L 12 SB 1841/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 5163/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 SB 1841/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29.04.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 80 sowie des Merkzeichens G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr).

Bei dem 1946 geborenen Kläger wurde zuletzt mit Teil-Abhilfebescheid vom 07.01.1997 ein GdB von 60 festgestellt. Der Teilabhilfe lag die versorgungsärztliche Stellungnahme vom November 1996 zugrunde, in welcher der Herzinfarkt mit einem Einzel-GdB von 30, dass Asthma bronchiale mit einem weiteren Einzel-GdB von 30, das degenerative Wirbelsäulenleiden mit Wurzelreizsyndrom mit einem Einzel-GdB von 20, ein psychosomatisches Syndrom im Sinne einer fehlverarbeiteten psychosomatischen Überlagerung mit einem weiteren Einzel-GdB von 20 und ein Hüft- und Kniegelenksverschleiß mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet wurde.

Mit Änderungsantrag vom 29.01.2018 machte der Kläger eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustands geltend und beantragte einen höheren GdB sowie unter anderem die Zuerkennung des Merkzeichens G. Der Beklagte zog Befundangaben der behandelnden Ärzte, unter anderem des Hausarztes, der behandelnden K und D , wobei letztere beide übereinstimmend eine Beeinträchtigung des Gehvermögens verneinten, sowie Entlassungsberichte der Schmerzambulanz des O Klinikums bei.

Der versorgungsärztliche Dienst bewertete nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen den abgelaufenen Herzinfarkt sowie das Asthma bronchiale weiterhin jeweils mit einem Einzel-GdB von 30, die Nervenwurzelreizerscheinungen nebst degenerativer Veränderung der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20, das psychosomatische Syndrom/chronische Schmerzsyndrom mit einem Einzel-GdB von 20 sowie die Hüft- und Kniegelenkserkrankung mit einem Einzel-GdB von 10 und den Gesamt-GdB weiterhin mit 60. Der nicht mit Insulin, sondern oral mit Janumet behandelte Diabetes mellitus rechtfertige keinen Einzel-GdB. Die beantragten Merkzeichen, darunter auch das Merkzeichen G, würden dem Kläger nicht zustehen.

Mit hierauf gestützten Bescheid vom 30.04.2018 lehnte der Beklagte einen höheren GdB sowie die Zuerkennung der Merkzeichen G, H (Hilflosigkeit) sowie aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) ab. Der Kläger legte daraufhin Widerspruch ein und beantragte ausdrücklich einen GdB von 80 sowie die Feststellung des Merkzeichens G. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2018 wies der Beklagte den auf Feststellung eines höheren GdB sowie auf das Merkzeichen G gerichteten Widerspruch als unbegründet zurück.

Der Kläger hat daraufhin am 06.11.2018 in den Amtsräumen des Beklagten (Landratsamt Okreis) vorgesprochen und dort zur Niederschrift Klage mit dem Begehren erhoben, bei ihm einen GdB von 80 und das Merkzeichen G festzustellen. Der Beklagte hat die Klage an das Sozialgericht Freiburg (SG) weitergeleitet, wo sie am 08.11.2018 eingegangen ist.

Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Bezüglich der Einzelheiten der Stellungnahmen des S, vom Januar 2019, der H und Frau K1 vom Mai 2020 sowie des B vom Juli 2020 wird auf die SG-Akte verwiesen.

Das SG hat weiterhin L, mit der Erstattung eines fachärztlichen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat ein chronifiziertes Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule mit leichter Einschränkung (Einzel-GdB 20), ein chronisches Schmerzsyndrom des Schultergürtels und des linken Schultergelenks mit leichter Einschränkung (Einzel-GdB 10) und ein Schmerzsyndrom des linken Fußes ohne relevante Einschränkung der Beweglichkeit, Belastbarkeit und Gehfähigkeit (Einzel-GdB unter 10) festgestellt und den Gesamt-GdB mit 60 bewertet. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit würde nicht vorliegen.

In einer vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom Oktober 2020 hat K2 zum Ergebnis der Beweiserhebung durch das SG Stellung genommen und an der bisherigen Beurteilung festgehalten.

