L 9 BA 3554/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 BA 209/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 BA 3554/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. September 2020 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 106.533,24 € festgesetzt.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 106.533,24 € für den Zeitraum ab dem 01.01.2015 bis zum 31.12.2018 für den Beigeladenen Ziff. 1 (im Folgenden: P.) bzw. für den Zeitraum ab dem 19.10.2015 bis zum 31.12.2018 für den früheren und zwischenzeitlich verstorbenen Beigeladenen Ziff. 2 (im Folgenden: B.) streitig.

Die Klägerin betreibt ein international tätiges Transport- und Reifenhandelsunternehmen in Konstanz. Sie führt Transporte im Fernverkehr (vor allem im Auftrag des Speditionsunternehmens L) durch. In dem die vorliegende Betriebsprüfung betreffenden Zeitraum (2015 bis 2018) hatte die Klägerin nach eigenen Angaben 24 fest angestellte Fahrer und 14 LKW. Die Fahrer P. und B., die die Klägerin nicht als Angestellte führte und für die sie keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlte, führten im streitgegenständlichen Zeitraum mit LKW der Klägerin Transporte im Fernverkehr durch. P. hatte nach seinen Angaben kein Gewerbe angemeldet, B. hatte ausweislich einer vorliegenden Gewerbeanmeldung vom 29.11.2004 ein Gewerbe mit dem Gegenstand „An- und Verkauf von CD/DVD-Rohlingen und Zubehör, Transporthilfe, Aushilfskraftfahrer“ angemeldet. Grundlage für die Tätigkeiten war ein „Mietvertrag für LKW-Fahrer“ vom 13.03.2015 (mit „Firma P“) bzw. vom 02.11.2015 (mit Firma „ITR-Süd B“), verfasst auf einem Briefbogen des Unternehmens der Klägerin und unterschrieben von P. bzw. B. mit folgendem (identischem) Wortlaut:
„Die Firma  (P/ITR-Süd) stellt mir Fa. M, K einen LKW-Fahrer für den Fahrdienst im Fernverkehr zur Verfügung.
Die Firma …. verpflichtet sich die anfallenden Sozialbeiträge und Steuern korrekt anzumelden und zu bezahlen.
Ich bin nicht verpflichtet Lohnfortzahlung bei Krankheit, Urlaubsgeld und sonstige Kosten zu bezahlen.
Es werden nur gearbeitete Tage bezahlt.“

Ab Mai 2015 stellte P. der Klägerin regelmäßig wochenweise Rechnungen für „Fahrdienst Fernverkehr Spedition L, K“ mit regelmäßig fünf Tagessätzen (teilweise auch drei oder vier) in Höhe von 220 € (ab dem Jahr 2016 240 €) zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer. B. stellte der Klägerin für Fahrten ab der 43. Kalenderwoche 2015 ebenfalls wochenweise Rechnungen zu jeweils fünf Tagessätzen à 240 € zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer (unter Verwendung eines Briefbogens „ITR-Süd International Trucker Rental, Hilfs- und Überführungsfahrten B“). Ausweislich der bei den Akten befindlichen Rechnungen betrug deren Summe bei P. für 2015 41.030 €, für 2016 29.890 €, für 2017 29.520 € und für 2018 rund 46.212,50 €, bei B. waren es im Jahr 2015 9.240 €, im Jahr 2016 55.080 €, im Jahr 2017 57.120 € und im Jahr 2018 56.208,40 €. Die Klägerin bezahlte die Rechnungen und verbuchte sie jeweils unter „Fremdleistungen Fahrdienst 19 Prozent Vorsteuer“ P bzw. ITR. Die Betriebskosten der den beiden Fahrern zur Verfügung gestellten LKW (Tanken, Versicherungen, Reparaturen) trug die Klägerin.

Im Rahmen der Beantwortung von Fragen in Fragebögen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gab die Klägerin für beide Fahrer an, es sei jeweils vereinbart worden, wann die Tätigkeit beginne und welches Fahrzeug benutzt werde. Hinsichtlich der Arbeitszeit sei vereinbart worden, dass die gesetzlichen Grenzen nicht überschritten werden dürften. Hinsichtlich der Ausführung der Arbeiten (Fahrten im Fernverkehr) seien den Auftragnehmern keine Weisungen erteilt worden, ihre Arbeiten seien weder kontrolliert worden noch hätten sie Berichte abzugeben gehabt. Bei persönlichem Ausfall des Auftragnehmers entfalle die Tour oder einer ihrer Mitarbeiter fahre. Die Frage, ob der Auftragnehmer in den betrieblichen Arbeitsablauf eingegliedert gewesen sei, beantwortete die Klägerin mit ja; von ihr gemachte Angebote zur Schulung seien nicht wahrgenommen worden. Die Disposition mache nicht sie, sondern die Firma L. Von ihr hätten die Auftragnehmer lediglich den LKW bekommen.

P. gab u.a. an, er habe einen LKW des Auftraggebers genutzt, der auch die entsprechenden Betriebskosten trage. Dienstkleidung bringe er selbst ein. Die Disposition und Tourenplanerstellung erfolge durch die Spedition L K1. Die Frage, ob er den Verlauf der Touren selbstständig ändern könne, beantwortete P. mit ja. Die weiteren Fragen, ob er bestimmte Terminvorgaben einzuhalten habe, ob eine Verfügungsbereitschaft gegenüber der Spedition bestehe, ob er Touren an Subunternehmer abgeben könne, ob die Ausführung der Touren dokumentiert werde bzw. Ladelisten unterschrieben werden müssten, ob er bestimmte Firmenkleidung tragen müsse, beantwortete er allesamt mit nein. B. gab gegenüber der Beklagten an, seine Tätigkeit für die Klägerin habe in der Durchführung von Transporten sowie der Wartung und Pflege des von der Klägerin zur Verfügung gestellten LKW bestanden. Sein unternehmerisches Risiko habe darin bestanden, dass er bei durch Eigenverschulden verursachten Schäden an Fahrzeug und Ladung einen finanziellen Kostenanteil zu erbringen gehabt habe. Wie P. gab er an, dass er die Fahraufträge von der L AG K1 erhalten habe, die auch die Tourenpläne erstellt habe, dass er die Touren selbständig habe ändern können und keine Terminvorgaben habe einhalten müssen. Anders als der Beigeladene P. gab B. an, er habe einzelne Touren ohne Zustimmung des Auftraggebers an Subunternehmer weitergeben können und dies auch getan.

