom 4. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2019 zu verurteilen, ihr unter Rücknahme des Bescheides vom 9. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2011 in der Fassung des Bescheides vom 11. Oktober 2013 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe die Klage zu Recht abgewiesen. Es habe dabei sämtliche Tatsachen umfassend und nachvollziehbar gewürdigt. Die Berufungsbegründung enthalte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine neuen Gesichtspunkte, welche zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage Veranlassung geben könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Auch unter Berücksichtigung des im Berufungsverfahren nochmals wiederholten und vertieften Vortrags der Klägerin, insbesondere hinsichtlich der Vorgänge, die dazu geführt haben, dass sie das Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 29.05.2019, mit der diese ihr den Widerspruchsbescheid vom 27.05.2019 zugeleitet haben, erst Ende Oktober 2019 zur Kenntnis genommen hat, ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 28.10.2021 nicht zu beanstanden. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Wiedereinsetzung dargelegt (§ 67 SGG) und ebenso zutreffend das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen verneint. Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen des SG nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht deswegen gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.
Auch der Senat konnte sich in Anwendung der gesetzlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht davon überzeugen, dass die Klägerin ohne Verschulden gehindert war, die Klagefrist einzuhalten.
Dabei ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Senat nicht in Zweifel zieht, dass die Klägerin wegen der Erkrankung und Betreuung ihrer Mutter psychisch sehr belastet war. Eine nachgewiesene eigene so schwere Erkrankung, die derartig Einfluss auf die Entschluss-, Handlungs- und Urteilsfähigkeit der Klägerin hatte, dass sie selbst weder fristgerecht Klage erheben noch ihre Bevollmächtigten hierzu beauftragen konnte, ist jedoch nicht nachgewiesen. Ärztliche Behandlungen, durch die eine entsprechende Erkrankung bestätigt werden könnte, hat die Klägerin nach eigenen Angaben nicht in Anspruch genommen. Außerdem steht der Annahme einer die Handlungs-, Entschluss- und Urteilsfähigkeit ausschließenden Erkrankung entgegen, dass die Klägerin tatsächlich in der Lage war, sich um die Belange ihrer Mutter zu kümmern, ihre Pflege zu regeln und zwischen Juni und Oktober 2019 mehrmals zwischen ihrem Wohnort B und S zu pendeln. Sie war damit vollständig handlungsfähig für die Belange ihrer Mutter. Eine dennoch bestehende (partielle) Handlungsunfähigkeit für eigene Belange erscheint dem Senat nicht plausibel.
Eine Fristversäumnis eines schuld- und handlungsfähigen Beteiligten erfolgt ohne Verschulden, wenn dies weder vorsätzlich noch fahrlässig geschieht. Fahrlässig handelt, wer diejenige Sorgfalt außer Betracht lässt, die einem gewissenhaften Prozessführenden, der seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnimmt, nach den Gesamtumständen des konkreten Falles zuzumuten ist und deshalb die Möglichkeit der Fristversäumnis entweder gar nicht voraussieht oder nicht vermeidet (BSG, Beschluss vom 9.12.2012 - B 5 R 196/12 B -, juris Rn. 5; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 31.01.2020 - L 3 AS 109/18 -, juris Rn. 32). Das Vergessen einer fristwahrenden Handlung begründet in der Regel Verschulden (BGH, Beschluss vom 13.2.2003 - V ZR 422/02 -, juris Rn. 11).
Vorliegend hatte die Klägerin (durch Angabe einer Postanschrift beim Pfarramt) sorgfaltsgemäß Vorkehrungen getroffen, dass wichtige Post sie auch erreicht. War die Klägerin in der Lage, vor der Fahrt zu ihrer Mutter noch ihre Post abzuholen, war sie bei Einhaltung der ihr zumutbaren und möglichen Sorgfalt auch in der Lage, von deren Inhalt Kenntnis zu nehmen und jedenfalls ihre Bevollmächtigten mit der fristwahrenden Klageerhebung zu beauftragen. Allein aus Billigkeitserwägungen darf eine Wiedereinsetzung nicht gewährt werden (BSG, Urteil vom 11.12.1973 - 2 RU 13/72 -, juris Rn. 23). Der Umstand, dass die Klägerin den Brief ihrer Bevollmächtigten mit dem Widerspruchsbescheid in ihrer Tasche schlichtweg vergessen und ihn erst zufällig beim Umpacken der Kleidungsstücke wieder aufgefunden hat, stellt auch nach der Überzeugung des Senats auch unter Berücksichtigung der psychischen Belastung durch die Erkrankung ihrer Mutter keinen Umstand dar, der ihr Verschulden entfallen lässt.
Die Klägerin war auch nicht deswegen ohne ihr Verschulden gehindert, die gesetzliche Klagefrist einzuhalten, weil ihre Bevollmächtigten nicht „vorsichtshalber“ und ohne ihre Rückmeldung abzuwarten, fristwahrend für sie Klage erhoben haben. Zwar kann ein Bevollmächtigter, der seine Mandantschaft durch einfachen Brief über den Inhalt einer Entscheidung sowie über Rechtsmittelmöglichkeiten einschließlich der einzuhaltenden Fristen unterrichtet und diesen aufgefordert hat, rechtzeitig mitzuteilen, ob ein Rechtsmittel eingelegt wird, in Ausnahmefällen gehalten sein, bei diesem nachzufragen. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Bevollmächtigte nach den konkreten Umständen eine Antwort seines Mandanten in jedem Falle erwarten oder mit besonderen Schwierigkeiten bei der Postzustellung rechnen musste (vgl. BSG, Urteil vom 29.01.2001 - B 7 AL 8/00 R -, juris Rn. 14). Derartige Umstände sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Bevollmächtigten hatten keinen Grund zu der Annahme, dass ihre Post die Klägerin nicht erreichen würde. Denn sie haben das Schreiben mit dem Widerspruchsbescheid absprachegemäß an die von der Klägerin angegebene Postadresse, die von ihrer Wohnanschrift abwich, weitergeleitet. Damit, dass die Klägerin dieses Schreiben zwar abholen, jedoch im Anschluss daran in ihrer Tasche vergessen würde, mussten sie nicht rechnen.
Mangels Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist dem Senat eine Prüfung des Begehrens der Klägerin in der Sache verwehrt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 3698/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3593/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
Saved