Das SG hat nach vorheriger Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2021 die Klage abgewiesen. Im Hinblick auf die Bewertung der Behinderungen auf orthopädischem Fachgebiet folge die Kammer der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen L. Ausgangspunkt sei dabei das auf degenerativer Grundlage entstandene chronische Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule, welches mit einer leichten Einschränkung der Beweglichkeit verbunden sei. Nachdem neurologische Ausfallerscheinungen nicht nachgewiesen seien, handele es sich allenfalls um Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, die mit einem GdB von 20 zutreffend bewertet seien. Dabei sei das bislang gesondert bewertete chronische Schmerzsyndrom bzw. die psychosomatische Störung bereits in erheblichem Umfang mitbewertet. Hinsichtlich des Schultergürtels und der operierten linken Schulter liege eine lediglich leichte Einschränkung der Belastbarkeit und Beweglichkeit vor, sodass der GdB mit 10 zutreffend bewertet sei. Dies ergebe sich aus der im Seitenvergleich nur gering eingeschränkten Beweglichkeit. Hinsichtlich des linken Fußes seien keine wesentlichen Einschränkungen der Beweglichkeit und Belastbarkeit dokumentiert, sodass ein GdB von 10 insoweit nicht vergeben werden könne. Das zuletzt im Befundbericht der Klinik für Schmerztherapie am O Klinikum im Januar 2019 diagnostizierte chronische Schmerz­syndrom bzw. die chronische Schmerzkrankheit mit somatischen und psychischen Faktoren könne mit einem GdB von 20 bewertet werden. Hinsichtlich der Herzerkrankung mit Zustand nach abgelaufenem Herzinfarkt würde sich aus den Befundberichten der kardiologisch-pneumologischen Abteilung des O Klinikums vom Juni 2019 und November 2019 sowie von Dr. Scheffold vom März 2020 eine gute biventrikuläre Pumpfunktion ohne Anhalt für eine belastungsinduzierte Koronarinsuffizienz bis 125 bzw. 150 Watt ergeben. Im Befundbericht vom Juni 2019 sei überdies beschrieben, dass von kardialer Seite bei den alltäglichen Belastungen keine Beschwerden bestehen. Unter diesen Umständen erscheine der bislang berücksichtigte GdB von 30 eher zu hoch als zu niedrig. Dies würde sich aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG), Teil B, Nr. 9.1.1. ergeben, wonach bei einer Einschränkung der Herzleistung erst ab einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung und Auftreten von Beschwerden und pathologischen Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt ein GdB von 20 bis 40 vergeben werden könne. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall kaum erfüllt. Bezüglich der Atemwegserkrankung würde sich im Befundbericht der kardiologisch-pneumologischen Abteilung des O Klinikums vom November 2019 zeigen, dass bei Nachweis eines hyperreagiblen Bronchialsystems und fehlenden Anhaltspunkten für eine obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung zwar eine gewisse Lungenfunktionsstörung bestehe, dass diese aber unter Berücksichtigung der VG, Teil B, Nr. 8.3 mit einem GdB von 30 zumindest nicht unterbewertet wären. Weitere Behinderungen seien nicht zu berücksichtigen. Dies gelte insbesondere für den lediglich medikamentös behandelten Diabetes und die „allgemeine Vergesslichkeit" (vgl. schriftliche Zeugenaussage des B), die zwar möglicherweise den Verdacht auf eine vaskuläre Demenz begründen würde, nicht aber das Ausmaß einer Erkrankung mit echten Behinderungscharakter habe. Insgesamt würde sich ein GdB von maximal 60 ergeben.

Gegen den dem Kläger am 04.05.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 20.05.2021 Berufung beim SG eingelegt, welche dieses an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg weitergeleitet hat. Zur Begründung hat er vorgetragen, die bei ihm vorliegende mittelgradige Demenz, die Unfallfolgen in Gestalt von Gleichgewichtsstörung und chronisch-traumatischer Enzephalitis, die Beeinträchtigung seiner Schulter, des linken Fußes und der Diabetes mellitus seien nicht berücksichtigt worden. Er habe eine Pflegehilfe beantragt und könne Behördengänge und Einkäufe nicht mehr selbständig durchführen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29.04.2021 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 30.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2018 zu verurteilen, bei ihm einen GdB von 80 sowie das Merkzeichen G festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat zur Begründung des Antrags vorgetragen, nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiserhebung sei der beim Kläger festgestellte Gesamt-GdB von 60 bereits maximal. Auf orthopädischem Fachgebiet würden allenfalls Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen mit einem Teil-GdB von 20 bestehen. Weiter bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom, welches ebenfalls maximal mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten sei. Die Herzkrankheit sei unter Berücksichtigung der dokumentierten Leistungsbeeinträchtigung mit einem Teil-GdB von 30 eher zu hoch als zu niedrig bewertet. Die Lungenfunktion sei annährend regelrecht und das Bronchialasthma mit einem weiteren Teil-GdB von 30 keinesfalls zu niedrig beurteilt. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Teil-GdB von wenigstens 10 würden nicht vorliegen. Auch seien die Voraussetzungen nach Teil D, Ziff. 1 der VG für die Zuerkennung des Merkzeichens G nicht erfüllt.