Mit Bescheid vom 24.07.2019 forderte die Beklagte von der Klägerin 106.533,24 € an Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen für P. und B. nach. P. stehe seit dem 01.01.2015, B. seit dem 19.10.2015 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis als Fahrer. Für P. bestehe ab 01.01.2015 Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Für B. bestehe ab 19.10.2015 Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Durch das Überschreiten der besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze bestehe Kranken- und Pflegeversicherungsfreiheit. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit verfügbaren relevanten Unterlagen und Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Ohne eigenes Fahrzeug seien die Fahrer zur Ausübung der Tätigkeit von demjenigen Auftraggeber persönlich abhängig, der das Kraftfahrzeug zur Verfügung stelle. P. und B. hätten auch keine Güterkraftverkehrserlaubnis besessen. Ein Kapitaleinsatz liege nicht vor. Die einzelnen Aufträge von P. und B. hätten sich nicht wesentlich von denen der abhängig beschäftigten Fahrer unterschieden.

Den hiergegen am 12.08.2019 erhobenen und nicht weiter begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.01.2020 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 03.02.2020 Klage beim Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass P. und B. zwar die gleichen Tätigkeiten wie die angestellten Kraftfahrer ausgeübt hätten. Sie hätten LKW mit Auflieger oder Anhänger geführt, um Waren zu transportieren und hierbei Aufträge übernommen, die die Klägerin ihnen erteilt habe. Dass nicht P. und B., sondern die Klägerin Eigentümerin der LKW sei, müsse nicht automatisch dazu führen, sie als abhängig beschäftigt anzusehen. Es gebe zwischenzeitlich einen sehr hohen Mangel an Kraftfahrern. Dies habe in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass immer mehr Kraftfahrer nicht mehr gewillt seien, für einen einzigen Arbeitgeber unter dessen ausschließlicher Weisungsbefugnis tätig zu sein, sondern eigenverantwortlich und ungebunden ihre Tätigkeit in selbstständiger Form ausübten. Mit den Beurteilungskriterien der Beklagten, die sich auch in dem Bescheid vom 24.07.2019 wiederfänden, könne nicht mehr marktgerecht argumentiert werden. Kraftfahrer weigerten sich zunehmend, in ein Arbeitsverhältnis überzugehen. Die Klägerin habe P. und B. Arbeitsverhältnisse angeboten, was diese aber abgelehnt hätten. Entsprechend den auch von der Beklagten zugrunde gelegten Kriterien hätten P. und B. frei über ihre eigene Arbeitskraft verfügen können. Sie allein hätten entscheiden können, ob sie einen in Aussicht gestellten Fahrauftrag annehmen wollten oder nicht. Die Klägerin hätte beide nicht anweisen können, bestimmte Touren durchzuführen. Im Rahmen des Auftrages hätten sie auch frei über die Arbeitszeit entscheiden können. Sie würden auch ein unternehmerisches Risiko eingehen, da sie im Falle eines von ihnen zu vertretenden Schadens gegenüber der Klägerin bzw. den Auftraggebern der Klägerin haften würden. Weiter habe die Vergütung über derjenigen der abhängig beschäftigten Fahrer gelegen, so dass P. und B. selbst hätten Vorsorge treffen können. Es bestehe zudem die freie Wahl im Vertragsrecht. P. und B. seien nicht als vermeintlich schwächere Vertragspartner schutzbedürftig gewesen. Außerdem hätten für die Berechnung der von der Beklagten nachverlangten Sozialversicherungsbeiträge nur die üblicherweise gezahlten Löhne und nicht die von der Klägerin tatsächlich gezahlten Beträge herangezogen werden dürfen.

Die Beklagte ist unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid der Klage entgegengetreten. Der von der Klägerin angeführte Mangel an Fahrern habe keine Auswirkungen auf die sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen. Die Herren P. und B. seien als Fahrer für das Transportunternehmen der Klägerin tätig gewesen. Die Beklagte hat insbesondere nochmals betont, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und zahlreicher Landessozialgerichte ein LKW-Fahrer, der – wie vorliegend – ohne eigenes Fahrzeug nur seine Arbeitskraft zur Verfügung stelle, regelmäßig abhängig beschäftigt sei, weil mangels Kapitaleinsatzes das typische Unternehmerrisiko fehle. Darüber hinaus seien P. und B. nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht selbstständige Subunternehmer, sondern abhängig beschäftigt im Sinne von Arbeitnehmern auf Abruf. Bei Auftragsannahme hätten sie vorgegebene Touren und An- bzw. Ablieferungszeiten einzuhalten gehabt. Als Grundlage für die Beitragsberechnung seien die Rechnungen maßgebend, die aufgrund der geleisteten Tätigkeiten entstanden seien.