Der Senat hat den B insbesondere im Hinblick auf die vom Kläger behauptete Demenz als sachverständigen Zeugen schriftlich neuerlich vernommen. Der B hat in seiner Stellungnahme vom November 2021 mitgeteilt, dass allenfalls eine leichte kognitive Störung mit allgemeiner Vergesslichkeit vorliegen würde. Beigefügt war unter anderem der endgültige Entlassbrief des O Klinikums vom Juni 2021 mit der Diagnose einer leichten kognitiven Störung. Im Vordergrund stehe ein Leidensdruck aufgrund der Sorge wegen einer möglichen Erkrankung.

Der Berichterstatter hat den S1, M, mit einer Begutachtung von Amts wegen beauftragt. Der Kläger hat mitgeteilt, dass er zum Sachverständigen nicht reisen könne. Er sei 75 Jahre alt, etwas dement, könne nicht laufen und bräuchte mindestens 2 Begleitpersonen. Eine Strecke nach M traue er sich nicht mehr zu.

Der Berichterstatter hat daraufhin den Gutachtensauftrag aufgehoben und den Beteiligten mit Schreiben vom 16.02.2022 mitgeteilt, bei neuerlicher Prüfung der Sach- und Rechtslage und insbesondere unter Berücksichtigung der sachverständigen Zeugenaussage des B sehe man keine Notwendigkeit für eine weitere Begutachtung von Amts wegen. Die Beteiligten sind im selben Schreiben darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss auf den Berichterstatter übertragen kann, der dann zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Diese Verfahrensweise sei auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt. Den Beteiligten ist Gelegenheit eingeräumt worden, Stellung zu nehmen. Die Beteiligten haben keine Einwände erhoben.

Mit Beschluss des Senats vom 18.03.2022 ist die Berufung nach § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen worden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Prozessakten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 29.04.2021, über die nach Übertragung durch den Senat gemäß § 153 Abs. 5 SGG der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern zur Entscheidung berufen war, ist unbegründet.

Der Senat war an einer Entscheidung auch nicht durch das Fernbleiben des Klägers gehindert. Der Kläger ist in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 02.03.2022, die diesem ausweislich der Postzustellungsurkunde am 05.03.2022 zugestellt worden ist, darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten entschieden werden kann. Der Kläger ist ferner im Rahmen seiner telefonischen Ankündigung vom 25.03.2022, dass er nicht kommen werde, hierauf nochmals hingewiesen worden und hat sich mit einer Entscheidung in seiner Abwesenheit ausdrücklich einverstanden erklärt.

Streitgegenständlich ist vorliegend der Gerichtsbescheid des SG vom 29.04.2021, mit dem die Klage des Klägers, gerichtet auf die Zuerkennung eines GdB von 80 sowie des Merkzeichens G unter Abänderung des dies ablehnenden Bescheids vom 30.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2018, abgewiesen worden ist.
Das SG hat die rechtlichen Voraussetzungen für die Feststellung eines (höheren) GdB sowie für das Merkzeichen G zutreffend dargelegt und mit gleichfalls zutreffender Begründung das Vorliegen eines höheren GdB als 60 sowie der Voraussetzungen für das Merkzeichen G verneint. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs.
 2 SGG).

Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Bewertung des chronischen Schmerzsyndroms mit einem Einzel-GdB von 20 an der oberen Grenze des noch Vertretbaren liegen dürfte. Die Bewertung der zuletzt im (von den Hausärzten des Klägers in ihrer Stellungnahme gegenüber dem SG vorgelegten) Ambulanzbrief des O Klinikums, Klinik für Schmerztherapie, vom Januar 2019 diagnostizierten chronischen Schmerzkrankheit mit somatischen und psychischen Faktoren richtet sich nach den VG, Teil B, Nr. 3.7. Danach sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Einzel-GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40, schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem Einzel-GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem Einzel-GdB von 80 bis 100 zu bewerten.