Mit Urteil vom 28.09.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Darlegung der rechtlichen Grundlagen hat es zur Begründung ausgeführt, dass bereits deswegen von einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin auszugehen sei, weil die beigeladenen Fahrer ausschließlich im Eigentum der Klägerin genutzte Fahrzeuge genutzt hätten. Überdies seien die jeweiligen Fahrten zum Zwecke der Erfüllung einer jeweils von der Klägerin gegenüber ihren Auftraggebern übernommenen Verpflichtung erfolgt, um deren Verdienstchancen zu realisieren. Die Tätigkeit habe demnach den betrieblichen Interessen der Klägerin gedient, weswegen die Kammer davon überzeugt sei, dass P. und B. in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen seien. Da ihnen auch kraft Natur des Auftrags vorgegeben gewesen sei, welche Touren sie zu fahren gehabt hätten und welche Güter hätten geliefert bzw. bewegt werden müssen, habe auch eine Weisungsgebundenheit gegenüber der Klägerin bestanden. P. und B. hätten mit ihren Tätigkeiten für die Klägerin auch kein maßgebliches unternehmerisches Risiko zu tragen gehabt. Sie hätten kein eigenes Kapital eingesetzt, sondern ausschließlich die Betriebsmittel der Klägerin (LKW einschließlich sämtlicher Nebenkosten wie Treibstoff, Versicherungen, Reparaturen etc.) eingesetzt. Auch sei der Einsatz ihrer Arbeitskraft nach Annahme des Antrags (gemeint wohl: Auftrags) nicht unter der Gefahr eines Verlustes erfolgt, da die Vergütung nach festen Tagessätzen erfolgt sei. Im Übrigen gingen, selbst wenn man ein unternehmerisches Risiko darin erblicken könnte, dass P. und B. für Schäden an den Fahrzeugen und Transportgütern gehaftet hätten, für sie damit jedenfalls keine größeren Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs der Tätigkeit einher (mit Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.07.2020 - L 5 BA 2357/18 -, juris Rn. 28 ff.). Der Umstand, dass zumindest B. ein eigenes Gewerbe angemeldet habe, sei ohne maßgebliche Aussagekraft. Eine Gewerbeanmeldung könne nicht als wesentliches Indiz dafür herangezogen werden, dass jemand selbständig tätig gewesen sei, denn eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung finde nicht statt. Die Anmeldung eines Gewerbes und die Vergütung in Form von Rechnungen setzten eine selbstständige Tätigkeit voraus, begründeten aber für sich allein keine solche. Auch die Vorenthaltung bzw. Nichtinanspruchnahme von gesetzlichen Rechten – bezahlter Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – machten den Arbeitnehmer nicht zum selbstständig erwerbstätigen Unternehmer; die Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergäben sich aus dem Gesetz und seien nicht abdingbar. Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung der streitgegenständlichen Tätigkeit seien weitere Tätigkeiten für andere Auftraggeber unerheblich. Hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten finde grundsätzlich eine tätigkeitsbezogene und nicht eine personenbezogene Beurteilung statt. Bei einer Mehrheit von Tätigkeiten sei jede Tätigkeit in statusrechtlicher Hinsicht gesondert zu würdigen (allgemeines Gebot isolierter sozialversicherungsrechtlicher Betrachtung, vgl. BSG, Urteil vom 04.11.2009 - B 12 R 7/08 R -, juris). Da schließlich die Stellung von Rechnungen sowie der Wille der Klägerin und vor allem der beigeladenen Fahrer, jeweils kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen, lediglich Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit darstellten, die im Rahmen der Gesamtabwägung wegen der ausgeprägten Eingliederung von P. und B. in den Betrieb der Klägerin und des fehlenden maßgeblichen unternehmerischen Risikos jedoch nicht dazu führten, eine selbstständige Tätigkeit anzunehmen, seien deren Tätigkeiten für die Klägerin im Betriebsprüfungszeitraum im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse erfolgt. Deswegen habe unter Berücksichtigung des Überschreitens der besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze bei B., was zwischen den Beteiligten nicht streitig sei und damit einhergehender Versicherungsfreiheit des B. in der Kranken- und Pflegeversicherung Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung mit der Pflicht zur Tragung der Beiträge hierfür bestanden.
Die Höhe der Beiträge und Umlagen sei von der Beklagten zutreffend festgesetzt worden. Zu Recht habe die Beklagte die entsprechend der von P. und B. gestellten Rechnungen erfolgten Zahlungen der Klägerin an die Beigeladenen der Beitragsbemessung zugrunde gelegt (und nicht etwa wie von Klägerseite verlangt fiktive übliche Löhne). Denn es habe sich hierbei um Arbeitsentgelt gehandelt, weil P. und B. im streitgegenständlichen Zeitraum Beschäftigte der Klägerin und damit Versicherte gewesen seien. Arbeitsentgelt seien nämlich gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, in welcher Form sie geleistet würden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Die tatsächlichen Einnahmen von P. und B. seien daher allein das für die Beitragsbemessung maßgebliche Arbeitsentgelt.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 13.10.2020 zugestellte Urteil des SG richtet sich die am 10.11.2020 zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihre Klagebegründung und trägt ergänzend vor, das SG habe sich nicht ausreichend mit dem Argument auseinandergesetzt, dass die Geschäfts- und Arbeitswelt auch in der Bundesrepublik Deutschland einem ständigen Wandel unterliege. So gebe es seit geraumer Zeit das Gesetz zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern. Nach der Definition des selbstständigen Kraftfahrers gemäß Art. 3 Buchst. e) der Richtlinie (RL) 2002/15/EG gälten als „Selbstständige Kraftfahrer“ alle Personen, deren berufliche Tätigkeit hauptsächlich darin besteht, mit Gemeinschaftslizenz oder einer anderen berufsspezifischen Beförderungsermächtigung gewerblich im Sinne des Gemeinschaftsrechts Fahrgäste oder Waren im Straßenverkehr zu befördern, die befugt sind, auf eigene Rechnung zu arbeiten und die nicht durch einen Arbeitsvertrag oder ein anderes arbeitsrechtliches Abhängigkeitsverhältnis an einen Arbeitgeber gebunden sind, die über den erforderlichen freien Gestaltungsspielraum für die Ausübung der betreffenden Tätigkeit verfügen, deren Einkünfte direkt von den erzielten Gewinnen abhängen und die die Freiheit haben, als einzelne oder durch eine Zusammenarbeit zwischen selbstständigen Kraftfahrern Geschäftsbeziehungen zu mehreren Konten (gemeint: Kunden) zu unterhalten. Hingegen gelte für den „beschäftigten Kraftfahrer“ nach der Richtlinie in Buchst. d), dass zum „Fahrpersonal“ alle Arbeitnehmer, einschließlich Praktikanten und Auszubildende, die