Unter Berücksichtigung der psychosozialen Anamnese im O Klinikum, Klinik für Schmerztherapie, wonach dem Kläger viele Ressourcen zur Verfügung stehen und der dort berichteten zahlreichen Freizeitaktivitäten – der Kläger ist im Schützenverein und Handwerkerverein aktiv und Mitglied einer Wandergruppe, deren weitere Teilnehmer überwiegend weniger leistungsfähig seien – und angesichts des dortigen Untersuchungsbefund wie auch der Feststellungen des behandelnden Orthopäden S und des Sachverständigen L kann ein höherer GdB als der bisherige Einzel-GdB von 20 für die chronische Schmerzkrankheit mit somatischen und psychischen Faktoren nicht gerechtfertigt werden, so zutreffend der Versorgungsarzt K2. Diese Einschätzung wird durch die Beurteilung der behandelnden Ärzte im O Klinikum, Klinik für Schmerztherapie untermauert, die eine weitere regelmäßige Behandlung nicht für erforderlich angesehen und lediglich eine Wiedervorstellung bei Bedarf angeboten haben sowie durch die Ausführungen, man habe den Kläger darauf hingewiesen, dass durchaus auch bei Altersgenossen vergleichbare Beschwerden auftreten würden.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
Der Kläger stützt seine Berufung im Wesentlichen auf die von ihm beklagte demenzielle Erkrankung bzw. chronisch-traumatische Enzephalopathie, die er auch als Grund dafür angeführt hat, weshalb er sich keiner Begutachtung in M unterziehen könne. Eine Demenzerkrankung liegt beim Kläger aber nicht vor. Zwar hat der B wegen des Vorbringens des Klägers im Juli 2020 den Verdacht auf eine vaskuläre demenzielle Entwicklung geäußert. Die von ihm eingeleiteten weiteren Untersuchungen haben diesen Verdacht indes nicht bestätigt. Vielmehr hat er in der sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Senat vom November 2021 eine neurologische Erkrankung, insbesondere eine Demenz, ausgeschlossen und lediglich über eine allgemeine Vergesslichkeit im Sinne einer allenfalls leichten kognitiven Störung berichtet und sich hierfür auch auf die durchgeführten Untersuchungen berufen. So blieb die im Juni 2021 durchgeführte stationäre Abklärung im O Klinikum ohne wegweisenden Befund. Im Vordergrund stand beim Kläger, so die dortigen Ärzte im Entlassungsbericht vom Juni 2021, die Sorge vor einer solchen Erkrankung und der hierdurch hervorgerufene Leidensdruck und der vom Kläger betonte Wunsch nach einer umfassenden Zuwendung („Demenzkranke bräuchten viel Zuwendung und Fürsorge“). Speziell für die vom Kläger als Folge seines Fahrradunfalls angenommene chronisch-traumatische Enzephalopathie konnten bei normofrequentem Alpha-Grundrhythmus keine Zeichen nachgewiesen werden. Auch die auf Wunsch des Klägers veranlasste erweiterte Demenzdiagnostik im Uklinikum F im November 2021 ergab einen unauffälligen Befund ohne Nachweis von demenztypischen Muster. Soweit beim Kläger über eine leichte Vergesslichkeit berichtet wird, ist zu berücksichtigen, dass ein GdB stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraussetzt, was insbesondere bei alten Menschen zu beachten ist (VG, Teil A Nr. 2 Buchst. c). Eine altersvorauseilende Entwicklung mit Krankheitswert haben die Ärzte aber allesamt ausgeschlossen. Angesichts einer von sämtlichen konsultierten Ärzten ausgeschlossenen Erkrankung auf neurologischen Fachgebiet bedurfte es deshalb keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen, insbesondere nicht der ursprünglich ins Auge gefassten neurologischen Begutachtung durch S1. Vielmehr ist der Sachverhalt aufgeklärt und kann eine relevante neurologische Erkrankung ausgeschlossen werden.

Soweit der Kläger weiterhin orthopädische Einschränkungen (linker Fuß linke Schulter und Arm) geltend macht, ist insoweit keine Verschlechterung gegenüber dem Zustand zum Zeitpunkt der ambulanten Begutachtung durch L eingetreten; eine solche macht der Kläger auch nicht geltend. Wie L aber zutreffend in seinem Gutachten dargelegt hat, stellt das Schmerzsyndrom des linken Fußes nach Unfalltrauma und Nagelstichverletzung ohne relevante Einschränkung der Beweglichkeit, Belastbarkeit und Gehfähigkeit eine nur geringfügige Funktionseinschränkung dar, die keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 rechtfertigt. Dies hat auch der B in seiner Stellungnahme gegenüber dem Senat bestätigt, der von einem unauffälligen Stand und Gangbild berichtet hat. Das chronische Schmerzsyndrom des Schultergürtels und des linken Schultergelenkes nach der Kompression der linken Schulter geht ebenfalls mit einer nur leichten Einschränkung der Belastbarkeit und leichten Einschränkung der Beweglichkeit einher und ist vom Sachverständigen in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Vorgaben der VG, Teil B, Nr. 18.13, mit einem Einzel-GdB von 10 zutreffend bewertet worden, wie bereits das SG dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

Wie das SG zutreffend dargelegt hat und worauf der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gleichfalls verweist, liegen die Voraussetzungen für das Merkzeichen G nicht vor. Lediglich ergänzend verweist der Senat auf die Stellungnahme des B und den Bericht des O Klinikums vom Juni 2021, in welchen übereinstimmend von einem unauffälligen Stand und Gang berichtet wird und dem sich weiterhin keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Wegefähigkeit entnehmen lassen.

Nach alledem bildet die Bewertung mit einem Gesamt-GdB von 60 das Ausmaß der beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen weiterhin angemessen ab. Die Voraussetzungen für einen höheren GdB liegen nicht vor; ebenso wenig die Voraussetzungen für das Merkzeichen G. Der Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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