im Dienst eines Unternehmens, das auf Rechnung Dritter oder auf eigene Rechnung Fahrgäste oder Waren im Straßenverkehr befördert, eine Fahrtätigkeit ausüben, gehörten. Es sei davon auszugehen, dass das Gesetz zur Regelung der Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern unter Zugrundelegung der Richtlinie 2002/15/EG einen selbstständigen Kraftfahrer bereits dann sehen könne, wenn es diesem freistehe, jederzeit andere Vertragspartner zu wählen oder auch abzulehnen. Es sei nicht Voraussetzung, dass der selbstständige Kraftfahrer eigenes Betriebskapital in Form eines Kraftfahrzeuges einsetzen müsse bzw. dass er ein von ihm gemietetes oder geleastes Fahrzeug einsetzen müsse. In diesem Lichte dürfe § 7 Abs. 1 SGB IV nicht zu eng ausgelegt werden, auch wenn das BSG hierzu möglicherweise eine andere Auffassung vertreten sollte. Zu prüfen sei auch, ob § 7 Abs. 1 SGB IV im Hinblick auf die Vorgaben der Europäischen Union in einer engen Auslegung zu unzulässigen oder unverhältnismäßigen Berufsreglementierungen führe und somit die durch die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Grundrechte der Berufsfreiheit und der Unternehmerischen Freiheit in unverhältnismäßiger Weise einschränke. Die Beigeladenen hätten jeweils neben der Tätigkeit für die Klägerin andere Aufträge bei anderen Transportunternehmen bzw. weitere selbstständige Tätigkeiten (Hausmeister- und Computerservice) ausgeführt. Es sei unklar, woher die Annahme des SG komme, der Einsatz der Arbeitskraft der Beigeladenen nach Annahme eines Auftrags sei nicht der Verlustgefahr unterlegen. Wenn der jeweilige Beigeladene die Tour nicht durchgeführt hätte, so hätte er keine Vergütung erhalten. Hierbei wäre der Grund für die Nichtdurchführung völlig ohne Belang gewesen. Ein Arbeitnehmer hätte zumindest im Fall der Erkrankung Entgeltfortzahlung erhalten.
Soweit das SG die Rechnungen der Beigeladenen an die Klägerin als Nettolohn angesehen und als Grundlage für die Berechnung der zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge genommen habe, sei dem nicht zuzustimmen. Es sei vielmehr vom üblichen Stundenlohn auszugehen, der im Mittel bei den angestellten Fahrern der Klägerin bei ca. 13 € brutto je Stunde liege. Zwar sei es richtig und wichtig, den sozialversicherungsrechtlichen Schutz des Arbeitnehmers abzusichern. Verstoße der Arbeitgeber gegen derartige Schutzvorschriften, werde er in der Regel strafrechtlich herangezogen. Der Ansatz, dass nunmehr über den üblicherweise zu zahlenden Lohn die wesentlich überhöhte Vergütung eines Freischaffenden als Basis für die Lohnberechnung des Arbeitnehmers herangezogen werde, habe eine zweite Bestrafung des Unternehmers, der aller Wahrscheinlichkeit nach fahrlässig in die Situation hineingeraten sei, zum Gegenstand. Das BSG bzw. die sozialgerichtliche Rechtsprechung müssten sich der realitätsnäheren Betrachtung, die das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 26.06.2019 (AZR 178/18) vorgenommen habe, offen zeigen. Das habe festgehalten: „Stellt sich ein vermeintlich freies Dienstverhältnis im Nachhinein als Arbeitsverhältnis dar, kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, die für freie Mitarbeit vereinbarte Vergütung sei der Höhe nach auch für eine Beschäftigung als Arbeitnehmer verabredet“. An die Stelle der unwirksamen Vergütungsvereinbarung, die der Arbeitgeber mit dem Scheinselbstständigen getroffen habe, trete im Zweifel die übliche Arbeitnehmervergütung gemäß § 612 Abs. 2 BGB.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. September 2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2020 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die RL 2002/15/EG regele ebenso wie das Gesetz zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern Fragen der Arbeitszeit, nicht solche der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung. Der EuGH habe bereits entschieden, dass die Heranziehung der genannten Richtlinie hinsichtlich der Definitionen zu selbstständigen Kraftfahrern und abhängigem Fahrpersonal in einem spanischen Kündigungsverfahren unzulässig sei, da in der Richtlinie ausschließlich Regelungen zur Arbeitszeit getroffen würden (EuGH, Urteil vom 02.03.2017 - C-97/16 - Jose Maria Pérez Retamero/TNT Express Worldwide Spain S.L. u.a.). Eine Auslegung des § 7 Abs. 1 SGB IV habe weder nach der RL 2002/15/EG noch nach dem Gesetz zur Regelung der Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern zu erfolgen, sondern nur nach den dort festgelegten Kriterien. In Anwendung dieser Kriterien ebenso wie der ständigen Rechtsprechung des BSG seien P. und B. bei der Klägerin als Kraftwagenfahrer ohne eigenen LKW beschäftigt gewesen. Sie hätten dieselbe Tätigkeit wie die festangestellten Mitarbeiter der Klägerin ausgeübt und seien im Fernverkehr unterwegs gewesen. Sie seien weisungsgebunden gewesen, denn sie hätten ihre Fahrtaufträge von der Klägerin erhalten und seien in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen, denn sie hätten Fahrzeuge der Klägerin benutzt und seien in deren Arbeitsprozess eingegliedert gewesen. Auch könne kein unternehmerisches Risiko festgestellt werden, denn sie hätten kein eigenes Kapital für ihre Tätigkeit eingesetzt und hätten ihren Gewinn auch nicht steigern können, da sie keine eigenen Fahrten hätten anbieten können und keine eigenen Gestaltungsmöglichkeiten für ihre Tätigkeit gehabt hätten. Die Annahme einer Versicherungspflicht stelle auch keinen Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit dar. Es sei P. und B. unbenommen, als Kraftfahrer zu arbeiten. Sollte ein Eingriff tatsächlich gegeben sein, was sie bezweifle, wäre dieser zumindest verhältnismäßig. Das BSG habe in seinem Urteil vom 04.06.2019 (B 12 R 2/18 R) einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 GG durch die Sozialversicherungspflicht verneint.
Schließlich sehe sie keinen Anhaltspunkt dafür, nicht den tatsächlich gezahlten Lohn für die Berechnung der Beiträge zugrunde zu legen. Die Entgelthöhe sei zwischen der Klägerin und den Fahrern vereinbart worden. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstünden, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Maßgebend für das Entstehen von an das Arbeitsentgelt Beschäftigter anknüpfenden Beitragsansprüchen sei allein das Entstehen des arbeitsrechtlich geschuldeten Entgeltanspruchs, ohne Rücksicht darauf, ob, von wem und in welcher Höhe dieser Anspruch im Ergebnis durch die Entgeltzahlung erfüllte werde (mit Verweis auf BSG, Urteil vom 18.01.2018 - B 12 R 3/16 R -). Der Klägerin sei es unbenommen gewesen, bei der Krankenkasse oder der Clearingstelle der Beklagten eine Statusentscheidung herbeizuführen.

Der Senat hat die Witwe des verstorbenen früheren Beigeladenen B. zum Verfahren beigeladen und die AOK Baden-Württemberg, die DRV Mitteldeutschland, die DRV Baden-Württemberg und die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 75 Abs. 2b SGG hinsichtlich einer in Betracht kommenden Beiladung angehört. Keiner der weiteren Versicherungsträger hat seine Beiladung beantragt.

Die Berichterstatterin des Senats hat am 21.02.2022 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt, insoweit wird auf das Protokoll vom 21.02.2022 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß § 141 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist gemäß § 143 SGG statthaft und insgesamt zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 24.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.01.2020, mit dem die Beklagte in Bezug auf die Tätigkeiten von P. und B. Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung festgestellt und entsprechende Beiträge und Umlagen in Höhe von insgesamt 106.533,24 € nachgefordert hat. Das SG hat die hiergegen erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet. Der genannte Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Trotz des Todes des B. (erstinstanzlich Beigeladener Ziff. 2) konnte der Senat entscheiden, da der Tod eines notwendig Beigeladenen (zur notwendigen Beiladung des betroffenen Beschäftigten und der Fremdversicherungsträger im Rechtsstreit um die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen vgl. nur BSG, Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 1/14 R -, juris Rn. 14) das Verfahren nicht nach § 202 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 239, 246 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbricht (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1980 - 11 RK 1/80 -, juris). Das gilt unabhängig von dessen anwaltlicher Vertretung. Ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wurde im Übrigen nicht gestellt (§ 202 i.V.m. § 246 ZPO).

Das SG – und zuvor bereits die Beklagte im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid – hat die maßgeblichen rechtlichen Grundlagen im Urteil vom 28.09.2020 ohne Rechtsfehler dargestellt und den Sachverhalt unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung zutreffend gewürdigt. Es überwiegen in der Zusammenschau aller Aspekte diejenigen, die für eine abhängige Beschäftigung von P. und B. bei der Klägerin sprechen. Hierzu verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG sowie der angefochtenen Bescheide der Beklagten, denen er sich nach eigener Prüfung vollumfänglich anschließt und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück, § 153 Abs. 2 SGG.

Lediglich ergänzend und mit Blick auf das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung und im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 21.02.2022 weist der Senat auf Folgendes hin:

Für den Senat stehen die tatsächlichen Umstände, unter denen P. und B. im streitgegenständlichen Zeitraum für die Klägerin tätig waren, aufgrund des Gesamtinhalts des Verfahrens, insbesondere der aktenkundigen Angaben der Klägerin und der beiden Fahrer sowie deren Angaben in den vom SG durchgeführten Terminen und in dem von der Berichterstatterin des Senats am 21.02.2022 durchgeführten Erörterungstermin fest. Danach haben P. und B. für die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum LKW-Transporte im Fernverkehr durchgeführt. Sie benutzten hierfür Fahrzeuge der Klägerin und übten dieselben Tätigkeiten aus wie die weiteren 24 angestellten Fahrer der Klägerin. Für den Unterhalt der LKW (Reparaturen, Versicherungen, Benzin) kam die Klägerin auf. Wie von der Klägerin im Erörterungstermin am 21.02.2022 nochmals bestätigt wurde, hat sie selbst regelmäßig freitags Fahraufträge von ihrem eigenen Hauptauftraggeber (Spedition L) für die Folgewoche bekommen. Die anstehenden Fahraufträge hat sie selbst zugeteilt bzw. an die Fahrer weitergegeben (ohne Unterscheidung nach Angestellten- oder freiberuflichem Status). Die theoretisch gegebene Möglichkeit, einzelne Aufträge abzulehnen, haben P. und B. nach den Angaben der Klägerin „ein- oder zweimal“ wahrgenommen. Die Fahrer waren dann im Fernverkehr die Woche über unterwegs und haben die Frachtbriefe nach Erledigung der Fahrten freitags wieder bei der Klägerin abgegeben. Auch insoweit gab es keine Unterschiede zwischen angestellten und „freien“ Fahrern. Gelegentlich kam es auch zu Änderungen der Fahraufträge innerhalb einer laufenden Woche, die dann von der Klägerin an die Fahrer kommuniziert wurden. P. und B. haben der Klägerin regelmäßig wochenweise Rechnungen mit jeweils Tagessätzen über 220 € bzw. 240 € gestellt, die diese bezahlt und im Rahmen ihrer Buchführung als Fremdleistungen („Fahrdienst“) verbucht hat. Ausweislich der bei den Akten befindlichen Rechnungen war P. im Jahr 2015 in 39 Wochen (regelmäßig fünf Tage, in manchen Wochen auch nur drei oder vier Tage), im Jahr 2016 in 23 Wochen, im Jahr 2017 in 26 Wochen und im Jahr 2018 in 42 Wochen für die Klägerin tätig; die Summe der gestellten Rechnungen betrug für 2015 41.030 €, für 2016 29.890 €, für 2017 29.520 € und für 2018 46.212,50 €. B. war im Jahr 2015 in 8 Wochen (9.240 €), im Jahr 2016 in 47 Wochen (55.080 €), im Jahr 2017 in 50 Wochen (57.120 €) und im Jahr 2018 in 49 Wochen (56.208,40 €) für die Klägerin tätig.

Auch nach der Überzeugung des Senats überwiegen ausgehend von den vom SG zutreffend dargelegten Abgrenzungsmaßstäben die Indizien für das Vorliegen von Beschäftigung.

Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, § 7 SGB IV dürfe im Lichte des EU-Rechts, insbesondere mit Blick auf die Bestimmungen der Richtlinie 2002/15/EG und des hierauf basierenden Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern, wonach für die Annahme eines selbstständigen Kraftfahrers der Besitz eines eigenen Fahrzeugs nicht zwingende Voraussetzung sei, nicht zu eng ausgelegt werden, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Zunächst hat schon die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die Wertungen bzw. Begriffsbestimmungen der genannten RL 2002/15 auf den konkreten Sachverhalt jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar sind. Ausweislich ihres Art. 1 hat die Richtlinie den Zweck, Mindestvorschriften für die Gestaltung der Arbeitszeit festzulegen, um die Sicherheit und die Gesundheit der Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, verstärkt zu schützen, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen und die Wettbewerbsbedingungen einander stärker anzugleichen. Nach Art. 3 der Richtlinie werden die in diesem Artikel vorgesehenen Begriffsbestimmungen „für die Zwecke der Richtlinie“ festgelegt. Die Auslegung der in Art. 3 Buchst. d) und e) dieser Richtlinie definierten Begriffe „Fahrpersonal“ und „selbstständiger Kraftfahrer“ darf folglich nicht über den Anwendungsbereich dieser Richtlinie hinausgehen. Dies hat der EuGH für eine Kündigungsschutzklage, in der es um die Frage ging, ob die betroffene Person als „Fahrpersonal“ und daher als Arbeitnehmer für die Zwecke der Anwendung des nationalen Arbeitsrechts und insbesondere der Rechtsvorschriften über Kündigungen einzustufen ist, ausdrücklich so entschieden (EuGH, Urteil vom 02.03.2017 - C-97/16 Pérez Retamero -, juris). Nichts Anderes kann für ein Verfahren gelten, in dem – wie vorliegend – ebenfalls nicht die Gestaltung der Arbeitszeit, sondern die Frage, ob eine Person als beschäftigt im Sinne nationaler sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften anzusehen ist, im Streit steht. Darüber hinaus steht allein die Tatsache, dass in den genannten Vorschriften der Besitz eines eigenen Fahrzeugs in der Definition des „selbstständigen Kraftfahrers“ nicht enthalten ist, der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen. Denn auch aus dem Wortlaut der von der Klägerin herangezogenen Vorschriften ergibt sich, dass entscheidend für die Abgrenzung mehrere Kriterien wie Arbeit auf eigene Rechnung, fehlende Bindung durch einen Arbeitsvertrag oder ein anderes arbeitsrechtliches Abhängigkeitsverhältnis an einen Arbeitgeber, freier Gestaltungspielraum für die Ausübung der betreffenden Tätigkeit, Einkünfte abhängig von den erzielten Gewinnen u.a., sein sollen. Der Senat vermag nicht zu erkennen, warum – auch unter Berücksichtigung dieser europarechtlichen Vorschriften – das Vorhandensein oder Fehlen von Betriebskapital in Form eines eigenen LKW nicht in die Abwägung eingestellt werden dürfte. Selbst wenn man also Wertungen in anderen Rechtsgebieten (vorliegend die Definitionen der RL 2002/15), die ihren Eingang auch in das deutsche Gesetz zur Regelung der Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern gefunden haben, unter dem Postulat der Einheit der Rechtsordnung auch für das Sozialversicherungsrecht fruchtbar machen würde, spricht nichts dagegen, die Tatsache, dass B. und P. nicht eigene, sondern Fahrzeuge der Klägerin benutzt haben, als – gewichtiges - Indiz gegen Selbstständigkeit bzw. für abhängige Beschäftigung zu werten. Ohne eigenes Fahrzeug verfügt ein Kraftfahrer über keine wesentlichen Betriebsmittel, mit denen er unternehmerische Gestaltungsspielräume nutzen könnte, um anderweitig am Markt des Warentransports außerhalb einer abhängigen Beschäftigung als Kraftfahrer tätig zu sein. Dieser Umstand spricht maßgeblich für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (allgemeine Meinung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. nur BSG, Urteil vom 27.11.1980 - 8a RU 74/79 -, juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 31.01.2020 - L 8 BA 45/19 -, juris Rn. 24; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 27.07.2016 - L 5 R 1899/14 -, juris Rn. 50, vom 20.10.2015 - L 11 R 3898/14 -, juris Rn. 24 und vom 21.11.2008 - L 4 KR 4098/06 -, juris Rn. 25; siehe auch Senatsurteil vom 26.02.2020 - L 9 R 553/19 -, n.v. und hierzu BSG, Beschluss vom 20.07.2020 - B 12 R 16/20 B -, juris Rn. 7: Der Vortrag, der Senat habe sich maßgeblich darauf gestützt, der Beigeladene habe kein eigenes Fahrzeug unterhalten, erfüllt nicht die Begründungsanforderungen hinsichtlich des Zulassungsgrundes der Divergenz). Der Senat möchte nicht ausschließen, dass im Einzelfall die nach den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG vorzunehmende Abwägung auch für LKW-Fahrer ohne eigenen LKW zu dem Ergebnis führen kann, dass Selbstständigkeit anzunehmen ist. Umgekehrt kann ein LKW-Fahrer mit eigenem LKW in die Arbeitsorganisation einer Spedition eingegliedert sein und trotz dieses Kapitaleinsatzes mangels Unternehmerrisikos in konkreten Einzelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen sein (vgl. zu einer solchen Konstellation LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2019 - L 4 R 2333/17 -, juris Rn. 115 ff., abhängige Beschäftigung ebenfalls angenommen bei einem Transportfahrer mit eigenem Fahrzeug im Bereich medizinischer Labordiagnostik durch BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R -, juris bzw. einem „Menü-Bringer“ mit eigenem PKW durch BSG, Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 38/02 R -, juris). Auch wenn man also das Fehlen von Betriebskapital im Sinne eines eigenen LKW nicht so schwer gewichtet, dass dieses Fehlen quasi „automatisch“ und zwingend zur Annahme abhängiger Beschäftigung führt, kann vorliegend aus der Abwägung auch unter Berücksichtigung der weiteren Gesichtspunkte kein anderes Ergebnis resultieren.

Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin und P. bzw. B. mit den aktenkundigen „Mietverträgen“ für LKW-Fahrer vom 13.03.2015 bzw. vom 02.11.2015 keine Beschäftigungsverhältnisse begründen wollten, was sich aus dem gewählten Wortlaut („Mietvertrag“) und den enthaltenen weiteren Bestimmungen (Bezeichnung der Vertragspartner als „Firma“ P bzw. „Firma ITR“, die sich verpflichte, die anfallenden Sozialbeiträge und Steuern korrekt anzumelden und zu bezahlen, Ausschluss von Zahlungen bei Krankheit, Urlaub, sonstigen Kosten) ableiten lässt. Innerhalb der Gesamtabwägung kommt dem Willen der Vertragsparteien aber dann keine überragende Bedeutung zu, wenn die übrigen Indizien für eine abhängige Beschäftigung streiten. Insbesondere geht die gelebte Praxis der formellen Vereinbarung grundsätzlich vor (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 2/18 R -, juris Rn. 20). Entsprechendes gilt für die im Rahmen der Berufungsbegründung und des Vortrags im Erörterungstermin nochmals hervorgehobenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Fahrermangel, gestiegene „Marktmacht“ der Fahrer), die die Klägerin erst veranlasst hätten, ein entsprechendes „Arrangement“ einzugehen: Die Motivation der von den Beteiligten gewählten Vertrags- und Vergütungsform ist für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der Tätigkeit ohne Bedeutung (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.02.2020 - L 9 BA 92/18 -, juris Rn. 44). Für Unternehmer bestehende Schwierigkeiten, qualifizierte Beschäftigte zu gewinnen und Erfordernisse einer Kostenoptimierung sind für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit nicht relevant. Finden Speditionsunternehmen nicht genügend Personal, das bereit ist, ein Arbeitsverhältnis einzugehen, weil die Arbeitsbedingungen nicht als attraktiv angesehen werden, können sie diese Probleme nicht dadurch lösen, dass sie Honorarverträge vereinbaren (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2019, a.a.O. Rn. 31 bezogen auf den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen). Dem Senat ist auch nicht bekannt, dass das europäische Transportwesen nicht mehr funktionsfähig wäre, wenn Fahrer nicht in weiterem Umfang als bisher als selbstständig qualifiziert würden.

Soweit die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass B. neben den Tätigkeiten für die Klägerin selbstständig einen Hausmeisterservice sowie einen Computerservice betrieben hat und dass P. weitere Speditionen als Auftraggeber gehabt habe, schließt dies das Vorliegen einer Beschäftigung im Verhältnis zur Klägerin nicht aus. Zwar kann eine Tätigkeit für andere Auftraggeber ein Indiz für das Bestehen von Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt (BSG, Urteil vom 04.09.2018 - B 12 KR 11/17 R -, juris Rn. 23). Eine derartige Konstellation ist weder für P. noch für B. gegeben: Nach den vorliegenden Rechnungen waren P. und B. jeweils wochenweise vergleichbar einem Vollzeitarbeitnehmer für die Klägerin tätig. Für schwerpunktmäßig anderweitige (selbstständige) Tätigkeiten bestehen keinerlei Anhaltspunkte, zumal auch hinsichtlich des tatsächlichen Umfangs der angegebenen Aufträge durch andere Speditionen oder Hausmeister-/Computerservicetätigkeiten und der hierdurch generierten Einkünfte kein weiterer Vortrag erfolgt ist.

P. und B. waren auch nach der Überzeugung des Senats in die von der Klägerin bereitgestellte „Infrastruktur eines Transportunternehmens“ organisatorisch, personell und sachlich eingebunden: Sie haben die LKW der Klägerin genutzt, deren Unternehmen auch für Reparatur, Spritversorgung u.a. zuständig war, und haben wochenweise Fahrten übernommen, die ihnen von der Klägerin vorgegeben wurden. Nach Erledigung der jeweiligen Fahrten haben P. und B. wie die anderen Fahrer auch die Frachtpapiere wieder bei der Klägerin abgeliefert. Eigene Kontakte zu den Auftraggebern/Kunden, deren Güter transportiert wurden, haben weder P. noch B. vorgetragen. Auch unter der Woche erfolgten nach Bedarf Modifikationen der Fahraufträge durch die Klägerin. P. und B. konnten damit gerade nicht frei entscheiden, wann sie welche Fahrt ausführten. Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass sie einzelne Fahraufträge ablehnen konnten. Ganz abgesehen davon, dass dies faktisch nur in ganz seltenen Ausnahmefällen geschehen ist (die Klägerin sprach im Erörterungstermin von ein- oder zweimal), sind ausschlaggebend die Verhältnisse nach Annahme – also bei Durchführung – der einzelnen Aufträge (vgl. nur BSG, Urteil vom 25.04.2012 – B 12 KR 24/10 R -, juris). Im Rahmen der von ihnen übernommenen Fahrten waren P. und B. in gleicher Weise wie die festangestellten Mitarbeiter der Klägerin in deren Betrieb eingegliedert und unterlagen hinsichtlich der Ausgestaltung der Tätigkeit in wesentlichen Punkten den Weisungen und Dispositionen der Klägerin. Dass sie in den Einzelheiten frei waren (etwa Wahl der Fahrstrecke), entspricht letztlich ihrer fahrerischen Verantwortung und ist für die Frage der Eingliederung in den Betrieb der Klägerin als neutral anzusehen (insbesondere dürfte hier kein Unterschied zu den Freiheiten oder Entscheidungsspielräumen bestehen, die auch angestellte Fahrer hatten).

P. und B. waren auch keinem nennenswerten Unternehmerrisiko ausgesetzt. Sie erhielten ein fest vereinbartes Entgelt (Tagessätze) für die von ihnen durchgeführten Fahrten, waren insbesondere nicht davon abhängig, dass die Kunden der Klägerin die Vergütung für die in Auftrag gegebenen Transporte auch bezahlten. An sog. „Vorhaltekosten“, etwa Investitionskosten, Versicherungskosten oder Reparaturkosten waren sie nicht beteiligt, diese trug die Klägerin. Das Risiko, keine weiteren Aufträge von der Klägerin zu erhalten, ist im Hinblick darauf, dass es allein auf die konkret für die Klägerin übernommenen Fahrten ankommt, nicht von Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2019, a.a.O. Rn. 27). Nicht von Bedeutung wäre auch, wenn man in den wochenweisen Einsätzen jeweils zeitlich begrenzte Arbeitseinsätze sähe: Auf eine verstetigte Rechtsbeziehung kommt es für die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung oder Selbstständigkeit nicht an, ganz abgesehen davon, dass eine gewisse Verstetigung schon aus der schriftlichen Dokumentation des Verhältnisses abzuleiten ist. Insoweit trifft auch der Hinweis der Klägerin auf einen fehlenden Rahmenvertrag nicht zu: Sowohl P. als auch B. haben sich schriftlich verpflichtet, sich als Fahrer für den Fahrdienst im Fernverkehr zur Verfügung zu stellen. Damit war eine Basis für eine gewisse Kontinuität geschaffen.

Der Senat zweifelt nicht daran, dass die Höhe des Verdienstes (Tagessätze von 220 € bzw. 240 €) deutlich über dem Gehalt lag, das angestellte Fahrer im gleichen Zeitraum erzielten (nach den Angaben der Klägerin etwa 13 € pro Stunde). Bei Überwiegen der übrigen Indizien für die abhängige Beschäftigung führt dies allein jedoch nicht zu einer Qualifizierung als selbstständige Tätigkeit.

Schließlich werden P. und B. entgegen der Auffassung der Klägerin durch die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses auf der Grundlage der Vorgaben in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV auch nicht in ihrer Berufsfreiheit oder sonstigen Grundrechten auf nationaler oder EU-Ebene eingeschränkt. Hat eine Vorschrift keine Berufs-, sondern Beitragspflichten zum Gegenstand, steuert der Gesetzgeber insoweit weder die Wahl noch die Ausübung des Berufes (BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse vom 03.06.2013 - 1 BvR 131/13 -, juris Rn. 18 und vom 26.06.2007 - 1 BvR 2204/00 -, juris Rn. 27). Selbst wenn nach den Umständen des Einzelfalls manche Dienstleistungen praktisch nur in Form einer abhängigen Beschäftigung verrichtet werden könnten, wird Art. 12 GG dadurch nicht verletzt (BSG, Beschluss vom 11.05.1993 - B 12 BK 62/91 -, juris Rn. 3). § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV regelt keine Berufspflichten, sondern allgemein die Merkmale der Beschäftigung als Grundlage der Versicherungs- und Beitragspflicht. Auch die grundrechtlich geschützte Vertragsfreiheit wird durch die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer konkreten Tätigkeit nicht beschnitten. Maßstab ist auch insoweit Art. 12 Abs. 1 GG; das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG tritt im Bereich beruflicher Betätigung als Prüfungsmaßstab zurück (BVerfG, Beschluss vom 23.10.2013 - 1 BvR 1842/11 -, juris Rn. 67). Welchen vertraglichen Inhalt ein Arbeitsverhältnis – vorliegend die Durchführung von Fahrtätigkeiten durch P. und B. für die Klägerin -  haben soll, wird durch die Frage nach der Beitragspflichtigkeit der vereinbarten und praktizierten Tätigkeit nicht berührt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 04.06.2019, a.a.O. Rn. 35; Rn. 36 zur Rechtfertigung einer Beschränkung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit durch Anordnung der Zwangsmitgliedschaft und damit verbundener Beitragspflichten zur gesetzlichen Sozialversicherung).

Die Höhe der nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge einschließlich der Umlagen wurden von der Beklagten zutreffend nach dem tatsächlich zugeflossenen Arbeitsentgelt berechnet. Anders als die Klägerin meint, besteht keine Grundlage, hierfür anstelle der tatsächlich auf der Basis der von P. und B. anhand von Tagessätzen in Höhe von 220 € bzw. 240 € gestellten Rechnungen bezahlten Beträge nur von einem Arbeitsentgelt auf der Basis eines üblichen Stundenlohns von ca. 13 € je Stunde auszugehe
n. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und der Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen (zum Begriff vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2011 - B 12 R 18/09 -, juris Rn. 11) Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart (§ 14 Abs. 2 SGB IV). Die Einnahmen, die P. und B. aus ihrer Fahrtätigkeit für die Klägerin hatten, bestanden in den Geldbeträgen, die ihnen aufgrund der Zahlungen der Klägerin tatsächlich zugeflossen sind. Sie entsprachen der Höhe nach den in den wochenweise gestellten Rechnungen von P. und B. ausgewiesenen Beträgen. Angesichts der Anknüpfung des Gesetzes an diese tatsächlichen laufenden Einnahmen besteht kein Raum für die von der Klägerin angestellten hypothetischen Überlegungen. Diese betreffen möglicherweise in der Tat die Geschäftsgrundlage der mit P. und B. getroffenen Vereinbarungen: Hätte die Klägerin die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen einkalkuliert, hätte sie den von P. und B. verlangten Tagessätzen wohl nicht zugestimmt. Insoweit hält der Senat auch die von Klägerseite angeführte Entscheidung des BAG (Urteil vom 26.06.2019 - 5 AZR 178/18 -, juris) für nachvollziehbar. Diese Entscheidung betraf allerdings das der Privatautonomie unterliegende vertragliche Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (bzw. Arbeitgeber und Beschäftigtem) – der dortige Kläger verlangte nach rechtskräftiger sozialgerichtlicher Feststellung, dass der Beklagte in seiner Tätigkeit für ihn der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherungspflicht unterlag, von diesem vor dem Arbeitsgericht die Rückzahlung zu viel geleisteter Honorare unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung. Selbst wenn man wie das BAG einen solchen Anspruch bejaht, ergeben sich hieraus allerdings keine Folgen für die beitragsrechtliche Beurteilung. Hat der Arbeitnehmer Arbeitsentgelt tatsächlich erhalten (erzielt), kommt es nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht darauf an, ob ein wirksamer arbeitsrechtlicher Anspruch auf das gezahlte Arbeitsentgelt bestand. (Spätestens) der Zufluss des Arbeitsentgelts löst den Beitragsanspruch aus. Auch nachträgliche Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien über die Höhe des Arbeitsentgelts können nicht zu einer nachträglichen Verringerung der Beitragsschuld führen. Der einzig insoweit vom BSG in Betracht gezogene Ausnahmefall einer lediglich irrtümlichen Zahlung (vgl. BSG, Urteil vom 07.02.2002 - B 12 KR 13/01 R -, juris Rn. 22/24), etwa auf Grund eines Bankirrtums oder eines Arbeitgeberversehens (z.B. Berechnungsfehler, offenbare Unrichtigkeit) ist vorliegend ersichtlich nicht gegeben.

Für sonstige Fehler bei der Berechnung der Beiträge durch die B
eklagte bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat insoweit auch keine weiteren Einwände erhoben.

Abgesehen davon, dass die Klägerin sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen hat, sind die Beitragsnachforderungen auch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Fälligkeit bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, wonach Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen sind, in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Arbeitstag des Monats fällig werden, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, mit der das Arbeitsentgelt erzielt wird.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, da weder die Klägerin noch die Beklagte zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis gehören. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese Sachanträge im Berufungsverfahren nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 1 GKG in Höhe des Betrags der streitigen Beitragsforderung (106.533,24 €) festzusetzen.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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